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Urteil Kantonsgericht Graubünden (GR)

Zusammenfassung des Urteils ZK2-18-20: Kantonsgericht Graubünden

X._____ ist langjähriger Mieter von Geschäftsräumlichkeiten, die Vermieterin kündigte das Mietverhältnis. X._____ klagte gegen die Kündigung und forderte die Ungültigkeit der Kündigung, eine Verlängerung des Mietverhältnisses und eine Reduzierung des Mietzinses. Das Regionalgericht trat jedoch nicht auf die Klage ein, da die Beklagte keine Rechtspersönlichkeit hatte. X._____ reichte daraufhin Berufung ein, um den Entscheid aufzuheben. Die Berufungsklägerin behauptete, dass die Parteibezeichnung korrekt war, während X._____ argumentierte, dass die Bezeichnung verwirrend war. Das Gericht entschied, dass die Klage gegen die Vermieterin gerichtet war und änderte die Parteibezeichnung von `Y.1_____` in `Y._____`. Die Berufung wurde gutgeheissen, die Kosten gingen zu Lasten der Beklagten.

Urteilsdetails des Kantongerichts ZK2-18-20

Kanton:GR
Fallnummer:ZK2-18-20
Instanz:Kantonsgericht Graubünden
Abteilung:-
Kantonsgericht Graubünden Entscheid ZK2-18-20 vom 21.08.2018 (GR)
Datum:21.08.2018
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:-
Schlagwörter : Berufung; Berufungskläger; Bezeichnung; Vermieter; Klage; Recht; Bundesgericht; Urteil; Parteibezeichnung; Kantonsgericht; Parteien; Nichteintreten; Davos; Vorinstanz; Fonds; Bundesgerichts; Regionalgericht; Entscheid; /Davos; Berichtigung; Nichteintretensentscheid; Vermieterin; Kündigung; Verfahren; Prozessvoraussetzung; Vermieters
Rechtsnorm:Art. 221 ZPO ;Art. 272 OR ;Art. 273 OR ;Art. 308 ZPO ;Art. 311 ZPO ;Art. 66 ZPO ;Art. 83 ZPO ;
Referenz BGE:130 V 177; 131 I 57; 135 I 6;
Kommentar:
Christoph Leuenberger, Sutter-Somm, Hasenböhler, Schweizer, Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung [ZPO], Art. 221 ZPO, 2016
Spühler, Schweizer, Willi, Basler Kommentar Schweizerische Zivilprozessordnung, Art. 221 ZPO, 2017
Brunner, Schwander, Schweizer, 2. Aufl., Art. 221 ZPO, 2016
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017

Entscheid des Kantongerichts ZK2-18-20

Kantonsgericht von Graubünden
Dretgira chantunala dal Grischun
Tribunale cantonale dei Grigioni

Ref.:
Chur, 21. August 2018
Schriftlich mitgeteilt am:
ZK2 18 20
30. August 2018
Urteil

II. Zivilkammer
Vorsitz
Pritzi
Aktuar ad hoc
Kollegger

In der zivilrechtlichen Berufung
des X.___, Berufungskläger, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. iur. Patrik Wag-
ner, Rosenhügelweg 6, 7270 Davos Platz,

gegen

den Nichteintretensentscheid des Regionalgerichts Prättigau/Davos vom 22. Feb-
ruar 2018, mitgeteilt am 19. März 2018, in Sachen des Berufungsklägers gegen
die Y . _ _ _ _ _ , Berufungsbeklagte, vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. Florian
Rohrer, General Guisan-Quai 32, 8002 Zürich,
betreffend Ungültigkeit, Mieterstreckung gemäss Art. 272 OR und Mietzinsanpas-
sung gemäss Art. 273 Abs. 2 OR,
hat sich ergeben:

I. Sachverhalt
A.
X.___ ist langjähriger Mieter der Geschäftsräumlichkeiten an der ___
136 in O.1___. Mit Schreiben vom 23. September 2016 wurde das Mietverhält-
nis von der Vermieterin per 30. September 2017 aufgelöst.
B.
Da X.___ nicht mit der Kündigung einverstanden war, hat er, nach dem
Scheitern der Schlichtungsverhandlung vom 24. Februar 2017, am 3. Mai 2017
Klage beim Regionalgericht Prättigau/Davos mit folgendem Begehren eingereicht:
1. Es sei die angefochtene Kündigung mangels korrekter Parteibezeich-
nung der Vermieterschaft für ungültig zu erklären.
2. Es sei das Mietverhältnis für die A.___ an der ___ 136 in
O.1___ gemäss Mietvertrag vom 25. April 2006 im Sinne von Art.
272b Abs. 1 OR ab 30. September 2017 um sechs Jahre erstmalig zu
erstrecken.

3. Es sei der Mietzins von derzeit CHF 6'750.00 pro Quartal gemäss Art.
272c Abs. 1 OR den veränderten Verhältnissen hinsichtlich geänderten
Kostenfaktoren und mangelnder, nicht aktueller Unterhaltsarbeiten sei-
tens der Vermieterin auf CHF 5'801.00 pro Quartal im Erstreckungs-
entscheid ab 01. Oktober 2017 zu reduzieren.

4. Unter voller Kostenund Entschädigungsfolge zuzüglich 8.0 % MwSt.
zulasten der Beklagten.
C.
Die Klageantwort vom 26. Juni 2017 enthielt folgenden Antrag:
1. Auf die Klage sei nicht einzutreten;
2. Eventualiter sei die Klage abzuweisen, soweit darauf eingetreten wer-
den kann;
3. Unter Kostenund Entschädigungsfolgen (letztere zzgl. 8 % Mehrwert-
steuer) zu Lasten des Klägers.
E.
Nach einem zweiten Schriftenwechsel folgte die Hauptverhandlung vom 22.
Februar 2018 vor dem Regionalgericht Prättigau/Davos, aus der gleichentags ein
Nichteintretensentscheid wegen Fehlen der Prozessvoraussetzungen erging, da
der Beklagte Y.___ keine Rechtspersönlichkeit besass.
F.
Dagegen reichte X.___ (nachfolgend: Berufungskläger) am 20. April
2018 Berufung beim Kantonsgericht von Graubünden ein, mit folgendem Rechts-
begehren:
1. Es sei der angefochtene Entscheid des Regionalgerichtes Prät-
tigau/Davos vom 22. Februar 2018/19. März 2018, Proz. Nr. ___,
aufzuheben und an die Vorinstanz zur Neubeurteilung zurückzuwei-
sen.

Seite 2 — 10

2. Unter voller Kostenund Entschädigungsfolge zuzüglich 7.7 % MwSt.
zulasten der Berufungsbeklagten.
G.
Die Berufungsantwort vom 27. April 2018 beinhaltete als Begehren was
folgt:
1. Es sei die Berufung vollumfänglich abzuweisen und demgemäss das
Urteil des Regionalgerichts Pättigau/Davos vom 22. Februar 2018
(Proz. Nr. ___) zu bestätigen;

2. unter Kostenund Entschädigungsfolgen (zuzüglich 7.7 % Mehrwert-
steuer) zu Lasten des Berufungsklägers.
H.
Auf die Ausführungen im angefochtenen Entscheid sowie auf die Begrün-
dungen in den Eingaben der Parteien wird, soweit erforderlich, in den nachfolgen-
den Erwägungen eingegangen.
II. Erwägungen
1.1
Gemäss Art. 308 Abs. 1 ZPO sind mit der Berufung erstinstanzliche End-
und Zwischenentscheide sowie erstinstanzliche Entscheide über vorsorgliche
Massnahmen anfechtbar. In vermögensrechtlichen Angelegenheiten ist die Beru-
fung nur zulässig, wenn der Streitwert der zuletzt aufrechterhaltenen Rechtsbe-
gehren mindestens CHF 10'000.00 beträgt (Art. 308 Abs. 2 ZPO). Die Berufung ist
unter Beilage des angefochtenen Entscheids innert 30 Tagen seit der Zustellung
desselben beim Kantonsgericht von Graubünden schriftlich und begründet einzu-
reichen (Art. 311 ZPO und Art. 7 Abs. 1 des Einführungsgesetztes zur Schweizeri-
schen Zivilprozessordnung [EGzZPO; BR 320.100]). Gemäss Art. 59 Abs. 2 lit. c
ZPO ist die Parteiund Prozessfähigkeit der Parteien eine Prozessvoraussetzung.
1.2.
Anfechtungsobjekt bildet der in Anwendung von Art. 59 Abs. 2 lit. c in Ver-
bindung mit Art. 66 ZPO ergangene Nichteintretensentscheid des Regionalge-
richts Prättigau/Davos vom 22. Februar 2018, mitgeteilt am 19. März 2018. Im Be-
rufungsverfahren ist zur Bestimmung des Streitwerts auf den Betrag abzustellen,
welcher im Zeitpunkt des erstinstanzlichen Urteils noch streitig war. Dieser liegt
offensichtlich und unbestrittenermassen über CHF 10'000.00. Da die Parteifähig-
keit der Berufungsbeklagten vorliegend streitgegenständlich ist, wird dafür auf den
materiellen Teil der Erwägungen verwiesen, sodass auf die im Übrigen formund
fristgerecht eingereichte Berufung eingetreten werden kann.
2.1.
Die Vorinstanz stützte sich in den Erwägungen zum Nichteintretensent-
scheid hauptsächlich auf die Tatsache, dass der anwaltlich vertretene Berufungs-
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kläger noch vor Klageeinleitung die Eigentümerschaft beim Grundbuchamt
O.1___ nachforschte, wo die Y.___ als Eigentümerin eingetragen sei. In die-
sem Zusammenhang hätte die Bezeichnung auf den Kündigungsformularen
"Y.___, handelnd für Y.1___" nicht die Vermutung offen gelassen, dass der
Y.1___ Vermieter sei. Da die Parteibezeichnung nicht irrtümlich fehlerhaft und
die gewählte Bezeichnung im Übrigen klar sei und die Voraussetzungen für einen
Parteiwechsel nicht gegeben seien, sei es nicht kleinlich, auf die Klage nicht ein-
zutreten. Drei anlässlich der Hauptverhandlung eingereichte Urkunden (Pläne aus
dem Jahre 2017, ein Entscheid der Schlichtungsbehörde von 2009, sowie eine
Rechnung der Gebäudeversicherung von 2017) wurden nicht berücksichtigt, da
diese schon früher hätten eingereicht werden können und der Berufungskläger
keinerlei Ausführungen gemacht habe, warum diese zu spät eingereicht wurden.
Ob ein weiteres Novum (Verkaufsdokumentation der B.___) zu berücksichtigen
sei, wurde offen gelassen, da ohnehin ein Nichteintretensentscheid erginge.
2.2
Der Berufungskläger bringt vor dem Kantonsgericht im Wesentlichen vor,
die Vorinstanz sei auf die Klage unzulässigerweise nicht eingetreten, weil die
Y.1___ (Y.1___) anstelle der Y.___ (Y.___) beklagt wurde. Er habe den
Y.1___ eingeklagt, da ihm während des langjährigen Mietverhältnisses Seitens
der Verwalterin C.___ verschiedene Vermieternamen schriftlich mitgeteilt wor-
den seien und die Sachund Rechtslage dementsprechend unklar gewesen sei.
Die neue Vermieterin habe sich seit dem Kauf des Grundstücks im Jahre 2003 nie
beim Berufungskläger offiziell vorgestellt und sein Kontakt habe sich auf die
C.___ als Verwalterin beschränkt, welche sich zu keinem Zeitpunkt mit Voll-
macht der Vermieterin vorgestellt habe. Zudem wendet er ein, mit dem von der
C.___ ausgefüllten Kündigungsformular mit der falschen Parteibezeichnung
"Y.___, handelnd für Y.1___" sei Verwirrung gestiftet worden. Der Vorinstanz
wirft er überspitzten Formalismus und eine Verletzung der gerichtlichen Frage-
pflicht vor, weil sie nicht auf die Klage eingetreten sei, obwohl die im Verfahren
betreffend die Wohnund Geschäftsräume geltende Offizialmaxime dazu hätte
führen müssen, dass die gewählte Bezeichnung der Passivpartei dem Berufungs-
kläger nicht schade.
2.3.
Die Berufungsbeklagte wendet dagegen grundsätzlich ein, dass die Vo-
rinstanz keine Formvorschriften verletzt habe, da sie keine Formvorschriften an-
gewendet, sondern lediglich die Prozessvoraussetzung der Parteifähigkeit geprüft
habe. Die Parteibezeichnung des Vermieters sei weder ungeklärt noch unklar ge-
wesen und vor dem Kantonsgericht werden, was den Streit um die Parteibezeich-
nung angehe, Behauptungen zum Inhalt eines Schlichtungsverfahrens aufgewor-
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fen, welche wegen des Verbots unechter Noven im Berufungsverfahren unbeacht-
lich sein müssten. Die auf den Kündigungsformularen verwendete Bezeichnung
sei korrekt und die Behauptung, der Kläger habe sich bei seiner Anfechtung auf
einen Vereinbarungsentwurf aus dem Jahre 2009 gestützt, stelle ebenfalls ein un-
echtes Novum dar. Eine Vertretungsvollmacht hätte zudem nicht zur Klärung bei-
getragen. Der Berufungskläger habe auch nie eine solche verlangt, geschweige
denn nachgefragt, wer denn sein Vermieter sei. Bei Zweifeln an der Person hätten
auch ohne bemerkenswerte Mehrkosten mehrere Parteien eingeklagt werden
können, der Berufungskläger habe aber aus prozesstaktischen Gründen den
Fonds statt die Fondsleitung eingeklagt. Aus der Offizialmaxime, mit welcher er
wohl den Untersuchungsgrundsatz gemeint habe, könne der Berufungskläger
nichts für sich ableiten und er mache zu Recht nicht geltend, dass ein Parteiwech-
sel im Sinne von Art. 83 ZPO noch möglich wäre.
3.
Vor dem Kantonsgericht stellt sich somit die Frage, ob die Klage gegen den
"Y.1___" im Vorliegenden bedeutet, dass die Prozessvoraussetzung der Partei-
fähigkeit (Art. 59 Abs. 2 lit. c ZPO) nicht erfüllt ist, so dass der Nichteintretensent-
scheid der Vorinstanz gerechtfertigt, und die Berufung abzuweisen wäre.
3.1.
Es trifft unbestrittenermassen zu, dass der Y.1___ als Immobilienfonds
(Art. 58 des Bundesgesetzes über die kollektiven Kapitalanlagen [Kollektivanla-
gengesetz, KAG; SR 951.31]) im Gegensatz zu seiner Fondsleitung, der Y.___,
nicht parteifähig ist. Die Y.___, welche gem. Art. 25 Abs. 1 lit. b KAG das
Fondsvermögen gemäss den Bestimmungen des Kollektivanlagevertrags selb-
ständig und im eigenen Namen verwaltet, ist demgegenüber als Aktiengesellschaft
parteiund prozessfähig. Richtigerweise ist deswegen auch die Y.___, welche,
wie es im Grundbuch der Gemeinde O.1___ ersichtlich ist, Eigentümerin und
Vermieterin der Geschäftsräumlichkeiten an der ___ 136 in O.1___. Die Kün-
digung des Mietverhältnisses, gegen welche sich der Berufungskläger zu wehren
versucht, ging deswegen auch von der Y.___ aus. Der eingeklagte Fonds ist
jedoch nicht parteifähig, obwohl die dazugehörige Fondsleitung dies wäre.
3.2.
Da der Berufungskläger vor dem Kantonsgericht jedoch wiederholt betont,
dass er die Bezeichnung "Y.1___" gewählt habe, weil dies Folge einer verwir-
renden Sachund Rechtslage darstelle, ist der Gedanke nicht fern, dass der Beru-
fungskläger eine im Grunde rechtsfähige Partei, die Y.___ einklagen wollte. Wä-
re dies der Fall, könnte die falsche Bezeichnung der Partei unter den sogleich zu
prüfenden Voraussetzungen berichtigt werden.
Seite 5 — 10

3.3. Eine Klageschrift enthält gemäss Art. 221 Abs. 1 lit. a ZPO die Bezeichnung
der Parteien und ihrer allfälligen Vertreter. Die genaue Bezeichnung der Prozess-
parteien ist dabei eine zentrale Voraussetzung für die Prüfung ihrer Parteiund
Prozessfähigkeit wie auch ihrer Legitimation (Urteil des Bundesgerichts
4A_510/2016 vom 26. Januar 2017 E. 3.1). Die genaue und vollständige Bezeich-
nung der Parteien ist somit erforderlich, damit das Gericht deren rechtliche Exis-
tenz sowie die parteibezogenen Fähigkeiten als Prozessvoraussetzungen prüfen
kann (Daniel Willisegger, in: Spühler/ Tenchio/Infanger [Hrsg.], Basler Kommentar,
Schweizerische Zivilprozessordnung, 3. Auflage, Basel 2017, N 7 zu Art. 221
ZPO), hat aber auch Bedeutung für die korrekten Zustellungen und Vorladungen
sowie für die Vollstreckung des Entscheids (Eric Pahud, in: Brunner/ Gas-
ser/Schwander [Hrsg.,], Schweizerische Zivilprozessordnung, Kommentar, 2. Aufl.,
Zürich 2016, N 1 zu Art. 221ZPO).
3.4.
Die Parteien sind so zu bezeichnen, dass über ihre Identität kein Zweifel
besteht (Christoph Leuenberger, in: Sutter-Somm/Hasenböhler/Leuenberger
[Hrsg.], Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung [ZPO], 3. Auflage,
Zürich 2016, N 15 zu Art. 221 ZPO). Eine Berichtigung der Parteibezeichnung ist
aber dann zulässig, wenn jede Gefahr einer Verwechslung ausgeschlossen wer-
den kann (Urteil des Bundesgerichts 4A_510/2016 vom 26. Januar 2017 E. 3.1).
Ist der Mangel jedoch derart gravierend, dass die Identität der Parteien gänzlich
unbestimmt bleibt, klagt eine nicht existierende Partei, ist auf die Klage nicht
einzutreten (Urteil des Bundesgerichts 4A_116/2015 vom 9. November 2015 E.
3.5.1). Ist die Identität der Partei jedoch klar, so ist eine Berichtigung der Parteibe-
zeichnung selbst dann zulässig, wenn sich die irrtümliche Bezeichnung auf eine
dritte, existierende Person bezieht (BGE 131 I 57 E. 2.2.; 114 II 335 E. 3b; Chris-
toph Leuenberger, a.a.O., N 19 zu Art. 221 ZPO). Sind die Voraussetzungen für
eine Berichtigung erfüllt, muss das Gericht die Parteibezeichnung berichtigen
zumindest Gelegenheit dazu geben (Urteil des Bundesgerichts 4A_510/2016 vom
26. Januar 2017 E. 3.2), im Falle einer offensichtlich unrichtigen Parteibezeich-
nung kann die Bezeichnung von Amtes wegen berichtigt werden, wenn die Identi-
tät der Partei ohne Weiteres feststeht (mit weiteren Verweisen Pahud, a.a.O., N 4
zu Art. 221 ZPO; Christoph Leuenberger, a.a.O., N 20 zu Art. 221 ZPO).
3.5
Die Identität der Partei steht etwa dann fest, wenn eine Verwaltungseinheit
ohne Rechtspersönlichkeit anstelle des Gemeinwesens klagt beklagt wird
(Leuenberger, a.a.O., N 22 zu Art. 221 ZPO; PKG 2006 Nr. 32 E. 1b), wenn
ein Mieter versehentlich die Liegenschaftsverwaltung statt die Vermieterin als Be-
klagte aufführt (Pahud, a.a.O., N 4 zu Art. 221 ZPO). Das Bundesgericht hat über-
Seite 6 — 10

dies mehrmals festgehalten, dass die Bezeichnung einer nicht rechtsfähigen
Zweigniederlassung in diejenige der Hauptunternehmung berichtigt werden darf,
da in so einem Fall die Verwechslungsgefahr ausgeschlossen werden kann
(m.w.Verw. Urteile des Bundesgerichts 4A_129/2014 vom 1. Mai 2014 E. 2.5;
4A_27/2013 vom 6. Mai 2013 E. 2.2). Eine Zweigniederlassung ist nämlich weder
parteinoch prozessfähig, sie verfügt auch über eine gewisse wirtschaftliche und
geschäftliche Unabhängigkeit, aber zusammen mit dem Hauptsitz bildet sie eine
rechtliche Einheit (Urteil des Bundesgerichts 4A_510/2016 vom 26. Januar 2017
E. 3.1.). In einer solchen Konstellation hat das Bundesgericht zudem offen gelas-
sen, ob die falsche Bezeichnung überhaupt fehlerhaft bzw. unfreiwillig erfolgt sein
muss, um eine Berichtigung der Parteibezeichnung zu rechtfertigen (Urteil des
Bundesgerichts 4A_129/2014 vom 1. Mai 2014 E. 2.3 ff.). Das Bundesgericht er-
wähnte in jenem Fall zwar, dass die anwaltlich vertretene Partei unsachgemäss
handelte, indem sie wiederholt die falsche Parteibezeichnung gebrauchte, betonte
aber auch, dass die Gegenpartei mit keinem Wort darlegte, wieso die falsche Be-
zeichnung absichtlich hätte erfolgen sollen (Urteil des Bundesgerichts
4A_129/2014 vom 1. Mai 2014 E. 2.5.).
3.6.
Die blosse Berichtigung einer Parteibezeichnung ist stets abzugrenzen von
einem eigentlichen Parteiwechsel, der (ohne Veräusserung des Streitobjekts)
nach Art. 83 Abs. 4 ZPO grundsätzlich nur mit Zustimmung der Gegenpartei zu-
lässig ist (Urteil des Bundesgerichts 4A_510/2016 vom 26. Januar 2017 E. 3.1;
BGE 131 I 57 E. 2). Falls sich die Frage der Berichtigung stellt, ist deswegen auch
ein überspitzter Formalismus als besondere Form der Rechtsverweigerung (Art.
29 Abs. 1 BV) möglich (PKG 2006 Nr. 32 E. 1b), welcher bejaht wird, wenn die
Behörde formelle Vorschriften mit übertriebener Schärfe handhabt über-
spannte Anforderungen an Rechtsschriften stellt, sodass dem Bürger der Rechts-
weg in unzulässiger Weise versperrt wird (BGE 135 I 6 E. 2.1; 132 I 249 E. 5).
Nicht jede prozessuale Formstrenge ist als überspitzt formalistisch anzusehen, nur
jene die durch keine schutzwürdigen Interessen gerechtfertigt ist, zum blossen
Selbstzweck wird und die Verwirklichung des materiellen Rechts in unhaltbarer
Weise erschwert verhindert (mit Weiteren Verweisen BGE 130 V 177 E.
5.4.1).
3.7.
Im vorliegenden Sachverhalt handelt es sich bei der eingeklagten Y.1___
um einen Immobilienfonds. Die Y.___ verwaltet dabei das Fondsvermögen und
ist unbestrittenermassen als parteifähige Vermieterin anzusehen. Um sich gegen
die Kündigung des Mietverhältnisses zur Wehr zu setzen, hat der Berufungskläger
fälschlicherweise gegen den "Y.1___" geklagt. Unter Berücksichtigung vorgän-
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gig aufgeführter Rechtsprechung muss dies jedoch als eine offensichtlich unrichti-
ge Parteibezeichnung gewertet werden, da jeglicher Zweifel über die Identität der
Vermieterschaft ausgeschlossen ist. Dies wäre nämlich sogar der Fall, wenn die
Verwalterin eingeklagt werden würde, muss aber auf jeden Fall gelten, wo die Be-
zeichnung "Y.1___" gewählt wurde, welche mit der Y.___ als Fondslei-
tung - dermassen verbunden ist, dass von einer rechtlichen Einheit ausgegangen
werden darf. Richtig ist es zwar, dass der anwaltlich vertretene Berufungskläger in
Anbetracht der Umstände hätte erkennen müssen, dass die korrekte Parteibe-
zeichnung Y.___ lauten müsste, was sich nur schon aus dem Grundbuch hätte
entnehmen lassen. Auch hätte er, statt auf seiner Bezeichnung zu verharren, die
Berichtigung der falschen Bezeichnung beantragen können, so bald er den Fehler
bemerkte. Trotzdem kann die Y.___ nicht geltend machen, die Bezeichnung
wäre absichtlich falsch gewählt worden, da sie nicht zu beweisen versucht, wieso
der Berufungskläger dies tun sollte. Die Vorinstanz geht wohl auch von einer ab-
sichtlichen Falschbezeichnung aus, trotz dem Umstand, dass in Anbetracht der
konkreten Umstände nicht ersichtlich ist, inwiefern eine gewollte Falschbezeich-
nung dem Berufungskläger nützen sollte. Ohnehin kann aber diese Frage offen
gelassen werden, da zweifellos klar ist, wen der Berufungskläger hatte einklagen
wollen, nämlich die Vermieterschaft der von ihm genutzten Geschäftsräumlichkei-
ten. Dass das Regionalgericht nach einem doppelten Schriftenwechsel noch eine
Hauptverhandlung durchgeführt hat, bevor es den Nichteintretensentscheid fällte,
obwohl gar nie eine Passivpartei bestanden haben soll, zeigt auch, dass das Re-
gionalgericht ebenfalls erkannte, dass mit der Klage die Vermieterschaft ins Recht
gefasst werden sollte. Zuletzt muss noch betont werden, dass die Beschwerdean-
twort vor dem Kantonsgericht, in der wiederholt auf Nichteintreten bestanden wird,
gerade von der Y.___ selber stammt, welche den nicht parteifähigen Y.1___
in ihrer Funktion als Fondsleitung vertritt. Gleichzeitig wird sowohl vor der Vo-
rinstanz wie auch vor dem Kantonsgericht eine Parteientschädigung gefordert,
ohne dass eine solche Partei überhaupt im Spiel sein soll. Im vorinstanzlichen
Verfahren wurde eine Parteientschädigung dann auch gewährt und der Y.___
zugesprochen. Insoweit stellt der Verzicht auf eine Berichtigung der falschen Par-
teibezeichnung auch eine übertriebene Formstrenge dar, ohne dass ein schutz-
würdiges Interesse daran ersichtlich ist.
4.
Aufgrund dieser Sachlage erübrigt es sich, auf die weiteren Vorbringen der
Parteien einzugehen, denn ob die genaue Parteibezeichnung auf den Kündi-
gungsformularen korrekt ist nicht, würde nichts daran ändern, dass die Ver-
mieterin der Liegenschaft, die Y.___, zweifellos feststeht und die Klage sich
Seite 8 — 10

auch gegen diese richtete. Es ist in diesem Sinne deswegen auch nicht relevant,
inwiefern eine Vertretungsvollmacht Klarheit gebracht hätte. Ebenfalls kann auch
auf die Beurteilung der Zulässigkeit der eingebrachten Noven verzichtet werden,
denn die Korrektur der Parteibezeichnung ist ohne weitere Beweise möglich und
die Beurteilung der Mietstreitigkeit ist hier nicht streitgegenständig.
5.
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass sowohl im vorinstanzli-
chen Verfahren wie auch im Verfahren vor dem Kantonsgericht klar ist, wer Pas-
sivpartei ist. In diesem Sinne wird die Bezeichnung "Y.1___" im vorliegenden
Verfahren von Amtes wegen in die Bezeichnung "Y.___" umgeändert und die
Berufung gutgeheissen.
6.
Da somit durch den Nichteintretensentscheid des Regionalgerichts Prät-
tigau/Davos ein wesentlicher Teil der Klage von der Vorinstanz nicht beurteilt wur-
de, wird die Sache antragsgemäss an die Vorinstanz zurückgewiesen, damit in der
Sache entschieden werden kann (Art. 318 Abs. 1 lit. c Ziff. 1 ZPO).
7.
Die vorliegende Berufung erweist sich als offensichtlich begründet, sodass
der Vorsitzende der II. Zivilkammer in einzelrichterlicher Kompetenz entscheidet
(Art. 18 Abs. 3 des Gerichtsorganisationsgesetzes [GOG; BR 173.000]).
8.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens gehen die Kosten des Berufungsver-
fahrens, welche vorliegend auf CHF 4'000.00 festgesetzt werden, zu Lasten der
Y.___.
9.
Die ausseramtliche Entschädigung für das Berufungsverfahren wird auf
CHF 1'500.00 festgesetzt und geht ebenfalls zu Lasten der Y.___.
Seite 9 — 10

III. Demnach wird erkannt:
1.
Die Berufung wird gutgeheissen.
2.
Der angefochtene Nichteintretensentscheid des Regionalgerichts Prät-
tigau/Davos vom 22. Februar 2018 wird antragsgemäss aufgehoben und an
die Vorinstanz zur Neubeurteilung zurückgewiesen.
3.
Die Kosten des Berufungsverfahrens in der Höhe von CHF 4'000.00 gehen
zu Lasten der Y.___ und werden mit dem von X.___ geleisteten Kos-
tenvorschuss verrechnet. Die Y.___ wird verpflichtet, X.___ den Betrag
von CHF 4'000.000 direkt zu ersetzen.
4.
Die Y.___ hat X.___ für das Berufungsverfahren mit CHF 1'500.00
ausseramtlich zu entschädigen.
5.
Gegen diese, einen Streitwert von mindestens CHF 15'000.00 betreffende
Entscheidung kann gemäss Art. 72 und Art. 74 Abs. 1 lit. a BGG Beschwer-
de an das Schweizerische Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, geführt wer-
den. Die Beschwerde ist dem Bundesgericht schriftlich, innert 30 Tagen seit
Eröffnung der vollständigen Ausfertigung der Entscheidung in der gemäss
Art. 42 f. BGG vorgeschriebenen Weise einzureichen. Für die Zulässigkeit,
die Beschwerdelegitimation, die weiteren Voraussetzungen und das Verfah-
ren der Beschwerde gelten die Art. 29 ff., 72 ff. und Art. 90 ff. BGG.
6.
Mitteilung an:


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