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Urteil Kantonsgericht (SG)

Zusammenfassung des Urteils BZ.2007.56: Kantonsgericht

Der Fall betrifft eine Aberkennungsklage eines Schweizer Schuldners gegen eine österreichische Bank wegen unberechtigter Abbuchungen von seinem Girokonto. Der Kläger erhob eine Verrechnungseinrede und forderte eine Rückerstattung der abgebuchten Beträge. Das Gericht entschied zugunsten des Klägers und legte der Beklagten Gerichtskosten und Entschädigung auf. Die Beklagte legte Berufung ein, und es wurde über die internationale und örtliche Zuständigkeit sowie das anwendbare Recht diskutiert. Es wurde auch die Frage der Geschäftsführung ohne Auftrag und der nachträglichen Genehmigung von Transaktionen behandelt. Letztendlich wurde entschieden, dass der Kläger berechtigt war, die Verrechnung vorzunehmen, da die Bank unberechtigte Abbuchungen vorgenommen hatte.

Urteilsdetails des Kantongerichts BZ.2007.56

Kanton:SG
Fallnummer:BZ.2007.56
Instanz:Kantonsgericht
Abteilung:Zivilkammern (inkl. Einzelrichter)
Kantonsgericht Entscheid BZ.2007.56 vom 16.07.2008 (SG)
Datum:16.07.2008
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Entscheid Art. 2 Abs. 1 und Art. 18 LugÜ (SR 0.275.11), Art. 83 Abs. 2 SchKG (SR 281.1)
Schlagwörter : Beklagten; Recht; Konto; Kunde; Verrechnung; Kunden; Klägers; Berufung; Geschäft; Guthaben; Eingabe; Zahlung; Vertrag; Parteien; Überweisung; Forderung; Berufungsantwort; Forderung; Gelder; Beweis; Überweisungen; Vertrags; Zusammenhang; Vorgehen; Klage
Rechtsnorm:Art. 116 IPRG ;Art. 117 IPRG ;Art. 120 IPRG ;Art. 126 IPRG ;Art. 126 OR ;Art. 128 IPRG ;Art. 133 IPRG ;Art. 148 IPRG ;Art. 164 ZPO ;Art. 2 ZGB ;Art. 78 ZPO ;Art. 83 KG ;
Referenz BGE:128 III 201; 130 III 285; 132 I 134; 133 III 37; 78 I 174;
Kommentar:
-

Entscheid des Kantongerichts BZ.2007.56

und Art. 148 Abs. 2 IPRG (SR 291); Art. 116 f., 128 Abs. 1 und 133 Abs. 3

IPRG; Art. 126 Abs. 2 IPRG; §§ 863, 914, 1036, 1037 und 1323 ABGB; Art. 2

Abs. 2 ZGB (SR 210); Art. 126 OR (SR 220); Art. 78 ZPO (SGS 961.2).

Internationale Zuständigkeit bei Aberkennungsklage des Schweizer Schuldners am Betreibungsort und Geltendmachung einer Verrechnungsforderung. Anwendbares Recht der Verrechnung. Anwendbares Recht bei Geltendmachung einer Verrechnungsforderung durch den Schweizer Kunden gegenüber der österreichischen Bank im Zusammenhang mit dem Verbrauchergirokonto des Kunden und Fehlen einer Rechtswahl. Ansprüche des Kunden nach österreichischem Recht bei vertragswidriger Fehlbuchung durch die Bank; Geltendmachung des Erfüllungsanspruchs auf Auszahlung auf dem Weg der Verrechnung. Geschäftsführung ohne Auftrag bei bestehendem Vertrag nach österreichischem Recht. Auslegung nach österreichischem Recht, ob eine durch den Kunden nicht autorisierte Buchung von ihm nachträglich durch Stillschweigen genehmigt wurde. Anwendbares Recht für die Rechtsfigur der Empfangsbotenschaft; Zurechnung einer an den Empfangsboten übermittelten Erklärung. Anwendbares Recht bei Verrechnungsverzicht und Prüfung des Vorliegens eines Verrechnungsverzichts. Anwendbares Recht bei Rechtsmissbrauch im Verrechnungsrecht und Prüfung des Vorliegens der Rechtsmissbräuchlichkeit einer Verrechnungserklärung (Kantonsgericht St. Gallen, III. Zivilkammer, 16. Juli 2008, BZ.2007.56).

Art. 2 Abs. 1 und Art. 18 LugÜ (SR 0.275.11), Art. 83 Abs. 2 SchKG (SR 281.1) und

Art. 148 Abs. 2 IPRG (SR 291); Art. 116 f., 128 Abs. 1 und 133 Abs. 3 IPRG; Art. 126

Abs. 2 IPRG; §§ 863, 914, 1036, 1037 und 1323 ABGB; Art. 2 Abs. 2 ZGB (SR 210);

Art. 126 OR (SR 220); Art. 78 ZPO (SGS 961.2). Internationale Zuständigkeit bei

Aberkennungsklage des Schweizer Schuldners am Betreibungsort und

Geltendmachung einer Verrechnungsforderung. Anwendbares Recht der Verrechnung. Anwendbares Recht bei Geltendmachung einer Verrechnungsforderung durch den Schweizer Kunden gegenüber der österreichischen Bank im Zusammenhang mit dem Verbrauchergirokonto des Kunden und Fehlen einer Rechtswahl. Ansprüche des Kunden nach österreichischem Recht bei vertragswidriger Fehlbuchung durch die Bank; Geltendmachung des Erfüllungsanspruchs auf Auszahlung auf dem Weg der Verrechnung. Geschäftsführung ohne Auftrag bei bestehendem Vertrag nach österreichischem Recht. Auslegung nach österreichischem Recht, ob eine durch den Kunden nicht autorisierte Buchung von ihm nachträglich durch Stillschweigen genehmigt wurde. Anwendbares Recht für die Rechtsfigur der Empfangsbotenschaft; Zurechnung einer an den Empfangsboten übermittelten Erklärung. Anwendbares Recht bei Verrechnungsverzicht und Prüfung des Vorliegens eines Verrechnungsverzichts. Anwendbares Recht bei Rechtsmissbrauch im Verrechnungsrecht und Prüfung des Vorliegens der Rechtsmissbräuchlichkeit einer Verrechnungserklärung (Kantonsgericht St. Gallen,

III. Zivilkammer, 16. Juli 2008, BZ.2007.56).

Erwägungen

I.

  1. In der von der Bank B gegen A gestützt auf dessen Solidarbürgschaftserklärung vom 22. Oktober 2004 (bekl. act. 2/3) am 5. August 2005 angehobenen Betreibung Nr. 1X des Betreibungsamtes über Fr. 160'000.- (bekl. act. 8 und 9) erteilte der Präsident des Kreisgerichtes am 26. Oktober 2005 die provisorische Rechtsöffnung. Ein gegen diesen Entscheid gerichteter Rekurs wurde vom Einzelrichter für Rekurse SchKG des Kantonsgerichtes St. Gallen am 9. Januar 2006 abgewiesen (kläg. act. 1).

  2. A klagte daraufhin am 27. März 2007 beim Kreisgericht auf Aberkennung der

    Forderung der Gläubigerin. Der Kläger zog mit seiner Klage nicht ihre Forderung als

    solche in Zweifel, sondern erhob eine Verrechnungseinrede. Er brachte vor, die Beklagte habe von seinem bei ihrer Filiale in Österreich bestehenden Privatkonto Nr. 2X am 20. April 2005 unrechtmässig einen Betrag von Fr. 217'160.- und am 11. Mai 2005 in ebenso unzulässiger Weise eine Summe von Fr. 182'049.abgebucht. Er habe daher einen entsprechenden Rückvergütungsanspruch. Die Verrechnungserklärung bezog sich dabei auf die Transaktion vom 20. April 2005 (Klage, 4). Die Beklagte ihrerseits anerkannte, dass sie die behaupteten Transaktionen durchgeführt hatte. Sie stellte sich aber auf den Standpunkt, ein Anspruch des Klägers bestehe nicht, weil er an den Guthaben auf seinem Konto nicht effektiv berechtigt gewesen sei. Bei dem Konto handle es sich um ein blosses Durchlaufkonto für Hypothekarzinszahlungen von mit ihr geschäftlich verbundenen Kunden, welche gleichzeitig mit dem Kläger nahestehenden bzw. von diesem beherrschten Firmen C-AG, D-GmbH und E&Co. LiegenschaftenVerwaltungsverträge abgeschlossen hätten. Auf der Grundlage dieser Verträge hätten diese Firmen unter anderem das Inkasso von Mietzinsen besorgt und seien sie auch die Verpflichtung eingegangen, die Zahlung der geschuldeten Hypothekarzinsen vorzunehmen. Der Kläger sei selber verpflichtet gewesen, das Geld bankintern auf die Verrechnungskonten der Hypothekarschuldner weiterzuüberweisen (Klageantwort, 8 und 10; Duplik, 4).

    Das angerufene Gericht schützte die Aberkennungsklage mit Urteil vom 22. Februar 2007 und auferlegte der Beklagten die Gerichtskosten von Fr. 12'000.sowie eine Parteientschädigung von Fr. 16'091.80. Nach dessen Auffassung ist erwiesen, dass der Kläger alleine (verfügungs)berechtigt war. Herkunft und Zweckbestimmung der Gelder seien nicht von Bedeutung. Darüber hinaus sei auch nicht erwiesen, dass es sich bei den abgebuchten Beträgen tatsächlich um Kundengelder gehandelt habe (Urteil, 6).

  3. Gegen dieses Urteil erhob die Beklagte am 15. Juni 2007 mit den eingangs erwähnten Anträgen Berufung (B/1). Am 27. August 2007 reichte der Kläger die Berufungsantwort ein (B/9). Die Beklagte reichte daraufhin am 13. September 2007 eine nachträgliche Eingabe zur Wahrung des rechtlichen Gehörs ein (B/13). Der Kläger beantragte vorerst mit Schreiben vom 28. September 2007, diese Eingabe aus dem Recht zu weisen (B/16).

Mit Schreiben vom 15. Januar 2008 (B/19) teilte das Gericht den Parteien mit, dass in der vorliegenden Streitsache keine Verhandlung vorgesehen sei und schlug vor, auf einen zweiten Schriftenwechsel zum Rechtlichen verzichten. Die Beklagte erklärte mit Schreiben vom 6. Februar 2008 ihren Verzicht (B/26). Der Kläger reichte hingegen nach entsprechend erstreckter Frist am 12. Mai 2008 eine Eingabe zum Rechtlichen ein (B/ 47). Darin erklärt er unter anderem nachträglich seine Zustimmung zur Zulassung der nachträglichen Eingabe der Beklagten vom 23. September 2007.

II.

  1. Nachträgliche Eingaben werden ohne weiteres zugelassen, wenn die Gegenpartei ausdrücklich zustimmt (Art. 164 Abs. 3 ZPO). Das ist vorliegend der Fall. Die Eingabe der Beklagten vom 13. September 2007 ist damit zu berücksichtigen.

  2. Der Streitsache liegt ein internationaler Sachverhalt zugrunde, auf welchen die Vorschriften des Lugano-Übereinkommens zur internationalen und örtlichen Zuständigkeit (LugÜ; SR 0.275.11) zur Anwendung kommen. In der Sache geht es um eine gegen die Bürgschaftsforderung der Beklagten gerichtete materiellrechtliche negative Feststellungsklage des Klägers, welche von diesem mit einer durch Verrechnungseinrede geltend gemachten Gegenforderung begründet wird.

Die negative Feststellungsklage als solche hat der Kläger am Gericht des Betreibungsorts als internem Gerichtsstand der Aberkennungsklage anhängig gemacht (Art. 83 Abs. 2 SchKG [SR 281.1] i.V.m. Art. 1 Abs. 2 lit. b GestG [SR 272]). Dieser Gerichtsstand entspricht vorliegend dem Wohnsitz des Klägers. Das grundsätzliche Bestehen der internationalen Zuständigkeit an diesem Gerichtsstand ergibt sich bei diesen Gegebenheiten bereits aufgrund der Tatsache, dass es sich dabei bei materieller Betrachtung, d.h. unter Berücksichtigung des von der Beklagten als Gläubigerin am Wohnsitz des Klägers als Schuldner angestrengten Betreibungsverfahrens, effektiv um den Wohnsitz des Beklagten gemäss Art. 2 Abs. 1 LugÜ handelt (BGE 130 III 285 ff.). Im Übrigen wurde nicht geltend gemacht, dass die so ermittelte Zuständigkeit einer Gerichtsstandsvereinbarung der Parteien (vgl. bekl.

act. 3) widersprechen würde. Die Beklagte hat sich im Gegenteil auf das Verfahren eingelassen, was ebenfalls zuständigkeitsbegründend wirkt (Art. 18 LugÜ).

Die Zuständigkeit zur Beurteilung der vom Kläger geltend gemachten Verrechnungsforderung muss sodann nicht näher erörtert werden. Soweit man dies ebenfalls als eine vom LugÜ geregelte prozessuale Zuständigkeitsfrage betrachtet, hat sich die Beklagte jedenfalls nach Art. 18 LugÜ zuständigkeitsbegründend eingelassen. Nichts anderes gilt im Ergebnis bei materiellrechtlicher Betrachtung. Nach welchen Grundsätzen die Verrechenbarkeit einer Forderung zu beurteilen ist, ist dem Verrechnungsstatut zu entnehmen. Nach Art. 148 Abs. 2 IPRG (SR 291) ist dies das Recht der Forderung, deren Tilgung mit der Verrechnung bezweckt wird. Getilgt werden soll vorliegend die Bürgschaftsschuld des Klägers. Diesbezüglich haben die Parteien auf der Grundlage von Art. 116 Abs. 1 IPRG die Anwendung schweizerischen Rechts gewählt (bekl. act. 3, 3 i.V.m. bekl. act. 2), das ergäbe sich ansonsten aber auch aus Art. 117 Abs. 3 lit. e IPRG. Nach schweizerischem Recht und der diesem zugrunde liegenden Auffassung, wonach es sich bei der Verrechnung um eine materiellrechtliche Frage handelt, ist das in der Hauptsache zuständige Gericht auch dazu berufen, über die im Prozess einredeweise geltend gemachte Forderung zu entscheiden, auch wenn diesbezüglich bei selbständiger Geltendmachung keine Zuständigkeit gegeben wäre (BGE 132 I 134 E. 2.3 S. 139; vgl. zum Ganzen BSK IPRGDasser, 2. A., N 19 ff. zu Art. 148 mit Hinweisen).

III.

1. Der Kläger macht geltend, die Beklagte habe von ihm nicht autorisierte Belastungen seines bei ihr in Österreich bestehenden privaten Verbrauchergirokontos vorgenommen. Dieses Geld habe sie dann in ihrem eigenen Interesse weiterverwendet, indem sie es den Hypothekarzinskonten bestimmter Kunden gutgeschrieben und damit letztlich ihr selber gegenüber bestehende Schulden dieser Kunden getilgt habe. Dabei betont er, dass das fragliche Konto unabhängig vom Zahlungsgrund den Rechtsverkehr zwischen ihm und der Beklagten erleichtern sollte. Er habe das Konto nicht spezifisch als Durchlaufkonto für die Hypothekarforderungen der Beklagten

eröffnet, sondern darüber irgendwelche private Zahlungen abgewickelt (Replik, 2 und 4; Berufung, 4 f. und 8 f.; enger: kl. Eingabe zum Rechtlichen, 6). Es hätten sich darauf denn auch nicht nur Gelder von Kunden von Liegenschaftsverwaltungsfirmen befunden, die gleichzeitig Hypothekarschuldner der Beklagten gewesen seien (Berufungsantwort, 8). Mit dem geschilderten Vorgehen hat die Beklagte nach Ansicht des Klägers eine Vertragsverletzung und gleichzeitig eine unerlaubte Handlung begangen. Er habe damit im Umfang der von der Beklagten vorgenommenen Belastungen einen Anspruch auf Rückvergütung (Klage, 4; Replik, 7) bzw. auf Schadenersatz aus Vertrag, unerlaubter Handlung und ungerechtfertigter Bereicherung (Berufungsantwort, 6 f. und 10; kl. Eingabe zum Rechtlichen, 6). Diesen Anspruch will er gültig zur Verrechnung gebracht haben (Klage, 4; Berufungsantwort, 6-8 und 10).

Nachfolgend wird zunächst darauf eingegangen, unter welchen allgemeinen Voraussetzungen eine Verrechnung internationalprivatrechtlich zulässig ist. Daraufhin wird erörtert, nach welcher Rechtsordnung die vom Kläger behaupteten materiellen Ansprüche zu beurteilen sind. Sodann wird geprüft, ob die klägerische Forderung auf dieser Grundlage ausgewiesen ist bzw. ob sie den allgemeinen Anforderungen hinsichtlich Verrechenbarkeit genügt. Soweit notwendig wird dann zuletzt zu beurteilen sein, ob die vom Kläger erklärte Verrechnung gleichwohl wegen eines vertraglichen Verrechnungsausschlusses wegen Rechtsmissbrauchs nicht zulässig ist (vgl. dazu Berufung, 11 ff.; Berufungsantwort, 7 f.).

2.a) Wie erwähnt kommt vorliegend in Anwendung von Art. 148 Abs. 2 IPRG dem schweizerischen Recht die Rolle des Verrechnungsstatuts zu. Nach dem Verrechnungsstatut beurteilt sich der Mechanismus der Verrechnung, d.h. deren abstrakte Voraussetzungen, deren Geltendmachung/Vollzug sowie deren Wirkungen (ZK-Aepli, N 178 Vorbem. zu Art. 120-126 OR; ZK-Keller/Girsberger, N 51 ff. zu Art. 148 IPRG; BSK IPRG-Dasser, N 17 zu Art. 148). Dazu gehören etwa die Erfordernisse der Fälligkeit, Gegenseitigkeit, Konnexität Gleichartigkeit der in Frage stehenden Forderungen, das Bestehen die Beachtlichkeit gesetzlicher und vertraglicher Verrechnungsverbote das Erfordernis einer Verrechnungserklärung (vgl. ZK-Keller/ Girsberger, N 43 ff. zu Art. 148). Ob überhaupt eine Forderung besteht und ob die jeweiligen Voraussetzungen der Verrechenbarkeit im konkreten Fall erfüllt sind, beurteilt sich dagegen grundsätzlich nach dem jeweiligen Schuldstatut von Hauptund

Verrechnungsforderung (ZK-Aepli, N 181 und 187 Vorbem. zu Art. 120-126 OR; vgl. weiter ZK-Keller/Girsberger, N 48 zu Art. 148 IPRG; BSK IPRG-Dasser, N 17 zu

Art. 148).

b) Art. 116 Abs. 1 IPRG unterstellt Verträge in erster Linie dem von den Parteien gewählten Recht. Liegt keine Rechtswahl vor, untersteht der Vertrag dem Recht des Staates, mit welchem er am engsten zusammenhängt. Dabei wird vermutet, dass der engste Zusammenhang zum Recht des Staates besteht, in welchem die Partei, welche die charakteristische Vertragsleistung erbringt, ihren Aufenthalt bzw. ihre Niederlassung hat (Art. 117 Abs. 1 und 2 IPRG). Besondere Vorschriften bestehen für Konsumentenverträge (vgl. Art. 120 IPRG). Art. 133 Abs. 3 IPRG bestimmt ferner, dass bei Verletzung eines vorbestehenden Rechtsverhältnisses zwischen Schädiger und Geschädigtem durch eine unerlaubte Handlung das Recht, welches auf das vorbestehende Rechtsverhältnis anwendbar ist, auch auf den Deliktsanspruch anzuwenden ist. Gleiches gilt für einen allfälligen Bereicherungsanspruch (Art. 128 Abs. 1 IPRG). Für eventuelle Ansprüche aus Geschäftsführung ohne Auftrag wird in der Lehre je nach Geschäftstyp auf das Vertragsstatut, den Ort der Niederlassung des Geschäftsführers den Ort der Vornahme der Handlung bzw. des Eingriffs abgestellt (vgl. zu den Auffassungen etwa BSK IPRG-Amstutz/Vogt/ Wang, 2. A., N 42 zu Art. 117; ZK-Keller/Kren Kostkiewicz, N117 ff. zu Art. 117 IPRG; BSK OR I-Weber, 4. A., N 21 vor Art. 419-424).

Die Beklagte behauptet unter Verweis auf ihre "Allgemeine[n] Geschäftsbedingungen für Bankgeschäfte", Ziffer 20, die Parteien hätten für ihre Geschäftsbeziehung eine Rechtswahl zugunsten des österreichischen Rechts getroffen (Berufung, 9 und 14). Der Kläger bestreitet dies sinngemäss (Berufungsantwort, 6 und 8). Er macht aber selber keine substantiellen Ausführungen zur Frage einer allfälligen Rechtswahl, er behauptet vor allem nicht eine Wahl des schweizerischen Rechts, und macht zu diesem Thema auch keine Beweisanträge. Insbesondere bezieht sich sein Antrag auf Edition der Kontounterlagen (vgl. Berufungsantwort, 4 und 7; vorinstanzliches Plädoyer, 6) nicht darauf. Andererseits ist es möglich, dass die vom Kläger explizit angesprochenen Unterlagen (Geschäftsbedingungen für Verbrauchergirokonten und Vereinbarungen zu Verbrauchergirokonten gemäss bekl. act. 37a) Abweichungen enthalten, die von der Beklagten angeführten Allgemeinen Geschäftsbedingungen lassen dies gemäss deren

Ziffer 1 auch zu. Im Übrigen macht der Kläger zwar in seiner Eingabe zum Rechtlichen Ausführungen zum österreichischen Recht (Eingabe, 3 und 6), er legt sich diesbezüglich aber nicht fest (vgl. Eingabe, 1). Bei dieser Sachlage ist nicht bewiesen, dass die Parteien eine bestimmte Rechtswahl getroffen haben. Es ist somit objektiv gemäss IPRG anzuknüpfen.

Die fragliche Vertragsbeziehung betrifft ein Girokonto (Replik, 2; Klageantwort, 5; bekl. act. 37a und b). Gegenstand dieser Geschäftsverbindung war aufgrund der Ausführungen der Parteien zumindest die Verpflichtung der Beklagten, das Guthaben des Klägers zu dessen Verfügung zu halten, Rechenschaft abzulegen, gegebenenfalls einen Zins zu bezahlen und Überweisungsaufträge auszuführen. Der Kontoinhaber hat seinerseits üblicherweise für die Leistungen der Bank gewisse Spesen zu entrichten. Abgesehen von einem allfälligen Zinsanspruch des Klägers für die Hingabe des Geldes wurden die typischen Leistungen damit von der Beklagten erbracht. Es war ihre Aufgabe, das Konto zu führen und darüber Rechenschaft abzulegen, das Guthaben zu verwahren, dieses dem Kläger auf dessen Verlangen auszubezahlen und Anweisungsaufträge auszuführen. Es rechtfertigt sich damit die Annahme, dass die vertragscharakteristische Leistung von der Beklagten erbracht wurde (vgl. BGE 133 III 37 E. 2 S. 39 f.). Da sich die Niederlassung der Beklagten in Österreich befindet, weist die Vermutung des Art. 117 Abs. 2 IPRG auf das österreichische Recht. Es sind keine relevanten Anhaltspunkte für eine engere Beziehung des Vertrages zur Schweiz ersichtlich. Art. 120 IPRG bleibt sodann zum Vornherein ausser Betracht, weil aufgrund des Sachverhalts nicht beurteilt werden kann, ob die Voraussetzungen für die Anwendung dieser Norm hier vorliegen. Damit ist auf die vertraglichen Ansprüche des Klägers österreichisches Recht anwendbar. Das gleiche gilt nach den vorstehenden Ausführungen auch für Ansprüche aus unerlaubter Handlung, ungerechtfertigter Bereicherung Fragen der Geschäftsführung ohne Auftrag.

3. a) Das zwischen den Parteien bestehende Rechtsverhältnis über das Girokonto beinhaltet einen Girovertrag und einen von diesem vorausgesetzten Kontoeröffnungsvertrag. Im Kontoeröffnungsvertrag verpflichtet sich die Bank, die Verbuchung der in das Konto eingestellten gegenseitigen Forderungen und Leistungen gegen eine Entschädigung vorzunehmen. Durch den Girovertrag verpflichtet sich die Bank sodann, Überweisungen an Dritte durchzuführen und Überweisungen von Dritten

für den Kunden entgegenzunehmen. Das Girogeschäft ist die Durchführung des bargeldlosen Zahlungsverkehrs und des kontokorrentmässigen Abrechnungsverkehrs (P. Avancini, in: Avancini/Iro/Koziol (Hrsg.), Österreichisches Bankvertragsrecht, Band I, Wien 1987, Rz. 4/4, 6/1, 6/3 und 6/11). Neben dem charakteristischen Bereich des

bargeldlosen Verkehrs erfasst das Girogeschäft auch die baren Einund Auszahlungen. Der Kontoinhaber kann bei Bestehen eines Guthabens jederzeit eine Barauszahlung bis zur Höhe des Tagessaldos verlangen (OGH, Urteil vom 23.3.95, 6Ob550/95, SZ 68/59, abrufbar auf http://www.ris.bka.gv.at/jus/ neues Fenster). Dabei handelt es sich um einen vertraglichen Erfüllungsanspruch. Bei Vorliegen rechtswidriger Abbuchungen richtet sich dieser auf das tatsächlich bestehende Guthaben, wie es bestehen würde, wenn die Abbuchungen nicht stattgefunden hätten. Erforderlich ist dabei nach österreichischem Recht, dass der Kontosaldo ein Guthaben zeigt und prozessual ausreichend klar dargelegt wird, dass nicht nur die buchmässige Richtigstellung des Kontostandes angestrebt wird, sondern mit einer Auszahlung darüber disponiert werden soll. Keine Geltendmachung eines Erfüllungsanspruchs liegt aber grundsätzlich darin, wenn nicht ein Saldo, sondern einzelne zu Unrecht abgebuchte Beträge eingeklagt werden (OGH, Urteil vom 23.3.95, 6Ob550/95, SZ 68/59; Urteil vom 24.11.04, 3Ob196/04a; Urteil vom 7.6.06, 9Ob55/06p). Davon zu unterscheiden ist das Bestehen eines vertraglichen ausservertraglichen Schadenersatzanspruchs. Nach der insoweit einheitlichen Regelung des österreichischen Schadenersatzrechts (§§ 1293 ff. ABGB) hat gemäss § 1323 ABGB der Anspruch auf Naturalrestitution Vorrang vor einem Schadenersatzanspruch in Geld (Koziol/Welser, Bürgerliches Recht, Band II,

12. A., Wien 2001, 302; K.-H. Danzl, in: Koziol et al. (Hrsg.), Kurzkommentar zum ABGB, Wien/New York 2005, N 1 zu § 1323). Für den Fall der unzulässigen Vornahme von Buchungen auf einem Girokonto durch die Bank heisst dies, dass der Geschädigte unter diesem Titel ausschliesslich die Stornierung der entsprechenden Belastungsbuchung verlangen kann, soweit kein weiterer Schaden entstanden ist (OGH, Urteil vom 23.3.95, 6Ob550/95, SZ 68/59; Urteil vom 24.11.04, 3Ob196/04a; Urteil vom 7.6.06, 9Ob55/06p).

Der Kläger stützt seine Verrrechnungsforderung in rechtlicher Hinsicht auf einen auf Geldzahlung lautenden vertraglichen deliktischen Schadenersatzanspruch (Klage, 4; Replik, 7; Plädoyer, 7; Berufungsantwort, 6 f.; vgl. auch Verrechnungserklärung vom

27.3.06 [bekl. act. 28]) und eventuell auf Bereichungsrecht (kl. Eingabe zum

Rechtlichen, 6). Ein solcher Schadenersatzanspruch besteht nach dem Gesagten im österreichischen Recht grundsätzlich nicht und wird von der Beklagten auch nicht anerkannt (Duplik, 6). Es ist daher zunächst zu prüfen, ob sich die Verrechnungsforderung des Klägers in tatsächlicher Hinsicht und auf der Grundlage des Grundsatzes der Rechtsanwendung von Amtes wegen (Art. 78 ZPO) auch mit dem auf Geldzahlung lautenden Erfüllungsanspruch begründen lässt (vgl. so auch immerhin kl. Eingabe zum Rechtlichen, 6). Das ist der Fall, wenn dargetan ist, dass die vom Kläger angeführte Fehlbuchung vertragswidrig war, im zur Verrechnung gestellten Betrag effektiv ein Guthaben besteht und der Kläger dessen Auszahlung verlangt. Auf den Aspekt des Bestehens eines Guthabens braucht aber nicht näher eingegangen zu werden. Der Kläger behauptet wohl nicht, dass sein Konto nach Korrektur der von ihm monierten Buchungen ein Guthaben aufweisen würde, das dem Betrag seiner Verrechungsforderung gleichkommen diesen übersteigen würde (vgl. immerhin Berufungsantwort, 5). Das bleibt aber prozessual ohne Folgen, weil die Klägerin zugesteht, dass nach Vornahme dieser Buchungen das Konto des Klägers geräumt war (Klageantwort, 7 f.; Berufung, 7; vgl. auch bekl. act. 27). Sie gesteht damit auch unter Berücksichtigung ihrer Sachdarstellung zu, dass bei Rückgängigmachung der Belastungen das erforderliche Guthaben vorhanden wäre. Aus dem Prozessverhalten des Klägers ergibt sich weiter, dass er davon ausgeht, bei korrekter Kontoführung habe er noch ein Guthaben auf dem Konto, das er gegenüber der Beklagten zur Verrechnung bringen könne. Seine Vorbringen sind so zu verstehen, dass er eine Berichtigung des Kontostandes fordert und das daraus resultierende Guthaben zur Verrechnung bringen will. Der Kläger hat damit prozessual ausreichend klar dargelegt, dass er nicht nur die buchmässige Richtigstellung des Kontostandes anstrebt, sondern durch Verrechnung darüber disponiert werden soll. Die Verfügung über das Guthaben mittels Verrechnungserklärung ist dabei der Geltendmachung durch Auszahlung gleichzustellen. Es gilt damit nur noch zu klären, ob die Abbuchung des Guthabens zu Unrecht erfolgte und der ursprüngliche Kontostand wieder herzustellen ist.

  1. Im österreichischen Bankvertragsrecht gilt der Grundsatz, dass üblicherweise nur der Kontoinhaber als Vertragspartner der Bank aus dem Konto berechtigt ist und darüber verfügen kann. Für diese ausschliessliche Berechtigung an den gemäss Konto gegen die Bank bestehenden Forderungen ist es gleichgültig, wodurch diese begründet wurden. Ein anderer Forderungsberechtigter aus dem Konto kommt nicht in

    Betracht (Avancini, a.a.O., Rz. 4/23 und 4/84). Dass im Vertragsverhältnis zwischen den Parteien etwas anderes verabredet wurde, ist nicht geltend gemacht worden. Wird seitens der Bank über das Guthaben ohne entsprechende Ermächtigung disponiert, kann dies dem Kontoinhaber nicht entgegengehalten werden (vgl. etwa betreffend Anweisung OGH, Urteil vom 15.12.81, 4Ob570/80, SZ 54/187; Avancini, a.a.O., Rz. 6/50).

    Die Ausführungen der Beklagten, wonach der Kläger an dem fraglichen Guthaben auf seinen Konto nicht selber wirtschaftlich berechtigt sei und er daher nicht verrechnen könne (Klageantwort, 8; Berufung, 10 f.), sind damit für den vorliegenden Zusammenhang belanglos. Weiter ist auch unbestritten, dass der Kläger die Beklagte nicht vorgängig konkret ermächtigt hat, die umstrittenen Abbuchungen vorzunehmen (Duplik, 5; Berufung, 7). Diese bringt allerdings Argumente dafür vor, weshalb sie im Ergebnis dennoch davon habe ausgehen dürfen, zu den Abbuchungen ermächtigt zu sein. Sie beruft sich dabei explizit auf das Recht der Geschäftsführung ohne Auftrag sowie eine nachträgliche Genehmigung der Transaktionen durch den Kläger und spricht auch ihre vertragliche Treuepflicht aus dem Kontovertrag an (Berufung, 14 ff.). Das ist nachfolgend näher zu prüfen.

  2. Im Rahmen des Rechts der Geschäftsführung ohne Auftrag kann ein grundsätzlich rechtswidriger Eingriff in die Rechtssphäre des Betroffenen unter Umständen gerechtfertigt werden. Erforderlich ist aber jedenfalls, dass die Zustimmung des Geschäftsherrn nicht rechtzeitig eingeholt werden kann (Geschäftsführung im Notfall,

    § 1036 ABGB) ein Versuch unternommen wird, die Einwilligung des Geschäftsherrn zu erlangen (Nützliche Geschäftsführung ohne Auftrag, § 1037 ABGB). Wird die Geschäftsführung nachträglich genehmigt, greift in der Regel Vertragsrecht (P. Rummel, in: Rummel, Kommentar zum Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuch, 3. A., Band I, Wien 2000, N 1 f. zu § 1036 und N 1 zu § 1037; vgl. auch P. Apathy, in: Schwimann (Hrsg.), ABGB-Praxiskommentar, 3. A., Wien 2006, N 3 zu § 1035 und N 1 zu §§ 1038-1040). Es ist aber ohnehin zu beachten, dass Geschäftsführung ohne Auftrag grundsätzlich nicht vorliegen kann, wenn zwischen den Parteien eine vertragliche Beziehung besteht. Diesfalls ist durch Auslegung des Vertrags zu ermitteln, ob der Eingriff in die Rechtssphäre des Vertragspartners zulässig ist (Rummel, a.a.O., N 6 zu § 1035; Dittrich/Tades, Das allgemeine bürgerliche Gesetzbuch, 36. A., Wien

    2003, § 1036 E. 2, je mit Hinweisen auf die Praxis). Die Vertragsauslegung orientiert sich entsprechend den allgemein für Willenserklärungen geltenden Regel in erster Linie am übereinstimmenden tatsächlichen Verständnis der Parteien und subsidiär nach dem durch das Vertrauensprinzip unter Berücksichtigung der gesamten Umstände ermittelten objektiven Parteiwillen (§ 863 und 914 ABGB; vgl. R. Bollenberger, in: Koziol et al. (Hrsg.), Kurzkommentar zum ABGB, Wien/New York 2005, N 2 ff. zu § 863 und N 1 ff. zu § 914 mit Hinweisen).

    aa) Es braucht damit nicht weiter auf die Frage der Geschäftsführung ohne Auftrag eingegangen zu werden. Im Übrigen ist auch nicht ersichtlich, dass die Beklagte versucht hätte, die Zustimmung des Klägers einzuholen dass dessen Untersuchungshaft dies zum Vornherein verunmöglicht hätte, wie dies die Beklagte ohne weitere Angaben behauptet (Berufung, 15 f.).

    bb) Unter dem Blickwinkel des Vertragsrechts stellt sich damit zuerst die Frage, ob eine nachträgliche Genehmigung der Transaktion vorliegt. Die Beklagte ist dieser Auffassung. Das begründet sie wie folgt: Sie habe die bei der C-AG zuständige Mitarbeiterin G über die vorgenommenen Überweisungen am 24. Mai 2005 informiert (bekl. act. 27). Da die Korrespondenz mit dem Kläger im Zusammenhang mit dem Girokonto stets an die Adresse der C-AG zuhanden des Klägers gegangen sei, habe sie davon ausgehen dürfen, dass ihm diese Information von seiner persönlichen Mitarbeiterin wie üblich überbracht werde. Ausser einem sogleich korrigierten kleinen Rechnungsfehler sei nichts beanstandet worden. Abgesehen von der fehlenden ausdrücklichen Zustimmung des Klägers in Form der Unterzeichnung der von ihr vorgefertigten Liste der im Einzelnen auf die Verrechnungskonten überwiesenen Beträge sie verweist diesbezüglich auf eine frühere und dann auf ihre eigene Initiative geänderte Praxis sei der ganze Vorgang normal abgelaufen. Sie argumentiert, der Kläger hätte nach Treu und Glauben reagieren müssen, wenn er etwas gegen die auch in seinem Interesse erfolgten Überweisungen einzuwenden gehabt hätte. Stattdessen habe er bis zur Verrechnungserklärung zehn Monate geschwiegen und die Überweisungen somit nachträglich genehmigt (Berufung, 16 f.). Der Kläger bestreitet diese Darstellung. Die von der Beklagten angeführte Korrespondenz (bekl. act. 27) sei ihm nicht bekannt, deren Existenz werde bestritten. Sofern sie aber in der vorliegenden Form erfolgt sei, sei G nicht berechtigt gewesen, für ihn zu handeln, was die Beklagte

    gewusst habe. So habe G weder vor diesem Zeitpunkt noch nachher jemals irgendwelche Dispositionen zu seinem Verbrauchergirokonto getätigt. Sie habe, wenn überhaupt, lediglich Beträge überprüft. Er selber habe im Übrigen zum Ausdruck gebracht, dass er die Transaktionen nicht hinnehme (Schreiben vom 27. Mai 2005 [kläg. act. 3 und 4]; Antrag auf Zeugeneinvernahme von H) (Berufungsantwort, 9). Er habe wiederholt sowohl schriftlich als auch mündlich zusammen mit dem Geschäftsführer der C-AG, H, gegen die widerrechtliche Räumung seines Kontos opponiert (Berufungsantwort, 5; kläg. act. 3 und 4; Antrag auf Zeugeneinvernahme von H). In ihrer nachträglichen Eingabe bestreitet die Klägerin die Authentizität der vom Kläger eingereichten Abmahnschreiben. Diese seien nie zugegangen. Es sei auch unglaubwürdig, dass diese Schreiben des schon damals anwaltlich vertretenen Klägers nicht per Einschreiben versandt worden seien und nach angeblich ausgebliebener Reaktion darauf nicht nochmals nachgehakt worden sei (nachträgliche Eingabe, 6; Antrag auf Zeugeneinvernahme R/Q/L). Ferner bestreite der Kläger erstmals und im Unterschied zum erstinstanzlichen Verfahren Kenntnis und Existenz der Korrespondenz mit der C-AG-Mitarbeiterin G. Sie entgegnet hierzu, es treffe zwar zu, dass die Mitarbeiter des Klägers keine Überweisungen von dessen Girokonto auf die Verrrechnungskonten bewilligen konnten. Diese Mitarbeiter, insbesondere Frau G, seien aber sehr wohl mit dieser Überweisungspraxis vertraut gewesen. Während der Kläger jeweils nur die Zahlungsanweisungen unterschrieben habe, seien seine Mitarbeiter mit der zuständigen Mitarbeiterin bei der Beklagten, L, in Kontakt gestanden und hätten die Kundenumbuchungen überprüft sowie falls nötig korrigiert. Vor dem Hintergrund dieser eingespielten Praxis könne der Kläger nicht behaupten, seine Mitarbeiterin G sei nicht befugt gewesen, für ihn Erklärungen der Beklagten entgegenzunehmen, welche die Abwicklung der Überweisungen betroffen hätten (nachträgliche Eingabe, 7 f.; Antrag auf Zeugeneinvernahme L).

    Mit der Argumentation der Beklagten verbinden sich internationalprivatrechtlich zwei Aspekte. Die Frage der Genehmigung des Klägers muss sich aufgrund der vorstehenden Ausführungen nach österreichischem Recht richten. Hinsichtlich des vorgelagerten Problems, was die Tragweite der angesichts des bekl. act. 27 bewiesenen Entgegennahme der Mitteilung der Klägerin vom 24. Mai 2005 durch die Mitarbeiterin G bei der C-AG ist, liegt es formell anders. Die Beklagte behauptet sinngemäss, G habe für den Kläger als Empfangsbotin gewirkt. Die Anknüpfung der

    Botenschaft ist im IPRG nicht geregelt, es drängt sich diesbezüglich die analoge Anwendung der Regeln über die Stellvertretung auf (Art. 126 IPRG). Auf das Aussenverhältnis ist damit vorliegend angesichts der damaligen Tätigkeit von G bei der C-AG in der Schweiz (bekl. act. 27) schweizerisches Recht anwendbar (Art. 126 Abs. 2 bzw. Abs. 3 IPRG). Danach bewirkt das Einschalten eines Empfangsboten mit der Mitteilung an diesen den Zugang der Erklärung, falls er nach dem Willen des Adressaten zur Entgegennahme ermächtigt ist aber nach der Verkehrsauffassung als befugt und geeignet angesehen wird, die Erklärung in Empfang zu nehmen. Als derartige Empfangsboten werden regelmässig auch Angestellte angesehen. Für den Zeitpunkt des Zugangs ist darauf abzustellen, wann die Übermittlung nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge erwartet werden kann. Leitet der Empfangsbote die Erklärung nicht an den Empfänger weiter, fällt dies in dessen Risikobereich (I. Schwenzer, Schweizerisches Obligationenrecht Allgemeiner Teil, 4. A., Bern 2006, Rz.

    27.24 mit Hinweisen auf die Praxis).

    aaa) Der Kläger bestreitet, G als Botin eingesetzt zu haben und gibt an, die Beklagte habe davon gewusst. Davon kann nicht ausgegangen werden. Die vom Kläger formulierten Beweisofferten beziehen sich nur auf die Frage seines Widerspruchs zu den von der Beklagten vorgenommenen Buchungen (Berufung, 9 i.V.m. 5). Selbst wenn es aber anders sein sollte, wäre ein Beweis so nicht zu erbringen. Die vom Kläger angesprochenen Schreiben vom 27. Mai 2005 beziehen sich nicht auf dieses Problem. Es wird auch nicht genauer dargelegt, inwiefern H konkret bezeugen können soll, dass nach tatsächlicher Auffassung der Parteien G keine Erklärungen der Beklagten entgegennehmen durfte. Massgebend ist somit, was unter den erkennbaren Umständen als Verkehrsauffassung betrachtet werden kann. Diesbezüglich ist zunächst zu berücksichtigen, dass beide Parteien erwiesenermassen davon ausgingen, dass das Girokonto des Klägers zumindest auch mit über die C-AG laufenden Mietzinszahlungen in Zusammenhang stand, welche vom klägerischen Konto bankintern auf die Kreditkonten der Vertragspartner der C-AG bei der Beklagten weiterüberwiesen wurden (kläg. act. 12; kläg. act. 13 ["Kundenüberträge z.L. Konto 2X A/C-AG", u.a. mit Angabe des Kontos von M, unterschrieben vom Kläger; kläg. act. 33a [Liegenschaftsverwaltungsvertrag C-AG/M]; kläg. act. 35). Das wird vom Kläger im Übrigen zugestanden (Berufungsantwort, 3 und 8). Aktenkundig ist ferner, dass schon vor dem fraglichen Kontakt mit G andere Mitarbeiter der C-AG Erklärungen der

    Beklagten im Zusammenhang mit der Deckung der Kreditkonten von deren Kunden entgegennahmen (kläg. act. 14 [E-Mail vom 10.12.04 von L mit Liste der überzogenen Kundenkonten an O, enthält auch die Position M]; kläg. act. 24 [E-Mail vom 1.4.05 von L mit Liste der Rückstände an H, enthält auch die Position M]). Diese Mitteilungen bezogen sich angesichts der geschilderten einvernehmlichen Vorgehensweise der Parteien indirekt zwangsläufig auch auf das Girokonto des Klägers. Es ist nicht ersichtlich, dass der Kläger die Beklagte deswegen abgemahnt hätte. Zu verweisen ist auch auf die Tatsache, dass der Beklagten die E-Mail-Adresse von G bekannt war und der Inhalt des fraglichen E-Mails darauf schliessen lässt, dass es sich nicht um einen einmaligen Kontakt zwischen G und L handelte. G musste L somit als Ansprechperson bei der C-AG bekannt gewesen sein. Beizufügen bleibt, dass es sich bei G offensichtlich nicht um eine subalterne Mitarbeiterin handeln konnte, hatte sie doch im Rahmen der E&Co. die kollektive Zeichnungsberechtigung inne (kläg. act. 31). Vor diesem Hintergrund durfte die Beklagte mangels anderer Anhaltspunkte davon ausgehen, dass auch die Mitarbeiterin G zur Entgegennahme von Korrespondenz mit Bezug zum Girokonto des Klägers, welche auch die C-AG betraf, befugt sein würde. Auf der Grundlage des Vertrauensprinzips und der damit verbundenen Anlastung des Übermittlungsrisikos ist somit anzunehmen, dass der Kläger von der Mitteilung der Beklagten vom 24. Mai 2005 mangels anderer Anhaltspunkte innert nützlicher Frist Kenntnis erlangte.

    Zu beurteilen ist in diesem Zusammenhang weiter, ob der Kläger seine Behauptung zu belegen vermag, wonach er gegen die von der Beklagten vorgenommenen Transaktionen innert angemessener Frist protestiert haben will. Keinen Beweis erbringen dabei die vom Kläger ins Recht gelegten Schreiben vom 27. Mai 2005, in welchen er die Rückgängigmachung von nicht autorisierten Belastungen verlangt (bekl. act. 3 und 4). Der Zugang dieser Schreiben ist seitens der Beklagten bestritten. Diese weist zu Recht darauf hin, dass zu erwarten gewesen wäre, dass bei einer derartigen Angelegenheit mit Fax Einschreiben verfahren worden wäre, dies umso mehr, als der Kläger in diesem Zeitraum bereits einen Rechtsvertreter hatte (kläg. act. 4) und er angesichts seiner Tätigkeit als geschäftserfahren einzustufen ist. Ferner ist zu beachten, dass die Frage der von der Klägerin vorgenommenen Transaktionen nach der vorliegenden Aktenlage wenigstens in schriftlicher Form bis zur Verrechnungserklärung des Klägers im Rahmen der Aberkennungsklage vom 27. März

    2006 von keiner der Parteien thematisiert wurde. Hätte der Kläger wie behauptet frühzeitig gegen das Vorgehen der Beklagten protestiert, wäre zu erwarten gewesen, dass dies vor im Verfahren weiter angesprochen worden wäre. Namentlich hat es der Kläger offenbar auch bis zu seiner Verrrechnungserklärung unterlassen, von der Beklagten jene Dokumente herauszuverlangen, welche ihn in Stand gesetzt hätten, bereits im Rechtsöffnungsverfahren zu versuchen, ihr seine Ansprüche verrechnungsweise entgegenzusetzen. Hinzu kommt auch, dass die Beklagte bereits in der Klageantwort (9) darlegte, dass der Kläger von ihrem Vorgehen gewusst haben müsse. Der Kläger unterliess es vorerst, auf diese Behauptung zu reagieren (Replik, 7). Erst als die Beklagte in der Berufung aus dem von ihr behaupteten Verhalten des Klägers bestimmte Rechtsfolgen ableitete (Berufung, 16 f.), reichte der Kläger die besagten Dokumente ein. Diese Überlegungen führen auch dazu, dass auf die beantragte Zeugeneinvernahme von H zu verzichten ist. Es erscheint auch als unwahrscheinlich, dass der Kläger mündlich gegen das Vorgehen der Beklagten protestiert hat, ohne dass dies in einer Form einen Niederschlag gefunden hätte. Der Kläger vermag darüber hinaus auch nicht wie erforderlich substantiiert darzulegen, aufgrund welcher Begebenheit der angerufene Zeuge belegen können soll, dass mündlich protestiert wurde. Es ist damit bewiesen, dass der Kläger nach der Mitteilung der Beklagten vom 24. Mai 2005 bis zu seiner Verrechnungserklärung vom 27. März 2006 den beanstandeten Transaktionen der Beklagten nicht widersprochen hat.

    bbb) Welche Rechtswirkungen daraus nach den Umständen abzuleiten sind, beurteilt sich nach § 863 ABGB. Danach kann eine Willenserklärung auch stillschweigend erfolgen, wenn unter Berücksichtigung der gesamten Umstände kein vernünftiger Zweifel am Erklärungsverhalten besteht. Blosses Schweigen hat wohl grundsätzlich keinen Erklärungswert. Es ist aber gleichwohl als Einverständnis zu werten, wenn der Adressat aufgrund gesetzlicher Vorgaben, Verkehrssitte, Treu und Glauben den bisherigen Gepflogenheiten der Parteien hätte reden müssen (Bollenberger, a.a.O., N 8 zu § 863; Rummel, a.a.O., N 15 zu § 863; Dittrich/Tades, a.a.O., E. 52/52a zu § 863, je mit Hinweisen auf die Praxis). Abzustellen ist stets auf die Umstände des Einzelfalles (Rummel, a.a.O., N 16 zu § 863). Zu beurteilen ist damit, ob das Stillschweigen des Klägers nach den gesamten Umständen als nachträgliche Genehmigung zu interpretieren ist.

    Nach vom Kläger bestrittener Ansicht der Beklagten muss dies der Fall sein. Als sich die Ausstände auf den Verrechnungskonten der Kunden und damit auch die Sollzinsen im ersten Quartal 2005 infolge ausbleibender Überweisungen immer mehr vergrössert hätten und der Kläger im Frühjahr in Untersuchungshaft gesetzt worden sei, habe sie sich ernsthaft um die weitere Abwicklung der Hypothekarzinszahlungen gesorgt. Da der Kläger angesichts der Untersuchungshaft nicht für die entsprechende Unterschrift auf den Kundenlisten zu errreichen gewesen sei, habe sie das auf dem Girokonto befindliche Geld ohne vorgängige Zustimmung, die wegen der Untersuchungshaft nicht habe eingeholt werden können, auf ein Sperrkonto überwiesen, um es im Anschluss daran auf die verschiedenen Verrechnungskonten der Kunden aufzuteilen (Berufung, 7 und 15). Das sei im Interesse aller Beteiligten gewesen (Interesse der Kreditkunden an Minimierung von Sollzinsen, der von den Kunden beauftragten Liegenschaftsverwaltungsfirmen und des als Hilfsperson dieser Firmen handelnden Klägers an Vermeidung von Rückgriffsforderungen der Kunden infolge verspäteter Überweisungen, der Beklagten an der Deckung der Ausstände). Sie habe dabei so vorgehen dürfen, weil sie den wirtschaftlichen Hintergrund des Kontoguthabens gekannt und in der Vergangenheit jeweils nach ausdrücklicher Zustimmung des Klägers die entsprechenden Zahlungen vorgenommen habe. Es erscheine als klar, dass der Kläger die Überweisungen so angewiesen hätte, wenn er dazu in der Lage gewesen wäre (Berufung, 15). Es habe für ihn nichts zu beanstanden gegeben, habe sie ihm doch, als er handlungsunfähig in Untersuchungshaft gewesen sei, die Arbeit abgenommen und die vertragliche Verpflichtung der C-AG, für die Kunden Hypothekarzinsen zu zahlen, für diese erbracht. Abgesehen von der Unterzeichnung der vorgefertigten Liste, wie dies schon bis ins Jahr 2004 praktiziert und erst auf ihre eigene Initiative geändert worden sei, sei der ganze Vorgang normal abgelaufen (Berufung, 16 f.).

    Die vorstehenden Ausführungen der Beklagten können nicht zur Annahme einer nachträglichen stillschweigenden Genehmigung des Klägers führen. Zunächst ist zu beachten, dass die Beklagte wie angeführt im Juli 2004 die anfänglich zwischen den Parteien übliche Praxis widerrufen hatte, wonach Überträge vom Konto des Klägers auf Konten der Hypothekarschuldner der Klägerin von ihr jeweils ohne konkrete vorgängige schriftliche Zustimmung des Klägers getätigt wurden. Sie selber verlangte dann vom Kläger, dass er die vorzunehmenden Überweisungen durch Unterschreiben einer Liste

    mit den von ihr pro Kunde als erforderlich ermittelten Beträgen genehmigte. Das wurde dann auch so gehandhabt (Klageantwort, 6; Berufung, 6 f.; bekl. act. 12 und 13). Es ist widersprüchlich, wenn die Beklagte sich jetzt wieder auf die anfänglichen Praktiken beruft. Der Kläger durfte sich angesichts des klaren Positionsbezugs der Beklagten grundsätzlich darauf verlassen, dass sie daran festhalten würde. Das gilt umso mehr, als sich auch seine Interessenlage angesichts der veränderten äusseren Umstände geändert haben konnte. Die Frage, inwiefern das der Fall sein würde, musste sich auch der Beklagten aufdrängen, sie konnte sich objektiv nicht mehr einfach auf die ursprünglichen Verhältnisse beziehen. Hinzu kommt, dass die Beklagte den mit der Abbuchung vom 20. April 2004 erlangten Betrag nach Massgabe der auf den Kreditkonten ihrer Kunden bestehenden Ausstände verteilte und die aus der zweiten Transaktion vom 11. Mai 2005 erlangten Gelder mangels vollständiger Deckung nach Köpfen auf diese Konten übertrug (Klageantwort, 7; bekl. act. 25 und 26). Auch bei der von ihr vertretenen Sachdarstellung ist aber klar, dass die sich auf dem klägerischen Konto befindlichen Gelder in unterschiedlicher Höhe den verschiedenen Kreditkunden bzw. Liegenschafteneigentümern zuzuordnen sein mussten. Im wohlverstandenen Interesse des Klägers wäre es daher auf der Grundlage ihrer eigenen Darstellung gewesen, die Guthaben dementsprechend weiterzuüberweisen. Das Vorgehen der Beklagten setzte den Kläger und die Liegenschaftsverwaltungsfirmen dem Risiko aus, dass Kunden im Ergebnis nicht ihrem effektiven Guthaben auf dem klägerischen Konto entsprechende Gutschriften auf ihrem Kreditkonto erhielten. Die Beklagte fragte beim Kläger aber nicht nach der auf die Herkunft der Gelder bezogenen Zusammensetzung des auf seinem Konto befindlichen Guthabens nach und versuchte dies auch nicht. Das wäre aber geboten gewesen. Es ist nicht plausibel, dass dies angesichts der Untersuchungshaft des Klägers zum Vorneherein unmöglich gewesen sein soll bzw. dass so plötzlich gehandelt werden musste. Im Ergebnis gelingt es der Beklagten damit nicht darzutun, dass ihr Vorgehen vollständig im Interesse des Klägers und der anderen Beteiligten war. Bei dieser Sachlage konnte sie nicht davon ausgehen, dass der Kläger ihr Handeln ohne ausdrückliches Einverständnis billigen würde. Daran ändert auch eine in allgemeiner Hinsicht bestehende vertragliche Treuepflicht nichts. Es wurde im Übrigen auch nicht konkret behauptet (vgl. Klageantwort, 6; Duplik, 5), dass die Gelder anfangs vom Kläger überwiesen wurden, ohne dass er in für die Beklagte

    erkennbarer Weise kontrollierte, ob den von der Beklagten vorgeschlagenen Überweisungen entsprechende Guthaben auf dem Girokonto gegenüberstanden.

  3. Die Verrechnungsforderung des Klägers ist damit unter dem Vorbehalt des von der Beklagten eingewendeten Verrechnungsverbots und des von ihr geäusserten Vorwurfs des Rechtsmissbrauchs ausgewiesen.

  1. Der Verzicht auf die Einrede der Verrechnung ist nach schweizerischem Recht zulässig (Art. 126 OR). Inwiefern der Kläger effektiv verzichtet hat, beurteilt sich aber grundsätzlich nach österreichischem Recht (vgl. ZK-Aepli, N 194 Vorbem. zu Art. 120-126 OR).

    Die Beklagte verweist zur Begründung ihres Standpunkts auf Ziffer 60 ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen (bekl. act. 37b). Diese Bestimmung lautet wie folgt: "Der Kunde ist nur dann berechtigt, seine Verbindlichkeiten durch Aufrechnung aufzuheben, wenn das Kreditinstitut zahlungsunfähig ist, die Forderung des Kunden in Zusammenhang mit seiner Verbindlichkeit steht gerichtlich festgestellt vom Kreditinstitut anerkannt worden ist." Die Beklagte weist inbesondere darauf hin, dass die Forderung des Beklagten nicht gerichtlich festgestellt wurde und nicht in Zusammenhang mit seiner Bürgschaftsschuld steht (Berufung, 11). Der Kläger macht demgegenüber vor allem geltend, dass sich die besagte Bestimmung ausschliesslich auf "Verbindlichkeiten" aus dem Bankvertrag bzw. der Bankbeziehung zwischen den Parteien beziehe. Die vorliegend massgebliche "Verbindlichkeit" umfasse demgegenüber die Forderung der Beklagten aus der Solidarbürgschaft. Die Solidarbürgschaft sei als Akzessorium zum Schuldübernahmevertrag zwischen C-AG und Beklagter eingegangen worden. Sie stehe in keinem Zusammenhang mit der Bankbeziehung der Parteien. Die Verrechnungsbeschränkung in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen sei auf die Solidarbürgschaft als "Verbindlichkeit" des Klägers gegenüber der Beklagten nicht anwendbar (Berufungsantwort, 7). Der Kläger bringt weiter vor, wenn die Solidarbürgschaft zur Bankbeziehung der Parteien gerechnet werde, müsse auch die Forderung aus dem Verbrauchergirokonto als mit der Solidarbürgschaft zusammenhängend beurteilt werden. Zudem sei die Verrechnungsforderung durch die Vorinstanz gerichtlich festgestellt und anerkannt worden. Der Verrechnungsausschluss sei im Übrigen ungewöhnlich und damit

    unzulässig. Zudem verlangt er in diesem Zusammenhang die Edition der weiteren Dokumente zu den Kontoeröffnungsunterlagen (Berufungsantwort, 7).

    Die Ausführungen des Klägers treffen im Ergebnis zu. Die allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten finden gemäss Ziffer 1 Anwendung auf die "gesamte Geschäftsverbindung" zwischen den Parteien. Damit sind aber nach allgemeinem Verständnis herkömmliche Bankgeschäfte gemeint, nicht die vorliegende Gestaltung, wo eine Gesellschaft zur Bereinigung eines Konflikts mit der kreditgewährenden Bank die Kreditposition des von ihr vermittelten und dann konkursiten Kreditschuldners der Bank übernimmt und der beherrschende Aktionär der Gesellschaft dieses Geschäft zusätzlich akzessorisch sichert (bekl. act. 2 und 3). Zudem geht es wohl um einen weiteren Vertrag zwischen den Parteien, was grundsätzlich für eine Subsumtion unter den Begriff der Geschäftsbeziehung sprechen könnte. Besonders ist daran aber, dass es dabei um einen Bürgschaftsvertrag geht, welcher als solcher akzessorisch zum Schuldübernahmevertrag zwischen C-AG und Beklagter ist. Insofern geht es um die blosse akzessorische Sicherung eines geschäftlichen Aktes einer dritten Partei, von der nicht behauptet ist, dass für sie ebenfalls die allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten gelten. Es ist nicht anzunehmen, dass der Kläger sich mit der Geltung der allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten weitergehend verpflichten wollte als die C-AG, was sich insbesondere in der Frage der Verrechenbarkeit manifestiert hätte. Jedenfalls erscheint bei dieser Sachlage nicht als klar, ob die allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten gegenüber den Kläger auch bei der vorliegenden Sachlage zur Anwendung kommen sollen. Die unklare Gestaltung allgemeiner Geschäftsbedingungen geht aber auch nach österreichischem Recht zu Lasten des Ausstellers (Bollenberger, a.a.O., N 4 zu § 915 ABGB mit Hinweisen).

  2. Ob die Geltendmachung der Einrede der Verrechnung als rechtsmissbräuchlich zu beurteilen ist, richtet sich nach schweizerischem Recht (vgl. BGE 128 III 201 ff.; ZKAepli, N 195 Vorbem. zu Art. 120-126 OR). Die Beklagte wirft dem Kläger in zweierlei Hinsicht vor, rechtsmissbräuchlich zu handeln. Einerseits liege eine Rechtsausübung ohne schützenswertes Interesse vor, indem der Kläger ohnehin vertraglich verpflichtet wäre, das auf dem Girokonto befindliche Geld auf die Verrechnungskonten der Kunden zu überweisen und damit letztlich deren Schuld bei ihr, der Beklagten, zu tilgen.

Daneben benutze der Kläger das Rechtsinstitut der Verrechnung auch zweckwidrig. Er tilge so mit der Forderung auf Rückgabe von Geldern, welche ihm die Kunden ihrerseits zur Tilgung derer Hypothekarschuldzinsen überlassen hätten, eine persönliche Schuld (Berufung, 12 f.). Der Kläger bestreitet ein rechtsmissbräuchliches Verhalten. Er betont, die Vermögenswerte auf dem Girokonto stünden ausschliesslich ihm zu. Er sei in keiner Weise zu deren Weiterleitung verpflichtet (Berufungsantwort, 8).

  1. Die Einrede des Rechtsmissbrauchs erscheint zum Vorneherein nur begründet, wenn die Beklagte beweist, dass sich auf dem Konto des Klägers ausschliesslich Gelder befanden, die von den Liegenschaftsverwaltungsfirmen zum Zweck der Zahlung der Hypothekarschulden ihrer Auftraggeber bei der Beklagten überwiesen wurden. Falls das Guthaben auch aus Quellen geäufnet wurde, welche damit nichts zu tun hatten, ist nicht ersichtlich, weshalb es nicht zur Verrechnung gebracht werden können soll. Die Rechtsmissbräuchlichkeit bloss auf einen Teil des Guthabens zu beschränken, steht zudem ausser Frage. Weder die Darstellung der Beklagten noch ihre Beweisanträge lassen den geringsten Rückschluss darauf zu, welcher Anteil auszuscheiden wäre. Die Beklagte hat im Übrigen wie erwähnt auch nicht vorgebracht, dass sie die entsprechenden Informationen vom Kläger zu erlangen versucht und er die entsprechenden Angaben verweigert hätte. Diesbezüglich kann daher kein Vorwurf rechtsmissbräuchlichen Verhaltens (widersprüchliches Verhalten, prozessuale Beweisvereitelung) geltend gemacht werden.

    aa) Die Beklagte hat zur Stützung ihres Standpunkts diverse Dokumente eingereicht und ergänzend Zeugenbefragungen der bei ihr involvierten Angestellten beantragt. Die vorliegenden Dokumente stehen ausnahmslos im Einklang mit ihrer Darstellung, und die vom Kläger dagegen formulierten Einwände erweisen sich als nicht stichhaltig.

    So bringt die Beklagte vor, das klägerische Girokonto sei eröffnet worden, um die Überweisung der für die Hypothekarzinszahlungen gedachten Mietzinsen der Kreditkunden durch die zuständigen Liegenschaftsverwaltungsfirmen zu erleichtern bzw. durch die Bündelung der Zahlungen die bei Zahlungen aus der Schweiz anfallenden Spesen für Auslandsüberweisungen zu minimieren. Das Konto sei dabei aus praktischen Gründen auf den Namen des Klägers eröffnet worden. Neben der C- AG seien weitere vom Kläger beherrschte ihm nahestehende Gesellschaften für

    das Mietzinsinkasso zuständig gewesen. Der Kläger sei aber immer primäre Ansprechperson gewesen (Berufung, 5, vgl. auch Klageantwort, 5). Der Kläger äussert sich grundsätzlich nicht zum Beweggrund der Kontoeröffnung (Klageantwort, 2) und zu seinem Verhältnis zu den von der Beklagten angesprochenen Gesellschaften. Er bringt aber vor, die Kontoeröffnung stehe schon chronologisch nicht mit den von der Beklagten getätigten Kreditgeschäften in Zusammenhang (Berufungsantwort, 3 f.). Weiter gesteht er zu, dass zwischen ihm und den Liegenschaftsverwaltungsfirmen Arbeitsbzw. Mandatsverträge bestanden (kl. Eingabe zum Rechtlichen, 4). Zudem hätte es seiner Auffassung nach keinen Sinn gemacht, das Konto auf den eigenen Namen zu eröffnen, wenn darüber nur Zinszahlungen geflossen wären. Es wäre diesfalls auch unnötig gewesen, die entsprechenden Transaktionen der Beklagten immer vorab zu bestätigen (Berufungsantwort, 4). Die Liegenschaftsverwaltungsfirmen hätten für ihre Auftraggeber in der Schweiz Mietzinskonten geführt und von dort aus ordnungsgemäss die erforderlichen Zahlungen getätigt (Berufungsantwort, 3). Die Darstellung der Beklagten zur Kontoeröffnung ist aber stimmig. Es ist allgemein bekannt, dass Auslandüberweisungen (höhere) Spesen verursachen können. Insbesondere bei der vorliegend im Grundsatz unbestrittenen Gestaltung, wo jeweils einzelne kleinere Beträge von Inland-Konten auf die Kreditkonten bei der Beklagten zu überweisen waren (vgl. kläg. act. 33a betreffend M, Kreditkunde der Beklagten), war dies zu kostenintensiv. Die Beklagte hat auch nachvollziehbar dargelegt, dass die Kontoeröffnung des Klägers zeitlich mit der Aufnahme ihrer Hypothekarkredit-Tätigkeit in der Schweiz zusammenfiel (vgl. nachträgliche Eingabe, 2; bekl. act. 41, 38 und 39). Die Beklagte hat weiter belegt, dass jene Firmen, welche Überweisungen auf das Girokonto des Klägers tätigten, ihm nahe standen bzw. von ihm beherrscht wurden (vgl. Duplik, 4). Das betrifft zunächst ausser der C-AG auch die D-GmbH (bekl. act. 30; bekl. act. 33b; Zahlungen gemäss bekl. act. 22) sowie die E&Co. (bekl. act. 31; Zahlungen gemäss bekl. act. 15). Zeichnungsberechtigte Mitarbeiter bei der ebenfalls im Liegenschaftenverwaltungsgeschäft tätigen E&Co. sind O und G, welche beide auch unter dem Kläger bei der C-AG gearbeitet hatten. Zudem weist der Zahlungszweck der Überweisung der E&Co. aus, dass es auch hier um Hypothekarzinsüberweisungen ging. Es ist nicht ersichtlich, aus welchem anderweitigen Grund diese Firma auf das Konto des Klägers eine als Hypothekarzinszahlungen bezeichnete Überweisung vorgenommen haben könnte. Schliesslich ist der Beklagten auch darin zuzustimmen,

    dass das Konto aus pragmatischen Gründen auf den Namen des Klägers eröffnet sein worden mag. Ein anderes Vorgehen hätte vorausgesetzt, dass die Beklagte im Einzelnen über die Vertragsbeziehungen ihrer Kunden mit den Liegenschaftsverwaltungsfirmen im Bild gewesen wäre, damit die erwiesenermassen praktizierte Form des Geldtransfers auch so hätte durchgeführt werden können. Es trifft auch nicht zu, dass es bei der Einrichtung des Kontos zur blossen Weiterleitung der Hypothekargelder der jeweils vorgängig geleisteten Unterschrift des Klägers nicht bedurft hätte. Es versteht sich, dass damit seitens der Beklagten auch sichergestellt werden sollte, dass nur soweit Gelder auf die Kreditkonten der Kunden fliessen würden, als diese auch über entsprechende Deckung auf dem Konto des Klägers verfügten.

    Die Beklagte führt weiter aus, es ergebe sich aus den eingereichten Akten, dass es sich bei den Geldern auf dem Konto um Gelder für Kunden zwecks Begleichung der Hypothekarzinsverpflichtungen gehandelt habe. Sie verweist auf die in den eingereichten Gutschriftsanzeigen genannten Zahlungsgründe (bekl. act. 15, 17, 18, 21, 22), die als Grundlage der Überweisungen auf die Kundenkonten dienenden Barabhebungsbelege (bekl. act. 11) und Kundenlisten (bekl. act. 10, 13a, 13b, 14, 24

    und 27) sowie auf die Korrespondenz (bekl. act. 12, 14, 27) (Berufung, 8). Der Kläger führt demgegenüber aus, er habe über das Konto irgendwelche privaten Zahlungen abgewickelt und verweist auf bekl. act. 19 (Berufung, 4). Er argumentiert weiter, die Gutschriftsanzeigen in bekl. act. 15, 17, 18 und 21 beinhalteten lediglich Einzahlungen von Dritten, nicht aber von Kunden. Die Beklagte habe ferner auf seine Anweisung auch Transaktionen an Dritte ausgeführt (bekl. act. 19) (Replik, 3 f. und 6; Berufung, 6). Die Beklagte entgegnet in ihrer nachträglichen Eingabe, die vom Kläger als Privatzahlung deklarierten Überweisungen stünden ebenfalls in direktem Zusammenhang mit ihren Kreditkunden (nachträgliche Eingabe, 4 f.; kläg. act. 42-44). Wie die Beklagte richtig bemerkt, weisen die von ihr angesprochenen Gutschriftsanzeigen als Zahlungsgrund Hypothekarzinszahlungen aus. Sie beziehen sich dabei auf höhere Summen, welche von der C-AG, der D-GmbH sowie der E&Co. auf das Konto einbezahlt wurden. Vor dem Hintergrund der Zweckwidmung des Kontos, des Bezugs des Klägers zu diesen Firmen und deren vertraglichen Verpflichtungen gegenüber den Auftraggebern (vgl. bekl. act. 33a und b betreffend C- AG und D-GmbH) muss es sich dabei um von diesen Firmen eingenommene und

    weiterzuüberweisende Mietzinszahlungen handeln. Ein anderweitiger plausibler Hintergrund wird vom Kläger nicht genannt und ist nicht ersichtlich. Damit erweist sich auch das Argument des Klägers, es seien keine Kundenzahlungen ausgewiesen, als hinfällig. Ferner hat die Beklagte in ihrer nachträglichen Eingabe plausibel darlegen können, dass die beiden vom Kläger in der Berufung als Privatzahlungen deklarierten Gutschriften an die C-AG und eine Frau P direkt mit der Übernahme von Liegenschaften und entsprechenden Krediten von Kunden der Beklagten durch die C- AG bzw. eine weitere dem Kläger nahestehende Firma zusammenhing. Sodann waren diese Zahlungen auch kontoneutral, indem sie erst von der C-AG auf das Konto des Klägers überwiesen und anschliessend den entsprechenden Kreditkonten bei der Beklagten gutgeschrieben wurden. In seiner Eingabe zum Rechtlichen hat der Kläger schliesslich zugestanden, dass der Hintergrund seines Verbrauchergirokontos auf unterschiedlichen Rechtsbeziehungen beruhe, nämlich auf Liegenschaftsverwaltungsverträgen zwischen Kunden der Beklagten und C-AG, D- GmbH und E&Co. und Arbeitsbzw. Mandatsverträgen zwischen ihm und den genannten Firmen. Das Konto sei gemäss diesen unterschiedlichen Beziehungen geäufnet worden, und die Gelder darauf seien von ihm gemäss diesen unterschiedlichen Rechtsbeziehungen an unterschiedlichste Dritte disponiert worden (kl. Eingabe zum Rechtlichen, 4).

    bb) Die von der Beklagten edierten Dokumente sprechen somit deutlich für ihren Standpunkt, wonach sich auf dem klägerischen Konto Gelder befanden, welche von den Liegenschaftsverwaltungsfirmen auf die bei ihr bestehenden Kreditkonten überwiesen werden sollten. Der erforderliche Beweis, dass sich auf dem dem Konto ausschliesslich solche Gelder befanden, ist damit aber nicht zu erbringen. Würde die Darstellung der Beklagten zutreffen, müsste das Konto einen typischen zyklischen Verlauf haben. Es müsste grundsätzlich anfänglich leer gewesen sein, bis der Kläger den Betrag zur Begleichung der Hypothekarzinsschulden überwies. Nach der Verteilung des Guthabens auf die einzelnen Hypothekarschuldner müsste das Konto wiederum leer gewesen sein. Die Beklagte hat es allerdings unterlassen, diesen Beweis zu führen; etwa indem sie die Kontounterlagen ins Recht gelegt hätte. Zwar hat die Beklagte mit ihren Unterlagen durchaus glaubhaft gemacht, dass das Konto benutzt wurde, um die Hypothekarzinsschulden iher Kunden zu begleichen, die gleichzeitig Kunden der genannten Immobilienverwaltungsfirmen waren. Es ist jedoch in keiner Art

    und Weise bewiesen, dass über das Konto nicht weitere Transaktionen liefen, welche nichts mit den vorstehend diskutierten Verhältnissen zu tun haben. Dabei bleibt es auch nach der klägerischen Darstellung in der Eingabe zum Rechtlichen. Er beharrt auch hier darauf, dass das Konto nicht ausschliesslich im von der Beklagten behaupteten Sinn verwendet wurde (kl. Eingabe zum Rechtlichen, 2 f.) und auch Dritte involviert waren (kl. Eingabe zum Rechtlichen, 4 unten). Ein eindeutiges Ergebnis könnte somit nur auf der Basis der Vorlage der ganzen Kontounterlagen resultieren. Diese hat aber die hinsichtlich der Frage des Rechtsmissbrauchs objektiv beweisbelastete - Beklagte im Unterschied zum Kläger (Replik, 3 ff.; Berufungsantwort, 4; dieser behauptet, die Unterlagen seien bei ihm aufgrund des Strafverfahrens nicht greifbar, vgl. dazu auch vorinstanzliches Plädoyer, 6) nicht zum Beweis offeriert. Auch die von ihr beantragten Einvernahmen der bei ihr tätigen Mitarbeiter L und Q (Berufung, 4 ff.) vermögen daran nichts zu ändern. Diese Personen könnten wohl zur grundsätzlichen Funktion des Kontos und der von ihnen im Einvernehmen mit dem Kläger geübten Praxis Auskunft geben. Es ist aber nicht anzunehmen, dass sie hinsichtlich des gesamten Zahlungsverkehrs dieses Kontos den Überblick hatten und mit Bestimmtheit angeben könnten, dass der Zahlungsverkehr über das Konto des Klägers auch effektiv nur mit den Hypthekarzinszahlungen für ihre Kunden zu tun hatte. Es bleibt möglich, dass der Kläger auch entgegen den seitens der Beklagten bestehenden Vorstellungen das Konto auch für andere Zwecke brauchte, was von der Beklagten gegebenenfalls nicht einmal objektiv erkannt werden konnte. Unter diesen Umständen hätte nur aufgrund der Kontodetails ermittelt werden können, ob die Darstellung der Beklagten zutrifft. Soweit danach etwelche Unklarheiten bestanden hätten, welche dem Kläger anzurechnen gewesen wären, hätte dieser die entsprechenden Erklärungen abgeben müssen. Gegebenenfalls wäre dann auch in Anwendung von Treu und Glauben gegen den Kläger zu entscheiden gewesen. Da die Beklagte aber die Kontounterlagen nicht zum Beweis anbietet, kann zu ihren Lasten nicht angenommen werden, dass das Konto des Klägers als blosses Durchlaufkonto diente. Ob der Kläger rechtsmissbräuchlich gehandelt hat, muss somit offenbleiben. Das betrifft im Übrigen auch die Frage, ob der Kläger das Konto eventuell bewusst abredewidrig verwendete. Eine entsprechende Verpflichtung des Klägers, das Konto nur für die Hypothekarzinszahlungen zu verwenden, wurde nicht behauptet.

    cc) Eine abweichende prozessuale Gewichtung ergibt sich auch nicht auf der Grundlage des von der Beklagten erstinstanzlich geäusserten Arguments, der Kläger betreibe mit seinem Editionsantrag zu den Kontounterlagen einen unzulässigen Ausforschungsbeweis (Duplik, 2 f.).

    Gegenstand ist hier das klägerische Verhalten im Prozess. Dieser bringt im Rahmen der Bestreitung der Darstellung der Beklagten vor, es sei nur ihm bekannt gewesen, wie sich sein Guthaben auf dem Konto zusammengesetzt habe (Replik, 4). Das Konto sei von Dritten geäufnet worden, zu denen die Beklagte keinerlei Bezug gehabt habe. Er habe auch Zahlungen an Personen ausserhalb des Kundenkreises der Beklagten veranlasst (Replik, 3 f.). Auf das Konto hätten auch andere Dritte als C-AG bzw. D- GmbH Zahlungen geleistet. Ferner hätten die Überweisungen von C-AG und D-GmbH Gelder von beliebigen Dritten und nicht nur von Kunden der Beklagten beinhaltet. Er habe ab dem Konto an beliebige Empfänger und nicht einzig an die Beklagte disponiert (Berufungsantwort, 8). Er habe darüber auch irgendwelche private Zahlungen abgewickelt (Berufungsantwort, 4; enger zum Ganzen: kl. Eingabe zum Rechtlichen, 4).

    Konsequenzen aus der Art dieser Gegendarstellung müssten sich dann ergeben, wenn der Kläger eine Pflicht verletzen würde, die beklagtische Behauptung, wonach ein Durchlaufkonto vorliege, in gewissem Umfang substantiiert zu bestreiten. Das ist aber nicht der Fall. Die von der Bestreitungslast betroffene Partei legt mit ihrem Vorbringen fest, welche Tatsachen im Beweisverfahren als Streitpunkte zu klären sind und zwingt die Gegenseite möglicherweise zu weiterer Substantiierung der betreffenden Behauptung sowie letztlich zum Beweis ihrer streitigen Behauptung. Dabei genügt es grundsätzlich, wenn die Bestreitung entsprechend diesem Zweck konkretisiert wird, um den Behauptenden zu der ihm obliegenden Beweisführung zu veranlassen. Eine Pflicht zur Teilnahme der an sich nicht beweisbelasteten Partei an der Beweisführung ist nur dort zu erwägen, wo sich der Behauptende im Beweisnot befindet und der Belangte näher am Beweis steht (S. Burkhalter Kaimakliotis, Die Substanzierungslast insbesondere gemäss der Zürcher Zivilprozessordnung und der Praxis des Bundesgerichts, AJP 2007, 1263 ff., 1267 f., mit Hinweisen auf die Praxis). Vorliegend hat der Kläger klar zu verstehen gegeben, dass aus seiner Sicht ein Durchlaufkonto nicht gegeben ist. Er hat mit anderen Worten bestritten, dass die von der Beklagten gegebene Darstellung allgemeingültig ist und hat somit das Beweisthema in

    genügender Weise vorgegeben. Unter diesen Umständen ist klar, dass sich die seitens der Beklagten erforderliche Beweisführung nicht nur auf einzelne, als repräsentiv erachtete Aktenstücke stützen kann. Eine andere Frage ist wie erwähnt, ob der Kläger dann dort, wo der Beklagten weitere Kenntnisse abgehen, auf der Grundlage der edierten Akten genauere Angabe hätte machen müsste. Im Vorgehen des Klägers kann unter diesen Umständen auch kein gleichsam durch pauschales Bestreiten ermöglichtes Ausforschen der Beklagten gesehen werden.

  2. Wie sich nachfolgend ergibt, könnte sich die Beklagte aber auch bei materiellrechtlicher Betrachtung nicht auf das Argument des Rechtsmissbrauchs stützen.

aa) Rechtsmissbrauch liegt unter anderem vor, wenn sich die Ausübung eines Rechts subjektiv als nutzlos erweist bzw. kein Interesse daran besteht. Unter diese Fallgruppe fällt auch die Situation, in welcher die Durchsetzung eines Anspruchs sogleich zu einem Rückforderungsanspruch des Verpflichteten führen würde (BSK ZGB I-Honsell,

3. A., N 40 zu Art. 2). Die Praxis hat diese Vorschrift auch in einem Fall mittelbarer Stellvertretung angewendet. Dem Anspruch der klagenden Aktiengesellschaft gegen den Beklagten auf Barliberierung wurde der damit gleichzeitig und in gleicher Höhe entstehende bereicherungsrechtliche Anspruch dessen Vertreters auf Rückleistung der vorher ungültig getätigten Sacheinlage entgegengehalten, welche dieser auf Rechnung des Beklagten hätte geltend machen können. Der klagenden Partei wurde es so verunmöglicht, sich aufgrund des Auseinanderfallens von Rückforderungsanspruch und Barliberierungsverpflichtung einen ungerechtfertigen Vorteil zu verschaffen, der sich aus dem Umstand ergeben hätte, dass der rückforderungsberechtigte Vertreter nicht mehr greifbar war (BGE 78 I 174 E. 5 S. 180 f.).

Der vorliegende Sachverhalt ist nicht deckungsgleich, auch wenn man von der Verrechnungslage abstrahiert. Die Beklagte hat gegenüber ihren Kreditkunden Anspruch auf Zahlung der Hypothekarzinsen und gegebenenfalls der Amortisationen. Geht man von ihrer bestrittenen - Betrachtung aus, so ist der Kläger in diesem Zusammenhang ihr gegenüber ein Repräsentant der Liegenschaftsverwaltungsfirmen, welche für die Kreditkunden deren Verpflichtungen erfüllen. Sie ist auf dieser Grundlage sinngemäss der Ansicht, sie habe mit den umstrittenen Transaktionen nur das getan,

was auch der Kläger aufgrund seiner Verpflichtungen gegenüber den Kunden hätte tun müssen. Wenn er hier verrechnungsweise die Rückleistung dieser Gelder verlange, müsse er diese aufgrund des ihm gegenüber bestehenden Anspruchs der Kunden auf Überweisung ohnehin sogleich wieder rücküberweisen. Dieser Betrachtung kann nicht beigetreten werden. Es ist an erster Stelle darauf hinzuweisen, dass der Kläger bei einer Gesamtbetrachtung gegebenenfalls tatsächlich den vollen Betrag zuhanden der Kunden wieder an die Beklagte zu überweisen hätte. Es erscheint aber als ausgeschlossen, dass auch die einzelnen Beträge in gleicher Weise zu verteilen wären. Das hat die Beklagte ihrem eigenen rechtswidrigen Verhalten zuzuschreiben, das insofern nicht mit der Einrede des Rechtsmissbrauchs gedeckt werden kann. Es ist weiter auch möglich, dass der Kläger seinerseits auf Rechnung der Liegenschaftsverwaltungsfirmen den Kunden gegenüber Ansprüche geltend machen kann, so dass im Ergebnis gar nicht der volle Betrag rückzuüberweisen wäre. Da die Beklagte zudem nicht vorbringt, Informationen darüber zu haben, welche Beträge ihre Kunden an die klägerischen Firmen bezahlt haben, kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Beklagte selbst säumigen Hypothekarschuldnern Gutschriften zu Lasten des klägerischen Kontos ausgerichtet hat. Letztlich liegt es bei der von der Beklagten vertretenen Darstellung objektiv nahe, dass der Kläger die Rückvergütung der Gelder verlangen muss, auch um gegenüber den Liegenschaftsverwaltungsfirmen und den Kunden korrekt abrechnen zu können. Ebenfalls gilt es das Argument zu beachten, wonach die Beklagte mit ihrem Vorgehen Guthaben, die anderen Kunden des Klägers bzw. der genannten Liegenschaftsverwaltungen gutzuschreiben gewesen wären, zweckentfremdet hat.

bb) Die zweckwidrige Verwendung eines Rechtsinstituts beschlägt einen weiteren Anwendungsfall rechtsmissbräuchlichen Verhaltens. Rechtsmissbrauch liegt vor, wenn die Verwendung des betreffenden Rechtsinstituts offenkundig und zweifelsfrei nichts mehr gemein hat mit der Grundidee und den Zwecken, welche mit einem solchen Institut vernünftigerweise verfolgt werden (Hausheer/Jaun, Die Einleitungsartikel des ZGB, N 126 zu Art. 2). Das Verrechnungsrecht als solches ist grundsätzlich zweckneutral. Es findet unter Vorbehalt des Rechtsmissbrauchs unabhängig vom durch den Verrechnenden verfolgten Zweck Anwendung. Was der Verrechnende konkret bezweckt, hängt vom Einzelfall ab. Es kann etwa um die Erfüllung einer eigenen Leistungspflicht, die Durchsetzung einer eigenen Forderung, die Sicherung der

eigenen Forderung die Vereinfachung des wirtschaftlichen Verkehrs gehen (ZKAepli, N 27 ff. Vorbem. zu Art. 120-126 OR).

Es ist richtig, dass auf der Grundlage der bestrittenen - Sichtweise der Beklagten das Vorgehen des Klägers im Ergebnis dazu führt, dass er eine persönliche Schuld gegenüber der Beklagten, seine Bürgschaftsverpflichtung, mit einem Verrechnungsanspruch tilgt, welcher auf für die Begleichung der Hypothekarzinsschulden gespiesenen Kundenzahlungen beruht, die er von den ihm nahestehenden Firmen überwiesen erhalten hat. Darin ist zunächst vordergründig kein Rechtsmissbrauch zu erblicken. Mit seinem Vorgehen tilgt der Kläger primär seine Schuld gegenüber der Beklagten, setzt mithin die Verrechnung seiner formell zu Recht bestehenden Forderung zur Erfüllung ein. Das führt letztlich dazu, dass in der Folge von den bankseitig resultierenden Rückforderungsansprüchen betroffene Kreditkunden

es handelt sich um einen bereicherungsrechtlichen Anspruch der Bank (vgl. betreffend Anweisung OGH, Urteil vom 15.12.81, 4Ob570/80, SZ 54/187; Avancini, a.a.O., Rz. 6/87) im Ergebnis gegenüber den dem Kläger nahestehenden Firmen und somit jedenfalls indirekt ihm gegenüber entsprechende Forderungen erwerben, die wiederum zur Tilgung der Hypothekarzinsschulden eingesetzt würden. Ob dem einzelnen Kunden eine solche Forderung zukommt und wie hoch diese ist, hängt davon ab, welches Guthaben dem einzelnen Kunden im Zeitpunkt der Abbuchungen durch die Beklagte zukam. Geht man nun von der Darstellung der Beklagten aus, so können dem Vorgehen des Klägers zweierlei Zweckrichtungen zukommen. Einerseits erwirkt er damit wirtschaftlich zulasten der Beklagten und ihrer Kreditkunden eine Verzögerung der Erfüllung seiner gegenüber der Beklagten bestehenden Zahlungspflicht aus der Solidarbürgschaft. Die Gesamtsumme wäre bei dieser Betrachtung vom Kläger mit anderer Verteilung wiederum auf die Kreditkonten der Kunden zu überweisen, womit im Ergebnis der zur Verrechnung gestellte Betrag bei der Beklagten zur Tilgung der Kreditschulden der Kunden eingesetzt würde. Andererseits besteht aber mit diesem Vorgehen für den Kläger grundsätzlich die Möglichkeit, sich mit den Kunden direkt über die resultierenden Ansprüche auseinanderzusetzen. Würde das Recht des Klägers auf Verrechnung verneint, blieben die von der Beklagten veranlassten Überweisungen auf die Kreditkonten und deren Tilgungswirkung bestehen. Der Kläger hätte in jenen Fällen, wo aufgrund des Vorgehens der Beklagten von seiner Seite gegenüber den Kunden Rückzahlungsansprüche bestünden, ein Ausfallrisiko zu tragen. Darüber hinaus könnte

es so auch erschwert sein, über weitere gegebenenfalls in der Zwischenzeit gegenüber den Kunden entstandenen Ansprüchen abzurechnen. Es kann somit nicht gesagt werden, der Kläger verwende bei der von der Beklagten vertretenen Darstellung das Rechtsinstitut der Verrechnung geradezu rechtsmissbräuchlich. Er hat hat unter anderem ein wirtschaftliches Interesse daran, sich mit den Kunden aus einer möglichst vorteilhaften Position heraus auseinanderzusetzen.

Zu berücksichtigen ist ein weiterer Aspekt. Das Vorgehen des Klägers wäre unter dem angeführten rechtlichen Blickwinkel ohnehin erst rechtsmissbräuchlich, wenn auch gesagt werden könnte, dass die Grundlage des Erwerbs der von ihm geltend gemachten Verrechnungsforderung die Schranken von Treu und Glauben offensichtlich überschreitet. Das betrifft den Rechtsmissbrauch durch unredlichen Rechtserwerb. Dieser kann in vertrags-, gesetzoder sittenwidrigem Verhalten bestehen (BK-Merz, N 540 zu Art. 2 ZGB; Hausheer/Jaun, a.a.O., N 123 zu Art. 2 ZGB). So liegt es hier nicht. Die bestrittene - Darstellung der Beklagten weist darauf hin, dass die Verrechnungserklärung des Klägers gegenüber den Kunden der ihm nahestehenden Firmen und gegebenenfalls diesen selber gegenüber als ihm persönlich zuzurechnende Vertragsverletzung zu taxieren ist. Ein strafbares Verhalten wurde aber nicht behauptet. Aus der Sicht der Beklagten wusste der Kläger als mit den die Kundengelder überweisenden Firmen verbundene Person, dass diese bei ihm eintreffenden Guthaben für die Hypothekarzinszahlungen bestimmt waren. Indem er sich bei dieser Sachlage auf seinen aus der Berechtigung am Konto fliessenden formellen Anspruch auf die Guthaben stützt, verletzte er aus dieser Sicht in klarer Weise die von ihm gegenüber den ihm nahestehenden Firmen für deren Kunden eingegangenen Verpflichtungen. Bei dieser Betrachtung steht einerseits ausser Frage, dass die Liegenschaftsverwaltungsfirmen ihren Kunden gegenüber die Verpflichtung eingingen, die Gelder der für sie eröffneten Mietzinskonten nur zur Begleichung der mit den Liegenschaften anfallenden Kosten zu verwenden (kläg. act. 33a und b). Andererseits könnte sich der Kläger nicht darauf berufen, dass ihn diese Verpflichtung nichts angehe, weil er selber den Kunden gegenüber nicht vertraglich verpflichtet sei. Jedenfalls wäre er seinerseits den ihm nahestehenden Firmen gegenüber als Arbeitnehmer, Beauftragter Organ verantwortlich. Im Übrigen erschiene es aus dieser Sicht als rechtsmissbräuchlich, wenn sich der Kläger bei der dargestellten Sachlage auf die zwischen ihm und den nahestehenden Firmen bestehende Trennung

berufen würde (vgl. BSK ZGB I-Honsell, N 52 zu Art. 2 mit Hinweisen). Entscheidend ist aber, dass diese Vertragsverletzung gegenüber den Hypothekarschuldnern im Verhältnis zur Beklagten lediglich eine Reflexwirkung durch allfällige Zahlungsverzögerungen und -ausfälle hat. Als gegenüber diesen Vertragsverhältnissen aussenstehende Dritte ist sie nicht gegen diese Vertragsverletzung geschützt. Folglich kann sie sich im Verhältnis zum Kläger auch nicht gestützt darauf berufen, seine Rechtsausübung erweise sich als rechtsmissbräuchlich.

cc) Weiter gilt es zu berücksichtigen, dass die Beklagte es unterliess, in das von ihr behauptete System irgendwelche Sicherungsmechanismen einzubauen. Die Hypothekarkunden bezahlten nach Darstellung der Beklagten wohl zusammen mit Dritten - Geldbeträge an die Immobilienfirmen, die mit dem Beklagten in Zusammenhang standen. Als die Immobilienverwaltungen bzw. der Kläger in finanzielle Schwierigkeiten gerieten, griff die Beklagte auf das bei ihr bestehende Konto des Klägers, um dieses Haftungssubstrat zu ihren Gunsten bzw. zugunsten ihrer Kunden zu sichern. Dass ihr die Hypothekarschuldner bzw. die Kunden der Immobilienverwaltungen deren Forderungen gegen den Kläger abgetreten hätten, was sie allenfalls zur Verrechnung legitimiert hätte, behauptet sie nicht. Da der Kläger als Kontoinhaber zudem nicht so verfügt hat, bleibt es dabei, dass es für die Abbuchungen des Guthabens keine Rechtsgrundlage gab.

6. Die Berufung ist damit abzuweisen.

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Quelle: https://www.findinfo-tc.vd.ch

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