Zusammenfassung des Urteils BZ.2005.118: Kantonsgericht
Eine Besucherin eines Restaurants wurde von einem Hund in die Wange gebissen, der frei in der Gaststube lief. Der Tierhalter wurde grundsätzlich für den entstandenen Schaden haftbar gemacht, jedoch wurde die Schadenersatzpflicht aufgrund des Mitverschuldens der Verletzten herabgesetzt. Das Kantonsgericht entschied, dass der Hundehalter die erforderliche Sorgfalt bei der Hundeführung angewendet hatte und daher nicht voll haftbar war. Die Klägerin erhob Klage auf Schadenersatz und Genugtuung, die jedoch abgewiesen wurde. Die Gerichtskosten und Parteikosten wurden festgelegt. Der Richter entschied, dass die Klägerin aufgrund ihres Mitverschuldens nur teilweise entschädigt werden sollte. Das Gericht legte den Betrag der Schadenersatzpflicht fest und gewährte eine angemessene Genugtuung.
Kanton: | SG |
Fallnummer: | BZ.2005.118 |
Instanz: | Kantonsgericht |
Abteilung: | Zivilkammern (inkl. Einzelrichter) |
Datum: | 13.11.2006 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Entscheid Art. 56 Abs. 1, Art. 44 Abs. 1, Art. 47 OR. Tierhalterhaftpflicht. Ein Gastwirt liess seinen Hund in der Gaststube frei laufen. Eine Besucherin des Restaurants wollte das am Boden liegende Tier von hinten streicheln und wurde dabei vom Hund in die Wange gebissen. Haftung des Tierhalters für den der Verletzten entstandenen Schaden im Grundsatz bejaht. Herabsetzung der Schadenersatzpflicht wegen Mitverschuldens der Verletzten (Kantonsgericht, III. Zivilkammer, 13. November 2006, BZ. 2005.118). |
Schlagwörter : | Quot; Hunde; Schaden; Beklagten; Berufung; Klage; Beweis; Restaurant; Spital; Sorgfalt; Umstände; Hundebiss; Eingabe; Alkohol; Tierhalter; Behandlung; Haftung; Klageantwort; Recht; Berufungsantwort; Tatsache; Verfahren; Krankenkasse; Gaststube |
Rechtsnorm: | Art. 164 ZPO ;Art. 41 OR ;Art. 43 OR ;Art. 44 OR ;Art. 47 OR ;Art. 56 OR ;Art. 79 ZPO ; |
Referenz BGE: | 131 III 115; |
Kommentar: | - |
Erwägungen
I.
Am Abend des 31. Dezember 2002, ca. um 18 Uhr, begab sich K zusammen mit ihrem Mann sowie ihren zwei Hunden ins Restaurant R1, welches von B und dessen
Frau geführt wurde. Man trank zusammen Wein und unter anderem diskutierten K - die Firmgotte der Tochter von B - und B, Halter des Schäferhundmischlings "H", darüber, wer den gutmütigeren Hund besitze. Etwa um 20 Uhr wechselte K ins nahe gelegene Restaurant R2, nachdem sie ihre Hunde weggebracht hatte. Auch B begab sich später ins Restaurant R2 und kehrte nach Mitternacht mit K ins eigene Restaurant R1 zurück, um zusammen mit seiner Frau aufs neue Jahr anzustossen. B brachte seinen Hund in die Gaststube und liess ihn dort frei laufen. Der Hund nahm schliesslich zwischen B und K Platz. Als K versuchte, den Hund von hinten zu streicheln, biss (vgl. E.III.1.) ihr dieser unterhalb des rechten Auges ins Gesicht. B fuhr K sogleich ins Spital, wo die Wunde in der Notfallaufnahme ambulant behandelt wurde. Sie konnte das Spital noch in der gleichen Nacht wieder verlassen, wurde aber im Verlaufe des 1. Januars 2003 (nach eigenen Darstellungen und nach der Krankenkassenabrechnung; kläg.act. 9l) bzw. 2. Januars 2003 (gemäss Arztbericht; kläg.act. 4) wegen Beschwerden wieder beim Spital vorstellig und blieb in der Folge bis 8. Januar 2003 hospitalisiert.
a) Am 20. Juli 2004 hatte K beim Vermittleramt gegen B Klage auf Schadenersatz und Genugtuung erhoben. Der Vermittlungsvorstand wurde am 19. August 2004 abgehalten; die Sache blieb unvermittelt. Mit Eingabe vom 19. Oktober 2004 machte K beim Kreisgericht die vorliegende Klage anhängig. Mit Klageantwort vom 1. Februar 2005 trug B auf Abweisung der Klage an. Am 4. April 2005 bzw. 17. Mai 2005 erfolgten Replik und Duplik.
b) Das Kreisgericht fällte am 12. Juli 2005 folgendes Urteil: "1. Die Klage wird abgewiesen.
Die Gerichtskosten von Fr. 6'000.hat die Klägerin zu bezahlen, unter Anrechnung der geleisteten Einschreibgebühr von Fr. 700.-.
Die Klägerin hat den Beklagten für dessen Parteikosten mit Fr. 10'219.85 zu entschädigen."
Dabei würdigte es die Umstände, dass der Beklagte den Hund zu seinen Füssen, mithin in seinem Kontrollbereich hatte, was sich auch dadurch zeige, dass sich die Klägerin dem Hund (von hinten) nähern musste, sodann dass das Restaurant zur
fraglichen Zeit für die Öffentlichkeit geschlossen gewesen sei bzw. sich keine eigentlichen Gäste mehr im Lokal befunden hätten, dass die Klägerin selbst Hundehalterin sei und zuvor noch fachkundig ihre Hunde weggebracht habe, um eine Konfrontation zu vermeiden, und dass sie den Hund des Beklagten bereits gekannt habe. Der Beklagte habe mit der konkreten Hundeführung die erforderliche Sorgfalt geboten, da weitere Massnahmen (Leine Maulkorb) nicht geeignet angezeigt und auch nicht zumutbar gewesen wären, da das Tier vorher nie auffällig gewesen sei. Die Tierhalterhaftung nach Art. 56 OR greife deshalb nicht, und eine Haftung nach Art. 41 OR komme nicht in Frage, da ein aktives Verhalten des Beklagten, das die schädigende Reaktion des Tiers bewirkt hätte, weder geltend gemacht noch ersichtlich sei.
3. Mit Eingabe vom 11. November 2005 erhob die Klägerin gegen das Urteil vom 12. Juli 2005 (versandt am 11. Oktober 2005) rechtzeitig Berufung mit den eingangs genannten Anträgen, und der Beklagte trug am 7. Januar 2006 auf Abweisung der Berufung an. Am 20. Januar 2006 reichte die Klägerin eine nachträgliche Eingabe ein, welche der Beklagte mit Stellungnahme vom 3. Februar 2006 aus dem Recht gewiesen haben will. Die Klägerin hat nach Mitteilung des Rechtsspruches am 14. November 2006, nachdem sie vorerst um eine Fristerstreckung um 30 Tage ersucht hatte, nicht auf eine Begründung des Entscheids verzichtet.
II.
Die von Amtes wegen vorzunehmende Prüfung der Prozessvoraussetzungen (Art. 79 ZPO) ergibt, dass diese erfüllt sind. Auf die Berufung ist einzutreten.
Sodann ist über die Zulässigkeit der nachträglichen Eingabe der Klägerin vom 20. Januar 2006 zu entscheiden. Eine solche ist innert der Frist von zehn Tagen zulässig, wenn sie erhebliche Tatsachenbehauptungen Beweisanträge enthält, die trotz zumutbarer Sorgfalt nicht früher vorgebracht werden konnten (Art. 164 Abs. 1 lit. a ZPO) wenn das rechtliche Gehör es erfordert (Art. 164 Abs. 1 lit. b ZPO).
Eine Partei hat in ihrer nachträglichen Eingabe im Einzelnen darzulegen, inwiefern ihrer Auffassung nach die Voraussetzungen von Art. 164 Abs. 1 ZPO für die Zulassung gegeben sind, ansonsten diese ohne Weiteres nicht zugelassen wird (GVP 1993 Nr. 65 E.b). Dieser Behauptungsund Substantiierungspflicht kommt die Klägerin mit ihrer Eingabe nicht nach. Es wird lediglich ausgeführt, dass die Eingabe fristgerecht innert zehn Tagen erfolge; inwiefern die weiteren Voraussetzungen für eine nachträgliche Eingabe erfüllt seien, insbesondere weshalb die Vorbringen nicht bereits früher hätten erfolgen können, wird mit keinem Wort erwähnt. Die als eigentliche "Replik" auf die Berufungsantwort verfasste nachträgliche Eingabe ist deshalb nicht zuzulassen. Im Übrigen erscheinen nach einer summarischen Prüfung der Eingabe lediglich an zwei Stellen Bezüge zu neuen Ausführungen des Beklagten enthalten zu sein, und diese Vorbringen sind überflüssig: Zum einen wird bestritten, dass das Restaurant R1 zur fraglichen Zeit geschlossen bzw. keine Gäste mehr im Lokal waren (S. 4). Die entsprechenden Ausführungen des Beklagten auf S. 8 der Berufungsantwort stehen im Widerspruch zu seinen früheren Ausführungen etwa auf S. 4 der Klageantwort, wonach sich "nach Mitternacht praktisch keine Gäste mehr im Restaurant aufhielten". Dieser Widerspruch war dem Gericht bereits bekannt. Zum andern brauchte die Klägerin dem Gericht nicht mitzuteilen, dass sie die (neue) Aussage des Beklagten betreffend Reaktion des Hundes auf Alkohol "zur Kenntnis genommen" habe (S. 4).
Schliesslich beantragte der Beklagte den Beizug sämtlicher Akten des von der Klägerin gegen ihn eingeleiteten Strafverfahrens ST.XXXX.XX vom Untersuchungsamt bzw. des Beschwerdeverfahrens AK.XXXX.XX.-AP (Anklagekammer). Allerdings hat, wer einen Beweisantrag stellt, die zu beweisenden Tatsachen und die Beweismittel, mit denen diese Tatsachen bewiesen werden sollen, konkret zu nennen. Es geht nicht an, einen ganzen Sachverhaltskomplex zu schildern und sich zum Beweis dieser Behauptungen global auf einen Stoss von Akten eines andern Verfahrens zu berufen in der Meinung, das Gericht und die Gegenpartei würden dann schon prüfen, mit welcher einzelnen Urkunde sich welche behauptete Tatsache belegen lässt. Solch allgemein gehaltene Beweisanträge sind nicht zu hören. Urkunden können nur beigezogen werden, wenn sie einzeln genannt und zum Beweis einer konkret behaupteten Tatsache beantragt werden (GVP 1995 Nr. 58).
Für die grundsätzliche Frage, ob der Beklagte aus Art. 56 OR haftet, ist von Bedeutung, ob er die gebotene Sorgfalt angewendet hat. In diesem Zusammenhang macht der Beklagte geltend, die Klägerin habe im Rahmen der polizeilichen Befragung ausgesagt, dass ihr am Verhalten des Hundes vor dem Zwischenfall nichts aufgefallen und der Biss für sie völlig überraschend gekommen sei; zudem habe sich die Klägerin mehrfach und unter Zeugen dahingehend geäussert, dass "der Hund nichts dafür könne und sie am Vorfall selber schuld sei". Zum Beweis hierfür werden aus den Strafakten das Protokoll der Befragung der Klägerin vom 14. Februar 2003 sowie das Protokoll der Befragung von X vom 12. März 2003 bezeichnet (Berufungsantwort, 7). Insofern sind die eingangs genannten Voraussetzungen gegeben, weshalb die beiden genannten Befragungsprotokolle mit Beweisbeschluss vom 6. April 2006 beigezogen wurden (act. B20).
III.
Von Seiten des Beklagten wurde im erstinstanzlichen Schriftenwechsel bestritten, dass die Klägerin vom Hund H überhaupt gebissen worden war. Der Vorfall sei ein bedauerlicher Unfall, habe sich doch die Klägerin, welche mit dem am Boden liegenden Hund gespielt bzw. diesen gekrault habe, gerade in jenem Moment zum Hund hinuntergebeugt, als sich dieser vom Rücken auf die Beine gedreht habe. Beim Drehen sei die Hundepfote mit dem Gesicht der Klägerin in Berührung gekommen, was im Gesicht Striemen hinterlassen habe (Klageantwort, 3 ff.; Duplik, 3). Im angefochtenen Entscheid ist festgehalten, der Anwalt des Beklagten habe an der Verhandlung in rechtlicher Hinsicht ausgeführt, der Biss [!] sei erfolgt, obwohl der Beklagte die notwendige Sorgfalt aufgewendet habe (Urteil, 5). Im Berufungsverfahren wird vom Beklagten der Hundebiss zwar nicht ausdrücklich in Frage gestellt. Da er aber die Klageantwort und die Duplik zum integrierenden Bestandteil der Berufungsantwort erklärt, ist der Vollständigkeit halber dennoch Folgendes auszuführen:
Die Sachverhaltsschilderung des Beklagten wird durch die Aussage von X im Strafverfahren widerlegt, indem dieser gesehen haben will, dass der Hund an der Klägerin hochgesprungen sei und die Pfoten und das Gebiss auf der Höhe ihres Kopfes
gehabt habe. Dass der Hund zugebissen habe, habe er (X) nicht gesehen, da alles so schnell gegangen sei (Beilage 2 zu act. B20). X bestätigt aber immerhin ein offensives Verhalten des Hundes im Sinne eines Aufspringens mit Schnauze und Pfoten gegen das Gesicht der Klägerin, nicht lediglich eine Drehbewegung des am Boden liegenden Tieres. Zudem geht auch aus den beiden Spitalberichten (kläg.act. 4 und 5) hervor, dass die Verletzung (im Wesentlichen) durch einen Biss entstanden ist. So ist von drei grösseren Bisswunden und wenigen Kratzspuren die Rede. Davon, dass sich die Berichte einfach an der (unzutreffenden) Schilderung der Klägerin über den Unfallhergang orientieren würden, kann nicht die Rede sein (siehe auch das Foto vom
Januar 2003, kläg.act. 6, welches gegen blosse Kratzverletzungen spricht). Gegen eine Verletzung lediglich mit der Pfote spricht auch, dass zwei der Wunden in eine gemeinsame Höhle münden. Es ist somit erwiesen, dass die (massgeblichen) Verletzungen durch einen Biss des Hundes H entstanden sind.
a) Für den von einem Tier angerichteten Schaden haftet, wer dasselbe hält, wenn er nicht nachweist, dass er alle nach den Umständen gebotene Sorgfalt in der Verwahrung und Beaufsichtigung angewendet habe, dass der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt eingetreten wäre (Art. 56 Abs. 1 OR).
Ein Tierhalter hat nicht schlechthin für die Unberechenbarkeit gar potentielle Gefährlichkeit eines Tieres einzustehen. Geht der Tierhalter mit dem Tier richtig um,
d.h. unter Berücksichtigung von dessen Eigenschaften, muss ein Geschädigter den Schaden selber tragen. Die Möglichkeit zur Befreiung bei Anwendung der nach den Umständen gebotenen Sorgfalt rückt die Haftung des Tierhalters konzeptionell in die Nähe der Geschäftsherrenhaftung. Die Befreiungsmöglichkeit führt dazu, dass Art. 56 OR nicht eine unbedingte Haftung für Zufall statuiert. Tritt ein zufälliges Ereignis ein, hat aber der Halter seine Sorgfaltspflicht erfüllt, so ist er von der Haftung befreit (BaslerKomm-SCHNYDER, Art. 56 OR N 1). Der Meinungsstreit, ob es sich bei der Tierhalterhaftung um eine gewöhnliche Kausalhaftung mit Befreiungsmöglichkeit durch Sorgfaltsnachweis um eine Verschuldenshaftung mit umgekehrter Beweislast handelt, ist in der Praxis nicht weiter von Bedeutung. So anders sind an den Entlastungsbeweis strenge Anforderungen zu stellen. Der Tierhalter kann sich nur von der Haftung nach Art. 56 OR befreien, wenn er nachweist, dass er alle nach den Umständen gebotene Sorgfalt in der Verwahrung und Beaufsichtigung des Tieres
angewendet hat. Gegenstand des Entlastungsbeweises ist die Gesamtheit der Vorkehrungen, die geeignet sind wären, das Tier an der Verursachung eines Schadens zu hindern und die zu treffen dem Halter zugemutet werden durfte. Der Tierhalter kann sich nicht darauf berufen, das allgemein Übliche an Sorgfalt aufgewendet zu haben. Vielmehr muss der Richter einen strikten Entlastungsbeweis dahingehend verlangen, dass die Gesamtheit der objektiv notwendigen und durch die Umstände erforderlichen Massnahmen getroffen wurde. Bestehen Zweifel über die entlastenden Tatsachen, muss die Haftung des Halters bejaht werden (BaslerKommSCHNYDER, Art. 56 OR N 15 mit Hinweisen; BGE 131 III 115, 116 f.).
Was die konkreten Umstände betrifft, so macht die Klägerin geltend, der Hund sei ganz nervös gewesen, als er vom Beklagten in die Wirtsstube gebracht worden sei; der Hund sei aufgeregt herumgesprungen. Die Aufregung sei noch durch das Knallen von Silvesterfeuerwerkskörpern, Kirchengeläut, Schellen und den hektischen Betrieb innerund ausserhalb der Gaststube gesteigert worden (Berufung, 5 f.; auch Klage, 9). Dem hält der Beklagte entgegen, der Hund sei ruhig und "normal" gewesen, es hätten keine Hinweise bestanden, dass er nervös, gespannt verängstigt gewesen sei und dass inneroder ausserhalb des Restaurants ein hektischer Betrieb geherrscht hätte. Die Klägerin spreche nur von allgemein bekanntem Lärm in der Silvesternacht, ohne diesen Lärm zu spezifizieren (Klageantwort, 4 und 9; Duplik, 6; Berufungsantwort, 4). Es entspricht zwar durchaus der allgemeinen Lebenserfahrung, dass es in der Silvesternacht durchschnittlich lauter als üblich zu und her geht und dass Hunde insbesondere auf den Lärm von Raketen etc. empfindlich reagieren. Die Lärmbelastung kann aber insbesondere abhängig von der geographischen Lage und den regionalen Gepflogenheiten stark variieren. Diesbezüglich ist nun aber nichts Näheres bekannt. Letztlich kann die Frage nach dem Lärm aber auch offen bleiben. Denn X sagte im Strafverfahren aus, den Hund schon bellen gehört zu haben, bevor die Klägerin und der Beklagte (und auch der Hund) die Wirtsstube betraten. Im Restaurant habe der Hund dann nicht gebellt, "rannte aber ganz gestört im Lokal umher" (Beilage 2 zu act. B20). Das vorausgegangene Bellen und das Herumrennen in der Wirtsstube zeigen, dass der Hund erregt war. Dass die Klägerin dies selbst als freudige Erregung einschätzte (Beilage 1 zu act. B20), ändert nichts am Umstand, dass der Hund offensichtlich "aufgedreht" und entgegen den Schilderungen des Beklagten alles andere als ruhig war. Kommt hinzu, dass der Hund zumindest vor einigen Monaten negativ aufgefallen
war, als er einen anderen Hund biss und diesen am Bein verletzte (kläg.act. 31; Vorfall M).
Nach der eigenen Darstellung des Beklagten war es zudem so, dass es eine "absolute Ausnahme darstellte", dass sich der Hund damals in der Gaststube befand, da der Hund normalerweise in der Wirtewohnung verblieb, wenn sich Gäste im Restaurant aufhielten (Berufungsantwort, 5; auch Klageantwort, 4). Weiter reagierte H auf Alkohol (-Geruch) empfindlich, was der Beklagte als Halter wusste, hält er doch der Klägerin vor, ihr sei bestens bekannt gewesen, dass Tiere im Allgemeinen und der Hund des Beklagten im Speziellen auf Alkohol empfindlich reagierte (Berufungsantwort, 8). Unbestritten ist, dass die Klägerin im fraglichen Zeitpunkt alkoholisiert war (Replik, 4 f.; Berufung, 4 f.), wobei der Beklagte sogar eine starke Alkoholisierung der Klägerin behauptet (Klageantwort, 4).
Wenn der Beklagte geltend macht, dass er alle nach den Umständen gebotene Sorgfalt in der Verwahrung und Beaufsichtigung des Tieres angewendet habe, so kann dem nicht gefolgt werden. Es ist schwer nachvollziehbar, weshalb er das aufgeregte Tier, welches empfindlich auf Alkohol reagiert und überdies nicht gewohnt ist, sich zusammen mit Gästen in der Gaststube aufzuhalten, in der fraglichen Nacht überhaupt in die Gaststube zu den alkoholisierten Gästen brachte. Wenn er es aber schon tat, hätte er das Tier, welches in der Vergangenheit zumindest einmal wenn auch nicht gegenüber Menschen - durch aggressives Verhalten aufgefallen war, von den Gästen fernhalten müssen. Er hat den Hund aber frei in der Gaststube laufen lassen. Aus dem Umstand, dass sich der Hund im Zeitpunkt des Vorfalls zu Füssen des Beklagten befunden hat, kann dieser nichts zu seinen Gunsten ableiten, kann doch auf solche Weise ein nicht angeleintes am Halsband gehaltenes Tier erfahrungsgemäss nicht unter Kontrolle gehalten werden. Ebenso ist nicht weiter von Relevanz, dass die Klägerin als Firmgotte der Tochter des Beklagten eine Bekannte der Wirtefamilie ist. Erstens wird von der Klägerin nämlich geltend gemacht, dass sie den Hund nicht gut gekannt habe, da sich dieser normalerweise in der Wirtewohnung und nicht im Restaurant aufhalte (Replik, 11); sie habe den Hund vorher nicht mehr als drei Mal gesehen (Urteil, 6). Zweitens hätte der Beklagte selbst dann, wenn die Klägerin den Hund H gut gekannt hätte, unter den konkreten Umständen insbesondere aufgrund
der Alkoholisierung der Klägerin und der bekannten Alkoholabneigung des Hundes - den Hund zumindest am Halsband festhalten müssen.
Aus dem vom Beklagten behaupteten und von der Klägerin bestrittenen - Umstand, dass sich die Klägerin unmittelbar nach dem Vorfall dahingehend geäussert habe, dass "der Hund nichts dafür könne und sie am Unfall selber Schuld sei" (Klageantwort, 10; Duplik, 7; Berufungsantwort, 7), kann der Beklagte hinsichtlich seiner grundsätzlichen Haftbarkeit nichts ableiten. Dass der Hund auch im Sinne eines haftungsrechtlichen Verhaltens - "nichts dafür kann", versteht sich von selbst und steht hier auch nicht zur Diskussion. Eine Äusserung, welche als "Schuldeingeständnis" interpretiert werden könnte, scheint die Klägerin zwar gemacht zu haben (Aussage X, Beilage 2 zu act. B20, 2), was aber lediglich als Indiz für ein Mitverschulden gewertet werden kann. Ein solches Mitverschulden ist gemäss Art. 44 Abs.1 OR über eine Herabsetzung der Ersatzpflicht zu berücksichtigen (vgl. nachfolgend E.III.3.c).
Da dem Beklagten der Entlastungsbeweis, an den wie bereits festgestellt strenge Voraussetzungen zu stellen sind, nicht gelingt, ist seine Haftung nach Art. 56 OR im Grundsatz zu bejahen.
Schaden, Schadenhöhe und Umfang der Schadenersatzpflicht
Aus dem Arztbericht bzw. dem Bericht des Spitals vom 8.1.2003 geht hervor, dass die Klägerin nach der Notfallbehandlung wegen einer Weichgewebsinfektion wieder im Spital vorstellig wurde (kläg.act. 4) und nicht wie der Beklagte geltend macht, wegen eines Kreislaufkollapses. Der beantragte Beizug des Eintrittsberichts (Duplik, 4) kann unterbleiben, da sich aus den beiden vorliegenden Arztberichten (kläg.act. 4 und 5) ergibt, dass die Operation und die Hospitalisation jedenfalls wegen der (Infektion der) Hundebisswunde erfolgten.
Der Beklagte machte geltend, aufgrund der Aussagen im Strafverfahren sei erwiesen, dass sich die Klägerin nach der Notfallbehandlung im Spital nicht nach Hause begeben, sondern nochmals die Restaurants R2 und R1 aufgesucht und dort jeweils wieder Alkohol konsumiert habe. Zum Beweis seien die act. 6a/5, 10 und 12 aus dem Strafverfahren AK.XXXX.XX beizuziehen (Duplik, 7). Sofern damit eine Mitverantwortung
(für die Infektion der Wunde) bzw. eine Unterbrechung des adäquaten Kausalverlaufs durch die Klägerin behauptet wird (act. B22 S. 2), könnte solches ohnehin nicht ohne spezielle medizinische Fachkenntnisse festgestellt werden. Ein entsprechendes Gutachten wurde aber nicht beantragt. Auf einen Aktenbeizug ist somit zu verzichten. Im Übrigen hätte der Beklagte, der offenbar über Kopien der entsprechenden Strafakten verfügt, diese selber einreichen können.
Die Klägerin macht die folgenden Schadenpositionen geltend: aa) Haushaltschaden
Dr. med. S bestätigt schriftlich, dass die Klägerin vom 1.1.-15.2.2003 zu 100 %, vom 16.2.-10.3.2003 zu 50 % und vom 11.3.-17.3.2003 zu 25 % arbeitsunfähig gewesen sei (kläg.act. 7). Dass das Zeugnis erst vom 3. April 2003 datiert und an den damaligen Rechtsvertreter der Klägerin adressiert war, ist nicht weiter verwunderlich, da die Klägerin im damaligen Zeitpunkt nicht bzw. ab März 2003 nur Teilzeit beschäftigt war und sie somit für ihren Arbeitgeber kein entsprechendes Zeugnis benötigte. Dafür, dass es sich um ein reines Gefälligkeitszeugnis handeln könnte, bestehen keine Hinweise, weshalb von der Richtigkeit des Zeugnisses auszugehen ist. Die Klägerin macht geltend, im Allgemeinen etwa zwei Stunden pro Tag für den Haushalt aufgewendet zu haben. Somit konnte die nicht erwerbstätige Klägerin den Haushalt ab 16. Februar 2003 aufgrund der nur noch teilweise eingeschränkten Arbeitsfähigkeit selbst führen. Sie hat es unterlassen, nähere Angaben über den genauen Stellenantritt und den Beschäftigungsgrad ihrer Anstellung seit März 2003 zu machen, weshalb ein Haushaltschaden auch für März 2003 zu verneinen ist. Ein Haushaltschaden bestand somit während 46 Tagen (1. Januar - 15. Februar 2003). Da keine Haushaltshilfe eingestellt, sondern der Ausfall der Klägerin anderweitig kompensiert wurde, ist der Schadensumfang nach richterlichem Ermessen zu bestimmen. Angemessen erscheinen insbesondere auch angesichts der ländlichen Gegend - Fr. 50.- (2 Std. à Fr. 25.-) pro Tag. In dieser Höhe und für die Dauer von 30 Tagen hatte die Klägerin einen Anspruch gegenüber dem (überobligatorischen) Krankenversicherer (Berufung, 18; kläg.act. 27 Ziff. 11.2), weshalb der nicht gedeckte Haushaltschaden somit noch Fr. 800.- (16 Tage à Fr. 50.-) beträgt.
bb) Kosten für den Hundehüter
Die Klägerin war erwiesenermassen vom 2.-8. Januar 2003 hospitalisiert. Dass sie während dieser Zeit nicht selbst für ihre Hunde sorgen konnte, versteht sich von selbst. Die Quittung "Hundehüter" datiert vom 8. Januar 2003, dem Tag des Spitalaustritts, und der Betrag von Fr. 200.- (kläg.act. 8) erscheint für die fragliche Zeitspanne und für zwei Hunde angemessen, weshalb diese Schadensposition als ausgewiesen gilt.
cc) Heilungskosten
Die Klägerin machte in der Klage lediglich geltend, ihr seien Heilungskosten von Fr. 2'420.90 sowie ein weiterer Schaden von Fr. 67.für einen Bericht entstanden, und begnügte sich damit, 22 Seiten Kopien insbesondere von Krankenkassenabrechnungen einzureichen (kläg.act. 9a-9q sowie 10; Klage, 6). Nachdem der Beklagte die Aussagekraft der Belege und deren Zusammenhang mit dem Hundebiss in Frage gestellt hatte, behauptete die Klägerin, grundsätzlich gesund zu sein und "lediglich etwas an Zucker und an zu hohem Blutdruck" zu leiden, wofür ca. alle drei Monate eine ärztliche Kontrolle notwendig sei. Es werde also bestritten, dass sich nicht auf den fraglichen Vorfall beziehende Krankenkassenbelege eingereicht worden seien. Da die Krankenkassenbelege insgesamt bestritten seien, werde zu jedem einzelnen Beleg der entsprechende Arzt zum Zeugnis angerufen. In der Folge sind acht Ärzte sowie eine Fachpsychologin und ein Physiotherapeut aufgeführt (Replik, 6 f.). Im Rechtsmittelverfahren beschränken sich die Ausführungen zu den Heilungskosten auf Wiederholungen des erstinstanzlich Vorgebrachten (Berufung, 19 f.).
Eine Sichtung der durch die Klägerin eingereichten Belege ergibt, dass diese ohne erkennbare Logik (etwa chronologisch, nach Behandlungsart, etc.) nummeriert, wenig aussagekräftig (und deshalb teilweise offenbar durch die Klägerin handschriftlich ergänzt worden) sowie teilweise unvollständig (kläg.act. 9j) aus verschiedenen Abrechnungen zusammengesetzt (kläg.act. 9e) sind. Die Klägerin hat es auch unterlassen, die einzelnen Beträge, aus denen sich die Gesamtforderung zusammensetzt, aufzulisten. Sie hat sich darauf beschränkt, einzelne Positionen auf den Belegen einzukreisen bzw. zu markieren. Bei Abrechnungen mit mehreren Markierungen ist unklar, welche Beträge geltend gemacht werden (vgl. kläg.act. 9e und 9f). Es kann aber nicht Sache des Gerichts sein, anhand der geforderten
Gesamtsumme von Fr. 2'420.90 herauszutüfteln, welche Positionen gemeint sein könnten. Es genügt denn auch nicht, zu den in den Rechtsschriften nicht weiter substantiierten Heilungskosten von rund Fr. 2'500.insgesamt zehn Personen als Zeugen anzubieten, welche offenbar irgend etwas zu den im Recht liegenden Kopien sagen könnten. Dies insbesondere deshalb, weil es angesichts der an sich "kleinen" Verletzung (einem Hundebiss in die Wange) sowie einer ab 18. März 2003 nicht mehr bestehenden Beeinträchtigung der Arbeitsfähigkeit sehr unüblich erscheint, dass die Dienste von zehn verschiedenen im medizinischen Bereich tätigen Personen in Anspruch genommen werden mussten bzw. diese jetzt als Zeugen befragt werden müssten. Von den acht Ärzten arbeiten zwei im Spital und bei einer dritten Ärztin, Dr. med. S, handelt es sich offenbar um die Hausärztin der Klägerin, die dieser auch die Arbeitsunfähigkeit bestätigte und bei der die Klägerin ab 13. Januar 2003 bis offenbar zum Ablauf der Arbeitsunfähigkeit in Behandlung war. Weshalb die Klägerin aber parallel dazu und über diesen Zeitraum hinaus wegen des Hundebisses noch die Dienste von fünf weiteren Ärzten beanspruchen musste, ist erklärungsbedürftig und wäre deshalb entsprechend zu substantiieren gewesen. Da dies nicht geschehen und deshalb nicht abschätzbar ist, inwiefern die angerufenen Zeugen überhaupt über (welche) relevante Tatsachen Auskunft geben können, ist auf die Beweisofferte der Klägerin nicht weiter einzugehen, insofern sich eine Zeugenbefragung aufgrund des nachfolgend Gesagten nicht ohnehin erübrigt.
Folgende Heilungskosten (-Anteile) der Klägerin lassen sich ausgewiesenermassen auf den Hundebiss zurückführen:
Notfallbehandlung (Spital) vom 1.1.2003 (kläg.act. 9h) Fr. 239.50
Spitalaufenthalt vom 1.1.-8.1.2003 (kläg.act. 9l) Fr. 309.20
- Beh. durch Dr. med. S vom 13.1.-10.3.2003 (kläg.act. 9i) Fr. 49.40
Total Fr. 598.10
Demgegenüber ist der "Kontoauszug" von Dr. med. S vom 4.5.2003 für den Behandlungszeitraum vom 13.1.-1.2.2003 (kläg.act. 9a) offensichtlich über die
Krankenkasse abzurechnen bzw. in der Abrechnung vom 24.3.2003 (für den Zeitraum vom 13.1.-10.3.2003, kläg.act. 9i, siehe oben) enthalten. Weshalb die Klägerin, nachdem sie die Arbeitsfähigkeit wieder voll erlangt und die Ärztin wie soeben ausgeführt abgerechnet hatte, im Zeitraum vom 24.3.-3.4.2003 wegen des Hundebisses nochmals durch Dr. med. S hätte behandelt werden müssen, ergibt sich nicht ohne Weiteres und hätte entsprechend substantiiert werden müssen. Mangels dessen ist die entsprechende Rechnung (kläg.act. 9p) nicht beachtlich. Bei den Behandlungen durch Dr. med. Y vom 10.2.2003 (kläg.act. 9k), Dr. med. Z vom
24.2.-29.4.2003 (kläg.act. 9q), den Physiotherapeuten A vom 11.3.-8.4.2003 (kläg.act. 9n) und Dr. med. E vom 11.4.-24.4.2003 (kläg.act. 9g) sowie den beiden am 10.6.2003 durch Dr. med. Z (kläg.act. 9d) bzw. Dr. med. E (kläg.act. 9b) durchgeführten Behandlungen fehlt es an der bereits zuvor genannten Substantiierung des Zusammenhangs mit dem vorliegenden Haftpflichtfall. Weiter ist die Krankenkassenabrechnung vom 3.3.2003 mit einem Kostenanteil der Klägerin von Fr.
12.45 unvollständig (kläg.act. 9j), weshalb auch dieser Betrag nicht zu den Folgekosten gezählt werden kann. Mit der Krankenkassenabrechnung vom 10.4.2003 wurden der Klägerin Kosten von Fr. 58.30 mit dem Vermerk "Psychotherapie" für den Zeitraum vom 16.1.-11.3.2003 in Rechnung gestellt (kläg.act. 9m). Hierfür offeriert die Klägerin die Fachpsychologin G als Zeugin (Berufung, 19). Gemäss Schreiben von G vom 19. Juli 2004 sei die Klägerin am 4.8. und 11.8.2003 von einem Dr. med. L untersucht worden. Dieser habe die Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung gestellt und die Klägerin an sie überwiesen. Das Erstgespräch habe am 9.9.2003 stattgefunden (kläg.act. 19). Zur fraglichen Rechnung vom 10.4.2003 kann die aufgerufene Zeugin somit keine relevanten Aussagen machen. In der Berufungsschrift wird ausgeführt, dass sich die Klägerin (erst) seit August 2003 in psychologischer Betreuung befindet. Der behauptete Schaden aufgrund einer psychotherapeutischen Behandlung zu Beginn des Jahres 2003 ist deshalb nicht bewiesen. Bei weiteren, offenbar durch die Klägerin deren Rechtsvertreter handschriftlich den Psychotherapeuten G und O zugeordneten Kostenpositionen wäre auch erklärungsbedürftig gewesen, weshalb psychotherapeutische Behandlungen unter der Rubrik "Naturheilmethoden" abgerechnet worden sein sollten (vgl. etwa kläg.act. 9c und 9d), obwohl die abrechnende Krankenkasse sehr wohl eine Rubrik "Psychotherapie" kennt (vgl. etwa kläg.act. 9f). Als weiterer Schaden werden die Kosten für den Bericht der
Fachpsychologin für Psychotherapie G von Fr. 67.geltend gemacht (kläg.act. 10
i.V.m. kläg.act. 19). Auf den zu Prozesszwecken im Auftrag des Rechtsvertreters erstellten und diesem in Rechnung gestellten Bericht ist bei den Parteikosten einzugehen. Schliesslich fällt bei der Krankkassenabrechnung vom 26. Mai 2003 auf, dass - durch die an Zucker und Bluthochdruck leidende Klägerin bereits am 16.12.2002 für den (bis auf fünf Rappen) gleichen Betrag Medikamente bei der Apotheke bezogen worden waren wie am 9.1.2003 (kläg.act. 9o), was darauf schliessen lässt, dass diese Gesundheitskosten keinen Zusammenhang mit dem hier zu beurteilenden Haftpflichtfall haben. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass unter dem Titel Heilungskosten ein Betrag von Fr. 598.10 ausgewiesen ist.
dd) Fahrtkosten
Für die geltend gemachten Fahrtkosten von Fr. 984.liegen keinerlei Belege und auch keine Beweisanträge vor, weshalb diese Kosten nicht berücksichtigt werden können.
ee) Lohnausfall
Die Klägerin behauptet, sie hätte am 6. Januar 2003 bei der F eine Stelle als "Gutachterin" mit einem Arbeitspensum von 40-50 % und einem Stundenlohn von brutto Fr. 37.50 antreten können. Da sie im Zeitpunkt des Stellenantritts hospitalisiert gewesen sei, sei die Stelle anderweitig vergeben worden. Hierzu eingereichtes einziges Beweismittel ist eine Bestätigung von D, Geschäftsführer der F, welche vom 24. November 2003 datiert. Daraus geht allerdings (nur) hervor, dass einzig die Vertragsunterzeichnung am 6. Januar 2003 hätte stattfinden sollen. Wann ein allfälliger Stellenantritt - unter der Voraussetzung, dass der Vertrag auch tatsächlich beidseitig unterzeichnet worden wäre hätte erfolgen sollen, wird darin nicht erwähnt. Die Bestätigung wurde auf Wunsch der Klägerin und erst rund zehneinhalb Monate nach der angeblich vorgesehenen Vertragsunterzeichnung erstellt. Eigenartig ist nicht nur, dass die Klägerin von Stellenantritt, hingegen D von Vertragsunterzeichnung per 6. Januar 2003 spricht. Vor allem erstaunt, dass die Klägerin kein Dokument älteren Datums vorweist bzw. vorweisen kann, etwa ein Schreiben der F, in welchem sie zur angeblichen Vertragsunterzeichnung am 6. Januar 2003 eingeladen wird, ein Entschuldigungsschreiben der Klägerin, weshalb sie den genannten Termin nicht
wahrnehmen konnte und sie ihre Dienste weiter anbietet und um einen neuen Termin bittet, ein Schreiben der F, in welchem der Klägerin im damaligen Zeitpunkt als die Sache ja hätte aktuell sein sollen mitgeteilt wird, dass aufgrund ihres Ausbleibens zur Vertragsunterzeichnung die Stelle anderweitig vergeben wurde. Wenn ihr Stellenantritt dermassen festgestanden hätte, wie die Klägerin behauptet, müsste auch das eine andere Schreiben der vorgenannten Art existieren. Da aber offenbar keine weiteren, insbesondere früher datierten schriftlichen Unterlagen vorhanden sind, ist die Bestätigung vom 23. November 2003 als Gefälligkeitshandlung zu betrachten, und unter diesen Umständen kann auf die beantragte Zeugeneinvernahme des Verfassers D verzichtet werden. Nichts ableiten kann die Klägerin aus dem Umstand, dass sie vom 1. März - 31. Dezember 2003 einen Bruttolohn von Fr. 7'200.- (als "Sachbearbeiterin", kläg.act. 12; demgegenüber Berufung, 20: "Sie reinigt Büros") verdiente. Tatsache ist, dass die Klägerin im Zeitpunkt des Bisses seit rund 15 Jahren nicht erwerbstätig war (Replik, 8) und ein effektiver Erwerbsausfall aufgrund des Hundebisses nicht nachgewiesen werden kann. Durch die Vorlage von lediglich drei Absagen auf Bewerbungen in der Zeit vom 11. März 2003 bis 19. Juni 2004 (kläg.act. 13-15) kann die Klägerin nicht einmal nach dem schädigenden Ereignis ernsthafte Bemühungen für die Suche nach einer (anderen) Arbeitsstelle glaubhaft machen.
ff) Somit konnte die Klägerin einen durch den Hundebiss entstandenen Schaden von Fr. 1'598.10 nachweisen.
Herabsetzung der Schadenersatzpflicht
Hat die Geschädigte in die schädigende Handlung eingewilligt, haben Umstände, für welche die Geschädigte einstehen muss, auf die Entstehung des Schadens eingewirkt, so kann der Richter die Ersatzpflicht ermässigen gänzlich von ihr entbinden (Art. 44 Abs. 1 OR). Aufgrund dessen, dass die Klägerin selber Hundehalterin ist (sich damit im Umgang mit Hunden auskennt) und das aufgeregte Tier (dennoch) von hinten streichelte bzw. streicheln wollte, und zwar in alkoholisiertem Zustand, obwohl ihr kurz zuvor von der Ehefrau des Beklagten mitgeteilt worden war, dass der Hund auf Alkohol empfindlich reagiere (Berufung, 5), muss ihr ein Mitverschulden am Hundebiss und damit am ihr entstandenen Schaden zugeschrieben werden. Einer entsprechenden Mitverantwortung scheint sich die Klägerin offenbar auch im
unmittelbaren Anschluss an den Vorfall bewusst gewesen zu sein (siehe vorne E.III.2.c). Angemessen erscheint eine Herabsetzung der Schadenersatzpflicht des Beklagten auf 50 %. Der vom Beklagten zu ersetzende Schaden beträgt somit Fr. 799.05.
Die Klägerin fordert vom Beklagten eine Genugtuung von Fr. 5'000.-. Art. 56 OR ist auch auf erlittene immaterielle Unbill anwendbar (BaslerKomm-SCHNYDER, Art. 56 OR N 6). Art. 47 OR ist analog anzuwenden. Bei der Bemessung und Festsetzung der Genugtuungsleistung kommt dem Gericht ein erheblicher Ermessensspielraum zu. Obwohl die Grundsätze über die Schadenersatzbemessung nicht direkt anwendbar sind, können die Art. 43 und 44 OR analog herangezogen werden, so dass insbesondere die dort erwähnten Reduktionsgründe ebenfalls im Rahmen von Art. 47 OR Beachtung finden können. Im Übrigen kommt es bei der Bemessung vor allem auf die Art und Schwere der Verletzung, die Intensität und die Dauer der Auswirkungen auf die Persönlichkeit der Betroffenen sowie auf den Grad des Verschuldens an, das den Schädiger am Schadensereignis trifft (BaslerKomm-SCHNYDER, Art. 47 OR N 21 mit Hinweisen). Der Hundebiss hatte für die Klägerin einen rund einwöchigen Spitalaufenthalt sowie eine eingeschränkte Arbeitsfähigkeit über einen Zeitraum von zweieinhalb Monaten zur Folge. Dass der Biss ins Gesicht zumindest vorübergehend auch zu einer Beeinträchtigung des Aussehens der Klägerin sowie zu Schlafproblemen (wegen Schmerzen aufgrund der Schlafposition sowie allfälliger Albträume) führte, kann als erwiesen erachtet werden. Bleibende Auswirkungen wie "unschöne Narben" bleibende posttraumatische Belastungsstörungen sind hingegen nicht bewiesen (vgl. den Bericht von G vom 19. Juli 2004, in welchem sie das Ende der Behandlung auf das Jahresende 2004 ankündigte; kläg.act. 19). Dass der Klägerin auch immaterielle Unbill durch die Behandlung des Falls in der Presse entstanden sein soll, kann aufgrund der eingereichten Beweismittel (kläg.act. 20) nicht nachvollzogen werden. Im Übrigen wäre eine am Rande behauptete falsche Berichterstattung nicht vom Beklagten zu verantworten bzw. wäre eine solche Verantwortung durch die Klägerin zu beweisen. Das Verschulden des Beklagten kann zwar nicht als leicht bezeichnet werden, ist aber durch das Mitverschulden der Klägerin (vgl. vorne E.III.3.c) zu relativieren. In Würdigung der gesamten Umstände erscheint eine Genugtuung von Fr. 2'000.angemessen.
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