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Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH)

Zusammenfassung des Urteils LF220051: Obergericht des Kantons Zürich

In dem vorliegenden Fall vor dem Obergericht des Kantons Zürich ging es um ein Ausweisungsbegehren und Rechtsschutz in klaren Fällen zwischen einem Mieter und einer Vermieterin. Das Einzelgericht des Bezirksgerichts Meilen hatte entschieden, dass der Mieter die Wohnung räumen und sämtliche Schlüssel zurückgeben muss. Zudem wurde er zur Zahlung von CHF 21'000.- verurteilt. Die Gerichtskosten wurden dem Mieter auferlegt. In der Berufung forderte der Mieter die Aufhebung des Urteils und die Abweisung des Ausweisungsbegehrens. Das Obergericht wies die Berufung jedoch ab und bestätigte das Urteil des Einzelgerichts. Die Gerichtskosten wurden dem Mieter auferlegt, und er wurde zur Zahlung einer Entscheidgebühr von CHF 2'500.- verpflichtet.

Urteilsdetails des Kantongerichts LF220051

Kanton:ZH
Fallnummer:LF220051
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:II. Zivilkammer
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid LF220051 vom 05.08.2022 (ZH)
Datum:05.08.2022
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Ausweisung / Rechtsschutz in klaren Fällen
Schlagwörter : Berufung; Mieter; Recht; Vermieterin; Kündigung; Entscheid; Verfahren; Vorinstanz; Mietsache; Gesuch; Berufungsverfahren; Mietzins; Gesuchsgegner; Ausweisung; Urteil; Parteien; Zahlung; Berufungsbeklagte; Mietverhältnis; Rechtsmittel; Mietzinse; Mängel; Eintritt; Einzelgericht; Bezirksgericht; Berufungskläger; Meilen; -strasse; äumt
Rechtsnorm:Art. 106 ZPO ;Art. 257 ZPO ;Art. 257d OR ;Art. 259d OR ;Art. 259g OR ;Art. 308 ZPO ;Art. 311 ZPO ;Art. 312 ZPO ;Art. 317 ZPO ;Art. 90 BGG ;Art. 96 ZPO ;
Referenz BGE:138 III 374; 142 III 557; 143 III 42; 144 III 346; 144 III 349;
Kommentar:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017

Entscheid des Kantongerichts LF220051

Obergericht des Kantons Zürich

II. Zivilkammer

Geschäfts-Nr.: LF220051-O/U

Mitwirkend: Oberrichterin lic. iur. E. Lichti Aschwanden, Vorsitzende, Oberrichterin lic. iur. R. Bantli Keller und Oberrichter Dr. M. Sarbach sowie Gerichtsschreiber lic. iur. M. Häfeli

Urteil vom 5. August 2022

in Sachen

  1. ,

    Gesuchsgegner und Berufungskläger,

    gegen

  2. ,

    Gesuchstellerin und Berufungsbeklagte, vertreten durch Rechtsanwalt X. ,

    betreffend

    Ausweisung / Rechtsschutz in klaren Fällen

    Berufung gegen ein Urteil des Einzelgerichtes im summarischen Verfahren des Bezirksgerichtes Meilen vom 14. Juni 2022 (ER220011)

    Rechtsbegehren:

    (act. 1 S. 2)

    • 1. Es sei der Beklagte unter Androhung von Zwangsvollstreckung im Unterlassungsfall zu verpflichten, die von ihm bewohnte 5.5- Zimmerwohnung im 2. OG der Liegenschaft C. -strasse ...,

      ... D. , unverzüglich vertragskonform geräumt und gereinigt zu verlassen und der Klägerin vertragsgemäss sämtliche Schlüssel zurückzugeben.

      1. Es sei der Beklagte unter Androhung von Zwangsvollstreckung im Unterlassungsfall zu verpflichten, den von ihm genutzten Abstellplatz im Freien, den von ihm genutzten Autoabstellplatz in der Sammelgarage, sein Kellerabteil im UG, den Einstellraum für Fahrräder in der Liegenschaft C. -strasse ..., ... D. , unverzüglich vertragskonform geräumt und gereinigt zu verlassen und der Klägerin zurückzugeben.

      2. Es sei der Beklagte zu verpflichten, der Klägerin, unter aus- drücklichem Vorbehalt der Nachklage, den Betrag von

        CHF 21'000.– zuzüglich Zins zu 5% ab dem 02. Mai 2022 (mittlerer Verfall) zu bezahlen.

      3. Es sei die E. AG anzuweisen, den Saldo des Mietzins- Kautionssparkontos Nr. 1, lautend auf den Beklagten, auf Anrechnung auf den Forderungsbetrag gemäss Ziffer 3 dieses Rechtsbegehrens nach Eintritt der Rechtskraft des in diesem Verfahren zu erlassenden Urteils zugunsten der Klägerin freizugeben.

      4. Es sei das zuständige Gemeindeammannamt F. anzuweisen, den zu erlassenden Ausweisungsbefehl nach Eintritt der Rechtskraft auf erstes Verlangen der Klägerin zu vollstrecken.

      5. Alles unter Kosten- und Entschädigungsfolgen (zzgl. MwSt.), zu Lasten des Beklagten.

Urteil des Einzelgerichtes:

(act. 26)

  1. Der Gesuchsgegner wird unter Androhung der Zwangsvollstreckung im Unterlassungsfall verpflichtet, die von ihm bewohnte 5.5-Zimmerwohnung im 2. OG der Liegenschaft C. -strasse ..., ... D. , bis spätestens

    30. Juni 2022, 12:00 Uhr mittags, vertragskonform geräumt und gereinigt zu verlassen und der Klägerin vertragsgemäss sämtliche Schlüssel zurückzugeben.

  2. Der Gesuchsgegner wird unter Androhung der Zwangsvollstreckung im Unterlassungsfall verpflichtet, den von ihm genutzten Abstellplatz im Freien, den von ihm genutzten Autoabstellplatz in der Sammelgarage, sein Kellerabteil im UG und den Einstellraum für Fahrräder in der Liegenschaft C. -strasse ..., ... D. , bis spätestens 30. Juni 2022, 12:00 Uhr mittags, vertragskonform geräumt und gereinigt zu verlassen und der Klägerin zurückzugeben.

  3. Das Gemeindeammannamt G. wird angewiesen, die Verpflichtungen nach Dispositiv-Ziffern 1 und 2 nach Eintritt der Rechtskraft und Ablauf der Auszugsfrist auf erstes Verlangen der Gesuchstellerin zu vollstrecken. Die Kosten für die Vollstreckung sind von der Gesuchstellerin vorzuschiessen, sind ihr aber vom Gesuchsgegner zu ersetzten.

    Diese Anweisung verfällt 6 Monate nach Eintritt der Rechtskraft des vorliegenden Urteils.

  4. Der Gesuchsgegner wird verpflichtet, der Gesuchstellerin den Betrag von CHF 21'000.– zuzüglich Zins zu 5% ab dem 2. Mai 2022 zu bezahlen.

  5. Die E. AG, … [Adresse], wird angewiesen, den Saldo des Mietzins- Kautionssparkontos Nr. 1, lautend auf A. , auf Anrechnung auf den Forderungsbetrag gemäss Dispositiv-Ziffer 4 nach Eintritt der Rechtskraft zugunsten der Gesuchstellerin freizugeben.

  6. Die Entscheidgebühr wird festgesetzt auf CHF 3'940.–.

  7. Die Gerichtskosten werden dem Gesuchsgegner auferlegt.

  8. Die Gerichtskosten werden aus dem von der Gesuchstellerin geleisteten Kostenvorschuss von CHF 3'940.– bezogen, sind ihr jedoch vom Gesuchsgegner zu ersetzen.

  9. Der Gesuchsgegner wird verpflichtet, der Gesuchstellerin eine Parteientschädigung von insgesamt CHF 4'730.– (7.7 % MwSt darin enthalten) zu bezahlen.

    [Mitteilung/Rechtsmittelbelehrung]

    Berufungsanträge:

    (act. 27 S. 2 f.)

    1. Das Urteil des Bezirksgerichtes Meilen, Einzelgericht im summarischen Verfahren vom 14. Juni 2022 ist vollumfänglich aufzuheben.

    1. Das Ausweisungsbegehren der Gesuchstellerin und Berufungsbeklagten ist abzuweisen.

    2. Unter Kosten- und Entschädigungsfolgen für beide Instanzen zulasten der Gesuchstellerin und Berufungsbeklagten.

    3. Die Parteientschädigung zugunsten der Gesuchstellerin und Berufungsbeklagten von insgesamt CHF 4'730.– ist abzuweisen.

    4. Die Kosten des Berufungsverfahrens sind der Gesuchstellerin und Berufungsbeklagten aufzuerlegen und sie ist zu verpflichten, dem Berufungskläger eine angemessene Prozessentschädigung zuzüglich MwSt. zu bezahlen.

Erwägungen:

1.

    1. Die Gesuchstellerin und Berufungsbeklagte (nachfolgend: Vermieterin) vermietete dem Gesuchsgegner und Berufungskläger (nachfolgend: Mieter) eine 5 ½-Zimmer-Wohnung im 2. OG an der C. -strasse ... in ... D. (vgl. act. 3/2). Mit amtlichem Formular vom 19. März 2022 kündigte die Vermieterin gestützt auf Art. 257d OR den Mietvertrag per 30. April 2022 wegen Zahlungsverzugs (vgl. act. 3/19). Weil keine ordnungsgemässe Rückgabe der Mietsache durch den Mieter erfolgt war, stellte die Vermieterin am 2. Mai 2022 beim Einzelgericht im summarischen Verfahren des Bezirksgerichts Meilen (nachfolgend: Vorinstanz) ein Ausweisungsbegehren (vgl. act. 1). Nachdem die Vorinstanz ei- nen Kostenvorschuss und eine Stellungnahme zum Gesuch eingeholt hatte (vgl. act. 5, act. 10 und act. 17), hiess sie die gestellten Begehren mit Urteil vom

      14. Juni 2022 vollumfänglich gut (act. 23 = act. 26 [Aktenexemplar]).

    2. Mit Eingabe vom 2. Juli 2022 erhob der Mieter rechtzeitig Berufung gegen den vorinstanzlichen Entscheid mit den oben dargestellten Anträgen (vgl. act. 27

      [Seitennummerierung durch die Kammer hinzugefügt]; zur Rechtzeitigkeit vgl. act. 24/1).

    3. Die Akten der Vorinstanz wurden beigezogen (act. 1-24). Von der Einholung einer Berufungsantwort ist abzusehen (vgl. Art. 312 Abs. 1 ZPO). Der Vermieterin ist lediglich mit dem vorliegenden Entscheid eine Kopie der Berufungsschrift zuzustellen. Das Verfahren ist spruchreif.

2.

    1. Mit der Berufung sind erstinstanzliche Endentscheide anfechtbar (vgl. Art. 308 Abs. 1 lit. a ZPO), wobei in vermögensrechtlichen Angelegenheiten der

      Streitwert der zuletzt aufrechterhaltenen Rechtsbegehren mindestens Fr. 10'000.– betragen muss (vgl. Art. 308 Abs. 2 ZPO). Geht es in einem Verfahren nach

      Art. 257 ZPO (Rechtsschutz in klaren Fällen) nur um die Frage der Ausweisung, ist also die Gültigkeit der Kündigung als solche bzw. der Bestand des Mietverhält- nisses nicht (mehr) strittig, besteht das wirtschaftliche Interesse der Parteien im Mietwert, der durch die Verzögerung infolge des Summarverfahrens selber entsteht. Unabhängig von allfälligen kantonalen Unterschieden in der tatsächlichen Bewältigung solcher Verfahren ist insoweit von einer Dauer von sechs Monaten auszugehen. Ist dagegen die Kündigung ebenfalls strittig, ist diese selber Streitgegenstand. Würde deren Unzulässigkeit die Kündigungssperrfrist nach Art. 271a Abs. 1 lit. e OR auslösen, entspricht der Streitwert in der Regel dem Mietwert für drei Jahre, wobei zusätzlich zu berücksichtigen ist, auf welchen Zeitpunkt hin nach Ablauf der Sperrfrist das Mietverhältnis frühestens gekündigt werden kann. Der Beginn der Frist bildet dabei das Datum des angefochtenen Entscheides (vgl. BGE 144 III 346; OGer ZH, LF210073 vom 13. Oktober 2021, E. II./1.2, m.w.H.).

      Der Mieter stellte vorinstanzlich die Gültigkeit der Kündigung in Abrede und hält auch heute an seinem Standpunkt fest (vgl. act. 17 und act. 27 S. 4). Die Kündigung bildet demnach entgegen der Auffassung der Vorinstanz den streitwertbil- denden Gegenstand des Verfahrens. Die Parteien haben eine Kündigungsfrist von drei Monaten, jeweils auf Ende März und Ende September, vereinbart (vgl. act. 3/2). Nach ausgelöster Sperrfrist wäre daher eine Kündigung frühestens auf den 30. September 2025 zulässig. Der Streitwert beläuft sich somit auf

      Fr. 165'900.– (39 ½ Monate x Fr. 4'200.–), womit gegen den vorinstanzlichen Entscheid das Rechtsmittel der Berufung gegeben ist.

    2. Die Berufung ist gemäss Art. 311 Abs. 1 ZPO schriftlich einzureichen und zu begründen. Die Begründung muss hinreichend genau und eindeutig sein, um von der Rechtsmittelinstanz ohne Weiteres verstanden werden zu können. Die Berufung führende Partei hat sich mit den Erwägungen des vorinstanzlichen Entscheids auseinanderzusetzen und im Einzelnen darzulegen, aus welchen Grün- den der angefochtene Entscheid aus ihrer Sicht unrichtig ist und in welchem Sin- ne er abgeändert werden soll. Es sind die vorinstanzlichen Erwägungen zu bezeichnen, die angefochten werden, und die Aktenstücke zu nennen, auf denen die Kritik beruht. Es genügt nicht, bloss auf die vor erster Instanz vorgetragenen Ausführungen zu verweisen, diese in der Berufungsschrift (praktisch) wortgleich wie- derzugeben den angefochtenen Entscheid bloss in allgemeiner Weise zu kritisieren (vgl. BGE 138 III 374 E. 4.3.1; BGer, 5A_209/2014 vom 2. September

2014, E. 4.2.1; BGer, 5A_387/2016 vom 7. September 2016, E. 3.1). Bei Laien werden an die Begründung eines Rechtsmittels indessen nur minimale Anforderungen gestellt; es muss wenigstens rudimentär dargelegt werden, an welchen Mängeln der angefochtene Entscheid nach Auffassung der Partei leidet. Sind diese Voraussetzungen nicht erfüllt, wird auf das Rechtsmittel nicht eingetreten (vgl. OGer ZH, NQ110031 vom 9. August 2011, E. 2.2.1 f.; OGer ZH, PF110034 vom

22. August 2011, E. 3.2; OGer ZH, LF170043 vom 7. August 2017, E. 2). Neue Tatsachen und Beweismittel werden im Berufungsverfahren nur noch berücksichtigt, wenn sie ohne Verzug vorgebracht werden und trotz zumutbarer Sorgfalt nicht schon vor erster Instanz vorgebracht werden konnten (Art. 317 Abs. 1 ZPO). Bei Tatsachen und Beweismitteln, die bereits vor Eintritt des Aktenschlusses im erstinstanzlichen Verfahren bestanden haben, spricht man von sog. unechten Noven. In Bezug auf diese obliegt es dem Berufungskläger, detailliert darzulegen, weshalb er die Tatsache das Beweismittel nicht schon vor erster Instanz vorbringen konnte (vgl. BGE 144 III 349 E. 4.2.1; BGE 143 III 42 E. 4.1). Tut er dies nicht und liegt die Zulässigkeit des unechten Novums nicht aus anderen Gründen auf der Hand, so ist es im Berufungsverfahren nicht zu berücksichtigen.

3.

    1. Art. 257 Abs. 1 ZPO sieht unter dem Titel Rechtsschutz in klaren Fällen vor, dass das Gericht Rechtsschutz im summarischen Verfahren gewährt, wenn zum einen der Sachverhalt unbestritten sofort beweisbar (lit. a) und zum an- deren die Rechtslage klar ist (lit. b). Im summarischen Ausweisungsverfahren hat die Vermieterin im Wesentlichen nach diesem Massstab nachzuweisen, dass das Mietverhältnis mit dem Mieter beendet ist und sie ihm gegenüber folglich einen vertraglichen dinglichen Anspruch auf Rückgabe der Mietsache hat.

    2. Die Vorinstanz kam zum Schluss, der rechtlich relevante Sachverhalt sei erstellt und die Rechtslage erweise sich als klar. Sie hiess die gestellten Begehren vollumfänglich gut (act. 26 E. 4.2.5, E. 4.3.6, E. 4.4 und E. 5).

      1. Zunächst ging sie auf die Einwendung des Mieters ein, er sei wegen Mängeln an der Mietsache berechtigt gewesen, die Mietzinse der Monate Januar bis April 2022 zurückzubehalten. Der Mieter habe die hiermit sinngemäss geltend gemachte Hinterlegung weder näher dargelegt, noch Belege dazu eingereicht. Ohnehin sei keine Hinterlegung bei der zuständigen Stelle behauptet worden und der Mieter habe überdies keine konkreten Mängel an der Mietsache aufgezeigt vorgetragen, dass der Vermieterin Gelegenheit zur Mängelbehebung eingeräumt worden sei (act. 26 E. 4.2.3).

        Mit diesen schlüssigen Erwägungen setzt sich der Mieter im Berufungsverfahren nicht auseinander. An der Sache vorbei zielt der in diesem Zusammenhang gemachte Verweis des Mieters auf eine durch ihn am 30. März 2022 per 30. Juni 2022 erklärte Kündigung des Mietverhältnisses (act. 27 S. 4). Wie sogleich gezeigt wird, hatte die Vermieterin am 19. März 2022 das Mietverhältnis bereits ausserordentlich per 30. April 2022 gekündigt (vgl. unten E. 3.2.2). Eine Kündigung durch den Mieter auf einen späteren Zeitpunkt war daher nicht mehr möglich. Oh- nehin ändert die Kündigung des Mietverhältnisses nichts an der Verpflichtung des Mieters zur Leistung des Mietzinses bis zum Ende des Mietverhältnisses. Wie die Vorinstanz zudem richtig erkannte, hat der Mieter im erstinstanzlichen Verfahren keine Ausführungen zu den Voraussetzungen einer Hinterlegung des Mietzinses

        nach Art. 259g Abs. 1 OR gemacht. Insbesondere hat er keine gesetzeskonforme Hinterlegung bei der Bezirksgerichtskasse nachgewiesen, welche als Zahlung gelten würde (vgl. § 66 Abs.1 GOG und Art. 259g Abs. 2 OR). Ergänzend ist zu bemerken, dass der Mieter schliesslich nicht geltend gemacht hat, gegenüber der Vermieterin wegen der angeblichen Mängel der Mietsache eine Mietzinsherabsetzung gemäss Art. 259d OR erklärt zu haben (vgl. hierzu ausführlich BGE 142 III 557). Ohne Entscheidrelevanz bleiben daher die Ausführungen des Mieters zu angeblichen Mängeln an der Mietsache (vgl. act. 27 S. 4). Nach dem Ausgeführten vermag der Mieter im Berufungsverfahren nicht in Zweifel zu ziehen, dass er mit der Bezahlung seiner Mietzinse im Rückstand war, als ihn die Vermieterin unter Kündigungsandrohung zur Zahlung aufforderte und hernach die ausserordentliche Kündigung aussprach.

      2. Die Vorinstanz erwog, dass betreffend die Zahlungsaufforderung mit Kün- digungsandrohung vom 7. Februar 2022 (act. 3/12) dem Mieter am 8. Februar 2022 eine Abholungseinladung der Schweizerischen Post hinterlegt worden sei (act. 3/13). Nach der sog. eingeschränkten Empfangstheorie gelte die Sendung als dem Mieter am 15. Februar 2022 zugegangen. Somit habe die Frist von 30 Tagen zur Bezahlung des ausstehenden Mietzinses für den Monat Februar 2022 am 17. März 2022 geendet. Es sei unbestritten geblieben, dass innert dieser Frist keine Zahlung erfolgt sei. Die daraufhin ausgesprochene Kündigung vom

        19. März 2022 per 30. April 2022 sei form- und fristgerecht erfolgt. Der Mieter befinde sich daher ohne Rechtstitel im Mietobjekt und das Ausweisungsgesuch sei gutzuheissen (act. 26 E. 4.2).

        Während sich der Mieter im vorinstanzlichen Verfahren nicht zur von der Vermieterin behaupteten Zustellung der Zahlungsaufforderung vom 7. Februar 2022 ge- äussert hat (vgl. act. 2 S. 5; act. 17), bringt er im Berufungsverfahren neu vor, er habe sich im Zeitraum vom 5. Februar bis zum 16. März 2022 in Deutschland aufgehalten, weil seine Mutter einen Unfall erlitten habe. Über seine Abwesenheit habe er die Vermieterin zuvor in Kenntnis gesetzt. Mit einer Kündigung habe er damals nicht rechnen müssen, denn er habe der Vermieterin angezeigt, dass er den Mietzins wegen schwerer Mängel an der Mietsache bis zu deren Behebung

        zurückbehalte. Erst am 17. März 2022 habe er Kenntnis von der Zahlungsauffor- derung erhalten und erst in diesem Zeitpunkt sei die 30-tägige Frist zur Zahlung ausgelöst worden. Somit sei die ausserordentliche Kündigung vom 19. März 2022 mangels Fristwahrung unwirksam (act. 27 S. 3 f.).

        Der Mieter führt nicht aus, wieso er diese neuen Tatsachenbehauptungen nicht schon vor erster Instanz hätte vorbringen können. Gründe für den erst im Berufungsverfahren erfolgten Vortrag sind auch nicht anderweitig ersichtlich. Nach Massgabe von Art. 317 Abs. 1 ZPO ist der Mieter mit diesen Noven verspätet und sie sind im Berufungsverfahren nicht zu hören. Da der Mieter nicht ausführt, inwiefern die Vorinstanz nach den von ihr getätigten Tatsachenfeststellungen das Recht falsch angewendet haben könnte, und solcherlei auch nicht auszumachen ist, ist die Berufung im Übrigen unbegründet. Es bleibt bei der von der Vorinstanz vorfrageweise bejahten Wirksamkeit der form- und fristgerechten ausserordentlichen Kündigung vom 19. März 2022 per 30. April 2022. Mithin hatte der Mieter die Mietsache bis zu diesem Tag der Vermieterin zurückzugeben. Ab dem 1. Mai 2022 verfügte der Mieter über keinen Rechtstitel mehr, welcher ihm das Verbleiben in der streitgegenständlichen Wohnung erlaubt hätte. Die Berufung ist in Bezug auf das Ausweisungsbegehren abzuweisen, soweit auf sie einzutreten ist.

      3. Schliesslich sprach die Vorinstanz der Vermieterin für das Vorenthalten der Mietsache im Mai 2022 einen Betrag von Fr. 4'200.– als Schadenersatz zu. Sie stützte sich dabei auf die in der Rechtsprechung und Lehre anerkannte Konstruktion eines faktischen Vertragsverhältnisses. Auf die einschlägigen Ausführungen und Nachweise der Vorinstanz kann verwiesen werden kann (act. 26 E. 4.3.3).

        Der Mieter wirft der Vermieterin vor, sie sei nicht an einer einvernehmlichen Lösung interessiert gewesen, habe stattdessen einen Kontaktabbruch vorgezogen und letztlich das vorliegende Ausweisungsverfahren eingeleitet. Die hierdurch un- nötig verursachten Kosten könnten nicht ihm, dem Mieter, auferlegt werden

        (act 27 S. 5).

        Auch diese Kritik zielt ins Leere. Da der Mieter trotz rechtswirksamer ausseror- dentlicher Kündigung per 30. April 2022 die Mietsache nicht zurückgegeben hat,

        steht der Vermieterin nach ständiger Rechtsprechung Schadenersatz in der Höhe des bisherigen Mietzinses für den Monat Mai 2022 zu. Dieser Anspruch tritt an die Stelle des vormaligen vertraglichen Mietzinses und entspricht vorliegend dem von der Vorinstanz zugesprochenen Betrag von Fr. 4'200.–. Rechtlich ohne Bedeutung bleibt, ob die Vermieterin – wie der Mieter vorbringt – zuvor tatsächlich eine gütliche Einigung über angebliche Mängel an der Mietsache abgelehnt hat nicht. Die Berufung ist auch diesbezüglich abzuweisen, soweit auf sie einzutreten ist.

    3. Die Beanstandungen des Mieters in der Sache verfangen insgesamt nicht. Somit erweist sich sein pauschaler Einwand, es fehle an einem unbestritte- nen sofort beweisbaren Sachverhalt und an einer klaren Rechtslage nach Art. 257 ZPO, als haltlos (vgl. act. 27 S. 5). Die Berufung ist abzuweisen, soweit auf sie einzutreten ist.

4. Zufolge des Ausgangs des Berufungsverfahrens besteht kein Anlass, von der vom Mieter beanstandeten vorinstanzlichen Verteilung der Prozesskosten abzuweichen (vgl. act. 27 S. 5). Die Höhe der vorinstanzlichen Entscheidgebühr und Parteientschädigung wird vom Mieter nicht moniert, so dass sich Weiterungen hierzu erübrigen. Ausgangsgemäss wird der Mieter für das Berufungsverfahren kostenpflichtig (vgl. Art. 106 Abs. 1 ZPO). Unter Berücksichtigung des geringen Aufwandes im Berufungsverfahren ist die Entscheidgebühr auch bei einem Streitwert von Fr. 165'900.– gemäss den vorstehenden Ausführungen eine Entscheidgebühr auf Fr. 2'500.– festzusetzen (Art. 96 ZPO i.V.m. § 4 Abs. 1 und 2, §

8 Abs. 1 und § 12 Abs. 1 und 2 GebV OG; vgl. oben E. 2.1). Parteientschädigungen sind keine zuzusprechen: Dem Mieter nicht, weil er unterliegt, und der Vermieterin nicht, weil ihr im Rechtsmittelverfahren kein entschädigungspflichtiger Aufwand entstanden ist.

Es wird erkannt:

  1. Die Berufung wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten wird. Das Urteil des Einzelgerichts im summarischen Verfahren am Bezirksgericht Meilen vom 14. Juni 2022 wird bestätigt.

  2. Die zweitinstanzliche Entscheidgebühr wird auf Fr. 2'500.– festgesetzt und dem Gesuchsgegner und Berufungskläger auferlegt.

  3. Es werden keine Parteientschädigungen zugesprochen.

  4. Schriftliche Mitteilung an die Parteien, an die Gesuchstellerin und Berufungsbeklagte unter Beilage des Doppels von act. 27, sowie an das Einzelgericht im summarischen Verfahren des Bezirksgerichts Meilen, je gegen Empfangsschein.

    Nach unbenütztem Ablauf der Rechtsmittelfrist gehen die erstinstanzlichen Akten an die Vorinstanz zurück.

  5. Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid an das Bundesgericht ist innert 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesge-

richt, 1000 Lausanne 14, einzureichen. Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG).

Dies ist ein Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG.

Es handelt sich um eine vermögensrechtliche Angelegenheit. Der Streitwert beträgt Fr. 165'900.–.

Die Beschwerde an das Bundesgericht hat keine aufschiebende Wirkung.

Obergericht des Kantons Zürich

II. Zivilkammer Der Gerichtsschreiber:

lic. iur. M. Häfeli versandt am:

5. August 2022

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