BEK 2020 173 - definitive Rechtsöffnung
Beschluss vom 28. Dezember 2020
BEK 2020 173
Mitwirkend
Kantonsgerichtsvizepräsident Dr. Reto Heizmann,
Kantonsrichter Clara Betschart und Josef Reichlin,
Gerichtsschreiberin MLaw Julia Lüönd.
In Sachen
A.__,
Gesuchsgegnerin und Beschwerdeführerin,
gegen
Kanton Schwyz, 6430 Schwyz,
Gesuchsteller und Beschwerdegegner,
vertreten durch Kantonsgerichtskasse, Postfach 2265, Kollegiumstrasse 28, 6431 Schwyz,
betreffend
definitive Rechtsöffnung
(Beschwerde gegen die Verfügung des Einzelrichters am Bezirksgericht Einsiedeln vom 22. Oktober 2020, ZES 2020 119);-
hat die Beschwerdekammer,
nachdem sich ergeben und in Erwägung:
1. Der Kanton Schwyz (nachfolgend: Gesuchsteller) betrieb A.__ (nachfolgend: Gesuchsgegnerin) mit Zahlungsbefehl des Betreibungsamts Einsiedeln in der Betreibung Nr. xx vom 28. Mai 2020 für einen Betrag von Fr. 2‘000.00 nebst Zins zu 5 % seit dem 24. März 2020 (Vi-act. KB 31). Nachdem die Gesuchsgegnerin dagegen Rechtsvorschlag erhoben hatte
(Vi-act. KB 31, S. 2), verlangte der Gesuchsteller am 30. September 2020 in der genannten Betreibung die definitive Rechtsöffnung für Fr. 2‘000.00 nebst Zins zu 5 % seit dem 24. März 2020 unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zulasten der Gesuchsgegnerin (Vi-act. A1 f.). Die Gesuchsgegnerin legte am 19. Oktober 2020 eine vom 15. Oktober 2020 datierende Stellungnahme in den Briefkasten des Bezirksgerichts Einsiedeln und beantragte sinngemäss die Abweisung des Rechtsöffnungsgesuchs sowie den Ausstand von Richter B.__ (Vi-act. A3).
Mit Verfügung vom 22. Oktober 2020 trat der Einzelrichter am Bezirksgericht Einsiedeln B.__ auf das gegen ihn gerichtete Ausstandsbegehren nicht ein und erteilte dem Gesuchsteller die definitive Rechtsöffnung in der erwähnten Betreibung für Fr. 2‘000.00 nebst Zins zu 5 % seit dem 24. März 2020. Dagegen erhob die Gesuchsgegnerin am 30. Oktober 2020 (Eingang: 2. November 2020) fristgerecht Beschwerde. Sie beantragte, es seien die angefochtenen Verfügungen aufzuheben, sie sei von den Prozesskosten zu entbinden, die eingeleiteten Betreibungsverfahren seien einzustellen und es sei „aufhängende“ Wirkung zu erteilen (KG-act. 1, S. 2). Der Gesuchsteller verzichtete auf die Einreichung einer Beschwerdeantwort (KG-act. 5) und die Gesuchsgegnerin beantragte mit Eingabe vom 18. November 2020 (Postaufgabe: 19. November 2020), sie sei aufgrund ihrer Mittellosigkeit von jedem Kostenvorschuss zu entbinden und es sei ihr ein amtlicher Anwalt zu gewähren (KG-act. 9). Daraufhin wurde der Gesuchsgegnerin am 20. November 2020 mitgeteilt, dass auf die Einholung eines Kostenvorschusses einstweilen verzichtet werde (KG-act. 10).
2. a) Der Erstrichter erwog zunächst, dass die vom 15. Oktober 2020 datierende Eingabe der Gesuchsgegnerin, mit welcher diese das Ausstandsbegehren gestellt und die Abweisung des Rechtsöffnungsgesuchs beantragt habe, verspätet eingereicht worden sei. Die Gesuchsgegnerin habe ihre Eingabe erst am 19. Oktober 2020 in den Aussenbriefkasten des Bezirksgerichts Einsiedeln gelegt, obwohl die ihr mit Verfügung vom 2. Oktober 2020 angesetzte siebentätige Frist ab Erhalt (Eingang: 9. Oktober 2020) zur schriftlichen Stellungnahme am 16. Oktober 2020 geendet habe (angefochtene Verfügung, E. 5 f.; vgl. Vi-act. A3 und Vi-act. D3). Weil sich die Gesuchsgegnerin nicht innert Frist zum Rechtsöffnungsbegehren habe vernehmen lassen, seien dem Entscheid androhungsgemäss die Akten sowie die Vorbringen des Gesuchstellers zugrunde zu legen (angefochtene Verfügung, E. 7; vgl. Vi-act. D3).
b) Der Erstrichter erwog weiter, das Kantonsgericht Schwyz habe in den Entscheiden ZK1 2019 25, ZK2 2019 21, BEK 2019 104, BEK 2019 27 und 28 sowie STK 2019 42 von der Gesuchsgegnerin erhobene Beschwerden abgewiesen, soweit es auf diese eingetreten sei. Gemäss den im Recht liegenden Bescheinigungen seien die Entscheide in Rechtskraft erwachsen. Der Gesuchsgegnerin seien im Rahmen dieser fünf Prozesse Verfahrenskosten im Umfang von total Fr. 2‘400.00 - davon Fr. 800.00 in solidarischer Haftung mit ihrem Lebenspartner - überbunden worden. Der Gesuchsteller habe von der Gesuchsgegnerin nur die Hälfte (Fr. 400.00) der ihr solidarisch auferlegten Kosten verlangt, weshalb sich der in Betreibung gesetzte Betrag von Fr. 2‘000.00 ergebe (angefochtene Verfügung, E. 1). Weil die fünf erwähnten Entscheide rechtskräftig und vollstreckbar seien, verfüge der Gesuchsteller damit über die für eine definitive Rechtsöffnung erforderlichen Rechtsöffnungstitel (angefochtene Verfügung, E. 8). Einwendungen i.S.v. Art. 81 Abs. 1 SchKG habe die säumig gebliebene Gesuchsgegnerin keine geltend gemacht, weshalb dem Gesuchsteller antragsgemäss für Fr. 2‘000.00 die definitive Rechtsöffnung zu erteilen sei (angefochtene Verfügung, E. 8). Der Vollständigkeit halber hielt der Erstrichter zudem fest, dass sich am Ausgang des Verfahrens nichts ändern würde, wenn die verspätete Eingabe der Gesuchsgegnerin berücksichtigt würde. Die Gesuchsgegnerin habe auch in der verspäteten Eingabe keine Einwendungen i.S.v. Art. 81 Abs. 1 SchKG geltend gemacht. Selbst wenn aber das Vorbringen der Gesuchsgegnerin zu berücksichtigen wäre, wonach ihr weder Rechnungen noch Mahnungen zugegangen seien, wäre auf den in Betreibung gesetzten Betrag der gesetzliche Verzugszins von 5 % spätestens ab Zustellung des Zahlungsbefehls am 2. Juni 2020 geschuldet (angefochtene Verfügung, E. 11).
c) Für den Fall, dass die verspätet erstattete Eingabe der Gesuchsgegnerin zu berücksichtigen gewesen wäre, erwog der Erstrichter in Bezug auf das Ausstandsbegehren, die Ausstandsgründe seien in Art. 47 ZPO bundesrechtlich abschliessend geregelt. Den unsubstanziierten Vorbringen der Gesuchsgegnerin lasse sich kein solcher Ausstandsgrund entnehmen. Die vorgebrachten Gründe seien haltlos. Das Ausstandsgesuch habe offensichtlich einmal mehr den alleinigen Zweck, einen geordneten Verlauf der Rechtsprechung zu verhindern, und müsse als trölerisch und offensichtlich missbräuchlich qualifiziert werden. Dies führe zum Nichteintreten auf das Ausstandsgesuch, was gemäss Lehre und Rechtsprechung sowie gestützt auf § 90 Abs. 2 JG durch den angerufenen Richter entschieden werden könne (angefochtene Verfügung, E. 11 f.).
3. Gemäss Art. 321 Abs. 1 ZPO ist die Beschwerde schriftlich und begründet einzureichen. In der Beschwerdebegründung ist darzulegen, worauf die beschwerdeführende Partei ihre Legitimation stützt, inwieweit sie beschwert ist, auf welchen Beschwerdegrund (Art. 320 ZPO) sie sich beruft und an welchen Mängeln der angefochtene Entscheid leidet (Freiburghaus/Afheldt, in: Sutter-Somm/Hasenböhler/Leuenberger, Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung, 3. A. 2016, N 15 zu Art. 321 ZPO). Die beschwerdeführende Partei hat sich mit den Erwägungen der Vorinstanz auseinanderzusetzen. Es genügt nicht, wenn sie ihre erstinstanzlichen Ausführungen wiederholt resp. lediglich auf diese verweist den angefochtenen Entscheid bloss in allgemeiner Weise kritisiert (Spühler, in: Spühler/Tenchio/Infanger [Hrsg.], Basler Kommentar Schweizerische Zivilprozessordnung, 3. A. 2017, N 7 zu Art. 321 ZPO i.V.m. N 15 zu Art. 311 ZPO; vgl. Urteil des Bundesgerichts 5A_247/2013 vom 15. Oktober 2013, E. 3.2).
Im Beschwerdeverfahren ist das Vorbringen neuer Anträge, neuer Tatsachenbehauptungen und neuer Beweismittel gemäss Art. 326 Abs. 1 ZPO ausgeschlossen. Eine Ausnahme nach Art. 326 Abs. 2 ZPO ist nicht gegeben. Das Verfahren vor der Beschwerdeinstanz dient ausschliesslich der Rechtskontrolle des angefochtenen Entscheids und hat nicht den Zweck, das erstinstanzliche Verfahren fortzusetzen. Das Novenverbot ist umfassend und gilt sowohl für echte als auch für unechte Noven (Freiburghaus/Afheldt, a.a.O., N 3 f. zu Art. 326 ZPO; Spühler, a.a.O., N 1 f. zu Art. 326 ZPO; Steininger, in: Brunner/Gasser/Schwander [Hrsg.], Kommentar Schweizerische Zivilprozessordnung, 2. A. 2016, N 1 zu Art. 326 ZPO).
a) Die Gesuchsgegnerin macht im Wesentlichen geltend, der Gesuchsteller habe es versäumt, Postnachweise betreffend die Zustellung der von ihm geltend gemachten Rechnungen vorzubringen. Der Erstrichter hätte diesen Umstand berücksichtigen müssen, weil aus den Akten klar hervorgehe, dass die Postnachweise fehlen würden (KG-act. 1, S. 2). Mit der Begründung des Erstrichters, wonach die Gesuchsantwort erst am 19. Oktober 2020 in den Briefkasten des Bezirksgerichts Einsiedeln gelegt worden sei (vgl. vorstehend E. 2a), setzt sich die Gesuchsgegnerin indes nicht auseinander. Sie bestreitet den Zeitpunkt der Einreichung dieser Eingabe mithin nicht. Indem die Gesuchsgegnerin einzig vorbringt, es treffe nicht zu, dass ihre Stellungnahme zu spät eingereicht worden sei (KG-act. 1, S. 3), kritisiert sie den angefochtenen Entscheid lediglich in allgemeiner Weise, was den Anforderungen an eine rechtsgenügliche Begründung des Rechtsmittels nicht zu genügen vermag. Es kann insofern auf die vorstehend in E. 2a zitierte zutreffende Begründung des Erstrichters verwiesen werden, wonach die beim Bezirksgericht Einsiedeln am 19. Oktober 2020 eingereichte Eingabe der Gesuchsgegnerin verspätet erfolgt sei (vgl. auch BGE 138 III 483, E. 3.2 ff.). Ein Gesuch auf Wiederherstellung der Frist i.S.v. Art. 148 ZPO lässt sich den Ausführungen der Gesuchsgegnerin im Übrigen nicht entnehmen. Die Vorbringen betreffend die angeblich fehlenden „Postnachweise“ machte die Gesuchsgegnerin im erstinstanzlichen Verfahren erstmals in ihrer beim Bezirksgericht Einsiedeln am 19. Oktober 2020 eingegangen Gesuchsantwort geltend (Vi-act. A2). Angesichts dessen, dass diese Gesuchsantwort verspätet erfolgte und die entsprechenden Vorbringen somit nicht zu berücksichtigen waren, handelt es sich bei denselben Vorbringen im Beschwerdeverfahren um unzulässige Noven i.S.v. Art. 326 Abs. 1 ZPO, die unberücksichtigt zu bleiben haben. Aus den fehlenden „Postnachweisen“ in den Akten lässt sich entgegen der Gesuchsgegnerin im Übrigen nicht schlussfolgern, dass ihr keine Rechnungen resp. Mahnungen zugestellt worden seien, zumal dem Rechtsöffnungsgesuch nebst den in E. 2b genannten Entscheiden auch entsprechende Rechnungen und Mahnungen beigelegt waren (vgl. Vi-act. A1 f.; vgl. Vi-act. KB 4-6, 10-12, 16-18, 22-24 und 28-30), deren Zustellung aufgrund der verspäteten Gesuchsantwort nicht infrage stand. Die Beschwerde ist in diesem Punkt somit abzuweisen, soweit auf sie einzutreten ist.
b) In Bezug auf das Ausstandsgesuch macht die Gesuchsgegnerin zusammengefasst geltend, Einzelrichter B.__ habe mit dem Erlass der angefochtenen Verfügung nachgewiesen, dass er befangen sei (KG-act. 1, S. 2 f.). Darüber hinaus ergebe sich aus Art. 50 Abs. 1 ZPO, dass über das Ausstandsgesuch ein anderer als der betroffene Einzelrichter hätte entscheiden müssen. Mit anderen Worten hätte B.__ nach Ansicht der Gesuchsgegnerin nicht selber über das sie betreffende Ausstandsgesuch entscheiden dürfen. Die angefochtene Verfügung sei folglich gesetzeswidrig und unzulässig (KG-act. 1, S. 3). Bei diesen Vorbringen der Gesuchsgegnerin handelt es sich entweder um Wiederholungen ihrer Ausführungen in der verspätet eingereichten Gesuchsantwort um gänzlich neue Vorbringen, die aufgrund des umfassenden Novenverbots im Beschwerdeverfahren ebenfalls unberücksichtigt zu bleiben haben (Art. 326 Abs. 1 ZPO). Abgesehen davon wurde der Gesuchsgegnerin bereits mehrfach dargelegt, dass über ein offensichtlich unzulässiges unbegründetes Gesuch auch der abgelehnte Richter entscheiden resp. unter Mitwirkung des abgelehnten Richters entschieden werden kann (statt vieler: BEK 2020 143 vom 16. September 2020, E. 4 m.H.a. BGE 129 III 445, E. 4.2.2; Wullschleger, in: Sutter-Somm/Hasenböhler/Leuenberger, Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung, 3. A. 2016, N 2 zu Art. 50 ZPO; vgl. auch § 90 Abs. 2 JG: „Offensichtlich missbräuchliche Ausstandsbegehren können unter Mitwirkung der betroffenen Richter beurteilt werden“). Mit der Begründung des Erstrichters, wonach das Ausstandsgesuch der Gesuchsgegnerin als offensichtlich trölerisch und rechtsmissbräuchlich zu qualifizieren sei (angefochtene Verfügung, E. 12), setzt sich die Gesuchsgegnerin nicht auseinander. Es kann insofern auf die diesbezügliche zutreffende Begründung des Erstrichters verwiesen werden und es ist aufgrund der Missbräuchlichkeit des Gesuchs nicht zu beanstanden, dass der Einzelrichter B.__ über das gegen ihn gerichtete Ausstandsgesuch selbst entschied. Die Beschwerde ist somit auch in Bezug auf das Ausstandsbegehren abzuweisen.
4. Zusammenfassend ist die Beschwerde abzuweisen, soweit auf sie einzutreten ist. Das sinngemässe Gesuch um aufschiebende Wirkung wird damit gegenstandslos. Weil die Beschwerde der Gesuchsgegnerin mangels einer Auseinandersetzung mit der angefochtenen Verfügung und des Vorbringens von Noven von vornherein aussichtlos war, ist ihr Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege abzuweisen (Art. 117 lit. b ZPO). Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend sind die Gerichtskosten von Fr. 450.00 vollumfänglich der unterliegenden Gesuchsgegnerin aufzuerlegen (Art. 106 Abs. 1 ZPO; Art. 48 i.V.m. Art. 61 Abs. 1 GebV SchKG). Dem Gesuchsteller ist mangels Antrags resp. Aufwands (vgl. KG-act. 5) keine Umtriebsentschädigung zuzusprechen (Art. 95 Abs. 3 lit. c ZPO);-
beschlossen:
1. Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit auf sie einzutreten ist.
2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens von Fr. 450.00 werden der Gesuchsgegnerin auferlegt.
3. Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen seit Zustellung nach Art. 113 ff. des Bundesgerichtsgesetzes (BGG) Verfassungsbeschwerde beim Bundesgericht in Lausanne eingereicht werden; vorbehalten bleibt die Geltendmachung einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung mit Beschwerde in Zivilsachen gemäss Art. 72 ff. BGG, die in der gleichen Rechtsschrift bzw. bei alleiniger Einlegung innert derselben Frist einzureichen ist. Die Beschwerdeschrift muss Art. 42 BGG entsprechen. Der Streitwert beträgt Fr. 2'000.00.
4. Zufertigung an die Gesuchsgegnerin (1/R), den Gesuchsteller (1/ES) und die Vorinstanz (1/A) sowie nach definitiver Erledigung an die Vorinstanz (1/R, mit den Akten) und die Kantonsgerichtskasse (1/ü, im Dispositiv).
Namens der Beschwerdekammer
Der Kantonsgerichtsvizepräsident
Die Gerichtsschreiberin
Versand
28. Dezember 2020 kau