Urteil vom 24. Mai 2023
Referenz ZK1 23 51
Instanz I. Zivilkammer
Besetzung Bäder Federspiel, Vorsitzende
Cavegn und Moses
Casutt, Aktuarin
Parteien A.___
Beschwerdeführerin
vertreten durch B.___
wiederum vertreten durch Rechtsanwältin lic. iur. Nicole Barandun
Mühlebachstrasse 25, Postfach, 8024 Zürich
B.___
Beschwerdeführerin
vertreten durch Rechtsanwältin lic. iur. Nicole Barandun
Mühlebachstrasse 25, Postfach, 8024 Zürich
Gegenstand unentgeltliche Rechtspflege (Wechsel des Rechtsbeistands)
Anfechtungsobj. Entscheid Regionalgericht Prättigau/Davos, Einzelrichter, vom 15.03.2023, mitgeteilt am 15.03.2023 (Proz. Nr. 135-2020-454)
Mitteilung 24. Mai 2023
Sachverhalt
A. Mit Gesuch vom 9. Dezember 2020 beantragten A.___ (fortan A.___), vertreten durch ihre Mutter B.___, sowie B.___ selbst im Verfahren betreffend Kindesunterhalt sowie weitere Kinderbelange gegen C.___ vor dem Regionalgericht Prättigau/Davos die unentgeltliche Prozessführung und die Rechtsverbeiständung durch Rechtsanwalt lic. iur. D.___ (Proz. Nr. 135-2020-454). Am 8. Februar 2021 gewährte der Einzelrichter am Regionalgericht Prättigau/Davos den Gesuchstellerinnen die unentgeltliche Rechtspflege, und zwar für das Hauptverfahren betreffend Kindesunterhalt (Proz. Nr. 115-2021-4) sowie für das Massnahmeverfahren betreffend Kindesunterhalt und Besuchsrecht (Proz. Nr. 135-2021-69), mit Wirkung ab 9. Dezember 2020. Der Einzelrichter setzte Rechtsanwalt D.___ als Rechtsvertretung der Gesuchstellerinnen ein.
B. Im Massnahmeverfahren traf der Einzelrichter in Zivilsachen am Regionalgericht Prättigau/Davos mit Entscheid vom 18. Mai 2021 eine vorsorgliche Regelung des Kindesunterhalts sowie des Besuchsrechts. Im Hauptverfahren fand am 25. Januar 2023 eine zweite Einigungsverhandlung statt, in deren Nachgang den Parteien ein vom Gericht gestützt auf die Ergebnisse der Einigungsverhandlung erstellter Vereinbarungsentwurf zugestellt wurde.
C. Mit Schreiben vom 9. Februar 2023 gelangte Rechtsanwältin lic. iur Nicole Barandun an den Regionalgerichtspräsidenten Prättigau/Davos und zeigte an, dass B.___ sie gerne als Vertreterin für sich und ihre Tochter mandatieren wolle, da aus ihrer Sicht das Vertrauensverhältnis zum bisherigen Rechtsvertreter nicht mehr gegeben sei.
D. Am 14. Februar 2023 ersuchte Rechtsanwalt D.___ das Regionalgericht Prättigau/Davos darum, ihn aus der unentgeltlichen Rechtspflege zu entlassen und Rechtsanwältin Barandun als neue Rechtsvertreterin einzusetzen.
E. Rechtsanwältin Barandun stellte am 6. März 2023 beim Regionalgericht Prättigau/Davos ebenfalls den förmlichen Antrag, sie als neue Vertreterin von A.___ und B.___ einzusetzen und den Genannten weiterhin die unentgeltliche Prozessführung zu gewähren. Denselben Antrag stellte sie zeitgleich in einer Eingabe im Hauptverfahren.
F. Mit Entscheid des Einzelrichters am Regionalgericht Prättigau/Davos vom 15. März 2023 (Proz. Nr. 135-2020-454) wies dieser das Gesuch um Wechsel des unentgeltlichen Rechtsbeistands von A.___ und B.___ ab.
G. Gegen den einzelrichterlichen Entscheid des Regionalgerichts Prättigau/Davos vom 15. März 2023 erhoben A.___ und B.___ (fortan Beschwerdeführerinnen), beide vertreten durch Rechtsanwältin lic. iur. Nicole Barandun, mit Eingabe vom 27. März 2023 beim Kantonsgericht Beschwerde und beantragten, was folgt:
1. In Aufhebung des Entscheids des Regionalgerichts Prättigau/Davos sei den Beschwerdeführerinnen der Wechsel der Anwaltsperson zu gewähren und ihnen in der Person der Unterzeichnenden eine unentgeltliche Rechtsbeiständin beizugeben.
Eventualiter sei der angefochtene Entscheid aufzuheben und das Verfahren zur Bewilligung des Wechsels der Anwaltsperson an die Vorinstanz zurückzuüberweisen.
2. Sodann sei den Beschwerdeführerinnen für das Beschwerdeverfahren die unentgeltliche Rechtspflege zu gewähren.
3. Alles unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zuzüglich 7.7 % MwSt.
H. Nachdem die Beschwerdeführerinnen aufforderungsgemäss ein separates Gesuch eingereicht hatten, wurde ihnen mit Verfügung vom 17. April 2023 für das Beschwerdeverfahren die unentgeltliche Rechtspflege bewilligt (ZK1 23 54). Zu ihrer Rechtsvertreterin wurde Rechtsanwältin lic. iur. Nicole Barandun ernannt.
I. Der Einzelrichter in Zivilsachen am Regionalgericht Prättigau/Davos (fortan Vorinstanz/Vorderrichter) beantragte mit Beschwerdeantwort vom 6. April 2023, auf die Beschwerde vom 27. März 2023 nicht einzutreten, eventualiter diese abzuweisen, unter Kosten- und Entschädigungsfolge zu Lasten der Beschwerdeführerinnen. Sodann brachte er dem Kantonsgericht am 13. April 2023 eine von Rechtsanwalt D.___ im Hauptverfahren am 11. April 2023 eingereichte Eingabe zur Kenntnis.
J. Die vorinstanzlichen Akten sowie die Akten des Haupt- und des Massnahmeverfahrens wurden beigezogen. Das Verfahren erweist sich als spruchreif.
Erwägungen
1. Prozessuales
1.1. Anfechtungsobjekt ist der Entscheid des Einzelrichters in Zivilsachen am Regionalgericht Prättigau/Davos vom 15. März 2023, gleichentags mitgeteilt, worin den Beschwerdeführerinnen die Auswechslung des unentgeltlichen Rechtsbeistands verweigert wurde (act. B.2). Gegen gerichtliche Entscheide betreffend die Auswechslung des unentgeltlichen Rechtsbeistands ist die Beschwerde zulässig (Art. 121 ZPO i.V.m. Art. 319 lit. b ZPO; Alfred Bühler, in: Hausheer/Walter [Hrsg.], Berner Kommentar, Band I, Artikel 1-149 ZPO, Bern 2012, N 4e zu Art. 121 ZPO und N 74a zu Art. 118 ZPO). Die Beschwerde erfolgte form- und fristgerecht (Art. 321 Abs. 1-3 ZPO, act. A.1). Das Kantonsgericht bzw. innerhalb des Kantonsgerichts die I. Zivilkammer ist zur Beurteilung der Beschwerde zuständig (Art. 7 Abs. 1 EGzZPO [BR 320.100] u. Art. 6 Abs. 1 lit. a KGV [BR 173.100]).
Darauf hinzuweisen ist, dass der angefochtene Entscheid auch dem unentgeltlichen Rechtsbeistand mitzuteilen gewesen wäre, hatte dieser doch selbst ebenfalls ein Gesuch um Entlassung aus dem Mandat gestellt. Desgleichen wäre er bei Ablehnung seines Antrags zur Beschwerde legitimiert gewesen (Bühler, a.a.O., N 12d u. 12h zu Art. 121 ZPO; Daniel Wuffli/David Fuhrer, Handbuch unentgeltliche Rechtspflege im Zivilprozess, Zürich 2019, Rz. 982).
1.2.1. Die Vorinstanz macht in ihrer Beschwerdeantwort geltend, dass ihr Entscheid gemäss Art. 319 lit. b Ziff. 2 ZPO nur bei Vorliegen eines nicht leicht wiedergutzumachenden Nachteils mit Beschwerde anfechtbar sei. Ein solcher sei lediglich bei Gründen, die ein eigentliches Ablehnungsrecht der Gesuchstellerinnen bewirkten (Interessenkollision, offensichtliche Unfähigkeit, grobe Verletzung von Berufs- und Standespflichten), wenn deren objektiv begründete Wünsche willkürlich unberücksichtigt geblieben wären, vorhanden. Die Beschwerdeführerinnen hätten folglich einen nicht leicht wiedergutzumachenden Nachteil zu begründen gehabt, hätten dies jedoch lediglich an einem Ort ihrer Beschwerde gemacht und den Nachteil zudem lediglich mit neuen Tatsachen und Urkunden behauptet, welche jedoch unbeachtlich seien. Damit fehle es an einer substantiierten Darlegung, inwieweit ihnen durch die angefochtene Verfügung ein nicht leicht wiedergutzumachender Nachteil drohe, weshalb auf die Beschwerde nicht einzutreten sei (act. A.2, Ziff. II.2.1.). Die Beschwerdeführerinnen erachten die von Art. 319 lit. b Ziff. 2 ZPO geforderte Schwere für die Geltendmachung eines nicht leicht wiedergutzumachenden Nachteils als erstellt. Der Rechtsvertreter habe ihnen gegenüber zum Ausdruck gebracht, ihre Interessen aus persönlichen Gründen nicht mehr mit Erfolg vertreten zu können, weshalb objektiv nicht davon ausgegangen werden könne, dass sie auch nur noch den Rest von Vertrauen in ihren Rechtsbeistand hätten und der Vertrauensverlust umfassend sei (act. A.1, Ziff. II., S.4 oben).
1.2.2. Was das Erfordernis eines nicht leicht wiedergutzumachenden Nachteils betrifft, ist einleitend darauf hinzuweisen, dass sich die Vorinstanz in der Rechtsmittelbelehrung des angefochtenen Entscheids und in ihrer Beschwerdeantwort auf diejenigen Kriterien beruft, die nach Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG für die Anfechtung eines zweitinstanzlichen Entscheids vor dem Bundesgericht gelten. Dort wird ein (gar) nicht wiedergutzumachender Nachteil gefordert (vgl. BGer 2C_28/2023 v. 25.01.2023 E. 2.4 m.w.H.; Bühler, a.a.O., N 75 zu Art. 118 ZPO m.w.H.; Wuffli/ Fuhrer, a.a.O., Rz. 540). Diese Strenge erscheint vor der kantonalen Rechtsmittelinstanz nicht gerechtfertigt (vgl. Dieter Freiburghaus/Susanne Afheldt, in: Sutter-Somm/Hasenböhler/Leuenberger [Hrsg.], Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung [ZPO], 3. Aufl., Zürich 2016, N 13 zu Art. 319 ZPO), zumal die erstinstanzliche Ablehnung der Auswechslung eines unentgeltlichen Rechtsbeistands ansonsten kaum je materiell geprüft werden könnte.
Ferner wird in der Lehre mehrheitlich angenommen, beim Entscheid über die Ablehnung eines Wechsels des unentgeltlichen Rechtsbeistands handle es sich um einen Zwischenentscheid, welcher kantonal mit Beschwerde gemäss Art. 121 ZPO angefochten werden könne (Viktor Rüegg/Michael Rüegg, in: Spühler/Tenchio/Infanger [Hrsg.], Basler Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, 3. Aufl., Basel 2017, N 15 zu Art. 118 ZPO; Bühler, a.a.O., N 74a zu Art. 118 ZPO und N 4e zu Art. 121 ZPO; Lukas Huber, in: Brunner/Gasser/Schwander [Hrsg.], Schweizerische Zivilprozessordnung, Kommentar, 2. Aufl., Zürich 2016, N 15 zu Art. 118 ZPO; Daniel Wuffli, Die unentgeltliche Rechtspflege in der Schweizerischen Zivilprozessordnung, Zürich 2015, Rz. 449 u. 880). Subsumiert man einen Entscheid betreffend Wechsel des unentgeltlichen Rechtsbeistands unter Art. 121 ZPO, hat dies zur Folge, dass es sich um einen sog. qualifiziert prozessleitenden Entscheid handelt, der nach Art. 319 lit. b Ziff. 1 ZPO anfechtbar ist. Die beschwerdeführende Partei muss somit neben einer Rechtsverletzung einer offensichtlich unbegründeten Sachverhaltsfeststellung nicht noch zusätzlich einen nicht leicht wiedergutzumachenden Nachteil rügen (vgl. Karl Spühler, in: Spühler/Tenchio/Infanger [Hrsg.], Basler Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, 3. Aufl., Basel 2017, N 6 f. u. N 10 f. zu Art. 319 ZPO). Einzig Wuffli/Fuhrer gehen davon aus, dass Entscheide betreffend die Auswechslung des unentgeltlichen Rechtsbeistands vom Wortlaut von Art. 121 ZPO nicht erfasst sind. Solche Entscheide seien zwar gestützt auf Art. 319 ZPO anzufechten, doch sei ein nicht leicht wiedergutzumachender Nachteil (Art. 319 lit. b Ziff. 2 ZPO) darzutun (Wuffli/Fuhrer, a.a.O., Rz. 984).
Auch wenn die Auswechslung des unentgeltlichen Rechtsbeistands vom Wortlaut von Art. 121 ZPO nicht ausdrücklich erfasst ist, so kann deren Ablehnung – gerade in Fällen wie dem vorliegenden, in dem der Rechtsbeistand selbst nicht mehr zur Zusammenarbeit mit der Mandantschaft bereit ist – in ihren Wirkungen einem Entzug der unentgeltlichen Rechtspflege nahekommen. Es rechtfertigt sich daher, in Übereinstimmung mit der herrschenden Lehre von der Beschwerdemöglichkeit nach Art. 121 ZPO in Verbindung mit Art. 319 lit. b Ziff. 1 ZPO auszugehen und auf eine entsprechende Beschwerde auch ohne Nachweis eines nicht leicht wiedergutzumachenden Nachteils einzutreten. Damit kann offen gelassen werden, ob die Beschwerdeführerinnen einen Nachteil der erwähnten Art vorliegend genügend dargelegt haben. Auf ihre Beschwerde ist wie erwähnt einzutreten und auf materieller Ebene zu prüfen, ob die Voraussetzungen für eine Auswechslung des unentgeltlichen Rechtsbeistands vorliegen.
1.3. Mit der Beschwerde kann die unrichtige Rechtsanwendung sowie die offensichtlich unrichtige Feststellung des Sachverhalts gerügt werden (Art. 320 ZPO), wobei der Begriff der unrichtigen Rechtsanwendung jeden Verstoss gegen geschriebenes und ungeschriebenes Recht beinhaltet und auch die Unangemessenheit umfasst (Freiburghaus/Afheldt, a.a.O., N 3 zu Art. 320 ZPO; Kurt Blickenstorfer, in: Brunner/Gasser/Schwander [Hrsg.], Schweizerische Zivilprozessordnung [ZPO], Kommentar, 2. Aufl., Zürich 2016, N 10 zu Art. 310 ZPO i.V.m. N 4 zu Art. 320 ZPO). Unangemessenheit ist gegeben, wenn ein gerichtlicher Entscheid die Grenzen der Ermessensausübung beachtet, auf sachlichen Kriterien beruht und auch nicht unverständlich ist, unter Berücksichtigung der Gegebenheiten des konkreten Falles aber dennoch als unzweckmässig erscheint (Peter Reetz/Stefanie Theiler, in: Sutter-Somm/Hasenböhler/Leuenberger [Hrsg.], Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung, 3. Aufl., Zürich 2016, N 36 zu Art. 310 ZPO). Die Beschwerdeinstanz überprüft entsprechende Rügen mit freier Kognition, doch hat sie bei der Überprüfung der Angemessenheit Zurückhaltung zu üben (PKG 2012 Nr. 11 m.w.H.; Blickenstorfer, a.a.O., N 10 zu Art. 310 ZPO; Freiburghaus/Afheldt, a.a.O., N 4 zu Art. 320 ZPO). Hinsichtlich der Sachverhaltsfeststellung gilt für die Beschwerde hingegen eine beschränkte Kognition. Erforderlich ist eine qualifiziert fehlerhafte, das heisst willkürliche Feststellung des Sachverhalts (vgl. zum Ganzen Freiburghaus/Afheldt, a.a.O., N 5 zu Art. 320 ZPO; Blickenstorfer, a.a.O., N 8 zu Art. 320 ZPO).
1.4. Im Beschwerdeverfahren sind neue Anträge, neue Tatsachenbehauptungen und neue Beweismittel ausgeschlossen (Art. 326 Abs. 1 ZPO). Es gilt somit – unter Vorbehalt besonderer gesetzlicher Bestimmungen (Art. 326 Abs. 2 ZPO) – ein umfassendes Novenverbot. Der grundsätzliche Ausschluss von Noven gilt nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung auch für Verfahren, die – wie das Verfahren betreffend die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege, wenn auch eingeschränkt durch die umfassende Mitwirkungsobliegenheit – der Untersuchungsmaxime unterstehen, zumal die Beschwerde lediglich die Überprüfung der richterlichen Rechtsanwendung bezweckt (BGer 5A_863/2017 v. 3.8.2018 E. 2.3 m.w.H.; Wuffli/Fuhrer, a.a.O., Rz. 898 u. Rz 1003 f.; Freiburghaus/Afheldt, a.a.O., N 3 zu Art. 326 ZPO).
Wie die Vorinstanz in ihrer Beschwerdeantwort (act. A.2, Ziff. II.1) korrekt ausführt, sind die Beschwerdebeilagen Nr. 3 (E-Mailverkehr zwischen RA D.___ und den Beschwerdeführerinnen, act. B.3) sowie Nr. 4 (ebenfalls E-Mailverkehr zwischen RA D.___ und den Beschwerdeführerinnen, act. B.4) erst im Rechtsmittelverfahren vor Kantonsgericht eingereicht worden und dürfen daher für die Entscheidfindung nicht berücksichtigt werden. Dasselbe gilt für das seitens der Vorinstanz am 13. April 2023 eingereichte Schreiben von Rechtsanwalt D.___ vom 11. April 2013.
2. Auswechslung des unentgeltlichen Rechtsbeistands
2.1. Jede Person hat Anspruch auf einen unentgeltlichen Rechtsbeistand, soweit es zur Wahrung ihrer Rechte notwendig ist und sie nicht über die erforderlichen Mittel verfügt (Art. 29 Abs. 3 BV; Art. 118 Abs. 1 lit. c ZPO). Die Bestellung eines Anwalts zum unentgeltlichen Rechtsbeistand stellt eine Verfügung dar, welche ein besonderes öffentlich-rechtliches Rechtsverhältnis zwischen Anwalt und Staat begründet (BGE 141 I 70 E. 6.1 m.w.H.). Aus diesem Grund kann der Rechtsbeistand sein Mandat nicht einfach niederlegen. Eine vorzeitige Beendigung setzt eine Widerrufsverfügung des ernennenden Gerichts voraus (Wuffli/Fuhrer, a.a.O., Rz. 538; Bühler, a.a.O., N 72 zu Art. 118 ZPO). Dasselbe gilt für den Wechsel des unentgeltlichen Rechtsbeistands. Die vertretene Partei hat keinen Anspruch auf einen Wechsel, doch kann ein solcher auf Antrag vom Gericht bewilligt werden, sofern eine sachgemässe Vertretung der Interessen durch den bisherigen Rechtsbeistand aus objektiven Gründen nicht mehr gewährleistet ist. Der Umstand, dass der Gesuchsteller aus rein subjektiven Gründen das Vertrauen in den unentgeltlichen Rechtsbeistand verloren hat, ohne dass sich das Verhalten des Rechtsbeistands offenkundig als schädlich für die Interessen des Gesuchstellers auswirkt, rechtfertigt keinen Wechsel des Rechtsbeistands. Vielmehr muss substantiiert dargetan werden, dass der unentgeltliche Rechtsbeistand seine Aufgabe nicht korrekt erfüllt hat und weshalb das Vertrauensverhältnis gestört ist. Im Allgemeinen ist wegen der mit dem Wechsel einhergehenden Mehrkosten zulasten des Staates Zurückhaltung bei der Auswechslung geboten (BGE 141 I 70 E. 6.2 m.w.H.; Wuffli/Fuhrer, a.a.O., Rz. 539; Bühler, a.a.O., N 73 zu Art. 118 ZPO m.w.H., u.a. auf BGE 131 I 217 E. 2.4).
2.2. Der Vorderrichter hat die Gesuche der Beschwerdeführerinnen (RG act. 9) sowie von Rechtsanwalt D.___ selbst (RG act. 8) um Wechsel des Rechtsbeistands abgewiesen. Er äusserte sich im angefochtenen Entscheid zu den Umständen der zweiten Einigungsverhandlung und nahm bezugnehmend auf die Einwände der Kindsmutter eine eingehende Analyse der den Parteien vom Gericht unterbreiteten Vereinbarung vor. Gestützt darauf gelangte er im Wesentlichen zum Schluss, dass aufgrund der Vorbringen der Gesuchstellerinnen sowie von Rechtsanwalt D.___ keine objektiven Gründe für eine nicht mehr sachgerechte Vertretung der Interessen von A.___ und B.___ durch den erwähnten Rechtsanwalt ersichtlich seien. Soweit die Mutter geltend mache, sie habe aus rein subjektiven Gründen das Vertrauen zum Rechtsvertreter verloren, sei ihr zu entgegnen, dass kein Verhalten von Rechtsanwalt D.___ erkennbar sei, welches sich offenkundig schädlich auf die Interessen von Mutter und Kind auswirken würde, weshalb insgesamt ein Wechsel des Rechtsbeistands nicht bewilligt werden könne (act. B.2).
2.3. Die Beschwerdeführerinnen bringen hiergegen im Wesentlichen vor, es treffe nicht zu, dass die Kindsmutter das Vertrauen zu ihrem unentgeltlichen Rechtsbeistand aus rein subjektiven Gründen verloren habe. Vielmehr sei bereits im Gesuch vom 6. März 2023 dargelegt worden, dass die Gründe für den gänzlichen Vertrauensverlust objektiv seien. Dies ergebe sich zudem ohne Weiteres aus den Akten, insbesondere dem Ersuchen von Rechtsanwalt D.___ um Entlassung sowie der Begründung seines Gesuchs. Es sei nachvollziehbar, dass einer Mandantin die weitere Zusammenarbeit mit dem Rechtsbeistand nicht zuzumuten sei, wenn dieser selbst ihr und dem Gericht gegenüber zum Ausdruck bringe, dass das Vertrauensverhältnis komplett zerstört sei. Ausserdem habe Rechtsanwalt D.___ objektiv begründete Wünsche der Kindsmutter nicht bzw. nicht im notwendigen Umfang berücksichtigt (act. A.1, Ziff. II).
2.4. Einleitend ist darauf hinzuweisen, dass auf eine einlässliche Auseinandersetzung mit dem Inhalt des Vergleichsvorschlags, wie sie der Vorderrichter sowohl im angefochtenen Entscheid als auch in der Berufungsantwort vorgenommen hat, verzichtet bzw. die Frage offen gelassen werden kann, inwieweit Rechtsanwalt D.___ seine Pflichten verletzt hat. Zwar handelt es sich bei einer objektiven Pflichtverletzung des unentgeltlichen Rechtsbeistands um einen Grund für eine Auswechslung desselben. Zwingend vorausgesetzt ist eine solche für einen entsprechenden Austausch indes nicht. Namentlich kann eine engagierte und effiziente Vertretung der Parteiinteressen, auf die gemäss Art. 29 Abs. 3 BV Anspruch besteht, auch dann beeinträchtigt sein, wenn das Vertrauensverhältnis aus anderen objektiven Gründen erheblich gestört ist (vgl. KGer GR SK1 21 79 v. 15.11.2021 E. 3). Letzteres ist vorliegend der Fall. Betrachtet man die konkreten Gegebenheiten, so mag es durchaus sein, dass die Empfehlung von Rechtsanwalt D.___, die vom Gericht unterbreitete Vereinbarung anzunehmen, berechtigt war und die Beschwerdeführerinnen ihrem Vertreter anfänglich lediglich aus subjektiven Gründen das Vertrauen absprachen. Es gelang dem Genannten indes nicht, die Vorbehalte der Kindsmutter gegenüber der Vereinbarung auszuräumen, so dass jene eine andere Rechtsvertretung aufsuchte. Insbesondere aber erfolgte die Empfehlung zur Annahme der Vereinbarung insofern mit einem gewissen Druck, als der unentgeltliche Rechtsvertreter der Kindsmutter anfangs Februar 2023 mitteilte, dass er bei Nichtunterzeichnung der Vereinbarung keine Basis mehr für eine erfolgreiche Zusammenarbeit sehe bzw. sie dann nicht mehr länger vertrete (RG act. 9 [Rz. 14] sowie RG act. IV/16 [115-21-4]). Nach Ablehnung der Vereinbarung durch die Kindsmutter ersuchte Rechtsanwalt D.___ denn auch am 14. Februar 2023 mit dem Hinweis auf ein komplett zerstörtes Vertrauensverhältnis um Entlassung aus seinem Mandat (RG act. 8). Am 6. März 2023 erfolgte das Gesuch der Beschwerdeführerinnen um Wechsel des unentgeltlichen Rechtsbeistands, ebenfalls unter Berufung auf ein unwiderruflich beschädigtes Vertrauensverhältnis (RG act. 9). Es liegt somit ein erheblicher Vertrauensverlust auf beiden Seiten vor, der über das subjektive Empfinden einer Partei und über blosse Unstimmigkeiten zwischen Anwalt und Mandant hinausgeht. Ausser Frage steht sodann, dass dem Vertrauensverhältnis zwischen Mandant und Anwalt in einer familienrechtlichen Angelegenheit, wie sie hier vorliegt – es geht unter anderem darum, das Besuchsrecht für ein unmündiges Kind zu regeln –, besonderes Gewicht zukommt. In Anbetracht dieser Umstände macht es nicht nur wenig Sinn, das Mandatsverhältnis weiterzuführen, sondern es ist schlichtweg nicht vorstellbar, wie eine konstruktive Zusammenarbeit bewerkstelligt werden soll und der unentgeltliche Rechtsbeistand die Interessen der Beschwerdeführerinnen im Hauptverfahren noch hinreichend engagiert und effizient wahren könnte. Ist eine sachgemässe Vertretung durch den bisherigen Rechtsanwalt folglich aus objektiven Gründen nicht mehr gewährleistet, sind die Voraussetzungen für eine Auswechslung erfüllt. Eine solche rechtfertigt sich vorliegend auch vor dem Hintergrund, dass es sich um den erstmaligen Wechsel des Rechtsbeistands handelt und Rechtsanwältin Barandun ausserdem von Anfang an zugesichert hat, dass aufgrund des Anwaltswechsels keine Mehrkosten entstehen (RG act. IV./16 [115-21-4]; RG act. 9 Rz. 30; act. A.1 S. 4), worauf sie zu behaften ist.
3. Fazit
Der Entscheid der Vorinstanz vom 15. März 2023 erweist sich aus den vorstehend genannten Gründen als unangemessen und ist in Gutheissung der Beschwerde aufzuheben. Die Vorinstanz wird angewiesen, RA lic. iur. D.___ aus dem Mandat als unentgeltlicher Rechtsbeistand von A.___ und B.___ zu entlassen und RA lic. iur. Nicole Barandun als neue unentgeltliche Rechtsvertreterin der Genannten einzusetzen.
4. Kosten
4.1. Art. 119 Abs. 6 ZPO, wonach ausser bei Bös- und Mutwilligkeit im Verfahren um die unentgeltliche Rechtspflege keine Gerichtskosten erhoben werden, bezieht sich nur auf das Gesuchsverfahren vor erster zweiter Instanz, nicht aber auf das Beschwerdeverfahren (BGE 140 III 501 E. 4.3.2 m.H.a. BGE 137 III 470 E. 6). Für das vorliegende Verfahren sind daher Kosten zu erheben, wobei diese gestützt auf Art. 10 Abs. 1 VGZ (BR 320.210) auf CHF 1'000.00 festgesetzt werden.
4.2. Gemäss Art. 106 Abs. 1 ZPO werden die Prozesskosten der unterliegenden Partei auferlegt. Hat keine Partei vollständig obsiegt, werden die Prozesskosten nach dem Ausgang des Verfahrens verteilt (Art. 106 Abs. 2 ZPO). Der Grundsatz von Art. 106 ZPO gilt auch im Rechtsmittelverfahren (Adrian Urwyler/Myriam Grütter, in: Brunner/Gasser/Schwander [Hrsg.], Schweizerische Zivilprozessordnung, Kommentar, 2. Aufl., Zürich 2016, N 5 zu Art. 106 ZPO). Vorliegend dringen die Beschwerdeführerinnen mit ihrer Beschwerde durch und obsiegen somit vollständig, weshalb die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu Lasten des Kantons Graubünden gehen.
4.3. Bei diesem Verfahrensausgang hat der Kanton Graubünden die Beschwerdeführerinnen für die Kosten ihrer Rechtsvertretung zu entschädigen (vgl. BGE 140 III 501 E. 4.3; Wuffli/Fuhrer, a.a.O., Rz. 1012). Eine Honorarnote ihrer Rechtsvertreterin liegt nicht vor, so dass die Parteientschädigung nach gerichtlichem Ermessen festgesetzt wird (Art. 2 Abs. 1 HV [BR 310.250]). Angesichts der sich stellenden Sach- und Rechtsfragen sowie unter Berücksichtigung des für die eingereichten Rechtsschriften mutmasslich notwendigen Aufwands erscheint, ausgehend von einem mittleren Stundenansatz von CHF 240.00 (vgl. Art. 3 Abs. 1 HV), eine Entschädigung von CHF 1'200.00 inklusive 3 % Spesen und 7.7 % Mehrwertsteuer als angemessen.
Demnach wird erkannt:
1. Die Beschwerde wird gutgeheissen und der Entscheid des Einzelrichters in Zivilsachen am Regionalgericht Prättigau/Davos vom 15. März 2023 wird aufgehoben.
2. Der Einzelrichter in Zivilsachen am Regionalgericht Prättigau/Davos wird angewiesen, RA lic. iur. D.___ aus dem Mandat als unentgeltlicher Rechtsbeistand von A.___ und B.___ zu entlassen und RA lic. iur. Nicole Barandun als neue unentgeltliche Rechtsvertreterin von A.___ und B.___ einzusetzen.
3. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens in der Höhe von CHF 1'000.00 gehen zu Lasten des Kantons Graubünden.
4. Der Kanton Graubünden hat A.___ und B.___ für das Beschwerdeverfahren eine Parteientschädigung von CHF 1'200.00 (inklusive Spesen und Mehrwertsteuer) zu leisten.
5. Gegen diese Entscheidung kann gemäss Art. 72 BGG Beschwerde in Zivilsachen an das Schweizerische Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, geführt werden. Die Beschwerde ist dem Bundesgericht schriftlich, innert 30 Tagen seit Eröffnung der vollständigen Ausfertigung der Entscheidung in der gemäss Art. 42 f. BGG vorgeschriebenen Weise einzureichen. Für die Zulässigkeit, die Beschwerdelegitimation, die weiteren Voraussetzungen und das Verfahren der Beschwerde gelten die Art. 29 ff., 72 ff. und Art. 90 ff. BGG.
6. Mitteilung an: