Das Obergericht des Kantons Zürich hat in einem Strafverfahren entschieden, dass die Beschwerde einer Frau namens A. gegen die Einstellungsverfügung der Staatsanwaltschaft Limmttal/Albis abgewiesen wird. A. hatte behauptet, vom Beschwerdegegner B. zum Geschlechtsverkehr genötigt worden zu sein. Das Gericht kam jedoch zu dem Schluss, dass A. sich gegen den Beschwerdegegner hätte wehren können und somit keine Vergewaltigung vorlag. Die Gerichtskosten in Höhe von CHF 1'176.45 wurden der Gerichtskasse auferlegt.
Urteilsdetails des Kantongerichts ZK1-10-35
Kanton: | GR |
Fallnummer: | ZK1-10-35 |
Instanz: | Kantonsgericht Graubünden |
Abteilung: | - |
Datum: | 30.11.2010 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Kostenauflage (Gerichtsgebühr, aussergerichtliche Entschädigung) |
Schlagwörter : | Recht; Vormundschaft; Verfahren; Entscheid; Plessur; Bezirksgericht; Vormundschaftsbehörde; Kreise; Bezirksgerichts; EGzZGB; Kreises; Vorinstanz; Abschreibung; Kantons; Gericht; Graubünden; Kantonsgericht; Beschluss; Verfahrens; Behörde; Abschreibungsverfügung; Beschwerdeverfahren; Gehör; Entschädigung; Errichtung; Sorge |
Rechtsnorm: | Art. 122 ZPO ;Art. 218 ZPO ;Art. 232 ZPO ;Art. 233 ZPO ;Art. 235 ZPO ;Art. 29 BV ;Art. 296 ZGB ;Art. 368 ZGB ;Art. 369 ZGB ;Art. 389 ZGB ; |
Referenz BGE: | 127 V 431; 129 I 249; 133 III 439; |
Kommentar: | Donatsch, Kommentar StGB, Zürich, Art. 126 StGB, 2010 |
Entscheid des Kantongerichts ZK1-10-35
Kantonsgericht von Graubünden
Dretgira chantunala dal Grischun
Tribunale cantonale dei Grigioni
_____
Ref.:
Chur, 30. November 2010
Schriftlich mitgeteilt am:
ZK1 10 35
Urteil
I. Zivilkammer
Vorsitz
Präsident Brunner
Richter
Vizepräsident Schlenker und Kantonsrichter Bochsler
Redaktion
Aktuar Pers
In der zivilrechtlichen Beschwerde
der V o r m u n d s c h a f t s b e h ö r d e C h u r , Gäuggelistrasse 1, 7002 Chur, Be-
schwerdeführerin,
gegen
die Abschreibungsverfügung des Bezirksgerichtspräsidiums Plessur vom 5. Au-
gust 2010, mitgeteilt am 5. August 2010, in Sachen der A., Beschwerdegegnerin,
vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. Dieter Marty, Alexanderstrasse 8, 7002 Chur,
gegen die Beschwerdeführerin,
betreffend Kostenauflage (Gerichtsgebühr, aussergerichtliche Entschädigung),
hat sich ergeben:
I. Sachverhalt
A.1. A. wurde am _ in Z. geboren, wo sie zusammen mit ihrer Mutter und ihrem
Adoptivvater die ersten fünf Lebensjahre verbrachte. Danach kehrte die Familie in
die Schweiz zurück. Im Alter von 20 Jahren heiratete sie B., Asylbewerber aus Y..
Aus dieser Ehe ging der Sohn C., _, hervor. Im Jahr 2007 wurde die Ehe geschie-
den.
2.
Mit Beschluss der Vormundschaftsbehörde des Kreises Chur vom 20. Ok-
tober 2009 wurde A. gestützt auf Art. 369 ZGB entmündigt und unter Vormund-
schaft gestellt. Ebenso wurde der mit Beschluss des Vizepräsidiums der Vor-
mundschaftsbehörde der Kreise Oberengadin/Bergell vom 25. März 2009 vorgän-
gig über sie verfügte fürsorgerische Freiheitsentzug (FFE) aufrechterhalten. Dem
Beschluss der Vormundschaftsbehörde des Kreises Chur lag ein Gutachten der
Psychiatrischen Dienste Graubünden vom 17. August 2009 zugrunde, in welchem
A. eine seit Jahren bestehende chronische Erkrankung aus dem Formenkreis der
Schizophrenie attestiert wurde. Bei der diagnostizierten psychiatrischen Erkran-
kung handle es sich um eine Geisteskrankheit. Aufgrund dieser Krankheit sei sie
nicht mehr in der Lage, ohne Dritthilfe ihr Alltagsleben zu bestreiten, und sie benö-
tige Unterstützung in allen Lebensbereichen. Eine alleinige Wohnfähigkeit sei zum
jetzigen Zeitpunkt nicht gegeben. Aufgrund der krankheitsbedingten eingeschränk-
ten Urteilsfähigkeit seien die Voraussetzungen für eine Entmündigung gegeben
und es werde die Errichtung einer Vormundschaft empfohlen.
3.
Gleichzeitig ordnete die Vormundschaftsbehörde des Kreises Chur mit Be-
schluss vom 20. Oktober 2009 für C. auf den Zeitpunkt der Rechtskraft der Be-
vormundung seiner Mutter eine Vormundschaft an. Zur Begründung wurde ausge-
führt, eine entmündigte Person könne gemäss Art. 296 Abs. 2 ZGB keine elterli-
che Sorge ausüben. Jede unmündige Person, die sich nicht unter der elterlichen
Sorge befinde, gehöre gemäss Art. 368 Abs. 1 ZGB unter Vormundschaft, soweit
das Sorgerecht nicht dem anderen Elternteil zu übertragen sei. Durch die Bevor-
mundung der Mutter sei ihr die elterliche Sorge über ihren Sohn C. von Gesetzes
wegen zu entziehen. Der Vater sei inzwischen aus der Schweiz ausgewiesen
worden und nach Y. zurückgekehrt, wo seine aktuelle Aufenthaltsadresse nicht
bekannt sei. Eine Übertragung der elterlichen Sorge von C. auf den Vater sei des-
halb nicht möglich und würde auch aufgrund der grossen geographischen Distanz
zwischen der Schweiz und Y. keinen Sinn machen.
Seite 2 — 14
Dagegen erhob A. mit Eingabe vom 2. November 2009 Beschwerde beim Be-
zirksgerichtsausschuss Plessur als erstinstanzliche vormundschaftliche Aufsichts-
behörde und beantragte, der angefochtene Beschluss sei vollumfänglich aufzuhe-
ben.
B.
Ferner liess A. gegen den sie selbst betreffenden Beschluss der Vormund-
schaftsbehörde des Kreises Chur vom 20. Oktober 2009 am 5. November 2009
Beschwerde beim Bezirksgerichtsausschuss Plessur erklären. Mit Beschwerde
beantragte sie, der angefochtene Beschluss betreffend Aufrechterhaltung des FFE
und Errichtung der Vormundschaft sei per sofort aufzuheben. Des weiteren sei ein
Obergutachten über die Frage der Bevormundung und des begleiteten Wohnens
zu erstellen, eventualiter sei die Angelegenheit zur rechtsgenüglichen Durchfüh-
rung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Mit Urteil vom 7. Dezember 2009, mitge-
teilt am 15. Dezember 2009, hiess der Bezirksgerichtsausschuss Plessur die Be-
schwerde teilweise gut und hob die fürsorgerische Freiheitsentziehung auf. Im Üb-
rigen wurde die Beschwerde abgewiesen.
C.1. Gegen dieses Urteil erhob A. am 5. Januar 2010 Berufung beim Kantonsge-
richt von Graubünden als zweitinstanliche vormundschaftliche Aufsichtsbehörde.
In der Folge wurde das Beschwerdeverfahren betreffend Errichtung einer Vor-
mundschaft für den Sohn C. vom Bezirksgerichtspräsidenten Plessur sistiert. Mit
Urteil des Kantonsgerichts von Graubünden vom 8. März 2010, mitgeteilt am 12.
April 2010, wurde die Berufung, soweit darauf eingetreten wurde, teilweise gutge-
heissen und die Vormundschaft über A. aufgehoben. Gleichzeitig wurde für sie
eine Beistandschaft im Sinne von Art. 392 ff. ZGB errichtet. Zur Begründung wur-
de ausgeführt, vor dem Hintergrund der positiven Entwicklungen von A. seit Er-
richtung des Gutachtens könne der vorinstanzlichen Beurteilung nicht mehr in al-
len Punkten gefolgt werden. Von einer Therapieuneinsichtigkeit bzw. fehlender
Behandlungsbereitschaft wie sie die Vorinstanz noch angenommen habe könne
aktuell kaum mehr gesprochen werden. Ebenso wenig könne A. jede Kooperati-
onsbereitschaft abgesprochen werden. So habe sie denn auch im Grundsatz die
Bereitschaft zur Weiterführung der Medikamenteneinnahme und der ambulanten
psychiatrischen Behandlung wie auch zur Zusammenarbeit mit einem Beistand
oder Beirat bestätigt. Da ihr die Krankheitseinsicht aber nach wie vor fehle und mit
dem Abschluss des laufenden Verfahrens der Druck, entmündigt zu werden, vor-
erst wegfallen werde, dürfe nicht erwartet werden, dass sie auf sich selbst gestellt
in der Lage sein werde, in die empfohlenen Therapien und medikamentösen Be-
handlungen einzuwilligen und sie über einen längeren Zeitraum auch tatsächlich
durchzuhalten. Unter diesen Umständen könne nicht vollständig von vormund-
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schaftlichen Massnahmen abgesehen werden. Vielmehr scheine es angezeigt, ihr
durch die Errichtung einer Beistandschaft jemanden zur Seite zu geben, der sie zu
entsprechendem Tun ermuntere. Gleichzeitig sei dadurch eine Person vorhanden,
die zusätzliche Hilfe anfordern könne, wenn ausserhalb ihres eigenen Kompe-
tenzbereichs Handlungsbedarf entstehe.
2.
Mit Schreiben vom 14. Juni 2010 teilte die Vormundschaftsbehörde des
Kreises Chur dem Bezirksgerichtspräsidium Plessur mit, dass das Beschwerde-
verfahren betreffend C. ihres Erachtens als erledigt abgeschrieben werden könne,
nachdem die Bedingung der rechtskräftigen Entmündigung seiner Mutter gemäss
Ziffer 1 des Beschlusses vom 20. Oktober 2009 nicht eingetreten sei.
3.
Der Rechtsvertreter von A., Rechtsanwalt lic. iur. Dieter Marty, reichte am
13. Juli 2010 seine Stellungnahme ein. Darin führte er aus, dass dem Vorschlag
des Vormundschaftspräsidenten zugestimmt werden müsse; das Verfahren sei
obsolet. Mit dieser Feststellung werde ebenfalls die Abschreibung der Beschwerde
beantragt. Seines Erachtens sei die Vormundschaftsbehörde in Gänze unterlegen
und, da die Errichtung einer Vormundschaft über C. ersatzlos dahin falle, habe die
Vormundschaftsbehörde respektive das Gemeinwesen die Gerichtssowie die
Anwaltskosten zu übernehmen.
4.
Mit Abschreibungsverfügung vom 5. August 2010, mitgeteilt gleichentags,
verfügte das Bezirksgerichtspräsidium Plessur wie folgt:
„1. Die Beschwerde betreffend Errichtung einer Vormundschaft wird ge-
genstandslos abgeschrieben.
2. Die Kosten des Verfahrens von CHF 671.00 (Gerichtsgebühren CHF
450.00, Schreibgebühren CHF 136.00, Bargebühren CHF 85.00) ge-
hen zu Lasten der Beschwerdegegnerin und sind innert 30 Tagen auf
das PC-Konto _ des Bezirksgerichtes Plessur zu überweisen.
Die Beschwerdegegnerin hat die Beschwerdeführerin ausseramtlich
mit CHF 500.00 inkl. MWST zu entschädigen.
3. Dem Parteivertreter der Beschwerdeführerin wird eine Frist von 10 Ta-
gen ab Mitteilung der vorliegenden Abschreibung gesetzt, um eine de-
tail ierte Honorarnote betreffend Anwaltsaufwand (samt Einzahlungs-
schein) einzureichen und diesbezügliche Ansprüche zu beziffern. Bei
Nicht-Einhaltung dieser Frist wird der Bezirksgerichtspräsident den
Aufwand nach pflichtgemässem Ermessen festsetzen.
4. (Mitteilung).“
D.
Gegen diese Abschreibungsverfügung liess die Vormundschaftsbehörde
des Kreises Chur mit Eingabe vom 26. August 2010 Beschwerde beim Kantonsge-
richt von Graubünden mit folgendem Rechtsbegehren erklären:
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„1. Ziff. 2 des Abschreibungsbeschlusses sei insoweit aufzuheben, als
damit der Beschwerdeführerin Kosten und Entschädigungen auferlegt
werden.
2. Im Verfahren vor dem Bezirksgerichtsausschuss Plessur (Proz Nr. _)
seien die Gerichtskosten und eine allfällige ausseramtliche Entschädi-
gung zulasten der Kasse des Bezirksgerichts Plessur zu verlegen.
3. Die Kostenund Entschädigungsfolgen im vorliegenden Beschwerde-
verfahren seien nach Gesetz zu verlegen.“
Mit Schreiben vom 28. Oktober 2010 beantragte A. die Abweisung der Beschwer-
de; zudem sei sie für das vorliegende Verfahren pauschal mit Fr. 500.-zu ent-
schädigen. Das Bezirksgericht Plessur verzichtete mit Schreiben vom 16. Sep-
tember 2010 unter Einreichung der Akten auf eine Vernehmlassung.
Auf die Begründung der Anträge in den Rechtsschriften wird, soweit erforderlich,
in den nachfolgenden Erwägungen eingegangen.
II. Erwägungen
1.a. Gemäss Art. 64 Abs. 1 des Einführungsgesetzes zum Schweizerischen Zi-
vilgesetzbuch (EGzZGB; BR 210.100) können Entscheide des Bezirksge-
richtsausschusses in Vormundschaftssachen mit Berufung an das Kantonsgericht
angefochten werden. Dabei wird jedoch über Art. 64 Abs. 4 EGzZGB direkt auf die
Zivilprozessordnung des Kantons Graubünden (ZPO; BR 320.000) als ergänzend
und sinngemäss anwendbares Verfahrensrecht verwiesen, wobei nach der Zivil-
prozessordnung die Berufung nur gegen prozesserledigende Sachurteile im Sinne
der ZPO zulässig ist. Der für das Anfechtungsobjekt in Art. 64 EGzZGB verwende-
te Begriff „Entscheid“ wird somit bereits durch die Verweisung von Art. 64 Abs. 4
EGzZGB auf die ZPO allgemein als Sachurteil im Sinne der ZPO präzisiert. Art. 64
EGzZGB übernimmt demnach im Verfahren betreffend Vormundschaftssachen
dieselbe Funktion, wie sie Art. 3 Abs. 2 EGzZGB für das ordentliche Verfahren
hat. Dort heisst es - durchaus im Einklang mit Art. 218 Abs. 1 ZPO, in welchem
der Begriff Urteil als Sachurteil in Abgrenzung zu Prozessurteil zu verstehen ist -
wörtlich, dass Sachurteile der Berufung an das Kantonsgericht unterliegen. Das
bedeutet zweierlei, nämlich: Die Berufung ist nur gegen Sachurteile im Sinne der
ZPO gegeben und in Verbindung mit der für das Verfahren geltenden generellen
Verweisung von Art. 2 1. Halbsatz EGzZGB auf die ZPO - dass gegen verfahrens-
abschliessende Erkenntnisse ohne materielle Behandlung der Sache, wie der vor-
liegend angefochtenen Abschreibungsverfügung, eben nicht die Berufung, son-
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dern die Beschwerde gegeben ist. Auch im Verfahren betreffend Vormundschafts-
sachen muss daher grundsätzlich der gleiche Rechtsdualismus von Berufung und
zivilrechtlicher Beschwerde gelten, wie sonst im Zivilverfahren, womit die Ab-
schreibungsverfügung des Bezirksgerichtsvizepräsidenten Plessur vom 5. August
2010 zu Recht mit Beschwerde nach Art. 232 ZPO angefochten wurde (vgl. zum
Ganzen auch PKG 2004 Nr. 6 E. 1.c.aa. ff.).
b.
Die zivilrechtliche Beschwerde nach Art. 232 ZPO ist schriftlich unter Beila-
ge des angefochtenen Entscheids und der dem Beschwerdeführer schon erstatte-
ten Beweisurkunden innert der peremptorischen Frist von 20 Tagen seit der Mittei-
lung des angefochtenen Entscheids beim Kantonsgerichtspräsidenten einzurei-
chen (Art. 233 Abs. 1 ZPO). In der Beschwerde ist mit kurzer Begründung an-
zugeben, welche Punkte des Entscheids angefochten werden (Art. 233 Abs. 2
ZPO).
c.
Als direkter Vorinstanz ist es der Vormundschaftsbehörde des Kreises Chur
grundsätzlich verwehrt, gegen den Entscheid der Oberbehörde selbständig ein
Rechtsmittel zu ergreifen. In der Praxis wird einer zuständigen Behörde abwei-
chend von dieser Regel jedoch dann ein eigenständiges Recht zur Erhebung ei-
nes Rechtsmittels zugestanden, wenn sie durch den Entscheid der Oberbehörde
gleich ähnlich wie ein Privater betroffen wird und dieserart ein unmittelbares
eigenes Interesse ausweisen kann. Eine solche Situation liegt vor, wenn sich ein
Selbstverwaltungskörper gegen Eingriffe in sein Finanzoder Verwaltungsvermö-
gen zur Wehr setzt. Die Vormundschaftsbehörde als Organ des Kreises ist somit
zur Anfechtung des sie belastenden Kostenentscheids legitimiert (PKG 1996 Nr. 6
E. 1.a f.)
Die am 26. August 2010 erhobene Beschwerde der Vormundschaftsbehörde des
Kreises Chur gegen die Abschreibungsverfügung des Bezirksgerichtsvizepräsi-
denten Plessur vom 5. August 2010, mitgeteilt gleichentags, wurde fristgerecht
eingereicht und entspricht den oben dargelegten gesetzlichen Formerfordernissen,
so dass darauf einzutreten ist.
2.
Gegenstand des vorliegenden Beschwerdeverfahrens bildet die Frage, ob
der Bezirksgerichtsvizepräsident Plessur der Vormundschaftsbehörde des Kreises
Chur zu Recht die Verfahrenskosten und überdies eine ausseramtliche Entschädi-
gung zu Gunsten von A. auferlegt hat. Die Abschreibungsverfügung an sich wird
mit Beschwerde nicht angefochten. Diese erfolgte denn auch aufgrund einer Mit-
teilung der Vormundschaftsbehörde des Kreises Chur, wonach die Errichtung ei-
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ner Vormundschaft über C. gegenstandslos geworden sei, nachdem die Bedin-
gung der rechtskräftigen Entmündigung seiner Mutter gemäss Ziffer 1 des Be-
schlusses vom 20. Oktober 2009 nicht eingetreten sei. Ob dieses Vorgehen for-
mell korrekt ist und ein automatisches Dahinfallen des Beschlusses allein durch
den Umstand, dass das Kantonsgericht von Graubünden die Entmündigung über
A. aufgehoben und stattdessen lediglich eine Beistandschaft errichtet hat, ange-
nommen werden durfte ob die Vormundschaftsbehörde des Kreises Chur
ihren Beschluss vielmehr formell hätte aufheben müssen, kann vorliegend dahin
gestellt bleiben, da unter allen Beteiligten Einigkeit darüber herrscht, dass dieser
Beschluss keine Gültigkeit mehr besitzt.
3.a. Die Beschwerdeführerin beanstandet, dass in der Abschreibungsverfügung
des Bezirksgerichtsvizepräsidenten Plessur vom 5. August 2010 die Auferlegung
der Gerichtskosten und der ausseramtlichen Entschädigung auf sie (die Be-
schwerdeführerin) gemäss Ziffer 2 des Dispositivs weder begründet werde noch
auf einen einschlägigen Rechtssatz verwiesen werde. Während der Rechtsvertre-
ter von A. bzw. C. vor Erlass des Abschreibungsbeschlusses zur Stellungnahme
eingeladen worden sei, in welcher er sich auch auf die Kostenund Entschädi-
gungsfolge eingelassen habe, seien der Beschwerdeführerin als Beschwerdegeg-
nerin im Verfahren vor Bezirksgerichtsausschuss Plessur Kostenund Entschädi-
gungsfolgen auferlegt worden, ohne dass ihr Gelegenheit eingeräumt worden sei,
dazu Stellung zu nehmen. Ziffer 2 des Dispositivs der angefochtenen Verfügung
sei daher bereits aus formellen Gründen aufzuheben. Sinngemäss rügt die Be-
schwerdeführerin eine Verletzung des rechtlichen Gehörs und der daraus abgelei-
teten Begründungspflicht (Art. 29 Abs. 2 der Bundesverfassung der Schweizeri-
schen Eidgenossenschaft [BV; SR 101]).
b.
Der in Art. 29 Abs. 2 BV garantierte Anspruch auf rechtliches Gehör räumt
dem Betroffenen das persönlichkeitsbezogene Mitwirkungsrecht ein, sich vor Er-
lass eines in seine Rechtsstellung eingreifenden Entscheids zu äussern, erhebli-
che Beweise beizubringen, Einsicht in die Akten zu nehmen, mit erheblichen Be-
weisanträgen gehört zu werden und an der Erhebung wesentlicher Beweise ent-
weder mitzuwirken sich zumindest zum Beweisergebnis zu äussern. Dem
Mitwirkungsrecht entspricht die Pflicht der Behörden, die Argumente und Verfah-
rensanträge der Partei entgegenzunehmen und zu prüfen sowie die ihr rechtzeitig
und formrichtig angebotenen Beweismittel abzunehmen. Insbesondere folgt aus
dem Anspruch auf rechtliches Gehör, in alle für den Entscheid wesentlichen Akten
Einsicht zu nehmen und sich dazu zu äussern (BGE 129 I 249 E. 3 S. 253; 127 I
54 E. 2.b S. 56 mit weiteren Hinweisen; PKG 2007 Nr. 13 E. 4.a; Steinmann, Die
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schweizerische Bundesverfassung, Kommentar, 2. Aufl., Zürich/St. Gallen 2008, N
25 zu Art. 29 BV).
Mit Schreiben vom 14. Juni 2010 teilte die Beschwerdeführerin dem Bezirksge-
richtspräsidium Plessur mit, dass das Beschwerdeverfahren betreffend die Be-
vormundung von C. dahinfalle, nachdem die Bedingung der rechtskräftigen Ent-
mündigung seiner Mutter gemäss Ziffer 1 des Beschlusses vom 20. Oktober 2009
nicht eingetreten sei. Ihres Erachtens könne das entsprechende Beschwerdever-
fahren als erledigt abgeschrieben werden. In der Folge wurde Rechtsanwalt Marty
mit Schreiben des Bezirksgerichtspräsidiums Plessur vom 2. Juli 2010 gebeten,
hierzu Stellung zu nehmen, insbesondere auch zur Kostenund Entschädigungs-
folge. Diesem Ersuchen kam Rechtsanwalt Marty mit Schreiben vom 13. Juli 2010
nach. Darin führte er aus, dass die Vormundschaftsbehörde in diesem Verfahren
in Gänze unterlegen sei, weshalb sie respektive das Gemeinwesen die Gerichts-
sowie die Anwaltskosten zu übernehmen habe. Ohne daraufhin auch der Be-
schwerdeführerin die Gelegenheit einzuräumen, sich ihrerseits zur Kostenund
Entschädigungsfolge zu äussern, hat die Vorinstanz dieser ohne jegliche Begrün-
dung zumindest Nennung einschlägiger Gesetzesbestimmungen die Verfah-
renskosten sowie eine ausseramtliche Entschädigung zu Gunsten von A. aufer-
legt. - Dadurch hat die Vorinstanz der Beschwerdeführerin nicht nur das rechtliche
Gehör verweigert, sondern ist offensichtlich auch ihrer Begründungspflicht nicht
nachgekommen. Aus dem Grundsatz des rechtlichen Gehörs leitet das Bundesge-
richt in ständiger Rechtsprechung die Pflicht der Behörden ab, ihre Verfügungen
und Entscheide zu begründen. Der Grundsatz des rechtlichen Gehörs als persön-
lichkeitsbezogenes Mitwirkungsrecht verlangt, dass die Behörde die Vorbringen
des vom Entscheid in seiner Rechtsstellung Betroffenen auch tatsächlich hört,
sorgfältig und ernsthaft prüft und in der Entscheidfindung berücksichtigt. Daraus
folgt die grundsätzliche Pflicht der Behörden, ihren Entscheid zu begründen. Der
Betroffene soll wissen, warum die Behörde entgegen seinem Antrag entschieden
hat. Die Begründung eines Entscheids muss deshalb so abgefasst sein, dass der
Betroffene ihn gegebenenfalls sachgerecht anfechten kann. Dies ist nur möglich,
wenn sowohl er wie auch die Rechtsmittelinstanz sich über die Tragweite des Ent-
scheids ein Bild machen können. In diesem Sinne müssen wenigstens kurz die
Überlegungen genannt werden, von denen sich die Behörde leiten liess und auf
welche sich ihr Entscheid stützt (BGE 133 III 439 E. 3.3 S. 445; 129 I 232 E. 3.2 S.
236; 126 I 97 E. 2.b S. 102 f. mit Hinweisen; Steinmann, a.a.O., N 27 zu Art. 29
BV). Diesen Anforderungen vermag die angefochtene Abschreibungsverfügung
nicht gerecht zu werden, da nicht nachvollziehbar dargelegt wird, aus welchen
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Überlegungen die Vorinstanz in Bezug auf die Kostenauflage zu ihrem Entscheid
gelangte. Namentlich ist der Verfügung nicht zu entnehmen, welche Gesetzesbe-
stimmungen dem Entscheid zugrunde gelegt wurden. Unter diesem Gesichtspunkt
erweist sich die Beschwerde als begründet.
c.
Das Recht angehört zu werden, ist formeller Natur. Die Verletzung des
rechtlichen Gehörs führt ungeachtet der Erfolgsaussichten der Beschwerde in der
Sache selbst zur Aufhebung der angefochtenen Verfügung. Es kommt mit anderen
Worten nicht darauf an, ob die Anhörung im konkreten Fall für den Ausgang der
materiellen Streitentscheidung von Bedeutung ist, das heisst die Behörde zu einer
Änderung ihres Entscheids veranlasst wird nicht. Nach der Rechtsprechung
kann eine - nicht besonders schwer wiegende - Verletzung des rechtlichen Gehörs
als geheilt gelten, wenn die betroffene Person die Möglichkeit erhält, sich vor einer
Beschwerdeinstanz zu äussern, die sowohl den Sachverhalt wie die Rechtslage
frei überprüfen kann. Die Heilung eines allfälligen Mangels soll aber die Ausnahme
bleiben (BGE 127 V 431 E. 3.d/aa S. 437 f., 126 V 130 E. 2.b S. 132 mit Hinwei-
sen; PKG 2007 Nr. 13 E. 4.c; Steinmann, a.a.O., N 32 f. zu Art. 29 BV).
Die Kognition des Kantonsgerichts von Graubünden im Beschwerdeverfahren ge-
mäss Art. 232 ff. ZPO ist auf Rechtsverletzungen und willkürliche Tatsachenfest-
stellungen beschränkt (Art. 235 Abs. 1 und 2 ZPO), es hat mithin keine freie Über-
prüfungsbefugnis in Bezug auf den Sachverhalt und die Rechtslage. Daraus er-
hellt, dass eine Heilung der im vorinstanzlichen Verfahren erfolgten Gehörsverlet-
zung im vorliegenden Fall ausgeschlossen ist. Die angefochtene Abschreibungs-
verfügung ist demnach aufzuheben.
4.
Das Kantonsgericht von Graubünden greift auf die Beschwerde wegen Ge-
setzesverletzung gemäss Art. 235 Abs. 1 ZPO nur ein, wenn der angefochtene
Entscheid das diesem vorausgegangene Verfahren Gesetzesbestimmungen
verletzt, welche für die Beurteilung der Streitfrage wesentlich sind. Die Feststel-
lungen der Vorinstanz über tatsächliche Verhältnisse sind für die Beschwerdein-
stanz bindend, es sei denn, sie seien unter Verletzung von Beweisvorschriften
zustande gekommen, erwiesen sich als willkürlich beruhten auf offensichtli-
chem Versehen (Art. 235 Abs. 2 ZPO). Wo das Gesetz dem Richter einen Ermes-
sensspielraum einräumt, liegt nur dann eine Rechtsverletzung vor, wenn sich der
Gebrauch des Ermessens als missbräuchlich erweist das Ermessen über-
schritten wird, d.h. wenn sich ein Ermessensentscheid nicht auf sachlich vertretba-
re Gründe abstützen lässt dem Gerechtigkeitsgedanken in stossender Weise
zuwiderläuft (PKG 1987 Nr. 17 E. 1). Bei der Festsetzung der Verfahrenskosten
Seite 9 — 14
sowie der Parteientschädigung handelt es sich nach ständiger Rechtsprechung
um typische Ermessensentscheide, welche im Beschwerdeverfahren nur einer
eingeschränkten Kognition unterliegen. Aus diesem Grund kann das angerufene
Gericht den Entscheid nicht in eigener Kompetenz fällen, sondern hat die Angele-
genheit an die Vorinstanz zur Neubeurteilung zurückzuweisen (Art. 235 Abs. 3
ZPO).
5.
Im Hinblick auf die Zurückweisung zu neuem Entscheid in Bezug auf die
Kostenauflage erscheint es angebracht, an dieser Stelle einige Hinweise, welche
die Vorinstanz zu beachten haben wird, anzubringen.
a.
Zunächst einmal handelt es sich bei der Vormundschaftsbehörde des Krei-
ses Chur im Rahmen des Beschwerdeverfahrens in Bezug auf C. entgegen der in
der Abschreibungsverfügung verwendeten Bezeichnung nicht um die Beschwer-
degegnerin, sondern aus Sicht des Bezirksgerichtsausschusses Plessur um die
Vorinstanz. Es gilt zu beachten, dass das Verfahren vor den vormundschaftlichen
Behörden Teil der nichtstreitigen Gerichtsbarkeit bildet. Zu seiner Einleitung bedarf
es keines besonderen Gesuchs, vielmehr ist die Vormundschaftsbehörde gemäss
Art. 52 Abs. 1 EGzZGB von Amtes wegen verpflichtet zu handeln, sobald ihr ein
Grund zum Einschreiten bekannt ist. Die freiwillige Gerichtsbarkeit ist eine Verwal-
tungstätigkeit der Zivilgerichte und anderweitiger Behörden in bürgerlichen Ange-
legenheiten. Wie das Verwaltungsverfahren in öffentlich-rechtlichen Angelegenhei-
ten ist auch das Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit kein eigentliches Partei-
verfahren. Ihr Wesen besteht nicht darin, dass im Verhältnis zwischen einem Klä-
ger und einem Beklagten entschieden wird, was rechtens ist, sondern dass die
Rechtsanwendung in einem Verfahren erfolgt, in dem sich zwar unter Umständen
in der Regel bei Ergreifung eines Rechtsmittels zwei Parteien gegenüberstehen
können, aber nicht notwendig gegenüberstehen müssen. Im vorliegenden Fall
handelt es sich nicht um ein Zweiparteienverfahren, Partei ist lediglich A., vertre-
ten durch Rechtsanwalt lic. iur. Dieter Marty. Die Vormundschaftsbehörde des
Kreises Chur ist demgegenüber entgegen der vorinstanzlichen Auffassung nicht
Partei, obschon ihr im vormundschaftlichen Beschwerdeverfahren eine spezielle
Stellung zukommt. Als Behörde, welche den angefochtenen Entscheid erlassen
hat, ist ihr Gelegenheit zur Stellungnahme einzuräumen (vgl. Art. 62 Abs. 1
EGzZGB). Insofern kommt ihr im Verfahren vor der ersten Rechtsmittelinstanz ei-
ne passive Legitimation zu (vgl. Guldener, Grundzüge der freiwilligen Gerichtsbar-
keit der Schweiz, Zürich 1954, S. 82; Gadola, Das verwaltungsinterne Beschwer-
deverfahren, Diss. Zürich 1991, S. 194).
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b.
Die Grundsätze der Kostenauflage im vormundschaftlichen Beschwerdever-
fahren finden sich in den Art. 63 Abs. 2 und Art. 58 Abs. 4 EGzZGB. Nach Art. 63
Abs. 2 EGzZGB sind die Kosten des Verfahrens in der Regel dem Beschwerde-
führer aufzuerlegen, wenn die Beschwerde abgewiesen wird. Wird die Beschwer-
de gutgeheissen, gehen die Kosten zu Lasten der Gerichtskasse. Überdies regelt
die zitierte Bestimmung die Kostenfolge für den Fall, dass der Beschwerdeführer
durch grobfahrlässiges Verhalten unnötige Kosten verursacht hat. Art. 58 Abs. 4
zweiter Satz EGzZGB bestimmt, dass Rechtsmittelinstanzen Kosten und Partei-
entschädigungen den Vorinstanzen überbinden können. Darüber, wie die amtli-
chen und ausseramtlichen Kosten zu verteilen sind, wenn das Beschwerdeverfah-
ren als gegenstandslos geworden abzuschreiben ist, enthält das EGzZGB indes
keine Regelung. Für die Kostenverteilung bei Gegenstandslosigkeit des Verfah-
rens ist daher mangels Regelung im EGzZGB gemäss allgemeinem Verweis in
Art. 2 EGzZGB auf die entsprechenden Bestimmungen in der Zivilprozessordnung
abzustellen. Die Kostenzuteilung wird darin in Art. 122 ZPO geregelt, wobei Abs. 4
bestimmt, dass das Gericht in Fällen der Gegenstandslosigkeit des Prozesses
nach Ermessen über die gerichtliche und aussergerichtliche Kostenfolge zu ent-
scheiden hat. Dabei ist etwa zu berücksichtigen, welche Partei die Gegenstands-
losigkeit des Verfahrens veranlasst hat, wer vermutlich obsiegt hätte welche
Partei das gegenstandslos gewordene Verfahren selber veranlasst hat (PKG 1998
Nr. 1 E. 2.a, 1987 Nr. 25).
Wenn nun aber wie oben ausgeführt - die Kosten selbst bei Gutheissung der Be-
schwerde zu Lasten der Gerichtskasse gehen (Art. 63 Abs. 2 zweiter Satz
EGzZGB), so muss dies dazu führen, dass Art. 58 Abs. 4 EGzZGB (Kostenauflage
an die Vorinstanz) nur bei krassen Verfahrensfehlern der Vorinstanz anzuwenden
ist (vgl. Praxis des Kantonsgerichts von Graubünden in PKG 2004 Nr. 11 E. 7.e).
Diesbezüglich gilt festzuhalten, dass die Entmündigung von A. im Zeitpunkt des
Beschlusses der Vormundschaftsbehörde des Kreises Chur aufgrund der gemäss
Gutachten der Psychiatrischen Dienste Graubünden vom 17. August 2009 bei ihr
diagnostizieren Geisteskrankheit zweifelsohne zu Recht erfolgt ist (siehe hierzu
auch das Urteil des Kantonsgerichts von Graubünden vom 8. März 2010, ZK1 10
1, E. 4.b ff.). Als Folge der Entmündigung der Mutter als einzige Inhaberin der el-
terlichen Sorge war die Errichtung einer Vormundschaft für das unmündige Kind
von Gesetzes wegen zwingend notwendig, da gemäss Art. 296 Abs. 2 des
Schweizerischen Zivilgesetzbuchs (ZGB; SR 210) Unmündigen und Entmündigten
keine elterliche Sorge zusteht und Art. 368 Abs. 1 ZGB bestimmt, dass jede un-
mündige Person, die sich nicht unter der elterlichen Sorge befindet, unter Vor-
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mundschaft gehört. Daraus folgt, dass für ein unmündiges Kind entweder elterli-
che Sorge Vormundschaft bestehen muss; eine dritte Möglichkeit sieht das
Gesetz nicht vor (Langenegger, Basler Kommentar, Zivilgesetzbuch I, 3. Aufl., Ba-
sel 2006, N 3 zu Art. 368 ZGB; Riemer, Grundriss des Vormundschaftsrechts, 2.
Aufl., Bern 1997, § 4 N 1). Die Beschwerdeführerin führt sodann zutreffend aus,
dass der Bevormundung und der Ernennung des Mandatsträgers zum Vormund
bereits vor der formellen Rechtskraft des Massnahmeentscheids „materielle“ Wir-
kung zukommt, wenn wie im vorliegenden Fall - der Ergreifung des Rechtsmittels
keine aufschiebende Wirkung erteilt worden ist (vgl. Art. 61 Abs. 4 EGzZGB). Ge-
mäss Art. 389 ZGB hat der vorerst einmal (zu Recht Unrecht) gewählte Vor-
mund einer allfälligen Ablehnung Anfechtung zum Trotz einstweilen das Amt
auszuüben. Die ratio legis dieser Bestimmung besteht darin, den „Schwachen“
möglichst keinen Moment schutzlos bzw. ohne Betreuung zu lassen (Schny-
der/Murer, Berner Kommentar, Band II, 3. Abteilung, 1. Teilband, 3. Aufl., Bern
1984, N 30 zu Vorbemerkungen zu Art. 379-391 ZGB und N 5 ff. zu Art. 389-391
ZGB). Insofern ist entgegen der Auffassung der Beschwerdegegnerin auch nicht
zu beanstanden, dass die Vormundschaftsbehörde des Kreises Chur die Errich-
tung der Vormundschaft über C. an den Eintritt der Rechtskraft des Entmündi-
gungsentscheids betreffend seine Mutter geknüpft hat. Dazu ist es indessen nicht
gekommen, da das Kantonsgericht von Graubünden mit Urteil vom 8. März 2010
(ZK1 10 1) entschieden hat, dass aufgrund der zwischenzeitlich eingetretenen po-
sitiven Entwicklung von A. kein Grund mehr für eine Entmündigung derselben vor-
liege. Aus diesem Grund sind anschliessend sowohl die Errichtung der Vormund-
schaft über C. hinfällig als auch das damit in Zusammenhang stehende Be-
schwerdeverfahren gegenstandslos geworden. Unter den gegebenen Umständen
wird ein allfälliger Vorwurf, die Vormundschaftsbehörde des Kreises Chur habe im
vorliegenden Fall einen krassen Verfahrensfehler begangen die Gegens-
tandslosigkeit des Verfahren veranlasst, insbesondere angesichts der klaren und
unmissverständlichen gesetzlichen Regelung (Art. 296 Abs. 2 und Art. 368 Abs. 2
ZGB) sowie der ihr kraft Gesetzes auferlegten Verpflichtung, beim Vorliegen be-
stimmter Umstände von Amtes wegen tätig zu werden (Art. 52 Abs. 1 in Verbin-
dung mit Art. 44 Abs. 1 EGzZGB), wohl nur schwer zu begründen sein.
6.a
Im Ergebnis bleibt somit festzuhalten, dass die Vorinstanz mit ihrem Vorge-
hen das rechtliche Gehör der Beschwerdeführerin verletzt hat und zudem ihrer
Begründungspflicht nicht nachgekommen ist. Aufgrund der eingeschränkten Kog-
nition des Kantonsgerichts von Graubünden im Beschwerdeverfahren nach Art.
232 ff. ZPO ist eine Heilung dieses Mangels des vorinstanzlichen Verfahrens nicht
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möglich. Die angefochtene Abschreibungsverfügung ist folglich aufzuheben und
die Sache zu neuem Entscheid im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zu-
rückzuweisen.
b.
Da die vorliegende Beschwerde aufgrund eines offenkundigen Verfahrens-
fehlers der Vorinstanz gutgeheissen werden muss, gehen die Kosten des Be-
schwerdeverfahrens von Fr. 1'456.--, bestehend aus einer Gerichtsgebühr von Fr.
1'200.-- und einer Schreibgebühr von Fr. 256.--, zu Lasten des Bezirksgerichts
Plessur, welches sowohl der Beschwerdeführerin als auch der anwaltlich vertrete-
nen A. eine angemessene Umtriebsentschädigung auszurichten hat (PKG 2004
Nr. 11 E. 7. e f.). Angesichts des entschädigungspflichtigen Aufwands für das vor-
liegende Beschwerdeverfahren erscheint dabei zu Gunsten der Vormundschafts-
behörde des Kreises Chur eine Entschädigung von Fr. 500.-als angemessen.
Angesichts der bloss 1 ½-seitigen Vernehmlassung ohne weitere Rechtsabklärun-
gen ist die aussergerichtliche Entschädigung an Rechtsanwalt Marty auf Fr. 400.--
(inkl. MWSt) zu begrenzen.
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III. Demnach wird erkannt:
1.
Die Beschwerde wird gutgeheissen, die angefochtene Abschreibungsverfü-
gung des Bezirksgerichtspräsidiums Plessur vom 5. August 2010 wird auf-
gehoben und die Sache zu neuem Entscheid im Sinne der Erwägungen an
die Vorinstanz zurückgewiesen.
2.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens von Fr. 1'456.--, bestehend aus ei-
ner Gerichtsgebühr von Fr. 1'200.-- und einer Schreibgebühr von Fr. 256.--,
gehen zu Lasten des Bezirksgerichts Plessur, welches überdies der Vor-
mundschaftsbehörde des Kreises Chur eine Umtriebsentschädigung von Fr.
500.-- und Rechtsanwalt lic. iur. Dieter Marty eine solche von Fr. 400.--
(inkl. MWSt) zu bezahlen hat.
3.
Gegen diese, einen Streitwert von weniger als 30'000 Franken betreffende
Entscheidung kann gemäss Art. 72, Art. 74 Abs. 2 lit. a des Bundesge-
richtsgesetzes (BGG; SR 173.110) Beschwerde in Zivilsachen an das
Schweizerische Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, geführt werden, wenn
sich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt. Andernfalls ist
die subsidiäre Verfassungsbeschwerde gemäss Art. 113 ff. BGG gegeben.
In beiden Fällen ist das Rechtsmittel dem Bundesgericht schriftlich, innert
30 Tagen seit Eröffnung der vollständigen Ausfertigung der Entscheidung in
der gemäss Art. 42 f. BGG vorgeschriebenen Weise einzureichen. Für die
Zulässigkeit, die Beschwerdelegitimation, die weiteren Voraussetzungen
und das Verfahren der Beschwerde gelten die Art. 29 ff., 72 ff., 90 ff. und
113 ff. BGG.
4.
Mitteilung an:
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