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Urteil Kantonsgericht Graubünden (GR)

Zusammenfassung des Urteils ZK1-17-161: Kantonsgericht Graubünden

Der Beschwerdeführer X wurde fürsorgerisch untergebracht aufgrund einer paranoiden Schizophrenie und aggressiven Verhaltens. Er hat Beschwerde beim Kantonsgericht von Graubünden eingereicht, die jedoch abgewiesen wurde. Das Gericht stellte fest, dass X eine Bedrohung für sich selbst und andere darstellt und eine stationäre Behandlung notwendig ist. Die Gerichtskosten in Höhe von CHF 2'913.30 wurden X auferlegt.

Urteilsdetails des Kantongerichts ZK1-17-161

Kanton:GR
Fallnummer:ZK1-17-161
Instanz:Kantonsgericht Graubünden
Abteilung:-
Kantonsgericht Graubünden Entscheid ZK1-17-161 vom 28.12.2017 (GR)
Datum:28.12.2017
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:fürsorgerische Unterbringung
Schlagwörter : Unterbringung; Behandlung; Klinik; Person; Verfahren; Einweisung; Geiser; Kanton; Störung; Pflege; Kantonsgericht; Graubünden; Medikation; Gutachterin; Betreuung; Zustand; Diagnose; Schizophrenie; Erwachsenenschutz; Massnahme; Bundesgericht; Bericht; Pflegepersonal
Rechtsnorm:Art. 426 ZGB ;Art. 429 ZGB ;Art. 430 ZGB ;Art. 439 ZGB ;Art. 446 ZGB ;Art. 450 ZGB ;Art. 450a ZGB ;Art. 450e ZGB ;Art. 72 BGG ;
Referenz BGE:140 III 101; 143 III 189;
Kommentar:
Freiburghaus, Kommentar zum neuen Scheidungsrecht, Zürich, Art. 140 ZGB, 1999

Entscheid des Kantongerichts ZK1-17-161

Kantonsgericht von Graubünden
Dretgira chantunala dal Grischun
Tribunale cantonale dei Grigioni

Ref.:
Chur, 28. Dezember 2017
Schriftlich mitgeteilt am:
ZK1 17 161
03. Januar 2018
Entscheid

I. Zivilkammer
Vorsitz
Brunner
RichterInnen
Michael Dürst und Pedrotti
Aktuar
Nydegger


In der zivilrechtlichen Beschwerde

des X.___, Beschwerdeführer,

betreffend fürsorgerische Unterbringung,
hat sich ergeben:

I. Sachverhalt
A.
Mit Verfügung vom 16. Dezember 2017 wurde X.___ durch Dr. med.
A.___, Facharzt für allgemeine innere Medizin FMH, gestützt auf Art. 429 ZGB
fürsorgerisch untergebracht. Als Gründe für die Einweisung wurden angegeben:
"Fremdgefährdung: tätlicher Angriff Campingbetreiber + Polizei / Psychotisch /
Bekannte psychiatrische Störung: Beistand G.___, psych. Pflegerin Fr.
B.___, Psychiater Fr. C.___".
B.
Hiergegen erhob X.___ mit Eingabe vom 17. Dezember 2017 (Datum
Poststempel: 18. Dezember 2017) Beschwerde beim Kantonsgericht von Grau-
bünden.
C.
Mit Schreiben vom 20. Dezember 2017 ersuchte der Vorsitzende der I. Zi-
vilkammer des Kantonsgerichts von Graubünden die Klinik D.___ unter Fristan-
setzung bis zum 21. Dezember 2017 um einen kurzen Bericht zum Gesundheits-
zustand von X.___, zur Art der Behandlung und insbesondere darüber, ob die
Voraussetzungen für eine fürsorgerische Unterbringung weiterhin gegeben seien,
und forderte gleichzeitig die Einweisungsverfügung sowie die wesentlichen Klinik-
akten (Bericht des einweisenden Arztes an die Klinik, Eintrittsbericht, Behand-
lungsplan, Krankengeschichte) an.
D.
Am 21. Dezember 2017 reichte die Klinik D.___ den angeforderten Be-
richt, die Einweisungsverfügung, den Eintrittsstatus sowie den Behandlungsplan
ein. Im Bericht wird u.a. ausgeführt, X.___ sei mit Polizeibegleitung in Hand-
schellen in die fürsorgerische Unterbringung (FU) eingetreten, dies infolge Agitati-
on sowie verbaler und körperlicher Aggressivität bei bekannter paranoider Schizo-
phrenie. X.___ sei seit dem Jahr 2003 ca. 30-mal in stationärer Behandlung
gewesen. Seit dem 5. November 2017 sei dies bereits die fünfte Hospitalisation
wegen Exazerbation der bekannten Psychose. Beim Patienten bestehe ein para-
noider Wahn, in dem er sich massiv an Leib und Leben bedroht fühle. Es sei in
diesen Phasen wiederholt zu Handgreiflichkeiten gegenüber dem Pflegepersonal
gekommen. Der Patient sei impulsiv, unberechenbar und stosse Todesdrohungen
aus. Er sei weiterhin auch unter der antipsychotischen Medikation akut psycho-
tisch mit erhöhtem Aggressionspotential und deutlicher Fremdgefährdung. Weni-
ger einschneidende Massnahmen als die Unterbringung auf der geschlossenen
Station seien aktuell nicht ersichtlich.
Seite 2 — 11

E.
Mit prozessleitender Verfügung des Vorsitzenden der I. Zivilkammer des
Kantonsgerichts von Graubünden vom 22. Dezember 2017 wurde Dr. med.
E.___, Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie FMH, gestützt auf Art.
439 Abs. 3 i.V.m. Art. 450e Abs. 3 ZGB mit der Begutachtung von X.___ be-
traut. Die Gutachterin wurde ersucht darzulegen, ob und inwiefern ein Bedarf an
der Behandlung einer festgestellten psychischen Erkrankung bzw. an der Betreu-
ung der betroffenen Person bestehe und mit welcher konkreten Gefahr für die Ge-
sundheit das Leben der betroffenen Person bzw. von Dritten zu rechnen sei,
wenn die Behandlung der gutachterlich festgestellten Krankheit bzw. die Betreu-
ung unterbleibe. Im Gutachten sei des Weiteren die Frage zu beantworten, ob
aufgrund des festgestellten Handlungsbedarfs eine stationäre Behandlung bzw.
Betreuung unerlässlich sei allfällige ambulante Alternativen bestünden, wobei
die Expertin auch darüber Auskunft zu geben habe, ob die betroffene Person über
glaubwürdige Krankheitsund Behandlungseinsicht verfüge.
F.
Das Gutachten von Dr. med. E.___ datiert vom 27. Dezember 2017. Da-
rin gelangt die Gutachterin im Wesentlichen zum Schluss, an X.___ lasse sich
ein paranoid-psychotischer Zustand feststellen. Dieser Zustand bestätige die be-
reits vor Jahren gestellte Diagnose einer paranoiden Schizophrenie mit chroni-
schem Residuum. Dies entspreche einer Geisteskrankheit im juristischen Sinne.
Aufgrund seines krankhaften psychotischen Zustandes stelle X.___ zurzeit für
sich selbst, vor allem aber auch für andere Personen eine Bedrohung dar. Er sei
nicht krankheitseinsichtig und damit auch nicht behandlungseinsichtig. Sodann
verweigere er die notwendige adäquate Medikation. Die derzeit vorliegende akute
psychische Störung mache eine fachpsychiatrische Unterbringung und Behand-
lung in stationärem Rahmen notwendig. Eine ambulante Therapie sei unzu-
reichend. Bei Ausbleiben einer solchen Behandlung sei die körperliche Unver-
sehrtheit anderer und die gesamte Gesundheit von X.___ gefährdet. Zurzeit sei
nur eine Unterbringung und Behandlung in geschlossenem Rahmen zweckmäs-
sig.
G.
Am 28. Dezember 2017 fand die mündliche Hauptverhandlung vor der I.
Zivilkammer des Kantonsgerichts von Graubünden statt, an welcher X.___ in
Begleitung einer Mitarbeiterin der Klinik D.___ sowie eines Angestellten der
Securitas persönlich teilnahm. Bezüglich der richterlichen Befragung wird auf das
separat angefertigte Protokoll verwiesen.
Seite 3 — 11

H.
Auf die Aussagen von X.___ anlässlich der richterlichen Befragung sowie
die weiteren Ausführungen im Gutachten und in den beigezogenen Akten wird,
soweit erforderlich, in den nachfolgenden Erwägungen eingegangen.
II. Erwägungen
1.1.
Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist eine fürsorgerische Unterbrin-
gung gemäss Art. 426 ff. ZGB. Das Kantonsgericht von Graubünden ist hierfür
einzige kantonale Beschwerdeinstanz (Art. 439 Abs. 1 Ziff. 1 und 4 ZGB i.V.m. Art.
60 Abs. 1 des Einführungsgesetzes zum Zivilgesetzbuch [EGzZGB; BR 210.100])
und dementsprechend zur Behandlung der Beschwerde von X.___ zuständig.
1.2.
Vorliegend handelt es sich um eine ärztlich angeordnete fürsorgerische Un-
terbringung nach Art. 429 Abs. 1 ZGB. Dagegen kann die betroffene eine ihr
nahestehende Person innert zehn Tagen schriftlich beim zuständigen Gericht Be-
schwerde erheben (Art. 439 Abs. 1 und 2 ZGB). Eine Begründung ist nicht not-
wendig (Art. 439 Abs. 3 ZGB i.V.m. Art. 450e Abs. 1 ZGB). Die Beschwerde richtet
sich gegen die am 16. Dezember 2017 verfügte fürsorgerische Unterbringung. Die
Beschwerdefrist wurde mit der Eingabe vom 17. Dezember 2017 (Datum Post-
stempel: 18. Dezember 2017) somit gewahrt (vgl. act. 01). Da keine Begrün-
dungspflicht besteht und aus besagter Eingabe mit hinreichender Klarheit ge-
schlossen werden kann, dass X.___ mit der fürsorgerischen Unterbringung in
der Klinik D.___ nicht einverstanden ist und deren sofortige Aufhebung bean-
tragt, ist auf die fristund formgerecht eingereichte Beschwerde einzutreten.
2.1.
Art. 439 Abs. 3 ZGB sieht für die gerichtliche Überprüfung einer ärztlich an-
geordneten fürsorgerischen Unterbringung eine sinngemässe Anwendung der
Bestimmungen über das Verfahren vor der gerichtlichen Beschwerdeinstanz vor
(Art. 450a ff. ZGB). Von besonderer Bedeutung ist dabei Art. 450e ZGB, der an
sich das Verfahren für die gerichtliche Beurteilung eines durch die Kindesund
Erwachsenenschutzbehörde gefällten Unterbringungsentscheids behandelt. Vom
Verweis nicht erfasst wird dagegen Art. 450 ZGB, weil die Vorinstanzen, die Legi-
timation und die Form der Beschwerde in Art. 439 ZGB selbständig und abschlies-
send geregelt sind (vgl. dazu Thomas Geiser/Mario Etzensberger, in: Gei-
ser/Reusser [Hrsg.], Basler Kommentar, Erwachsenenschutz, Basel 2012, N 38 zu
Art. 439 ZGB). Zu beachten sind sodann die allgemeinen Verfahrensgrundsätze
des erstinstanzlichen Verfahrens (Art. 443 ff. ZGB), die auch im Verfahren vor der
gerichtlichen Beschwerdeinstanz anwendbar sind, soweit das Gesetz in den Art.
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450 ff. ZGB keine abweichenden Vorschriften enthält (vgl. Daniel Steck, in: Gei-
ser/Reusser [Hrsg.], Basler Kommentar, Erwachsenenschutz, Basel 2012, N 13 zu
Art. 450 ZGB). Dies gilt namentlich für die in Art. 446 ZGB verankerte uneinge-
schränkte Untersuchungsund Offizialmaxime und das an gleicher Stelle festge-
schriebene Prinzip der Rechtsanwendung von Amtes wegen. Der Anwendungsbe-
reich dieser zentralen Verfahrensgrundsätze bezieht sich auf sämtliche Verfahren
vor der Kindesund Erwachsenenschutzbehörde und erstreckt sich wenn auch
teilweise in abgeschwächter Form - nach dem Grundsatz der Einheit des Prozes-
ses auch auf die Verfahren vor der gerichtlichen Beschwerdeinstanz (vgl. Chris-
toph Auer/Michèle Marti, in: Geiser/Reusser [Hrsg.], Basler Kommentar, Erwach-
senenschutz, Basel 2012, N 1 zu Art. 446 ZGB m.w.H.). Aus Art. 450a ZGB wie
auch aus Art. 5 Ziff. 4 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und
Grundfreiheiten (EMRK; SR 0.101) ergibt sich schliesslich, dass das Gericht Tat-
und Rechtsfragen wie auch die Angemessenheit frei überprüft und ihm von Bun-
desrechts wegen volle Kognition zukommt. Weil die Vorinstanz jeweils keine Be-
hörde, sondern entweder ein Arzt eine Einrichtung ist, hat das Gericht die
Sache endgültig zu entscheiden und diese nicht an die Vorinstanz zu neuer Ent-
scheidung zurückzuweisen. Das Urteil lautet entweder auf Aufhebung Auf-
rechterhaltung der Massnahme (vgl. Geiser/Etzensberger, a.a.O., N 39 und 41 zu
Art. 439 ZGB).
2.2.
Gemäss Art. 450e Abs. 3 ZGB, welcher aufgrund von Art. 439 Abs. 3 ZGB
sinngemäss anwendbar ist, muss bei psychischen Störungen für den Entscheid
über eine ärztlich angeordnete fürsorgerische Unterbringung zwingend ein Gut-
achten eingeholt werden. Dieses muss von einer unabhängigen, im laufenden
Verfahren noch nicht involvierten sachverständigen Person erstellt werden und in
dem Sinne aktuell sein, dass es sich zu den sich im gerichtlichen Verfahren stel-
lenden Fragen äussern muss (vgl. Urteil des Bundesgerichts 5A_83/2017 vom 23.
Februar 2017, E. 3.2 f. = BGE 143 III 189; Geiser/Etzensberger, a.a.O., N 48 ff. zu
Art. 439 ZGB; Thomas Geiser, in: Geiser/Reusser [Hrsg.], Basler Kommentar zum
Erwachsenenschutz, Basel 2012, N 19 zu Art. 450e ZGB). Mit dem Kurzgutachten
vom 27. Dezember 2017 von Dr. med. E.___, Fachärztin für Psychiatrie und
Psychotherapie FMH, welche den Beschwerdeführer am 26. Dezember 2017 per-
sönlich untersucht hat, wurde dieser Vorschrift Genüge getan.
2.3.
Gemäss Art. 450e Abs. 4 Satz 1 ZGB muss die gerichtliche Beschwer-
deinstanz die betroffene Person in der Regel als Kollegium anhören, was faktisch
zwingend zur Durchführung einer mündlichen Hauptverhandlung führt (vgl. Chris-
tof Bernhart, Handbuch der fürsorgerischen Unterbringung, Basel 2011, N 848 f.).
Seite 5 — 11

Mit der Durchführung der mündlichen Hauptverhandlung am 28. Dezember 2017
wurde diese Vorgabe umgesetzt.
3.
Gemäss Art. 429 Abs. 1 ZGB können neben der Kindesund Erwachsenen-
schutzbehörde auch die von den Kantonen bezeichneten Ärztinnen und Ärzte eine
fürsorgerische Unterbringung, welche die Höchstdauer von sechs Wochen nicht
überschreiten darf, anordnen. Dabei hat der einweisende Arzt die betroffene Per-
son persönlich zu untersuchen und anzuhören (vgl. Art. 430 Abs. 1 ZGB) und ihr
anschliessend den Unterbringungsentscheid mit den gesetzlich vorgeschriebenen
Angaben auszuhändigen (vgl. Art. 430 Abs. 2 und 4 ZGB). Dr. med. A.___,
Facharzt für allgemeine innere Medizin FMH, ist als im Kanton Graubünden zur
selbständigen Berufsausübung zugelassener Arzt gemäss Art. 51 Abs. 1 lit. a EG-
zZGB in Verbindung mit Art. 22 Abs. 1 lit. c der Verordnung zum Kindesund Er-
wachsenenschutz (KESV; BR 215.010) zur Anordnung einer fürsorgerischen Un-
terbringung legitimiert. Gemäss Einweisungsverfügung hat er X.___ am 16. De-
zember 2017 untersucht. Die genannte Verfügung enthält zudem die gemäss Art.
430 Abs. 2 ZGB vorgeschriebenen Minimalangaben. Auf der Einweisungsverfü-
gung fehlt zwar die unterschriftliche Bestätigung von X.___, ein Exemplar der
Verfügung erhalten zu haben. Dieser Umstand ist letztlich allerdings unbeachtlich,
da X.___ offensichtlich ungeachtet dessen in der Lage war, das gerichtliche
Verfahren zur Überprüfung seiner Unterbringung in der Klinik D.___ umgehend
einzuleiten.
4.1.
Gemäss Art. 426 Abs. 1 ZGB darf eine Person, welche an einer psychi-
schen Störung an geistiger Behinderung leidet verwahrlost ist, in einer
geeigneten Einrichtung untergebracht werden, wenn die nötige Behandlung
Betreuung nicht anders erfolgen kann. Die Belastung und der Schutz von Angehö-
rigen und Dritten sind zu berücksichtigen (Abs. 2). Die betroffene Person wird ent-
lassen, sobald die Voraussetzungen der Unterbringung nicht mehr erfüllt sind
(Abs. 3). Die Massnahme gelangt zur Anwendung, wenn eine Person der persön-
lichen Fürsorge Pflege bedarf (vgl. Geiser/Etzensberger, a.a.O., N 6 vor Art.
426-439 ZGB). Die fürsorgerische Unterbringung dient dem Schutz der betroffe-
nen Person und nicht der Umgebung (vgl. dazu Botschaft zur Änderung des
Schweizerischen Zivilgesetzbuches [Erwachsenenschutz, Personenrecht und Kin-
desrecht] vom 28. Juni 2006, BBl 2006 7001, S. 7062). Erste gesetzliche Voraus-
setzung für eine Anordnung der Massnahme ist einer der drei abschliessend ge-
nannten Schwächezustände: psychische Störung, geistige Behinderung
schwere Verwahrlosung. Erforderlich ist sodann eine sich aus dem Schwächezu-
stand ergebende Notwendigkeit der Behandlung beziehungsweise Betreuung.
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Weitere Voraussetzung ist, dass der Person die nötige Behandlung Betreu-
ung nicht auf andere Weise als durch eine Einweisung beziehungsweise Zurück-
behaltung in einer Einrichtung gewährt werden kann. Gesetzlich verlangt ist
schliesslich eine geeignete Einrichtung (vgl. Urteil des Bundesgerichts
5A_228/2016 vom 11. Juli 2016, E. 3.1). Die genannten Voraussetzungen bedin-
gen sich gegenseitig und sind nur in ihrem Zusammenhang verständlich. Der
Schwächezustand allein vermag eine fürsorgerische Unterbringung nie zu recht-
fertigen, sondern immer nur zusammen mit der Notwendigkeit einer Behandlung
Betreuung. Selbst bei Vorliegen einer solchen ist die freiheitsbeschränkende
Unterbringung aber nur gesetzeskonform, wenn der Zweck der Unterbringung
nicht mit einer milderen Massnahme erreicht werden kann (Verhältnismässigkeits-
prinzip) und die Unterbringung für den angestrebten Zweck auch tauglich ist (vgl.
Geiser/Etzensberger, a.a.O., N 7 zu Art. 426 ZGB). Der Grundsatz der Verhält-
nismässigkeit verlangt ausserdem, dass eine fürsorgerische Unterbringung nur
verfügt werden darf, wenn und solange mit einer konkreten Selbstoder Fremdge-
fährdung von einem gewissen Ausmass zu rechnen ist. So hat das Bundesgericht
festgehalten, dass es für die Beurteilung des Behandlungsbzw. Betreuungsbe-
darfs wesentlich sei, mit welcher konkreten Gefahr für die Gesundheit das
Leben der betroffenen Person bzw. von Dritten zu rechnen sei, wenn die Behand-
lung der gutachterlich festgestellten Krankheit bzw. die Betreuung unterbliebe (vgl.
BGE 140 III 101 E. 6.2.2 und 140 III 105 E. 2.4 mit Verweisen auf die Urteile des
Bundesgerichts 5A_312/2007 vom 10. Juli 2007, E. 2.3, und 5A_288/2011 vom
19. Mai 2011, E. 5.3).
4.2.
Dr. med. E.___ hält in ihrem Gutachten vom 27. Dezember 2017 (act. 09)
fest, an X.___ lasse sich ein paranoid-psychotischer Zustand feststellen. Dieser
Zustand bestätige die bereits vor Jahren gestellte Diagnose einer paranoiden
Schizophrenie mit chronischem Residuum. Dies entspreche einer Geisteskrank-
heit im juristischen Sinne. Aufgrund seines krankhaften psychotischen Zustandes
stelle X.___ zurzeit für sich selbst, vor allem aber auch für andere Personen
eine Bedrohung dar. Er sei nicht krankheitseinsichtig und damit auch nicht be-
handlungseinsichtig. Sodann verweigere er die notwendige adäquate Medikation.
Die derzeit vorliegende akute psychische Störung mache eine fachpsychiatrische
Unterbringung und Behandlung in stationärem Rahmen notwendig. Eine ambulan-
te Therapie sei unzureichend. Bei Ausbleiben einer solchen Behandlung sei die
körperliche Unversehrtheit anderer und die gesamte Gesundheit von X.___ ge-
fährdet. Zurzeit sei nur eine Unterbringung und Behandlung in geschlossenem
Rahmen zweckmässig.
Seite 7 — 11

4.3.
Im Bericht der Klinik D.___ vom 21. Dezember 2017 (act. 04) wird ausge-
führt, X.___ sei mit Polizeibegleitung in Handschellen in die fürsorgerische Un-
terbringung eingetreten, dies infolge Agitation sowie verbaler und körperlicher Ag-
gressivität bei bekannter paranoider Schizophrenie. X.___ sei seit dem Jahr
2003 ca. 30-mal in stationärer Behandlung gewesen. Seit dem 5. November 2017
sei dies bereits die fünfte Hospitalisation wegen Exazerbation der bekannten Psy-
chose. Beim Patienten bestehe ein paranoider Wahn, in dem er sich massiv an
Leib und Leben bedroht fühle. Es sei in diesen Phasen wiederholt zu Handgreif-
lichkeiten gegenüber dem Pflegepersonal gekommen. Der Patient sei impulsiv,
unberechenbar und stosse Todesdrohungen aus. Er sei weiterhin auch unter der
antipsychotischen
Medikation
akut
psychotisch
mit
erhöhtem
Aggres-
sionspotential und deutlicher Fremdgefährdung. Weniger einschneidende Mass-
nahmen als die Unterbringung auf der geschlossenen Station seien aktuell nicht
ersichtlich.
4.4.
Sowohl die Gutachterin als auch der Bericht der Klinik D.___ diagnosti-
zieren bei X.___ eine paranoide Schizophrenie (ICD10 F20.0). Damit liegt eine
psychische Störung im Sinne von Art. 426 Abs. 1 ZGB vor. X.___ gesteht zwar
zu, dass er seit dem Jahr 2006 über 30 Mal in einer Klinik gewesen sei. Auch be-
streitet er nicht, dass es im November 2017 zu mehreren Klinikaufenthalten ge-
kommen sei. Er führt dies indes darauf zurück, dass er im Jahr 2017 Schwieriges
zu verarbeiten gehabt habe. So seien sowohl seine Ex-Frau als auch seine Tante
bzw. Patin, zu welchen beiden er ein enges Verhältnis gehabt habe, gestorben.
Belastend sei hinzugekommen, dass er deren Beerdigungen nicht habe beiwoh-
nen können. X.___ gesteht damit im Ansatz zwar zu, dass er auf fremde Unter-
stützung angewiesen ist, zumal er auch die seit längerem bestehende Beistand-
schaft akzeptiert. Den Grund für seine Klinikaufenthalte scheint er jedoch offenbar
einzig in den zu verarbeitenden Schicksalsschlägen der jüngeren Vergangenheit
zu sehen. Dass er an Schizophrenie leidet, anerkennt er dagegen nicht. Vielmehr
scheint er sich als andersartig anzusehen, was er mit seinem Sternzeichen ("Dop-
pel-Krebs") zu erklären versucht. Er sei mondsüchtig und stark mit dem Universum
verbunden. Er glaube nicht, dass jeder Astrologe krank sei. In Übereinstimmung
mit der Gutachterin ist deshalb festzuhalten, dass X.___ grundsätzlich nicht
krankheitseinsichtig ist.
4.5.
Nach Einschätzung sowohl der Gutachterin als auch der Klinik D.___
geht von X.___ eine ernstzunehmende Gefährdung Dritter wie auch eine (Ge-
sundheits-)Gefährdung von sich selbst aus. Wie die Geschehnisse am 16. De-
zember 2017 gezeigt haben, schreckt X.___ nicht vor physischer Gewalt zu-
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rück, wenn er sich bedrängt fühlt. So ist es an besagtem Tag zu einem tätlichen
Übergriff auf den Betreiber des Campingplatzes F.___ in O.1___ gekommen.
Die Polizei musste ihn aufgrund seines aggressiven Verhaltens anschliessend in
Handschellen in die Klinik D.___ überstellen. Nach Einweisung in die Klinik
D.___ sah sich diese, nachdem es mehrfach zu Handgreiflichkeiten gegenüber
dem Pflegepersonal gekommen war, veranlasst, rund um die Uhr eine Person der
Securitas zu engagieren, um das Pflegepersonal vor ihm zu schützen. Im Übrigen
habe er auch Todesdrohungen ausgestossen. Eine hinreichende Fremdgefähr-
dung ist damit ausgewiesen. Sie wird in besonderem Masse virulent, wenn
X.___ die Medikamenteneinnahme aussetzt reduziert. Nach Einschätzung
der Klinik D.___ besteht indes auch bei der vorgesehenen antipsychotischen
Medikation ein erhöhtes Aggressionspotential. An dieser Einschätzung vermag
nichts zu ändern, dass sich X.___ gemäss eigenen Angaben vom Camping-
platzbetreiber eingeschüchtert gefühlt hat, da dieser "fuchtelnd" auf ihn zugekom-
men sei. So geht die bei ihm gestellte Diagnose denn auch einher mit Realitäts-
verzerrung bzw. -verlust und äussert sich nicht zuletzt in einem paranoiden Wahn,
in dem er sich massiv an Leib und Leben bedroht fühlt. In dieses Krankheitsbild
lässt sich schliesslich auch einfügen, dass X.___ tätliche Übergriffe auf das
Pflegepersonal der Klinik D.___ bestreitet und nicht einsieht, warum er von der
Securitas überwacht wird. Aufgrund der eingeholten Akten sowie des persönlichen
Eindruckes, den X.___ anlässlich der mündlichen Hauptverhandlung hinterlas-
sen hat, ist davon auszugehen, dass X.___ insbesondere in Situationen, in de-
nen er sich in die Enge getrieben fühlt aus anderen Gründen unter erhöhter
Anspannung steht, unberechenbar reagiert und auch vor dem Gebrauch physi-
scher Gewalt gegenüber Dritten nicht zurückschreckt.
4.6.
Anlässlich der mündlichen Verhandlung vom 28. Dezember 2017 gab
X.___ zwar an, er wolle weiterhin in der Klinik bleiben, jedoch nicht im Rahmen
der fürsorgerischen Unterbringung (von ihm selbst als "Gefängnis" bezeichnet),
sondern auf der halbgeschlossenen Abteilung. Dann habe er Zeit, die belastenden
Ereignisse der jüngeren Vergangenheit zu verarbeiten. Wie zuvor angesprochen,
scheint X.___ damit die wahren Ursachen, die zu seiner Einweisung geführt
haben, zu verkennen. So ist nicht zu übersehen, dass der Grund seines bisweilen
unberechenbaren und aggressiven Verhaltens mithin der Fremdgefährdung in
erster Linie auf der erwähnten Diagnose der paranoiden Schizophrenie beruht. Die
Schicksalsschläge des Jahres 2017 dürften sodann zu einer Verschlimmerung
(Exzerbation) der Diagnose bzw. zu einer Häufung von psychotischen Zuständen
geführt haben. Beleg dafür sind denn auch die mehrfachen Aufenthalte in der Kli-
Seite 9 — 11

nik im November 2017. Gerade diese haben jedoch gezeigt, dass mit einer Be-
handlung auf freiwilliger Basis in ambulantem Rahmen den psychischen
Problemen nicht beizukommen war und auch in näherer Zukunft nicht sein wird.
So ist insbesondere eine konsequente Medikation von X.___ ausserhalb einer
fürsorgerischen Unterbringung nicht sichergestellt, zumal dieser selbst zu verste-
hen gab, er wolle sich vom "Gift" in seinem Körper befreien. Der von X.___ be-
vorzugte Wechsel zu natürlichen Heilmitteln (z.B. Johanniskraut) dürfte in Anbe-
tracht seiner Diagnose indes kaum zielführend sein. In Übereinstimmung sowohl
mit der Klinik D.___ als auch mit der Gutachterin ist daher festzuhalten, dass
derzeit keine anderen, weniger einschneidenden Massnahmen ersichtlich wären,
um X.___ sachgerecht behandeln zu können. Dass die Klinik D.___ eine ge-
eignete Einrichtung für eine stationäre Behandlung in geschlossenem Rahmen
darstellt, steht im vorliegenden Fall ausser Frage, womit die fürsorgerische Unter-
bringung auch unter diesem Aspekt den Grundsatz der Verhältnismässigkeit
wahrt. Die ärztlich angeordnete fürsorgerische Behandlung ist somit zu schützen
und die dagegen erhobene Beschwerde abzuweisen.
5.
Bei diesem Ausgang werden die Kosten des Beschwerdeverfahrens
X.___ auferlegt (Art. 60 Abs. 2 und Art. 63 Abs. 5 EGzZGB i.V.m. Art. 106 Abs.
1 ZPO). Die Kosten des Beschwerdeverfahrens von insgesamt CHF 2'913.30
(CHF 1'500.00 Gerichtsgebühr und CHF 1'413.30 Gutachterkosten) gehen des-
halb zulasten von X.___. Ausseramtliche Entschädigungen sind keine zu spre-
chen.

Seite 10 — 11

III. Demnach wird erkannt:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
2.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens von insgesamt CHF 2'913.30 (CHF
1'500.00 Gerichtsgebühr und CHF 1'413.30 Gutachterkosten) gehen zulas-
ten von X.___.
3.
Gegen diese Entscheidung kann gemäss Art. 72 BGG Beschwerde in Zivil-
sachen an das Schweizerische Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, geführt
werden. Die Beschwerde ist dem Bundesgericht schriftlich, innert 30 Tagen
seit Eröffnung der vollständigen Ausfertigung der Entscheidung in der ge-
mäss Art. 42 f. BGG vorgeschriebenen Weise einzureichen. Für die Zuläs-
sigkeit, die Beschwerdelegitimation, die weiteren Voraussetzungen und das
Verfahren der Beschwerde gelten die Art. 29 ff., 72 ff. und Art. 90 ff. BGG
4.
Mitteilung an:


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