Zusammenfassung des Urteils LA210005: Obergericht des Kantons Zürich
Der Entscheid des Kantonsgerichts von Graubünden betrifft eine Regelung des persönlichen Verkehrs und Kindesschutzmassnahmen im Zusammenhang mit einem Scheidungsverfahren. Die Eltern, insbesondere die Kindsmutter, sind aufgrund von Interessenkollision nicht in der Lage, die Interessen der Kinder wirksam zu vertreten. Es wird angeordnet, eine Kindesvertretung anzusetzen und eine Kindesanhörung durchzuführen. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden dem Kanton Graubünden auferlegt. Der Beschwerdegegner erhält eine angemessene Parteientschädigung. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird nicht behandelt.
Kanton: | ZH |
Fallnummer: | LA210005 |
Instanz: | Obergericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | I. Zivilkammer |
Datum: | 15.06.2021 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Arbeitsrechtliche Forderung |
Schlagwörter : | Kündigung; Vorinstanz; Berufung; Recht; Beweis; E-Mail; Beklagten; Kläger; Klägers; Parteien; Arbeitsverhältnis; Urteil; Entscheid; Verhalten; Mails; Vertrauen; Begründung; Unzumutbarkeit; Gericht; Behauptung; Arbeitgeber; Bedingung; Verfahren; Pensionskasse; E-Mails |
Rechtsnorm: | Art. 152 ZPO ;Art. 154 ZPO ;Art. 29 BV ;Art. 30 BV ;Art. 308 ZPO ;Art. 309 ZPO ;Art. 310 ZPO ;Art. 321a OR ;Art. 337 OR ;Art. 337c OR ;Art. 47 ZPO ;Art. 49 ZPO ;Art. 51 ZPO ;Art. 53 ZPO ;Art. 8 ZGB ;Art. 90 BGG ; |
Referenz BGE: | 114 II 289; 116 II 145; 119 Ia 81; 126 I 97; 128 III 129; 129 I 232; 129 III 380; 130 III 28; 131 I 113; 132 II 485; 134 I 20; 134 I 238; 135 III 441; 138 III 374; 140 III 221; 142 III 271; 144 III 394; 90 II 149; |
Kommentar: | - |
Obergericht des Kantons Zürich
I. Zivilkammer
Geschäfts-Nr.: LA210005-O/U
Mitwirkend: Oberrichterin Dr. D. Scherrer, Vorsitzende, Oberrichter
lic. iur. A. Huizinga und Ersatzoberrichter lic. iur. Th. Vesely sowie Gerichtsschreiber Dr. Chr. Arnold
Urteil vom 15. Juni 2021
in Sachen
AG,
Beklagte und Berufungsklägerin
vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. X.
gegen
,
Kläger und Berufungsbeklagter
vertreten durch Rechtsanwältin lic. iur., LL.M. Y.
betreffend arbeitsrechtliche Forderung
Rechtsbegehren:
Präzisiertes Rechtsbegehren Kläger:
(Urk. 34 Rz. 21; Urk. 26; Urk. 27 S. 6)
1. Die Beklagte sei zu verpflichten, dem Kläger CHF 6'225.15 netto (Monatslohn Februar 2019 anteilsmässig ab 8. Februar 2019) zuzüglich 5% Zins seit 7. Februar 2019 innert 10 Tagen seit Rechtskraft des Urteils zu bezahlen.
Die Beklagte sei zu verpflichten, dem Kläger CHF 8'083.40 netto (Monatslohn März 2019; unter Vorbehalt des Nachklagerechts für die nachfolgenden Monatslöhne bis und mit Mai 2019 und unter Vorbehalt des Nachklagerechts für die Entschädigung gemäss Art. 337c Abs. 3 OR) zuzüglich 5% Zins seit 7. Februar 2019 innert 10 Tagen seit Rechtskraft des Urteils zu bezahlen.
Die Beklagte sei zu verpflichten, dem Kläger CHF 1'192.40 netto (13. Monatslohn Februar 2019 anteilsmässig ab 8. Februar 2019 sowie 13. Monatslohn März 2019; unter Vorbehalt des Nachklagerechts für die nachfolgenden Monate bis und mit Mai 2019) zuzüglich 5% Zins seit 7. Februar 2019 innert 10 Tagen seit Rechtskraft des Urteils zu bezahlen.
Die Beklagte sei zu verpflichten, dem Kläger CHF 1'289.40 netto (nicht geleistete Arbeitgeberbeiträge an die Pensionskasse von Februar 2019 bis und mit März 2019; unter Vorbehalt des Nachklagerechts für die nachfolgenden Monate bis und mit Mai 2019) zuzüglich 5% Zins seit 7. Februar 2019 innert 10 Tagen seit Rechtskraft des Urteils zu bezahlen.
5. ( )
6. Alles unter Entschädigungsfolgen (zzgl. MwSt.) zu Lasten der Beklagten.
Urteil des Arbeitsgerichtes Zürich, 2. Abteilung, vom 17. Dezember 2020:
(Urk. 56 S. 28)
Die Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger
Fr. 5'603.00 brutto = netto (Schadenersatz Krankentaggelder)
Fr. 8'743.00 netto (Schadenersatz März 2019)
Fr. 1'138.95 brutto = netto (Arbeitgeberbeiträge an die Pensionskasse) zu bezahlen, jeweils nebst Zins zu 5 % seit 8. Februar 2019.
Im Mehrumfang werden die Rechtsbegehren Ziff. 1-4 abgewiesen.
Es werden keine Kosten erhoben.
Die Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger eine Parteientschädigung von Fr. 2'970.- (inkl. Mehrwertsteuer) zu bezahlen.
(4./5. Mitteilungen, Rechtsmittelbelehrung)
Berufungsanträge:
Der Beklagten und Berufungsklägerin (Urk. 55 S. 2):
Es sei in Gutheissung dieser Berufung
die Klage bezüglich der Rechtsbegehren 1-4 vollumfänglich abzuweisen.
Der Kläger zu verpflichten, der Beklagten eine Prozessentschädigung für das Verfahren vor Arbeitsgericht von CHF 4'135.00 zu bezahlen.
alles unter Entschädigungsfolgen zulasten des Klägers.
Des Klägers und Berufungsbeklagten (Urk. 61 S. 2):
1. Die Berufung sei vollumfänglich abzuweisen.
2. Alles unter Kosten- und Entschädigungsfolgen (zzgl. MwSt.) zu Lasten der Beklagten und Berufungsklägerin.
Erwägungen:
Der Kläger und Berufungsbeklagte (nachfolgend: Kläger) war seit dem 1. Dezember 2017 bis zu seiner fristlosen Entlassung am 7. Februar 2019 bei der Beklagten und Berufungsklägerin (nachfolgend: Beklagte) als Software-Entwickler angestellt. Er wurde mit einem Bruttosalär von monatlich Fr. 8'620.entlöhnt. Zudem wurde ein 13. Monatsgehalt in der Höhe eines Monatsbruttolohnes vereinbart. Die Kündigungsfrist wurde auf 3 Monate festgesetzt (Urk. 5/4).
Die Beklagte begründete die fristlose Entlassung mit irrealen und durch Zeugen belegten Vorkommnissen sowie die Versendung firmenschädigender E-Mails an mehrere Kunden und Lieferanten (Urk. 5/6). Im Anschluss an das Kündigungsgespräch informierte die Beklagte den notfallpsychiatrischen Dienst sowie die Polizei über den psychischen Zustand des Klägers, worauf dieser freiwillig in die Privatklinik für Psychiatrie und Psychotherapie C. eintrat (vgl. Urk. 5/10).
Der Kläger erachtete die fristlose Entlassung in der Folge als ungerechtfertigt und klagte vor Vorinstanz auf ausstehenden Lohn, Pensionskassenbeiträge und eine Abänderung des Arbeitszeugnisses (Urk. 1). Über die Frage des Arbeitszeugnisses (Rechtsbegehren Ziff. 5) einigten sich die Parteien am 11. Februar 2020 aussergerichtlich (Urk. 26), worauf die Vorinstanz das Verfahren in diesem Punkt mit Verfügung vom 20. Februar 2020 als durch Vergleich erledigt abschrieb (Urk. 27).
Mit Urteil vom 17. Dezember 2020 ging die Vorinstanz in Bezug auf die weiterhin geltend gemachten Forderungen betreffend Lohn und Pensionskassenbeiträgen von einer ungerechtfertigten fristlosen Kündigung aus. Sie verpflichtete die Beklagte zur Leistung von Schadenersatz (Krankentaggelder) und Pensionskassenbeiträgen für den Zeitraum vom 8.-28. Februar 2019 bzw. März 2019, zuzüglich Zins (vgl. Urk. 56 S. 27).
Gegen dieses Urteil erhob die Beklagte mit Schreiben vom 1. Februar 2021 fristgerecht Berufung und beantragte die Abweisung der Klage (Urk. 55). Die Berufungsantwort des Klägers wurde fristgerecht am 9. April 2021 erstattet und der Beklagten zur Kenntnisnahme zugestellt (Urk. 61). Diese verzichtete mit Schreiben vom 3. Mai 2021 auf eine Stellungnahme (Urk. 63 S. 2).
Allgemeines
Mit der Berufung kann sowohl die unrichtige Rechtsanwendung als auch die unrichtige Feststellung des Sachverhalts geltend gemacht werden (Art. 310 ZPO). In der Berufungsschrift sind die Behauptungen bestimmt und vollständig aufzustellen. Zudem muss sie im Gegensatz zur Klageschrift - nicht nur eine tatsächliche, sondern auch eine rechtliche Begründung enthalten (ZK ZPO Reetz/Theiler, Art. 311 N 36). Der Berufungskläger hat mittels klarer und sauberer Verweisungen auf die Ausführungen vor der Vorinstanz zu zeigen, wo er die massgebenden Behauptungen, Erklärungen, Bestreitungen und Einreden erhoben hat. Die Parteien haben die von ihnen kritisierten Erwägungen des angefochtenen Entscheids wie auch die Aktenstücke, auf die sie ihre Kritik stützen, genau zu bezeichnen (BGE 138 III 374 E. 4.3.1; BGer 4A_580/2015 vom 11. April 2016, E. 2.2 [nicht publiziert
in BGE 142 III 271]; BGer 5A_127/2018 vom 28. Februar 2019, E. 3, m.w.H.).
Was nicht in einer den gesetzlichen Begründungsanforderungen genügenden Weise beanstandet wird, braucht von der Rechtsmittelinstanz nicht überprüft zu werden. Es ist nämlich nicht Sache der Rechtsmittelinstanz, die Akten und die Rechtsschriften der Vorinstanz zu durchforsten, um festzustellen, was welche Partei wo ausgeführt hat. Damit ist gesagt, dass die Berufungsschrift weder eine pauschale Verweisung auf die bei der Vorinstanz eingereichten Rechtsschriften noch eine neuerliche Darstellung der Sachoder Rechtslage enthalten darf, welche nicht darauf eingeht, was vor der Vorinstanz vorgebracht worden ist. Pauschale Verweisungen auf die vor der Vorinstanz eingebrachten Rechtsschriften sind namentlich dann unzulässig, wenn sich die Vorinstanz mit den Ausführungen des Berufungsklägers auseinandergesetzt hat. Stützt sich der angefochtene Entscheid auf mehrere selbständige Begründungen, muss sich der Berufungskläger in der Berufungsschrift mit allen Begründungen auseinandersetzen. Das Gleiche gilt im Falle von Haupt- und Eventualbegründung. Auch hier muss sich der Berufungskläger mit beiden Begründungen auseinandersetzen (Hungerbühler/Bucher, DIKE-Komm-ZPO, Art. 311 N 42 f.).
Nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung ist das Berufungsgericht nicht gehalten, von sich aus wie eine erstinstanzliche Gerichtsbehörde alle sich stellenden tatsächlichen und rechtlichen Fragen zu untersuchen, wenn keine entsprechen- den Rügen der Parteien vor der zweiten Instanz vorliegen. Abgesehen von offensichtlichen Mängeln hat sich das Berufungsgericht grundsätzlich auf die Beurteilung der in der Berufung und Berufungsantwort gegen das erstinstanzliche Urteil erhobenen Beanstandungen zu beschränken. Die Rügen der Parteien geben mithin das Prüfungsprogramm der Berufungsinstanz vor; der angefochtene Entscheid ist grundsätzlich nur auf die gerügten Punkte hin zu überprüfen. In rechtlicher Hinsicht ist das Berufungsgericht, in Anwendung des Grundsatzes iura novit curia, bei dieser Prüfung jedoch weder an die Erwägungen der ersten Instanz noch an die Argumente der Parteien gebunden. In tatsächlicher Hinsicht ist es nicht an die Feststellungen des erstinstanzlichen Gerichts gebunden, auch wenn mangels entsprechender Sachverhaltsrügen der Parteien im Berufungsverfahren der erstinstanzliche Entscheid nach dem Gesagten in der Regel als Grundlage des Rechtsmittelverfahrens dient (BGE 144 III 394 E. 4.1.4, m.w.H.).
Soweit der Kläger pauschal auf seine Vorbringen vor Vorinstanz verweist und diese zum integrierenden Bestandteil seiner Berufungsantwort erklärt, namentlich Klage, Replik, Ergänzungen zur Replik sowie die dort jeweils aufgeführten Beweismittel (Urk. 61 S. 3), ist dies nach dem Gesagten nicht zulässig. Darauf ist nicht einzugehen.
Im Übrigen sind die Rechtsmittelvoraussetzungen vorliegend erfüllt: Die Berufung richtet sich gegen einen Endentscheid im Sinne von Art. 308 Abs. 1 lit. a ZPO in einer vermögensrechtlichen Angelegenheit. Deren Streitwert übersteigt Fr. 10'000.- (Art. 308 Abs. 2 ZPO) und sie fällt nicht unter einen Ausnahmetatbestand gemäss Art. 309 ZPO. Die Beklagte ist durch den angefochtenen Entscheid beschwert. Die Berufung wurde form- und fristgerecht erhoben (Art. 311 Abs. 1 und Art. 142 f. sowie Art. 145 Abs. 1 lit. b ZPO; Urk. 70/1).
Auf die Berufung ist somit einzutreten.
Frage einer Voreingenommenheit durch die Vorinstanz
Die Beklagte macht geltend, dass die Vorsitzende der Vorinstanz bereits an der Schlichtungsverhandlung (recte: Hauptverhandlung) sich die Auffassung des Klägers, es liege eine bedingte und damit unzulässige Kündigung vor, zu eigen gemacht habe. Indem die Vorinstanz auf die beklagtischen Argumente gegen eine bedingte Kündigung und für die Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung in keiner Weise eingegangen sei, verletze sie den Anspruch auf rechtliches Gehör und lasse das Urteil als voreingenommen erscheinen (Urk. 55 S. 5).
Nach Art. 30 Abs. 1 Satz 1 BV und Art. 6 Ziff. 1 EMRK hat jede Person, deren Sache in einem gerichtlichen Verfahren beurteilt werden muss, Anspruch auf ein durch Gesetz geschaffenes, zuständiges, unabhängiges und unparteiisches Gericht. Die Garantie des verfassungsmässigen Gerichts wird verletzt, wenn bei objektiver Betrachtung Gegebenheiten ersichtlich sind, die den Anschein der Befangenheit die Gefahr der Voreingenommenheit zu begründen vermögen, die somit geeignet sind, Misstrauen in die Unparteilichkeit des Richters zu erwecken. Solche Umstände können in einem bestimmten Verhalten des betreffenden Richters in gewissen äusseren Gegebenheiten funktioneller und organisatorischer Natur begründet sein. Bei ihrer Beurteilung ist nicht auf das subjektive Empfinden einer Partei abzustellen. Für die Ablehnung wird nicht verlangt, dass der Richter tatsächlich befangen ist (BGE 140 III 221 E. 4.1, BGer 2C_89/2013 vom
13. Juni 2014, E. 2.2; je mit weiteren Hinweisen). Art. 47 ZPO umschreibt die Ausstandsgründe für die Zivilgerichte auf Gesetzesebene.
Im Lichte der Garantie gemäss Art. 30 Abs. 1 BV und Art. 6 Ziff. 1 EMRK darf das Gericht Vergleichsgespräche aufgrund provisorischer Einschätzung der Sach- und Rechtslage führen und eine vorläufige Auffassung mit Zurückhaltung und unter dem Vorbehalt der förmlichen Streitentscheidung auch zum Ausdruck bringen (vgl. BGE 134 I 238 E. 2.4 S. 244; 131 I 113 E. 3.6 m.w.H.). Dies darf jederzeit und auch ohne entsprechende Erwähnung auf der Vorladung geschehen (BGer 5A_895/2010 vom 21. Februar 2011, E. 3.3.). Ein Mitglied des Gerichts kann nur abgelehnt werden, wenn die vorhergehende Vermittlertätigkeit ein Vermittlungsvorschlag den objektiv begründeten Anschein der Befangenheit hervorruft. Dies trifft etwa zu, wenn die Richterin eine durch den Prozess erst noch abzuklärende Tatsache als schon erwiesen ansieht, sich bereits in einer Art festgelegt hat, dass Zweifel darüber bestehen, ob sie einer anderen Bewertung der Sach- und Rechtslage aufgrund weiterer Abklärungen noch zugänglich ist (BGE 131 I 113 E. 3.6; vgl. auch BGE 119 Ia 81 E. 4b) wenn die Gerichtsperson auf die Parteien Druck ausgeübt hat (Entscheid der EKMR i.S. Jensen gegen Dänemark vom 7. Januar 1991, in: DR 68 S. 177).
Eine Partei, die eine Gerichtsperson ablehnen will, hat dem Gericht unverzüglich ein entsprechendes Gesuch zu stellen, sobald sie vom Ausstandsgrund Kenntnis erhalten hat. Die den Ausstand begründenden Tatsachen sind glaubhaft zu machen (Art. 49 Abs. 1 ZPO). Schon aus Art. 51 Abs. 1 ZPO ist zu folgern, dass unverzüglich in keinem Fall länger als zehn Tage bedeuten kann. Generell ist zu verlangen, dass eine Partei auf jeden Fall nicht in Kenntnis eines Ausstandsgrun- des untätig einen weiteren und unter Umständen zu wiederholenden Verfahrensschritt ablaufen lassen darf. Die Frist kann aber auch sehr viel kürzer sein, da die Ablehnung nicht davon abhängig sein darf, wie sich die Sache aus der Sicht einer Partei entwickelt. Die bisherige Praxis des Bundesgerichts ist streng (BGE 132 II 485 E. 4.3 und BGE 134 I 20 E. 4.3.1; Diggelmann, DIKE-Komm-ZPO, Art. 49
N 3; KUKO ZPO-Kiener, Art. 49 N 5).
Die Vergleichsgespräche fanden anlässlich der Hauptverhandlung vom 30. Januar 2020 statt. Das sinngemäss mit der Berufung vom 1. Februar 2021 erhobene Ablehnungsbegehren erfolgte mithin offensichtlich verspätet. Bereits aus diesem Grunde wäre es abzuweisen. Sodann wurden die Parteien im Rahmen der Vergleichsgespräche durch die Vorderrichterin explizit darauf aufmerksam gemacht, dass eine vorläufige Einschätzung des Gerichts zur Sach- und Rechtslage erfolge. Die Parteien waren mit dem Vorgehen ausdrücklich einverstanden. In der Folge erläuterte die Vorderrichterin den Parteien explizit eine vorläufige, unpräjudizielle Einschätzung der Sach- und Rechtslage (Prot. I S. 5). Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass sie ihre Auffassung für definitiv hielt und solche werden von der Beklagten auch nicht geltend gemacht. Auf den weiteren Einwand, die Vorinstanz habe ihre Begründungspflicht verletzt, ist sogleich näher einzugehen.
Frage einer Verletzung der Begründungspflicht
Gemäss Art. 29 Abs. 2 BV haben die Parteien Anspruch auf rechtliches Gehör. Wesentlicher Bestandteil dieses Anspruchs ist die Begründungspflicht. Die Begründung soll verhindern, dass sich die Behörde von unsachlichen Motiven leiten lässt, und dem Betroffenen ermöglichen, die Verfügung gegebenenfalls sachgerecht anzufechten. Dies ist nur möglich, wenn sowohl er wie auch die Rechtsmittelinstanz sich über die Tragweite des Entscheids ein Bild machen können. In die sem Sinn müssen wenigstens kurz die Überlegungen genannt werden, von denen sich die Behörde hat leiten lassen und auf welche sich ihr Entscheid stützt. Dies bedeutet indessen nicht, dass sie sich ausdrücklich mit jeder tatbeständlichen Behauptung und jedem rechtlichen Einwand auseinandersetzen muss. Vielmehr kann sie sich auf die für den Entscheid wesentlichen Gesichtspunkte beschränken (BGE 129 I 232 E. 3.2; BGE 126 I 97 E. 2b m.w.H.).
Die Beklagte macht geltend, die Vorinstanz sei auf ihre Argumente gegen eine bedingte Kündigung und für die Unzumutbarkeit in keiner Weise eingegangen (Urk. 55 S. 4 und S. 5).
Hierzu ist zunächst festzuhalten, dass die Vorinstanz die Vorbringen der Beklagten auf Seite 9 ff. des angefochtenen Urteils wiedergibt. Darin ist das Vorbringen der Beklagten enthalten, aus welchen Gründen ihres Erachtens keine bedingte Kündigung vorliege (Urk. 56 S. 12) und dass nach ihrer Ansicht mehrere Gründe für die Berechtigung einer fristlosen Kündigung bzw. einer Unzumutbarkeit des Abwartens der ordentlichen Kündigungsfrist vorlägen (Urk. 56 S. 11). In der Folge erwog die Vorinstanz, dass für die Beklagte der dem Kläger zuzuordnende Versand der E-Mail vom 7. Februar 2019 unabhängig von dessen Zustand ein Verhalten darstelle, das die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses für die Beklagte objektiv unzumutbar gemacht habe (Urk. 56 S. 13 ff.). Unter dem Titel bedingte Kündigung, subjektive Unzumutbarkeit erwog sie weiter, es sei strittig, ob die ausgesprochene fristlose Kündigung vom 7. Februar 2019 unmissverständlich erfolgt sei ob es sich um eine unzulässige, bedingte Kündigung gehandelt habe. Sie ging vom Wortlaut des Kündigungsschreibens aus und kam nach eingehender Würdigung desselben zum Schluss, die Beklagte habe mit der von ihr gewählten Formulierung in ihrem Kündigungsschreiben einerseits die Kündigung unter Bedingungen gestellt und andererseits signalisiert, dass sie bereit sei, die fristlose Kündigung zurückzuziehen. Auch mangels subjektiver Unzumutbarkeit sei die fristlose Kündigung deshalb ungerechtfertigt gewesen. Auch mit dem zweiten Schreiben vom 7. Februar 2019 habe die Beklagte dem Kläger signalisiert, dass sie unter gewissen Umständen bereit sei, ihn wieder bzw. weiter zu beschäftigen (Urk. 56 S. 19 ff.).
Mit dieser Begründung ermöglichte es die Vorinstanz der Beklagten, den Entscheid sachgerecht anzufechten. Es ist ersichtlich, auf welche Beweismittel und Argumente die Vorinstanz abstellte und welche für ihren Entscheid nicht massgeblich waren. Wenn sich die Vorinstanz nicht mit jeder Behauptung der Beklagten auseinandersetzte, verletzte sie deren Anspruch auf rechtliches Gehör nicht. Sie durfte sich auf die für den Entscheid wesentlichen Gesichtspunkte beschränken.
Beweisverfahren
Verfasser der E-Mail vom 7. Februar 2019, 09.49 Uhr
Die Beklagte macht mit der Berufung wie vor Vorinstanz geltend, sie habe dem Kläger am 7. Februar 2019 um 14.00 Uhr fristlos gekündigt, weil dieser gleichentags um 09.49 Uhr an zehn Mitarbeitende der D. , Grosskundin der Beklagten, eine rufschädigende E-Mail versandt habe (Urk. 10 S. 2, Urk. 55 S. 5). Als Kündigungsgrund gab die Beklagte irreale und durch Zeugen belegte Vorkomm- nisse sowie die Versendung firmenschädigender E-Mails an mehrere Kunden und Lieferanten an (Urk. 5/6)
Der Kläger bestreitet mit der Berufungsantwort wie vor Vorinstanz den Versand der E-Mail. Er machte vor Vorinstanz geltend, nicht nur er, sondern auch die Beklagte habe über entsprechende Zugriffsrechte und -möglichkeiten verfügt. Hierzu offerierte er vor Vorinstanz seine Befragung als Beweismittel (Urk. 61 S. 7, Urk. 1
S. 6 und Urk. 17 S. 4).
Die Beklagte brachte hierzu vor, dass die E-Mail eindeutig von seinem nur ihm selbst zugänglichen ursprünglichen Firmen-Account stamme. So habe er selbst aus den Mauern des C. s heraus am 9. Februar 2019 ab seinem privaten Account darauf hingewiesen, dass er tags zuvor den D. -Mitarbeitenden er- neut ein peinliches, aber dennoch rufschädigendes Mail gesandt habe. In einer E- Mail vom 14. Februar 2019 an den VR-Vorsitzenden und den HR- Verantwortlichen sei zudem enthalten, dass er sich zutiefst für die eindeutig wahnhaften Mails, welche er ab dem 7. Februar 2019 versendet habe, schäme (Urk. 10 S. 3). Hierzu reichte der Kläger die entsprechenden E-Mails ins Recht
(Urk. 11/2+3) und auch die von der Grosskundin empfangenen E-Mails (Urk. 46/4). Weiter wurde die Einholung von schriftlichen Auskünften bei den namentlich genannten Mitarbeitenden der Grosskundin, die Parteibefragung des Klägers und von E. , ein Sprachvergleich-Gutachten zu allen E-Mails sowie weitere E-Mails des Klägers offeriert (Urk. 43 S.12 und S. 14 f.).
Rechtliches
Art. 8 ZGB verschafft der beweisbelasteten Partei einen Anspruch auf Abnahme von Beweisanträgen, soweit diese rechtserhebliche Tatsachen betreffen und nach Form und Inhalt den anwendbaren Verfahrensvorschriften entsprechen. Seit Inkrafttreten der Schweizerischen Zivilprozessordnung ist der Beweisführungsanspruch ausdrücklich in Art. 152 Abs. 1 ZPO geregelt. Er ist insbesondere dann verletzt, wenn das kantonale Gericht Behauptungen einer Partei, unbekümmert darum, dass sie von der Gegenpartei bestritten worden sind, als richtig hinnimmt über rechtserhebliche Tatsachen überhaupt nicht Beweis führen lässt (BGer 5A_884/2012 vom 16. Mai 2013, E. 3.3). Der Beweisführungsanspruch schliesst die vorweggenommene Würdigung von Beweisen nicht aus. Es bleibt daher dem Sachgericht unbenommen, von beantragten Beweiserhebungen deshalb abzusehen, weil es sie zum vornherein nicht für geeignet hält, die behaupteten Tatsachen zu beweisen, weil es seine Überzeugung bereits aus anderen Beweisen gewonnen hat und davon ausgeht, dass weitere Abklärungen am massgeblichen Beweisergebnis nichts mehr zu ändern vermöchten (BGer 4A_386/2019 vom 26. Mai 2020, E. 4.3.3; 5A_672/2012 vom 3. April 2013, E. 9.1; 4A_505/2012
vom 6. Dezember 2012, E. 4.2; BGE 90 II 149 E. 2; 90 II 219 E. 4b; 131 I 153
E. 3; 138 III 374 E. 4.3.2).
Keine vorweggenommene Beweiswürdigung, sondern eine Verletzung des Rechts auf Beweis liegt demgegenüber vor, wenn das Gericht objektiv taugliche und formgültig beantragte Beweise zu rechtserheblichen Tatsachen nicht ab- nimmt, obwohl es die Sachvorbringen dazu weder als erstellt noch als widerlegt erachtet (BGE 114 II 289 E. 2a).
Gemäss Art. 154 ZPO werden vor der Beweisabnahme die erforderlichen Beweisverfügungen getroffen. Darin werden insbesondere die zugelassenen Beweismittel bezeichnet und es wird bestimmt, welcher Partei zu welchen Tatsachen der Hauptoder der Gegenbeweis obliegt. Ob in jedem Fall vor der Beweisab- nahme eine Beweisverfügung zu erlassen ist, ist im Schrifttum umstritten (bejahend: Leu, DIKE-Komm-ZPO, Art. 154 N 15; ZK ZPO-Hasenböhler, Art. 154 N 33; ders., Das Beweisrecht der ZPO, Bd. 1, 2015, Rz 3.70; KUKO ZPO Schmid, Art. 154 N 3a; verneinend: BSK ZPO-Guyan, Art. 154 N 13; Staehelin/Staehelin/Grolimund, Zivilprozessrecht, 3. Aufl. 2019, § 18 N 140a; Meier/Sogo, Schweizerisches Zivilprozessrecht, 2010, S. 312; Baumgartner/Dolge/Markus/
Spühler, Schweizerisches Zivilprozessrecht, 10. Aufl. 2018, § 47 Rz 266; Passa- delis, Stämpflis Handkommentar, ZPO, Art. 154 N 2, zumindest für das summarische Verfahren). Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung hat die Beweisab- nahme aufgrund einer Beweisverfügung zu erfolgen. Schreitet das Gericht zur Abnahme von Beweisen, ohne vorher eine Beweisverfügung zu erlassen, so verletzt es nicht nur Art. 154 f. ZPO, sondern auch den in Art. 53 Abs. 1 ZPO und Art. 29 Abs. 2 BV verbürgten Gehörsanspruch (BGer 5A_503/2017 vom 14. Mai 2018, E. 3.2, m.w.H.). Jedoch scheint es nicht ausgeschlossen zu sein, unter Umständen auf den Erlass einer Beweisverfügung zu verzichten, nämlich dann, wenn die Parteien zum Beweis Urkunden ins Recht gelegt haben (vgl. BGer 4A_479/2015 vom 2. Februar 2016, E. 5.2; 4A_541/2013 vom 2. Juni 2014,
E. 3.4.2). Voraussetzung muss allerdings sein, dass der Inhalt der Urkunden rechtskonform in den Prozess eingebracht und sie als Beweismittel angerufen wurden. Dies bietet Gewähr, dass die Parteien sich zur Würdigung dieser Beweismittel bereits im Hauptverfahren äussern können.
Würdigung
Die Vorinstanz führte kein Beweisverfahren durch. Ohne sich mit dem offerierten Beweis des Klägers auseinanderzusetzen bzw. zu begründen, weshalb von einer entsprechenden Beweisabnahme abgesehen werden kann, erwog sie, dass nur der Kläger Zugriff auf den Account gehabt habe (Urk. 56 S. 15). Damit verletzte sie das Recht des Klägers auf Beweis.
Von einer Rückweisung der Sache an die Vorinstanz zur Durchführung eines Beweisverfahrens kann indessen abgesehen werden. Selbst wenn der Kläger in der persönlichen Befragung seine Behauptung bekräftigen würde, wonach auch Dritte Zugriff auf seinen geschäftlichen E-Mail-Account gehabt hätten, stünden dem doch die weiteren E-Mails von seinem privaten Account entgegen. Darin schrieb er an die teilweise gleichen Empfänger wie in der E-Mail vom 7. Februar 2019 aus
dem C.
und gab diesen technische Anweisungen; zudem wies er darauf
hin, dass er fristlos entlassen worden sei (vgl. Urk. 46/4). Die Vorinstanz wies zu Recht darauf hin, dass er in der späteren E-Mail vom 14. Februar 2019 an
F.
und G.
Bezug nahm auf die besagte Kommunikation mit dem
Kunden im Rahmen der 'H. '(Urk. 12/3.1). Die E-Mail vom 7. Februar 2019 trägt den Betreff H. , sodass der Kläger offenkundig auf diese E-Mail Bezug nahm. Im gesamten Kontext des E-Mail-Verkehrs des Klägers und seiner Einlieferung ins C. durch einen Notfallpsychiater lässt sich mit der Vorinstanz einzig folgern, dass nur er der Verfasser des Mails vom 7. Februar 2019 gewesen sein konnte. Mit der Vorinstanz ist die Bestreitung seiner Urheberschaft als Schutzbehauptung des Klägers zu würdigen.
Frage der Arbeitsunfähigkeit im März 2019
Im Eventualstandpunkt macht die Beklagte geltend, die Vorinstanz habe ihre Begründungspflicht verletzt, weil sie über den Lohnersatz im März entschieden habe, ohne sich vorher zur Frage der Arbeitsunfähigkeit in dieser Zeit zu äussern. Es stehe prozessual fest, sei aber von der Vorinstanz nicht berücksichtigt worden, dass der Kläger noch im März 2019 arbeitsunfähig gewesen sei. Ebenso stehe fest, dass er aus eigenem Verschulden keine Versicherungsleistungen erhalten habe (Urk. 55 S. 13). Die Beklagte habe konkret beantragt, dass darüber Beweis erhoben werde.
Der Kläger macht geltend, eine über den 28. Februar 2019 hinausgehende Arbeitsunfähigkeit habe nicht bestanden und sei vom Kläger vor Vorinstanz nie geltend gemacht worden. Die Beklagte habe Gegenteiliges nie konkret und unmissverständlich geltend gemacht (Urk. 61 S. 22 f.).
In der Duplik führte die Beklagte vor Vorinstanz Folgendes aus (Urk. 43 S. 26):
Es ist angesichts des Zustands des Klägers vom 07.02.2019, der sich zwar nicht in prozesskonformer Form in seiner jüngsten Eingabe selber als offensichtlich als psychisch angeschlagen, wenn nicht gar vollständig urteilsunfähig darstellen lässt, sehr wahrscheinlich, dass seine Genesung sehr viel Zeit in Anspruch genommen hat und seine Arbeitsunfähigkeit noch lange nach dem Klinikaustritt angedauert hat, jedenfalls über den Zeitpunkt hinaus, an dem das Arbeitsverhältnis bei ordentlicher Kündigung geendet hat. Dazu ist der Kläger zu befragen und anzuhalten, die ihn behandelnden Ärzte und Institutionen, die er zu nennen hat, vom Patientengeheimnis zu entbinden, damit von diesen schriftliche Berichte eingeholt werden können.
BO: - Parteibefragung Kläger
- Einholung von schriftlichen Auskünften von den Ärzten und Institutionen, die den Kläger ab dem 07.02.2019 behandelt haben, insbesondere auch von der C. AG
Auf Seite 22 des vorinstanzlichen Urteils wird das oben erwähnte Vorbringen der Beklagten wiedergegeben. Die Vorinstanz ging mithin zu Recht von einer hinreichenden Substantiierung aus. Soweit sie im angefochtenen Urteil zum Schluss kam, der Kläger habe keine länger andauernde krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit geltend gemacht (Urk. 56 S. 26), übersah sie, dass diese Behauptung von der Beklagten vorgebracht wurde vor dem Hintergrund, die hypothetische Anrechnung allfälliger Krankentaggelder an ihre Schadenersatzpflicht im Monat März zu erwirken. In der Folge ging die Vorinstanz gleichwohl implizit von einer Arbeitsfähigkeit des Klägers für den Monat März aus, ohne dies näher zu begründen und sich mit der gegenteiligen Behauptung der Beklagten auseinanderzusetzen. Damit liegt grundsätzlich eine Verletzung des Rechts auf Beweis vor.
Von einer Rückweisung der Sache zur Durchführung eines Beweisverfahrens kann jedoch auch hier abgesehen werden. Der Kläger hatte vor Vorinstanz nie substantiiert geltend gemacht, er sei ab 1. März 2019 wieder arbeitsfähig gewesen bzw. die anderslautende Behauptung der Beklagten bestritten. Vielmehr beschränkte er sich darauf, seinen stationären Aufenthalt im C. bis Ende Februar 2019 zu betonen, ohne sich jedoch zur Frage der darüber hinausgehenden
Arbeitsunfähigkeit zu äussern. Eine Bestreitung ist jedenfalls nicht in seiner Behauptung zu erblicken, es sei im nach dem längeren Klinikaufenthalt weder möglich noch zumutbar gewesen, sich aus der Klinik heraus sobald er wieder zu Hause gewesen sei, zu bewerben (Urk. 34 S. 4). Der klägerische Hinweis in der Berufungsantwort, selbst bei Abschluss der Einzelkrankentaggeldversicherung hätte diese aufgrund der 30-tägigen Wartefrist ohnehin nicht bezahlt und die Arbeitslosenkasse hätte aufgrund des erst ab 19. März 2019 vorliegenden Arbeitszeugnisses gestützt auf das vernichtende Arbeitszeugnis 60 Einstelltage und 15 Wartetage verfügt (Urk. 62 S. 23), stellt keine hinreichend substantiierte Tatsachenbestreitung dar. Vielmehr würdigt der Kläger damit den von der Beklagten geltend gemachten Sachverhalt. Darauf wird zurückzukommen sein.
Fazit
Zusammenfassend verletzte die Vorinstanz das Recht der Beklagten auf Beweis. Von einer Rückweisung der Sache an die Vorinstanz zur Durchführung eines Beweisverfahrens kann jedoch abgesehen werden. Auf die materielle Frage der Berechtigung der fristlosen Kündigung und allfälliger Ansprüche einer Rechtsverletzung ist nachfolgend einzugehen.
Sachverhalt
Wie eingangs erwähnt ist erwiesen, dass der Kläger am 7. Februar 2019 von sei- nem Geschäfts-Account eine E-Mail an Mitarbeiter der Grosskundin D. mit folgendem Wortlaut sandte (Urk. 12/1 [sic!]):
Sehr geehrte Damen und Herren,
ich muss ihnen leider mitteilen, dass ihre aktuelle I. Server Konfiguration nicht konform ist, damit diese eine Sicherheitsüberprüfung standhalten würde. Es ist nicht möglich I. Web bei ihnen in den produktiven Betrieb zu bringen.
Diese korrekte Umstellung sollte aber dringen von ihren eigenen Leuten gemacht wer- den, damit das Know-How erhalten bleibt.
Falls es sich nicht bewusst sind, aber sie setzen ein System ein, welches nur von einer Handvoll Menschen weltweit gewartet werden kann und diese Menschen sind bereits in einem fortgeschrittenen Alter.
Zudem ist das Überleben unserer Firma auch aus rein finanzieller Sicht nicht gewährleistet.
Damit sie die Wartung in Zukunft selber korrekt abwickeln können, empfehle ich ihnen dringen, sich mit unserer Geschäftsleitung bezüglich Schulung zu unterhalten.
Mit freundlichen Grüssen B.
Unter den Parteien ist im Berufungsverfahren wie vor Vorinstanz umstritten, ob diese E-Mail eine hinreichende Grundlage für eine fristlose Kündigung bildete und ob die konkret ausgesprochene Kündigung bedingt bedingungslos erfolgte (Urk. 55 S. 6, Urk. 61 S. 3, Urk. 1 S. 6, Urk. 10 S. 4).
Rechtliches
Der Arbeitgeber kann das Arbeitsverhältnis aus wichtigen Gründen jederzeit fristlos auflösen. Als wichtiger Grund gilt namentlich jeder Umstand, bei dessen Vorhandensein dem Arbeitgeber nach Treu und Glauben die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum nächsten ordentlichen Kündigungstermin Ablauf des befristeten Vertrags nicht mehr zugemutet werden darf (Art. 337 Abs. 1 und 2 OR). Das ist nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung nur bei besonders schweren Verfehlungen des Vertragspartners der Fall, während bei leichteren mittleren Vertragsverletzungen der wichtige Grund nur vorliegt, wenn diese trotz Verwarnung wiederholt vorgekommen sind. Ob die Voraussetzung des wichtigen Grundes erfüllt ist, entscheidet sich nicht allgemein, sondern hängt von den Umständen des Einzelfalls ab, insbesondere von der Stellung und Verantwortung des Arbeitnehmers, der Natur und Dauer des Arbeitsverhältnisses, der Art, Häufigkeit und Schwere der Vertragsstörungen und einer allfällig vorausgegangenen Verwarnung. Dabei ist im Auge zu behalten, dass die fristlose Auflösung ein Notventil und als solches stets zurückhaltend zu handhaben ist (vgl. BGE 130 III 28 E. 4.1; BGE 129 III 380 E. 2).
Die Treuepflicht gebietet dem Arbeitnehmer, die berechtigten Interessen des Arbeitsgebers zu wahren (Art. 321a Abs. 1 OR). Der Arbeitnehmer hat insbesondere alles zu unterlassen, was den Arbeitgeber wirtschaftlich schädigen könnte (BGE
117 II 560 E. 3.a. m.w.H.). Seine Interessenwahrungspflicht ist aber eine beschränkte: Sie besteht nur so weit, als es um die Erreichung und Sicherung des Arbeitserfolges geht, also soweit ein genügender Zusammenhang zum Arbeitsverhältnis besteht. Der Umfang der Treuepflicht ist für jedes Arbeitsverhältnis aufgrund der konkreten Umstände zu bestimmen. Ist die Treuepflicht verletzt, bleibt zu prüfen, ob die Schwere des Fehlverhaltens die fristlose Entlassung ohne vorgängige Verwarnung rechtfertigt.
Um als wichtiger Grund die fristlose Auflösung eines Arbeitsverhältnisses zu rechtfertigen, müssen die Verfehlungen des Arbeitnehmers einerseits objektiv geeignet sein, das gegenseitige Vertrauen zu zerstören schwer zu erschüttern, und andererseits tatsächlich zu einer derartigen Zerstörung Erschütterung des Vertrauens geführt haben (BGE 116 II 145 E. 6a, BGE 129 III 380 E. 2.1). Die objektive Wichtigkeit des vom Arbeitgeber für eine fristlose Entlassung angerufe- nen Grundes vorausgesetzt, hängt es damit letztlich von der Beurteilung durch den Arbeitgeber ab, ob er die Weiterführung des Arbeitsverhältnisses unter Berücksichtigung der Umstände als noch zumutbar erachtet nicht. Diese Beurteilung findet ihren Ausdruck in seiner Reaktion auf die Verfehlung des Arbeit- nehmers. Die fristlose Kündigung muss daher umgehend erklärt werden (BGer 4A_238/2007 vom 1. Oktober 2007, E. 4.1).
Zweck einer fristlosen Entlassung ist nicht, ein bestimmtes Verhalten zu sanktio- nieren und der Arbeitgeberin eine Satisfaktion zu verschaffen. Sie kann nur den Zweck verfolgen, eine objektiv nicht mehr tragbare Situation zu beenden. Ob eine solche vorliegt und eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum nächsten Kündigungstermin nicht mehr als zumutbar erscheint, hängt von den Umständen des konkreten Einzelfalls ab. Der Vorfall allein genügt unabhängig von den konkreten Gegebenheiten regelmässig nicht, um eine fristlose Entlassung als ultima ratio zu rechtfertigen. Vielmehr muss eine Situation vorliegen, die auch objektiv unhaltbar geworden ist. Mit Blick auf den Ausnahmecharakter der ausserordentlichen Vertragsauflösung muss im konkreten Einzelfall nachgewiesen sein, dass der Vorfall subjektiv das Vertrauensverhältnis tatsächlich schwer gestört hat und objektiv so schwer wiegt, dass die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses als nicht zumutbar erscheint. Soweit sich ein Verhalten nicht direkt auf die Arbeitsleistung auswirkt, ist die geforderte objektive Schwere nur mit grosser Zurückhaltung anzunehmen, genügt doch nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts dafür nicht einmal jedes strafbare Verhalten am Arbeitsplatz (BGer 4C.112/2002 vom
8. Oktober 2002, E. 5, mit Hinweisen auf BGE 127 III 351 E. 4b/dd; 124 III 25 E. 3a und b; 121 III 467 E. 5b; 116 II 145 E. 6b; BGer 4C.103/1999 vom 9. August 1999, E. 1, publ. in: Pra 89/2000 Nr. 11 S. 56 ff.).
Die Kündigung ob ordentlich fristlos setzt eine klare und unmissverständliche Willenserklärung voraus, die keine Zweifel am Kündigungswillen lässt. Die Umstände der Kündigung sind zu würdigen (BGE 135 III 441 E. 3.3 S. 444; 128 III
129 E. 2a S. 135; BGer 4A_328/2014 vom 6. Oktober 2014 E. 3.2; 4A_518/2013
vom 29. Januar 2014 E. 3.3). Weil mit der Kündigung das Rechtsverhältnis einseitig umgestaltet wird, ist sie grundsätzlich bedingungsfeindlich und unwiderruflich (BGE 128 III 129 E. 2a S. 135; vgl. auch BGer 4A_257/2019 vom 6. November 2019 E. 2.2; je mit Hinweisen). Auch wenn an die Gestaltungserklärung angesichts ihrer Tragweite für beide Parteien klare Anforderungen gestellt werden, be- deutet dies nicht, dass sie nicht ausgelegt werden darf und muss (BGer 4A_328/2014 E. 3.2; 4C.155/2005 vom 6. Juli 2005 E. 2.1).
Erwägungen der Vorinstanz
Objektive Unzumutbarkeit
Die Vorinstanz kam im Wesentlichen zum Schluss, der Kläger habe mit seinen Äusserungen in der E-Mail zum Ausdruck gebracht, dass den Fachkompetenzen der Beklagten bezüglich des Dienstleistungsangebots nicht zu vertrauen sei. Durch die Empfehlung, die korrekte Umstellung des angebotenen Produkts sei vom eigenen Personal der Adressaten der E-Mail durchzuführen, habe der Kläger von der Inanspruchnahme der von der Beklagten erbrachten Dienstleistung abgeraten. Mit der Äusserung, das Überleben der Firma sei aus rein finanzieller Sicht
nicht mehr gewährleistet, habe der Kläger der Beklagten letztlich die Geschäftsführungskompetenz abgesprochen und behauptet, die Beklagte sei in finanziellen Schwierigkeiten. Da die E-Mail vom Geschäfts-Account des Klägers mit dem Hinweis, die Adressaten sollten sich bezüglich der Schulung an die Geschäftsleitung der Beklagten wenden, versandt wurde und die E-Mail an mindestens ein Mitglied der Geschäftsleitung (J. ) ging, habe es zudem den Anschein erweckt, dass der Versand der E-Mail mit der Geschäftsleitung abgesprochen sei. Damit so die Vorinstanz habe der Kläger der E-Mail fälschlicherweise einen offiziellen Charakter verliehen. Dieses Verhalten sei objektiv als rufschädigend zu bezeich- nen und zwar unabhängig davon, ob die in der E-Mail gemachten Aussagen wahr seien (Urk. 56 S. 16).
Die Beklagte bringe als Grund für die fristlose Kündigung weiter vor, am gleichen Morgen sei eine Sitzung wegen der unflätigen Ausdrucksweise des Klägers gegenüber seinem Vorgesetzten tumultös verlaufen und habe abgebrochen werden müssen. Nach Auffassung der Vorinstanz sei ein solches Verhalten falls es denn effektiv in dieser Form stattgefunden haben sollte für sich allein genommen noch nicht als derart gravierend zu bezeichnen, dass es eine fristlose Kündigung ohne vorgängige Verwarnung zu rechtfertigen vermöge. Diese Frage könne jedoch offen gelassen werden, nachdem der Kläger bereits mit dem Versand der E-Mail von 09.49 Uhr massiv gegen seine Treuepflicht als Arbeitnehmer verstossen habe (Urk. 56 S. 17).
Die Auffassung der Vorinstanz ist zutreffend, weshalb zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen darauf verwiesen werden kann. Im Sinne einer Hervorhebung ist festzuhalten, dass der Kläger nicht geltend macht, dass die Vorwürfe in der E-Mail zuträfen. Es wurde nicht geltend gemacht, dass die E-Mail einen legitimen Zweck verfolgte und ein solcher ist auch nicht erkennbar. Mithin wurde es vom Kläger einzig zwecks Rufschädigung der Beklagten versandt. Offenkundig sollte das Vertrauen der verantwortlichen Personen bei der D. in die Geschäftsbeziehung mit der Beklagten erschüttert werden. Dafür verwies der Kläger in der E-Mail auf angebliche Sicherheitsmängel des Produkts der Beklagten und die Gefahr eines Verlustes des für die Wartung nötigen Know-hows. Er stellte das Überleben der
Beklagten in finanzieller Hinsicht in Frage, empfahl die zukünftige Wartung durch eigene Mitarbeiter der D. und empfahl dringend, diese sollten sich für die Schulung bei der Geschäftsleitung der Beklagten melden. Die vom Kläger erhobenen Vorwürfe wogen sehr schwer und waren objektiv geeignet, den Ruf der Beklagten zu schädigen. Die Adressaten konnten nicht wissen, dass der Kläger - nach eigenen Angaben (Urk. 1 S. 7) psychisch angeschlagen wenn nicht gar urteilsunfähig war. Die E-Mail war mithin entgegen der Auffassung des Klägers geeignet, das Vertrauen zwischen den Parteien zu zerstören schwer zu erschüttern.
Ob das weitere Verhalten des Klägers an der morgendlichen Sitzung einen weiteren Anlass für eine fristlose Kündigung gegeben hätte bzw. die Treuepflichtverletzung verschärfte, kann an dieser Stelle offen gelassen werden, war doch bereits die mit dem Versand begangene Treuepflichtverletzung in objektiver Hinsicht schwer.
Zusammenfassend lag objektiv eine massive Treuepflichtverletzung vor, welche geeignet war, das Vertrauensverhältnis zwischen den Parteien derart schwer zu erschüttern, dass eine fristlose Kündigung gerechtfertigt erscheint. Massgeblich ist jedoch wie erwähnt nicht alleine die objektive Unzumutbarkeit. Es muss im konkreten Einzelfall nachgewiesen sein, dass der Vorfall subjektiv das Vertrauensverhältnis zwischen den Parteien tatsächlich schwer gestört hat.
Subjektive Unzumutbarkeit
Das Kündigungsschreiben vom 7. Februar 2019 weist folgenden Wortlaut auf (Urk. 5/6):
Lieber B.
Aufgrund der heutigen irrealen und durch Zeugen belegten Vorkommnisse und deinem heutigen firmenschädigenden Mail an mehrere unserer Kunden und Lieferanten sehen wir uns leider zu einer fristlosen Kündigung per sofort veranlasst.
Wir sind bereit, diese Kündigung zurückzuziehen und über eine konstruktive Weiterführung der Zusammenarbeit zu diskutieren, wenn
innert 7 Tagen ein über mehrere Wochen ausgestelltes Arbeitsunfähigkeitszeug- nis eines psychiatrischen Facharztes vorgelegt wird und
deinerseits die Bereitschaft besteht, die offensichtlichen gesundheitlichen Einschränkungen anzugehen und uns unserem Vertrauensarzt die Möglichkeit eingeräumt wird, Informationen über den Abschluss des Genesungsprozesses und den Wegfall des Schadenspotentials zu erlangen.
Wir bedauern diese Entwicklung sehr und wünschen dir eine rasche Normalisierung. Wir würden uns freuen, dich zu einem späteren Zeitpunkt wieder in unserer Mitte zu finden.
Mit freundlichen Grüssen K. AG
L.
Gleichentags schrieb auch F. , Leiter HR der Beklagten, an den Kläger eine E-Mail und hielt darin Folgendes fest (Urk. 5/5):
Lieber B.
Du hast heute um 14.10 Uhr in Gegenwart von J. [J. ] die Empfangsbestätigung unserer fristlosen Kündigung verweigert. Anbei daher nochmals das Original. [ ]
Du findest anbei noch die formalen Austrittsmodalitäten, wobei wir mit der PK- Abmeldung noch zuwarten. Die Kündigung ist allerdings per heute rechtskräftig und der Lohnzahlungsanspruch endet mit dem heutigen Tag, sofern die in der Kündigung offerierten Bedingungen nicht akzeptiert werden.
Melde dich bitte bei mir, wenn du etwas brauchs[t].
Gute Besserung und
mit freundlichen Grüssen K. AG
, HR
In einer weiteren E-Mail desselben Tages schrieb F. dem Kläger Folgendes (Urk. 5/7):
Lieber B.
Wir bedauern die zwingend notwendige fristlose Kündigung von heute gemäss dem Trennungsgespräch mit J. und mir von heute 14.10 Uhr. Das nicht entgegenge- nommene Kündigungsschreiben findest du anbei, sowohl in einer Chargéals auch in einer Normalpostvariante.
Das Arbeitsverhältnis inklusive Lohnzahlungspflicht endet heute am 7.2.2019, sofern die offerierten Auswege nicht explizit von dir schriftlich in einem persönlichen Gespräch (allenfalls in der Klinik in Gegenwart des Therapeuten) gutgeheissen bestätigt werden.
Der Pensionskasse werden wir deinen Austritt andernfalls anfangs März melden. [ ]
Ggf. werden wir um eine Ausfertigung des Schlussarbeitszeugnisses in den nächsten Wochen besorgt sein.
Wir wünschen dir eine rasche Genesung und eine erfolgreiche Therapie und freuen uns, wenn wir von dir bzw. deinen Ärzten wegen den vorgeschlagenen Optionen wieder etwas hören.
Mit freundlichen Grüssen K. AG
F. , HR
Die Vorinstanz erwog zusammengefasst, die Beklagte habe am 7. Februar 2019 zuerst mündlich und hernach schriftlich mit Kündigungsschreiben (Urk. 5/5-7) die fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Kläger ausgesprochen. Auszugehen sei grundsätzlich vom Kündigungsschreiben vom 7. Februar 2019 (Urk. 5/6), wobei die weiteren Schreiben zur Auslegung der Kündigungserklärung beigezogen würden. In der Folge kam sie zum Schluss, die Kündigung sei bedingt ausgesprochen worden. Die Beklagte habe sodann mit der von ihr gewählten Formulierung in ihrem Kündigungsschreiben signalisiert, dass sie bereit sei, die fristlose Kündigung zurückzuziehen. Es erscheine deshalb nicht so, als ob die
Beklagte überhaupt nicht davon ausgegangen wäre, dass es zu dieser zukünftigen Zusammenarbeit kommen könnte (zumindest im Zeitpunkt der fristlosen Kün- digung nicht). Obwohl das Verhalten des Klägers (Versenden der rufschädigen- den E-Mail plus evtl. Verhalten am Meeting vom 7. Februar 2019) deshalb objektiv als wichtiger Grund einzustufen sei, der eine fristlose Entlassung rechtfertigen würde, sei die subjektive Unzumutbarkeit in casu zu verneinen. Auch mangels subjektiver Unzumutbarkeit sei die fristlose Kündigung deshalb ungerechtfertigt gewesen. Ziehe man das zweite Schreiben vom 7. Februar 2019 zur Auslegung bei, sei festzuhalten, dass es ebenfalls missverständlich formuliert sei. So sei zwar einerseits die Rede davon, dass die Kündigung per heute rechtskräftig sei und der Lohnanspruch mit dem heutigen Tag ende. Zugleich werde aber festgehalten, dass dies nur gelte, sofern die in der Kündigung offerierten Bedingungen nicht akzeptiert würden. Ebenso werde festgehalten, dass man mit einer PK- Abmeldung noch zuwarte. Auch mit diesem zweiten Schreiben habe die Beklagte somit dem Kläger signalisiert, dass sie unter gewissen Umständen bereit sei, ihn wieder bzw. weiter zu beschäftigen (Urk. 56 S. 20 f.).
Standpunkte der Parteien
Mit der Berufung macht die Beklagte geltend, die fristlose Trennung sei ohne Wenn und Aber eröffnet worden. Unter Bedingungen sei nicht die Kündigung, sondern deren allfällige Rücknahme gewesen (Urk. 55 S. 6). Die Beklagte habe die Bedingungen für eine Rücknahme der Kündigung formuliert, damit man die hochriskante gesundheitliche Situation des Klägers mit Suizidgefahr entschärfe. Überdies habe man erreichen wollen, dass er sich unmissverständlich in ärztliche Behandlung begebe. Allein unter dieser Optik sei auch der versöhnliche Schlusssatz zu werten, man würde sich freuen, wenn der Kläger später wieder zurückkäme. Er könne nicht losgelöst von den Bedingungen für eine allfällige Rücknahme beurteilt werden. Eine solche Rücknahme sei nicht vorbehaltlos in Aussicht gestellt worden, für den Fall, dass diese Bedingungen überhaupt erfüllt würden. Vielmehr habe die Beklagte für diesen Fall nur ihre Bereitschaft versprochen, über eine Weiterführung zu diskutieren, was selbstredend keine verbindliche Zusicherung einer Weiterführung gewesen sei (Urk. 55 S. 7). Es sei einzig das erste
Schreiben vom 7. Februar 2019 als eigentliche Kündigung aufzufassen. Es sei das einzige, rechtsgültig unterzeichnete Dokument der Beklagten von jenem Tag gewesen. Die nachfolgenden Schreiben von F. seien keine selbständigen Versprechen der Beklagten gewesen, schon deshalb nicht, weil er als operativer Personalverantwortlicher keine Unterschriftsberechtigung gehabt habe. Sie hätten aber ebenso den Standpunkt bestätigt, dass nicht die Kündigung, sondern nur deren allfällige Rücknahme unter Bedingungen gestanden sei. Die Vorinstanz habe die Bedingung zu Unrecht auf die Kündigung statt auf die Rücknahme bezogen (Urk. 55 S. 6). Die Erklärung von F. , man werde mit der PK-Abmeldung zuwarten, habe die Vorinstanz in unzulässiger Weise interpretiert. Es sei notorisch, dass bei einer Vorsorgeeinrichtung solange keine Abmeldung erfolgen könne, wie noch eine Arbeitsunfähigkeit bestehe. Entsprechend gebe es auch keine Freizügigkeitsleistungen vor Erlangung der vollen Arbeitsfähigkeit. Die Beklagte habe deshalb zu Recht und unabhängig von den Bedingungen der Rücknahme auf den Aufschub der Anmeldung hingewiesen (Urk. 55 S. 8).
Mit der Berufungsantwort hält der Kläger daran fest, dass die Kündigung bedingt
ausgesprochen sei. Er verweist auf die E-Mails von F.
und die Stellungnahme der Beklagten in Urk. 10 S. 8, wonach es ja hätte sein können, dass sich dessen Psychiater am Folgetag bei ihm gemeldet, die verhängnisvollen Umstän- de einer missglückten Medikationsänderung geschildert, die mit dem Kläger vereinbarte Therapieplanung ausgelegt und die vollständige Rehabilitation in Aussicht gestellt hätte (Urk. 61 S. 5).
Würdigung
Die Beklagte weist zu Recht darauf hin, dass nicht die Kündigung als solche be- dingt ausgesprochen wurde. Bedingt war nämlich nicht die Ausübung des Gestaltungsrechts, sondern eine zukünftige Wiedereinstellung, wenn die gesundheitlichen Probleme des Klägers eine Anstellung wieder erlauben. Insofern ging die Vorinstanz zu Unrecht davon aus, dass eine bedingte Kündigung erfolgt sei. An diesem Schluss vermögen auch die späteren E-Mails des Leiters des Personalwesens, F. , nichts zu ändern. Dieser hatte keine Befugnis, das Kündigungsschreiben abzuändern anzupassen. Hingegen ist der Wortlaut im Kündigungsschreiben eindeutig und unmissverständlich: Die Beklagte hatte gekün- digt, war aber bereit, mit dem Kläger unter bestimmten Bedingungen wieder zu arbeiten.
Aus letzterem Umstand ist jedoch auch zu schliessen, dass sich die Beklagte nicht endgültig und konsequent vom Kläger trennen wollte. Vielmehr führte sie sein Verhalten auf seine psychische Krankheit zurück und war bereit, bei entsprechender Behandlung und Medikation das Arbeitsverhältnis fortzusetzen. Der Kläger verweist zu Recht auf die Formulierung im Kündigungsschreiben, wonach sich die Beklagte freuen würde, den Kläger in einem späteren Zeitpunkt wieder in ihrer Mitte zu finden. Wäre das Vertrauensverhältnis aufgrund des Fehlverhaltens des Klägers derart schwer gestört gewesen, wie es für die Aussprechung einer fristlosen Kündigung notwendig ist, hätte die Beklagte eine Beschäftigung des Klägers in absehbarer Zukunft abgelehnt gar nicht in Betracht gezogen. Soweit die Beklagte die Formulierung im Kontext mit der angeblichen Suizidalität des Klägers geschrieben haben will, ist dem mit Blick auf die späteren Schreiben von F. zu widersprechen. Auch wenn die Beklagte darauf hinweist, dass dieser kein Unterschriftsberechtigter gewesen sei, so ist doch zu berücksichtigen, dass er als Leiter des Personalwesens der Beklagten von dieser direkt über ihre Absichten und das weitere Fortgehen informiert sein musste. Aus seinen E-Mails lässt sich deutlich erkennen, wie stark die Beklagte an einer zukünftigen Beschäftigung des Klägers bei ihr interessiert war. Daran ändert nichts, dass die Beklagte mit der Berufung betont, dass sie zu keiner Zeit mit dem kranken Kläger habe zusammenarbeiten wollen, mit einem nachweislich genesenen Kläger hingegen schon (Urk. 55
S. 9). Massgeblich für den Vertrauensverlust kann nicht der aktuelle Gesundheitszustand des Arbeitnehmers sein, sondern das gegenseitige Vertrauen im Rahmen einer weiteren Zusammenarbeit. Wenn sich die Beklagte vorliegend eine solche vorstellen konnte bzw. gar wünschte, lag keine Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses vor. Vielmehr erwartete die Beklagte vom Kläger eine Besserung seines Verhaltens und die Behandlung der Ursache hierfür. Damit war das Aussprechen einer fristlosen Kündigung nicht gerechtfertigt, ist dieses doch gemäss der angeführten bundesgerichtlichen Rechtsprechung ein Notventil und als solches stets zurückhaltend zu handhaben.
Zusammenfassend ist nicht von einem subjektiv stark zerstörten Vertrauen auszugehen, welches eine fristlose Kündigung gerechtfertigt hätte.
Konsequenz der fristlosen Kündigung
Die Vorinstanz kam zusammengefasst zum Schluss, dass der Kläger von der Kollektiv-Krankentaggeldversicherung M. keine Leistungen erhalten habe. Ihm sei nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses die Möglichkeit offen gestanden, innert einer Frist von drei Monaten in die Einzel-Krankentaggeldversicherung der M. überzutreten. Diese biete dem Arbeitnehmer auch nach beendetem Arbeitsverhältnis einen Versicherungsschutz bei krankheitsbedingten Lohnausfällen. Der Kläger habe von der Möglichkeit des Übertritts in die Einzel-Krankentaggeldversicherung der M. gewusst bzw. sei darüber von der Beklagten informiert worden. Davon habe er keinen Gebrauch gemacht. Weil bei der Einzel-Kranken-
taggeldversicherung der M.
eine Wartefrist von mindestens 30 Tagen ab
Krankheitsbeginn bestehe, hätte er für die Dauer vom 8. bis und mit 28. Februar 2019 (stationäre Behandlung des Klägers im C. mit entsprechender Krankschreibung) von dieser keine Taggelder ausbezahlt erhalten. Die Beklagte sei damit ersatzpflichtig und habe dem Kläger für diese Zeit für die ihm aus der Kollektivversicherung entgangenen Krankentaggelder zu entschädigen.
Auszugehen sei damit von einem relevanten Monatslohn von Fr. 9'338.35 (Fr. 8'620.zuzüglich Anteil 13. Monatslohn von Fr. 718.35), wovon 80% geschuldet seien. Dies entspreche für die Zeit vom 8. bis 28. Februar 2019 einem Betrag von Fr. 5'603.- (Fr. 9'338.35 : 28 x 21, davon 80%) zuzüglich den Anteil am BVG-Beitrag in Höhe von Fr. 494.25.
Mit der Berufung stellt die Beklagte den Schadenersatz für den Monat Februar nicht mehr in Frage. Sie weist demgegenüber darauf hin, dass die Arbeitsunfähigkeit des Klägers über den Februar 2019 hinaus angedauert habe (vgl. Urk. 55
S. 10). Wie erwähnt bestritt der Kläger diese Behauptung vor Vorinstanz nicht. Entsprechend ist davon auszugehen, dass er über den Monat Februar hinaus arbeitsunfähig war.
Die Wartefrist von 30 Tagen ab 8. Februar 2019 lief am 10. März 2019 ab. Mithin hätte der Kläger ab diesem Zeitpunkt Leistungen der Einzelkrankentaggeld- Versicherung erhalten können. Wie erwähnt bestritt der Kläger nicht, bis zum hypothetischen ordentlichen Ablauf der Kündigungsfrist arbeitsunfähig gewesen zu sein. Folglich ist davon auszugehen, dass er vom 11. bis 31. März 2019 entsprechende Leistungen hätte beziehen können.
Entgegen der Vorinstanz ist mithin von einem hypothetischen anrechenbaren Ersatzeinkommen vom 11. bis 31. März 2019 auszugehen. Der Kläger verletzte sei- ne Schadensminderungspflicht, indem er sich trotz mehrerer Hinweise nicht bei der Versicherung anmeldete. Diese hätte 80% des Lohnes nach Ablauf der Wartefrist von 30 Tagen, mithin den Lohnausfall bezahlt. In diesem Umfang ist die Beklagte zufolge Verletzung der Schadensminderungspflicht des Klägers nicht schadenersatzpflichtig.
Hingegen ist sie es bis 10. März 2019. Unter Verweis auf die früheren Ausführungen schuldet die Beklagte dem Kläger den Betrag für den Zeitraum 1. bis
10. März 2019 Schadenersatz in Höhe von Fr. 2'409.90 (= Fr. 9'338.35 : 31 x 10, x 0.8). Dazu kommt der nicht geleistete Arbeitnehmerbeitrag an die Pensionskasse in der Höhe von Fr. 644.70.
7. Fazit
Zusammenfassend ist von einer ungerechtfertigten fristlosen Kündigung auszugehen. Die Beklagte hat dem Kläger Schadenersatz (Krankentaggelder) für die Zeit vom 8. bis 28. Februar 2019 in der Höhe von Fr. 5'603.sowie nicht geleistete Arbeitgeberbeiträge an die Pensionskasse in der Höhe von Fr. 494.25 zu bezahlen. Für den Monat März 2019 hat die Beklagte dem Kläger Fr. 2'409.90 sowie nicht geleistete Arbeitgeberbeiträge an die Pensionskasse in der Höhe von Fr. 644.70 zu bezahlen. Die Beträge sind ab dem 8. Februar 2019 zu 5% zu verzinsen.
Das Berufungsverfahren ist aufgrund des Fr. 30'000.- unterschreitenden Streitwertes kostenlos (Art. 114 lit. c ZPO).
Die Beklagte hat dem Kläger nunmehr einen Betrag in Höhe von Fr. 10'290.80 zu bezahlen, anstelle der erstinstanzlich festgesetzten Beträge von insgesamt Fr. 16'080.30 (brutto). Entsprechend obsiegt sie im Berufungsverfahren rund zu zwei Fünfteln.
Demnach ist die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger im Berufungsverfahren eine entsprechend reduzierte Parteientschädigung in Höhe von Fr. 662.40 zuzüglich
7.7 % Mehrwertsteuer zu bezahlen (§ 4 Abs. 1 i.V.m. § 13 Abs. 1 und 2 Anw- GebV).
Im Verhältnis zum Streitwert vor Vorinstanz von Fr. 22'130.halten sich Obsiegen und Unterliegen ungefähr die Waage. Entsprechend sind die Parteientschädigungen im erstinstanzlichen Verfahren wettzuschlagen.
Es wird erkannt:
In teilweiser Gutheissung der Berufung wird die Beklagte verpflichtet, dem Kläger folgende Beträge zu bezahlen:
Fr. 5'603.00 brutto = netto (Ersatz Krankentaggelder Februar 2019)
Fr. 2'409.90 brutto = netto (Ersatz Krankentaggelder März 2019)
Fr. 1'138.95 brutto = netto (Arbeitgeberbeiträge Pensionskasse) jeweils nebst Zins zu 5 % seit 8. Februar 2019.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Das erst- und zweitinstanzliche Verfahren sind kostenlos.
Für das erstinstanzliche Verfahren werden keine Parteientschädigungen zugesprochen.
Die Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger für das Berufungsverfahren eine Parteientschädigung von insgesamt Fr. 713.40 zu bezahlen.
Schriftliche Mitteilung an die Parteien sowie an die Vorinstanz, je gegen Empfangsschein.
Nach unbenutztem Ablauf der Rechtsmittelfrist gehen die erstinstanzlichen Akten an die Vorinstanz zurück.
Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid an das Bundesgericht ist innert
Dies ist ein Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG.
Es handelt sich um eine arbeitsrechtliche Angelegenheit. Der Streitwert beträgt Fr. 16'080.-.
Die Beschwerde an das Bundesgericht hat keine aufschiebende Wirkung. Hinsichtlich des Fristenlaufs gelten die Art. 44 ff. BGG.
Zürich, 15. Juni 2021
Obergericht des Kantons Zürich
Zivilkammer
Die Vorsitzende:
Dr. D. Scherrer
Der Gerichtsschreiber:
Dr. Chr. Arnold
versandt am: la
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