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Urteil Obergericht (SH)

Zusammenfassung des Urteils Nr. 50/2017/29: Obergericht

Das Obergericht des Kantons Zürich, II. Strafkammer, hat am 23. August 2011 ein Urteil in einer Strafsache gefällt. Der Angeklagte wurde für mehrfache Verstösse gegen das Betäubungsmittelgesetz schuldig befunden und zu 6 Jahren Freiheitsstrafe verurteilt. Er muss zudem dem Staat Fr. 4000.- als Ersatz für widerrechtlich erlangenen Vermögensvorteil zahlen. Die Kosten des Verfahrens belaufen sich auf Fr. 24'467.90. Der Angeklagte, vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. X., hatte Berufung gegen das Urteil des Bezirksgerichts Bülach eingelegt. Das Gericht bestätigte das Urteil der Vorinstanz und wies die Berufung ab.

Urteilsdetails des Kantongerichts Nr. 50/2017/29

Kanton:SH
Fallnummer:Nr. 50/2017/29
Instanz:Obergericht
Abteilung:-
Obergericht Entscheid Nr. 50/2017/29 vom 28.08.2018 (SH)
Datum:28.08.2018
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort: Nicht obligatorische Landesverweisung - Art. 66abis StGB. Die Staatsanwaltschaft hat einen Antrag auf Erlass einer Landesverweisung grundsätzlich bereits in der Anklageschrift zu stellen. Dazu gehört auch ein Antrag, ob eine Ausschreibung im Schengener Informationssystem (SIS) verlangt wird (E. 9.3). Die Anordnung einer nicht obligatorischen Landesverweisung ist in der Regel ab einer Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von mehr als einem Jahr zu prüfen. Bei Wiederholungstätern kann sich eine solche Prüfung auch bei kürzeren Strafen rechtfertigen. Die Legalprognose muss im Einzelfall aus spezialpräventiver Sicht eine Landesverweisung indizieren (E. 9.4). Im Rahmen der Verhältnismässigkeitsprüfung sind die sicherheitspolizeilichen Interessen an einer Fernhaltung gegen das private Interesse des Beschuldigten abzuwägen. Zu berücksichtigen sind namentlich die Anwesenheitsdauer, die familiären Verhältnisse, die Arbeits- und Ausbildungssituation, die Persönlichkeitsentwicklung, der Grad der Integration und die Resozialisierungschancen. Bei allen Aspekten ist der Fokus auf die Situation in der Schweiz wie auch auf die Situation im Heimatland zu legen. Gegen den Vollzug sprechende Umstände sind bereits bei der Prüfung der Landesverweisung zu beachten (E. 9.5).
Schlagwörter : Landes; Landesverweis; Landesverweisung; Beschuldigte; Beschuldigten; Interesse; Schweiz; Gericht; Staatsanwaltschaft; Freiheitsstrafe; Situation; Recht; Antrag; Anklageschrift; Prüfung; Interessen; Kommentar; Flüchtling; Hinweis; Delikt; Tochter; Anordnung; Vollzug; Kantonsgericht; Berufung; Recht; Urteil; Hinweisen
Rechtsnorm:Art. 13 BV ;Art. 2 StGB ;Art. 326 StPO ;Art. 66a StGB ;Art. 66d StGB ;Art. 8 EMRK ;
Referenz BGE:135 II 377; 137 I 247;
Kommentar:
-

Entscheid des Kantongerichts Nr. 50/2017/29

Nicht obligatorische Landesverweisung - Art. 66abis StGB.

Die Staatsanwaltschaft hat einen Antrag auf Erlass einer Landesverweisung grundsätzlich bereits in der Anklageschrift zu stellen. Dazu gehört auch ein Antrag, ob eine Ausschreibung im Schengener Informationssystem (SIS) verlangt wird (E. 9.3).

Die Anordnung einer nicht obligatorischen Landesverweisung ist in der Regel ab einer Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von mehr als einem Jahr zu prüfen. Bei Wiederholungstätern kann sich eine solche Prüfung auch bei kürzeren Strafen rechtfertigen. Die Legalprognose muss im Einzelfall aus spezialpräventiver Sicht eine Landesverweisung indizieren (E. 9.4).

Im Rahmen der Verhältnismässigkeitsprüfung sind die sicherheitspolizeilichen Interessen an einer Fernhaltung gegen das private Interesse des Beschuldigten abzuwägen. Zu berücksichtigen sind namentlich die Anwesenheitsdauer, die familiären Verhältnisse, die Arbeitsund Ausbildungssituation, die Persönlichkeitsentwicklung, der Grad der Integration und die Resozialisierungschancen. Bei allen Aspekten ist der Fokus auf die Situation in der Schweiz wie auch auf die Situation im Heimatland zu legen. Gegen den Vollzug sprechende Umstände sind bereits bei der Prüfung der Landesverweisung zu beachten (E. 9.5).

OGE 50/2017/29 vom 28. August 2018 Veröffentlichung im Amtsbericht

Sachverhalt

X. wurde vom Kantonsgericht zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 18 Monaten verurteilt. Zusätzlich ordnete das Kantonsgericht gestützt auf Art. 66a StGB eine obligatorische Landesverweisung an, da es den Beschuldigten wegen einer Anlasstat für die obligatorische Landesverweisung verurteilte. Gegen dieses Urteil erhob X. Berufung an das Obergericht und beantragte unter anderem, er sei vom Vorwurf der sexuellen Handlung mit einem Kind freizusprechen und es sei keine Landesverweisung auszusprechen. Das Obergericht hiess die Berufung teilweise gut, sprach den Beschuldigten vom Vorwurf der sexuellen Handlung mit einem Kind frei und hatte damit die nicht obligatorische Landesverweisung zu prüfen.

Aus den Erwägungen
  1. Das Gericht kann einen Ausländer bei Verbrechen Vergehen, die nicht von Art. 66a StGB erfasst werden, für drei bis fünfzehn Jahre des Landes verweisen (Art. 66abis StGB).

    Weil der Beschuldigte vom Vorwurf der sexuellen Handlungen mit Kindern freizusprechen ist, liegt kein Anlassdelikt für eine obligatorische Landesverweisung gemäss Art. 66a Abs. 1 StGB vor. Nachdem dem Beschuldigten anlässlich der Berufungsverhandlung entsprechend das rechtliche Gehör gewährt wurde, ist im Folgenden die nicht obligatorische Landesverweisung zu prüfen (vgl. Marianne Heer, in: Niggli/Wiprächtiger [Hrsg.], Basler Kommentar, Strafrecht I, 3. A., Basel 2013, Art. 56 N. 24, S. 1193 f.).

    1. Der amtliche Verteidiger macht geltend, eine Landesverweisung sei von der Staatsanwaltschaft nicht in der Anklageschrift, sondern erst an der Hauptverhandlung beantragt worden. Die Landesverweisung würde für ihn einen besonderen Härtefall bedeuten. Er sei ein anerkannter Flüchtling und müsste bei einer Rückkehr in den Iran wegen seiner Konversion zum Christentum und seiner Glaubensausübung um sein Leben fürchten. Die öffentlichen Interessen würden daher die privaten Interessen des Beschuldigten am Verbleib in der Schweiz nicht überwiegen. Es sei deshalb von einer Landesverweisung abzusehen, eventualiter wäre deren Vollzug aufzuschieben.

    2. Die Staatsanwaltschaft brachte anlässlich der Berufungsverhandlung vor, der Beschuldigte sei in der Schweiz nicht integriert, habe keine feste Arbeitsstelle und werde nach wie vor vom Sozialamt unterstützt. Bezüglich Familienverhältnisse sei zu berücksichtigen, dass die weitere Entwicklung der Beziehung des Beschuldigten mit Y. unklar sei. Gegebenenfalls sei es Y. und den Kindern zuzumuten, die Schweiz ebenfalls zu verlassen. Die psychischen Probleme des Beschuldigten seien offenbar auch in der Schweiz nicht behandelbar. Der Beschuldigte sei zu einer erheblichen Strafe zu verurteilen, was unter Berücksichtigung der kurzen Aufenthaltsdauer die Anordnung einer fakultativen Landesverweisung rechtfertige.

    3. Der amtliche Verteidiger weist zu Recht darauf hin, dass die Staatsanwaltschaft den Antrag, es sei eine Landesverweisung auszusprechen, erst anlässlich der Hauptverhandlung vor Kantonsgericht stellte. Grundsätzlich hätte die Staatsanwaltschaft ihren Antrag auf Erlass dieser Sanktion bereits in der Anklageschrift stellen sollen, wobei hierzu auch die Information gehört, ob eine SIS-Ausschreibung des Landesverweises beantragt wird, damit dem Beschuldigten bereits bei Anklageerhebung klar ist, ob ihm lediglich ein Landesverweis ein Europa-

      verweis droht (vgl. Art. 326 Abs. 1 lit. f StPO; Heimgartner/Niggli, in: Niggli/Heer/Wiprächtiger [Hrsg.], Basler Kommentar, Schweizerische Strafprozessordnung/Jugendstrafprozessordnung, Art. 196-457 StPO, Art. 1-54 JStPO, 2. A., Basel 2014, Art. 326 N. 10 f., S. 2535). Indes unterliegen die zusätzlichen Angaben und Anträge gemäss Art. 326 Abs. 1 StPO nicht dem Anklageprinzip, so dass - nach Gewährung des rechtlichen Gehörs im Strafurteil über die betreffenden Punkte entschieden werden kann (vgl. Heimgartner/Niggli, Art. 326 N. 1, S. 2533 mit Hinweisen). Vorliegend hat die Staatsanwaltschaft an der Hauptverhandlung einen entsprechenden Antrag gestellt, zu dem sich der Beschuldigte bzw. dessen amtlicher Verteidiger äussern konnte. Damit wurde der Anspruch des Beschuldigten auf rechtliches Gehör gewahrt.

    4. Die nicht obligatorische Landesverweisung gemäss Art. 66abis StGB zielt insbesondere auf Kriminaltouristen und Wiederholungstäter. Die gesetzgeberische Wertung des Art. 66a StGB impliziert, dass bei dort nicht erfassten Delikten eine erhebliche Schwere vorliegen und die Legalprognose im Einzelfall aus spezialpräventiver Sicht eine Landesverweisung indizieren muss (vgl. Stefan Heimgartner, in: Donatsch et al. [Hrsg.], OF-Kommentar StGB/JStG, 20. A., Zürich 2018, Art. 66abis StGB N. 1, S. 213; Fanny De Weck, in: Spescha et al. [Hrsg.], OF-Kommentar Migrationsrecht, 4. A., Zürich 2015, Art. 66abis StGB N. 1, S. 728; Amtl. Bulletin Ständerat 2014 S. 1237 und S. 1253). Aus Gründen der Rechtsgleichheit und Rechtssicherheit erscheint es angemessen, die Anordnung einer Landesverweisung gemäss Art. 66abis StGB in der Regel ab einer Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von mehr als einem Jahr zu prüfen (längerfristige Freiheitsstrafe gemäss migrationsrechtlicher Praxis; vgl. BGE 135 II 377 E. 4.2; in diesem Sinn auch De Weck, Art. 66abis N. 1, S. 728 mit Hinweis auf BBl 2012 4746; Karl Kümin, Darf eine Aufenthaltsbewilligung widerrufen werden, nachdem von einer Landesverweisung abgesehen wurde, in: Jusletter vom 28. November 2016, Rz. 62). Bei Wiederholungstätern kann sich eine solche Prüfung auch bei kürzeren Strafen rechtfertigen, wenn mehrere kürzere Strafen vom Verschulden her einer längerfristigen Freiheitsstrafe gleichzusetzen sind (vgl. Kümin, Rz. 66; in diesem Sinn auch die Empfehlungen des Vorstandes der SSK betreffend die Ausschaffung verurteilter Ausländerinnen und Ausländer [Art. 66a bis 66d StGB], publiziert unter: www.sskcps.ch/sites/default/files/empfehlung_art66_final_dt_nov2016.pdf).

    5. Im Rahmen der Verhältnismässigkeitsprüfung sind die sicherheitspolizeilichen Interessen der Schweiz an einer Fernhaltung gegen das private Interesse des Beschuldigten an einem Verbleib in der Schweiz abzuwägen. Ausschlaggebende Faktoren zur Ermittlung des öffentlichen Interesses sind insbesondere die Schwere des Delikts und des Verschuldens, das Ausmass der Rückfallgefahr und die Frage, ob es sich um wiederholte resp. erneute Straffälligkeit handelt (vgl. Niccolò Raselli,

      Obligatorische Landesverweisung und Härtefallklausel im Ausführungsgesetz zur Ausschaffungsinitiative, in: Sicherheit & Recht 3/2017, S. 141 ff., 150 f. mit Hinweisen). Hinsichtlich des privaten Interesses am Verbleib in der Schweiz sind namentlich die Anwesenheitsdauer, die familiären Verhältnisse (vgl. Art. 13 BV und Art. 8 EMRK), die Arbeitsund Ausbildungssituation, die Persönlichkeitsentwicklung, der Grad der Integration und die Resozialisierungschancen zu berücksichtigen (vgl. Busslinger/Uebersax, Härtefallklausel und migrationsrechtliche Auswirkungen der Landesverweisung, in: plädoyer 5/16, S. 100 f.; Adrian Berger, Umsetzungsgesetzgebung zur Ausschaffungsinitiative, in: Jusletter vom 7. August 2017, Rz. 96 und 134; Raselli, S. 151). Bei allen Aspekten ist der Fokus einerseits auf die Situation in der Schweiz und andererseits auf die Situation im Heimatland zu legen. Gegen den Vollzug sprechende Umstände (vgl. Art. 66d StGB) sind bereits bei der Prüfung der Landesverweisung zu beachten. Zudem sind die verfassungsrechtlichen und völkerrechtlichen Bestimmungen einzuhalten (vgl. OG Zürich, Urteil SB170257-O/U vom 1. September 2017, E. 3.1; Busslinger/ Uebersax, S. 99; Berger, Rz. 172; De Weck, Art. 66d StGB N. 10, S. 734; vgl. auch BGer 6B_296/2018 vom 13. Juli 2018 E. 3 insbesondere betreffend Prüfung von Art. 8 EMRK).

      1. Einleitend ist festzuhalten, dass im Kontext der Landesverweisung aufgrund des Rückwirkungsverbots nur die nach Inkrafttreten der entsprechenden Gesetzesrevision, d.h. nur die ab dem 1. Oktober 2016 begangenen Delikte berücksichtigt werden dürfen (vgl. Art. 2 StGB; De Weck, Art. 66a StGB N. 5, S. 732 mit Hinweisen). Dies umfasst die Ziffern 1.3-1.8 der Anklageschrift (Vorfälle vom 9. und 10. Oktober 2016). Zu berücksichtigen ist ebenfalls die Verletzung der Fürsorgepflicht (Ziffer 1.1 der Anklageschrift). Dabei handelt es sich um ein Delikt, das typischerweise ein länger dauerndes Verhalten umfasst ( ). Das strafbare Verhalten begann anfangs Dezember 2015, endete jedoch erst am 10. Oktober 2016, weshalb das im letztgenannten Zeitpunkt geltende neue Recht massgeblich ist (vgl. Peter Popp/Anne Berkemeier, in: Niggli/Wiprächtiger [Hrsg.], Basler Kommentar, Strafrecht I, 3. A., Basel 2013, Art. 2 N. 11, S. 159). An dieser Stelle nicht zu berücksichtigen ist indes die Verurteilung wegen versuchter Nötigung ( ).

      2. Im Kontext des öffentlichen Interesses fällt ins Gewicht, dass auch in Berücksichtigung des Rückwirkungsverbots (vgl. vorangehende E. 9.5.1) eine erhebliche Schwere der Delikte bzw. des Verschuldens vorliegt, die sich in einer längerfristigen Freiheitsstrafe ( ) manifestiert. Insbesondere die Vorfälle vom 9./10. Oktober 2016 lassen auf ein erhebliches Gewaltpotential des Beschuldigten schliessen, der überdies wegen Angriffs vorbestraft ist. Bei einer allfälligen Rückkehr zu Y. bestünde gemäss dem psychiatrischen Gutachter Dr. med. Z. eine eher hohe Wahrscheinlichkeit erneuter häuslicher Gewalt zulasten von Y. und A. Indes lebt der Beschuldigte mittlerweile seit über einem Jahr in einem eigenen Haushalt

        und beabsichtigt gemäss glaubhaften eigenen Aussagen nicht, wieder mit Y. zusammenzuziehen; wichtig sei ihm einzig der Kontakt zu seiner Tochter B. Zu berücksichtigen ist sodann, dass seit der Gewalteskalation vom Oktober 2016 rund zwei Jahre vergangen sind, wobei der Beschuldigte sich seither wohl verhalten hat und es zu keinen weiteren negativen Vorfällen im Umgang mit A. gekommen ist. Ebenfalls ins Gewicht fällt, dass der Beschuldigte seit Mai 2018 in einem Restaurationsbetrieb arbeitet und eine Perspektive hat, nach Ende dieser befristeten Anstellung (Ende Oktober 2018) eine neue Anstellung zu finden. Diese Faktoren reduzieren das Rückfallrisiko. Dennoch besteht nach wie vor wie dies auch der psychiatrische Gutachter festgestellt hat ein erhebliches Restrisiko, insbesondere für Gewalttaten. Insgesamt besteht daher auch zum jetzigen Zeitpunkt ein öffentliches Interesse daran, den Beschuldigten des Landes zu verweisen.

      3. Mit Bezug auf das private Interesse ist zunächst zu berücksichtigen, dass sich der Grad der Integration des seit dem Jahr 2012 in der Schweiz lebenden Beschuldigten in jüngerer Vergangenheit insofern verbessert hat, als er seit Mai 2018 einer Arbeit in der Küche eines Restaurationsbetriebs nachgeht und seither keine finanziellen Sozialhilfeleistungen mehr bezieht. Zwar ist diese Stelle befristet und die wirtschaftliche Situation nach wie vor prekär, doch besteht immerhin eine Perspektive, dass der Beschuldigte in der Schweiz wirtschaftlich Fuss fassen kann. Von zentraler Bedeutung ist sodann das Kindeswohl. Dem Interesse der mittlerweile drei Jahre alte Tochter B., regelmässigen Kontakt auch zu ihrem Vater pflegen zu können, ist eine gewichtige Bedeutung beizumessen (vgl. Art. 3 des Übereinkommens über die Rechte der Kinder vom 20. November 1989 [KRK, SR 0.107]; Art. 13 BV und Art. 8 EMRK; BGer 2C_989/2015 vom 3. Februar 2016

        E. 3.5; BGE 137 I 247 E. 5.1.3). Dabei fällt ins Gewicht, dass sich der Beschuldigte um einen guten und regelmässigen Kontakt zu seiner Tochter bemüht und wenn auch noch nicht in wirtschaftlicher, so doch jedenfalls in affektiver Hinsicht eine enge Beziehung zu B. besteht. Hinsichtlich der vom Beschuldigten geltend gemachten Flüchtlingseigenschaft hielt das Kantonsgericht fest, dies sei eine Frage des Vollzugs. Indes sind im Kontext der Landesverweisung auch die Möglichkeiten für eine Wiedereingliederung im Herkunftsstaat zu berücksichtigen. Der Beschuldigte erfüllt gemäss Asylentscheid des SEM vom 16. September 2014 zufolge seiner Konversion zum Christentum die Flüchtlingseigenschaft und hätte bei einer allfälligen Rückkehr in den Iran mit ernsthaften Nachteilen zu rechnen. Die Anerkennung der Flüchtlingseigenschaft durch die zuständige Behörde ist vom Strafgericht nicht zu hinterfragen. Die iranische Staatsordnung ist sodann totalitär und die Situation im Land auch wirtschaftlich schwierig (vgl. BVGer D-3598/2016 vom 24. April 2018 E. 9.4.2; BVGer E-3966/2015 vom 24. Februar 2016 E. 7.2 mit weiteren Hinweisen). Die Landesverweisung würde aus den genannten Gründen für den Beschuldigten wie auch für seine Tochter mit einer erheblichen Härte einhergehen.

    6. Insgesamt fallen die betroffenen privaten Interessen des Beschuldigten und insbesondere der Tochter B. schwerer ins Gewicht als das öffentliche Interesse. Folglich ist von der Anordnung einer fakultativen Landesverweisung i.S.v. Art. 66abis StGB abzusehen. Die Überprüfung der Flüchtlingseigenschaft durch das SEM bleibt vorbehalten.

Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

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