Zusammenfassung des Urteils LF200050: Obergericht des Kantons Zürich
Die Berufungsklägerinnen A. und B. mieteten eine Wohnung und kündigten aus gesundheitlichen Gründen. Sie weigerten sich jedoch, auszuziehen, bis sie eine neue Wohnung gefunden hatten. Die Vermieterin C. beantragte die Ausweisung der Mieterinnen, was vom Bezirksgericht Dielsdorf gutgeheissen wurde. Die Berufungsklägerinnen legten Widerspruch ein und behaupteten, bereits ausgezogen zu sein. Das Obergericht des Kantons Zürich wies die Berufung ab und legte die Kosten den Berufungsklägerinnen auf.
Kanton: | ZH |
Fallnummer: | LF200050 |
Instanz: | Obergericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | II. Zivilkammer |
Datum: | 16.09.2020 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Ausweisung |
Schlagwörter : | Berufung; Berufungsklägerin; Berufungsklägerinnen; Ausweisung; Berufungsbeklagte; Vorinstanz; Recht; Entscheid; Verfahren; Wohnung; Ausweisungsbegehren; Urteil; Mieter; Eingabe; Rückgabe; Fälligkeit; Vermieter; Vermieterin; Berufungsbeklagten; Mieterinnen; Rechtsschutz; Mietobjekt; Rechtsmittel; Kündigung; BACHOFNER |
Rechtsnorm: | Art. 106 ZPO ;Art. 138 ZPO ;Art. 241 ZPO ;Art. 257 ZPO ;Art. 308 ZPO ;Art. 310 ZPO ;Art. 311 ZPO ;Art. 312 ZPO ;Art. 314 ZPO ;Art. 317 ZPO ;Art. 48 BGG ;Art. 90 BGG ;Art. 93 ZPO ; |
Referenz BGE: | 137 III 617; 138 III 374; 139 III 24; 140 III 636; 144 III 346; |
Kommentar: | Spühler, Schweizer, Basler Kommentar Spühler, Tenchio, Infanger [Hrsg.], Art. 253 ZPO ; Art. 253 ZPO, 2010 |
Obergericht des Kantons Zürich
II. Zivilkammer
Geschäfts-Nr.: LF200050-O/U
Mitwirkend: Oberrichterin lic. iur. E. Lichti Aschwanden, Vorsitzende, Oberrichter lic. iur. P. Diggelmann und Oberrichterin lic. iur. R. Bantli Keller sowie Gerichtsschreiber PD Dr. S. Zogg
Urteil vom 16. September 2020
in Sachen
Gesuchsgegnerinnen und Berufungsklägerinnen
gegen
Gesuchstellerin und Berufungsbeklagte
betreffend Ausweisung
Erwägungen:
Mit Mietvertrag vom 28. September 2019 mieteten A. und B. (Gesuchsgegnerinnen und Berufungsklägerinnen; nachfolgend Berufungsklägerinnen) eine 4-Zimmerwohnung an der D. -strasse ..., E. , zu einem monatlichen Bruttomietzins von Fr. 1'750.- (act. 3/2). Mit Schreiben vom 24. Februar 2020 erklärte A. gegenüber der Vermieterin C. (Gesuchstellerin und Berufungsbeklagte; nachfolgend Berufungsbeklagte), dass sie das Mietverhältnis [a]us gesundheitlichen Gründen kündige, mit dem Hinweis, dass sie die Wohnung (erst) verlassen werde, sobald sie ein[en] neuen Mietvertrag unterschrieben habe; das Schreiben ist von beiden Mieterinnen unterzeichnet (act. 3/1).
In der Folge erklärten die Berufungsklägerinnen mehrfach - unter Berufung auf die Situation im Zusammenhang mit der Coronavirus-Pandemie sowie gesundheitliche Probleme von Frau A. -, sie würden nicht auf einen bestimmten Termin ausziehen, sondern erst dann, wenn sie eine neue Wohnung gefunden hätten (vgl. insb. die Schreiben vom 23., 24. und 28. April 2020; act. 3/8 S. 1 und S. 2, act. 3/10). Die Vermieterin stellte sich demgegenüber auf den Standpunkt, das Mietverhältnis sei per 31. Mai 2020 beendigt worden (vgl. act. 3/5, act. 3/7).
Mit Eingabe vom 4. Mai 2020 gelangte die Berufungsbeklagte an das Bezirksgericht Dielsdorf, Einzelgericht im summarischen Verfahren (nachfolgend Vorinstanz), und verlangte die Ausweisung der Berufungsklägerinnen unter Anordnung der Zwangsvollstreckung (act. 1/1-2). In ihren Stellungnahmen vom
18. Mai 2020 (act. 6) bzw. vom 28. Mai 2020 (act. 9) widersetzten sich die Berufungsklägerinnen dem Ausweisungsbegehren. Die Berufungsklägerin 2 teilte in der Folge jedoch mit, dass sie das Ausweisungsbegehren anerkenne und sofort ausziehen würde, sofern dies auch die Berufungsklägerin 1 tue; sie könne diese indessen nicht zu einem Auszug bewegen (Schreiben vom 3. Juni 2020; act. 12).
Mit Eingabe vom 15. Juni 2020 führten die Berufungsklägerinnen vor Vorinstanz alsdann aus, sie hätten eine neue Wohnung gefunden und würden bis zum
30. Juni 2020 ausziehen (act. 13).
Die Vorinstanz hiess das Ausweisungsbegehren mit Urteil vom 29. Juni 2020 gut und verpflichtete die Berufungsklägerinnen 1 und 2, das Mietobjekt sofort zu verlassen und der Berufungsbeklagten ordnungsgemäss geräumt und gereinigt zu übergeben, unter Androhung der Zwangsvollstreckung im Unterlassungsfall. Ferner wies die Vorinstanz das Gemeindeammannamt -E. an, den Entscheid auf erstes Verlangen der Berufungsbeklagten zu vollstrecken, und auferlegte die Prozesskosten den Berufungsklägerinnen solidarisch (act. 20).
Mit Eingabe vom 20. August 2020 (Datum Poststempel; act. 17 = act. 22) gelangten die Berufungsklägerinnen gemeinsam an die Vorinstanz und erhoben Widerspruch gegen den erwähnten vorinstanzlichen Entscheid. Diese Eingabe leitete die Vorinstanz samt Beilagen (act. 18/1-3 = act. 23/1-3) zuständigkeitshalber an das Obergericht des Kantons Zürich weiter (act. 21; vgl. zudem das an die Kammer gerichtete Schreiben der Berufungsklägerinnen vom 26. August 2020; Datum Poststempel; act. 24).
Die vorinstanzlichen Akten wurden beigezogen (act. 1-18). Von der Einholung einer Berufungsantwort ist abzusehen (Art. 312 Abs. 1 ZPO). Der Berufungsbeklagten ist lediglich mit dem vorliegenden Entscheid eine Kopie der Berufungsschrift samt Beilagen (act. 22, act. 23/1-3, act. 24 und act. 26/1-2) zuzustellen. Das Verfahren erweist sich als spruchreif.
1. Die Berufungsbeklagte richtete ihr Ausweisungsbegehren vor Vorinstanz sowohl gegen die Berufungsklägerin 1 als auch gegen die Berufungsklägerin 2, die beide Mieterinnen des fraglichen Mietobjekts sind bzw. waren (act. 1/1-2 und act. 3/2). Unabhängig davon, ob sich das Ausweisungsbegehren auf einen dinglichen und/oder einen vertraglichen Rückgabeanspruch stützt, bildeten die Berufungsklägerinnen im vorinstanzlichen Verfahren nach ständiger Rechtsprechung
der Kammer keine notwendige, sondern bloss eine einfache passive Streitgenossenschaft (vgl. zum Ganzen OGer ZH, PF190033 vom 14. August 2019, E. II.2.2 m.w.Nw.). Demzufolge stand bzw. steht es jeder Streitgenossin frei, das jeweils gegen sie gerichtete Ausweisungsbegehren anzuerkennen, und es kann jede unabhängig von der anderen ein Rechtsmittel ergreifen.
2.
Gegen erstinstanzliche Endentscheide im summarischen Verfahren ist die Berufung in vermögensrechtlichen Angelegenheiten zulässig, wenn der Streitwert der zuletzt aufrechterhaltenen Rechtsbegehren mindestens CHF 10'000.beträgt (Art. 308 Abs. 1 lit. a und Abs. 2 ZPO).
Geht es in einem Verfahren nach Art. 257 ZPO (Rechtsschutz in klaren Fällen) nur um die Frage der Ausweisung, ist also die Gültigkeit der Kündigung als solche bzw. der Bestand des Mietverhältnisses nicht (mehr) strittig, besteht das wirtschaftliche Interesse der Parteien im Mietwert, der durch die Verzögerung infolge des Summarverfahrens selber entsteht. Unabhängig von allfälligen kantonalen Unterschieden in der tatsächlichen Bewältigung solcher Verfahren ist insoweit von einer Dauer von sechs Monaten auszugehen (BGE 144 III 346, E. 1.2).
Die Berufungsklägerinnen haben sich vor Vorinstanz zwar dem Ausweisungsbegehren widersetzt, die Gültigkeit der Kündigung als solche haben sie aber nie ernsthaft in Frage gestellt; strittig war stets nur die Frage des genauen Auszugstermins. Demzufolge ist vorliegend von einem Streitwert von Fr. 10'500.auszugehen (sechs Bruttomietzinse à Fr. 1'750.-).
Daran ändert nichts, dass die Berufungsklägerin 2 das gegen sie gerichtete Ausweisungsbegehren mit Eingabe vom 3. Juni 2020 anerkannt hat (act. 12). Einerseits sind die gegen mehrere einfache Streitgenossen gerichteten Ansprüche auch mit Blick auf die Zulässigkeit der Berufung (Art. 308 Abs. 2 ZPO) gemäss Art. 93 Abs. 1 ZPO zusammenzurechnen, soweit sie sich nicht gegenseitig ausschliessen (Art. 93 Abs. 2 ZPO findet hier keine Anwendung; vgl. OGer ZH, NG180006 vom 15. März 2019, E. II.1; DIGGELMANN, in: Brunner et al. [Hrsg.],
ZPO-Komm., 2. Aufl., Zürich / St. Gallen 2016, Art. 93 N 3). Wird dieselbe Forderung gleichzeitig gegen mehrere (Solidar-)Schuldner geltend gemacht, erfolgt zwar insoweit keine Zusammenrechnung, als in wirtschaftlicher Hinsicht mehrfach dasselbe verlangt wird (vgl. BGE 139 III 24, E. 4.2-4.3). Verlangt die Gläubigerin aber von einer Schuldnerin das Ganze, während sie eine andere nur für einen Teilbetrag in die Pflicht nimmt, anerkennt (nur) eine Streitgenossin die Forderung (teilweise), so führt dies nicht dazu, dass sich dieser gegenüber der Streitwert hinsichtlich der Zulässigkeit der Berufung reduzieren würde. Vielmehr bleibt diesbezüglich der noch strittige Streitwert des Ganzen massgeblich (Art. 93 Abs. 1 i.V.m. Art. 308 Abs. 2 ZPO).
Andererseits kommt vorliegend hinzu, dass die Vorinstanz die Berufungsklägerin 2 trotz ihrer Gesuchsanerkennung - unter Androhung der Zwangsvollstreckung zur Herausgabe des Mietobjekts verpflichtet hat (act. 20, Dispositivziffern 1 und 2). Wird über ein Begehren entschieden, obschon es eigentlich anerkannt wurde, so muss dieses i.S.v. Art. 308 Abs. 2 ZPO als bis zuletzt aufrechterhalten gelten.
Die Berufung erweist sich folglich mit Bezug auf beide Berufungsklägerinnen als zulässig.
3. Die Frist zur Einreichung der Berufung beträgt zehn Tage (Art. 314 Abs. 1
i.V.m. Art. 257 ZPO). Die Vorinstanz versuchte zunächst, den Berufungsklägerinnen den angefochtenen Entscheid an deren bisherigen Wohnadresse an der
D. -strasse , E. , zuzustellen, wobei aber die entsprechenden Sendungen von der Post jeweils mit dem Vermerk Empfänger konnte unter angegebener Adresse nicht ermittelt werden retourniert wurden (vgl. act. 16/2 und
act. 16/4). In der Folge wurde der Entscheid der Berufungsklägerin 1 am
13. August 2020 an ihrer neuen Wohnadresse an der F. -strasse ,
G. , zugestellt (act. 16/3). Ein Nachweis über die Zustellung des Entscheids an die Berufungsklägerin 2 liegt nicht bei den Akten. Diese hat indessen mit ihrer Berufung vom 20. August 2020 (Datum Poststempel; act. 22) explizit bestätigt, den vorinstanzlichen Entscheid (ebenfalls) am 13. August 2020 erhalten zu haben.
Bei einem erfolglosen Zustellversuch an die letztbekannte Adresse gilt nach neuem Recht keine Zustellfiktion mehr (Art. 138 Abs. 3 ZPO; vgl. unter altem Recht noch § 181 GVG/ZH; zum Ganzen OGer ZH, RU190016 vom 16. April 2019, E. 4.2). Die Berufungsfrist begann folglich nicht bereits mit dem ersten (erfolglosen) Zustellversuch zu laufen, sondern erst mit der am 13. August 2020 gegenüber beiden Berufungsklägerinnen tatsächlich erfolgten Zustellung. Die zehntägige Frist gemäss Art. 314 Abs. 1 ZPO wurde mit der Eingabe vom 20. August 2020 (act. 22) somit gewahrt. Dass die Berufungsklägerinnen ihre Eingabe an die Vorinstanz richteten, ändert nichts, denn die versehentliche (rechtzeitige) Einreichung eines Rechtsmittels beim iudex a quo gilt als fristwahrend (vgl. Art. 48 Abs. 3 BGG analog; BGE 140 III 636, E. 3).
4.
Die Berufung ist gemäss Art. 311 Abs. 1 ZPO schriftlich einzureichen und zu begründen. Die Begründung muss hinreichend genau und eindeutig sein, um von der Rechtsmittelinstanz ohne Weiteres verstanden werden zu können. Die Berufung führende Partei hat sich mit den Erwägungen des vorinstanzlichen Entscheids auseinanderzusetzen und im Einzelnen darzulegen, aus welchen Grün- den der angefochtene Entscheid aus ihrer Sicht unrichtig ist und in welchem Sinne er abgeändert werden soll. Es sind die vorinstanzlichen Erwägungen zu bezeichnen, die angefochten werden, und die Aktenstücke zu nennen, auf denen die Kritik beruht. Es genügt nicht, bloss auf die vor erster Instanz vorgetragenen Ausführungen zu verweisen, diese in der Berufungsschrift (praktisch) wortgleich wiederzugeben den angefochtenen Entscheid bloss in allgemeiner Weise zu kritisieren (vgl. BGE 138 III 374, E. 4.3.1; BGer, 5A_209/2014 vom 2. September
2014, E. 4.2.1; 5A_387/2016 vom 7. September 2016, E. 3.1). Bei Laien werden an die Begründung des Rechtsmittels indessen nur minimale Anforderungen gestellt; es muss wenigstens rudimentär dargelegt werden, an welchen Mängeln der angefochtene Entscheid nach Auffassung der Partei leidet. Sind diese Voraussetzungen nicht erfüllt, wird auf das Rechtsmittel nicht eingetreten (vgl. OGer ZH, NQ110031 vom 9. August 2011, E. 2; PF110034 vom 22. August 2011, E. 3.2;
LF170043 vom 7. August 2017, E. 2).
Art. 311 Abs. 1 ZPO nennt zwar nur die Begründung als Zulässigkeitsvoraussetzung, die Berufung muss aber auch Anträge enthalten. Diese müssen so bestimmt sein, dass sie im Falle einer Gutheissung unverändert zum Urteil erhoben werden können; aufgrund der reformatorischen Natur der Berufung (Art. 318 Abs. 1 lit. b ZPO) ist grundsätzlich ein Antrag in der Sache erforderlich. Bei Laien sind indessen auch mit Bezug auf die Anträge nur minimale Anforderungen zu stellen. Es genügt eine Formulierung, aus der nach Treu und Glauben hervorgeht, wie die Berufungsinstanz entscheiden soll (vgl. hierzu BGE 137 III 617, E. 4.2.2; BGer, 4A_383/2013 vom 2. Dezember 2013, E. 3.2.1; OGer ZH, PF110034 vom 22. August 2011, E. 3.2).
Mit Schreiben vom 20. August 2020 (act. 22) erheben die Berufungsklägerinnen Widerspruch gegen den vorinstanzlichen Entscheid (vgl. auch ihr Schreiben vom 26. August 2020; act. 24). Sinngemäss beantragen sie, es sei der angefochtene Entscheid aufzuheben und das Ausweisungsbegehren der Berufungsbeklagten abzuweisen (bzw. es sei darauf nicht einzutreten); ferner seien die Kosten der Berufungsbeklagten aufzuerlegen. Zur Begründung führen sie im Wesentlichen an, die Berufungsbeklagte habe ihnen ein Verbleiben in der Wohnung bis Ende Juni gestattet und sie seien am 19. Juni 2020 also rechtzeitig aus der Wohnung ausgezogen.
Vor diesem Hintergrund ist die Eingabe der Berufungsklägerinnen nicht bloss als Kostenbeschwerde zu verstehen, sondern als Berufung in der Sache entgegenzunehmen. Letztlich setzen sich die Berufungsklägerinnen nämlich nicht nur gegen die Kostenauflage als solche zur Wehr, sondern beanstanden auch den Urteilsspruch in der Sache, der sie trotz behauptetermassen bereits erfolgter Rückgabe - dazu verpflichtet, das Mietobjekt zu verlassen und der Berufungsbeklagten ordnungsgemäss zurückzugeben.
5. Die Berufungsinstanz verfügt in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht über volle Kognition, d.h. es kann sowohl unrichtige Rechtsanwendung als auch unrichtige Feststellung des Sachverhalts beanstandet werden (Art. 310 ZPO). Gemäss Art. 317 Abs. 1 ZPO werden neue Tatsachen und Beweismittel (Noven) im Berufungsverfahren nur noch berücksichtigt, wenn sie ohne Verzug vorgebracht
werden und trotz zumutbarer Sorgfalt nicht schon vor erster Instanz hätten vorgebracht werden können.
Die Vorinstanz zieht in Erwägung, die Berufungsklägerinnen hätten mit Schreiben vom 24. Februar 2020 (act. 3/1) ordentlich gekündigt. Der Mietvertrag sei bei einer dreimonatigen Kündigungsfrist jeweils per Ende eines jeden Monats kündbar gewesen und das Mietverhältnis folglich per 31. Mai 2020 wirksam aufgelöst worden. In der Folge habe die Berufungsklägerin 1 versucht, die Kündigung zurückzuziehen. Ein einseitiger Widerruf der Kündigung sei indessen nicht möglich und die Vermieterin habe eine entsprechende Offerte zum Abschluss eines neuen Vertrages abgelehnt (act. 20, E. 1.1-1.2.3). Diese Erwägungen haben die Berufungsklägerinnen in ihrer Berufung nicht bzw. nicht in hinreichend begründeter Weise (vgl. oben, E. II.4.1) in Frage gestellt.
Alsdann hält die Vorinstanz dafür, die Vermieterin habe den Mieterinnen mehrfach in Aussicht gestellt, über den Kündigungstermin hinaus bis am 25. Juni 2020 entgeltlich im Mietobjekt verbleiben zu dürfen. Folglich würden sich die Berufungsklägerinnen seit dem 26. Juni 2020 unrechtmässig ohne obligatorischen Anspruch im Mietobjekt aufhalten und seien per sofort auszuweisen (act. 20,
E. 1.2.4-1.3).
Dem halten die Berufungsklägerinnen im Wesentlichen entgegen, die Vermieterin habe ihnen erlaubt, bis Ende Juni 2020 in der Wohnung zu verbleiben und sie seien rechtzeitig, nämlich bereits am 19. Juni 2020, und somit noch vor der Urteilsfällung ausgezogen (act. 22). Mit Schreiben vom 26. August 2020 (Datum Poststempel; act. 24) führen sie ergänzend aus, sie hätten der Berufungsbeklagten am 20. Juni 2020 die Wohnungsschlüssel übergeben wollen, diese habe deren Annahme jedoch verweigert. Darauf ist nachfolgend einzugehen.
Weiter machen die Berufungsklägerinnen geltend, die Vermieterin sei ihnen gegenüber schadenersatzpflichtig, weil sich in der Wohnung Schimmel gebildet
habe. Ein entsprechendes Begehren haben sie jedoch weder beziffert noch substantiiert begründet. Darauf ist nicht weiter einzugehen.
Die Berufungsbeklagte hat ihr Ausweisungsbegehren vor Fälligkeit des Ausweisungsanspruches anhängig gemacht. Grundsätzlich muss der eingeklagte Leistungsanspruch (erst) bei Beginn der Urteilsberatung fällig sein, damit ein Leistungsbegehren gutgeheissen werden kann. Dasselbe gilt für die Prozessvoraussetzung eines hinreichenden Rechtsschutzinteresses; es genügt, wenn ein solches zwar erst nach Verfahrenseinleitung, aber noch vor Beginn der Urteilsberatung entsteht (vgl. hierzu KUKO ZPO-DOMEJ, 2. Aufl., Art. 59 N 3 f.; BACHOFNER, Die Mieterausweisung, Rechtsschutz in klaren und weniger klaren Fällen, 2019,
N 594 f. m.w.Nw.). Vor Eintritt der Fälligkeit des Ausweisungsanspruchs ist ein Ausweisungsbegehren regelmässig zur Zeit abzuweisen (bzw. ist im Verfahren gemäss Art. 257 ZPO darauf nicht einzutreten) bzw. fehlt es gegebenenfalls bereits an einem hinreichenden Rechtsschutzinteresse. Bestreitet die Ausweisungsbeklagte jedoch den Bestand einer Rückgabepflicht bereits vor Fälligkeit ausreichend deutlich und steht der Fälligkeitszeitpunkt fest, so ist der Klägerin ausnahmsweise ein besonderes Rechtsschutzinteresse zuzugestehen, um bereits vor Fälligkeit des eingeklagten Anspruchs ein erst auf den Fälligkeitszeitpunkt hin vollstreckbares - Leistungsurteil zu erwirken (KUKO ZPO-OBERHAMMER,
Aufl., Art. 84 N 14; BACHOFNER, a.a.O., N 592 ff. m.w.Nw.).
2. Entgegen dem impliziten Vorbringen der Berufungsklägerinnen hatte die Berufungsbeklagte durchaus Anlass, schon vor Fälligkeit des Rückgabeanspruchs,
d.h. vor Beendigung des Mietverhältnisses am 31. Mai 2020 (bzw. vor dem
25. Juni 2020, bis zu welchem Zeitpunkt hin die Vermieterin den Berufungsklägerinnen die Möglichkeit eines Verbleibs in der Wohnung zugesichert hatte), um gerichtlichen Rechtsschutz zu ersuchen. Die Mieterinnen haben nämlich bereits vor Einleitung des Ausweisungsverfahrens deutlich und mehrfach zum Ausdruck gebracht, dass sie die Wohnung nicht bzw. nicht bedingungslos per Ende der Vertragsdauer zurückgeben werden, sondern nur und erst dann, wenn sie eine
neue Wohnung gefunden hätten (vgl. act. 3/1, act. 3/8, act. 3/10); diese Haltung bekräftigten sie in ihren Stellungnahmen im vorinstanzlichen Verfahren (act. 6, act. 9). Folglich ist davon auszugehen, dass die Berufungsklägerinnen die Einleitung eines Ausweisungsverfahrens durch ihre ablehnende Haltung verursacht haben und dass die Berufungsbeklagte von Anfang an ein hinreichendes Rechtsschutzinteresse an einem (auf den Fälligkeitszeitpunkt hin gerichteten) Leistungsurteil hatte.
Bereits vor Vorinstanz haben die Berufungsklägerinnen vorgebracht, sie hätten eine neue Wohnung gefunden und würden bis zum 30. Juni 2020 ausziehen (Eingabe vom 15. Juni 2020; act. 13). Im Berufungsverfahren bringen sie sodann neu vor, tatsächlich bereits am 19. Juni 2020 aus der Mietwohnung ausgezogen zu sein (act. 22). Ob dieses unechte vor Beginn der vorinstanzlichen Urteilsberatung entstandene (vgl. act. 20, E. 1.2.4) - Novum zuzulassen ist (Art. 317
Abs. 1 ZPO), kann aus folgenden Gründen offen bleiben. Zum einen stellt der Auszug als solcher bzw. das Inaussichtstellen eines zeitnahen Auszugs keine Anerkennung des Ausweisungsbegehrens dar (BACHOFNER, a.a.O., N 720). Zum anderen wird das Ausweisungsbegehren mit dem blossen Auszug des Mieters nicht ohne Weiteres gegenstandslos, denn die eingeklagte Rückgabepflicht ist damit allein nicht erfüllt. Vielmehr schuldet der Mieter (auch) die Rückgabe sämtlicher Schlüssel an den Vermieter und hat dafür zu sorgen, dass sich die Wohnung bei der Rückgabe in ordnungsgemässem Zustand befindet (vgl. BACHOFNER, a.a.O., N 719 ff.). Der Umstand, dass die Berufungsklägerinnen mittlerweile aus der Mietwohnung ausgezogen waren, stand einem Leistungsurteil - und damit verbunden einer Kostenauflage zulasten der Mieterinnen somit nicht entgegen.
Mit Schreiben vom 26. August 2020 (Datum Poststempel; act. 24) führen die Berufungsklägerinnen neu und ergänzend aus, sie hätten der Vermieterin am 20. Juni 2020 die Rückgabe der Wohnungsschlüssel angeboten, diese habe eine Entgegennahme indessen verweigert. Dieses unechte Novum haben die Berufungsklägerinnen erst nach Ablauf der Berufungsfrist (vgl. oben, E. II.3) ins Verfahren eingebracht. Sie legen sodann nicht dar, inwiefern sie diese Tatsache nicht schon früher vor Vorinstanz spätestens innert der Berufungsfrist hätten
vorbringen können. Dieses Novum erweist sich damit als verspätet und ist unzulässig (Art. 317 Abs. 1 ZPO).
Anzumerken bleibt freilich, dass selbst dann, wenn die Mieterinnen ihrer Rückgabepflicht tatsächlich bereits vor dem vorinstanzlichen Urteil umfassend nachgekommen sein sollten, zwar das Verfahren als gegenstandslos geworden abzuschreiben gewesen wäre, ein Leistungsurteil also nicht hätte ergehen kön- nen, dass dies aber nichts an der Kostenpflicht der Berufungsklägerinnen ändern würde (vgl. Art. 107 Abs. 1 lit. e ZPO und BACHOFNER, a.a.O., N 720). Die Mieterinnen haben nämlich bereits vor Einleitung des Ausweisungsverfahrens klar zum Ausdruck gebracht, dass sie die Mietsache nicht (bedingungslos) per Fälligkeitstermin herausgeben würden, und haben dadurch Anlass zur Einleitung eines Ausweisungsverfahrens gegeben.
Schliesslich ist auf Folgendes hinzuweisen: Aus den Akten ist ersichtlich, dass die Berufungsklägerin 2 das gegen sie gerichtete Ausweisungsbegehren vor Vorinstanz mit Schreiben vom 15. Juni 2020 anerkannt hat (Art. 241 Abs. 2 ZPO; act. 13). Gegen sie hätte ein Leistungsurteil deshalb nicht ergehen dürfen, sondern es wäre das Verfahren insoweit abzuschreiben gewesen (Art. 241 Abs. 3 ZPO), wobei aber direkte Vollstreckungsmassnahmen trotz der Gesuchsanerkennung auch gegenüber der Berufungsklägerin 2 anzuordnen gewesen wären (zutreffend BACHOFNER, a.a.O., N 336). An einer Aufhebung und Korrektur des angefochtenen Entscheids in dem Sinne, dass das Verfahren mit Bezug auf die Berufungsklägerin 2 wegen Gesuchsanerkennung abzuschreiben sei, besteht indessen kein schützenswertes Interesse, zumal sich eine (solidarische) Kostenauflage zulasten der Berufungsklägerin 2 auch in diesem Fall in Höhe der gesamten Verfahrenskosten rechtfertigen würde (vgl. Art. 106 Abs. 1 und Abs. 3 ZPO).
Die Berufung ist folglich mit Bezug auf beide Berufungsklägerinnen abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist.
In Anwendung von § 4 Abs. 1-3, § 8 Abs. 1 und § 12 Abs. 1 und 2 GebV OG ist die zweitinstanzliche Entscheidgebühr auf Fr. 300.festzusetzen. Ausgangsgemäss sind die Kosten des Verfahrens den Berufungsklägerinnen solidarisch aufzuerlegen (Art. 106 Abs. 1 und 3 ZPO).
Für das Berufungsverfahren sind keine Parteientschädigungen zuzusprechen, den Berufungsklägerinnen zufolge ihres Unterliegens, der Berufungsbeklagten mangels Umtrieben, die zu entschädigen wären (vgl. Art. 95 Abs. 3 und
Art. 106 Abs. 1 ZPO).
Es wird erkannt:
Die Berufung wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten wird.
Die zweitinstanzliche Entscheidgebühr wird auf Fr. 300.festgesetzt.
Die Kosten für das zweitinstanzliche Verfahren werden den Berufungsklägerinnen solidarisch auferlegt.
Es werden keine Parteientschädigungen zugesprochen.
Schriftliche Mitteilung an die Parteien, an die Berufungsbeklagte unter Beilage einer Kopie von act. 22, act. 23/1-3, act. 24 und act. 26/1-2, sowie an die Vorinstanz und die Obergerichtskasse, je gegen Empfangsschein.
Die erstinstanzlichen Akten gehen nach unbenütztem Ablauf der Rechtsmittelfrist an die Vorinstanz zurück.
Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid an das Bundesgericht ist innert 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesge-
richt, 1000 Lausanne 14, einzureichen. Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) oder
Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG).
Dies ist ein Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG.
Es handelt sich um eine mietrechtliche Angelegenheit. Der Streitwert beträgt Fr. 10'500.-.
Die Beschwerde an das Bundesgericht hat keine aufschiebende Wirkung.
Obergericht des Kantons Zürich
II. Zivilkammer Der Gerichtsschreiber:
PD Dr. S. Zogg versandt am:
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