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Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH)

Kopfdaten
Kanton:ZH
Fallnummer:NT210001
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:II. Zivilkammer
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid NT210001 vom 02.12.2021 (ZH)
Datum:02.12.2021
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Namensänderung
Schlagwörter : Berufung; Berufungskläger; Namens; Namensänderung; Zürich; Kantons; Familie; Verfügung; Keinen; Person; Gesuch; Gemeindeamt; Kosten; Direktion; Spreche; Grossmutter; Seinen; Namensänderungsgesuch; Begründet; Innern; Justiz; Gleich; Kindes; Partei; Verfahren; Aussprache; Heissen; Seines
Rechtsnorm: Art. 270b ZGB ; Art. 30 ZGB ; Art. 4 ZGB ; Art. 8 EMRK ; Art. 90 BGG ;
Referenz BGE:140 III 577;
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:
Entscheid

Obergericht des Kantons Zürich

II. Zivilkammer

Geschäfts-Nr.: NT210001-O/U

Mitwirkend: Oberrichterin lic. iur. E. Lichti Aschwanden, Vorsitzende, Oberrichterin lic. iur. A. Strähl und Ersatzrichter lic. iur. T. Engler sowie Gerichtsschreiber lic. iur. M. Tanner

Urteil vom 2. Dezember 2021

in Sachen

A. B. ,

Gesuchsteller und Berufungskläger

vertreten durch Rechtsanwältin lic. iur. X.

betreffend Namensänderung

Berufung gegen eine Verfügung der Direktion der Justiz und des Innern des Kan- tons Zürich vom 25. Juni 2021 (2021-1186)

Rechtsbegehren (act. 16/3, sinngemäss):

Es sei das Namensänderungsgesuch des Gesuchstellers gutzuheissen und sein Familienname von B. in C. zu ändern.

Verfügung des Gemeindeamtes des Kantons Zürich (act. 1/2/2 S. 7):

I. Das Gesuch von B. , A. , geboren am tt. Juli 1990 in D. [Ortschaft], von E. [Ortschaft] und F. [Ortschaft], wohnhaft in Zürich wird abgewiesen.

II. Die Kosten des Verfahrens betragen 600.00 Franken und werden dem Gesuchsteller auferlegt.

III./IV. Rechtsmittel/Mitteilung.

Verfügung der Direktion der Justiz und des Innern (act. 12 S. 5 f.):

I. Der Rekurs von A. B. gegen die Verfügung des Gemein- deamtes des Kantons Zürich, Abteilung Zivilstandswesen, vom 3. März 2021 betreffend Namensänderung gemäss Art. 30 Abs. 1 ZGB wird abgewiesen.

  1. Die Kosten des Verfahrens, bestehend aus

    Fr. 710.00

    werden dem Rekurrenten auferlegt. Über die auferlegten Kosten stellt die Zentrale Inkassostelle am Obergericht des Kantons Zürich nach Eintritt der Rechtskraft separat Rechnung.

  2. Dem Rekurrenten wird keine Parteientschädigung zugesprochen. IV./V. Rechtsmittel/Mitteilungen.

Anträge des Berufungsklägers (act. 13 S. 2):

1. Es sei die Verfügung 2021-1186/LP vom 25. Juni 2021 aufzuheben, und es sei dem Rekurrenten und Berufungskläger die mit Gesuch vom 15. Juni 2020 beantragte Änderung des Familiennamens in C. statt B. zu bewilligen.

  1. Es seien die Kosten dieses Verfahrens und der vorgängigen Verfahren auf die Staatskasse zu nehmen.

  2. Es sei dem Rekurrenten und Berufungskläger eine angemessene Parteient- schädigung zuzusprechen.

Erwägungen:

1.

Mit Formular vom 12. Juni 2020 ersuchte der Gesuchsteller und Berufungskläger (nachstehend Berufungskläger) das Gemeindeamt des Kantons Zürich um Bewil- ligung einer Änderung seines Familiennamens. Er stellte den Antrag, an Stelle von B. neu C. heissen zu dürfen (act. 20/1.1). Das Gemeindeamt des Kantons Zürich wies dieses Gesuch mit Verfügung vom 3. März 2021 ab

(act. 2/2). Dagegen gelangte der Berufungskläger an die Direktion der Justiz und des Innern (act. 1). Mit Verfügung vom 25. Juni 2021 verneinte auch diese Instanz die Voraussetzungen für die angestrebte Namensänderung (act. 12).

2.

2.1. Der bürgerliche Name einer Person ist grundsätzlich unveränderlich (BGE 140 III 577 E. 3.2). Nach Art. 30 Abs. 1 ZGB kann allerdings die Regierung des Wohnsitzkantons einer Person die Änderung ihres Namens bewilligen, wenn achtenswerte Gründe vorliegen. Ob im Einzelfall solche Motive für eine Na- mensänderung gegeben sind, ist eine Ermessensfrage, die von der zuständigen Behörde nach Recht und Billigkeit zu beantworten ist (Art. 4 ZGB). Als Gründe für eine Namensänderung sind etwa solche moralischer, geistiger, seelischer, wirt- schaftlicher oder administrativer Natur denkbar. Es müssen jedoch aus der bishe- rigen Namensführung fliessende, konkrete, objektive Nachteile vorliegen. Rein subjektive Empfindungen und Unannehmlichkeiten begründen demgegenüber

keinen Namensänderungsanspruch. Eine Berücksichtigung subjektiver Gründe sollte nur insofern erfolgen, als diese objektiv nachvollziehbar bzw. einsichtig und in diesem Sinne von einer gewissen Intensität sind (OGer ZH, NT190001 vom

2. Oktober 2019, E. III/1; OGer ZH, NT200002 vom 22. Dezember 2020, E. 3.3).

3.

    1. Der Berufungskläger begründet sein Namensänderungsgesuch zunächst damit, dass er zu seinen Grosseltern schon immer eine enge Beziehung pflege. Insbesondere seine Grossmutter sei bis heute die wichtigste Person in seiner Familie, weshalb er genau gleich heissen wolle wie sie (act. 13 Rz. II.1, 10 f.).

    2. Der Berufungskläger reichte sein Namensänderungsgesuch zusammen mit einem Begleitbrief beim Gemeindeamt ein. In dieser ersten Eingabe erwähnte er seine Grossmutter noch nicht, dafür Parallelen seiner Lebensgeschichte mit jener seines Grossvaters (act. 20/1.12; vgl. auch act. 13 Rz. II.1). Insofern erscheint eher fraglich, ob die Grossmutter für ihn tatsächlich der Hauptgrund für sein Na- mensänderungsgesuch bildet. Indessen kann offen bleiben, ob für den Beru- fungskläger emotional eher die Grossmutter oder der Grossvater (mütterlicher- seits) im Zentrum steht: Auch wenn die behauptete Nähe besteht, begründet sie keinen Anspruch, den grosselterlichen Namen zu tragen.

4.

    1. Der Berufungskläger begründet sein Namenänderungsbegehren weiter mit praktischen Schwierigkeiten im Alltag. So schrieben viele seinen Name B. häufig B'_ . Auch spreche man ihn vielfach mit B'' oder B''' an. Dies sei für ihn ähnlich störend, wie wenn man eine Person namens Huber als Hube oder Hubi bezeichne. Die mehrheitlich falsche Schreibweise und Aus- sprache beeinträchtigten stark die Identifikationsfunktion seines Namens. Damit verfüge er über einen achtenswerten Namenänderungsgrund (vgl. act. 13

      Rz. II.8 f.).

    2. Diese Argumentation ist zu wenig stichhaltig. Einzelne Namen lassen sich leichter aussprechen und schreiben als andere. Das liegt in ihrer sprachlichen Na- tur begründet. Auch ist dies keine Besonderheit ausländischer Namen. Selbst der in der Schweiz weitverbreitete Namen Meier ist davon betroffen. Neben seiner ge- läufigsten Schreibweise Meier existieren viele Varianten wie Meyer, Mejer, Maier, Majer oder Mayer. All diese Namen werden zwar unterschiedlich geschrieben, aber genau gleich ausgesprochen. Die Sprachwissenschaft bezeichnet solche Wörter als homophon (gleichlautend). Auch eine Frau Mayer wird sich ärgern, wenn sie regelmässig als Frau Meier angeschrieben wird. Es ist durchaus nach- vollziehbar, wenn sich der Berufungskläger daran stört, dass sein Name zu Aus- sprache- oder Schreibschwierigkeiten führt. Dem Berufungskläger kann indessen nicht gefolgt werden, wenn er in einer falschen Schreibweise oder Aussprache systematischen Rassismus erblickt (act. 13 Rz. II.1 und 8). Vielmehr dürften dem fehlenden Akut über dem ersten von B. weniger böser Wille, als vielmehr praktische Probleme zugrunde liegen: Viele Personen wissen nicht, wie sie mit der Computertastatur diakritische Zeichen setzen können.

    3. Art. 30 Abs. 1 ZGB vermittelt Privatpersonen keinen Anspruch auf einen einfachen, phonetisch geschriebenen Namen. Wollte man das Auseinanderfallen von Schrift und Aussprache beseitigen, müsste man weltweit alle Namen sämtli- cher Sprachen durch die internationale Lautschrift (International Phonetic Alpha- bet [IPA]) ersetzen. Ein solches Ansinnen wäre weder umsetzbar noch erstre- benswert.

    4. Mit der zunehmenden Mobilität zwischen den einzelnen Ländern und Sprachräumen sind Namen aus anderen Kulturkreisen hierzulande immer geläu- figer geworden. Das ist keine neue Entwicklung: Heute tragen beispielsweise nur noch die allerwenigsten Einwohnerinnen und Einwohnern der Stadt Zürich einen althergebrachten zürcherischen Namen wie Bullinger, Hirzel, Waser, Landolt oder Ringger. In der Vergangenheit sind viele Menschen aus anderen Gemeinden, Kantonen und Ländern nach Zürich gezogen und haben dabei ihren angestamm- ten Namen beibehalten. Heute werden ihre an sich auswärtigen Namen nicht

      mehr als fremd empfunden. Ähnlich wird es früher oder später auch mit den ost- europäischen Namen ergehen.

    5. Ohnehin ist der Name B. kurz, was gegen besondere Schwierigkei- ten im Alltag spricht. Entsprechend muss der Berufungskläger beispielsweise bei einer telefonischen Anmeldung keine unzumutbare lange Buchstabenfolge diktie- ren. Die aufgezeigten Schwierigkeiten im Alltag des Berufungsklägers aufgrund seines Namens stellen damit insgesamt keinen hinreichenden Grund für eine Namensänderung dar.

5.

    1. Der Berufungskläger führt sodann Folgendes aus: Wäre er noch minder- jährig und nähme seine Mutter wieder ihren ledigen Namen an, würden die Vor- instanzen sein Namensänderungsgesuch sofort gutheissen. Die Unterscheidung zwischen Voll- und Minderjährigkeit dürfe im Namensrecht keine Rolle spielen, sei doch der Name ein höchstpersönliches Recht (act. 13 Rz. 6).

    2. Art. 160 und Art. 270-270b ZGB regeln detailliert, welchen Namen die Kin- der von verheirateten und unverheirateten Eltern erhalten. Keine dieser Bestim- mungen begründet ein Namenswahlrecht der minderjährigen Person. Selbst

      Art. 270b ZGB statuiert bloss ein Zustimmungsrecht des Kindes: Danach darf der Namen eines zwölf und mehr Jahre alten Kindes bloss geändert werden, wenn es damit einverstanden ist. Entsprechend kann der Berufungskläger aus diesen kin- desrechtlichen Namensregeln nichts zu seinen Gunsten ableiten.

    3. Soweit der Berufungskläger sich auf die Praxis zu Namensänderungen minderjähriger Kinder nach Art. 30 ZGB im Zusammenhang mit Namensänderun- gen des sorgeberechtigten Elternteils nach einer Scheidung bezieht (wo ein ach- tenswerter Grund für die parallele Namensänderung des Kindes in der Regel be- jaht wird, vgl. BGE 140 III 577), ist ihm folgendes entgegen zu halten: In jener Konstellation geht es darum, dass ein Kind die Namensänderung des Elternteils, bei dem es (hauptsächlich) aufwächst, mittragen dürfen soll (vgl. BGE a.a.O.

E. 3.3.3), und nicht um die emotionale Nähe des Kindes zur mütterlichen Familie

als Ganzes. Der nahe Bezug des Berufungsklägers zu seinen Grosseltern mütter- licherseits und der emotionale Wert dieser Beziehung ist nicht in Abrede zu stel- len. Er ist indes nicht mit der Beziehung eines minderjährigen Kindes zum Eltern- teil zu vergleichen, bei dem es (hauptsächlich) aufwächst.

6.

    1. Die Berufung wirft der Vorinstanz schliesslich vor, gegen Art. 8 EMRK verstossen zu haben. Diese Bestimmung schütze das Recht auf Achtung des Pri- vat- und Familienlebens und damit das Anrecht auf den gleichen Namen inner- halb der eigenen Familie. Für den Berufungskläger bedeute seine Grossmutter in erster Linie die Familie. Aus diesem Grund wolle er den grossmütterlichen Na- men C. führen (act. 13 Rz. 7).

    2. Die Namensregelungen der einzelnen Mitgliedstaaten der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) weichen stark voneinander ab. Aus diesem Grund belässt der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) den na- tionalen Instanzen in Namensfragen einen weiten Beurteilungsspielraum. Weigert sich eine Behörde, einen Nachnamen zu ändern, verstösst sie deswegen nicht gegen Art. 8 EMRK. Im Verhältnis zu dem als legitim erachteten öffentlichen Inte- resse an der Beibehaltung eines bestimmten Namens gewichtet der EGMR die praktischen Nachteile von änderungswilligen Personen weniger stark. Insbeson- dere begründen Probleme bei der Aussprache oder beim Schreiben eines Na- mens keinen Änderungsanspruch (EGMR, 25.11.1994, Stjerna c. Finland, Nr. 18131/91, Ziff. 39 ff.; Grabenwarter/Pabel, Europäische Menschenrechtskonven- tion, 7. Aufl., München/Basel/Wien 2021, § 22 Rz. 45). Bezeichnenderweise ver- mochte der Berufungskläger denn auch keinen EGMR-Entscheid anzuführen, der seinen Standpunkt stützt.

7.

Aus den dargelegten Gründen ist die Berufung abzuweisen.

8.

Die unterliegende Partei trägt die Prozesskosten (Art. 106 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Da die Berufung vollumfänglich abzuweisen ist, sind diese Kosten dem Berufungs- kläger aufzuerlegen. Die Gerichtsgebühr ist auf Fr. 700.- festzusetzen und mit dem Vorschuss des Berufungsklägers zu verrechnen (act. 17-19). Ausgangsge- mäss hat der Berufungskläger keinen Anspruch auf eine Parteientschädigung.

Es wird erkannt:
  1. Die Berufung wird abgewiesen. Die Verfügung der Direktion der Justiz und des Innern vom 25. Juni 2021 wird bestätigt.

  2. Die zweitinstanzliche Entscheidgebühr wird auf Fr. 700.- festgesetzt und dem Berufungskläger auferlegt.

    Die Kosten des zweitinstanzlichen Verfahrens werden mit dem vom Berufungskläger geleisteten Vorschuss von Fr. 700.- verrechnet.

  3. Eine Parteientschädigung wird nicht zugesprochen.

  4. Schriftliche Mitteilung an den Berufungskläger, an die Direktion der Justiz und des Innern sowie an das Gemeindeamt des Kantons Zürich, an diese zwei Vorinstanzen unter Beilage der Berufungsschrift act. 13 samt Beilagen- verzeichnis und Beilagen (act. 16/3-9), je gegen Empfangsschein.

    Nach unbenütztem Ablauf der Rechtsmittelfrist gehen die vorinstanzlichen Akten an die Vorinstanzen zurück.

  5. Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid an das Bundesgericht ist innert 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesge-

richt, 1000 Lausanne 14, einzureichen. Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) oder Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG).

Dies ist ein Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG.

Es handelt sich um eine nicht vermögensrechtliche Angelegenheit.

Die Beschwerde an das Bundesgericht hat keine aufschiebende Wirkung.

Obergericht des Kantons Zürich

II. Zivilkammer Der Gerichtsschreiber:

lic. iur. M. Tanner versandt am:

3. Dezember 2021

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