Zusammenfassung des Urteils LF220052: Obergericht des Kantons Zürich
Der Beschuldigte und Berufungsführer A.________ hat gegen das Urteil der Einzelrichterin am Bezirksgericht Schwyz Berufung eingelegt, jedoch später auf die Berufung verzichtet. Daher wird die Berufung als erledigt abgeschrieben und die Gerichtskosten von 300 CHF gehen zu Lasten des Staates. Gegen diesen Entscheid kann beim Bundesgericht in Lausanne Beschwerde eingereicht werden. Der Richter in diesem Fall war Dr. Urs Tschümperlin, und die verlierende Partei war die Staatsanwaltschaft Innerschwyz.
Kanton: | ZH |
Fallnummer: | LF220052 |
Instanz: | Obergericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | II. Zivilkammer |
Datum: | 07.09.2022 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Ausweisung |
Schlagwörter : | Miete; Mieter; Recht; Vermieterin; Zahlung; Mietzins; Berufung; Vorinstanz; Kündigung; Entscheid; Gesuch; Monats; Zahlungen; Verfahren; Mietzinse; Schuld; Vollmacht; Vereinbarung; Gesuchsgegner; Ausweisung; Mietvertrag; Fälligkeit; Mietern; Zeitpunkt |
Rechtsnorm: | Art. 106 ZPO ;Art. 229 ZPO ;Art. 256 ZPO ;Art. 257 ZPO ;Art. 257c OR ;Art. 257d OR ;Art. 308 ZPO ;Art. 311 ZPO ;Art. 312 ZPO ;Art. 317 ZPO ;Art. 33 OR ;Art. 343 ZPO ;Art. 68 ZPO ;Art. 86 OR ;Art. 87 OR ;Art. 90 BGG ;Art. 96 ZPO ; |
Referenz BGE: | 138 III 123; 138 III 374; 138 III 620; 141 III 23; 144 III 346; 144 III 519; 145 III 324; 146 III 55; |
Kommentar: | Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017 |
Obergericht des Kantons Zürich
II. Zivilkammer
Geschäfts-Nr.: LF220052-O/U
Mitwirkend: Oberrichterin lic. iur. E. Lichti Aschwanden, Vorsitzende, Oberrichter lic. iur. et phil. D. Glur und Oberrichterin lic. iur. M. Stammbach sowie Gerichtsschreiber lic. iur. M. Häfeli
in Sachen
A. ,
B. ,
Gesuchsgegner und Berufungskläger,
1, 2 vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. X. ,
gegen
Pensionskasse C. , Gesuchstellerin und Berufungsbeklagte,
vertreten durch Rechtsanwalt MLaw Y1. , vertreten durch Rechtsanwalt MLaw Y2. ,
betreffend Ausweisung
Berufung gegen ein Urteil des Einzelgerichtes im summarischen Verfahren des Bezirksgerichtes Uster vom 11. Mai 2022 (ER220012)
(act. 1)
1. Die Gesuchsgegner seien zu verurteilen, das Restaurant
D. ; EG (Referenz-Nr. 1) an der E. -strasse 2, in … F. unverzüglich zu räumen und der Gesuchstellerin ord- nungsgemäss zu übergeben, unter Androhung von Vollstreckungsmassnahmen gemäss Art. 343 Abs. 1 ZPO im Unterlassungsfalle.
Das zuständige Stadtammannamt sei anzuweisen, das Urteil auf Verlangen der Gesuchstellerin zu vollstrecken.
Alles unter Kosten- und Entschädigungsfolge, zuzüglich Mehrwertsteuerzuschlag, zu Lasten der Gesuchsgegner unter solidarischer Haftung.
Die Gesuchsgegner werden verpflichtet, das Restaurant D. , EG (Referenz-Nr. 1) an der E. -strasse 2, in … F. unverzüglich zu räumen und der Gesuchstellerin ordnungsgemäss zu übergeben, ansonsten die Zwangsvollstreckung im Sinne von Art. 343 Abs. 1 lit. d ZPO (Räumung) droht.
Das Stadtammannamt … wird angewiesen, die Zwangsmassnahme der Räumung auf erstes Verlangen der Gesuchstellerin zu vollstrecken, nötigenfalls unter Beizug der Polizei. Diese Anweisung hat Gültigkeit bis sechs Mo- nate nach Rechtskraft dieses Entscheids. Die Kosten für die Vollstreckung sind von der Gesuchstellerin vorzuschiessen, sie sind ihr aber von den Gesuchsgegnern unter solidarischer Haftbarkeit zu ersetzen.
Die Entscheidgebühr wird festgesetzt auf Fr. 1'490.–.
Die Kosten werden den Gesuchsgegnern auferlegt. Sie werden von der Gesuchstellerin unter Verrechnung mit dem von ihr geleisteten Kostenvorschuss bezogen, sie sind ihr aber von den Gesuchsgegnern, je zur Hälfte und unter solidarischer Haftung für die gesamten Kosten, zu ersetzen.
Die Gesuchsgegner werden unter solidarischer Haftbarkeit verpflichtet, der Gesuchstellerin eine Parteientschädigung von Fr. 2'003.25 zu bezahlen.
[Mitteilung/Rechtsmittelbelehrung]
1. Auf das Gesuch der Gesuchstellerin vom 1. März 2022 sei in Aufhebung von Dispositiv Ziff. 1 und 2 des angefochtenen Urteils nicht einzutreten. Eventualiter sei die Sache zur Ergänzung des Sachverhalts und zu neuer Entscheidfindung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
2. Die Kosten- und Entschädigungsfolgen bzw. die Parteientschädigung seien in Aufhebung von Dispositiv Ziff. 3 , 4 und 5 des angefochtenen Urteils sowohl für das Verfahren vor der Vorinstanz wie auch für das Berufungsverfahren zugunsten der Gesuchsgegner (zuzüglich MWSt.) zu regeln.
1.
Die Gesuchstellerin und Berufungsbeklagte (nachfolgend: Vermieterin) vermietete den Gesuchsgegnern und Berufungsklägern (nachfolgend: Mieter) per
1. Oktober 2018 eine gewerbliche Liegenschaft zum Betrieb eines Restaurants an der E. -strasse 2 in … F. . Das Mietverhältnis wurde bis zum 30. September 2023 abgeschlossen, wobei eine (unechte) Verlängerungsoption vereinbart wurde (vgl. act. 3/4). Mit amtlichen Formularen vom 7. Januar 2022 kündigte die Vermieterin gestützt auf Art. 257d OR das Mietverhältnis per 28. Februar 2022 wegen Zahlungsverzugs (vgl. act. 3/15 und act. 3/16). Die Mieter leiteten ein Kün- digungsschutzverfahren bei der Schlichtungsbehörde in Miet- und Pachtsachen des Bezirksgerichts Uster ein, welches für die Dauer des Ausweisungsverfahrens sistiert wurde (vgl. act. 7). Da die Mieter das Mietobjekt zum Kündigungszeitpunkt nicht der Vermieterin übergeben hatten, stellte die Vermieterin mit Gesuch vom
1. März 2022 beim Einzelgericht im summarischen Verfahren des Bezirksgerichts Uster (nachfolgend: Vorinstanz) ein Ausweisungsbegehren (vgl. act. 1). Nachdem die Vorinstanz einen Kostenvorschuss eingeholt hatte (vgl. act. 4 und act. 6), lud
sie auf den 2. Mai 2022 zu einer Verhandlung vor. Nach durchgeführter Verhandlung, anlässlich derer eine mündliche Stellungnahme der Mieter zum Gesuch sowie Novenstellungnahmen erfolgten, hiess die Vorinstanz das Ausweisungsbegehren mit Urteil vom 11. Mai 2022 vollumfänglich gut (act. 14 = act. 22 [Aktenexemplar] = act. 24).
Mit Eingabe vom 7. Juli 2022 erhoben die Mieter rechtzeitig Berufung gegen den vorinstanzlichen Entscheid mit den oben dargestellten Anträgen (act. 23; zur Rechtzeitigkeit: vgl. act. 20).
Die Akten der Vorinstanz wurden beigezogen (act. 1–20). Von der Einholung einer Berufungsantwort ist abzusehen (vgl. Art. 312 Abs. 1 ZPO). Der Vermieterin ist lediglich mit dem vorliegenden Entscheid eine Kopie der Berufungsschrift zuzustellen. Das Verfahren ist spruchreif.
2.
Mit der Berufung sind erstinstanzliche Endentscheide anfechtbar (vgl. Art. 308 Abs. 1 lit. a ZPO), wobei in vermögensrechtlichen Angelegenheiten der
Streitwert der zuletzt aufrechterhaltenen Rechtsbegehren mindestens Fr. 10'000.– betragen muss (vgl. Art. 308 Abs. 2 ZPO). Geht es in einem Verfahren nach
Art. 257 ZPO (Rechtsschutz in klaren Fällen) nur um die Frage der Ausweisung, ist also die Gültigkeit der Kündigung als solche bzw. der Bestand des Mietverhält- nisses nicht (mehr) strittig, besteht das wirtschaftliche Interesse der Parteien im Mietwert, der durch die Verzögerung infolge des Summarverfahrens selber entsteht. Unabhängig von allfälligen kantonalen Unterschieden in der tatsächlichen Bewältigung solcher Verfahren ist insoweit von einer Dauer von sechs Monaten auszugehen. Ist dagegen die Kündigung ebenfalls strittig, ist diese selber Streitgegenstand. Würde deren Unzulässigkeit die Kündigungssperrfrist nach Art. 271a Abs. 1 lit. e OR auslösen, entspricht der Streitwert in der Regel dem Mietwert für drei Jahre, wobei zusätzlich zu berücksichtigen ist, auf welchen Zeitpunkt hin nach Ablauf der Sperrfrist das Mietverhältnis frühestens gekündigt werden kann. Der Beginn der Frist bildet dabei das Datum des angefochtenen Entscheides (vgl. BGE 144 III 346; OGer ZH, LF210073 vom 13. Oktober 2021, E. II./1.2, m.w.H.).
Vorliegend steht zwar auch die Gültigkeit der Kündigung im Streit (vgl. Prot. Vi
S. 5 i.V.m. act. 11 Rz. III./27 und Rechtliches Rz. 36). Da der Mietvertrag lediglich bis zum 30. September 2023 abgeschlossen wurde – allerdings mit einer sog. unechten Verlängerungsoption –, kann die Kündigungssperrfrist darüber hinaus keine Bedeutung entfalten (vgl. act. 3/4). Der Streitwert beläuft sich daher auf knapp Fr. 61'940.– (16 ½ Monate x Fr. 3'754.–) und es ist gegen den vorinstanzlichen Entscheid das Rechtsmittel der Berufung gegeben.
Die Berufung ist gemäss Art. 311 Abs. 1 ZPO schriftlich einzureichen und zu begründen. Die Begründung muss hinreichend genau und eindeutig sein, um von der Rechtsmittelinstanz ohne Weiteres verstanden werden zu können. Die Berufung führende Partei hat sich mit den Erwägungen des vorinstanzlichen Entscheids auseinanderzusetzen und im Einzelnen darzulegen, aus welchen Grün- den der angefochtene Entscheid aus ihrer Sicht unrichtig ist und in welchem Sin- ne er abgeändert werden soll. Es sind die vorinstanzlichen Erwägungen zu bezeichnen, die angefochten werden, und die Aktenstücke zu nennen, auf denen die Kritik beruht. Es genügt nicht, bloss auf die vor erster Instanz vorgetragenen Ausführungen zu verweisen, diese in der Berufungsschrift (praktisch) wortgleich wie- derzugeben den angefochtenen Entscheid bloss in allgemeiner Weise zu kritisieren (vgl. BGE 138 III 374 E. 4.3.1; BGer, 5A_209/2014 vom 2. September
2014, E. 4.2.1; 5A_387/2016 vom 7. September 2016, E. 3.1). Neue Tatsachen und Beweismittel werden im Berufungsverfahren nur noch berücksichtigt, wenn sie ohne Verzug vorgebracht werden und trotz zumutbarer Sorgfalt nicht schon vor erster Instanz vorgebracht werden konnten (Art. 317 Abs. 1 ZPO).
3.
3.1. Art. 257 Abs. 1 ZPO sieht unter dem Titel Rechtsschutz in klaren Fällen vor, dass das Gericht Rechtsschutz im summarischen Verfahren gewährt, wenn zum einen der Sachverhalt unbestritten sofort beweisbar (lit. a) und zum an- deren die Rechtslage klar ist (lit. b). Im summarischen Ausweisungsverfahren hat die Vermieterin nach diesem Massstab im Wesentlichen nachzuweisen, dass das Mietverhältnis mit dem Mieter beendet ist und sie ihm gegenüber folglich einen vertraglichen dinglichen Anspruch auf Rückgabe der Mietsache hat.
Ein Sachverhalt ist dann sofort beweisbar im Sinne von Art. 257 Abs. 1 lit. a ZPO, wenn er ohne zeitliche Verzögerung und ohne besonderen Aufwand nachgewiesen werden kann. Der Beweis ist in der Regel durch Urkunden zu erbringen, während die Zulässigkeit anderer Beweismittel höchstens ausnahmsweise in Betracht kommt, sofern diese sofort greifbar sind bzw. das Verfahren nicht wesentlich verzögern (vgl. BGE 138 III 123 E. 2.1.1; BGE 138 III 620 E. 5.1.1; BGE 141 III 23
E. 3.2 je m.w.H.; SUTTER-SOMM/LÖTSCHER, ZK-ZPO, 3. Aufl., Zürich 2016, Art. 257
N 5; HOFMANN, BSK-ZPO, 3. Aufl., Basel 2017, Art. 257 N 10b und N 13;
SPICHTIN, Der Rechtsschutz in klaren Fällen gemäss Art. 257 ZPO, in: Jusletter vom 15. August 2016, Rz. 12 f. m.w.H.). Für die Verneinung eines liquiden Sachverhalts genügt es, dass der Beklagte substanziiert und schlüssig Einwendungen vorträgt, die in tatsächlicher Hinsicht nicht sofort widerlegt werden können und die geeignet sind, die bereits gebildete richterliche Überzeugung zu erschüttern. Es bedarf keiner Glaubhaftmachung der Einwendungen seitens des Beklagten. Demgegenüber ist ein klarer Fall zu bejahen, wenn das Gericht aufgrund der Aktenlage zur Überzeugung gelangt, der Anspruch des Klägers sei ausgewiesen und eine eingehende Abklärung der beklagtischen Einwendungen könne daran nichts ändern. Offensichtlich haltlose unbegründete Bestreitungen bzw. Einwendungen – sog. Schutzbehauptungen – reichen nicht aus, um einen an sich bewiesenen Sachverhalt als illiquid erscheinen zu lassen (vgl. BGE 138 III 620 E. 5.1.1; BGer, 4A_401/2020 vom 30.September 2020, E. 7.1; BGer, 5A_645/2011
vom 17. November 2011, E. 1.2).
Die Rechtslage ist klar im Sinne von Art. 257 Abs. 1 lit. b ZPO, wenn sich die Rechtsfolge bei Anwendung des Gesetzes unter Berücksichtigung von Lehre und Rechtsprechung ohne Weiteres ergibt und damit die Rechtsanwendung zu einem eindeutigen Ergebnis führt. Dagegen ist die Rechtslage in der Regel nicht klar, wenn die Anwendung einer Norm einen Ermessensoder Billigkeitsentscheid des Gerichts mit wertender Berücksichtigung der gesamten Umstände erfordert, wie dies namentlich bei der Beurteilung von Treu und Glauben zutrifft (BGE 138 III 123 E. 2.1.2; BGE 141 III 23 E. 3.2; BGer, 4A_350/2015 vom 25. August 2015, E. 4.2; BGer, 4A_609/2020 vom 26. März 2021 E. 4; OGer ZH, LF200087 vom
6 Januar 2021, E. III.1). Dies bedeutet aber nicht, dass die auf den Grundsatz von
Treu und Glauben abgestützte Auslegung von Verträgen nach dem Vertrauensprinzip stets gegen das Vorliegen eines klaren Falles in rechtlicher Hinsicht führt. Ergibt sich in Anwendung des Vertrauensprinzips der Inhalt einer vertraglichen Regelung eindeutig und klar, ist es dem Gericht nicht verwehrt, klares Recht zu bejahen (BGer, 4A_609/2020 vom 26. März 2021, E. 5.2.3; BGer, 4A_185/2017 vom 15. Juni 2017, E. 5.4, m.w.H.).
Auf die vorinstanzlichen Parteistandpunkte und den angefochtenen Entscheid ist im Folgenden nur insoweit einzugehen, als die Mieter sie im Rahmen ihrer Beanstandungen im Berufungsverfahren aufbringen.
4.1.
Die Mieter werfen der Vorinstanz zunächst vor, sie habe neue Tatsachenbehauptungen der Vermieterin nach dem Eintritt des Aktenschlusses zugelassen und damit Art. 229 Abs. 1 lit. b und Art. 256 ZPO verletzt (act. 23 Ziff. 3.2). Sie zählen verschiedene angeblich verspätete Tatsachenvorbringen der Vermieterin auf. Darauf ist im Folgenden nur insofern und insoweit zurückzukommen, als es sich für die Behandlung der konkreten Beanstandungen der Mieter notwendig erweist.
Ferner rügen die Mieter an zwei Stellen eine fehlende Begründung des angefochtenen Entscheids (act. 23 Ziff. 3.4.9 und Ziff. 3.8.8). Sie übersehen dabei, dass ein Entscheid auch dann hinreichend begründet ist, wenn sich das Gericht nicht zu allen Punkten einlässlich äussert und nicht jedes einzelne Vorbringen wi- derlegt. Entscheidend ist vielmehr, ob sich die betroffene Person über die Tragweite eines Entscheids Rechenschaft geben und ihn in voller Kenntnis der Sache an die höhere Instanz weiterziehen kann (BGE 145 III 324 E. 6.1; BGer, 5A_434/2020 vom 17. November 2020, E. 4.1). Diesen Anforderungen genügt der angegriffene Entscheid, was sich nur schon daran zeigt, dass die Mieter in der Lage waren, eine einlässliche Berufungsschrift zu verfassen.
4.2.
Vor Vorinstanz stellten die Mieter eine gehörige Bevollmächtigung der Rechtsvertreter der Vermieterin in Abrede. Sie machten einerseits geltend, die Rechtsanwälte MLaw Y1. und MLaw Y2. seien ausweislich der eingereichten Vollmacht vom 11. Februar 2022 (act. 2) lediglich zusammen bevollmächtigt, nicht jedoch einzeln (Prot. Vi. S. 5 i.V.m. act. 11 Rz. 2). Die Vorinstanz verwarf diesen Einwand mit Verweis auf den Wortlaut der Vollmacht, in welcher die Rechtsanwälte einzeln bevollmächtigt worden seien, als haltlos (act. 22
E. 2.1.2). Andererseits machten die Mieter bei der Vorinstanz geltend, die Vollmacht beziehe sich einzig auf das Kündigungsschutzverfahren, nicht aber die Ausweisung (Prot. Vi. S. 5 i.V.m. act. 11 Ziff. II./2).
In ihrer Berufung monieren die Mieter, die Vorinstanz sei auf letzteren Einwand nicht eingegangen. Die Vorinstanz hätte das Verfahren wegen der fehlen- den Bevollmächtigung als Prozessvoraussetzung nicht an die Hand nehmen dürfen (act. 23 Ziff. 1.1–5).
Zutreffend ist, dass die Vorinstanz auf den Umfang der Vollmacht nicht eingegangen ist. Sie erachtete die eingereichte Vollmacht, welche für die Vertretung in Sachen Kündigung A. und B. (D. ) erteilt worden ist, offenbar als nach Art. 68 ZPO ausreichend. Wird eine Vollmacht – wie hier – durch Rechtsgeschäft eingeräumt, so beurteilt sich ihr Umfang nach dessen Inhalt
(Art. 33 Abs. 2 OR). Sofern nicht feststeht, wie der Vertreter den Vertretenen tatsächlich verstanden hat, was hier mangels entsprechender Parteibehauptungen der Fall ist, hat eine Auslegung der Vollmacht nach dem Vertrauensprinzip zu erfolgen. Dabei ist massgeblich, wie der Bevollmächtigte die Erklärung des Vollmachtgebers nach ihrem Wortlaut und Zusammenhang sowie den gesamten Umständen nach Treu und Glauben verstehen durfte und musste (BGer, 4A_51/2015 vom 20. April 2015, E. 4.2, m.w.H.). Aus dem konkreten zeitlichen Ablauf erschliesst sich vorliegend zunächst, dass die Vollmacht entgegen ihrem Wortlaut nicht für die Kündigung als solche erteilt worden sein konnte, denn Letztere war im Zeitpunkt der Vollmachterteilung bereits ausgesprochen worden. Die Vermieterin musste die Vollmacht also zu einem anderen Zweck erteilt haben. Der Wortlaut spricht gegen die Ansicht der Mieter, wonach die Vollmacht allein für das Schlichtungsverfahren betreffend Anfechtung der Kündigung / Erstreckung des Mietverhältnisses (Geschäftsmiete) ausgestellt worden sei. Die Vollmacht lautet nämlich nicht auf eine Vertretung in Sachen Kündigungsschutz, sondern eben auf eine Vertretung in Sachen Kündigung. Nach einer objektiven Auslegung der Vollmacht vom 11. Februar 2022 unter Berücksichtigung der damaligen Sach- und Interessenlage durften und mussten die Vertreter der Vermieterin davon ausgehen, dass ihnen die Befugnis zum umfassenden Handeln im Namen der Vermieterin in Zusammenhang mit der bereits ausgesprochenen Kündigung eingeräumt wurde. Darunter fallen insbesondere Handlungen, mit welchen die Kündigung durchgesetzt wird, mithin auch das in einer solchen Konstellation übliche Einleiten eines Ausweisungsverfahrens. Angesichts des klaren Auslegungsresultats machen die Mieter vergeblich geltend, die Sach- und Rechtslage sei diesbezüglich illiquid bzw. unklar. Die Beanstandung der Mieter ist nicht stichhaltig.
4.3.
Die Vermieterin behauptete vorinstanzlich eine Fälligkeit der Mietzinsraten vorschüssig auf jeweils den 1. Tag des Monats (act. 1 Rz. 9). Die Mieter bestritten diesen Fälligkeitszeitpunkt und wendeten ein, sie hätten ihre Mietzinse nie zum Ersten des Monats bezahlt, sondern jeweils im Verlauf des Monats, regelmässig und immer wieder in dessen zweiter Hälfte. Dies zeige, dass die Mietzinse – entsprechend der gesetzlichen Regelung (Art. 257c OR) – erst am Ende des Monats geschuldet seien, eventualiter jedenfalls nie vor Mitte Monat (act. 11 Ziff. III./9). Daraus leiteten die Mieter ab, der Mietszins für den November 2021 sei im Zeitpunkt der Zahlungsaufforderungen unter Kündigungsandrohung vom 12. November 2021 nicht fällig gewesen, weswegen die Kündigung unwirksam sei (act. 11 Rechtliches Ziff. 17 und Ziff. 36). Die Vermieterin berief sich in ihrer Stellung- nahme zum Vortrag der Mieter auf einen Formvorbehalt in Ziff. 28.7 des Mietvertrages vom 6. August 2018 (act. 3/4; Prot. Vi S. 7). Die Mieter setzten dem entgegen, dass in der Umsetzung des geänderten Vertrages über eine längere Zeit hinweg ein stillschweigender Verzicht auf die Formabrede zu erblicken sei (act. 11 Rechtliches Ziff. 18).
Die Vorinstanz hielt in allgemeiner Hinsicht fest, dass eine Bestimmung des Zahlungstermins sich nicht nur aus dem Mietvertrag, sondern auch aus der bisherigen widerspruchslosen Handhabung der Zahlungsmodalitäten ergeben könne. Zahle ein Mieter regelmässig während längerer Zeit und ohne Widerspruch des Vermieters jeweils (bspw.) am 5. Tag jeden Monats, könne man einen entsprechenden Zahlungstermin annehmen, auch wenn der (schriftliche) Mietvertrag etwas anderes bestimme (act. 22 E. 5.2.2). Die Mieter hätten vorliegend zwischen den Jahren 2018 und 2021 an sehr unterschiedlichen Daten bezahlt. Sie hätten nicht geltend gemacht, sämtliche Mietzinse jeweils in der zweiten Hälfte des Mo- nats bezahlt zu haben, sondern seien die Zahlungen auch nach Darstellung der Mieter weitgehend ausgeblieben (act. 22 E. 5.2.3). Im Übrigen sei den Mietern ei- ne Abzahlungsvereinbarung vom 13. Juni 2021 entgegenzuhalten, gemäss welcher für die Fälligkeit der Ratenzahlungen wiederum jeweils der Erste des Monats vereinbart worden sei. Es werde zudem in dieser Vereinbarung festgehalten, dass der laufende Mietzins gemäss dem Mietvertrag weiterhin geschuldet sei, woraus sich der Wille der Parteien zum Festhalten am schriftlichen Mietvertrag explizit ergebe (act. 22 E. 5.2.4).
Im Berufungsverfahren beanstanden die Mieter, es seien von der Vorinstanz in Verletzung der Bestimmungen zum Aktenschluss (Art. 229 ZPO) Ausführungen der Vermieterin zur Fälligkeit der Mietzinse, welche diese erst an der Hauptverhandlung getätigt habe, unzulässigerweise berücksichtigt worden
(act. 23 Ziff. 3.2.3 und Ziff. 3.4.6). Teils führen die Mieter im Rahmen dieser Rüge bereits im Gesuch der Vermieterin vorgebrachte Tatsachen an, nämlich die Fälligkeitsregelung gemäss dem schriftlichen Mietvertrag. Diesbezüglich liegt kein Novum vor. Bei anderen monierten Punkten handelt es sich nicht um tatsächliche, sondern um rechtliche Vorbringen, so der Standpunkt, die (unbestrittenen) Zahlungsaufforderungen würden das Fälligkeitsdatum gemäss dem schriftlichen Mietvertrag unterstreichen und aus dem Zahlungsverhalten der Mieter könne keine abweichende Abmachung zum Fälligkeitstermin abgeleitet werden. Auch dies beschlägt von Vornherein nicht das Novenrecht.
Entgegen den Mietern hat die Vermieterin ihre Behauptungen zum im Mietvertrag enthaltenen Schriftformvorbehalt rechtzeitig in das Verfahren eingeführt. Der Einwand der Mieter zur fehlenden Fälligkeit der Mietzinse – gegen welchen die Vermieterin den Schriftformvorbehalt ins Feld führt – konnte von den Vermietern im Zeitpunkt der Gesuchseinreichung nicht vorausgesehen werden. Im Übrigen war die Einwendung zur Fälligkeit kausal für das neue Tatsachenvorbringen der Vermieterin, da (erst) die diesbezüglichen Noven in der Stellungnahme zum Gesuch das Vorbringen der unechten Noven anlässlich der zweiten Äusserungsmöglichkeit der Vermieterin veranlasst haben und andererseits die unechten Noven der Vermieterin in thematischer Hinsicht als Reaktion auf die Noven der Mieter aufzufassen sind. Das lässt die Behauptung des Schriftformvorbehalts nach der Rechtsprechung der Kammer und des Bundesgerichts als novenrechtlich zulässig erscheinen (vgl. konkret zum Ausweisungsverfahren OGer ZH, LF220030 vom 20. Juli 2022, E. 3.5.3; allgemein BGE 146 III 55 E. 2.5.2; BGer, 4A_38/2020
vom 22. Juli 2020, E. 5.1.3).
In Teilen der Lehre und in einem kantonalen Präjudiz wird anerkannt, dass von einer stillschweigenden Vertragsänderung auszugehen ist, wenn der Mieter in Abweichung von der vertraglichen Pflicht zur Vorausbezahlung den Mietzins während längerer Zeit erst im Lauf des Monats begleicht (vgl. BK-G IGER, Art. 253- 273c OR, Bern 2015, Art. 257c N 26; WETTSTEIN, in: Lachat et al., Das Mietrecht für die Praxis, 9. Aufl. Zürich 2016, N 13.2.1 mit Verweis auf Cour de Justice Genf vom 8. November 2004, übersetzt in: mp 2005, 275 ff.). Diese Ansicht steht in Einklang mit dem Grundsatz, dass die Vereinbarung des Zahlungstermins jederzeit und formlos geändert werden kann (vgl. ZK-HIGI/BÜHLMANN, Art. 253–265 OR,
Aufl., Zürich 2019, Art. 257c N 13).
Erstinstanzlich führten die Mieter eine Darstellung ihrer (angeblich) vorge- nommenen Mietzinszahlungen auf (vgl. act. 11 Ziff. III./5 ff.). Es fällt auf, dass von den 26 konkret bezeichneten Zahlungen lediglich 4 zur Mitte des jeweiligen Mo- nats später geleistet worden sind (September 2019, November 2020, Dezember 2020 und Januar 2021). Immerhin sollen Zahlungen für die Monate November 2020 bis Januar 2021 aufeinanderfolgend jeweils erst nach der Monats-
mitte erfolgt sein, nämlich am 18. November 2020, am 16. Dezember 2020 und am 27. Januar 2021. Eine von der vertraglichen Regelung abweichende Begleichung von Mietzinsen über eine Zeitspanne von bloss drei Monaten dauert aber klarerweise zu wenig lang, um von einer stillschweigenden Abänderung des Fälligkeitstermins auszugehen. Daneben verweisen die Mieter an einer Stelle auf die Darstellung der Vermieterin (Mietzinszahlungen April-Juni 2020) und an anderer Stelle fügen sie die Bemerkung gemäss Gesuchsgegnerin jeweils abgemahnt an (Mietzinse ab Juli 2021). Was damit gemeint ist, ist nicht ganz klar, denn die Vermieterin hat die besagten Zahlungen der Mieter nicht als Behauptungen in das Verfahren eingeführt. Wenn hiermit auf Beilagen der Vermieterin, insbesondere den von ihr ins Recht gelegten Auszug aus dem Mieterkonto vom 9. Februar 2022 (act. 3/5) Bezug genommen werden sollte, so hilft dies den Mietern nicht weiter. Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung kann der Inhalt einer Urkunde nur dann durch Verweis zu einem Bestandteil des Tatsachenvortrages einer Partei gemacht werden, wenn die Urkunde selbsterklärend ist, kein Interpretationsspielraum verbleibt und ein einfacher Zugriff auf die Informationen gegeben ist (vgl. BGE 144 III 519 E. 5.2.1.2 = Pra 108 (2019) Nr. 87; BGer, 4A_624/2021 vom
8. April 2022, E. 6.1.2; OGer ZH, PF220014 vom 8. Juni 2022, E. 9.2 ). Dies trifft auf den besagten Auszug aus dem Mieterkonto, zumindest in den betreffenden Zeitspannen, nicht zu. Entscheidend ist, dass sich selbst bei genauer Betrachtung teils nicht klar erschliesst, für welchen Monat eingehende Zahlungen geleistet bzw. verbucht wurden (vgl. bspw. Zahlungseingänge vom 30. Juni 2021, 5. August 2021, 24. August 2021 und 23. September 2021). Zudem finden sich in diesen Perioden recht undurchschaubare Buchungsvorgänge (siehe nur die Buchungen vom 13. Juli 2021 und vom 5. Oktober 2021). Problematisch sind schliesslich Zahlungen, welche von den Mietern (als konkret behauptete Zahlungen) und der Vermieterin (in der referenzierten Beilage) als Tilgungen unterschiedlicher Mietzinsraten beansprucht werden (Zahlungen vom 8. Juli 2020 [Mieter: Juli 2020; Vermieterin: April 2020], 7. August 2020 [Mieter: August 2020;
Vermieterin: Mai 2020] und 7. September 2020 [Mieter: September 2020; Vermieterin: Mai 2020]). Der (wohl) beabsichtigte Verweis auf die Beilage erzeugt also einen Widerspruch zu den eigenen Parteibehauptungen der Mieter, was wiederum einen einfachen Zugriff auf die Informationen vereitelt. Der Inhalt der Beilage hat in der Konsequenz nicht als Teil des Tatsachenfundaments der Mieter zu gelten und es sind allein die konkret behaupteten Zahlungen massgeblich. Aus diesen ist aber, wie bereits ausgeführt, jedenfalls keine Fälligkeit der Mietzinse zur Monatsmitte später abzuleiten.
Dies gilt umso mehr vor dem Hintergrund des im Mietvertrag enthaltenen Schriftformvorbehalts (vgl. act. 3/4 S. 9). Sein konkreter Wortlaut, der formwidrige Abmachungen für ungültig erklärt, lässt nach dem Vertrauensprinzip zweifelsfrei auf die Vereinbarung eines Wirksamkeitserfordernisses schliessen. Die strittige Formabrede umschliesst nach ihrer konkreten Ausgestaltung auch sich selbst. In einer derartigen Konstellation ist es zwar nicht ausgeschlossen, dass die Formabrede gleichwohl formfrei aufgehoben wird. Solcherlei darf jedoch nicht leichthin angenommen werden (vgl. BSK OR I-SCHWENZER/FOUNTOULAKIS, a.a.O.; vgl. auch BK-MÜLLER, Art. 1-18, Bern 2018, Art. 16 N 100; GAUCH/SCHLUEP/
SCHMID/EMMENEGGER, 11. Aufl., Zürich 2020, N 593). Ein hinreichend eindeutiges, konkludentes Handeln der Parteien in Bezug auf die Handhabung der Zahlungen der Mietzinse, welches diese Schwelle überschreiten würde, ist vorliegend nicht auszumachen.
Es ist somit von keiner Abänderung des rechtsgenüglich im Ausweisungsgesuch behaupteten Fälligkeitsdatums gemäss dem schriftlichen Mietvertrag (Vorausbezahlung auf den Ersten des Monats) auszugehen, welche dazu führen würde, dass die Miete für den November 2021 im Zeitpunkt des Zugangs der Zahlungsaufforderungen mit Kündigungsandrohung, d.h. am 15. bzw. 16. November 2021, nicht fällig gewesen wäre. Auf die Abzahlungsvereinbarung vom 13. Juni 2021 kommt es bei dieser Schlussfolgerung, anders als die Mieter meinen, nicht mehr an (vgl. act. 23 Ziff. 3.4.12 ff.). Die Einwendung der Mieter verfängt daher weder in tatsächlicher noch in rechtlicher Hinsicht und steht einer liquiden Sachlage und der Annahme klaren Rechts nicht entgegen.
4.4.
Die Mieter bestritten vorinstanzlich die von der Vermieterin in ihrem Gesuch geltend gemachten Mietzinsausstände von nicht weniger als acht Monaten (act. 1 Rz. 11, act. 11 Ziff. III./10, 16 und 22). Sie beriefen sich auf ein Guthaben von zwei Monatsmieten, welches entstanden sei, weil sie Mietzinse für die Monate September und Oktober 2021 geleistet hätten, obschon ihnen die Mietzinse dieser Monate erlassen worden seien. Zudem machten sie Verrechnung mit Mietminderungsansprüchen – herrührend aus Einschränkungen zufolge der Corona- Krise – in Höhe von (mindestens) sieben Monatsmietzinsen (eventualiter: 5.75 Monatsmietzinsen) geltend (act. 11 Ziff. III./12 und 29 ff.). Zum ersten Punkt äusserte sich die Vermieterin vorinstanzlich nicht, während sie gegen das zweite Argument eine Vereinbarung betreffend Mietzinsverzicht vom 15. Juni 2021 ins Feld führte, in welcher eine Saldoklausel enthalten sei, die derartige Ansprüche ausschliesse (act. 1 Rz. 10 mit Verweis auf act. 3/7). Die Gültigkeit dieser Klausel wurde von den Mietern in Abrede gestellt bzw. halten sie dafür, dass die diesbezüglichen Unsicherheiten zumindest zu einer unklaren Sach- und Rechtslage führen würde (act. 11 Rz. III./15).
Die Vorinstanz befand das Vorbringen zum Guthaben aus zu viel bezahlten Mietzinsen für die Monate September und Oktober 2021 für nicht nachvollziehbar (act. 22 E. 5.3.2). Dass die Vereinbarung betreffend Mietzinsverzicht vom 15. Juni 2021 nicht rechtsgültig zustande gekommen sei, sei von den Mietern nicht (substantiiert) behauptet worden, sondern nur in Frage gestellt worden. Von der Gültigkeit dieser Vereinbarung sei daher auszugehen. Betreffend allfällige Mietminderungsansprüche folgte sie dem Standpunkt der Vermieterin. In Ziff. 3 der Vereinbarung vom 15. Juni 2021 sei eine Saldoklausel enthalten, wonach alle Ansprüche der Mieterin für die gesamte Mietdauer auf Grund der Auswirkungen des Coronavirus abgegolten seien. Die Mieter könnten daher aus ihren Schreiben vom 30. Mai 2021, in denen sie Verrechnung erklärt hätten, nichts zu ihren Gunsten ableiten (act. 13/4a und act. 13/5a; act. 22 E. 5.3.2). Zu den Rückständen seit dem Juli 2021 führte die Vorinstanz schliesslich aus, die Mieter hätten im Verfahren in Bezug auf ihre Zahlungen stets auf die Darstellung der Vermieterin und die
von ihr eingereichten Unterlagen verwiesen, ohne darüber hinausgehende Zahlungen zu benennen, geschweige denn zu belegen. Sofern sie weitere Zahlungen geltend machten, handle es sich um unsubstantiierte Behauptungen, welche nicht zu hören seien (act. 22 E. 5.4.2).
Die Mieter beanstanden im Berufungsverfahren, dass der Erlass der zwei Monatsmieten und ihre geleisteten Mietzinszahlungen vorinstanzlich unbestritten geblieben seien, worüber sich die Vorinstanz hinweggesetzt habe (act. 23
Ziff. 3.5.1 ff.). Diese Beanstandung ist zwar berechtigt (vgl. act. 1 Rz. 10 i.V.m. act. 11 Ziff. III./12). Die Mieter legen aber nicht dar, was dies am angefochtenen Entscheid im Resultat ändern würde, noch wäre dies anderweitig ersichtlich (vgl. act. 4.6).
Ferner bringen die Mieter erneut vor, die Rechtsgültigkeit der Vereinbarung vom 15. Juni 2021 (act. 3/7) sei zweifelhaft, denn diese beruhe nicht auf Freiwilligkeit und es bestehe ein eigentliches Interessenungleichgewicht, sei die Reduktion von einem Drittel des Nettomietzinses über drei Monate bei hohen Nebenkosten nämlich sehr gering. Sie hätten substantiiert ausgeführt, wieso sie ihre zur Verrechnung gestellten Ansprüche für gegeben hielten, namentlich wegen Mängeln an der Mietsache und aus der sog. clausula rebus sic stantibus. Die Vorinstanz hätte zumindest von einer unklaren Sach- und Rechtslage ausgehen müssen. Unabhängig von der Gültigkeit der Vereinbarung beziehe sich diese nur auf den Zeitraum bis Ende Februar 2021. Auch wenn diese zeitliche Einschränkung nicht bestehen würden, sei ein Verzicht auf mietrechtliche Mängelrechte im Voraus nicht zulässig (act. 23 Ziff. 3.6.1 ff.).
Dem Standpunkt der Mieter kann nicht gefolgt werden. Zunächst legen sie nicht konkret dar, aus welchen tatsächlichen rechtlichen Gründen die Vorinstanz an der Verbindlichkeit der Vereinbarung vom 15. Juni 2021 hätte zweifeln müssen. Weder vor Vorinstanz noch heute bei der Kammer tragen die Mieter beispielsweise vor, sie hätten die Vereinbarung im Sinne von Art. 21 ff. OR wegen eines Willensmangels angefochten es liege ein Fall von Nichtigkeit vor. Ungenügend ist der pauschale Verweis auf einen angeblich unfreiwilligen Vertragsschluss die inhaltliche Unangemessenheit der Vereinbarung. Die Mieter an-
erkennen sodann zu Recht, dass ein rückwirkender Verzicht auf Ansprüche aus Mängelrechten zulässig ist. Dies steht mit der einschlägigen Rechtsprechung des Bundesgerichts in Einklang, welches einen Verzicht auf Mängelrechte für statthaft hält, sofern ein konkreter Mangel betroffen ist und der Mieter im Zeitpunkt seines Entscheides korrekt über die Beeinträchtigungen informiert ist (vgl. BGer, 4A_269/2009 vom 19. August 2009, E. 2.1, übersetzt in: mp 2010, 21 ff.; vgl. fer- ner ROY, in: Lachat et al., a.a.O., N 11.1.6.2). Die in der Vereinbarung vom
15. Juni 2021 enthaltene Saldoklausel ist denn auch in diesem Sinne zu verstehen, nämlich dergestalt, dass sie lediglich einen Verzicht auf womöglich bereits entstandene Ansprüche der Mieter in Zusammenhang mit der SARS-CoV-2- Pandemie, deren bisherige negative Auswirkungen den Mietern am 15. Juni 2021 bewusst gewesen sein musste, beinhaltet. Eine zeitliche Beschränkung auf Ansprüche bis Februar 2021 weist sie nicht auf. Ausgehend vom Zeitpunkt des Abschlusses der Vereinbarung, dem 15. Juni 2021, umfasst die Saldoklausel alle vergangenen Monate und daher auch die Monate März bis Mai 2021. Es besteht kein Raum mehr für die Berücksichtigung der heute für diese Monate geltend gemachten Mietzinsreduktionen (und ebenso wenig für frühere Monate). Die Auslegung der Saldoklausel fällt eindeutig und klar aus, so dass eine klare Rechtslage gegeben ist. Worin die von den Mietern in diesem Zusammenhang wiederholt angerufene Illiquidität des Sachverhaltes bestehen könnte, ist nicht zu sehen.
4.5.
Die Vermieterin führte in ihrem Gesuch aus, dass eine am 18. November 2021 eingebuchte Mietzinszahlung über Fr. 3'779.– an die älteste ausstehende Schuld, nämlich den Mietzins für den April 2021, anzurechnen sei (act. 1 Rz. 13; unzutreffend daher die novenrechtliche Rüge der Mieter in act. 23 Ziff. 3.2.3). Die Mieter hielten ein Schreiben vom 23. Februar 2022 entgegen, in dem sie erklärt hätten, dass im Falle eines Zahlungsausstandes die erfolgten Zahlungen an die zuletzt unter Kündigungsandrohung abgemahnten Beiträge anzurechnen seien. Damit sei der Mietzins für den Monat November 2021 rechtzeitig bezahlt worden (act. 11 Rechtliches Ziff. 17 i.V.m. Ziff. III./33 mit Verweis auf act. 13/6a).
Die Vorinstanz liess dies nicht gelten. Die Erklärung des Schuldners, an welche Schuld eine Zahlung bei mehreren Schulden anzurechnen sei, habe nach Art. 86 Abs. 1 OR spätestens bei der Leistungserbringung zu erfolgen. Die nachträgliche Erklärung vom 23. Februar 2022 sei daher unwirksam. Erfolgten weder eine solche (gültige) Erklärung des Schuldners noch eine quittierte Bezeichnung der Zahlung durch den Gläubiger, so sei die Zahlung gemäss Art. 87 Abs. 1 OR an die früher verfallene Schuld anzurechnen (act. 22 E. 5.5.2 f. mit Verweis auf OGer ZH, RT180227 vom 8. Mai 2019, E. 7).
Die Mieter vertreten in ihrer Berufung die Meinung, es gebe keine gefestigte Rechtsprechung und auch keine herrschende Lehre zur Frage, wann die Erklärung des Schuldners nach Art. 86 Abs. 1 OR zu erfolgen habe. Daher fehle es diesbezüglich an einer klaren Rechtslage. Im Übrigen sei der Standpunkt der Vermieterin nicht schützenswert, da sie mit dem Abmahnen des Mietzinses für den Monat November 2021 dessen Bezahlung als besonders dringlich erklärt habe und sich mit der Anrechnung an einen früheren Monat widersprüchlich und rechtsmissbräuchlich verhalte. Unbehandelt gelassen habe die Vorinstanz schliesslich das Argument, wonach auch die Zahlungen vom 3. und 5. November 2021 an den Mietzins für den November 2021 anzurechnen seien (act. 23 Ziff.
3.8.4 ff.).
Auch diese Berufungsvorbringen sind nicht stichhaltig. Art. 86 Abs. 1 OR regelt den Zeitpunkt, in dem die Erklärung des Schuldners zu erfolgen hat, aus- drücklich: Die Erklärung ist bei der Zahlung abzugeben. Dem klaren Wortlaut des Gesetzes folgt das Obergericht des Kantons Zürich in ständiger Praxis (OGer ZH, RT180227 vom 8. Mai 2019, E. 7, ZR 105/2006 Nr. 6) und nichts anderes wird in der Lehre vertreten (ausdrücklich OFK-KREN KOSTKIEWICZ, 3. Aufl., Zürich 2016, Art. 86 N 3; implizit, weil bloss auf die Möglichkeit einer abweichenden vertraglichen Regelung verweisend, BK-WEBER, Art. 68-96 OR, 2. Aufl., Bern 2005,
Art. 86 N 24 und ebenso ZK-SCHRANER, Art. 68-96 OR, 3. Aufl., Zürich 2000, Art. 86 N 24). Vor diesem Hintergrund ist weder die Annahme einer klaren Rechtslage noch die konkrete Anwendung von Art. 86 f. OR seitens der Vorinstanz zu beanstanden. Die Anrechnung an die älteste Schuld ergibt sich vielmehr aus der vom Gesetzgeber vorgesehenen Kaskadenordnung und erfüllt letzten Endes den Zweck, den Schuldner vor nachteiligen Verzugsfolgen zu schützen, falls keine Parteierklärungen zur zu tilgenden Schuld abgegeben wurden, was in der Regel die Anrechnung an die früher verfallene Schuld gebietet. Liegt eine Konstellation vor, in welcher diese Grundregel den Interessen des Schuld- ners nicht gerecht wird, so liegt es an diesem, rechtzeitig eine Erklärung zur zu tilgenden Schuld nach Art. 86 Abs. 1 OR abzugeben. Dies wäre den Mietern denn auch vorliegend bei ihren Zahlungen vom 3., 5. und 18. November 2021 ohne Weiteres offen gestanden. Ihr entsprechendes Versäumnis kann nicht der Vermieterin angelastetet werden und jene verhält sich nicht rechtsmissbräuchlich, wenn sie sich auf die gesetzliche Tilgungsordnung beruft. Von einer Tilgung des Mietzinses für den November 2021 durch die besagten Zahlungen ist daher nicht auszugehen. Im gleichen Zuge ist festzuhalten, dass das Vorbringen der Mieter, es liege wegen der Anrechnung an die älteste Schuld eine missbräuchliche Kün- digung nach Art. 271 f. OR vor, im vorliegenden Verfahren als haltlos zu erachten ist (vgl. act. 23 Ziff. 4.7).
4.6. Im Berufungsverfahren bestreiten die Mieter nach wie vor, dass sie sich seit Juli 2021 mit ihren Mietzinszahlungen im Rückstand befunden hätten. Dies sei auch im Licht von Corona zu sehen (act. 23 Ziff. 3.7). Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich aber, dass die Mieter eine durchgehende Bezahlung ihrer Mietzinse nicht schlüssig und nachvollziehbar behauptet haben und für die Zwecke des vorliegenden Verfahrens von acht ausstehenden Monatsmietzinsen auszugehen ist (April–Juni 2020 sowie seit Juli 2021; vgl. E. 4.3.6). Die Einwendung der Mieter, wonach diese Lücke durch Verrechnung mit zu viel bezahlten Mietzinsen geschlossen werden könne, erwies sich als haltlos (vgl. E. 4.4.3 und
E. 4.4.5). Schliesslich ging das Argument der Mieter fehl, wonach im November 2021 geleistete Zahlungen an den Mietzins dieses Monats hätten angerechnet werden müssen (vgl. E. 4.5.4). Alles in allem fehlt eine substantiierte und schlüssige Darlegung der Mieter, dass der Mietzins für den November 2021, dessen Nichtbezahlung zur ausserordentlichen Kündigung wegen Zahlungsverzugs geführt hat, beglichen war, als die Zahlungsaufforderungen mit Kündigungsandrohung und die ausserordentlichen Kündigungen erfolgten. Da auch die Fälligkeit
des Mietzinses in diesen Zeitpunkten gegeben war (vgl. E. 4.3.8), ist mit der Vorinstanz von der Gültigkeit der ausserordentlichen Kündigungen wegen Zahlungsverzugs auszugehen. Die Voraussetzungen für eine Ausweisung im Verfahren des Rechtsschutzes in klaren Fällen sind mithin erfüllt. Die Berufung ist unter Bestätigung des angefochtenen Entscheids abzuweisen.
5. Ausgangsgemäss werden die Mieter für das Berufungsverfahren kostenpflichtig (vgl. Art. 106 Abs. 1 ZPO). Unter Verweis auf die vorstehenden Ausführungen zum Streitwert, welcher Fr. 61'940.– beträgt, ist die Höhe der Entscheidgebühr für das überdurchschnittlich aufwendige Berufungsverfahren auf
Fr. 3'500.– festzusetzen (Art. 96 ZPO i.V.m. § 4, § 8 Abs. 1 und § 12 Abs. 1 und 2 GebV OG; vgl. oben E. 2.1). Parteientschädigungen sind keine zuzusprechen: Den Mietern nicht, weil sie unterliegen, und der Vermieterin nicht, weil ihr im Rechtsmittelverfahren kein entschädigungspflichtiger Aufwand entstanden ist.
Die Berufung wird abgewiesen. Das Urteil des Einzelgerichts im summarischen Verfahren des Bezirksgericht Uster vom 11. Mai 2022 wird bestätigt.
Die zweitinstanzliche Entscheidgebühr wird auf Fr. 3'500.– festgesetzt und den Gesuchsgegnern und Berufungsklägern unter solidarischer Haftung auferlegt.
Es werden keine Parteientschädigungen zugesprochen.
Schriftliche Mitteilung an die Parteien, an die Gesuchstellerin und Berufungsbeklagte unter Beilage des Doppels von act. 23, sowie an das Einzelgericht im summarischen Verfahren des Bezirksgerichts Uster, je gegen Empfangsschein.
Nach unbenütztem Ablauf der Rechtsmittelfrist gehen die erstinstanzlichen Akten an die Vorinstanz zurück.
Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid an das Bundesgericht ist innert 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesge-
richt, 1000 Lausanne 14, einzureichen. Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG).
Dies ist ein Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG.
Es handelt sich um eine vermögensrechtliche Angelegenheit. Der Streitwert beträgt Fr. 61'940.–.
Die Beschwerde an das Bundesgericht hat keine aufschiebende Wirkung.
Obergericht des Kantons Zürich
II. Zivilkammer Der Gerichtsschreiber:
lic. iur. M. Häfeli versandt am:
9. September 2022
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