Zusammenfassung des Urteils NG220007: Obergericht des Kantons Zürich
Die Berufung der Vermieterin wird gutgeheissen, der vorinstanzliche Beschluss wird aufgehoben, und die Sache wird zur erneuten Prüfung an die Vorinstanz zurückverwiesen. Es wird entschieden, dass keine Kosten für das Berufungsverfahren erhoben werden. Der Kostenvorschuss der Vermieterin wird zurückerstattet. Es werden keine Parteientschädigungen zugesprochen. Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid kann beim Bundesgericht innerhalb von 30 Tagen eingereicht werden. Es handelt sich um einen Zwischenentscheid in einer mietrechtlichen Angelegenheit mit einem Streitwert von Fr. 30'100.-. Die Beschwerde hat keine aufschiebende Wirkung. Der Beschluss wurde vom Obergericht des Kantons Zürich, II. Zivilkammer, unter Vorsitz von lic. iur. E. Lichti Aschwanden gefällt, mit Gerichtsschreiberin MLaw R. Schneebeli.
Kanton: | ZH |
Fallnummer: | NG220007 |
Instanz: | Obergericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | II. Zivilkammer |
Datum: | 29.11.2022 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Forderung / Einseitige Vertragsänderung |
Schlagwörter : | Vermieter; Mieter; Recht; Vermieterin; Berufung; Vorinstanz; Klage; Kündigung; Vertragsänderung; Mieters; Entscheid; Mietvertrag; Parteien; Rechtsschutzinteresse; Nichteintreten; Formular; Urteil; Nichteintretens; Beschwer; Schlichtungsbehörde; Rechtsmittel; Nichteintretensentscheid; Urteilsvorschlag; Auskunft; Mietzins; Sinne; Informations |
Rechtsnorm: | Art. 1 OR ;Art. 106 ZPO ;Art. 116 ZPO ;Art. 266g OR ;Art. 269d OR ;Art. 270b OR ;Art. 273c OR ;Art. 29 BV ;Art. 308 ZPO ;Art. 310 ZPO ;Art. 317 ZPO ;Art. 4 DSG ;Art. 57 ZPO ;Art. 59 ZPO ;Art. 91 ZPO ;Art. 92 BGG ; |
Referenz BGE: | 120 II 5; 122 III 279; 125 III 231; 125 III 62; 126 III 198; 132 III 24; 133 III 453; 134 III 235; 135 I 119; 137 II 313; 138 III 374; 138 III 659; 140 III 385; 143 III 157; 63 II 190; 91 II 57; |
Kommentar: | Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017 |
Obergericht des Kantons Zürich
II. Zivilkammer
Geschäfts-Nr.: NG220007-O/U
Mitwirkend: Oberrichterin lic. iur. E. Lichti Aschwanden, Vorsitzende, Oberrichter lic. iur. et phil. D. Glur und Oberrichter Dr. E. Pahud sowie Gerichtsschreiberin MLaw R. Schneebeli
in Sachen
Stadt Zürich,
Beklagte und Berufungsklägerin
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. iur. X. ,
gegen
,
Kläger und Berufungsbeklagter
vertreten durch Rechtsanwalt MLaw Y. ,
betreffend Forderung / Einseitige Vertragsänderung
Berufung gegen einen Beschluss des Mietgerichtes Zürich (Kollegialgericht) vom 6. April 2022 (MJ210049)
(act. 1 S. 2)
1. Es sei die mit Formular vom 21. August 2020 mitgeteilte Mietvertragsänderung für die 3.5-Zimmer-Wohnung, im 5. Obergeschoss, an der Adresse B. -strasse ..., ... Zürich, für ungültig resp. missbräuchlich zu erklären und es sei diese aufzuheben.
2. Unter Kosten- und Entschädigungsfolgen (zzgl. MwSt.) zulasten der Beklagten.
(act. 34 S. 2)
1. Die Klage sei abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist,
2. unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zulasten des Klägers.
(act. 42 = act. 44)
Auf die Klage wird im Sinne der Erwägungen nicht eingetreten.
Die Gerichtsgebühr wird festgesetzt auf:
Fr. 1'500.00 Kosten total
Die Kosten werden den Parteien je zur Hälfte auferlegt. Sie wer- den vom Kläger unter Verrechnung seines Kostenvorschusses von Fr. 3'960.– bezogen, sind ihm aber von der Beklagten im Umfang von Fr. 750.– zu ersetzen. Der Restbetrag wird dem Kläger herausgegeben.
Es werden keine Parteientschädigungen zugesprochen.
[Mitteilungssatz.]
[Rechtsmittelbelehrung; Berufung innert 30 Tagen.]
der Beklagten und Berufungsklägerin (act. 43 S. 2):
1. Der angefochtene Beschluss des Mietgerichts Zürich vom 6. April 2022 (Geschäft-Nr. MJ210049-L) sei aufzuheben und die Sache zur materiellen Prüfung an die Vorinstanz zurückzuweisen;
2 unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zulasten des Berufungsbeklagten, eventuell zu Lasten der Staatskasse.
des Klägers und Berufungsbeklagten (act. 50 S. 2):
1. Auf die Berufung der Beklagten/Berufungsklägerin sei nicht einzutreten.
2. Unter Kosten- und Entschädigungsfolgen (zzgl. MwSt.) zulasten der Beklagten/Berufungsklägerin, eventuell zu Lasten der Staatskasse.
I.
Sachverhalt und Prozessgeschichte
Die Parteien schlossen mit Wirkung ab dem 1. April 1999 einen Mietvertrag über eine 3.5-Zimmer-Dachwohnung im 5. Obergeschoss an der B. -strasse
... in ... Zürich (act. 3/1). Mit amtlichem Formular vom 21. August 2020 teilte die Beklagte und Berufungsklägerin (fortan Vermieterin) dem Kläger und Berufungsbeklagten (fortan Mieter) auf dem Formular für Mietzinserhöhungen und andere einseitige Mietvertragsänderungen mit, dass ab 1. Januar 2024 die Zusatzpflichten auf Basis VGV gölten, mithin die Vorschriften der von der Vermieterin erlassenen Verordnung über die Grundsätze der Vermietung von städtischen Woh- nungen (VGV; act. 3/5). In einem Begleitschreiben (act. 3/8) wies die Vermieterin darauf hin, dass mit Inkrafttreten der besagten Verordnung Vorschriften hinsichtlich des Wohnsitzes, der wirtschaftlichen Verhältnisse, der Untervermietung sowie der minimalen Wohnungsbelegung zur Anwendung kämen und dass zu deren Durchsetzung vom vertraglichen Kündigungsrecht Gebrauch gemacht werde. Zur Überprüfung der Einhaltung dieser Vorschriften träfen die Mieter fortan damit einhergehende Informations- und Auskunftspflichten (act. 3/7–8).
Mit Eingabe vom 23. September 2020 focht der Mieter die Vertragsänderung an und machte bei der Schlichtungsbehörde in Miet- und Pachtsachen des Bezirkes Zürich ein Verfahren anhängig (act. 6/1). Anlässlich der Schlichtungsverhandlung vom 2. Juni 2021 konnte zwischen den Parteien keine Einigung erzielt wer- den. Mit Beschluss des gleichen Datums unterbreitete die Schlichtungsbehörde den Parteien einen Urteilsvorschlag (act. 6/7). Dieser lautete wie folgt:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2 Es werden keine Kosten erhoben.
Es werden keine Entschädigungen zugesprochen.
Schriftliche Mitteilung an die Parteien je gegen Empfangsschein.
Dieser Urteilsvorschlag gilt als angenommen und hat die Wirkung eines rechtskräftigen Entscheids, wenn ihn keine Partei innert 20 Tagen seit der schriftlichen Eröffnung ablehnt. Die Ablehnung be- darf keiner Begründung.
Innert Frist lehnte der Mieter den Urteilsvorschlag ab (act. 6/7–8 und
act. 6/10). Daraufhin wurde dem Mieter mit Beschluss vom 30. Juni 2021 die Klagebewilligung erteilt (act. 6/11 = act. 5).
Mit Eingabe vom 12. August 2021 (Poststempel) reichte der Mieter fristgerecht Klage beim Mietgericht Zürich mit den eingangs zitierten Rechtsbegehren ein (act. 1). Mit Verfügungen vom 25. November 2021 (act. 21) bzw. vom
25. Januar 2022 (act. 29) wurde beiden Parteien Frist angesetzt, um sich zur Frage des Vorliegens eines Rechtsschutzinteresses zu äussern. Beide Parteien sprachen sich in der Folge für das Vorliegen eines Rechtsschutzinteresses aus (vgl. act. 27 und act. 34). Mit Zirkulationsbeschluss vom 6. April 2022 trat das Mietgericht Zürich auf die Klage des Mieters im Sinne der Erwägungen nicht ein (act. 42).
5. Dagegen hat die Vermieterin mit Schriftsatz vom 23. Mai 2022 fristgemäss eine Berufung an die Kammer erhoben (act. 43; zur Rechtzeitigkeit vgl. act. 40). Sie beantragt die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und die Rückweisung der Sache an die Vorinstanz zur materiellen Prüfung, unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zu Lasten des Berufungsbeklagten bzw. eventuell zu Lasten der Staatskasse. Mit Verfügung vom 2. Juni 2022 wurde der Vermieterin Frist zur Leistung eines Kostenvorschusses in der Höhe von Fr. 3'900.– angesetzt und die weitere Prozessleitung delegiert (act. 45). Der Kostenvorschuss ist fristgemäss eingegangen (act. 47). Mit Verfügung vom 4. Oktober 2022 wurde dem Mieter Frist zur Erstattung einer schriftlichen Berufungsantwort angesetzt (act. 48). Die Berufungsantwort des Mieters vom 3. November 2022 ist bei der Kammer am
4. November 2022 fristgemäss eingegangen (act. 50; zur Rechtzeitigkeit vgl.
act. 49). Der Mieter beantragt, auf die Berufung der Vermieterin sei nicht einzutreten, unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zulasten der Vermieterin bzw. eventualiter zulasten der Staatskasse (vgl. act. 50 S. 2).
6. Die vorinstanzlichen Akten wurden von Amtes wegen beigezogen (act. 1– 40). Die Sache ist spruchreif. Die Berufungsantwort des Mieters (act. 50) ist der Vermieterin mit dem vorliegenden Entscheid noch zur Kenntnisnahme zuzustellen.
II.
Zur Berufung im Einzelnen
Prozessuales
Mit der Berufung sind erstinstanzliche Endentscheide anfechtbar (Art. 308 Abs. 1 lit. a ZPO). In vermögensrechtlichen Angelegenheiten ist die Berufung nur zulässig, wenn der Streitwert mindestens Fr. 10'000.– beträgt (Art. 308 Abs. 2 ZPO). Anlässlich der Schlichtungsverhandlung vom 2. Juni 2021 haben die Parteien – unter Bezugnahme auf das Urteil der Kammer vom 1. März 2021 im Verfahren RU200056-O – den Streitwert des vorliegenden Verfahrens übereinstimmend mit Fr. 30'100.– beziffert (vgl. act. 6, Prot. S. 3). Da dieser Streitwert nicht offensichtlich unrichtig erscheint (Art. 91 Abs. 2 ZPO), ist auch im Berufungsverfahren darauf abzustellen (vgl. dazu auch act. 45 S. 2 und die dortigen Verweise). Der erforderliche Mindeststreitwert ist hier somit ohne Weiteres gegeben.
Zulässigkeitsvoraussetzung eines jeden Rechtsmittels ist sodann die Beschwer; sie ist für das Rechtsmittelverfahren das von Amtes wegen zu beachten- de Pendant zum Rechtsschutzinteresse im erstinstanzlichen Verfahren, welches eine Prozessvoraussetzung darstellt (vgl. Art. 59 Abs. 2 lit. a ZPO). Das Erforder- nis der Beschwer hat die Wirkung, dass nur derjenige zur Erhebung eines Rechtsmittels befugt ist, der ein von der Rechtsordnung geschütztes, d.h. ein schutzwürdiges Interesse (tatsächlicher rechtlicher Natur) an der Abänderung des erstinstanzlichen Entscheides besitzt (vgl. BGE 120 II 5 E. 2a; ZK ZPO- REETZ, 3. Aufl. 2016, Zürich/Basel/Genf, Vor Art. 308–318 N 30). Erforderlich dafür ist grundsätzlich das Vorliegen der formellen und der darin in der Regel enthaltenen materiellen Beschwer. Die formelle Beschwer ist gegeben, wenn das Dispositiv des angefochtenen Entscheides von den vor Vorinstanz gestellten Rechtsbegehren abweicht. Materielle Beschwer bedeutet, dass die Rechtsstellung der das Rechtsmittel ergreifenden Person durch den erstinstanzlichen Entscheid tangiert wird, indem dieser in seinen rechtlichen Wirkungen für diese Person nachteilig ist und ihr dadurch ein Interesse an seiner Abänderung verschafft (BGE 120 II 5 E. 2a). Ausnahmsweise kann auch eine bloss materielle Beschwer genügen. So kann etwa ein Dritter, welcher vor der ersten Instanz überhaupt keine Rechtsbegehren stellen konnte, jedoch durch den vorinstanzlichen Entscheid in seiner Rechtsstellung beeinträchtigt wird, ein Rechtsmittel dagegen ergreifen vgl. zum Ganzen BLICKENSTORFER, DIKE-Komm-ZPO, 2. Aufl. 2016, Vor Art. 308–334 N 95
ff. und ZK ZPO-REETZ, 3. Aufl. 2016, Vorbemerkungen zu den Art. 308–318 N 30 ff., je m.w.H.; BGer 4P.231/2000 vom 3. Januar 2001 E. 1). Fehlt es an der Beschwer, wird auf das Rechtsmittel nicht eingetreten.
Vorliegend ist es die Vermieterin, die den vorinstanzlichen Entscheid mit Berufung anficht, mit welchem die Vorinstanz auf die Klage des Mieters auf Feststellung der Ungültigkeit bzw. Missbräuchlichkeit und Aufhebung der von der Vermieterin auf amtlichem Formular mitgeteilten einseitigen Vertragsänderung im Sinne der Erwägungen nicht eingetreten ist. Vorab gilt es deshalb zu klären, ob die Vermieterin durch den vorinstanzlichen Nichteintretensentscheid überhaupt beschwert ist.
Die Vermieterin führt zur Thematik der Beschwer zusammengefasst aus, da sie im vorinstanzlichen Verfahren die Abweisung der Klage des Mieters beantragt habe, die Vorinstanz auf die Klage stattdessen aber nicht eingetreten sei, sei sie durch den Nichteintretensentscheid beschwert (vgl. act. 43 Rz 5). Sie (die Vermieterin) sei aber auch materiell beschwert, weil sie ein Interesse daran habe, dass ein Gericht beurteile, ob die streitgegenständliche einseitige Vertragsänderung gemäss Formularanzeige vom 21. August 2020 mit Wirkung ab 1. Januar 2024 wirksam und gültig sei. Dies umso mehr, weil die Vorinstanz in ihrem Entscheid zu Unrecht davon ausgehe und dort explizit festhalte, dass der Urteilsvorschlag der Schlichtungsbehörde trotz des Nichteintretens auf die Klage des Mieters keine Geltung mehr habe. Die durch den Nichteintretensentscheid geschaffene Rechts- unsicherheit über die Gültigkeit der einseitigen Vertragsänderung sei für beide Parteien unzumutbar. Zudem – so die Vermieterin weiter – stelle das Vorgehen der Vorinstanz eine formelle Rechtsverweigerung dar und sei ihr Anspruch auf richterliche Beurteilung der einseitigen Vertragsänderung innert angemessener Frist verletzt, weshalb sie durch den vorinstanzlichen Entscheid auch deshalb materiell beschwert sei (vgl. zum Ganzen act. 43 Rz 6–10).
Der Mieter stellt sich in seiner Berufungsantwort demgegenüber auf den Standpunkt, die Vermieterin sei durch den vorinstanzlichen Entscheid nicht beschwert. Entgegen ihrer Behauptung habe die Vermieterin vor Vorinstanz nicht nur die Abweisung der Klage beantragt. Vielmehr habe sie beantragt, die Klage sei abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei, und damit zum Ausdruck gebracht, dass die Prozessvoraussetzungen für die Klage des Mieters nicht erfüllt seien. Die Vorinstanz sei dem Antrag der Vermieterin gefolgt, weshalb letztere durch den Nichteintretensentscheid nicht beschwert sei (vgl. act. 50 Ziff. 12 f.).
Es ist zutreffend, dass die Vermieterin vor Vorinstanz in ihrer Stellungnahme vom 7. März 2022 die Abweisung der Klage des Mieters beantragt hatte, soweit
darauf einzutreten sei (act. 34 S. 2). Aus der Stellungnahme der Vermieterin explizit zur Frage des Vorliegens eines Rechtschutzinteresses geht jedoch klar hervor, dass die Vermieterin bereits vor Vorinstanz ein Rechtsschutzinteresse des Mieters an seiner Klage bejahte (vgl. act. 34 S. 2 ff.). Rechtsbegehren bzw. Anträge sind nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichts nach Treu und Glauben im Lichte von deren Begründung auszulegen (BGE 137 II 313 E. 1.3; BGE 135 I 119 E. 4; BGE 134 III 235 E. 2). Aufgrund der weiteren Ausführungen der Vermieterin in der Stellungnahme vom 7. März 2022 besteht kein Zweifel daran, dass sie sich für eine materielle Prüfung der Streitsache aussprach und mit ihrem Antrag primär bzw. hauptsächlich die Abweisung der Klage des Mieters verlangte. Für den (Eventual-)Fall eines Nichteintretens hielt die Vermieterin im Übrigen dafür, dass der Urteilsvorschlag der Schlichtungsbehörde seine Gültigkeit behalte (act. 34 S. 9). Damit kann der Vermieterin eine formelle Beschwer nicht mit der Begründung abgesprochen werden, sie selbst habe im vorinstanzlichen Verfahren auf Nichteintreten plädiert, wie dies der Mieter tut (act. 50 Ziff. 12).
Die Frage, ob die formelle Beschwer auch dann zu bejahen ist, wenn anstatt der beantragten Abweisung ein Nichteintretensentscheid ergangen ist, wurde durch das Bundesgericht – soweit ersichtlich – noch nicht explizit geklärt. Nicht einschlägig erscheinen insbesondere die bereits einige Zeit zurückliegenden Entscheide des Bundesgerichtes, in welchen den Rechtsmittelklägern ein praktisches Interesse am eingelegten Rechtsmittel abgesprochen wurde (vgl. BGE 126 III 198
E. 2.b; BGE 91 II 57 E. 4) und eben so wenig BGE 63 II 190, wo sich die zu verbeiständende Person gegen den zweitinstanzlichen Entscheid wehrte, mit welchem die angeordnete Verbeiständung mangels örtlicher Zuständigkeit der Vorinstanz aufgehoben worden war. In der Lehre überwiegt die Ansicht, dass eine formelle Beschwer auch dann vorliegt, wenn entgegen einem beklagtischen Rechtsbegehren auf Klageabweisung stattdessen auf die Klage nicht eingetreten wird, da ein Beklagter durchaus ein Interesse an einem der materiellen Rechtskraft teilhabenden Sachurteil haben könne anstatt lediglich an einem Prozessen- dentscheid. Konkret müsse der Beklagte nach einem blossen Prozessentscheid nämlich befürchten, mit der gleichen Klage in einem neuen Verfahren konfrontiert zu werden (vgl. z.B. STAEHELIN, in: Staehelin/Staehelin/Grolimund, Zivilprozessrecht, 3. Aufl., Zürich/Basel/Genf 2019, § 25 Rz 28; ZK ZPO-REETZ, 3. Aufl. 2016, Vorbemerkungen zu den Art. 308–318 N 31; DIKE Komm ZPO-BLICKENSTORFER,
Aufl. 2016, Vor Art. 308– 334 N 96; ZK ZPO-ZÜRCHER, 3. Aufl. 2016, Art. 59 ZPO N 14; BK ZPO-STERCHI, vor Art. 308 ZPO N 27; SEILER, Die Berufung nach ZPO, Zürich 2013, § 9 N 531; anderer Ansicht noch unter Geltung der Zürcher Zivilprozessordnung: FRANK/STRÄULI/MESSMER, N 11.a. zu § 51 ZPO ZH).
Dass diese Rechtsauffassung richtig ist, zeigt sich am vorliegenden Fall: Die Vorinstanz begründet ihr Nichteintreten auf die Klage des Mieters damit, dass der Mieter im heutigen Zeitpunkt kein aktuelles Rechtsschutzinteresse an der Überprüfung der von der Vermieterin mitgeteilten (einseitigen) Mietvertragsänderung habe. Eine abschliessende Prüfung der mitgeteilten Vertragsänderung sei erst im Anschluss an eine Kündigung des Mietverhältnisses möglich bzw. betreffend die gemäss Vertragsänderung neue Auskunftsverpflichtung erst nach Verlangen einer bestimmten Auskunft durch die Vermieterin (vgl. act. 42). Mit anderen Worten hat der Mieter gemäss Vorinstanz dann mit derselben Rechtsfrage bzw. denselben Begehren an das Gericht zu gelangen, sobald sich sein Rechtsschutzinteresse (durch eine Kündigung Auskunftsanfrage bei Dritten seitens der Vermieterin) aktualisiert hat. Der vorinstanzliche Nichteintretensentscheid steht mangels materieller Rechtskraftwirkung mit Bezug auf die Klage (sondern einzig mit Bezug auf seine Prozesswirkungen) einer neuerlichen identischen Klage dabei nicht entgegen, begründet also keine res iudicata (Art. 59 Abs. 2 lit. e ZPO). Für die Vermieterin bedeutet dies, dass sie sich in naher Zukunft einem neuerlichen Gerichtsprozess über dieselbe Streitsache wird stellen müssen, sollte der Mieter in einem späteren Zeitpunkt (nach erfolgter Kündigung Auskunftsanforderung durch die Vermieterin) erneut klagen wollen. Damit weist der vorinstanzliche Nichteintretensentscheid für die Vermieterin einen ganz anderen Wert auf, als die von ihr vor Vorinstanz beantragte Klageabweisung. Bereits aus diesem Grund ist die Vermieterin durch den vorinstanzlichen Entscheid formell (und damit zugleich auch materiell) beschwert.
Hinzu kommt sodann das Folgende: Wie bereits ausgeführt, verfügte der Mieter nach der Rechtauffassung der Vorinstanz in der vorliegend zu beurteilenden Streitsache von Beginn weg über kein Rechtsschutzinteresse und hätte die Schlichtungsbehörde Zürich hier aus diesem Grund auch keinen Urteilsvorschlag erlassen dürfen. Nach Ansicht der Vorinstanz kann der Urteilsvorschlag der Schlichtungsbehörde deshalb nunmehr – nachdem sie dem Mieter im Nichteintretensentscheid das Rechtsschutzinteresse gerichtlich abgesprochen hat – keine Gültigkeit mehr beanspruchen. Um dies zum Ausdruck zu bringen bzw. der Klarheit halber, hat die Vorinstanz nicht einfach einen Nichteintretensentscheid ausgefällt, sondern ist im Sinne der Erwägungen auf die Klage des Mieters nicht eingetreten (vgl. act. 42, Dispositivziffer 1 und sowie E. IV./2.2 S. 10 und E. IV./5
S. 16). Folgt man der Rechtsauffassung der Vorinstanz, ist der Urteilsvorschlag der Schlichtungsbehörde Zürich vom 2. Juni 2021, mit welchem die Klage des Mieters abgewiesen worden war (vgl. act. 6/7, Dispositiv), durch den vorinstanzlichen Nichteintretensentscheid zum Nachteil der Vermieterin endgültig beseitigt bzw. ausser Kraft gesetzt worden. Auch aus diesem Grund ist die Vermieterin durch den vorinstanzlichen Entscheid formell (und damit zugleich auch materiell) beschwert.
Selbst wenn man der Vermieterin im konkreten Fall eine formelle Beschwer jedoch absprechen müsste, so läge hier ein Fall vor, in welchem ausnahmsweise auch eine bloss materielle Beschwer der Vermieterin für die Zulässigkeit ihres Rechtsmittels genügen muss: Infolge der von der Vorinstanz vertretenen Auffassung, wonach ihr Nichteintretensentscheid im Sinne der Erwägungen den Urteilsvorschlag der Schlichtungsbehörde Zürich ausser Kraft setzt, ist vorliegend für beide Parteien unklar, ob die von der Vermieterin mit amtlich genehmigtem Formular ausgesprochene einseitige Vertragsänderung vom 21. August 2020 Gültigkeit entfaltet nicht. Nachdem die Vorinstanz ihren Nichteintretensentscheid damit begründet, bei der von der Vermieterin angezeigten einseitigen Vertragsanpassung handle es sich – entgegen der Rechtsauffassung der Vermieterin – tatsächlich um eine blosse Absichtserklärung, welche keinerlei rechtlichen Folgen nach sich ziehe (vgl. act. 42 E. IV./3.2), wird die Vermieterin durch den erstinstanzlichen Entscheid offensichtlich in ihrer Rechtsstellung tangiert und wirkt sich der vorinstanzliche Entscheid (auch wenn die Vorinstanz damit formell und dem Schein nach zum Vorteil der Vermieterin auf die Klage des Mieters nicht eingetreten ist) für sie nachteilig aus. Sie hat deshalb – gerade wegen der Rechtswirkungen des vorinstanzlichen Entscheides – ein nachvollziehbares und ein erhebliches Interesse an dessen Abänderung und ist aus diesem Grund zusätzlich materiell beschwert.
Zusammenfassend ist die Beschwer der Vermieterin zu bejahen.
1.6 Die Berufung wurde von der Vermieterin zudem innert der gesetzlich vorgesehenen Rechtsmittelfrist schriftlich und mit begründeten Anträgen eingereicht. Damit sind sämtliche formellen Rechtsmittelvoraussetzungen erfüllt, weshalb auf die Berufung einzutreten ist.
Materielles
Allgemeines zur Berufung
Mit der Berufung können sowohl die unrichtige Rechtsanwendung als auch die unrichtige Feststellung des Sachverhaltes geltend gemacht werden (Art. 310 ZPO); zu Letzterer zählt ebenso die unrichtige Anwendung des pflichtgemässen Ermessens. Die Berufung erhebende Partei trifft eine Begründungslast. Sie hat substantiiert vorzutragen, aus welchen Gründen der angefochtene Entscheid unrichtig ist und wie er geändert werden muss (BGer 4A_418/2017 vom 8. Januar 2018, E. 2.3 und 5A_111/2016 vom 6. September 2016, E. 5.3). Blosse Verweise auf die Vorakten Wiederholungen des bereits vor der ersten Instanz Vorgetragenen genügen den gesetzlichen Anforderungen an eine hinreichende Begründung ebenso wenig wie allgemeine Kritik am angefochtenen Entscheid bzw. an den erstinstanzlichen Erwägungen (BSK ZPO-SPÜHLER, 3. Aufl. 2017, Art. 312 N 15; ZK ZPO-REETZ/THEILER, 3. Aufl. 2016, Art. 311 N 36 f.; BGE 138 III 374
ff. E. 4 = Pra 102 [2013] Nr. 4). Der Berufungsinstanz kommt volle Kognition zu. Sie ist weder an die Argumente der Parteien noch an die Begründung des vorinstanzlichen Entscheids gebunden, sondern wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 57 ZPO; BGE 138 III 374 ff. E. 4.3.1 = Pra 102 [2013] Nr. 4 und BGE
133 II 249 E. 1.4.1), allerdings – unter dem Vorbehalt offensichtlicher Mängel – nur im Rahmen der erhobenen Beanstandungen (vgl. OGer ZH, LB190040 vom
29. April 2020, E. II./2. mit Hinweisen). Neue Tatsachenbehauptungen und Beweismittel sind nur unter den Voraussetzungen von Art. 317 Abs. 1 ZPO zugelassen.
Vorinstanzlicher Entscheid
Die Vorinstanz hielt zunächst fest, der Mieter sei zur Erhebung seiner Klage insofern gezwungen gewesen, als die Schlichtungsbehörde Zürich einen Urteilsvorschlag erlassen und damit seine (des Mieters) Klage materiell behandelt habe. Entsprechend sei zumindest insoweit ein Rechtsschutzinteresse an seiner Klage zu bejahen (vgl. act. 42 E. IV./2. ff.). Darüber hinaus verneinte die Vorinstanz je- doch ein Rechtsschutzinteresse des Mieters an der richterlichen Überprüfung der Rechtmässigkeit der einseitigen Vertragsänderung von Seiten der Vermieterin. Diesbezüglich erwog die Vorinstanz zusammengefasst das Folgende: Eine einseitige Vertragsänderung i.S.v. Art. 269d Abs. 3 OR sei zwar grundsätzlich ebenso auf ihre Missbräuchlichkeit hin überprüfbar wie eine Mietzinserhöhung. Eine Anfechtung sei jedoch dann ausgeschlossen, wenn im Zeitpunkt der Mitteilung we- der der Mietzins betroffen sei noch der Mietvertrag einseitig zu Lasten des Mieters abgeändert werde, indem beispielsweise die bisherigen Leistungen des Vermieters vermindert neue Nebenkosten eingeführt würden. Massgebend sei, ob das vertragliche Austauschverhältnis von Leistung und Gegenleistung betroffen sei. Im vorliegenden Fall, in welchem die Vermieterin mit der einseitigen Vertragsänderung letztlich bloss ihre in der VGV (Verordnung über die Grundsätze der Vermietung von städtischen Wohnungen; Stadt Zürich) festgelegten Absichtserklärungen zur Art und Weise der Ausübung des Kündigungsrechtes kundgetan habe, sei folglich zu prüfen, ob eine Abweichung vom bundesrechtlichen Kündigungsschutz vorliege. Eine abschliessende Prüfung sei jedoch erst im Anschluss an eine Kündigung möglich. Es verhalte sich hier deshalb gleich wie bei der Mitteilung eines Vorbehalts im Zusammenhang mit einer Mietzinserhöhung; auch ein mitgeteilter Mietzinsvorbehalt sei gemäss Lehre und Rechtsprechung nicht selbstständig anfechtbar, sondern erst dann, wenn er mit einer Mietzinsänderungsanzeige tatsächlich ausgeschöpft werde. Vorher mangle es dem Mieter an einem aktuellen Rechtsschutzinteresse. Auch die hier streitgegenständliche Vertragsanpassung von Seiten der Vermieterin wirke sich erst auf die rechtliche Situation des Mieters aus, wenn denn tatsächlich eine Kündigung ausgesprochen worden sei, denn bei der angezeigten Vertragsanpassung handle es sich lediglich um eine Absichtserklärung der Vermieterin, die fälschlicherweise mittels amtlichen Formulars mitgeteilt worden sei und keinerlei rechtliche Folgen nach sich ziehe. Zwar sei in den neuen Vermietungsvorschriften der Vermieterin festgehalten, dass bei deren Verletzung eine Kündigung des Mietverhältnisses erfolgen könne (Art. 5 Abs. 2 VGV und Art. 6 Abs. 3 VGV, vgl. act. 3/5), doch könne die Vermieterin – auch wenn es sich dabei um ein Gemeinwesen handle – keine neuen Kündigungsgründe schaffen, die einer Missbräuchlichkeitsprüfung unzugänglich seien. Aufgrund der geltenden Kündigungsfreiheit vermöge auch die vom Mieter vorgetragene Unsicherheit über den Fortbestand des Mietverhältnisses kein Rechtsschutzinteresse zu begründen, denn diese sei jedem (unbefristeten) Mietverhält- nis inhärent (vgl. zum Ganzen act. 42 E. IV./3. ff.). Daran vermöchten auch die mit der einseitigen Vertragsänderung durch die Vermieterin neu eingeführten Informationspflichten nichts zu ändern. Die Informationsrechte der Vermieterin richteten sich ausschliesslich nach den Datenschutzbestimmungen des DSG (Bundesgesetz über den Datenschutz). Mit einer einseitigen Vertragsänderung könne sie keine dem Datenschutzgesetz entgegenstehenden Pflichten zur Lieferung von Informationen einführen. Insbesondere weil heute eine Kündigung des Mietverhält- nisses noch gar nicht im Raum stehe, wäre eine solche Datenbeschaffung mangels Notwendigkeit für das Mietverhältnis unzulässig. Unklar sei sodann, ob die Vermieterin von der ihr gemäss einseitiger Vertragsänderung ausgestellten Blankovollmacht für das Einholen von Informationen bei amtlichen Stellen (z.B. Perso- nenmeldeamt, Steueramt, etc.) überhaupt je Gebrauch machen werde. Die neuen Informationspflichten würden schliesslich erst ab dem 1. Januar 2024 Geltung beanspruchen; auch deshalb könne der Mieter eine gerichtliche Beurteilung der Rechtmässigkeit der einseitigen Vertragsänderung erst dann verlangen, wenn sich die Vermieterin gestützt darauf tatsächlich Informationen beschaffe (act. 42 E. IV./4. ff.).
Standpunkt und Rügen der Vermieterin im Berufungsverfahren
Die Vermieterin macht in ihrer Berufung eine unrichtige Rechtsanwendung, eine Verletzung ihres rechtlichen Gehörs sowie einen Verstoss gegen das Verbot der formellen Rechtsverweigerung durch die Vorinstanz geltend. Im Wesentlichen stellt sie sich auf den Standpunkt, sie selbst sowie auch der Mieter hätten – entgegen der unrichtigen Rechtsauffassung der Vorinstanz – sehr wohl ein rechtlich schützenswertes Interesse an der gerichtlichen Beurteilung der einseitigen Vertragsänderung. Beide müssten wissen, ob die von der Vermieterin mittels einseitiger Vertragsänderung vom 21. August 2020 eingeführten zusätzlichen Pflichten für die Mieterschaft wirksam und gültig seien (vgl. act. 43 Rz 16). Gemäss
Art. 269d Abs. 3 OR sei der Vermieter berechtigt, den Mietvertrag unter Einhaltung von Kündigungsfrist und Kündigungstermin einseitig zulasten des Mieters zu ändern. Von diesem Artikel würden gemäss konstanter bundesgerichtlicher Rechtsprechung sämtliche Änderungen des Mietvertrages erfasst, die eine einseitige Verschlechterung der Situation des Mieters nach sich zögen. Ob bzw. wie konkret sich die angezeigte Änderung zulasten zum Nachteil des Mieters auswirke, sei im Rahmen der Beurteilung im Anfechtungsverfahren zu prüfen und gehöre damit zur materiellen Missbrauchsprüfung (act. 43 Rz 17 f.). Für die Bejahung eines Rechtsschutzinteresses an einer Klage genüge es hingegen, dass die Gutheissung Abweisung der Klage die Rechtsstellung der Parteien verändere. Entgegen der Vorinstanz sei dies hier klar der Fall. Die Vorinstanz liege falsch, wenn sie davon ausgehe, dass die rechtliche Situation der Parteien trotz der mittels amtlichen Formulars angezeigten einseitigen Vertragsänderung vom
21. August 2020 unverändert bleibe. Entgegen der vorinstanzlichen Auffassung handle es sich dabei nämlich nicht um eine blosse unverbindliche Absichtserklärung, sondern damit seien vielmehr verbindlich neue Informations- und Auskunftspflichten für den Mieter eingeführt sowie vertraglich zusätzliche Kündigungsgründe definiert worden (act. 43 Rz 21 f.). Nach Ablauf der von der Vermieterin gewährten Übergangsfrist bis Ende des Jahres 2023, mithin ab 1. Januar 2024, würden die angezeigten Vertragsänderungen von der Vermieterin strikte umbzw. durchgesetzt. Gemäss einseitiger Vertragsänderung sei der Mieter beispielsweise verpflichtet, der Vermieterin zwecks Kontrolle der neuen Vermietungsbedingungen und zum Vollzug der VGV die notwendigen Auskünfte zu erteilen und auf Verlangen auch entsprechende Belege vorzulegen. Die Verletzung dieser Pflichten bei Täuschung stelle dies neu einen vertraglich definierten Kündigungsgrund dar. Überdies werde die Vermieterin durch die einseitige Vertragsänderung dazu ermächtigt, zum gleichen Zweck beim Personenmeldeamt, beim Steueramt und bei anderen zuständigen Stellen sich die erforderlichen Auskünfte und Informationen selbst zu beschaffen. Die Vorinstanz führe in diesem Zusammenhang einzig aus, die Vermieterin sei bei der Datenbeschaffung jedenfalls an die in Art. 4 DSG (Bundesgesetz über den Datenschutz) festgehaltenen Grundsätze gebunden. Dabei übersehe die Vorinstanz aber, dass es bei den neu einzuführenden Informations- und Auskunftspflichten der Mieterschaft ab
1. Januar 2024 primär um die Beschaffung von Daten der Mietparteien mit laufendem Mietvertrag gehe. Das Datenschutzgesetz verschaffe ihr (der Vermieterin) kein Recht auf die entsprechenden Informationen, jedenfalls nicht voraussetzungsbzw. bedingungslos. Genau aus diesem Grund sei nun mittels einseitiger Vertragsänderung eine entsprechende Informationspflicht samt Auskunftsermächtigung eingeführt worden (vgl. act. 43 Rz 24 ff.). Weiter sei es falsch, dass die Vorinstanz davon ausgehe, die Vermieterin könne im heutigen Zeitpunkt gar keine Informations- und Auskunftspflichten für den Mieter einführen, weil sie diese aktuell noch nicht benötige und auch eine Kündigung noch gar nicht im Raum stehe. Dies sei mittels einseitiger Vertragsänderung sehr wohl möglich und genau darin liege auch die Verschlechterung für den Mieter. Deshalb habe sowohl der Mieter als auch sie selbst (die Vermieterin) das Recht darauf, dass über die Wirksamkeit und Gültigkeit der einseitigen Vertragsänderung materiell entschieden werde, und zwar bereits heute und nicht erst dann, wenn eine allfällige Kündigung ausgesprochen worden sei (act. 43 Rz 26 ff.). Gleich verhalte es sich mit den mittels einseitiger Vertragsänderung neu eingeführten sonstigen Pflichten und Mietbe- dingungen (z.B. Pflicht zur [steuerlichen] Wohnsitznahme in der Stadt Zürich, Pflicht zur Einhaltung von Mindestbelegungsvorschriften, Einkommenshöchstgrenzen, etc.) und neu definierten Kündigungsgründen. Ein Verstoss gegen Art. 273c OR, wie ihn die Vor-instanz bei der Einführung von Kündigungsgründen erblicke, liege nicht vor. Selbstverständlich könne der Mieter eine allfällige Kündigung trotzdem nach
Massgabe von Art. 271 ff. OR auf ihre Missbräuchlichkeit hin überprüfen lassen. Die Rechtsstellung des Mieters verschlechtere sich dadurch aber offenkundig. Erstens weil eine Kündigung aus einem explizit vertraglich vereinbarten Kündigungsgrund die Wichtigkeit der Einhaltung der vereinbarten Pflicht Bedingungen (z.B. Verhältnis Einkommen/Vermögen zu Mietzinshöhe) für die Vermieterin zum Ausdruck bringe und zweitens weil eine solche wohl als Kündigung aus wichtigem Grund i.S.v. Art. 266g OR zu qualifizieren wäre, durch welche etwa ei- ne allfällige Kündigungssperrfrist i.S.v. Art. 271 Abs. 1 lit. d und e OR durchbrochen würde (vgl. act 43 Rz 30 ff. und insbes. Rz 38). Aus all diesen Gründen habe die Vorinstanz das Rechtsschutzinteresse beider Parteien zu Unrecht verneint und damit nicht nur Art. 59 Abs. 2 lit. a ZPO verletzt, sondern auch das Verbot der formellen Rechtsverweigerung gemäss Art. 29 Abs. 2 BV.
Standpunkt des Mieters im Berufungsverfahren
Im Berufungsverfahren vertritt der Mieter in Übereinstimmung mit der Vermieterin weiterhin die Auffassung, über ein schutzwürdiges Interesse an der vor Vorinstanz erhobenen Klage verfügt zu haben und dass die Vorinstanz demnach zu Unrecht auf seine Klage nicht eingetreten sei. Durch die von der Vermieterin mitgeteilte Mietvertragsänderung sei er direkt in seinen Rechten als Mieter betroffen und eine Gutheissung seiner Klage hätte seine Rechtsstellung verbessert. Zudem habe er nur mit dem Erheben einer Klage verhindern können, dass der zu seinen Ungunsten ausgefallene Urteilsvorschlag der Schlichtungsbehörde in Rechtskraft erwachse. Mit dem vorinstanzlichen Entscheid – so der Mieter weiter – könne er sich deshalb bis heute nicht identifizieren (vgl. act. 50 Ziff. 5–8).
Würdigung
Ein schutzwürdiges Interesse der klagenden Partei an der gerichtlichen Beurteilung der Streitsache (sog. Rechtsschutzinteresse) gemäss Art. 59 Abs. 2 lit. a ZPO ist nach der Rechtsprechung dann zu bejahen, wenn der Kläger ein persönliches Interesse an seiner Klage hat, welches in dem Sinn rechtlicher Natur ist, als die damit verlangte Leistung die anbegehrte Feststellung Gestaltung einer Rechtslage ihm einen Nutzen verschafft (vgl. dazu BGE 122 III 279
E. 3a; BGer 4A_630/2012 vom 19. März 2013, E. 3.1; 4A_404/2011 vom
7. November 2011, E. 5.1; BGer 4C.45/2006 vom 26. April 2007, E. 5, nicht publ.
BGE 133 III 453; 5P.329/2002 vom 23. Dezember 2002, E. 3.1). Demgegenüber fehlt das Rechtsschutzinteresse, wenn das Urteil dem Kläger auch im Falle des Obsiegens keinen Nutzen bringt (vgl. BGer 4A_127/2019 vom 7. Juni 2019, E. 4, m.w.H.; BK ZPO-ZINGG, 2012, Art. 59 ZPO N 47). Ein solcher Nutzen fehlt im Allgemeinen, wenn der streitige Anspruch bereits befriedet ist überhaupt nicht befriedet werden kann (BGE 122 III 279 E. 3a; BGer 4C.45/2006 vom 26. April 2007, E. 5; BGer 5P.329/2002 vom 23. Dezember 2002, E. 3.1).
Der Streit der Parteien dreht sich um die von der Vermieterin auf amtlichem Formular angezeigte einseitige Vertragsänderung vom 21. August 2020 (act. 3/5). Das Gesetz sieht in Art. 269d OR – entgegen dem nach schweizerischem Obligationenrecht geltenden Grundsatz des Vertragsschlusses durch übereinstimmende gegenseitige Willensäusserung (Art. 1 Abs. 1 OR) – explizit die Möglichkeit einer bloss einseitigen Vertragsänderung vor. Damit soll verhindert werden, dass der Vermieter für die Durchsetzung einer einseitig gewünschten Vertragsanpassung gleich zum radikalen Mittel der Kündigung greifen muss (vgl. dazu z.B. ZK OR- HIGI/BÜHLMANN, 5. Aufl. 2022, Art. 269d OR N 21). Beabsichtigt der Vermieter eine Erhöhung des Mietzinses sonstwie den Mietvertrag einseitig zu Lasten des Mieters zu ändern, namentlich seine bisherigen Leistungen zu vermindern neue Nebenkosten einzuführen, ist gemäss Art. 269d Abs. 1–3 OR wie folgt vorzugehen: Die einseitige Vertragsanpassung ist dem Mieter auf dem amtlich vorgeschriebenen Formular mitzuteilen (lit. a), muss begründet werden (lit. b) und darf nicht zusammen mit einer Kündigung Kündigungsandrohung ergehen (lit. c). Andernfalls ist die einseitige Vertragsänderung nichtig (vgl. Art. 269d
Abs. 1–3 OR). Der Mieter kann eine Mietzinserhöhung eine sonstige Änderung des Mietvertrages einseitig zu seinen Lasten, namentlich eine Verminderung der bisherigen Leistungen neue Nebenkosten, innert 30 Tagen ab deren Mitteilung bei der Schlichtungsbehörde als missbräuchlich im Sinne der Artikel 269 und 269a OR anfechten (vgl. Art. 270b Abs. 1 und 2 OR). Das Bundesgericht fasst den Anwendungsbereich von Art. 269d und Art. 270b Abs. 2 OR weit. Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung erfassen diese Bestimmungen grundsätzlich sämtliche Änderungen des Mietvertrages, durch welche das bisherige Austauschverhältnis der Leistungen von Vermieter und Mieter verändert werden kann. Eine Einschränkung des Geltungsbereiches dieser Norm auf Änderungen, die das bisherige Gleichgewicht der Leistungen zu Lasten des Mieters verändern (wofür sich etwa HIGI im Zürcher Kommentar, 4. Aufl. 1998, Art. 269d OR, N. 49 ff. ausgesprochen hatte), hat das Bundesgericht in BGE 125 III 231 E. 3.b explizit verworfen und festgehalten, ob und wie sich die fragliche Änderung konkret zu Lasten des Mieters auswirke, sei das Ergebnis der Beurteilung im Anfechtungsverfahren und gehöre dementsprechend zur materiellen Missbrauchsprüfung. Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung werden von Art. 269d Abs. 3 OR demnach sämtliche Änderungen des Mietvertrages erfasst, die eine einseitige Verschlechterung der Situation des Mieters nach sich ziehen. Als solche erachtete das Bundesgericht etwa das Einführen einer neuen Hausordnung, mit welcher die Möglichkeit des Musizierens im Wohnobjekt (weiter) eingeschränkt wurde (vgl. BGer 4A_74/2021 vom 30. April 2021, E. 2.2.1, mit Verweis auf BGE 125 III 62
E. 2b, m.w.H.).
Vorliegend will die Vermieterin mit der einseitigen Mietvertragsänderung vom 21. August 2020 für den Mieter diverse Zusatzpflichten auf Basis VGV einführen, welche per 1. Januar 2024 in Kraft treten bzw. umgesetzt werden sollen (act. 3/5). Konkretisiert sind die neuen Mietvertragsbestimmungen im Begleitschreiben der Vermieterin ebenfalls vom 21. August 2020 (act. 3/8). Sie beinhalten neue Pflichten bzw. Vorgaben für den Mieter betreffend den zivil- und steuerrechtlichen Wohnsitz und die Wohnungsbelegung, die wirtschaftlichen Verhältnisse des Mieters bzw. über deren Verhältnis zum Mietzins, den persönlichen Gebrauch und die Untervermietung der Wohnung sowie neue Informations- und Auskunftspflichten des Mieters, inkl. einer generellen Bevollmächtigung der Vermieterin zum Einholen von Auskünften über den Mieter bei Drittpersonen (vgl. act. 3/8 S. 2–3).
Die Vorinstanz argumentiert, bei der einseitigen Vertragsänderung der Vermieterin vom 21. August 2020 handle es sich tatsächlich um eine blosse Absichtserklärung zur Art und Weise der Ausübung des Kündigungsrechtes, die
fälschlicherweise auf dem amtlichen Formular für einseitige Vertragsänderungen mitgeteilt worden sei und keinerlei rechtlichen Folgen nach sich ziehe (vgl. act. 42
E. IV/3.1 und 3.2.). Dieser Ansicht kann nicht gefolgt werden:
Die Mitteilung einer einseitigen Vertragsänderung stellt eine Willenserklärung der Vermieterin dar. Als solche ist sie nach dem Vertrauensprinzip so auszulegen, wie sie nach ihrem Wortlaut und Zusammenhang sowie den gesamten Umständen nach Treu und Glauben verstanden werden durfte und musste (vgl. BGE 143 III 157 E. 1.2.2; BGE 138 III 659 E. 4.2.1, je mit Hinweisen; BGer 4A_229/2009 vom
25. August 2009, E. 3.1). Dabei ist nicht allein der Wortlaut ausschlaggebend; vielmehr sind darüber hinaus beispielsweise die Umstände, unter denen die Erklärungen abgegeben wurden, und insbesondere der vom Erklärenden verfolgte Regelungszweck, wie ihn der Erklärungsempfänger in guten Treuen verstehen durfte und musste, heranzuziehen (vgl. BGE 138 III 659 E. 4.2.1; BGE 132 III 24 E. 4). Indem die Vermieterin das amtlich genehmigte Formular für die Mitteilung der Mietvertrags- änderung benützte, hat sie unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass sie von ihrem Recht auf einseitige Vertragsänderung gemäss Art. 269d Abs. 3 OR Gebrauch machen will. Etwas Gegenteiliges lässt sich auch aus dem Begleitschreiben der Vermieterin an den Mieter nicht ableiten und insbesondere nicht aus dem darin enthaltenen Hinweis, dass die neuen Bestimmungen für den Mieter erst ab dem 1. Januar 2024 Gültigkeit hätten (vgl. act. 3/8). Zum einen ist es der einseitigen Vertragsänderung i.S.v. Art. 269d OR immanent, dass sie im Zeitpunkt einer allfälligen Anfechtung nach Massgabe von Art. 270b OR noch nicht in Kraft ist und erst zukünftig wirkt, weil sie immer erst auf den nächstmöglichen Kündigungstermin überhaupt möglich ist (vgl. Art. 269d Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 OR). Zum andern ist der Zeitpunkt des angekündigten Inkrafttretens der neuen Vertragsbestimmungen davon zu unterscheiden, ab wann die Bestimmungen Bestandteil des Mietvertrages werden. Selbst wenn die neuen Bestimmungen – wie hier – erst rund 3 ½ Jahre später in Kraft treten sollen, können sie mittels Formularanzeige bereits auf den nächstmöglichen Kündigungstermin zum Vertragsbestandteil gemacht werden. Ab diesem Zeitpunkt sind sie – vorbehältlich einer erfolgreichen Anfechtung innert 30 Tagen gemäss Art. 270b OR – für beide Mietvertragsparteien verbindlich, d.h. ist die einseitige Vertragsänderung wirksam erfolgt. Aus dem
zusammen mit der Formularanzeige verschickten Begleitschreiben der Vermieterin geht weiter hervor, dass sie (die Vermieterin) dem Mieter eine (verbindliche) Mietvertragsänderung schon in einem früheren Zeitpunkt angekündigt hatte (vgl. act. 3/8 S. 1), sodass sich aus dem Begleitschreiben in Verbindung mit der Formularanzeige unzweideutig ergibt, dass die Vermieterin mit der einseitigen Vertragsänderung vom 21. August 2020 die neuen Vertragsbestimmungen auf den nächstmöglichen Zeitpunkt verbindlich zum neuen Mietvertragsbestandteil erklären wollte, jedoch unter Gewährung einer Übergangsfrist bis zur Umsetzung bzw. Durchsetzung der neuen Vertragsbestimmungen. Bezeichnenderweise haben denn auch beide Vertragsparteien die einseitige Vertragsänderung (zu Recht) als verbindlich aufgefasst.
Nach dem Ausgeführten kann von einer blossen Absichtserklärung seitens der Vermieterin keine Rede sein.
Aus den vorstehenden Gründen ist die von der Vorinstanz herangezogene Rechtsprechung betreffend Anfechtung eines (tatsächlich noch gar nicht realisierten) Mietzinsvorbehaltes vorliegend nicht einschlägig. Anders als bei einem Mietzinsvorbehalt wirkt sich die hier streitgegenständliche Vertragsanpassung von Seiten der Vermieterin – vorbehältlich einer erfolgreichen Anfechtung – ohne weitere, ungewisse Willenserklärungen der Vermieterin auf die rechtliche Situation des Mieters aus, weshalb es dem Mieter in Fällen wie dem vorliegenden möglich sein muss, die einseitige Vertragsanpassung nach Massgabe von Art. 270b OR von der Schlichtungsbehörde bzw. dem Mietgericht überprüfen zu lassen. Es wäre weder dem Mieter noch der Vermieterin zumutbar und widerspräche der in
Art. 269d OR und Art. 270b OR umgesetzten Konzeption des Gesetzgebers, wenn der Mieter die einseitige Vertragsanpassung erst dann gerichtlich auf ihre Rechtmässigkeit hin überprüfen könnte, wenn gestützt auf die geänderten bzw. neuen Vertragsbestimmungen später tatsächlich eine Kündigung ausgesprochen wird. Eine verpönte Änderungskündigung soll durch die Möglichkeit der einseitigen Vertragsanpassung durch den Vermieter ja gerade vermieden werden und es soll für beide Vertragsparteien zeitnah nach der Anzeige der einseitigen Vertrags- änderung Klarheit darüber bestehen, ob diese rechtsgültig ist nicht.
Die neuen Mietvertragsbestimmungen gemäss Formularanzeige vom
21. August 2020 auferlegen dem Mieter nicht nur neue Pflichten (z.B. Informations- und Auskunftspflichten Wohnsitzpflicht), sondern schränken den Mieter auch in der Nutzung des Mietobjektes ein (z.B. Mindestbelegungsvorschriften sowie Vorgaben hinsichtlich Zulässigkeit, Auswahl und Anzahl von Untermietern) und können sogar dazu führen, dass ein Mieter zu einem Wohnungswechsel gezwungen werden kann. So machte der Mieter vor der Vorinstanz unter anderem geltend, er erfülle die neuen Mietvertragsbestimmungen nicht, weil er zusammen mit seinem Untermieter das gemäss den neuen Bestimmungen maximal zulässige Einkommen für seine derzeitige Wohnung überschreite, weshalb er zu einem Wohnungswechsel gezwungen werden könnte (act. 1 Ziff. 17). Im Weiteren wer- den durch die neuen Mietvertragsbestimmungen vertraglich neue Kündigungsgründe definiert. Wie die Vorinstanz zutreffend ausgeführt hat, führen diese zwar nicht zu einem Verlust des Rechtes auf Anfechtung und Überprüfung einer allenfalls später ergehenden Kündigung des Mietverhältnisses; die Missbräuchlichkeit einer Kündigung aus einem vertraglich explizit definierten Grund wird jedoch an- ders beurteilt, als wenn die Kündigung aus einem Grund erfolgt, der vertraglich nie definiert worden ist, und kann gegebenenfalls sogar eine fristlose Kündigung rechtfertigen (vgl. die in mp 4/95, S. 223 ff. = MRA 2/95 S. 95 publizierte Rechtsprechung, wo das Bundesgericht eine infolge Verletzung eines vertraglich vereinbarten Tierhaltungsverbotes ausgesprochene Kündigung als rechtmässig qualifizierte). Damit ist das bisherige Austauschverhältnis der Leistungen von Vermieter und Mieter – entgegen der Auffassung der Vorinstanz – offensichtlich betroffen und eine einseitige Verschlechterung der Situation des Mieters im Sinne der vorzitierten bundesgerichtlichen Rechtsprechung ist bereits im heutigen Zeitpunkt zu bejahen. Es liegt ein Anwendungsfall von Art. 269d OR bzw. Art. 270b OR vor.
Wie und in welchem Masse sich die fragliche einseitige Vertragsänderung konkret zu Lasten des Mieters auswirkt, und insbesondere ob die neu einzuführenden Informations- und Auskunftspflichten sowie Kündigungsgründe letztlich als gültig zu beurteilen sind nicht, braucht hier nicht weiter ergründet zu werden; dies wird vielmehr Gegenstand der durch die Vorinstanz im Rahmen des Anfechtungsverfahrens vorzunehmenden materiellen Missbrauchsprüfung sein (vgl. BGer 4A_74/2021 vom 30. April 2021, E. 2.1).
Zusammenfassend ist ein Rechtsschutzinteresse des Mieters an seiner Klage vom 12. August 2021 zu bejahen. Die Berufung der Vermieterin ist gutzuheissen. Der vorinstanzliche Zirkulationsbeschluss vom 6. April 2022 ist aufzuheben und die Sache ist zur Durchführung des Verfahrens und zu neuer Entschei- dung im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurückzuweisen.
Bei diesem Ergebnis kann die aufgeworfene Frage, ob ein Nichteintretensentscheid des Mietgerichtes auf die Klage des Mieters dazu führt, dass der Urteilsvorschlag der Schlichtungsbehörde keine Geltung mehr beanspruchen kann, offen bleiben.
III.
Kosten- und Entschädigungsfolgen
Bei diesem Ausgang des Berufungsverfahrens würde grundsätzlich der Mieter als unterliegende Partei entschädigungspflichtig (Art. 106 Abs. 1 ZPO). Angesichts des Umstandes, dass sich der Mieter jedoch nie mit dem vorinstanzlichen Entscheid identifiziert hat und sich stets (wie die Vermieterin) auf den Standpunkt gestellt hat, die Vorinstanz sei zu Unrecht auf seine Klage nicht eingetreten (vgl. act. 50 Ziff. 17), rechtfertigt es sich, die Kosten des Berufungsverfahrens aus Billigkeitsgründen ausnahmsweise auf die Gerichtskasse zu nehmen (Art. 107
Abs. 2 ZPO).
Im Kanton Zürich besteht keine Bestimmung, welche die Entschädigungspflicht kantonaler Behörden im Sinne von Art. 116 ZPO ausschlösse (vgl. lediglich
§ 200 lit. a GOG ZH zur Pflicht, Gerichtskosten zu tragen), es gibt jedoch auch keine explizite gesetzliche Grundlage (vgl. dazu BGE 140 III 385 E. 4.1). Die Kammer bejaht in Anlehnung an die Praxis zu Rechtsverweigerungsbeschwerden eine Entschädigungspflicht des Kantons ausnahmsweise dann, wenn eine formelle Gegenpartei fehlt (bzw. nicht entschädigungspflichtig wird), die Vorinstanz materiell Parteistellung hat und sich der angefochtene Entscheid zudem als qualifiziert unrichtig erweist (vgl. OGer ZH PQ140037 vom 28. Juli 2014, E. 3.1; vgl. auch OGer ZH PQ160068 vom 9. November 2016, E. 2.3 mit Hinweisen). Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt, weshalb keine Parteientschädigungen zuzusprechen sind.
In Gutheissung der Berufung wird der Zirkulationsbeschluss des Mietgerichtes Zürich vom 6. April 2022 aufgehoben und die Sache zur Durchführung des Verfahrens und zu neuer Entscheidung im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurückgewiesen.
Für das Berufungsverfahren werden keine Kosten erhoben.
Der geleistete Kostenvorschuss in der Höhe von Fr. 3'900.– wird der Beklagten und Berufungsklägerin – unter Vorbehalt eines allfälligen Verrechnungsanspruches – zurückerstattet.
Für das Berufungsverfahren werden keine Parteientschädigungen zugesprochen.
Schriftliche Mitteilung an die Parteien, an die Beklagte und Berufungsklägerin unter Beilage eines Doppels der Berufungsantwort (act. 50) sowie an das Mietgericht Zürich, je gegen Empfangsschein.
Nach unbenütztem Ablauf der Rechtsmittelfrist gehen die erstinstanzlichen Akten an die Vorinstanz zurück
Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid an das Bundesgericht ist innert 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesge-
richt, 1000 Lausanne 14, einzureichen. Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG).
Dies ist ein Zwischenentscheid im Sinne von Art. 92 BGG.
Es handelt sich um eine mietrechtliche Angelegenheit. Der Streitwert beträgt Fr. 30'100.–.
Die Beschwerde an das Bundesgericht hat keine aufschiebende Wirkung.
Obergericht des Kantons Zürich
II. Zivilkammer
Die Vorsitzende:
lic. iur. E. Lichti Aschwanden
Die Gerichtsschreiberin:
MLaw R. Schneebeli
versandt am:
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