Das Obergericht des Kantons Zürich, I. Strafkammer, hat am 15. Januar 2018 in einem Fall von einfacher Körperverletzung entschieden. Der Beschuldigte wurde schuldig gesprochen und mit einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen zu je Fr. 30.-- belegt. Die Gerichtskosten belaufen sich auf Fr. 1'500.--, zusätzlich zu den Kosten der Polizei und der Anklagebehörde. Der Beschuldigte hat Berufung eingelegt und beantragt einen Freispruch. Nach Prüfung der Beweismittel und der Aussagen aller Beteiligten wurde der Beschuldigte aufgrund erheblicher Zweifel freigesprochen. Die Privatklägerin wurde auf den Zivilweg verwiesen, da keine Schadenersatz- oder Genugtuungsansprüche zugesprochen wurden.
Urteilsdetails des Kantongerichts ZK2-11-26
Kanton: | GR |
Fallnummer: | ZK2-11-26 |
Instanz: | Kantonsgericht Graubünden |
Abteilung: | - |
Datum: | 01.11.2011 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Forderung aus Arbeitsvertrag |
Schlagwörter : | äfts; Berufung; Geschäfts; Kündigung; Organ; Arbeit; Anstellung; Verwaltungsrat; Organisation; Recht; Reglement; Statuten; Organisations; Geschäftsleitung; Berufungskläger; Unterricht; Ziffer; Mittelschule; Geschäftsreglement; Unterrichten; Unterrichtenden; Aufgabe; Schulrat; Verwaltungsrates; ägers |
Rechtsnorm: | Art. 106 ZPO ;Art. 132 ZPO ;Art. 308 ZPO ;Art. 311 ZPO ;Art. 32 OR ;Art. 713 OR ;Art. 716a OR ;Art. 716b OR ; |
Referenz BGE: | 107 II 179; 120 V 413; 128 III 129; 133 III 489; |
Kommentar: | Franz Hasenböhler, Christoph Leuenberger, Schweizer, Kommentar zur Schweizerischen Zivilpro- zessordnung, Zürich, Art. 311 OR, 2010 Thomas Sutter, Thomas Sutter-Somm, Dominik Gasser, Sutter-Somm, Rickli, Schweizer, , Zürich, Art. 311 ZPO, 2010 Myriam A. Gehri, Michael Kramer, Schweizer, 1. Auflage, Zürich, Art. 132 OR, 2010 |
Entscheid des Kantongerichts ZK2-11-26
Kantonsgericht von Graubünden
Dretgira chantunala dal Grischun
Tribunale cantonale dei Grigioni
_____
Ref.:
Chur, 01. November 2011
Schriftlich mitgeteilt am:
ZK2 11 26
7. Dezember 2011
Urteil
II. Zivilkammer
Vorsitz
Bochsler
RichterInnen
Hubert und Michael Dürst
Redaktion
Aktuarin ad hoc Ambühl
In der zivilrechtlichen Berufung
des A., Kläger und Berufungskläger,
gegen
das Urteil des Bezirksgerichtes Maloja vom 9. März 2011, mitgeteilt am 8. April
2011, in Sachen des Klägers und Berufungsklägers gegen die B . A G , Beklagte
und Berufungsbeklagte, vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. Franco Tramèr,
Chesa Engiadina, Plazzet 11, 7503 Samedan,
betreffend Forderung aus Arbeitsvertrag,
hat sich ergeben:
I. Sachverhalt
A.
Am 13. Juni 1997 beziehungsweise am 17. Juni 1997 schlossen die C. als
Arbeitgeberin, sowie A., als Arbeitnehmer, einen befristeten Arbeitsvertrag ab. Der
Arbeitnehmer wurde als Stellvertretung für die Fächer Latein und Geschichte an-
gestellt. Der Beginn des Arbeitsverhältnisses wurde auf den 1. August 1997 und
dessen Ende auf den 31. Januar 1998 festgelegt. Mit Anstellungsvertrag vom 22.
Januar 1998 beziehungsweise 27. Januar 1998 wurde der befristete Arbeitsver-
trag vom 13. Juni 1997/17. Juni 1997 infolge einer Firmenänderung ersetzt und A.
wurde von der B. als hauptamtliche Lehrkraft für den Unterricht in den Fächern
Latein und Geschichte angestellt. Am 15. März 1999 beziehungsweise 22. März
1999 schlossen die genannten Parteien schliesslich erneut einen Anstellungsver-
trag ab, welcher denjenigen vom 22. Januar 1998/27. Januar 1998 ersetzen sollte.
A. war gemäss diesem Vertrag weiterhin als unbefristet angestellte Lehrkraft für
den Unterricht in den Fächern Latein und Geschichte an der B. angestellt. Sämtli-
che Verträge verwiesen bezüglich der Voraussetzungen für eine Anstellung als
unbefristet angestellte Lehrkraft sowie die Kündigungsfristen auf das Reglement
über die Anstellung von Unterrichtenden an der Mittelschule; dieses Reglement
galt ergänzend zum genannten Anstellungsvertrag. Im Weiteren wurden die Statu-
ten und das Leitbild der B., die einschlägigen Reglemente und Weisungen der
Schule sowie die Reglemente der Versicherungskasse als integrierende Bestand-
teile des Anstellungsvertrages bezeichnet.
B.
Mit Schreiben vom 17. Januar 2005 kündigte die B. vertreten durch D.,
Delegierter des Verwaltungsrates, für welchen F. (Mitglied der Geschäftsleitung) in
Vertretung unterzeichnete, und E., Leiter der Mittelschule - das Arbeitsverhältnis
zwischen ihr und A. per Ende Schuljahr 2004/2005 (31. Juli 2005). Die B. begrün-
dete die Kündigung auf Verlangen von A. damit, dass die Teamfähigkeit in einer
kleinen Schule ein entscheidender Faktor sei. Diese Fähigkeit, mit Lehrpersonen
zusammenzuarbeiten, die anderen Standpunkte zu vertreten, sei bei A. nicht ge-
geben. Im Weiteren wurde ausgeführt, dass an einer Maturitätsschule je länger je
mehr Fähigkeiten verlangt würden, die über das reine Unterrichten hinausgehen
würden. Hierzu vermisse die B. die notwendige Flexibilität seitens A..
C.
Mit Vermittlungsbegehren vom 22. Juni 2010 gelangte A. an den Kreisprä-
sidenten des Kreises Oberengadin, woraufhin dieser die Parteien zu einer Sühne-
verhandlung auf den 9. Juli 2010 einlud. Dabei wurden folgende Rechtsbegehren
gestellt:
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„Klägerisches Rechtsbegehren:
1. Die Beklagte sei zu verpflichten, dem Kläger den Betrag von CHF
30‘000.00 zu bezahlen.
2. Unter allfälliger Kostenund Entschädigungsfolge zu Lasten der Beklagten.
Beklagtisches Rechtsbegehren:
1. Es sei die Klage abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann.
2. Unter Entschädigungsfolge zuzüglich der gesetzlichen Mehrwertsteuer zu
Lasten des Klägers.“
Die angestellten Vergleichsversuche blieben erfolglos, weshalb den Partei-
en am 16. August 2010 der Leitschein zugestellt wurde.
D.
Mit Prozesseingabe vom 18. August 2010 gelangte A. an das Bezirksge-
richt Maloja und stellte folgende Rechtsbegehren:
„1. Die Beklagte sei zu verpflichten, dem Kläger den Betrag von CHF
30‘000.00 zu bezahlen.
2. Unter Kostenund Entschädigungsfolge zu Lasten der Beklagten.“
Zur Begründung brachte A. vor, gemäss Art. 16 Ziffer 11 der Statuten sei
die abschliessende Entscheidung in Personalfragen eine Verpflichtung, welche
der Verwaltungsrat an niemanden delegieren dürfe. Sowohl das Reglement über
die Anstellung von Unterrichtenden an der Mittelschule als auch das Organisati-
onsund Geschäftsreglement hätten nie in Kraft gesetzt werden dürfen, da damit
eine unzulässige Delegation der Kündigungskompetenz des Verwaltungsrats an
den Schulrat beziehungsweise an die Geschäftsleitung stattgefunden habe. Im
Weiteren führte A. aus, am 17. Januar 2005 habe er das Kündigungsschreiben per
31. Juli 2005, unterzeichnet von der Geschäftsleitung, erhalten. Dies stehe im Wi-
derspruch zu seinem Arbeitsvertrag beziehungsweise dem Reglement über die
Anstellung von Unterrichtenden an der Mittelschule, welches integrierender Be-
standteil seines Arbeitsvertrages sei und die Kompetenz zur Kündigung dem
Schulrat zuweise. Die Geschäftsleitung könne sich bei ihrer Kündigung nicht auf
das Organisationsund Geschäftsreglement vom 31. Oktober 2003 berufen, da
sie nicht beweisen könne, dass A. dieses zur Kenntnisnahme erhalten habe. Das
neue Organisationsund Geschäftsreglement hätte den Arbeitnehmern ausge-
händigt werden müssen und dessen Kenntnisnahme hätte sich die B. schriftlich
bestätigen lassen müssen. Im Übrigen verstosse dieses Organisationsund Ge-
schäftsreglement ohnehin gegen die Statuten, da gemäss Art. 16 Ziffer 11 der Sta-
tuten die Kündigung eine unübertragbare und unentziehbare Aufgabe des Verwal-
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tungsrates darstelle. Eine rechtsgültige Kündigung habe demnach nie stattgefun-
den.
E.
Mit Prozessantwort vom 28. September 2010 liess die B. folgende Rechts-
begehren stellen:
„1. Es sei die Klage abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist.
2. Unter vermittleramtlicher, gerichtlicher und aussergerichtlicher Kostenund
Entschädigungsfolge zuzüglich 7.6% MwSt. zu Lasten des Klägers.“
Dabei wurde im Wesentlichen geltend gemacht, dass gemäss Art. 16 Ziffer
11 der Statuten lediglich die Bestätigung der Lehrkräfte in fester Anstellung eine
unübertragbare Aufgabe des Verwaltungsrates darstelle. Eine entsprechende Bes-
tätigung sei lediglich ein Instrument der Finanzkontrolle des Verwaltungsrates. Es
gehe mithin darum, die Arbeit der Geschäftsleitung zu prüfen und entsprechend
intervenieren zu können. Mit der Unterzeichnung eines Arbeitsvertrages durch
zeichnungsberechtigte Mitglieder der Geschäftsleitung und durch den Arbeitneh-
mer komme ein Arbeitsvertrag bereits gültig zu Stande. Einer Bestätigung bedürfe
der Vertrag zu seiner Gültigkeit nicht. Die Bestätigung habe im Übrigen nicht dem
Lehrer gegenüber, sondern gegenüber der Geschäftsleitung zu erfolgen. Die
Kompetenz zum Abschluss und zur Auflösung eines Arbeitsvertrages gehöre in
die operative Führungsebene, welche von einer Geschäftsleitung wahrgenommen
werde. Schliesslich seien die Reglemente, welche der Kläger nenne, korrekt in
Kraft gesetzt worden. Eine ausführliche Information des Klägers über das neue
Organisationsreglement sei angeboten worden. Dies sei jedoch nicht notwendig
gewesen, da nur interne Abläufe und nicht Pflichten Rechte des Klägers ver-
ändert worden seien. Im Übrigen seien die Reglemente statutenkonform erlassen
und richtig angewendet worden.
F.
Mit Eingabe vom 23. November 2010 reichte A. seine Replik ein. Dabei
wies er im Wesentlichen nochmals darauf hin, dass das für eine gültige Kündigung
erforderliche Einverständnis des Verwaltungsrates im Sinne von Art. 16 Ziffer 11
der Statuten fehle, weshalb die Kündigung ungültig sei. Im Weiteren sei die Kün-
digung von einem falschen Organ ausgesprochen worden. Es sei ihm weder ein
Organisationsund Geschäftsreglement noch eine diesbezügliche „Direttissima“
bekannt gewesen, welche über die angebliche Änderung betreffend der Zustän-
digkeit zu einer Kündigung von Lehrkräften in festem Anstellungsverhältnis infor-
miert habe.
Die B. reichte innert Frist keine Duplik ein.
Seite 4 — 30
G.
Die Hauptverhandlung vor dem Bezirksgericht Maloja fand am 9. März 2011
statt. Mit Urteil vom 9. März 2011, mitgeteilt am 8. April 2011, erkannte das Be-
zirksgericht Maloja was folgt:
„1. Die Klage wird vollumfänglich abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens, bestehend aus einer Gerichtsgebühr von CHF
5‘000.- und Schreibgebühren von CHF 500.-, werden auf die Gerichtskas-
se genommen.
3. Der Kläger wird verpflichtet, die Beklagte mit pauschal CHF 10‘000.inkl.
MwSt. ausseramtlich zu entschädigen.
4. (Rechtsmittelbelehrung).
5. (Mitteilung).“
Zur Begründung führte das Bezirksgericht Maloja insbesondere aus, ge-
mäss dem Reglement über die Anstellung von Unterrichtenden an der Mittelschu-
le, welches in der Version vom 3. März 1999 Bestandteil des Arbeitsvertrages des
Klägers gewesen sei, sei der Schulrat sowohl für die Wahl der Lehrkräfte in fester
Anstellung als auch für die Kündigung der entsprechenden Arbeitsverhältnisse
zuständig gewesen. Der Verwaltungsrat habe am 31. Oktober 2003 das revidierte
Organisationsund Geschäftsreglement genehmigt und unverzüglich in Kraft ge-
setzt. Gemäss diesem Reglement entscheide in Personalfragen (Anstellung, Ent-
lassung, Entlöhnung) die Geschäftsleitung auf Antrag des jeweiligen bereichslei-
tenden Mitgliedes der Geschäftsleitung. Die Regelung des Organisationsund
Geschäftsreglements geniesse gegenüber dem Reglement über die Anstellung
von Unterrichtenden an der Mittelschule Vorrang. Vorliegend sei die Kündigung
durch die gestützt auf das Organisationsund Geschäftsreglement zuständige
Geschäftsleitung und demnach rechtsgültig erfolgt. Die Revision des Organisati-
onsund Geschäftsreglements, wodurch die Kompetenz zur Kündigung der Ar-
beitsverhältnisse von Lehrkräften in fester Anstellung vom Schulrat auf die Ge-
schäftsleitung übertragen worden sei, stelle zudem keine Vertragsänderung dar,
welche die Zustimmung der Mitarbeitenden nötig gemacht hätte. Demzufolge sei
es auch nicht nötig gewesen, das Einverständnis der Lehrkräfte zur besagten Re-
vision einzuholen.
H.
Gegen diesen Entscheid erhob A. am 3. Mai 2011 Berufung beim Kantons-
gericht von Graubünden. Dabei hielt er unverändert an seinen Rechtsbegehren
fest. Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus, dass die Kündigung aus zwei
Gründen ungültig sei. Zum Einen hätte der Verwaltungsrat gemäss Art. 16 Ziffer
11 der Statuten seiner Kündigung vorgängig zustimmen müssen. Zum Anderen
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stütze sich die Kündigung auf das Organisationsund Geschäftsreglement, wel-
ches sich am Kündigungstag (17. Januar 2005) nicht in seinem Besitze befunden
und ihm auch nicht bekannt gewesen sei. Dass an der Informationsveranstaltung
(„Direttissima“) die Übertragung der Kündigungskompetenz vom Schulrat auf die
Geschäftsleitung tatsächlich kommuniziert worden sei, habe die Beklagte nicht
beweisen können. Die B. könne sich demnach nicht auf dieses Reglement bezie-
hungsweise die darin enthaltene Regelung bezüglich der Zuständigkeit der Ge-
schäftsleitung zur Aussprechung der Kündigung berufen. Die Kündigung sei daher
als ungültig zu betrachten, da ein Mangel in der Zuständigkeit zur Aussprechung
der Kündigung vorgelegen habe.
I.
Mit Verfügung vom 13. Mai 2011, mitgeteilt am 13. Mai 2011, verfügte der
Vorsitzende der II. Zivilkammer des Kantonsgerichts von Graubünden was folgt:
„1. A. ist eine nicht erstreckbare Frist von 14 Tagen ab Erhalt vorliegender
Verfügung angesetzt, um die formellen Mängel seiner Berufungsschrift
vom 3. Mai 2011 in Sinne der Erwägungen zu beheben.
2. Wird dieser Verfügung nicht vollständig und/oder nicht innert der angesetz-
ten Frist Folge geleistet, gilt die Berufung von A. als nicht erfolgt.
3. (Mitteilung).“
Begründet wurde diese Verfügung insbesondere damit, dass die Rechts-
schrift des Berufungsklägers vom 3. Mai 2011 insoweit als unleserlich respektive
unverständlich im Sinne von Art. 132 Abs. 2 ZPO zu qualifizieren sei, als eine zu-
sammenhängende aus dem eingelegten Schriftsatz selbst hervorgehende Sach-
verhaltsschilderung vollkommen fehle, der Begründung ein weitreichendes Abkür-
zungsverzeichnis vorangestellt und im folgenden Text umgesetzt worden sei so-
wie anstatt einer eigenen Begründung in der Rechtsschrift unzählige Verweisun-
gen auf andere Prozessdokumente (Prozesseingabe, Replik, Plädoyernotizen vor
1. Instanz, angefochtenes Urteil) gemacht worden seien. Dem Berufungskläger
werde daher eine Frist zur Behebung dieser formellen Eingabemängel angesetzt.
Er habe dabei insbesondere eine formal verbesserte Rechtsschrift einzureichen, in
welcher die vorstehend beschriebenen Defizite zu beheben seien.
J.
Mit Eingabe vom 25. Mai 2011 reichte der Berufungskläger eine weitere
Berufungsschrift ein, wobei die Rechtsbegehren und die Begründung inhaltlich
weitgehend mit der ersten Berufungsschrift vom 3. Mai 2011 übereinstimmten.
K.
Am 14. Juli 2011 reichte der Rechtsvertreter der B. die Berufungsantwort
ein und stellte folgende Rechtsbegehren:
Seite 6 — 30
„1. Es sei die Berufung abzuweisen, soweit darauf überhaupt eingetreten wer-
den kann.
2. Unter gesetzlicher Kostenund Entschädigungsfolge zuzüglich 8.0% MwSt.
zulasten des Klägers und Berufungsklägers.“
Dabei wurde im Wesentlichen geltend gemacht, dass die überarbeitete Be-
rufungsschrift des Klägers vom 25. Mai 2011 in formeller Hinsicht die Anforderun-
gen an eine vollständige und sorgfältige Rechtsschrift nach wie vor nicht erfülle. In
materieller Hinsicht sei es dem Kläger nicht ansatzweise gelungen, der Vorinstanz
eine unrichtige Rechtsanwendung und/oder eine unrichtige Feststellung des
Sachverhaltes nachzuweisen. Seine Eingabe sei vielmehr über weite Strecken
eine blosse Stimmungsmache und Verunglimpfung der Vorinstanz.
Auf die weiteren Erwägungen im angefochtenen Urteil sowie auf die Aus-
führungen in den Rechtsschriften wird, soweit erforderlich, in den nachfolgenden
Erwägungen eingegangen.
Seite 7 — 30
II. Erwägungen
1.a) Für das Rechtsmittelverfahren gilt gemäss Art. 405 Abs. 1 der Schweizeri-
schen Zivilprozessordnung (ZPO; SR 272) das Prozessrecht, welches bei der Er-
öffnung des angefochtenen Entscheides in Kraft ist. Das angefochtene Urteil des
Bezirksgerichtes Maloja vom 9. März 2011 wurde den Parteien am 8. April 2011
und damit nach dem Inkrafttreten der Schweizerischen Zivilprozessordnung am 1.
Januar 2011 eröffnet. Auf das vorliegende Verfahren findet demnach die Schwei-
zerische Zivilprozessordnung Anwendung.
b)
Beim angefochtenen Urteil, welches eine vermögensrechtliche Angelegen-
heit mit einem Streitwert über Fr. 10‘000.-zum Gegenstand hat, handelt es sich
um einen erstinstanzlichen Endentscheid, welcher mit Berufung angefochten wer-
den kann (vgl. Art. 308 Abs. 1 lit. a ZPO). Die Zuständigkeit des Kantonsgerichts
von Graubünden ergibt sich aus Art. 7 Abs. 1 des Einführungsgesetzes zur
Schweizerischen Zivilprozessordnung (EGzZPO; BR 320.100). Gemäss Art. 311
ZPO ist die Berufung unter Beilage des angefochtenen Entscheides innert 30 Ta-
gen seit Zustellung des begründeten Entscheides beziehungsweise seit der nach-
träglichen Zustellung der Entscheidbegründung schriftlich und begründet einzurei-
chen.
2.a) Die Berufungsbeklagte führt in ihrer Berufungsantwort vom 14. Juli 2011 an
das Kantonsgericht von Graubünden aus, dass auch die überarbeitete Berufungs-
schrift des Klägers vom 25. Mai 2011 in formeller Hinsicht die Anforderungen an
eine vollständige und sorgfältige Rechtsschrift nicht erfülle. Der Kläger bringe sei-
ne Kritik am erstinstanzlichen Urteil in einer nach wie vor unleserlichen und unver-
ständlichen Art vor, indem er einzelne Sätze aus den vorinstanzlichen Erwägun-
gen, sogar nur teilweise, zitiere, selber kommentiere, diesen Kommentaren soge-
nannten Anmerkungsnummern beifüge und diese Anmerkungsnummern wieder-
um handschriftlich an der betreffenden Textstelle im vorinstanzlichen Urteil an-
bringe. Die Berufungsinstanz müsse sich ernsthaft mit der Frage auseinander set-
zen, ob auf die Berufung überhaupt eingetreten werden könne. Der Berufungsklä-
ger führte demgegenüber bereits in seiner ersten Berufungsschrift vom 3. Mai
2011 aus, dass er das Gericht um Verständnis Bitte, dass seine Rechtsschriften
nicht immer den bei den Juristen üblichen Standards entsprechen würde. In einem
Rechtsstaat sollten jedoch auch juristische Laien ihr Recht einfordern und erhalten
können.
Seite 8 — 30
Nachfolgend gilt es vorerst zu prüfen, ob die vom Berufungskläger einge-
reichte Berufungsschrift vom 25. Mai 2011 den formellen und inhaltlichen Anforde-
rungen an eine Berufungsschrift zu genügen vermag.
b)
Gemäss Art. 311 Abs. 1 ZPO ist die Berufung schriftlich und begründet ein-
zureichen. Die Berufung ist mithin in einem Schritt als vollständige Rechtsschrift
einzureichen. Sie muss namentlich die Rechtsbegehren (d.h. die Berufungsanträ-
ge bzw. Abänderungsbegehren hinsichtlich des erstinstanzlichen Entscheides)
und die Begründung dieser Rechtsbegehren beinhalten (vgl. Dominik Gasser/ Bri-
gitte Rickli, Schweizerische Zivilprozessordnung, Kurzkommentar, Zürich 2010, N
4 zu Art. 311; Reetz/Theiler, in: Thomas Sutter-Somm (Hrsg.); Franz Hasenböhler
(Hrsg.); Christoph Leuenberger (Hrsg.); Kommentar zur Schweizerischen Zivilpro-
zessordnung, Zürich 2010, N 17 zu Art. 311). Der Berufungskläger darf sich im
Rahmen seiner Berufungsanträge nicht darauf beschränken, lediglich die Aufhe-
bung des angefochtenen erstinstanzlichen Entscheides zu beantragen, sondern er
muss einen Antrag in der Sache stellen (und zwar in den Rechtsbegehren der Be-
rufungsschrift selbst, d.h. in den Berufungsanträgen, und nicht bloss in der Be-
gründung; BGE 133 III 489 E. 3.1); geht es um eine auf eine Geldleistung gerich-
tete Forderung, so ist eine Bezifferung erforderlich (vgl. Reetz/Theiler, a.a.O., N 34
zu Art. 311). Aus den Anträgen muss mithin hervorgehen, was verlangt wird. Sie
können dabei nicht über das hinausgehen, was bei der Vorinstanz beantragt wur-
de. Anträge von Laien sollen dabei nach Treu und Glauben ausgelegt werden.
Aus der Begründung der Rechtsbegehren muss schliesslich hervorgehen, inwie-
fern der Entscheid der Vorinstanz Recht verletzt inwiefern der Sachverhalt
unrichtig festgestellt wurde. Der Berufungskläger hat seine Behauptungen be-
stimmt und vollständig aufzustellen (vgl. Bruno Mathys in: Baker McKenzie [Hrsg.],
Schweizerische Zivilprozessordnung, Bern 2010, N 13 zu Art. 311; Reetz/Theiler,
a.a.O., N 36 zu Art. 311).
c)
Zusätzlich zu den inhaltlichen Anforderungen hat die Berufungsschrift auch
bestimmten formellen Anforderungen zu genügen. Bezüglich der Form der einzu-
reichenden Rechtsschrift finden die allgemeinen Grundsätze gemäss Art. 129 ff.
ZPO Anwendung. Die Berufungsschrift muss wie grundsätzlich alle Eingaben
von Parteien leserlich, gebührlich sowie verständlich sein und sie darf nicht weit-
schweifig sein (Art. 132 Abs. 2 ZPO). Genügt die Berufungsschrift den vorstehen-
den Erfordernissen nicht, so setzt die Berufungsinstanz dem Berufungskläger
(mangels anderweitiger gesetzlicher Grundlage) einzig in den Fällen von Art. 132
Abs. 1 und 2 ZPO eine Nachfrist an (vgl. Reetz/Theiler, a.a.O., N 33 zu Art. 132).
Art. 132 ZPO bestimmt, dass Mängel wie fehlende Unterschrift und fehlende Voll-
Seite 9 — 30
macht innert einer gerichtlichen Nachfrist zu verbessern sind. Andernfalls gilt die
Eingabe als nicht erfolgt (Abs. 1). Gleiches gilt für unleserliche, ungebührliche,
unverständliche weitschweifige Eingaben (Abs. 2). Querulatorische und
rechtsmissbräuchliche Eingaben werden ohne Weiteres zurückgeschickt (Abs. 3).
Diese Bestimmung verbietet mithin überspitzten Formalismus, was zur Folge hat,
dass heilbare Mängel im Sinne von Art. 132 Abs. 1 und 2 ZPO binnen einer vom
Gericht angesetzten Nachfrist verbessert werden dürfen. Überspitzter Formalis-
mus ist eine besondere Form der Rechtsverweigerung. Eine solche liegt vor, wenn
für ein Verfahren rigorose Formvorschriften aufgestellt werden, ohne dass die
Strenge sachlich gerechtfertigt wäre, wenn die Behörde formelle Vorschriften mit
übertriebener Schärfe handhabt an Rechtsschriften überspannte Anforderun-
gen stellt und dem Bürger den Rechtsweg in unzulässiger Weise versperrt (vgl.
BGE 120 V 413).
d)
Die in Art. 132 genannten Mängel werden in formale Mängel wie bei-
spielsweise fehlende Unterschrift mangelhafte Form sowie Mängel qualitati-
ver Art wie etwa Unleserlichkeit, Weitschweifigkeit, Ungebührlichkeit Unver-
ständlichkeit unterteilt (vgl. Gasser/Rickli, a.a.O., N 1 ff. zu Art. 132). Unverständ-
lich ist eine Eingabe dann, wenn die Rechtsbegehren widersprüchlich formuliert
sind und der Widerspruch sich nicht durch Rückgriff auf die Begründung der Ein-
gabe auflösen lässt. Eine ungenügende Begründung hingegen kann nicht zur Un-
verständlichkeit der Eingabe führen; es ist mithin nicht Zweck von Art. 132 Abs. 2
ZPO, ungenügend begründete Eingaben zu ergänzen. Weitschweifig ist eine Ein-
gabe, die langatmige Ausführungen und Wiederholungen über einzelne Rechts-
und Tatfragen enthält, die aufgrund der tatsächlichen Verhältnisse zur Wahrung
eines Anspruchs nicht erforderlich sind sich in keiner Weise auf das Thema
des Verfahrens beziehen. Weitschweifigkeit liegt auch vor bei ungeordneter Ein-
reichung von Beilagen zu Eingaben von sonstigen Unterlagen, insbesondere
im Fall der Einreichung von zahlreichen Aktenstücken, welche nicht in erkennbarer
Weise irgendetwas mit der konkreten Streitfrage zu tun haben. Die Unleserlichkeit
einer Eingabe betrifft schliesslich Fälle, in denen sich die Eingabe aufgrund des
Schriftbildes nicht nur mit grosser Mühe entziffern lässt deren Inhalt
aufgrund ungenügender formaler Darstellung als unverständlich erscheint. Unle-
serlich beziehungsweise schwer lesbar ist eine Eingabe beispielsweise dann,
wenn sie in enger Zeilenschaltung vollgeschrieben, an allen Rändern mit Ausfüh-
rungen versehen von Hand geschrieben und die Handschrift kaum zu entzif-
fern ist (vgl. Myriam A. Gehri/Michael Kramer, Schweizerische Zivilprozessord-
nung, Kommentar, 1. Auflage, Zürich 2010, N 8 ff. zu Art. 132).
Seite 10 — 30
e)
Vorliegend reichte der Berufungskläger mit Eingabe vom 3. Mai 2011 seine
erste Berufungsschrift ein, welche der Vorsitzende der II. Zivilkammer des Kan-
tonsgerichts von Graubünden mit Verfügung vom 13. Mai 2011 als unleserlich re-
spektive unverständlich qualifizierte; dem Berufungskläger wurde daraufhin im
Sinne von Art. 132 ZPO eine Frist zur Nachbesserung angesetzt. Der Berufungs-
kläger reichte in der Folge mit Eingabe vom 25. Mai 2011 eine zweite Berufungs-
schrift ein. Sowohl bei der ersten als auch bei der zweiten Berufungsschrift handelt
es sich unweigerlich um Laieneingaben. Der Berufungskläger war beziehungswei-
se ist weder im vorinstanzlichen Verfahren noch im vorliegenden Berufungsverfah-
ren anwaltlich vertreten. In Anbetracht dieser Tatsache, sind an die formellen An-
forderungen der Eingabe keine allzu hohen Anforderungen zu stellen. Insbesonde-
re sind an Laieneingaben sowohl in Bezug auf die inhaltlichen als auch formellen
Voraussetzungen nicht dieselben Anforderungen zu stellen, wie an eine Eingabe
einer anwaltlich vertretenen Partei. Es wäre mithin mit dem Grundsatz des über-
spitzten Formalismus sowie Treu und Glauben nicht vereinbar, die vorliegenden
formellen Vorschriften im Sinne von Art. 132 ZPO mit übertriebener Schärfe zu
handhaben beziehungsweise an die Rechtsschriften des Berufungsklägers über-
spannte Anforderungen zu stellen, womit ihm der Rechtsweg in unzulässiger Wei-
se versperrt würde. Allerdings ist anzumerken, dass die vorliegende Berufungs-
schrift sehr umfassend und weitschweifig ist. Aufgrund der darin enthaltenen Dar-
stellung insbesondere der zahlreichen Verweise sowie der häufigen Wiederho-
lungen ist sie nicht leicht zu lesen beziehungsweise nicht leicht verständlich. Die
Eingabe ist in formeller Hinsicht jedenfalls grenzwertig; dennoch vermag sie im
Sinne der vorangehenden Erwägungen - und insbesondere aufgrund der Tatsa-
che, dass es sich um eine Laieneingabe handelt - den formellen Anforderungen
einer Eingabe im Sinne von Art. 132 ZPO zu genügen.
f)
Im Übrigen enthält die vorliegende Berufungsschrift zumindest in den
Grundzügen sowohl die verlangten Rechtsbegehren als auch eine entsprechen-
de Begründung. Insbesondere geht aus den Anträgen hervor, was der Berufungs-
kläger verlangt. Jedenfalls konnten sowohl die Gegenpartei als auch die Beru-
fungsinstanz den Anträgen sowie der Begründung entnehmen, inwiefern der Ent-
scheid der Vorinstanz aus der Sicht des Berufungsklägers Recht verletze
inwiefern der Sachverhalt unrichtig festgestellt worden sei.
g)
Zusammenfassend ist demnach festzustellen, dass es sich bei der vorlie-
genden Berufungsschrift um eine Laieneingabe handelt, an welche nicht dieselben
Anforderungen zu stellen sind wie an eine Eingabe einer anwaltlich vertretenen
Partei. Die Berufungsschrift verfügt dabei zumindest in den Grundzügen sowohl
Seite 11 — 30
über die notwendigen Anträge als auch eine rechtsgenügliche Begründung. Ob-
wohl die Berufungsschrift in Bezug auf die formelle als auch inhaltliche Ausgestal-
tung äusserst grenzwertig ist, war es sowohl der Berufungsgegnerin als auch der
Berufungsinstanz nach Treu und Glauben und unter Berücksichtigung des Grund-
satzes des Verbotes des überspitzten Formalismus durchaus zumutbar, zumin-
dest die Grundzüge beziehungsweise die wesentlichen Vorbringen des Beru-
fungsklägers zu erkennen. Die Berufungsschrift vermag damit sowohl den inhaltli-
chen als auch formellen Anforderungen an eine Berufungsschrift im Sinne von Art.
311 ZPO in Verbindung mit Art. 132 ZPO zu genügen. Auf die im Übrigen fristge-
recht eingereichte Berufung ist demnach einzutreten.
3.a) Anfechtungsobjekte einer Berufung sind gemäss Art. 308 Abs. 1 ZPO unter
anderem erstinstanzliche Endund Zwischenentscheide der streitigen freiwil-
ligen Gerichtsbarkeit, wobei darunter sowohl Sachals auch Nichteintretensent-
scheide fallen. Im Berufungsverfahren überprüft die Berufungsinstanz im Rahmen
der Berufungsanträge das gesamte Verfahren und die Entscheidung der ersten
Instanz von Neuem (vgl. Gehri/Kramer, a.a.O., N 1 ff. zu Art. 308).
b)
Mit der vorliegenden Berufung wird das Urteil des Bezirksgerichtes Maloja
vom 9. März 2011, mitgeteilt am 8. April 2011, angefochten. Die Vorinstanz be-
fasste sich einerseits damit, ob die Kündigung vom zuständigen Organ bezie-
hungsweise von den zuständigen Personen beschlossen und mitgeteilt worden ist.
Andererseits beschäftigte sich die Vorinstanz mit der Frage, ob das massgebende
Organisationsund Geschäftsreglement in rechtmässiger Art und Weise in Kraft
gesetzt worden ist und demnach als rechtliche Grundlage für die Zuständigkeit der
Kündigung herangezogen werden konnte beziehungsweise ob diese Revision eine
Vertragsänderung darstellt, welche das Einverständnis der Lehrkräfte notwendig
gemacht hätte. Die Berufungsinstanz kann im Rahmen der vorliegenden Berufung
einzig und alleine das vorinstanzliche Urteil sowie die darin enthaltenen Erwägun-
gen überprüfen. Soweit sich der Berufungskläger in seiner Berufungsschrift auf
andere Schriftstücke und deren Inhalt bezieht gemeint sind die Prozessantwort
der Beklagten vom 28. September 2010 an das Bezirksgericht Maloja, das Schrei-
ben der Berufungsklägerin vom 2. Mai 2005 (klägerische Beilage Nr. 32) sowie
das mündliche Plädoyer der Beklagten vor dem Bezirksgericht Maloja ist eine
Überprüfung dieser Schriftstücke durch die Berufungsinstanz ausgeschlossen.
Insbesondere fehlt es bei den diesbezüglichen Ausführungen des Berufungsklä-
gers an den erforderlichen Zusammenhängen beziehungsweise Verweisen auf
das vorinstanzliche Urteil und dessen Erwägungen. Die Ausführungen des Beru-
fungsklägers, welche sich auf die genannten Schriftstücke beziehen, müssen auf-
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grund des Gesagten unberücksichtigt bleiben; mithin überprüft die Berufungsin-
stanz einzig das angefochtene Urteil des Bezirksgerichtes Maloja vollständig in
allen Rechtsund Tatfragen.
4.a) Gemäss Art. 335 des Schweizerischen Obligationenrecht (OR; SR 220)
kann ein unbefristetes Arbeitsverhältnis von jeder Vertragspartei gekündigt werden
(Abs. 1). Der Kündigende muss die Kündigung schriftlich begründen, wenn die
andere Partei dies verlangt (Abs. 2). Die Kündigung ist grundsätzlich formfrei gül-
tig, wenn nicht vertraglich etwas anderes vereinbart wurde. Zur Kündigung legiti-
miert ist die Vertragspartei selbst ihr Vertreter. Die Vertretung kann sich unter
anderem auf Organstellung, Prokura auf gewillkürte Bevollmächtigung nach
Art. 32 OR stützen (vgl. Ullin Streiff/Adrian von Kaenel, Arbeitsvertrag, Praxis-
kommentar zu Art. 319-362 OR, 6. Auflage, Zürich 2005, N 8 zu Art. 335). Wer für
die Gesellschaft rechtsgeschäftlich handeln kann, bestimmt sich in erster Linie
nach dem Aktienrecht. Dieses ist deshalb auch für die Frage massgebend, ob die
Geschäftsleitung der Verwaltungsrat für den Abschluss und die Beendigung
eines Arbeitsvertrags zuständig ist (vgl. BGE 128 III 129 ff.).
b)
Vorliegend kündigte die B. AG als Arbeitgeberin das Arbeitsverhältnis zwi-
schen ihr und A. mit Schreiben vom 17. Januar 2005 per Ende Schuljahr
2004/2005, mithin den 31. Juli 2005. Die Kündigung wurde von D., für welchen F.
in Vertretung unterzeichnete, sowie E. unterzeichnet. Die genannten Personen
sind allesamt Mitglieder der Geschäftsleitung und handelten in deren Namen.
Folglich wurde die vorliegende Kündigung von der Geschäftsleitung ausgespro-
chen. Die Berufungsbeklagte stützt sich bezüglich der Zuständigkeit der Ge-
schäftsleitung zur Aussprechung der Kündigung auf das Organisationsund Ge-
schäftsreglement, welches am 31. Oktober 2003 in Kraft getreten ist. Der Beru-
fungskläger führt in seiner Berufung an das Kantonsgericht von Graubünden dies-
bezüglich aus, dass die Kündigung vom 17. Januar 2005 ungültig sei, da sie von
einem unzuständigen Organ ausgesprochen worden sei; insbesondere hätte der
Verwaltungsrat der von der Geschäftsleitung ausgesprochenen Kündigung ge-
mäss Art. 16 Ziffer 11 der Statuten vorgängig zustimmen müssen. Das Bezirksge-
richt Maloja führte diesbezüglich aus, dass die Kündigung des Arbeitsverhältnis-
ses gestützt auf das geltende Organisationsund Geschäftsreglement von der
dafür zuständigen Geschäftsleitung beschlossen und mitgeteilt worden sei, wes-
halb die Kündigung rechtsgültig erfolgt sei. Insbesondere sei der Verwaltungsrat
während der Anstellungsdauer des Klägers für die Kündigung der festangestellten
Lehrpersonen nicht zuständig gewesen. Dieser Umstand spreche somit gegen die
Interpretation des Art. 16 Ziffer 11 der Statuten durch den Kläger, wonach die
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Kündigung einer festangestellten Lehrperson eine unübertragbare und unentzieh-
bare Aufgabe des Verwaltungsrates darstelle. Nachfolgend gilt es zu prüfen, ob
die Kündigung der festangestellten Lehrpersonen eine unübertragbare und unent-
ziehbare Aufgabe des Verwaltungsrates im Sinne von Art. 16 der Statuten darstellt
beziehungsweise ob der Verwaltungsrat zur Gültigkeit der Kündigung dieser tat-
sächlich vorgängig hätte zustimmen müssen.
5.a) Gemäss Art. 16 Ziffer 11 der Statuten der B. AG vom 19. Juni 1998 hat der
Verwaltungsrat die unübertragbare und unentziehbare Aufgabe der Wahl der
Schulratsmitglieder und der Mitglieder der Schulleitung sowie die Bestätigung der
Lehrkräfte in fester Anstellung. Vorliegend ist insbesondere umstritten, was mit
„Bestätigung“ der Lehrkräfte in fester Anstellung gemeint ist beziehungsweise ob
dieser Aufgabe eine andere Bedeutung zukommt als der „Wahl“ der Schulratsmit-
glieder im Sinne der genannten Bestimmung. Der Berufungskläger führt diesbe-
züglich aus, dass „Wahl“ und „Bestätigung“ tatsächlich zwei unterschiedliche Akte
darstellen würden. Allerdings sei das Resultat das gleiche, nämlich eine Anstel-
lung durch den Willen des Verwaltungsrates. Daraus folge, dass der Verwaltungs-
rat der Kündigung vorgängig hätte zustimmen müssen. Die Berufungsbeklagte ist
hingegen der Ansicht, dass die Bestätigung im Sinne von Art. 16 Ziffer 11 der Sta-
tuten lediglich ein Instrument der Finanzkontrolle des Verwaltungsrates sei. Es
gehe mithin darum, die Arbeit der Geschäftsleitung zu prüfen und entsprechend
intervenieren zu können. Mit der Unterzeichnung eines Arbeitsvertrages durch
zeichnungsberechtigte Mitglieder der Geschäftsleitung und durch den Arbeitneh-
mer komme ein Arbeitsvertrag aber bereits gültig zu Stande. Einer Bestätigung
des Verwaltungsrates bedürfe der Vertrag zu seiner Gültigkeit nicht. Art. 16 Ziffer
11 der Statuten spreche nicht von einer Einstellung Kündigung der Lehrper-
son. Dies zeige zudem, dass es sich bei der Bestätigung der Lehrkräfte nicht um
eine Kompetenzzuweisung betreffend den Abschluss von Arbeitsverträgen handle.
Die Kompetenz zum Abschluss und zur Auflösung eines Arbeitsvertrages gehöre
eben gerade nicht in die Hand der strategischen Leitung eines Unternehmens,
sondern in die operative Führungsebene. Schliesslich habe eine Bestätigung ge-
mäss Art. 16 Ziffer 11 der Statuten nicht gegenüber der Lehrperson zu erfolgen,
sondern gegenüber der Geschäftsleitung. Die Vorinstanz schliesslich führt in ihren
Erwägungen einerseits aus, dass durch die Regelung der zwei Aufgaben in Art. 16
Ziffer 11 der Statuten gemeint ist die Wahl der Schulratsmitglieder und der Mit-
glieder der Schulleitung sowie die Bestätigung der Lehrkräfte in fester Anstellung -
in zwei verschiedenen, durch einen Punkt getrennten Sätzen, gerade aufgezeigt
werde, dass es sich dabei um zwei verschiedene Akte handle. Andererseits erfol-
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ge gemäss Ziffer 2.2. des Reglements über die Anstellung von Unterrichtenden an
der Mittelschule, welches Vertragsbestandteil des Arbeitsvertrages zwischen der
B. AG und A. sei, die Anstellung der unbefristet angestellten Lehrkräfte auf Antrag
der Schulleitung durch die Wahl des Schulrates. Die Kündigung des Arbeitsver-
hältnisses durch die Schule habe durch den Schulrat zu erfolgen. Diese Regelung
sei dann durch die Bestimmung von Art. 17 Abs. 4 des Organisationsund Ge-
schäftsreglements, welches am 31. Oktober 2003 in Kraft getreten sei, abgelöst
worden. Gemäss dieser Bestimmung entscheide in Personalfragen (Anstellung,
Entlassung, Entlöhnung) die Geschäftsleitung auf Antrag des jeweiligen bereichs-
leitenden Mitgliedes der Geschäftsleitung. Aufgrund dessen stehe fest, dass der
Verwaltungsrat während der Anstellungsdauer des Klägers für die Kündigung der
festangestellten Lehrpersonen nicht zuständig gewesen sei.
b)
Die Statuten sind das zentrale Organisationselement sämtlicher Aktienge-
sellschaften und berechtigen beziehungsweise verpflichten nebst der Gesellschaft
im Prinzip sämtliche (aktuellen und künftigen) Aktionäre. Die Statuten erhöhen
somit die Rechtsverbindlichkeit. Im Hinblick auf die Rechtsnatur der Statuten be-
steht eine Verwandtschaft zu einem Vertrag zu einem Gesetz, was sich nicht
zuletzt bei deren Auslegung zeigt (vgl. Peter V. Kunz in: Rolf Watter [Hrsg.], Die
„grosse“ Schweizer Aktienrechtsrevision, Zürich/St. Gallen 2010, S. 57). Auf den
ersten Blick scheint es naheliegend, die Grundsätze der Vertragsauslegung (ins-
besondere das Willensprinzip) heranzuziehen, handelt es sich doch bei den Statu-
ten um privatautonome Willenserklärungen der Gesellschafter (vgl. Peter Böckli,
Schweizer Aktienrecht, 4. Auflage, Zürich 2009, N 626). Das Bundesgericht und
die herrschende Lehre wenden hingegen mindestens bei Statutenbestimmungen
mit Aussenwirkung und bei Streitigkeiten ausserhalb von Kleinstverhältnissen eher
die Methodik der Gesetzesauslegung an. Dies bedeutet nicht, dass die Entste-
hungsgeschichte der einzelnen Statutenbestimmungen völlig unbeachtlich wäre;
die Statutenbestimmungen sind jedoch in erster Linie aus dem Zusammenhang
heraus zu verstehen, wobei die Bedeutung der Statutenklausel sowohl aus der
teleologischen Betrachtung als auch aus ihrer Funktion heraus zu analysieren ist
(vgl. BGE 107 II 179 ff.; Peter Böckli, a.a.O., N 631 ff.).
c)
Am Anfang einer jeden Rechtsfindung steht "naturgemäss" der Wortlaut der
einschlägigen Rechtsnorm(en). Unabhängig davon, zu welchen Ergebnissen die
Analyse des Gesetzesbeziehungsweise Statutentextes führt, bildet die Ermittlung
des Wortsinns aber nie Endpunkt der Rechtsfindung, sondern bloss deren uner-
lässliche Vorbedingung. In der ganz überwiegenden Zahl der Rechtsanwendungs-
fälle kann allein schon deshalb nicht einfach auf den Normtext abgestellt werden,
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weil dieser mehrfacher Deutung zugänglich ist und die anstehende Rechtsfrage
sich dementsprechend mittels rein sprachlicher Erwägungen nicht abschliessend
beantworten lässt, sondern nur unter Beizug weiterer spezifischer juristischer Kri-
terien (Heinz Hausheer/ Manuel Jaun, Die Einleitungsartikel des ZGB - Art. 1 - 10
ZGB, Bern 2003, N 65 f. zu Art. 1). Der Gesetzesbeziehungsweise Statutenwort-
laut alleine und damit eine rein wortjuristische Methode, die den Interpreten auf
den Wortsinn festlegen will, fallen aus den bereits genannten Gründen zum Vorn-
herein ausser Betracht (Heinz Hausheer/ Manuel Jaun, a.a.O. N 95 zu Art. 1).
Welche von mehreren dem Wortlaut nach möglichen Deutungen die zutreffende
ist, soll mit Hilfe der sogenannten Auslegungselemente festgestellt werden. Dabei
werden traditionellerweise vier Auslegungselemente herangezogen. Das gramma-
tikalische Element betrifft die gesetzgeberische Erklärung, d.h. den Normtext, das
historische Element die in der Gesetzesvorschrift mittelbar zum Ausdruck gelan-
gende Interessenbewertung des Gesetzgebers, das teleologische Element den
einschlägigen Normzweck und das systematische Element schliesslich betrifft den
äusseren Aufbau und darüber hinaus den ganzen Zweckund Wertungszusam-
menhang des Gesetzes, die diesem zugrunde liegende (immanente) Teleologie.
Die vier Auslegungselemente sind Teilakte ein und desselben Auslegungsvor-
gangs, was meint, dass die vier genannten Auslegungselemente grundsätzlich,
d.h. unter Vorbehalt der fallbezogenen Gewichtung, gleichwertig nebeneinander
stehen. Dabei wird in ständiger Rechtsprechung ein so genannter Methodenplura-
lismus verfolgt; insbesondere wird es abgelehnt, die einzelnen Auslegungsele-
mente einer hierarchischen Prioritätsordnung zu unterstellen. Wer ein Gesetz be-
ziehungsweise Statuten interpretiert, hat danach zu fragen, was ein vernünftiger
und korrekter Gesetzesbeziehungsweise Statutenadressat unter dem Blickwinkel
der verschiedenen Auslegungselemente aus der gesetzgeberischen beziehungs-
weise statuarischen Erklärung als Sinn herauslesen muss (vgl. Heinz Hausheer/
Manuel Jaun, a.a.O. N 112 zu Art. 1).
d)
Wie bereits dargelegt, ist vorliegend strittig, welcher rechtlich massgebende
Sinn Art. 16 Ziffer 11 der Statuten zukommt beziehungsweise was unter dem Beg-
riff „Bestätigung“ der Lehrkräfte in fester Anstellung zu verstehen ist. Den voran-
gehenden Erwägungen entsprechend ist bei der Auslegung dieser Bestimmung im
Sinne des Methodenpluralismus vorzugehen, mithin sind die genannten Methoden
nebeneinander anzuwenden.
d/1. In Bezug auf die grammatikalische Auslegung ist zu bemerken, dass in Art.
16 Ziffer 11 der Statuten klar zwischen „Wahl“ und „Bestätigung“ unterschieden
wird. Dass diese beiden Begriffe nicht dasselbe meinen ist offenkundig, andern-
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falls hätte der Verfasser der Statuten nicht zwei verschiedene Begriffe verwendet.
Aus dem Wortlaut der genannten Bestimmung ergibt sich entgegen der Ansicht
des Berufungsklägers jedoch keinesfalls, dass nicht nur die Bestätigung, sondern
auch die Wahl (und Kündigung) der Lehrkräfte in fester Anstellung zu den unüber-
tragbaren und unentziehbaren Aufgaben des Verwaltungsrates gehöre. Hingegen
ist aufgrund des Wortlautes dieser Bestimmung auch nicht klar, ob der „Wahlakt“
an sich erst mit der Bestätigung durch den Verwaltungsrat abgeschlossen ist und
folglich die Wahl der Lehrkräfte in fester Anstellung erst mit der Bestätigung durch
den Verwaltungsrat rechtswirksam wird; mithin ist der Normtext mehrfacher Deu-
tung zugänglich. Die grammatikalische Auslegung führt demnach vorliegend zu
keinem eindeutigen Ergebnis.
d/2. Gemäss der systematischen Auslegung dürfen Rechtsnormen nicht isoliert
betrachtet werden, sondern müssen aus dem Zusammenhang heraus verstanden
werden. Dabei ist einerseits der formelle Aufbau des Gesetztes beziehungsweise
der Statuten mit zu berücksichtigen und andererseits sollen auch anderer Gesetze
und Rechtsgebiete in Erwägung gezogen werden (vgl. vgl. Heinz Hausheer/ Ma-
nuel Jaun, a.a.O. N 129 ff. zu Art. 1). Auf den vorliegenden Fall bezogen bedeutet
dies, dass einerseits der formelle Aufbau der Statuten mit zu berücksichtigen ist,
wodurch allenfalls gewisse Rückschlüsse auf den Normsinn gewonnen werden
können, und andererseits soll die Massgeblichkeit der den Statuten in erkennbarer
Weise zugrunde liegenden Regelungszwecke, Wertungen und Prinzipien mit ein-
bezogen werden. Schliesslich sind die gesetzlichen Regelungen, wie sie insbe-
sondere in Bezug auf den Verwaltungsrat in Art. 707 ff. OR zu finden sind, ver-
gleichsweise heranzuziehen.
Die Statuten regeln unter Ziffer III (Art. 8-19) die Organisation der Gesell-
schaft. Die Gesellschaft verfügt über drei Organe; die Generalversammlung, der
Verwaltungsrat sowie die Revisionsstelle (vgl. Art. 8 der Statuten). Unter „A. Gene-
ralversammlung“ sind in den Artikeln 9-14 der Statuten Regelungen in Bezug auf
die Generalversammlung zu finden, wobei in Art. 9 der Statuten insbesondere die
unübertragbaren Befugnisse der Generalversammlungen normiert werden. Unter
„B. Verwaltungsrat“ werden sodann dessen Aufgaben näher geregelt. Art. 16 der
Statuten zählt insbesondere die unübertragbaren und unentziehbaren Aufgaben
des Verwaltungsrates auf. Abschliessend erfolgt unter „C. Revisionsstelle“ die
Normierung der Aufgaben der Revisionsstelle. Die Generalversammlung ist ge-
mäss Art. 9 Ziffer 2 der Statuten unter anderem zuständig für die Wahl und Abbe-
rufung der Mitglieder des Verwaltungsrates und der Revisionsstelle. Diese und die
weiteren Bestimmungen bezüglich der Generalversammlung entsprechen im Übri-
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gen dem üblichen Standard bei einer Gesellschaft. Bei einem Vergleich der Auf-
zählung der unübertragbaren und unentziehbaren Aufgaben des Verwaltungsrates
gemäss Art. 16 Ziffer 1 - 7 der Statuten mit dem Gesetzestext von Art. 716a OR
kann festgestellt werden, dass diese beiden Normierungen praktisch wörtlich
übereinstimmen. Der Verwaltungsrat ist vorliegend insbesondere zuständig für die
Festlegung der Organisation (Ziffer 2) und die Ernennung und Abberufung der mit
der Geschäftsführung und der Vertretung betrauten Personen sowie die Regelung
der Zeichnungsberechtigung (Ziffer 4). Sodann werden in Ziffer 11 als weitere un-
übertragbare und unentziehbare Aufgabe des Verwaltungsrates die Wahl der
Schulratsmitglieder und der Mitglieder der Schulleitung sowie die Bestätigung der
Lehrkräfte in fester Anstellung genannt.
Aufgrund dieser Ausführungen in Bezug auf die Organisation der Aktienge-
sellschaft lässt sich eine gewisse Hierarchie innerhalb der Gesellschaft ableiten.
Das oberste Organ der Gesellschaft - die Generalversammlung wählt den Ver-
waltungsrat als ihm direkt unterstelltes Organ. Dieser wiederum wählt die mit der
Geschäftsführung betrauten Personen, welche damit direkt dem Verwaltungsrat
unterstellt sind. Zu den dem Verwaltungsrat direkt unterstellten Organen gehören
zweifellos auch die Schulratsmitglieder und die Mitglieder der Schulleitung, zumal
auch sie jedenfalls im weitesten Sinne - Geschäftsführungsaufgaben wahrneh-
men. Dies ergibt sich insbesondere daraus, dass die Statuten nebst der Ernen-
nung und Abberufung der mit der Geschäftsführung und der Vertretung betrauten
Personen (vgl. Art. 16 Ziffer 4 der Statuten) auch die Wahl der Schulratsmitglieder
und der Mitglieder der Schulleitung (Art. 16 Ziffer 11 der Statuten) im Sinne einer
unübertragbaren und unentziehbaren Aufgabe des Verwaltungsrates explizit er-
wähnen. Dass diese nebst der Geschäftsführung speziell erwähnt werden, hat
wohl mit den spezifischen Besonderheiten einer Schule zu tun. Demgegenüber
sind Lehrkräfte nicht direkt dem Verwaltungsrat unterstellt. Die Unterrichtstätigkeit
und weitere damit einhergehende Aufgaben stehen in keinem direkten Zusam-
menhang mit den Aufgaben der Geschäftsführung beziehungsweise der Schullei-
tung. Vielmehr sind die Lehrkräfte den mit der Geschäftsführung betrauten Perso-
nen sowie der Schulleitung unterstellt. Aufgrund dessen normieren die Statuten
denn auch, dass lediglich die Bestätigung der Lehrkräfte in fester Anstellung zu
den unübertragbaren und unentziehbaren Aufgaben des Verwaltungsrates gehö-
ren, nicht hingegen deren Wahl. In Anbetracht des formellen Aufbaus der Statuten
hinsichtlich der Organisation der Gesellschaft kann „Wahl“ und „Bestätigung“ nicht
dieselbe Bedeutung haben. Diese Auffassung erscheint angesichts des vorer-
wähnten Gesamtgefüges der Organisation der Aktiengesellschaft gemäss den
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Statuten beziehungsweise die sich daraus ergebende Stufenfolge und insbeson-
dere in Bezug auf die explizit erwähnten Wahlbefugnisse des Verwaltungsrates -
welche im Übrigen auch mit den entsprechenden gesetzlichen Grundlagen im Ob-
ligationenrecht übereinstimmen als durchaus folgerichtig.
d/3. Bei der teleologischen Auslegung geht es insbesondere darum, bei der In-
terpretation einer gesetzlichen statuarischen Anordnung stets auch die damit
verfolgte Zwecksetzung mit einzubeziehen. Rechtssätze sind ihrer Natur nach
zweckgerichtet. Mit ihrem Erlass wird die Erreichung eines bestimmten sozialen
Verhaltens Zustandes, der Schutz die Umsetzung bestimmter (öffentli-
cher privater) Interessen, kurz: die Verwirklichung eines ganz bestimmten
Zwecks angestrebt (vgl. Heinz Hausheer/ Manuel Jaun, a.a.O. N 155 zu Art. 1).
Der Aufbau und die Organisation der Aktiengesellschaft ist wie bereits dargelegt
stufenförmig. Die Normierung der unübertragbaren Aufgaben des Verwaltungsra-
tes beziehungsweise der Generalversammlung hat insbesondere den Zweck, dass
jedem der genannten Organe ein eigenständiger und autonomer Funktionsbereich
zuerkannt wird (sog. Paritätsprinzip). Sowohl Art. 716a Ziffer 4 OR als auch Art. 16
Ziffer 4 der Statuten normieren als unübertragbare und unentziehbare Aufgaben
des Verwaltungsrates unter anderem die Ernennung und Abberufung der mit der
Geschäftsführung und der Vertretung betrauten Personen. Das Gesetz und die
Statuten erklären nur die Oberleitung der Gesellschaft als unübertragbare Aufgabe
des Verwaltungsrates. Die Besetzung der unteren Stellen kann mithin an die Ge-
schäftsleitung delegiert werden. Lediglich die Wahl und Abwahl der dem Verwal-
tungsrat direkt unterstellten Geschäftsleitungsmitglieder stellt eine unübertragbare
Aufgabe im Sinne von Art. 716a OR beziehungsweise Art. 16 Ziffer 11 der Statu-
ten dar (vgl. Rolf Watter/Katja Roth Pellanda in: Heinrich Honsell/Peter Nedim
Vogt/Rolf Watter [Hrsg.], Obligationenrecht II, Art. 530-1186 OR, Basler Kommen-
tar, 4. Auflage, Basel 2012, N 19 zu Art. 716a). Notwendig für eine solche Delega-
tion ist zunächst eine statutarische Ermächtigung der Generalversammlung. Erfor-
derlich ist sodann der Erlass eines schriftlichen Organisationsreglements durch
den Verwaltungsrat, welches gewisse Organfunktionen, namentlich Willensbil-
dungsfunktionen, auf einzelne Verwaltungsratsmitglieder auf Dritte überträgt.
Die Genehmigung des Organisationsreglements erfordert überdies einen förmli-
chen Beschluss des Gesamtverwaltungsrates, welcher den Anforderungen von
Art. 713 OR zu entsprechen hat (vgl. Rolf Watter/Katja Roth Pellanda, a.a.O., N 4
ff. zu Art. 716b). Gemäss Art. 16 Abs. 2 der vorliegenden Statuten kann der Ver-
waltungsrat die Geschäftsführung einzelne Teile derselben an eine
mehrere Personen, Mitglieder des Verwaltungsrates Dritte, die nicht Aktionä-
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re sein müssen, übertragen. Er erlässt das Organisationsreglement und ordnet die
entsprechenden Vertragsverhältnisse an. Folglich verfügt der Verwaltungsrat über
die erwähnte notwendige statutarische Ermächtigung der Generalversammlung für
die Delegation der Geschäftsführung im Sinne von Art. 716b OR. Aktenkundig ist
zudem, dass der Verwaltungsrat ein entsprechendes Reglement - nämlich das
Organisationsund Geschäftsreglement vom 31. Oktober 2003 erlassen hat.
Gemäss Art. 28 dieses Reglements trat das revidierte Reglement mit der Zustim-
mung des Verwaltungsrates vom 31. Oktober 2003 unverzüglich in Kraft. Daraus
lässt sich schliessen, dass bereits zuvor ein entsprechendes Reglement bestan-
den haben muss. Im Weiteren regelt Art. 28 des Organisationsund Geschäftsreg-
lement, dass Einzelheiten und Ausführungsbestimmungen zum genannten Reg-
lement in den entsprechenden Reglementen enthalten sind. Als ein solches ist das
Reglement über die Anstellung von Unterrichtenden an der Mittelschule vom 1.
August 1999 zu qualifizieren. Zweck dieses Reglements ist die Regelung der An-
stellungsbedingungen von Lehrkräften. Es regelt mithin einen Teilbereich der ge-
samten Geschäftsführung. Selbst wenn vor Erlass des Organisationsund Ge-
schäftsreglements vom 31. Oktober 2003 kein ähnliches Reglement bestanden
hat, ist zumindest das Reglement über die Anstellung von Unterrichtenden an der
Mittelschule als ein Organisationsreglement im Sinne von Art. 716b OR bezie-
hungsweise Art. 16 Absatz 2 der Statuten zu qualifizieren; allerdings lediglich be-
zogen auf einen Teilbereich der gesamten Geschäftsführung. Der Verwaltungsrat
war folglich aufgrund der statutarischen Regelung sowohl zum Erlass des Organi-
sationsund Geschäftsreglements vom 31. Oktober 2003 als auch zum Erlass des
Reglements über die Anstellung von Unterrichtenden an der Mittelschule vom 1.
August 1999 befugt. Eine Delegation der Geschäftsführungskompetenz was zur
Folge hat, dass die operative und strategische Führung zweistufig ausgestaltet
wird ist darüber hinaus, wie bereits erwähnt, durchaus üblich und teilweise gar
erforderlich (vgl. Rolf Watter/Katja Roth Pellanda, a.a.O., N 1 zu Art. 716b). Ge-
mäss Ziffer 2.2. Abs. 3 und 4 des Reglements über die Anstellung von Unterrich-
tenden an der Mittelschule hat der Verwaltungsrat die Kompetenz zur Anstellung
und Auflösung des Anstellungsverhältnisses dem Schulrat als einem neben der
Geschäftsleitung amtenden operativen Organ zugewiesen. Das später in Kraft
getretenen Geschäftsund Organisationsreglement normiert hingegen in Art. 17,
dass in Personalfragen (Anstellung, Entlassung, Entlöhnung) die Geschäftsleitung
auf Antrag des jeweiligen bereichsleitenden Mitgliedes der Geschäftsleitung ent-
scheidet. Wer vorliegend für das Aussprechen der Kündigung tatsächlich zustän-
dig war (der Schulrat die Geschäftsleitung), darauf wird nachfolgend noch
detailliert eingegangen. Fest steht, dass der Verwaltungsrat durchaus berechtigt
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war beziehungsweise es dem Zweck von Art. 16 der Statuten welcher unter an-
derem darin besteht, die strategische und operative Führungsebene zweistufig
ausgestalten zu können entspricht, die Kompetenz zur Kündigung des Anstel-
lungsverhältnisses von Unterrichtenden an der Mittelschule an die operative Füh-
rungsebene zu delegieren.
e)
Die Auslegung der Statutenbestimmung in Art. 16 Ziffer 11 führt - den vor-
erwähnten Auslegungsmethoden entsprechend zum Ergebnis, dass „Wahl“ und
„Bestätigung“ nicht dieselbe Bedeutung haben. Insbesondere lässt sich aus den
Statuten nicht ableiten, dass die Kündigung des Anstellungsverhältnisses von Un-
terrichtenden an der Mittelschule eine unübertragbare beziehungsweise unent-
ziehbare Aufgabe des Verwaltungsrates darstellt und die Kündigung demnach
zwingend vom Verwaltungsrat hätte ausgesprochen werden müssen beziehungs-
weise dieser seine vorgängige Zustimmung dazu hätte geben müssen. Vielmehr
war der Verwaltungsrat gemäss Art. 16 der Statuten befugt, diese Aufgabe an die
operative Führungsebene zu delegieren, was sowohl mit dem Reglement über die
Anstellung von Unterrichtenden an der Mittelschule als auch mit dem später in
Kraft gesetzten Organisationsund Geschäftsführungsreglement umgesetzt wor-
den ist. Schliesslich ist die vorliegend massgebende Regelung bezüglich der Kün-
digung von Lehrpersonen in festem Anstellungsverhältnis nicht zuletzt unter Be-
rücksichtigung der Organisationsstruktur der Aktiengesellschaft und insbesondere
der sich daraus ergebenden Stufenfolge zwischen Verwaltungsrat, Geschäftslei-
tung und Lehrkräften ohne Weiteres gerechtfertigt. Im Übrigen wurde sowohl die
Wahl als auch die Kündigung von unbefristet angestellten Lehrkräften im Sinne
des Reglements über die Anstellung von Unterrichtenden an der Mittelschule
durch den Schulrat beziehungsweise nach dem Erlass des Organisationsund
Geschäftsreglements durch die Geschäftsleitung - den massgebenden Bestim-
mungen entsprechend auch so praktiziert. Den Ausführungen in der Berufungs-
schrift des Berufungsklägers kann überdies entnommen werden, dass dies von
ihm eingestanden beziehungsweise auch so verstanden worden ist. Kann fest-
gehalten werden, dass „Wahl“ und „Bestätigung“ nicht dasselbe meinen, erübrigen
sich positivrechtliche Ausführungen in Bezug auf den Sinngehalt des Ausdrucks
„Bestätigung“. Der Einwand des Berufungsklägers, dass der Verwaltungsrat zur
Gültigkeit einer Kündigung von festangestellten Lehrpersonen im Sinne einer un-
übertragbaren und unentziehbaren Aufgabe vorgängig hätte zustimmen müsse,
erweist sich als unbegründet, weshalb die Berufung in diesem Punkt abzuweisen
ist.
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6.a) Der Berufungskläger führt unter Berufung auf das Reglement über die An-
stellung von Unterrichtenden an der Mittelschule im Weiteren aus, dass grundsätz-
lich der Schulrat für die Kündigung zuständig gewesen wäre und nicht die Ge-
schäftsleitung. Zur Begründung bringt er sinngemäss vor, dass gemäss dem Ar-
beitsvertrag vom 15. März 2003 zusätzlich das Reglement über die Anstellung von
Unterrichtenden an der Mittelschule Geltung habe. Gemäss Ziffer 2.2 Abs. 4 des
Reglements habe die Kündigung durch den Schulrat zu erfolgen. Die B. AG könne
sich bezüglich der Zuständigkeit zur Kündigung nicht auf das Organisationsund
Geschäftsreglement berufen, da dieses Reglement dem Berufungskläger zum
Zeitpunkt der Kündigung nicht bekannt gewesen sei, mithin nie zu einem Ver-
tragsbestandteil seines Arbeitsvertrages geworden sei und demnach auf das Ar-
beitsverhältnis zwischen der B. AG und A. keine Anwendung finde. Die Vorinstanz
führte diesbezüglich aus, offenbar habe das am 31. Oktober 2003 revidierte Orga-
nisationsund Geschäftsreglement die Bestimmung bezüglich der Zuständigkeit
zur Kündigung im Reglement über die Anstellung von Unterrichtenden an der Mit-
telschule nicht ausdrücklich aufgehoben beziehungsweise die zwei entsprechen-
den Bestimmungen in Bezug auf die Kündigungskompetenz nicht aufeinander ab-
gestimmt. Die Regelung des Organisationsund Geschäftsreglement geniesse
jedoch Vorrang, da es sich um ein jüngeres Reglement handle und sich zudem -
im Gegensatz zum Reglement über die Anstellung von Unterrichtenden an der
Mittelschule mit grundlegenden Fragen der Organisation befasse, mithin Allge-
meiner gefasst sei. Zudem wirke sich die Revision des Organisationsund Ge-
schäftsreglements einzig betreffend Kompetenz über den Beschluss der Kündi-
gung auf den Arbeitsvertrag des Berufungsklägers aus. Bei der Frage, wem die
Kündigungskompetenz auf Seiten des Arbeitgebers zustehe, handle es sich nicht
um ein für den Arbeitnehmer wesentliches Element des Arbeitsvertrages. Insofern
habe die Revision des Organisationsund Geschäftsreglements keine Änderung
der Arbeitsbedingungen und somit auch nicht des Arbeitsvertrages bewirkt, womit
der Verwaltungsrat ohne Weiteres befugt gewesen sei, das revidierte Organisati-
onsund Geschäftsreglement auch ohne ausdrückliche Zustimmung des Arbeit-
nehmers per 31. Oktober 2003 in Kraft zu setzen.
b)
Soweit der Berufungskläger geltend macht, dass hinsichtlich Wahl und
Kündigung der unbefristet angestellten Lehrkräfte das Reglement über die Anstel-
lung von Unterrichtenden an der Mittelschule und das Organisationsund Ge-
schäftsreglement nicht übereinstimmen, ist ihm beizupflichten. Wie sich aufgrund
der nachfolgenden Erwägungen jedoch zeigt, finden auf das vorliegende Arbeits-
verhältnis die entsprechenden Bestimmungen des Organisationsund Geschäfts-
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reglements vom 31. Oktober 2003 Anwendung, gemäss welchem die Kompetenz
zur Kündigung von festangestellten Lehrpersonen der Geschäftsleitung zusteht.
c)
Wie bereits dargelegt, ist der Verwaltungsrat aufgrund der statutarischen
Regelungen grundsätzlich befugt, die Kompetenz zur Anstellung und Kündigung
von unbefristet angestellten Lehrpersonen an die Geschäftsleitung beziehungs-
weise an den Schulrat, als ein neben der Geschäftsleitung amtendes operatives
Organ, zu delegieren (vgl. Erwägung 5.d/3). Gemäss Ziffer 2.2. des Reglements
über die Anstellung von Unterrichtenden an der Mittelschule wurde die Befugnis
zur Aussprechung der Kündigung dem Schulrat zugewiesen. Mit dem Erlass des
Organisationsund Geschäftsreglements vom 31. Oktober 2003 hat der Verwal-
tungsrat die Kompetenz hinsichtlich Wahl und Kündigung der unbefristet angestell-
ten Lehrpersonen in der Folge an die Geschäftsleitung delegiert; mithin die Kom-
petenz zur Aussprechung der Kündigung einem anderen Organ zugewiesen. Da-
bei hat er es jedoch unterlassen, die im Reglement über die Anstellung von Unter-
richtenden an der Mittelschule enthaltene und im Widerspruch zur entsprechenden
Regelung im Organisationsund Geschäftsreglement stehende Bestimmung in
Bezug auf die Zuständigkeit zur Aussprechung der Kündigung aufzuheben bezie-
hungsweise anzupassen. Es besteht mithin ein Normwiderspruch. Ein Normwider-
spruch im eigentlichen (engeren) Sinn besteht dort, wo zwei Normen, die für den-
selben Sachverhalt unmittelbar Geltung beanspruchen, gegensätzliche Rechtsfol-
gen anordnen. Hier ist zwangsläufig eine Einschränkung der einen andern
Norm (oder beider) erforderlich. Normwidersprüche sind nach den allgemeinen
Grundsätzen zur Behebung von Rechtskollisionen zu lösen (vgl. Hausheer/ Manu-
el Jaun, a.a.O. N 247 ff zu Art. 1). Vorliegend gehen - dem vorinstanzlichen Urteil
entsprechend - die Bestimmungen des Organisationsund Geschäftsreglements
denjenigen des Reglements über die Anstellung von Unterrichtenden an der Mit-
telschule vor. Mithin gilt der allgemeine Grundsatz „lex posterior derogat legi prio-
ri“, wonach die Norm jüngeren Datums derjenigen älteren Datums vorgeht. Im Üb-
rigen kann auf die diesbezüglichen zutreffenden Erwägungen des vorinstanzlichen
Urteils verwiesen werden (vgl. Erwägung 3.b.dd Seite 5 des vorinstanzlichen Ur-
teils). Folglich finden vorliegend betreffend Zuständigkeit zur Aussprechung der
Kündigung die Regelungen des Organisationsund Geschäftsreglements Anwen-
dung. Bei diesem Reglement handelt es sich im Gegensatz zum Reglement über
die Anstellung von Unterrichtenden an der Mittelschule - um ein Reglement jünge-
ren Datums. Des Weiteren ist dieses Reglement allgemeiner gefasst, mithin regelt
es die grundlegenden Befugnisse und Aufgaben sowohl der strategischen als
auch der operativen Organe, wohingegen sich das Reglement über die Anstellung
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von Unterrichtenden an der Mittelschule lediglich mit den Anstellungsbedingungen
von Lehrkräften an der Mittelschule befasst. In diesem Sinne verweist Art. 28 des
Organisationsund Geschäftsreglements bezüglich der Einzelheiten und Ausfüh-
rungsbestimmungen zum Organisationsund Geschäftsreglement denn auch auf
die entsprechenden Reglemente. Demzufolge ist denn auch das Reglement über
die Anstellung von Unterrichtenden an der Mittelschule im Sinne des Organisati-
onsund Geschäftsreglements auszulegen.
Die vorliegend massgebende Zuständigkeit zur Kündigung von Lehrperso-
nen in fester Anstellung ergibt sich folglich aus Art. 17 des Organisationsund Ge-
schäftsreglements, gemäss welchem in Personalfragen (Anstellung, Entlassung,
Entlöhnung) die Geschäftsleitung auf Antrag des jeweiligen bereichsleitenden Mit-
gliedes der Geschäftsleitung entscheidet.
d)
Im Weiteren stellt sich die Frage, ob sich A. diese Änderung hinsichtlich der
Zuständigkeit zur Kündigung entgegenhalten lassen muss beziehungsweise ob er
dieser Änderung ausdrücklich hätte zustimmen müssen. Der Berufungskläger
macht in seiner Berufung an das Kantonsgericht von Graubünden diesbezüglich
geltend, dass ihm am Kündigungstermin (17. Januar 2005) weder ein Organisati-
onsund Geschäftsreglement noch eine diesbezüglich „Direttissima“ (gemeint ist
die Informationsveranstaltung) bekannt gewesen sei. Von der „Direttissima“ exis-
tiere nicht einmal ein Protokoll. Es gebe auch keine Zeugen, welche bestätigen
würden, dass die Kompetenzübertragung zur Aussprechung der Kündigung vom
Schulrat auf die Geschäftsleitung effektiv kommuniziert worden sei. Zudem habe
es die Berufungsbeklagte unterlassen, das neu in Kraft gesetzte Organisations-
und Geschäftsreglement an alle Betroffenen auszuteilen zumindest irgendwo
zugänglich und damit einsehbar zu machen. Die Einladung zu dieser „Direttissima“
sei im Weiteren äusserst vage formuliert. Insbesondere stehe nirgends, dass der
Besuch der Veranstaltung obligatorisch gewesen wäre. Es sei jedoch unabding-
bar, dass die gültige Regelung betreffend Kündigungskompetenz für alle einwand-
frei kommuniziert werde, das heisst, in Kraft gesetzte Reglemente müssten an die
Betroffenen auch ausgeteilt werden, was vorliegend nicht der Fall gewesen sei.
Darauf ist nachfolgend näher einzugehen.
d/1. Aus der Gültigkeit des formlosen Vertragsschlusses folgt, dass auch die
Änderung bestehender Arbeitsverträge formlos gültig ist, und zwar auch bei
schriftlich ausgefertigten Verträgen, die sogar stillschweigend geändert werden
können. Bei der Annahme einer stillschweigenden Änderung zu Lasten des Ar-
beitnehmers ist aber grosse Zurückhaltung am Platz, weil derjenige, der die bishe-
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rige Vereinbarung nicht mehr gelten lassen will, dies unmissverständlich manifes-
tieren muss. Genau wie der Einzelarbeitsvertrag können auch allgemeine Anstel-
lungsbedingungen durch Übereinkunft abgeändert werden, dies auch stillschwei-
gend. Bei einer einseitigen Vertragsänderung sind zudem die Schranken nach Art.
27 des Schweizerischen Zivilgesetzbuches (ZGB; SR 210) zu berücksichtigen. Im
zentralen und stark persönlichkeitsbezogenen Lebensbereich Arbeit sollten die
Schranken eher eng gezogen sein und die für den Arbeitnehmer wesentlichen
Elemente des Arbeitsvertrages wie Arbeitszeit, Lohn, Ferien und dergleichen soll-
ten vor einseitigen Umgestaltungen geschützt werden (vgl. Ullin Streiff/Adrian von
Kaenel, a.a.O., N 4 zu Art. 320).
d/2. Die vorliegende Vertragsänderung betrifft die Zuständigkeit zur Ausspre-
chung der Kündigung. Wie bereits dargelegt, gehört gemäss Art. 716a Abs. 1 Ziff.
2 OR beziehungsweise Art. 16 Ziffer 2 der Statuten die Festlegung der Organisati-
on der Aktiengesellschaft zu den unübertragbaren und unentziehbaren Aufgaben
des Verwaltungsrates. Diese Festlegung der Organisation umfasst unter anderem
Bestimmungen der Führungsorganisation (vgl. Rolf Watter/Katja Roth Pellanda,
a.a.O., N 10 zu Art. 716a). Sowohl mit dem Erlass des Reglements über die An-
stellung von Unterrichtenden an der Mittelschule als auch mit dem Erlass des Ge-
schäftsund Organisationsreglements ist der Verwaltungsrat dieser Aufgabe in
zulässiger Art und Weise nachgekommen. Insofern als dem Verwaltungsrat diese
Aufgabe übertragen wird, muss ihm auch die Kompetenz zustehen, die Festle-
gung der Organisation im Verlaufe der Zeit in eigener Kompetenz an veränderte
Verhältnisse anzupassen. Bei der vorliegenden Änderung der Zuständigkeit zur
Aussprechung der Kündigung vom Schulrat auf die Geschäftsleitung geht es dabei
lediglich um eine personelle Änderung in Bezug auf die Kündigungskompetenz,
mithin ist auch die Geschäftsleitung bei der Aussprechung der Kündigung an die
gesetzlichen und reglementarischen Kündigungsvoraussetzungen gebunden. Der
Geschäftsleitung kommen darüber hinaus keine weiteren, für den Berufungskläger
nachteilig auswirkende Befugnisse zu. Mithin betrifft die Änderung bezüglich der
Zuständigkeit zur Aussprechung der Kündigung keine derart wesentlichen Ele-
mente des Arbeitsvertrages beziehungsweise greift sie nicht in schützenswerte
Interessen des Arbeitnehmers ein, welche eine ausdrückliche Zustimmung zur
Vertragsänderung seitens des Arbeitnehmers notwendig gemacht hätten. Insbe-
sondere hat ein angestellter Lehrer weder in tatsächlicher noch in rechtlicher Hin-
sicht einen Anspruch darauf, dass die Kündigung von einer bestimmten Person
beziehungsweise einem bestimmten Gremium ausgesprochen wird. Insbesondere
kann nicht verlangt werden, dass die personelle Zusammensetzung des für eine
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Kündigung zuständigen Gremiums während der Zeitdauer zwischen Anstellung
und Kündigung gleich zu bleiben hat, zumal diesfalls ein personeller Wechsel fak-
tisch ausgeschlossen werden würde.
d/3. Massgebend für die Zuständigkeit zur Aussprechung der Kündigung ist ein-
zig und allein, ob diese vom zuständigen Organ beschlossen und von diesem Or-
gan angehörenden und zeichnungsberechtigten Personen dem betroffenen Ar-
beitnehmer mitgeteilt worden ist. Wie bereits erwähnt, ist zur Kündigung entweder
die Vertragspartei selbst ihr Vertreter legitimiert. Die Vertretung kann sich
dabei unter anderem auf Organstellung, Prokura auf gewillkürte Bevollmäch-
tigung nach Art. 32 OR stützen (vgl. Ullin Streiff/Adrian von Kaenel, a.a.O., N 8 zu
Art. 335). Gemäss dem zum Zeitpunkt der Kündigung massgebenden Organisati-
onsund Geschäftsreglement entscheidet in Personalfragen wie Anstellung, Ent-
lassung und Entlöhnung die Geschäftsleitung auf Antrag des jeweiligen bereichs-
leitenden Mitgliedes der Geschäftsleitung (vgl. Art. 17 des Geschäftsund Organi-
sationsreglements). Dementsprechend ging der Kündigung vorliegend ein ent-
sprechender Beschluss der Geschäftsleitung voraus. Zudem waren die damals
Unterzeichnenden - D. und E. - Mitglieder der Geschäftsleitung und aufgrund einer
Kollektivunterschrift zu zweien auch zeichnungsberechtigt (vgl. Art. 25 des Ge-
schäftsund Organisationsreglements), was vom Berufungskläger im Übrigen
auch nicht bestritten wird. Schliesslich war auch die damals in Vertretung für D.
unterzeichnende F. gemäss dem Handelsregisterauszug Mitglied der Geschäfts-
leitung und mit Kollektivunterschrift zu Zweien zeichnungsberechtigt.
d/4. Soweit der Berufungskläger schliesslich eine fehlende Orientierung bezie-
hungsweise Aushändigung des entsprechenden Reglements und die darin er-
wähnte Kompetenzübertragung hinsichtlich der Zuständigkeit für die Kündigung
geltend macht, erweisen sich auch diese Vorbringen als unbegründet. Sämtliche
Mitarbeiter und damit auch der Kläger wurden am 17. November 2003 zu einer
Informationsveranstaltung - „Direttissima“ auf den 24. November 2003 eingela-
den. Ziel dieser „Direttissima“ war es, die Informationen aus der Geschäftsleitung
und aus dem Verwaltungsrat direkt an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der B.
weiterzugeben. Gemäss der Traktandenliste war unter anderem eine Information
über das Organisationsund Geschäftsreglement geplant. Aufgrund dieser Um-
schreibung musste für den Berufungskläger nach Treu und Glauben durchaus er-
kennbar sein, was Gegenstand der Informationsveranstaltung war. Insbesondere
bedurfte es keiner detaillierten Aufzählung einzelner Informationsgegenstände.
Damit ist der Arbeitgeber seiner Offenlegungspflicht in Bezug auf die Vertrags-
grundlagen in genügender Art und Weise nachgekommen. Dabei ist insbesondere
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darauf hinzuweisen, dass die Aufklärungspflicht des Arbeitgebers mit der Informa-
tionsobliegenheit des Arbeitnehmers korreliert; mithin hat sich auch der Arbeit-
nehmer um den Erhalt der notwendigen Informationen zu bemühen. Im Übrigen ist
die vorliegende Traktandenliste im Einladungsschreiben vom 17. November 2003
bezüglich dem verlangten Grad der Bestimmtheit nicht mit einer Traktandenliste
einer Generalversammlung von Aktionären zu vergleichen. Vorliegend geht es
lediglich um eine Informationsveranstaltung für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter,
während bei einer Generalversammlung bestimmte Angelegenheiten welche
zwingend zu traktandieren sind von den Aktionären beraten und darüber Be-
schluss gefasst wird. An die Einladung zu einer Generalversammlung werden mit-
hin bestimmte gesetzlich Anforderungen gestellt, welche sich nicht leichthin auf
die Einladung zu einer Informationsveranstaltung übertragen lassen (vgl. Art. 700
OR; Dieter Dubs/Roland Truffer in: Heinrich Honsell/Peter Nedim Vogt/Rolf Watter
[Hrsg.], a.a.O., N 11 zu Art. 700).
d/5. Schliesslich ist an dieser Stelle darauf hinzuweisen, dass nebst dem Reg-
lement über die Anstellung von Unterrichtenden an der Mittelschule auch weitere
einschlägige Reglemente und Weisungen der Schule integrierende Bestandteile
des Arbeitsvertrages zwischen der B. und A. bilden; mithin auch das Organisati-
onsund Geschäftsreglement (vgl. Ziffer 6 des Anstellungsvertrages „Reglement
und Weisungen“). Bei einer Gesamtbetrachtung des Organisationsund Ge-
schäftsreglements fällt zudem auf, dass der Geschäftsleitung als operativ tätiges
Organ im Gegensatz zum Schulrat weit mehr Kompetenzen und Verantwortung
zufallen. Der Schulrat tritt im Gegensatz zu früheren Regelungen lediglich noch
als beratendes und beobachtendes Organ in Erscheinung. Diese umfassende in-
terne Organisationsreform, welche mit Inkrafttreten des Organisationsund Ge-
schäftsreglements erfolgt ist, musste auch A. aufgefallen sein. Aufgrund dessen
und in Anbetracht des Umstandes, dass dem Organisationsund Geschäftsregle-
ment aufgrund seines grundlegenden und umfassenden Regelungsbereiches ge-
genüber dem Reglement über die Anstellung von Unterrichtenden an der Mittel-
schule Vorrang zukommt, ist denn auch das Reglement über die Anstellung von
Unterrichtenden an der Mittelschule im Sinne des Organisationsund Geschäfts-
reglements auszulegen.
e)
Aufgrund des Gesagten ergibt sich, dass die betreffende Bestimmung des
Geschäftsund Organisationsreglements in Bezug auf die Zuständigkeit zur Aus-
sprechung der Kündigung gegenüber dem Reglement über die Anstellung von
Unterrichtenden an der Mittelschule Vorrang geniesst. Im Weiteren war der Ver-
waltungsrat durchaus befugt, eine Änderung bezüglich Zuständigkeit der Kündi-
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gung auch ohne Zustimmung des Arbeitnehmers vorzunehmen. Die Änderung
greift nicht derart in die Rechtstellung des Arbeitnehmers ein beziehungsweise
betrifft keine schützenswerten Interessen des Arbeitnehmers, so dass eine aus-
drückliche Zustimmung seitens des Arbeitnehmers notwendig gewesen wäre. Im
Übrigen kam der Arbeitgeber seiner Pflicht zur Orientierung in Bezug auf die Än-
derung von allgemeinen Vertragsbedingungen nach, insbesondere wurden sämtli-
chen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in zumutbarer Weise Gelegenheit geboten,
Kenntnis von deren Inhalt zu erlangen.
7.
Zusammenfassend ist somit einerseits festzuhalten, dass sich aus Art. 16
Ziffer 11 der Statuten entgegen der Ansicht des Berufungsklägers - nicht ableiten
lässt, dass der Verwaltungsrat der Kündigung des Arbeitsverhältnisses vorgängig
hätte zustimmen müssen. Insbesondere stellt die Kündigung des Anstellungsver-
hältnisses von Unterrichtenden an der Mittelschule keine unübertragbare und
unentziehbare Aufgabe des Verwaltungsrates dar; mithin war der Verwaltungsrat
ohne Weiteres befugt, diese Kompetenz zu delegieren. Dementsprechend hat der
Verwaltungsrat in zulässiger Art und Weise die Kündigungskompetenz mit Erlass
des Reglements über die Anstellung von Unterrichtenden an der Mittelschule an
den Schulrat beziehungsweise in der Folge mit Erlass des Organisationsund Ge-
schäftsreglements an die Geschäftsleitung delegiert. Insofern als im Laufe des
Anstellungsverhältnisses die Kompetenz zur Kündigung vom Schulrat auf die Ge-
schäftsleitung übertragen wurde, ist der Verwaltungsrat dazu aufgrund seiner
grundsätzlichen Zuständigkeit zur Festlegung der Organisation ohne weiteres be-
rechtigt. Insbesondere war dazu die ausdrückliche Zustimmung der Mitarbeiten-
den der Mittelschule nicht notwendig, zumal diese Änderung in der Kündigungs-
kompetenz die Rechtsstellung beziehungsweise schützenswerte Interessen der
Mitarbeiter nicht tangieren. Die Arbeitgeberin konnte sich darauf beschränken, den
Arbeitnehmern die Möglichkeit zu verschaffen, von dieser Änderung der allgemei-
nen Anstellungsbedingungen Kenntnis zu erlangen; dieser Pflicht ist die B. AG mit
der entsprechenden Informationsveranstaltung nachgekommen. Die Kündigung
des Arbeitsverhältnisses wurde folglich vom zum Kündigungszeitpunkt zuständi-
gen Organ beschlossen und dem Arbeitnehmer von hierfür zeichnungsberechtig-
ten Personen mitgeteilt. Die Berufung ist demnach vollumfänglich abzuweisen.
8.
Bei diesem Verfahrensausgang sind die gerichtlichen und aussergerichtli-
chen Kosten gemäss den nachfolgenden Erwägungen zu verlegen.
a)
Gemäss Art. 114 lit. c ZPO dürfen bei Streitigkeiten aus dem Arbeitsver-
hältnis bis Fr. 30‘000.-- den Parteien weder Gebühren noch Auslagen des Ge-
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richts auferlegt werden. Vorliegend wurden Fr. 30‘000.-geltend gemacht. Die
Kosten des Berufungsverfahrens verbleiben daher beim Kanton Graubünden.
b)
Was die Parteientschädigung als weiteren Teil der Prozesskosten betrifft,
gelten die Verteilungsgrundsätze nach Art. 106 ZPO. Die Prozesskosten werden
nach Massgabe des Obsiegens und Unterliegens verteilt. Wer den Prozess ver-
liert, ist somit zur Bezahlung einer Parteientschädigung zu verurteilen (vgl. Art.
106 ZPO; Rickli/ Gasser, a.a.O., N 1 ff. zu Art. 106).
c)
Vorliegend ist die Berufung vollumfänglich abzuweisen. Die Anträge des
Berufungsklägers erweisen sich allesamt als unbegründet. Der Rechtsvertreter hat
im vorliegenden Berufungsverfahren keine Honorarnote eingereicht. Für die einge-
reichte Berufung sowie das Studium der umfangreichen gegnerischen Akten er-
scheint ein Aufwand von 11 Stunden als der Schwierigkeit und Bedeutung der
Streitsache angemessen, was bei einem Stundenansatz von Fr. 240.-zuzüglich
8% Mehrwertsteuer und Spesen ein Betrag in der Höhe von gerundet Fr. 3‘000.--
ergibt. Der Berufungskläger hat demnach die Berufungsbeklagte ausseramtlich mit
insgesamt Fr. 3‘000.-inkl. MwSt. zu entschädigen.
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III. Demnach wird erkannt
1.
Die Berufung wird abgewiesen.
2.
Die Kosten des Berufungsverfahrens von Fr. 4‘000.-verbleiben beim Kan-
ton Graubünden.
3.
Der Berufungskläger hat der Berufungsbeklagten für das Verfahren vor dem
Kantonsgericht eine aussergerichtliche Entschädigung von Fr. 3‘000.-zu
bezahlen, die Mehrwertsteuer und Spesen eingeschlossen.
4.
Gegen diese Entscheidung kann gemäss Art. 72 des Bundesgerichtsgeset-
zes (BGG) Beschwerde in Zivilsachen an das Schweizerische Bundesge-
richt geführt werden. Die Beschwerde ist dem Bundesgericht schriftlich, in-
nert 30 Tagen seit Eröffnung der vollständigen Ausfertigung der Entschei-
dung in der gemäss Art. 42 f. BGG vorgeschriebenen Weise einzureichen.
Für die Zulässigkeit, die Beschwerdelegitimation, die weiteren Vorausset-
zungen und das Verfahren der Beschwerde gelten die Art. 29 ff., 72 ff. und
Art. 90 ff. BGG.
5.
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