Zusammenfassung des Urteils PS130198: Obergericht des Kantons Zürich
Die A. AG wurde vom Konkursgericht des Bezirksgerichtes Zürich aufgrund von Überschuldung in den Konkurs geschickt. Die Gesellschaft legte Beschwerde ein und argumentierte, dass die Überschuldung nicht offensichtlich sei und der Verwaltungsrat nicht untätig gewesen sei. Die Revisionsstelle hatte auf eine mögliche Überschuldung hingewiesen, da wichtige Unterlagen fehlten und die finanzielle Situation sich verschlechterte. Das Obergericht des Kantons Zürich hob das Konkursurteil auf und verpflichtete die Beschwerdeführerin, die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Kanton: | ZH |
Fallnummer: | PS130198 |
Instanz: | Obergericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | II. Zivilkammer |
Datum: | 24.12.2013 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Überschuldungsanzeige / Ersatzvornahme durch die Revisionsstelle |
Schlagwörter : | Überschuldung; Gesellschaft; Vorinstanz; Liegenschaft; Revisionsstelle; Rangrücktritt; Darlehen; Verkehrswert; Konkurs; Verwaltungsrat; Gesellschafts; Steuerwert; Liegenschaften; Frist; Unterlagen; Recht; Aktionär; Steuererklärung; Hypothek; Zwischenbilanz; Gesellschaftsschuldner; SchKG; Strasse; Urteil; Überschuldungsanzeige |
Rechtsnorm: | Art. 174 KG ;Art. 320 ZPO ;Art. 326 ZPO ;Art. 680 OR ;Art. 725 OR ;Art. 728c OR ;Art. 90 BGG ; |
Referenz BGE: | 129 III 129; 137 III 32; |
Kommentar: | - |
Obergericht des Kantons Zürich
II. Zivilkammer
Geschäfts-Nr.: PS130198-O/U
Mitwirkend: Oberrichterin lic. iur. A: Katzenstein, Vorsitzende, Oberrichterin lic. iur. E. Lichti Aschwanden und Oberrichterin lic. iur. M. Stammbach sowie Gerichtsschreiberin lic. iur. D. Tolic Hamming.
Urteil vom 24. Dezember 2013
in Sachen
Gesuchstellerin und Beschwerdeführerin, vertreten durch B. ,
betreffend Überschuldungsanzeige / Ersatzvornahme durch die Revisionsstelle
Beschwerde gegen ein Urteil des Konkursgerichtes des Bezirksgerichtes Zürich vom 24. Oktober 2013 (EK131338)
Erwägungen:
Mit Eingabe vom 24. Juli 2013 gelangten C. und D. von der E. AG, Revisionsstelle der Gesuchstellerin und Beschwerdeführerin (nachfolgend Beschwerdeführerin), an das Konkursgericht des Bezirksgerichtes Zürich und zeigten die Überschuldung der Beschwerdeführerin an (act. 9/1).
Mit Verfügung vom 26. Juli 2013 setzte die Vorinstanz dem Verwaltungsrat der Beschwerdeführerin Frist an, um eine von der Revisionsstelle geprüfte Zwischenbilanz mit Anhang zu Fortführungsund Veräusserungswerten sowie einen Bericht der Revisionsstelle, der die Überschuldung zu Fortführungsund Veräusserungswerten bestätigt, einzureichen. Gleichzeitig gab sie dem Verwaltungsrat Gelegenheit zur Stellungnahme zur Überschuldungsanzeige (act. 9/4). Nach mehrfach bewilligten Fristerstreckungsgesuchen (act. 9/7-10) und nachdem sich aufgrund der eingereichten Unterlagen die Frage des Verbotes der Einlagerückgewähr gemäss Art. 680 Abs. 2 OR stellte, verlangte die Vorinstanz von der Beschwerdeführerin mit Verfügung vom 24. September 2013 eine Kopie der Steuererklärungen und Steuerrechnungen der Verwaltungsräte, Aktionäre und Gesellschaftsschuldner A1. und F. für die Jahre 2011 und 2012 sowie den Nachweis, dass der Rangrücktritt des Gesellschaftsgläubigers
A1. den gesetzlichen Anforderungen insbesondere der Unanfechtbarkeit genüge (act. 9/13). Mit weiterer Fristerstreckungsgewährung machte die Vorinstanz die Verwaltungsräte F. und A1. mit Schreiben vom 10. Oktober 2013 darauf aufmerksam, dass die Rangrücktrittsvereinbarung fehle und sie sich darüber zu äussern hätten, weshalb die ihnen von der Gesellschaft gewährten Darlehen trotz bestehender Überschuldung im Jahre 2012 erhöht worden seien und aus welchen Mittel diese zurückbezahlt werden könnten
(act. 9/18).
Nach Eingang der verlangten Unterlagen eröffnete die Vorinstanz mit Urteil vom 24. Oktober 2013 den Konkurs über die Beschwerdeführerin (act. 9/22
= act. 8).
Gegen dieses Urteil erhoben G. und B. von der B1. AG im Namen der Beschwerdeführerin mit Eingabe vom 6. November 2013 rechtzeitig Beschwerde mit den Anträgen, es sei der angefochtene Entscheid aufzuheben und sinngemäss, es sei das Konkursbegehren abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei. In prozessualer Hinsicht wurde beantragt, es sei der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zu erteilen (act. 2 S. 2). Diesem Gesuch wurde mit Präsidialverfügung vom 11. November 2013 entsprochen (act. 10). Gleichzeitig wurde der Beschwerdeführerin Frist zur Leistung eines Kostenvorschusses für das Rechtsmittelverfahren angesetzt. Dieser wurde rechtzeitig geleistet (act. 11/1 und 12).
Die vorinstanzlichen Akten wurden beigezogen (act. 9/1-26). Die Sache erweist sich als spruchreif.
Die Beschwerdeführerin rügt zunächst, dass die Vorinstanz die Voraussetzungen für eine Anzeige durch die Revisionsstelle gemäss Art. 728c Abs. 3 OR nicht geprüft habe und mangels deren Vorliegen die Sache gar nicht an die Hand hätte nehmen dürfen. So sei vorliegend weder eine Überschuldung offensichtlich gewesen, noch habe eine Untätigkeit des Verwaltungsrates vorgelegen. Die Revisionsstelle habe im Juni 2013 den Richter nur gestützt auf Spekulationen angerufen. So habe die hernach von ihr erstellte Zwischenbilanz per 30. Juni 2013 zwar ein Eigenkapital von Fr. -15'071.19 aufgewiesen, sei aber durch den Rangrücktritt von A1. im Umfang von Fr. 71'000.-gedeckt gewesen. Und auch die Vorinstanz hätte kaum drei Monate gebraucht und verschiedene Akten einverlangt, wenn die Überschuldung offensichtlich gewesen wäre. Sodann habe die Revisionsstelle dem Verwaltungsrat weder die Möglichkeit
gegeben, die Zahlungsfähigkeit der Gesellschaft zu belegen noch selbst die Bilanz beim Gericht zu deponieren (act. 2 S. 4 f.).
Vor Vorinstanz hatten die Vertreter der Revisionsstelle geltend gemacht, dass der Verwaltungsrat über längere Zeit seine Mitwirkung verweigert habe und dass aufgrund ihnen bekannter Umstände auf offensichtliche Überschuldung der Gesellschaft geschlossen werden müsse. So hätten die Revisionsberichte für die Jahre 2010 und 2011 noch nicht erstellt werden können, da die Verwaltungsräte A1. und F. trotz mehrmaliger schriftlicher Aufforderung zwei eingeschriebene Briefe und eine E-Mail mit Fristansetzung die erforderlichen Unterlagen nicht abgegeben hätten. Und auch für das Geschäftsjahr 2012 seien trotz mehrmaliger Nachfrage bei der Gesellschaft weder Buchhaltungsunterlagen noch ein Jahresabschluss vorgelegt und eben so wenig ein aktueller Zwischenabschluss für das Geschäftsjahr 2013 geliefert worden. Nachdem die provisorische Jahresrechnung 2011 zwar eine Überschuldung von Fr. -26'677.63 aufgewiesen habe, zufolge des Rangrückritts von A1. für ein der Gesellschaft gewährtes Darlehen von Fr. 71'000.-jedoch gedeckt gewesen sei, müsse nunmehr wegen Verlusten von bedeutenden Aufträgen darauf geschlossen werden, dass sich der Geschäftsgang der Gesellschaft weiter verschlechtert sowie die Überschuldung in den Jahren 2012 und 2013 vergrössert habe und vom Rangrücktritt nicht mehr gedeckt sei (act. 9/1).
Stösst die Revisionsstelle auf Anzeichen einer Überschuldung, hat sie den Verwaltungsrat unter Ansetzung einer angemessenen Frist zur Einhaltung seiner Pflichten nach Art. 725 Abs. 2 OR anzuhalten. Bleibt dieser trotz der Fristansetzung säumig und ist die Überschuldung offensichtlich, löst dies die Anzeigepflicht der Revisionsstelle nach Art. 728c Abs. 3 OR aus. Unterlässt sie die Anzeige, wird sie in der Regel zusammen mit dem Verwaltungsrat für den Schaden potentiell verantwortlich, der ab dem Zeitpunkt ihres möglichen Einschreitens entsteht (BSK OR II-Watter/Maizar, 4. Aufl. 2012, N 29 ff. und 38 zu Art. 728c OR m.w.H.). Eine offensichtliche Überschuldung liegt laut Bundesgericht dann vor, wenn jeder verständige Mensch ohne weitere Abklärungen sofort sieht,
dass die Aktiven die Schulden und notwendigen Rückstellungen nicht mehr zu decken vermögen und dass die evtl. vorhandenen Rangrücktritte nicht gültig sind im Ausmass nicht ausreichen (BGE 5_A221/2008 vom 10. Juli 2008).
Vom Vorliegen der Voraussetzungen der Untätigkeit des Verwaltungsrates sowie der offensichtlichen Überschuldung hängt demnach die Zulässigkeit der Überschuldungsanzeige und vom Vorliegen der Voraussetzung der Überschuldung auch deren Begründetheit ab. Eine solche zweifach erhebliche doppelt relevante Tatsache wird nur in einer Prüfungsstation untersucht. Die betroffene Zulässigkeitsvoraussetzung wird nicht geprüft, sofern sie wie vorliegend vor Vorinstanz schlüssig behauptet wurde. So hat die Revisionsstelle plausibel dargelegt und dokumentiert, dass kein Kontakt zum Verwaltungsrat hat hergestellt werden können und weshalb trotz fehlender Unterlagen zur aktuellen Finanzlage der Gesellschaft von einer Vergrösserung der Überschuldung ausgegangen werden müsse, welche durch den Rangrücktritt nicht mehr gedeckt sei. Die Klärung der entsprechenden rechtlichen Frage erfolgte daher zu Recht im Rahmen der materiellen Beurteilung, wozu die der Revisionsstelle unbestrittenermassen nicht vorgelegenen Unterlagen einverlangt wurden und hernach ein Sachentscheid gefällt wurde (KUKO ZPO-Domej, N 6 f. zu Art. 60; Hoffmann-Nowotny, Doppelrelevante Tatsachen in Zivilprozess und Schiedsverfahren, Zürich/St. Gallen 2010, N 83 ff., N 187 ff. und N 211 ff.; BGE 137 III 32 E. 2.3).
Zur Sache erwog die Vorinstanz, dass die vorhandenen Aktiven der Beschwerdeführerin gemäss Zwischenbilanz vom 30. Juni 2013 die Forderungen der Gläubiger zwar nicht zu decken vermögen, der Rangrücktritt des Verwaltungsrates und Gesellschaftsgläubigers A1. in Höhe von Fr. 71'000.-
jedoch das Ausmass der Unterdeckung von Fr. -15'071.19 überschreite. Weshalb die den Verwaltungsräten A1. und F. per Ende 2011 gewährten Darlehen von Fr. 74'794.76 (A1. ) bzw. Fr. 46'136.40 (F. )
trotz der sich verschlechternden Liquiditätsund Ertragslage per Ende Juni 2013 auf Fr. 111'399.76 (A1. ) bzw. Fr. 114'692.45 (F. ) noch erhöht worden seien, sei unbegründet geblieben. Gemäss Bericht der Revisionsstelle verstosse die Gewährung dieser Darlehen möglicherweise gegen das in Art. 680 Abs. 2 OR verankerte Verbot der Einlagerückgewähr. Wenn auch in der Literatur umstritten sei, wann die Gewährung eines Darlehens an Aktionäre gegen dieses Verbot verstosse, hätte jedenfalls die mangelnde Bonität der Gesellschaftsschuldner bei bereits bestehender Überschuldung Abschreibungen zur Folge, was die Überschuldung weiter vergrössern würde. Aus den eingereichten Steuerunterlagen 2011 und 2012 der Gesellschaftsschuldner A1. und
F. sei zu schliessen, dass diese nicht über genügend Bonität zur Rückzahlung ihrer Darlehen verfügten und voraussichtlich mindestens
Fr. 100'000.-- uneinbringlich sein würden und abgeschrieben werden müssten, womit die Überschuldung vom bestehenden Rangrücktritt bei Weitem nicht mehr gedeckt wäre. Bei diesem Sachverhalt könne offen bleiben, ob der Rangrücktritt den einschlägigen Anforderungen wie namentlich der Unanfechtbarkeit entspreche. Gestützt auf diese Überlegungen kam die Vorinstanz zum Schluss, die Beschwerdeführerin sei überschuldet. Dies führte zur Konkurseröffnung (act. 8 S. 3-5).
Dem hält die Beschwerdeführerin entgegen, die Rangrücktrittsvereinbarung vom 4. Dezember 2009 zwischen ihr und dem Aktionär A1. im Umfang von Fr. 71'000.-genüge den gesetzlichen Anforderungen und sei aufgrund der sehr guten Bonität des Rangrücktrittgebers auch nicht von deren Anfechtbarkeit durch Dritte auszugehen (act. 2 S. 5 f.).
Bei der Bewertung der Liegenschaften der beiden Darlehensschuldner sei entgegen der Vorinstanz nicht auf den Steuerwert sondern auf den Verkehrswert abzustellen. A1. sei Eigentümer von zwei Liegenschaften in H. im Kanton Nidwalden. Bei der Liegenschaft -Strasse handle es sich um ein freistehendes Mehrfamilienhaus mit drei Wohnungen und zwei Garagen an bester Lage am Vierwaldstättersee. Gemäss einer von der Credit Suisse im Jahre 2002 in Auftrag gegebenen Schätzung habe die Liegenschaft einen Verkehrswert von
Fr. 1,75 Mio., welcher aufgrund der Entwicklung der Immobilienpreise heute wohl noch deutlich höher liegen dürfte. Die Liegenschaft an der -Strasse bestehe aus einem Büro/Studio (Steuerwert 64'000.--), zwei Bootsplätzen (Steuerwert je Fr. 91'000.--) und zwei Parkplätzen (Steuerwert je Fr. 20'000.--). Im Jahre 2003 habe die Credit Suisse einen Bootsplatz schätzen lassen. Dessen Verkehrswert liege bei Fr. 150'000.--. Somit hätten die beiden Liegenschaften zusammen einen Verkehrswert von mindestens Fr. 2'129'000.--. Gegenüber dem Steuerwert von Fr. 1'576'000.-ergäbe sich somit eine Differenz von Fr. 553'000.--. Die Vorinstanz sei bei diesen Verhältnissen zu Unrecht davon ausgegangen, dass zumindest ein Teil des Aktionärsdarlehens von Fr. 110'000.-abgeschrieben werden müsste. Dieses könne durch den Verkauf eines Teils der Liegenschaften gegenwärtig werde der Verkauf der Bootsplätze und des Büros geprüft durch Aufstockung der Hypothek problemlos zurückbezahlt werden (act. 2 S. 6 f.).
F. und ihr Ehemann seien Eigentümer eines 5-ZimmerEinfamilienhauses in der Gemeinde L. . Dieses sei in der Steuererklärung 2012 mit einem Steuerwert von Fr. 540'000.-aufgeführt. Wenn auch keine Schätzung vorliege, sei offensichtlich, dass der Verkehrswert massiv höher liege. Gemäss eines aktuellen Auszugs der Plattform homegate.ch würden vergleichbare Einfamilienhäuser in der Gemeinde L. /M. zu Preisen zwischen Fr. 880'000.-- und Fr. 1,3 Mio. angeboten. Selbst wenn sehr vorsichtig von einem Verkehrswert von Fr. 850'000.-ausgegangen werden würde, wäre das Vermögen rund Fr. 300'000.-höher als in der Steuererklärung ausgewiesen. Da die Hypothek lediglich Fr. 580'000.-betrage, bliebe genügend Luft, um durch die Aufnahme einer weiteren Hypothek allenfalls durch den Verkauf der Liegenschaft liquide Mittel zwecks Rückzahlung des Aktionärsdarlehens von
Fr. 115'000.-zu beschaffen (act. 2 S. 7 f.).
Dass die Aktionärsdarlehen in einer finanziell schwierigen Situation erhöht worden seien, liege daran, dass die Aktionäre in den letzten Jahren immer wieder auf Lohn verzichtet hätten, um der angeschlagenen Firma zu helfen bzw. ihren persönlichen Beitrag zur Sanierung der Firma zu leisten. Wenn für Ausgaben trotzdem flüssige Mittel benötigt worden seien, seien die Bezüge als Darlehen
gebucht worden. Das sei weder buchhalterisch noch ökonomisch sinnvoll gewesen, erkläre sich aber dadurch, dass eine Beratung in den letzten Jahren praktisch inexistent sowie Abschlüsse und Revisionen zwei bis drei Jahre im Rückstand gewesen seien (act. 2 S. 8 f.).
Das vorliegende Verfahren ist ein Beschwerdeverfahren nach Art. 319 ff. ZPO (vgl. Art. 194 i.V.m. Art. 174 Abs. 1 SchKG). Die Beschwerde ist innert einer Frist von 10 Tagen einzureichen und abschliessend zu begründen (vgl. ZR 110/2011 Nr. 5). Dabei kann unrichtige Rechtsanwendung und offensichtlich unrichtige Sachverhaltsfeststellung geltend gemacht werden (Art. 320 ZPO).
Nach Art. 326 Abs. 1 ZPO sind neue Anträge, neue Tatsachenbehauptungen und neue Beweismittel ausgeschlossen. In Abs. 2 werden besondere Be-stimmungen des Gesetzes vorbehalten. Als solche besondere Bestimmungen, welche eine Ausnahme erlauben, gelten Art. 174 Abs. 1 und 2 SchKG betreffend die Beschwerde gegen eine Konkurseröffnung. Art. 174 Abs. 1 SchKG, wonach in der Beschwerde unechte Noven vorgebracht werden können, gilt auch bei der Konkurseröffnung nach einer Überschuldungsanzeige. Die in Art. 174 Abs. 2 SchKG abschliessend als zulässig genannten echten Noven sind dagegen nicht auf eine Konkurseröffnung nach Überschuldungsanzeige zugeschnitten. Ein Analogieschluss auf weitere Arten von echten Noven wird mehrheitlich abgelehnt (vgl. die Ausführungen der Kammer in OGer ZH PS110058 vom 15. Juli 2011, E. III./1.; vgl. auch BSK SchKG II-Brunner/Boller, 2. Auflage 2010, Art. 194 N 8). Wird in der Lehre die Frage diskutiert, inwieweit Nachbringen während der Beschwerdefrist zulässig sind, ist klar, dass Weiterungen und Ergänzungen nach Ablauf der Beschwerdefrist unzulässig sind. Dafür darf auch keine Frist mehr angesetzt werden. Diesbezüglich sieht auch Art. 174 SchKG keine Ausnahme vor.
Im Rechtsmittelverfahren stützt sich die Beschwerdeführerin auf neue Vorbringen und neue Beweismittel, so v.a. auf Liegenschafts-Verkehrswertschätzungen, welche vor Vorinstanz nicht eingebracht wurden. Dabei handelt es sich um unechte Noven, welche wie vorerwähnt zulässig sind.
4.1 Gemäss Zwischenbilanz der Beschwerdeführerin zu Fortführungswerten vom 30. Juni 2013 stehen den Aktiven im Umfang von Fr. 433'712.12 Forderungen von Gläubigern im Umfang von Fr. 448'783.31 gegenüber (act. 5/4). Somit besteht eine bilanzmässige Überschuldung in Höhe von Fr. -15'071.19, welche jedoch durch den Rangrücktritt des Gesellschaftsgläubigers und Aktionärs A1. vom 4. Dezember 2009 im Umfang von Fr. 71'000.-gedeckt ist. Der Rangrücktritt ist mit einer Stundung der Forderung verbunden, unkündbar und kann nur mit Zustimmung der Revisionsstelle aufgehoben werden, sofern die Überschuldung der Gesellschaft nicht mehr besteht. Die Rangrücktrittsvereinbarung wurde vom Verwaltungsrat der Gesellschaft in Würdigung der Bonität des Gläubigers A1. genehmigt. Für die Gesellschaft signierte die einzelzeichnungsberechtigte Verwaltungsrätin F. (act. 5/5; act. 6). Hinweise, dass der Rangrückritt gesetzlichen Anforderungen nicht genügt (vgl. Forstmoser/Meier-Hayoz/Nobel, Schweizerisches Aktienrecht, Bern 1996, § 50 N 216 ff.) und der Prüfung durch die Revisionsstelle (vgl. BGE 129 III 129 E. 7.1) nicht stand gehalten hätte, sind nicht ersichtlich.
Das steuerbare Einkommen von A1. und seiner Ehefrau betrug gemäss Steuererklärung 2012 Fr. 93'754.--, das steuerbare Vermögen (bestehend aus liquiden Mitteln, Wertschriften und Liegenschaften) Fr. 222'959.--. Zwei Drittel der gesamten Einkünfte von knapp Fr. 148'000.-entfielen auf Mieteinnahmen aus den beiden Liegenschafen -Strasse und (inkl. zweier Bootsplätze und zweier Garagen) im Kanton Nidwalden, ca. Fr. 42'000.-resultierten aus AHV-Renten und ein kleiner Teil von ca. Fr. 11'000.-aus der Mitarbeit bei der Beschwerdeführerin (act. 5/6). Gestützt auf diesen Umstand kam die Vorinstanz zum Schluss, dass ein Verkauf der Liegenschaften, in welchen ein Grossteil des Vermögens gebunden sei, das Ehepaar seiner Haupteinnahmequelle berauben würde und daher weder in Frage komme noch geltend gemacht worden sei. Das bewegliche Vermögen der Eheleute habe per Ende 2012 lediglich Fr. 67'798.-betragen und eine Verrechnung der Forderung aus dem Darlehen an die Gesellschaft mit der Schuld aus dem Darlehen von der Gesellschaft sei aufgrund des Rangrückritts für Erstere ausgeschlossen. Damit
bleibe für einen Darlehensbetrag von über Fr. 43'000.-- unklar, wie der Schuldner diesen begleichen könne (act. 8 S. 4 f.).
Wie die Beschwerdeführerin zu Recht einwendet, ist bei der Bewertung der Liegenschaften nicht auf den Steuerwert sondern auf den höheren Verkehrswert abzustellen. Indes lagen der Vorinstanz nur die Steuerdokumente vor und wurden Unterlagen zum Verkehrswert der Liegenschaften wie vorerwähnt erst im Rechtsmittelverfahren eingereicht.
Das freistehende Wohnhaus mit drei Wohnungen und zwei Garagen an der -Strasse in H. , deren Eigentümer A1. ist, weist gemäss Bewertung von I. aus dem Jahre 2002 einen Verkehrswert von
Fr. 1'725'000.-auf. Unter Berücksichtigung des Umstandes, dass es sich um eine Immobilie an sehr begehrter Lage mit direktem Seeanstoss handelt (act. 5/7
S. 3) und sich in der Schweiz die Preise für Immobilien in den letzten Jahren stetig verteuert haben, kann auch noch heute von (mindestens) diesem Wert ausgegangen werden. Dasselbe gilt für die im Jahre 2003 erfolgte Schätzung eines der Bootsplätze an der -Strasse , welcher einen Verkehrswert von Fr. 150'000.-aufweist. Für Büro/Studio und die beiden Parkplätze an der - Strasse sind einzig die Steuerwerte von Fr. 64'000.-- und je Fr. 20'000.-bekannt. Somit ist mit der Beschwerdeführerin von einem Verkehrswert der beiden Liegenschaften von mindestens Fr. 2'129'000.-auszugehen. Diese sind gemäss Steuererklärung 2012 mit einer Hypothek in Höhe von Fr. 1'405'395.-belastet. Damit liegt die Belehnung bei 66% des Verkehrswertes und könnte bis auf die von den meisten Banken üblicherweise gewährte Belehnung von 80% erhöht werden. Ein damit verbundener Barbezug von knapp Fr. 300'000.-läge weit über dem der Gesellschaft geschuldeten Darlehen von Fr. 111'399.76.
Gemäss Feststellung der Vorinstanz versteuerten F. und ihr Ehemann im Jahre 2011 bzw. 2012 ein Einkommen von Fr. 40'800.-bzw.
Fr. 48'400.-- und Vermögen von Fr. 16'636.-bzw. Fr. 20'782.--, weshalb nicht ersichtlich sei, woher bei diesen finanziellen Verhältnissen kurzfristig fast
Fr. 115'000.-zwecks Darlehensrückzahlung abgerufen werden könnten (act. 8
S. 5). Zur in der Steuererklärung aufgeführten Liegenschaft äusserte sich die Vorinstanz nicht.
In der Steuererklärung der Eheleute F. aus dem Jahre 2012 ist die Liegenschaft im in der Gemeinde M. mit einem Steuerwert von
Fr. 540'000.-aufgeführt. Die Hypothek beträgt Fr. 580'000.-- (act. 5/9). Allein der Umstand, dass die Hypothek einige zehntausend Franken höher ist als der Steuerwert, die Belehnung aber kaum 100% beträgt, zeigt, dass der Verkehrswert der Liegenschaft viel höher sein muss. Wenn auch keine Verkehrswertschätzung vorliegt und konkrete Angaben zum, wie geltend gemacht, 5-ZimmerEinfamilienhaus fehlen, vermochte die Beschwerdeführerin anhand der Preise anderer Objekte mit nämlicher Anzahl Zimmer in der Gemeinde M. /L. glaubhaft darzulegen, dass der für die Beurteilung massgebende Verkehrswert der Liegenschaft im in der Gemeinde M. bedeutend höher ist als der Steuerwert und bei einem Verkauf der Aufstockung der Hypothek zuzüglich des vorhandenen Vermögens genügend flüssige Mittel erhältlich gemacht werden können, um die Darlehensschuld in Höhe von Fr. 115'000.-zu tilgen.
Zu erwähnen bleibt, dass die Beschwerdeführerin, welche offensichtlich bereits im Jahre 2009 finanzielle Schwierigkeiten aufwies und gemäss Review der Revisionsstelle vom 3. September 2013 über eine angespannte Liquidität und eine ungenügende Ertragslage verfügt, sich zwar nicht zu konkreten Sanierungsmassnahmen geäussert aber immerhin dargelegt und belegt hat, dass Massnahmen ergriffen wurden, um einen Grossteil der Schulden in absehbarer Zeit abzutragen. So entfallen vom kurzfristen Fremdkapital von Fr. 380'000.-gemäss Zwischenbilanz per 30. Juni 2013 rund Fr. 260'000.-auf Schulden bei Sozialversicherungen und der Eidg. Steuerverwaltung, mit welchen Gläubigern Abzahlungsvereinbarungen geschlossen wurden (act. 2 S. 8 f.; act. 5/11-16).
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass gemäss Zwischenbilanz per 30. Juni 2013 zwar eine Unterdeckung im Umfang von Fr. -15'071.19 vorliegt, diese jedoch vom bestehenden Rangrücktritt von A1. im Umfang von Fr. 71'000.-gedeckt ist. Sodann verfügen die
Gesellschaftsschuldner A1. und F. über ausreichend finanzielle Kapazitäten, um ihre Darlehen kurzfristig zurückzuzahlen zu können, weshalb nicht mit deren Abschreibung und damit einer Vergrösserung der Überschuldung gerechnet werden muss.
Die Beschwerdeführerin wurde mit Verfügung der Vorinstanz vom 24. September 2013 unter Androhung von Säumnisfolgen aufgefordert darzulegen, dass der Rangrücktritt des Gesellschaftsgläubigers A1. den gesetzlichen Anforderungen insbesondere der Unanfechtbarkeit genügt bzw. A1. den Verlust seiner Forderung ohne eigene Überschuldung verkraften kann und dass die Gesellschaftsschuldner in der Lage sind, die ihnen gewährten Darlehen zurückzuzahlen (act. 9/13). Auf die Notwendigkeit der Darlegung des letzteren Umstandes wurde nochmals mit Schreiben vom 10. Oktober 2013 hingewiesen, nachdem nur ein Teil der einverlangten Unterlagen, nämlich die Steuererklärung der Gesellschaftsschuldner für das Jahr 2011, eingereicht wurde. Auch mit Einreichung der verlangten Steuerunterlagen für das Jahr 2012 äusserte sich die Beschwerdeführerin nicht zu den vorerwähnten Punkten und kam somit ihrer Mitwirkungsobliegenheit nicht in genügender Weise nach. Gestützt nur auf die ihr vorgelegten Unterlagen wurde der Konkurs von der Vorinstanz zu Recht eröffnet und der Beschwerdeführerin entsprechend die Kosten auferlegt. Ihre mangelnde Mitwirkung machte vorliegendes Rechtsmittelverfahren nötig, in welchem erstmals die im konkreten Fall relevante Bonität der Gesellschaftsschuldner dargelegt und mit neu eingereichten Dokumente belegt wurde. Nach dem Gesagten sind der Beschwerdeführerin die Kosten des Beschwerdeverfahrens gestützt auf Art. 107 Abs. 1 lit. f ZPO aufzuerlegen und mit dem von ihr geleisteten Kostenvorschuss zu verrechnen.
Es wird erkannt:
In Gutheissung der Beschwerde wird das Urteil des Konkursgerichtes des Bezirksgerichtes Zürich vom 24. Oktober 2013, mit dem über die Beschwerdeführerin der Konkurs eröffnet wurde, aufgehoben.
Die erstinstanzliche Kostenfestsetzung (Dispositiv-Ziffer 3) wird bestätigt.
Die zweitinstanzliche Gerichtsgebühr wird auf Fr. 750.-festgesetzt, der Beschwerdeführerin auferlegt und mit dem von ihr geleisteten Barvorschuss verrechnet.
Schriftliche Mitteilung an die Beschwerdeführerin und an deren Revisionsstelle E. AG, an das Konkursamt J. , an das Betreibungsamt K. sowie an das Handelsregisteramt des Kantons Zürich sowie
- unter Rücksendung der erstinstanzlichen Akten an die Vorinstanz, je gegen Empfangsschein.
Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid an das Bundesgericht ist innert 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, einzureichen. Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG).
Dies ist ein Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG.
Es handelt sich um einen Entscheid des Konkursoder Nachlassrichters der Konkursoder Nachlassrichterin im Sinne von Art. 74 Abs. 2 lit. d BGG.
Die Beschwerde an das Bundesgericht hat keine aufschiebende Wirkung.
Obergericht des Kantons Zürich
II. Zivilkammer
Die Gerichtsschreiberin:
lic. iur. D. Tolic Hamming
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