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Urteil Handelsgericht des Kantons Zürich (ZH)

Kopfdaten
Kanton:ZH
Fallnummer:HE190140
Instanz:Handelsgericht des Kantons Zürich
Abteilung:-
Handelsgericht des Kantons Zürich Entscheid HE190140 vom 02.07.2019 (ZH)
Datum:02.07.2019
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Vorsorgliche Massnahmen
Schlagwörter : Einleitungstext; Liste; Recht; Kredit; Partei; Parteien; Person; Verletze; Klagte; Rechtlich; Verletzend; Persönlichkeit; Ursprüngliche; Personen; Verfahren; Beklagten; Finanzsanierungen; Streitwert; Verfahrens; Angebot; Ursprünglichen; Gericht; Rechtliche; Unvorteilhaft; Unerfahrene; Klage; Warnliste; Massnahme; Aussage
Rechtsnorm: Art. 10 EMRK ; Art. 106 ZPO ; Art. 129 IPRG ; Art. 133 IPRG ; Art. 136 IPRG ; Art. 236 ZPO ; Art. 261 ZPO ; Art. 265 ZPO ; Art. 266 ZPO ; Art. 28 ZGB ; Art. 292 StGB ; Art. 91 ZPO ; Art. 96 ZPO ;
Referenz BGE:100 II 395; 102 II 161; 103 II 211; 104 II 124; 110 II 411; 116 II 357; 124 III 72; 127 III 481; 129 III 715; 136 III 410; 139 II 404; 142 III 145; 144 III 117; 82 II 77; 87 II 113;
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:-
Entscheid

Handelsgericht des Kantons Zürich

Einzelgericht

Geschäfts-Nr.: HE190140-O U/ei

Mitwirkend: Oberrichter Roland Schmid, Präsident, sowie der Gerichtsschreiber Dr. Giulio Donati

Urteil vom 2. Juli 2019

in Sachen

  1. AG,

    Klägerin

    vertreten durch Rechtsanwalt MLaw X. ,

    gegen

  2. AG,

    Beklagte

    betreffend vorsorgliche Massnahmen

    Rechtsbegehren:

    (act. 1, S. 2)

    1. Der Gesuchsgegnerin sei unter Strafandrohung gegen ihre zuständigen Organe gemäss Art. 292 StGB zu verbieten, unter der Website «https://www.B1. .ch/service/warnlisten/detail/w/ unvorteilhafte-kreditangebote-und-finanzsanierungen/» den Firmennamen der Gesuchstellerin zu veröffentlichen;

    1. Die Gesuchsgegnerin sei zu verpflichten, bei Google Schweiz zu veranlassen, dass Verweise auf die Gesuchstellerin vollständig aus den Datenspeichern von Google gelöscht werden;

    2. Das Rechtbegehren gemäss Ziff. 1 und 2 sei als superprovisorische Massnahme gemäss Art. 265 Abs. 1 ZPO sofort und ohne Anhörung der Gegenpartei zu erlassen.

    3. unter Kostenund Entschädigungsfolgen zu Lasten der Gesuchsgegnerin (zuzüglich MWST zu 7.7 %).

Sachverhalt und Verfahren:
  1. Sachverhaltsübersicht

    1. Parteien

      Die in [Stadt] (UK) domizilierte und im Companies-House-Register eingetragene Klägerin ist eine Private Limited Company by guarantee without share capital use of Limited exemption nach englischem Recht (vgl. act. 1 Rz. I.6; act. 3/4). Sie bezweckt die Vermittlung von Finanzsanierungen (vgl. act. 1 Rz. II.1). Die Be- klagte ist eine Aktiengesellschaft mit Sitz in Zürich und bezweckt die Erbringung von Dienstleistungen für , unter anderem die Herstellung, Vermittlung und den Vertrieb von Medienprodukten (vgl. act. 3/3).

    2. Prozessgegenstand

      Die Beklagte gibt mehrere -zeitschriften [Art] heraus (namentlich B1. , B2. und B3. , vgl. act. 10 Rz. II.2). Ergänzend zur Zeitschrift

      B1. unterhält sie auch eine Homepage (www.B1. .ch). Auf der Homepage führt sie - nach Themengebieten geordnet - mehrere Listen (von der Beklagten als Warnlisten bezeichnet), die eine Vielzahl von Anbieterinnen von

      Dienstleistungen auflisten. Grob skizziert, bezweckt die Beklagte mit den Listen, ihre Leser auf Dienstleister aufmerksam zu machen, die ihrer Ansicht nach unseriöse bzw. unvorteilhafte Dienstleistungen anbieten. Auch Dienstleistungen, die von den Konsumenten eine besondere Aufmerksamkeit erfordern oder bei diesen falsche Erwartungen wecken könnten, können aufgeführt sein. Den Listen ist jeweils ein Einleitungstext vorangestellt, der in knapper Form das Thema der Liste darlegt.

      Die Beklagte führte die Klägerin in einer Liste auf, die bei Verfahrensbeginn noch den Titel Unvorteilhafte Kreditangebote und Finanzsanierungen trug (vgl.

      act. 3/2); der Titel wurde während des Verfahrens geändert und lautet neu Kostenpflichtige Finanzsanierungen (vgl. act. 11/1). Die Beklagte strich die Klägerin noch vor Verfahrensbeginn wieder aus der Liste.

      Die Klägerin vermittelt sanierungsbedürftige Kunden an Finanzsanierer. Die Kunden der Klägerin müssen für diese Vermittlung eine Gebühr entrichten (vgl. act. 1 Rz. II.2 ff.). Die Klägerin macht geltend, die Beklagte könnte sie wieder in die Liste aufnehmen, nachdem die Beklagte sie nur vorübergehend entfernt habe. Die (drohende) Wiederaufnahme in die beklagtische Liste verletze ihre Persönlichkeit. Die Klägerin stützt sich für ihre Vorbringen insbesondere auf den Einleitungstext, um den verletzenden Charakter der Liste zu begründen. Die Beklagte hat wäh- rend des laufenden Verfahrens nicht bloss den Titel der Liste geändert, sondern gleichzeitig auch den ursprünglichen Einleitungstext. Die Klägerin betrachtet sowohl den aktuellen als auch den ursprünglichen Einleitungstext als verletzend. Die Beklagte widersetzt sich den klägerischen Begehren.

  2. Prozessverlauf

Mit Eingabe vom 12. April 2019 (Datum Poststempel) stellte die Klägerin ein Gesuch um Anordnung (super-)provisorischer Massnahmen (act. 1; act. 3/2-12). Mit Verfügung vom 15. April 2019 wurde das klägerische Dringlichkeitsbegehren abgewiesen, der Klägerin Frist angesetzt, um einen Kostenvorschuss zu leisten und der Beklagten Frist angesetzt, um das klägerische Massnahmebegehren zu beantworten (act. 4). Die Beklagte reichte ihre Gesuchsantwort mit Eingabe vom

27. Mai 2019 (Datum Poststempel) samt Beilagen ein (act. 10; act. 11/1-6). Mit Eingabe vom 16. Juni 2019 reichte die Klägerin eine freiwillige Replikschrift samt Beilagen ein (act. 13; act. 14/13-22).

Im summarischen Verfahren findet grundsätzlich kein zweiter Schriftenwechsel statt und erfolgen keine weiteren formellen Fristansetzungen (BGE 144 III 117

E. 2.2 S. 118-119). Darauf sind die Parteien hingewiesen worden (vgl. act. 4).

Nach Ablauf einer angemessenen Replikfrist ist das Massnahmeverfahren spruchreif, weshalb ein Endentscheid zu ergehen hat (Art. 236 Abs. 1 ZPO).

Erwägungen:
  1. Zuständigkeit und anwendbares Recht

    1. Die örtliche Zuständigkeit ergibt sich aus Art. 2 LugÜ i.V.m. Art. 129 Abs. 1 IPRG.

    2. Der Streitwert übersteigt CHF 30'000.00 (vgl. Erw. 6. 1), demnach ist die sachliche Zuständigkeit gestützt auf Art. 5 Abs. 1 lit. d, 6 Abs. 2 ZPO i.V.m. § 44 lit. b GOG gegeben.

    3. Anwendbar ist Schweizer Recht (Art. 133 Abs. 2 IPRG [vgl. zur fehlenden Rechtswahl: D ASSER, Felix, in: Honsell/Vogt/Schnyder (Hrsg.), Internationales Privatrecht, 3. Aufl., Basel 2013, N 21 zu Art. 139] und Art. 136 Abs. 1 IPRG).

  2. Rechtsschutzinteresse

    1. Die Klägerin erhebt eine Unterlassungsklage. Das Rechtsschutzinteresse an der Unterlassungsklage setzt eine Erstbegehungsoder Wiederholungsgefahr voraus. Das Vorliegen einer Wiederholungsgefahr setzt zweierlei voraus: Einerseits ist der Nachweis zu erbringen, dass in der Vergangenheit bereits eine gleichartige Rechtsverletzung stattgefunden hat, andererseits hat der Kläger darzulegen, dass eine Wiederholung zu befürchten bzw. nicht auszuschliessen ist. Eine Wiederholungsgefahr ist in der Regel anzunehmen, wenn der Beklagte die

      Widerrechtlichkeit des beanstandeten Verhaltens bestreitet (vgl. BGE 124 III 72 E. 2a; BGE 116 II 357 E. 2a S. 359).

    2. Die Klägerin bringt vor, dass sie schon einmal auf der Liste der Beklagten aufgeführt gewesen sei, was unbestritten ist. Sie befürchtet, die Beklagte könnte sie wieder auflisten. Die Beklagte führt unter anderem aus, dass sie die Klägerin vorübergehend von der Liste entfernt habe, um den Sachverhalt genau zu prüfen (act. 10 Rz. II.17). Damit spricht aber selbst die Beklagte von einer bloss vorübergehenden Entfernung der Klägerin von der Liste. Sie scheint demnach nicht auszuschliessen, dass sie die Klägerin wieder auf die Liste nehmen wird, wenn ihr eine Aufnahme als angebracht erscheint. Die Klägerin muss unter diesen Umstän- den tatsächlich befürchten, dass sie erneut aufgelistet wird. Es besteht daher eine Wiederholungsgefahr.

  3. Anwendbarkeit von Art. 266 ZPO

    1. Nach der Spezialnorm von Art. 266 ZPO (i.V.m. Art. 261 ZPO) darf das Gericht gegen periodisch erscheinende Medien nur dann eine vorsorgliche Massnahme anordnen, wenn die drohende Rechtsverletzung der klagenden Partei einen besonders schweren Nachteil verursachen kann (Art. 266 lit. a ZPO), offensichtlich kein Rechtfertigungsgrund vorliegt (Art. 266 lit. b ZPO) und die Massnahme nicht unverhältnismässig erscheint (Art. 266 lit. c ZPO).

    2. Die Frage, ob Art. 266 ZPO auf die vorliegende Streitigkeit anwendbar ist, kann offen bleiben. Die Klage ist auch dann abzuweisen, wenn sie gestützt auf die weniger restriktiven Voraussetzungen von Art. 261 ZPO beurteilt wird.

  4. Art. 28 ZGB: Hauptsacheprognose (Verfügungsanspruch)

    1. Vorweg ist die Frage zu klären, welche Version des Einleitungstexts vorliegend Grundlage für die Prüfung einer Persönlichkeitsverletzung ist:

      1. Die Klägerin bringt vor, die Beklagte könnte den aktuellen Text jederzeit wieder ändern (vgl. act. 13 Rz. II.5). Laut der Beklagten ist nicht zu befürchten, dass sie den früheren Warnlistentext wieder aufschalten werde (act. 10 Rz. II.22).

      2. Die pauschale Behauptung der Klägerin, die Beklagte könnte den aktuellen Einleitungstext jederzeit wieder abändern, genügt nicht, um anzunehmen, die Beklagte werde wieder den ursprünglichen Einleitungstext aufschalten. Theoretisch besteht stets die Gefahr, dass als verletzend empfundene Äusserungen abgeän- dert werden und ein neu zu beurteilender Sachverhalt eintritt. Vorliegend behauptet die Klägerin aber erstens nicht, die Beklagte könnte wieder den ursprünglichen Einleitungstext aufschalten. Zweitens liegt auch nicht der Fall vor, bei welchem eine Partei während des Verfahrens die beanstandete Äusserung ganz entfernt. Hier wurde vielmehr ein neuer Text aufgeschaltet, der von der Klägerin wiederum beanstandet wird, zumal die Beklagte zusätzlich angibt, sie werde den ursprünglichen Text nicht wieder aufschalten.

      3. Auszugehen ist damit vom aktuellen Einleitungstext, da keine Gründe glaubhaft sind (bzw. überhaupt behauptet werden), die nahelegen würden, der aktuelle Text werde wieder mit dem ursprünglichen Einleitungstext ersetzt.

    2. Rechtliches

      Gemäss Art. 28 Abs. 1 ZGB kann zu seinem Schutz das Gericht anrufen, wer in seiner Persönlichkeit widerrechtlich verletzt wird; widerrechtlich ist eine Verletzung, wenn sie nicht durch Einwilligung des Verletzten, durch ein überwiegendes privates oder öffentliches Interesse oder durch Gesetz gerechtfertigt ist (Art. 28 Abs. 2 ZGB). Der zivilrechtliche Ehrbegriff ist dabei weiter als der strafrechtliche und schützt neben dem Ruf, eine ehrbare Person zu sein, auch das berufliche oder gesellschaftliche Ansehen einer Person (BGE 129 III 715 E. 4.1 S. 722-723 m.Nw.). Im Persönlichkeitsrecht erfolgt die Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen in zwei Stufen mit unterschiedlicher Beweislast: Die Beweislast für die Sachumstände, aus denen sich die Verletzung ergibt, trägt der Anspruchsteller, wäh- rend der Anspruchsgegner die Sachumstände, aus denen sich das Vorliegen eines Rechtfertigungsgrundes folgt, nachzuweisen hat (BGE 136 III 410 E. 2.3

      S. 414).

    3. Unbestrittener Sachverhalt

      Die Klägerin beantragt, der Beklagten sei es zu verbieten, die Klägerin auf die Warnliste wiederaufzunehmen, denn eine Aufnahme auf die Liste sei persönlichkeitsverletzend. Den persönlichkeitsverletzenden Charakter der Liste begründet sie vor allem gestützt auf den Einleitungstext, der der Warnliste vorgeschaltet ist. Am 18. April 2019 - also während des laufenden Verfahrens - änderte die Beklagte den Einleitungstext freiwillig (vgl. act. 10 Rz. II.3). Der ursprüngliche Einleitungstext lautete folgendermassen (vgl. act. 3/2):

      Unvorteilhafte Kreditangebote und Finanzsanierungen

      Auf dieser Liste stehen Firmen und Vermittler, die Kreditsuchenden Hilfe versprechen, aber Vorausund Vermittlungsgebühren sowie Sicherheitsleistungen verlangen. Statt eines Kredites erhalten Interessenten einen Vertrag über eine Schuldensanierung oder eine Finanzsanierung. Aufgeführt sind auch Unternehmen, die Finanzsanierungen mit schlechten Konditionen verkaufen. Haben auch Sie ein Schreiben eines dubiosen Kreditangebotes oder ein Finanzierungsangebot erhalten Melden Sie sich hier (öffnet das Fenster ihres Mailprogramms) oder über das Kontaktformular.

      Der aktuelle Einleitungstext zur Warnliste lautet wie folgt (vgl. act. 11/1):

      Kostenpflichtige Finanzsanierungen

      Die Firmen und Vermittler auf dieser Liste versprechen Leuten mit finanziellen Schwierigkeiten Hilfe. Bei unerfahrenen Personen können teilweise Erwartungen auf einen Kredit geweckt werden. Die Interessenten erhalten aber oft keinen Kredit, sondern einen Vertrag über eine Schuldensanierung oder eine «Finanzsanierung». Bei einer solchen Sanierung erhalten die Kunden kein Geld, sondern müssen der Firma zum voraus Geld zahlen. Die Vermittler von Finanzsanierungen und die Finanzsanierer arbeiten kostenpflichtig. Haben auch Sie statt des vermeintlichen Kredits ein Finanzsanierungsangebot erhalten Melden Sie sich hier (öffnet das Fenster Ihres Mailprogramms) oder über das Kontaktformular.

    4. Parteivorbringen

      Da vorliegend der aktuelle aufgeschaltete Einleitungstext massgebend ist (vgl. Erw. 4.1. 3), sind einzig die Parteibehauptungen zu diesem Einleitungstext relevant.

      1. Die Klägerin macht geltend, auch der aktuelle Einleitungstext sei persön- lichkeitsverletzend (vgl. act. 13 Rz. II.7). Der aktuelle Einleitungstext richte sich einzig an unerfahrene Personen, wobei auch hinsichtlich dieser Adressatengruppe eine weitere Einschränkung erfolge, indem bei diesen Konsumenten lediglich teilweise Erwartungen auf einen Kredit hervorgerufen würden. Ein solcher Warntext könnte laut der Klägerin grundsätzlich jedem Dienstleister bzw. Angebot vorangestellt werden. Insofern bestehe auch kein öffentliches Interesse an einer derartigen Warnung. Die Klägerin weise ohnehin ausreichend darauf hin, dass sie keine Kredite anbiete (act. 13 Rz. II.6). Schon der Begriff Warnliste sei verletzend, entstehe doch der Eindruck, man müsse die Leser vor der Tätigkeit der Klägerin warnen, da sie sich dubioser und gefährlicher Machenschaften bedienen würde (act. 13 Rz. II.7).

      2. Die Beklagte bestreitet, dass eine Persönlichkeitsverletzung vorliegt. Sowohl der ursprüngliche als auch der aktuelle Einleitungstext sei rechtlich zulässig. Sie habe den Einleitungstext lediglich der Einfachheit halber und ohne Anerkennung einer Rechtspflicht geändert (vgl. act. 10 Rz. II.3).

    5. Würdigung

      1. Im aktuellen Einleitungstext (bzw. in dessen Titel) behauptet die Beklagte nicht mehr, die Leistungen der Klägerin seien unvorteilhaft. Die entsprechenden Ausführungen der Klägerin zum Begriff unvorteilhaft sind daher nicht (mehr) relevant. Ohnehin stellt aber die Äusserung, ein Angebot sei unvorteilhaft, noch keine Persönlichkeitsverletzung dar. Grundsätzlich ist es zulässig, angebotene Dienstleistungen als für eine Zielgruppe unvorteilhaft zu bezeichnen, sofern man zumindest rudimentär erklärt, warum man das Angebot als unvorteilhaft betrach-

        tet. Eine die Persönlichkeit verletzende Äusserung liegt damit jedenfalls in der Regel noch nicht vor.

      2. Auch die Bezeichnung der Listen als Warnlisten stellt noch keine Persön- lichkeitsverletzung dar. Wenngleich von einer Warnliste - mithin von einer Warnung - die Rede ist und der Wortteil Warn- in diesem Zusammenhang eher eine negative Konnotation aufweist, führt das - entgegen dem klägerischen Verständnis - nicht dazu, dass der durchschnittliche Leser geradezu zwingend an dubiose und gefährliche Machenschaften der Klägerin denken würde. Es handelt sich vielmehr um eine - durchaus pointierte - Bezeichnung der Listen, mit denen unerfahrene (und wohl teilweise auch mit ihrer Situation überforderte) Personen zur Vorsicht gemahnt werden und vor voreiligen und unberechtigten Hoffnungen geschützt werden sollen.

      3. Die Beklagte vertritt, vereinfachend ausgedrückt, die Meinung, dass eine entgeltliche Vermittlung von Finanzsanierungen dann wenig sinnvoll ist, wenn sich das Angebot an verschuldete Personen richtet, die finanziell bereits derart schlecht dastehen, dass Banken ihnen keine Kredite mehr gewähren. Eine solche Meinung ist grundsätzlich vertretbar und daher zulässig. Die Beklagte drückt diese Meinung mit dem aktuellen Einleitungstext genügend sachlich aus.

    6. Fazit

      Der aktuelle Einleitungstext der Beklagten hält einer Prüfung gestützt auf Art. 28 ZGB stand und verletzt die Persönlichkeit der Klägerin nicht. Es erübrigt sich darum, allfällige Rechtfertigungsgründe zu prüfen. Mit der Liste kritisiert die Beklagte letztlich in zulässiger Weise das klägerische Geschäftsmodell.

  5. Art. 3 lit. a UWG

    1. Rechtliches

      Die Ansprüche aus dem allgemeinen Persönlichkeitsschutz im Sinne von Art. 28 ff. ZGB stehen neben denjenigen aus UWG im Sinne von Art. 3 Abs. 1 lit. a UWG

      (Urteil BGer 5A_376/2013 vom 29. Oktober 2013, E. 2.1 ff.). Gemäss Art. 3 lit. a UWG handelt unlauter, wer andere, ihre Waren, Werke, Leistungen, deren Preise oder ihre Geschäftsverhältnisse durch unrichtige, irreführende oder unnötig verletzende Äusserungen herabsetzt. Die Rechtsprechung zieht dieselben Grunds- ätze wie bei einer Persönlichkeitsverletzung heran (BGer 5A_376/2013 vom 29. Oktober 2013 E. 6.1.2 m.Nw.). Die Beurteilung der Äusserungen erfolgt dabei objektiviert nach Massgabe eines Durchschnittslesers, wobei dies unter Würdigung der konkreten Umstände wie etwa des Rahmens der Presseäusserung zu erfolgen hat (BGE 127 III 481 E. 2b/aa S. 487). Art. 3 lit. a UWG bildet eine hinreichende gesetzliche Grundlage zur Einschränkung der Freiheit der Meinungs- äusserung (EGMR 59/1997/843/1049 vom 25. August 1998 i.S. Hertel v. Switzerland Ziff. 38), und der Schutz des guten Rufs und der Rechte anderer stellt nach Art. 10 Abs. 2 EMRK einen zulässigen Zweck dar (EGMR 59/1997/843/1049 vom

      25. August 1998 i.S. Hertel v. Switzerland Ziff. 42). Die Einschränkung darf jedoch nur soweit gehen, als sie zur Erreichung dieses Zwecks notwendig ist (vgl. EGMR 19983/92 vom 24. Februar 1997 i.S. De Haes et Gijsels c. Belgique Ziff. 33).

    2. Würdigung

      1. Die Klägerin beruft sich zur Begründung ihres Anspruchs primär auf Art. 28 ZGB (vgl. act. 1 Rz. IV.2). Subsumiert man den behaupteten Sachverhalt in Anwendung des Grundsatzes iura novit curia gleichwohl auch unter Art. 3 lit. a UWG, so ändert dies nichts am Verfahrensausgang. Es liegt keine qualifizierte Herabsetzung der Klägerin vor. Dass die Beklagte gegenüber einer bestimmten Geschäftspraxis (bzw. gegenüber den Personen, welche die Geschäftspraxis ausüben) kritisch eingestellt ist und das mit ihren Presseerzeugnisse zum Ausdruck bringt, genügt nicht, um eine qualifizierte Herabsetzung zu bejahen. Vielmehr gehört eine kritische Auseinandersetzung mit den auf dem Markt erhältlichen Angeboten zu den Kernaufgaben einer dem Konsumentenschutz gewidmeten Berichterstattung.

      2. Der aufgeschaltete Einleitungstext hält einer Prüfung nach Art. 3 lit. a UWG stand:

        1. Die Firmen und Vermittler auf dieser Liste versprechen Leuten mit finanziellen Schwierigkeiten Hilfe. Die Aussage ist weder unrichtig, noch irreführend, noch unnötig verletzend.

        2. Bei unerfahrenen Personen können teilweise Erwartungen auf einen Kredit geweckt werden. Auch diese Aussage ist mit der nötigen Zurückhaltung formuliert und stellt keine qualifizierte Herabsetzung der Klägerin dar. Nicht zu folgen ist ihrem Einwand, wonach die Aussage Selbstverständliches ausdrücke, nämlich, dass unerfahrene Personen ein Angebot falsch verstehen könnten, weshalb es ungerechtfertigt sei, eine Warnliste zu erstellen. Es ist nicht einzusehen, weshalb unerfahrene Personen nicht besonders auf für sie möglicherweise ungünstige Angebote aufmerksam gemacht werden sollten. Vielmehr richtet sich der Konsumentenschutz gerade auch an unerfahrene Personen, die auf entsprechende Hilfe angewiesen sind.

        3. Die Interessenten erhalten aber oft keinen Kredit, sondern einen Vertrag über eine Schuldensanierung oder eine «Finanzsanierung». Auch diese Aussage stellt keine qualifizierte Herabsetzung dar. Insbesondere wird nicht behauptet, die Klägerin würde den Anfragenden einen Kredit versprechen, zumal der Satz mit dem vorangehenden Satz zu lesen ist. Unerfahrene Personen könnten sich Hoffnungen auf einen Kredit machen, denn sie dann aber nicht erhalten würden, da die Kreditvergabe gerade nicht zum Geschäftsfeld der Klägerin gehört.

        4. Bei einer solchen Sanierung erhalten die Kunden kein Geld, sondern müssen der Firma zum voraus Geld zahlen. Die Vermittler von Finanzsanierungen und die Finanzsanierer arbeiten kostenpflichtig. Damit wird lediglich ausgedrückt, dass es sich um entgeltliche Dienstleistungen handelt, was zutrifft.

        5. Haben auch Sie statt des vermeintlichen Kredits ein Finanzsanierungsangebot erhalten Melden Sie sich hier (öffnet das Fenster Ihres Mailprogramms) oder über das Kontaktformular. Diese Aussage greift wieder das Problem des fehlenden Verständnisses der Interessenten im Zusammenhang mit der Kreditvergabe auf. Dass in Finanzfragen unerfahrene Personen, die sich finanziell ohnehin in einer schwierigen Situation befinden, die Angebote falsch verstehen

          könnten, lässt sich nicht von der Hand weisen, zumal die Beklagte das auch belegt (vgl. beispielsweise act. 11/3-5). Die Beklagte bedient hier lediglich ein vorhandenes Informationsinteresse, was nicht zu beanstanden ist.

    3. Fazit

      Die soeben wiedergegeben Aussagen stellen (auch in ihrer Gesamtheit) keine qualifizierte Herabsetzung im Sinne von Art. 3 lit. a UWG dar, weshalb die Klage auch unter diesem Titel abzuweisen ist.

  6. Kostenund Entschädigungsfolgen

    1. Streitwert

      1. Einen Streitwert haben nur vermögensrechtliche Streitigkeiten (vgl. BGE 142 III 145 E. 5.2 S. 147). Für die Qualifikation als vermögensrechtliche Streitigkeit ist massgebend, dass mit der Klage letztlich und überwiegend ein wirtschaftlicher Zweck verfolgt wird (BGE 142 III 145 E. 6.1 S. 149; wortgleich BGE 139 II 404 E. 12.1 S. 448; je mit Nw.). Gemäss gefestigter Rechtsprechung sind lauterkeitsrechtliche Klagen auch dann vermögensrechtlicher Natur, wenn sie auf Unterlassung lauten (BGE 142 III 145 E. 6.1 S. 149; BGE 104 II 124 E. 1 S. 126;

        BGE 103 II 211 E. 1 S. 213; BGE 100 II 395 E. 1 S. 397; BGE 87 II 113 E. 1

        S. 114-115; BGE 82 II 77 S. 78-79). Demgegenüber sind entsprechende Klagen aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht nicht vermögensrechtlicher Natur (BGE 127 III 481 E. 1a S. 483; BGE 110 II 411 E. 1 S. 413; BGE 102 II 161 E. 1

        S. 165).

      2. Gemäss Art. 91 Abs. 2 ZPO setzt das Gericht den Streitwert fest, sofern sich die Parteien darüber nicht einigen oder ihre Angaben offensichtlich unrichtig sind. Die Klage bzw. das Gesuch hat die Angabe des Streitwerts zu enthalten (Art. 221 Abs. 1 lit. c ZPO). Die Klägerin beziffert den Streitwert auf

        CHF 35'000.00 (vgl. act. 1 Rz. I.5). Von diesem Streitwert ist auszugehen.

    2. Verteilung

      1. Gemäss Art. 106 Abs. 1 ZPO werden die Prozesskosten der unterliegenden Partei auferlegt; vorliegend unterliegt die Klägerin. Das Gericht kann jedoch von den Verteilungsgrundsätzen abweichen und die Prozesskosten nach Ermessen verteilen, wenn besondere Umstände vorliegen, die eine Verteilung nach dem Ausgang des Verfahrens als unbillig erscheinen lassen (Art. 107 Abs. 1 lit. f ZPO).

      2. Vorliegend gilt es zu berücksichtigen, dass die Beklagte den Einleitungstext zur streitgegenständlichen Liste während des Verfahrens änderte. Gemäss dem ursprünglichen Einleitungstext waren in der Liste auch Unternehmen aufgeführt, die Finanzsanierungen zu schlechten Konditionen verkauften. Weiter wurden die Leser aufgefordert, sich bei der Beklagten zu melden, für den Fall, dass sie ein Schreiben eines dubiosen Kreditangebots oder ein Finanzierungsangebot erhalten hatten. Bei summarischer Betrachtung zeigt sich, dass die Klägerin mit ihrer Klage mit Blick auf den ursprünglichen Einleitungstext erfolgreich gewesen wären (vgl. zur summarischen Betrachtung der Rechtsfragen im Rahmen der Kostenfestsetzung Urteil 4A_342/2018 vom 21. November 2018, E. 3). Eine auf dem Markt angebotene Dienstleistung als dubios zu bezeichnen, ist eindeutig negativ; entscheidend ist aber, dass unklar bleibt, was mit dubios konkret gemeint ist und was der Klägerin tatsächlich vorgeworfen wird: Entsprechende Abklärungen sowie eine vertiefte Auseinandersetzung mit dem Thema - insbesondere auch hinsichtlich der Klägerin - sucht man in der Liste vergebens. Mit dem ursprünglichen Einleitungstext vermag die Beklagte dem von ihr selbst vorausgesetzten Informationsanspruch nicht gerecht zu werden. Geht es der Beklagten in Bezug auf die Klägerin um unseriöse oder gar illegale Geschäftspraktiken, schlechte Konditionen ihrer Angebote (wie sehen die Konditionen aus warum sind sie schlecht) oder generell um eine Geschäftspraxis, die von der Beklagten lediglich als unvorteilhaft angesehen wird Mit anderen Worten erhebt die Beklagte mit dem Einleitungstext mehrere Vorwürfe, die ob ihrer knappen Darstellung gesamthaft betrachtet einen verletzenden Charakter aufweisen. Der Klarheit halber sei angefügt, dass es nicht per se verboten ist, Geschäftspraktiken als dubios zu bezeichnen. Jedoch ist für die Zulässigkeit der Aussagen eine angemessene Auseinandersetzung mit dem Vorwurf vorauszusetzen.

      3. Diese Ausführungen führen unter Hinweis auf die streitrelevanten Einleitungstexte zum Schluss, dass die Kosten insgesamt zur Hälfte der Klägerin und zur Hälfte der Beklagten aufzuerlegen sind.

    3. Gerichtskosten

      Die Höhe der Gerichtskosten bestimmt sich nach der Gebührenverordnung des Obergerichts vom 8. September 2010 (GebV OG; Art. 96 ZPO i.V.m. § 199 Abs. 1 GOG). Sie richtet sich in erster Linie nach dem Streitwert (§ 2 Abs. 1 lit. a GebV OG). Beim vorliegenden Streitwert von CHF 35'000.00 beträgt die nach § 4 Abs. 1 GebV OG ermittelte Grundgebühr CHF 4'350.00. In Anwendung von § 8 Abs. 1 GebV OG ist diese auf CHF 3'000.00 zu reduzieren.

    4. Parteientschädigung

Eine Parteientschädigung entfällt. Grundsätzlich wäre auch die Parteientschädigung den Parteien je hälftig aufzulegen. Die beiden Parteientschädigungen wären gleich hoch, denn die zweite Eingabe der Klägerin gereicht ihr nicht zum Vorteil, weshalb diese Eingabe keine Erhöhung der klägerischen Parteientschädigung rechtfertig. Entsprechend stehen sich zwei identische Parteientschädigungen gegenüber, die zu verrechnen sind.

Das Einzelgericht erkennt:
  1. Die Klage wird abgewiesen.

  2. Die Gerichtsgebühr wird auf CHF 3'000.00 festgesetzt.

  3. Die Kosten werden den Parteien je zur Hälfte auferlegt und aus dem von der Klägerin geleisteten Kostenvorschuss bezogen. Für die der Beklagten auferlegte Hälfte der Kosten wird der Klägerin das Rückgriffsrecht auf die Beklagte eingeräumt.

  4. Es werden keine Parteientschädigungen zugesprochen.

  5. Schriftliche Mitteilung an die Parteien, an die Beklagte unter Beilage der Doppel von act. 13 und act. 14/13-22.

  6. Eine bundesrechtliche Beschwerde gegen diesen Entscheid ist innerhalb von 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, einzureichen. Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) oder Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 und 90 ff. des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG). Der Streitwert beträgt CHF 35'000.00.

Zürich, 2. Juli 2019

Handelsgericht des Kantons Zürich Einzelgericht

Der Gerichtsschreiber:

Dr. Giulio Donati

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