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Urteil Kantonsgericht (GR)

Zusammenfassung des Urteils ZK1 2023 37: Kantonsgericht

Die Direction de la police und des affaires militaires du canton de Berne hat den Recours von A.________ gegen die Ablehnung einer bedingten Entlassung abgewiesen. A.________ wurde von Me B.________ vertreten und war der Verlierer des Verfahrens. Die Gerichtskosten betrugen CHF 800.00. Es handelt sich um eine männliche Person.

Urteilsdetails des Kantongerichts ZK1 2023 37

Kanton:GR
Fallnummer:ZK1 2023 37
Instanz:Kantonsgericht
Abteilung:
Kantonsgericht Entscheid ZK1 2023 37 vom 11.05.2023 (GR)
Datum:11.05.2023
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:Anordnung Kindesvertretung
Schlagwörter : Kindes; Verfahren; Kinder; Recht; Kindesvertretung; Verfahrens; Anordnung; Schul; Vertretung; Entscheid; Eltern; Verfügung; Kindesschutz; Gericht; Kanton; EGzZGB; Interessen; Person; Ermessen; Rechtsanwältin; Claudia; Keller; Graubünden; Rechtsmittel; Vorinstanz; Sachverhalt; Rüge; Sorge
Rechtsnorm:Art. 106 ZPO ;Art. 299 ZPO ;Art. 304 ZGB ;Art. 314 ZGB ;Art. 316 ZPO ;Art. 446 ZGB ;Art. 450 ZGB ;Art. 450a ZGB ;Art. 450f ZGB ;Art. 6 KG ;Art. 72 BGG ;Art. 93 BGG ;
Referenz BGE:133 II 35; 135 II 384; 142 III 153;
Kommentar:
Kurt Affolter-Fringeli, Urs Vogel, Hausheer, Berner Zivilgesetzbuch, Art. 296; Art. 314 ZGB, 2016

Entscheid des Kantongerichts ZK1 2023 37

Entscheid vom 11. Mai 2023
Referenz ZK1 23 37
Instanz I. Zivilkammer
Besetzung Cavegn, Vorsitzender
Michael Dürst und Bergamin
Mosele, Aktuarin
Parteien A.1.___ und A.2.___
Beschwerdeführer
gegen
B.___
Beschwerdegegnerin
vertreten durch Rechtsanwältin lic. iur. Claudia Keller
Bahnhofstrasse 9, 8580 Amriswil

C.___
Beschwerdegegnerin
vertreten durch Rechtsanwältin lic. iur. Claudia Keller
Bahnhofstrasse 9, 8580 Amriswil

D.___
Beschwerdegegnerin
vertreten durch Rechtsanwältin lic. iur. Claudia Keller
Bahnhofstrasse 9, 8580 Amriswil
Gegenstand Anordnung Kindesvertretung
Anfechtungsobj. Verfahrensleitende Verfügung Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde Graubünden, Zweigstelle E.___ vom 07.02.2023, mitgeteilt am 07.02.2023
Mitteilung 11. Mai 2023


Sachverhalt
A. B.___, geb. am ___, D.___, geb. am ___, und C.___, geb. am ___, sind die Kinder der Ehegatten A.2.___ und A.1.___.
B. Am 12. September 2022 ging bei der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde Graubünden, Zweigstelle E.___ (fortan KESB), schriftlich eine Gefährdungsmeldung der Schule F.___ ein, wonach D.___ und B.___ unentschuldigt von der Schule fernblieben. Darauf eröffnete die KESB ein Abklärungsverfahren.
C. Mit verfahrensleitender Verfügung vom 7. Februar 2023 ordnete die KESB für die Kinder B.___, D.___ und C.___ eine Verfahrensvertretung für das Verfahren betreffend Massnahmen im Kindesschutz an und ernannte Rechtsanwältin Claudia Keller als Verfahrensvertretung.
D. Am 18. Februar 2023 erhoben A.2.___ und A.1.___ (fortan Beschwerdeführer) dagegen Beschwerde und beantragten sinngemäss die Aufhebung der Verfügung vom 7. Februar 2023.
E. Mit Stellungnahme vom 1. März 2023 (Poststempel) beantragte die KESB die kostenfällige Abweisung der Beschwerde.
F. Mit Stellungnahme vom 6. März 2023 (Poststempel) stellte Rechtsanwältin Claudia Keller im Namen der Kinder den Antrag, es sei die verfahrensleitende Verfügung betreffend Anordnung einer Verfahrensvertretung der KESB vom 7. Februar 2023 zu schützen.
G. Die vorinstanzlichen Akten wurden beigezogen und das Verfahren erweist sich als spruchreif. Auf die Ausführungen in den Rechtsschriften sowie auf die Verfahrensakten wird, soweit erforderlich, in den nachstehenden Erwägungen eingegangen.
Erwägungen
1. Eintretensvoraussetzungen
1.1. Anfechtungsobjekt ist die verfahrensleitende Verfügung der KESB vom 7. Februar 2023, mit welcher eine Verfahrensvertretung für die Kinder der Beschwerdeführer im Verfahren betreffend Massnahmen im Kindesschutz angeordnet und in der Person von Rechtsanwältin Claudia Keller ernannt wurde. Gemäss Art. 314 Abs. 1 ZGB sind die Bestimmungen über das Verfahren vor der Erwachsenenschutzbehörde im Kindesschutzverfahren sinngemäss anwendbar. Gegen Entscheide der Kindesschutzbehörde kann somit beim zuständigen Gericht gestützt auf Art. 314 Abs. 1 ZGB in Verbindung mit Art. 450 Abs. 1 ZGB Beschwerde erhoben werden. Nach Art. 60 Abs. 1 EGzZGB (BR 210.100) ist das Kantonsgericht von Graubünden die einzige kantonale Beschwerdeinstanz. Innerhalb des Kantonsgerichts liegt die Zuständigkeit gemäss Art. 6 KGV (BR 173.100) bei der I. Zivilkammer.
1.2. Der angefochtene Entscheid datiert vom 7. Februar 2023, welcher frühestens am 8. Februar 2023 bei den Beschwerdeführern eingegangen ist. Mit schriftlicher Eingabe vom 18. Februar 2023 (Poststempel) haben die Beschwerdeführer ihre Beschwerde innert der gesetzlichen Frist von zehn Tagen gemäss Art. 60 Abs. 2 EGzZGB begründet beim Kantonsgericht eingereicht. Die Beschwerde wurde somit form- und fristgerecht erhoben.
1.3. Zur Beschwerde legitimiert sind nach Art. 450 Abs. 2 Ziff. 1 ZGB die am Verfahren beteiligten Personen. Am Verfahren beteiligt sind neben den von der Anordnung der KESB direkt betroffenen Personen auch alle weiteren Personen, die sich am erstinstanzlichen Verfahren vor der KESB tatsächlich beteiligt haben denen mindestens der Entscheid zugestellt wurde. Im Bereich des Kindesschutzes können nebst den Kindern auch deren Eltern betroffene Personen sein (Hermann Schmid, Erwachsenenschutz Kommentar, Zürich/St. Gallen 2010, N 20 f. zu Art. 450 ZGB; Lorenz Droese, in: Geiser/Fountoulakis [Hrsg.], Basler Kommentar, Zivilgesetzbuch I, 7. Aufl., Basel 2022, N 29 f. zu Art. 450 ZGB). Vorliegend treten die Eltern als Beschwerdeführer auf. Sie sind durch den angefochtenen Entscheid im Grundsatz betroffen und daher als Verfahrensbeteiligte im Sinne von Art. 450 Abs. 2 Ziff. 1 ZGB beschwerdelegitimiert.
2. Verfahrensbestimmungen
2.1. Für das Verfahren vor der gerichtlichen Beschwerdeinstanz gelten primär die bundesrechtlichen Verfahrensbestimmungen des ZGB (Art. 450 ff. i.V.m. Art. 314 Abs. 1 ZGB) und subsidiär die vom Kanton erlassenen Verfahrensbestimmungen. Sofern weder das ZGB noch das EGzZGB eine Regelung enthalten, ist die ZPO sinngemäss anwendbar, soweit die Kantone nichts anderes bestimmen (Art. 450f ZGB). Gemäss Art. 60 Abs. 5 EGzZGB gelten neben den kantonalen Ausführungsbestimmungen die Regelungen für die zivilprozessuale Berufung sinngemäss, soweit das übergeordnete Recht nichts anderes vorsieht. Demnach kann die Rechtsmittelinstanz gemäss Art. 316 Abs. 1 ZPO aufgrund der Akten und ohne Durchführung einer mündlichen Hauptverhandlung entscheiden.
2.2. Zu beachten sind im Verfahren vor der gerichtlichen Beschwerdeinstanz die allgemeinen Verfahrensgrundsätze des erstinstanzlichen Verfahrens (Art. 443 ff. ZGB i.V.m. Art. 314 Abs. 1 ZGB), soweit das Gesetz in den Art. 450 ff. ZGB keine abweichenden Vorschriften enthält. Dies gilt namentlich für die in Art. 446 ZGB verankerte uneingeschränkte Untersuchungs- und Offizialmaxime und das an gleicher Stelle festgeschriebene Prinzip der Rechtsanwendung von Amtes wegen. Der Anwendungsbereich dieser zentralen Verfahrensgrundsätze bezieht sich auf sämtliche Verfahren vor der Kindesschutzbehörde und erstreckt sich nach dem Grundsatz der Einheit des Prozesses auch auf die Verfahren vor der gerichtlichen Beschwerdeinstanz (Luca Maranta, in: Geiser/Fountoulakis [Hrsg.], Basler Kommentar, Zivilgesetzbuch I, 7. Aufl., Basel 2022, N 40 zu Art. 446 ZGB).
3. Rügegründe
3.1. Mit Beschwerde können gemäss Art. 450a Abs. 1 ZGB Rechtsverletzungen (Ziff. 1), die unrichtige unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts (Ziff. 2) und Unangemessenheit (Ziff. 3) gerügt werden. Die Beschwerde ist ein vollkommenes Rechtsmittel, womit der angefochtene Entscheid in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht umfassend überprüft werden kann (Schmid, a.a.O., N 1 zu Art. 450a ZGB).
3.2. Der Begriff der Rechtsverletzung umfasst jede unrichtige Anwendung und Auslegung des eidgenössischen kantonalen Rechts sowie falsche Anwendung Nichtanwendung ausländischen Rechts. Gegenstand der Rechtskontrolle ist auch die Prüfung, ob die Schranken des Ermessens eingehalten sind, und die Prüfung der Verhältnismässigkeit (Droese, a.a.O., N 10 f. zu Art. 450a ZGB m.w.H.; Schmid, a.a.O., N 3 zu Art. 450a ZGB).
3.3. Die Rüge der unrichtigen unvollständigen Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts erlaubt eine umfassende Überprüfung des Sachverhalts, ohne auf die Willkürrüge beschränkt zu sein. Im Vordergrund stehen Rügen von aktenwidrigen Feststellungen. Beruht eine tatsächliche Feststellung auf unrichtiger Rechtsanwendung, kommt der Rügegrund der Rechtsverletzung zur Anwendung (Droese, a.a.O., N 12 f. zu Art. 450a ZGB).
3.4. Die Rüge der Unangemessenheit gemäss Art. 450a Abs. 1 Ziff. 3 ZGB ermöglicht es der gerichtlichen Beschwerdeinstanz, die Handhabung des Ermessens durch die Vorinstanz vollumfänglich zu überprüfen. Sie kann gegebenenfalls auch einfache Ermessensfehler, d.h. dem Einzelfall nicht genügend angepasste, unbefriedigende Entscheidungen, die nicht schlechthin unhaltbar und deshalb nicht willkürlich sein müssen, korrigieren. Die gerichtliche Beschwerdeinstanz nimmt dabei eine Ermessenskontrolle innerhalb der rechtlichen Ermessensgrenzen vor. Darunter fällt auch die Beurteilung der Zweckmässigkeit der Angemessenheit der angefochtenen Anordnung, d.h. die Angemessenheitskontrolle (Droese, a.a.O., N 14 zu Art. 450a ZGB). Indessen dürfen sich bei der Überprüfung unbestimmter Rechtsbegriffe auch die kantonalen Rechtsmittelinstanzen, soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt, zurückhalten (BGE 135 II 384 E. 3.4.2). So hat auch eine Rechtsmittelbehörde, der volle Kognition zusteht, in Ermessensfragen einen Entscheidungsspielraum der Vorinstanz zu respektieren. Wenn es um die Beurteilung technischer wirtschaftlicher Spezialfragen geht, in denen die Vorinstanz über ein besonderes Fachwissen verfügt, kann den Rechtsmittelinstanzen zugebilligt werden, nicht ohne Not von der Auffassung der Vorinstanz abzuweichen, wobei das allerdings dort nicht gilt, wo von der Rechtsmittelinstanz verlangt werden kann, über vergleichbare Fachkenntnisse wie die Vorinstanz zu verfügen (BGE 133 II 35 E. 3; Droese, a.a.O., N 19 zu Art. 450a ZGB).
Aus Gesagtem erhellt, dass sich das Kantonsgericht von Graubünden bei der Angemessenheitsprüfung der angefochtenen Verfügung aufgrund des spezifischen Fachwissens sowie der umfassenden Sachverhaltskenntnis der KESB grundsätzlich in Zurückhaltung übt. Allerdings gilt das nicht unbeschränkt, ist es doch gerade Sinn und Zweck der Beschwerde gegen Entscheide der KESB, dass der Rechtsmittelinstanz volle Kognition zukommt und somit auch die Rüge der Unangemessenheit erhoben werden kann (vgl. Art. 450a Abs. 1 ZGB).
4. Anordnung Kindesvertretung
4.1.1. Die Beschwerdeführer rügen mit Beschwerde vom 18. Februar 2023 im Wesentlichen, die Anordnung einer Kindsvertretung für ihre Kinder verstosse gegen ihre Rechte, und berufen sich auf diverse Verfassungs- und Gesetzesbestimmungen (act. A.1). Vorwegzunehmen ist, dass es sich vorliegend beim Anfechtungsobjekt um eine verfahrensleitende Verfügung betreffend die Anordnung einer Kindesvertretung handelt. Insbesondere auf die Vorwürfe der Beschwerdeführer gegenüber Mitgliedern der KESB, sie hätten den Kindern keine Nothilfe geleistet und seien pflichtwidrig untätig geblieben (act. A.1 S. 21 ff.), kann daher nicht eingetreten werden. Weiter sind die Beschwerdeführer darauf hinzuweisen, dass vorliegend kein Entscheid über einen (teilweise) Entzug der elterlichen Sorge der Obhut gefällt worden ist, womit auch auf diesbezügliche Ausführungen in der Beschwerde (vgl. act. A.1 S. 9 und S. 11) nicht einzugehen ist. Was die Anordnung einer Kindesvertretung anbelangt, machen die Beschwerdeführer insbesondere geltend, gemäss Zivilgesetzbuch ordne die KESB wenn nötig eine Vertretung an, wenn die Unterbringung des Kindes Gegenstand des Verfahrens sei, die Beteiligten bezüglich der Regelung der elterlichen Sorge bezüglich wichtiger Fragen des persönlichen Verkehrs unterschiedliche Anträge stellten. Da sie das Sorgerecht für ihre Kinder hätten, bestimmten sie den Aufenthaltsort ihrer Kinder. Weiter dürfe ein Beistand eine Vertretung nur dann von der KESB angeordnet werden, wenn die Eltern am Handeln verhindert seien das Handeln der Eltern den Interessen der Kinder widersprächen (act. A.1 S. 10). Die KESB dürfe eine Vertretung nur gegen den Willen der Beschwerdeführer anordnen, wenn sie sich einer strafbaren Handlung schuldig gemacht hätten. Von ihrer Seite her sei keine Gesetzesübertretung begangen worden (act. A.1 S. 12 f.). Zudem müsse die KESB begründen, weshalb eine Vertretung angeordnet werde. Aus der verfahrensleitenden Verfügung sei jedoch kein Grund ersichtlich (act. A.1 S. 8 und S. 10).
4.1.2. In der angefochtenen verfahrensleitenden Verfügung vom 7. Februar 2023 führte die KESB aus, der Hausarzt Dr. med. G.___, welcher für die Kinder eine Schuldispens bis zum 31. Oktober 2022 aufgrund grosser psychischer Belastung vor dem Hintergrund einer für die Kinder unhaltbaren Schulsituation ausgestellt habe, habe eine Zuweisung an einen Spezialisten empfohlen und die Kinder- und Jugendpsychiatrie Graubünden als geeignete Anlaufstelle vorgeschlagen. Die Kinder hätten auf das Lernprogramm der Eltern im häuslichen Rahmen mit Apathie und Lethargie reagiert, womit es nicht habe durchgeführt werden können. Zusammen mit den zusätzlich beschriebenen Leiden der Kinder sei eine Unterstützung von aussen durch entsprechend geschulte Spezialisten bzw. eine psychotherapeutische Abklärung dringend notwendig. Demzufolge sei es angezeigt, die Schul- und Lernsituation der Kinder zu überprüfen und an deren aktuelle Bedürfnisse anzupassen. In diesem Zusammenhang seien wegweisende Entscheide zu fällen. Damit die Interessen der Kinder im laufenden Verfahren vor der KESB umfassend gewahrt würden, sei ihnen eine in fürsorgerischen und rechtlichen Fragen erfahrene Person im Sinne einer Kindesvertretung zur Seite zu stellen (KESB act. 43). Damit legte die Vorinstanz ihre Beweggründe für die Anordnung einer Kindesvertretung dar und es kann bereits an dieser Stelle festgehalten werden, dass sich die Rüge der Beschwerdeführer, es fehle eine Begründung der Verfügung (act. A.1 S. 8 und S. 10), als unzutreffend erweist.
In der Beschwerdeantwort vom 1. März 2023 wies die KESB darauf hin, dass sich im Zuge der Abklärungen betreffend Schulabsentismus gezeigt habe, dass die Reaktion sowie die Verhaltensweisen der erziehungsberechtigten Beschwerdeführer teilweise ausserhalb der Norm lägen. Auch seien die Wahrnehmungen und die Argumentationen der Eltern für die Beteiligten (Lehrerschaft, Schulbehörden, KESB und Ärzte) nicht immer nachvollziehbar. Den involvierten Fachpersonen wie auch der KESB sei es bis anhin nicht gelungen, die Beschwerdeführer dazu zu bringen, einen allfälligen belastenden psychischen Gesundheitszustand ihrer Kinder abklären zu lassen. Die psychischen Belastungen der Kinder würden zwar von den Eltern wahrgenommen und aufgefangen. Deren Lösungsansätze sowie Konzepte schienen jedoch kaum zu greifen. Deshalb ziehe die KESB in Erwägung, die psychischen sozialen Belastungen der Kinder sowie der Beschwerdeführer fachlich abklären zu lassen, um daraus für die aktuelle Situation der Kinder neue Lösungsansätze zu gewinnen. Mit der Einsetzung einer Kindesvertreterin wolle die KESB den Kindern während und nach dem fachlichen Abklärungsverfahren eine Stimme geben, um deren subjektiven Bedürfnisse wie auch Sichtweisen angemessen und altersentsprechend aufzunehmen und wiederzugeben. Auch sollten ihre prozessualen Rechte gewahrt werden (act. A.2 S. 2).
4.2.1. Gemäss Art. 314abis Abs. 1 ZGB ordnet die Kindesschutzbehörde wenn nötig die Vertretung des Kindes an und bezeichnet als Beistand eine in fürsorgerischen und rechtlichen Fragen erfahrene Person. Der im Bereich des Kindesschutzes anwendbare Art. 314abis ZGB entspricht dem in gerichtlichen Verfahren zur Anwendung gelangenden Art. 299 ZPO. Beide Normen auferlegen der Behörde bzw. dem Gericht die Pflicht, von Amtes wegen zu prüfen, ob dem Kind als Vertretung in Form eines Beistands eine in fürsorgerischen und rechtlichen Fragen erfahrene Person zur Seite zu stellen ist. Sowohl Art. 314abis Abs. 1 ZGB als auch Art. 299 Abs. 1 ZPO halten fest, dass das Gericht wenn nötig eine Vertretung des Kindes anordnet. Gemäss Art. 314abis Abs. 2 ZGB prüft die Behörde bzw. das Gericht die Anordnung der Vertretung insbesondere, wenn die Unterbringung des Kindes Gegenstand des Verfahrens ist (Ziff. 1) wenn die Beteiligten bezüglich der Regelung der elterlichen Sorge bezüglich wichtiger Fragen des persönlichen Verkehrs unterschiedliche Anträge stellen (Ziff. 2). Doch selbst in den Fällen von Art. 314abis Abs. 2 ZGB bzw. Art. 299 Abs. 2 ZPO hat das Gericht weder automatisch einen Kindesvertreter zu bezeichnen noch ist es verpflichtet, hierüber eine formelle Entscheidung zu treffen; vielmehr handelt es sich um eine Möglichkeit, die im Ermessen des Gerichts liegt (BGer 5A_232/2016 v. 6.6.2016 E. 4 mit Hinweisen; zum Ganzen PKG 2017 Nr. 12).
4.2.2. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer (act. A.1 S. 10) ist die Anordnung einer Kindesvertretung gemäss Art. 314abis ZGB nicht nur dann vorgesehen, wenn die Unterbringung des Kindes Gegenstand des Verfahrens ist in Bezug auf die Regelung der elterlichen Sorge des persönlichen Verkehrs unterschiedliche Anträge gestellt werden. In den explizit genannten Fällen besteht hingegen eine Prüfpflicht. Eine Vertretung ist aber immer dann anzuordnen, wenn sich eine solche als nötig erweist.
4.2.3. Eine Vertretung im Sinne von Art. 314abis ZGB ist im kindesschutzrechtlichen Kontext nötig, wenn die betroffene Person weder in der Lage ist, ihre Interessen selber wahrzunehmen, noch selber eine Vertretung zu bestellen (Peter Breitschmid, in: Geiser/Fountoulakis [Hrsg.], Basler Kommentar, Zivilgesetzbuch I, 7. Aufl., Basel 2022, N 5 und N 7 zu Art. 314a/314abis ZGB). Urteilsfähigen Kindern wird Parteistellung im Verfahren vor der Kindesschutzbehörde zugestanden. Wenn das urteilsfähige Kind für die Wahrnehmung seiner Interessen auf einen Beistand angewiesen ist, muss ihm eine unabhängige Verfahrensvertretung beigegeben werden. Urteilsunfähige Kinder können ihre Interessen dagegen nicht selbständig wahrnehmen und werden grundsätzlich von ihren Eltern vertreten (vgl. Art. 304 Abs. 1 ZGB). Sind die Eltern, insbesondere wegen Interessenkollision, nicht in der Lage, die Interessen ihres Kindes adäquat wahrzunehmen, muss eine unabhängige Kindesvertretung eingesetzt werden. In den gesetzlich genannten Fallgruppen, in welchen eine Prüfungspflicht besteht, sollte nur ausnahmsweise auf die Anordnung einer Kindesvertretung verzichtet werden (vgl. Michelle Cottier, in: Büchler et al. [Hrsg.], Fam-Kommentar Erwachsenenschutz, Bern 2013, N 4 f. zu Art. 314abis ZGB; zum Ganzen PKG 2019 Nr. 6 E. 1.5.4).
4.2.4. Die Beurteilung der Notwendigkeit einer Kindesvertretung erfolgt nach einem objektiven Massstab in Würdigung der gesamten Umstände nach Recht und Billigkeit. Richtlinie bildet das Kindeswohl und in verfahrensrechtlicher Hinsicht die Untersuchungsmaxime. Je nach Konstellation des Einzelfalls ist insbesondere bei besonders strittigen Fragen und bei sogenannter qualifizierter Kooperationsunfähigkeit die Anordnung der Kindesvertretung zu prüfen. Die Einsetzung einer Verfahrensvertretung findet ihre Grenzen dort, wo das urteilsfähige Kind sich ausdrücklich gegen eine Vertretung stellt und die gegenteilige Anordnung der Behörde bzw. des Gerichts eine unzulässige Vertretungsanmassung darstellen würde (Kurt Affolter-Fringeli/Urs Vogel, in: Hausheer/Walter [Hrsg.], Berner Kommentar, Zivilgesetzbuch, Die elterliche Sorge/Der Kindesschutz, Art. 296-317 ZGB, Bern 2016, N 23 f. zu Art. 314abis ZGB). Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung steht die Anordnung einer Kindesvertretung im Ermessen des Gerichts bzw. der KESB (BGer 5A_400/2015 v. 25.2.2016 E. 2.3).
4.2.5. Die Kindesvertretung hat verschiedene Aspekte, welchen je nach Alter des Kindes und Situation des Einzelfalls unterschiedliche Gewichtung zukommt. Das Mandat der Kindesvertretung bezieht sich zunächst auf die Abklärung des Sachverhalts. Aufgabe der Kindesvertretung ist es, den einschlägigen Prozessstoff im Hinblick auf die in Frage stehende Rechtsanwendung zu sammeln, zu sichten und aus Sicht des Kindesinteresses einzuordnen. Sie muss sich ein umfassendes, elternunabhängiges und neutrales Bild von der konkreten Situation (örtlich, häuslich, schulisch, Interaktion zwischen Kind und Eltern sowie Geschwistern etc.) machen und dieses dem Gericht bzw. der Behörde zur Kenntnis bringen. Ein weiterer Teilgehalt besteht darin, dass die Vertretung den Willen des Kindes gegenüber der Behörde bzw. dem Gericht zum Ausdruck bringt. Der Verfahrensbeistand begleitet das Kind durch den Prozess. Auch mit Blick auf die für die Anordnung massgeblichen Anlasssituationen hat die Kindesvertretung eine 'Übersetzungs-' und Vermittlungsfunktion wahrzunehmen (BGE 142 III 153 E. 5.2.3; BGer 5A_400/2015 v. 25.2.2016 E. 2.3). Es ist Aufgabe der Kindesvertretung, das objektive Kindeswohl zu ermitteln und zu dessen Verwirklichung beizutragen; sie hat sich nicht an einem subjektiven Kindesinteresse auszurichten. Eine im eigentlichen Sinn anwaltliche, auf den subjektiven Standpunkt des Vertretenen fokussierte Tätigkeit ist nicht angezeigt (BGE 142 III 153 E. 5.2.1 f.). Der zur Kindesvertretung ernannte Beistand kann Anträge stellen und Rechtsmittel einlegen (Art. 314abis Abs. 3 ZGB).
4.3.1. Aufgrund des Ausgeführten erhellt, dass die KESB – entgegen der Vorbringen der Beschwerdeführer (act. A.1 S. 12 f.) – eine Kindesvertretung nicht nur gegen den Willen der Eltern anordnen kann, wenn eine strafbare Handlung vorliegt. Soweit die Beschwerdeführer weiter geltend machen, sie seien nicht gefragt worden, ob sie mit einer Kindesvertretung einverstanden seien (act. A.1 S. 9), und damit sinngemäss die Verletzung des rechtlichen Gehörs rügen, erweist sich die Beschwerde als unbegründet. Mit Schreiben vom 23. Januar 2023 wurden die Beschwerdeführer von der KESB darüber in Kenntnis gesetzt, dass diese die Anordnung einer Verfahrensbeistandschaft für die Kinder prüfe und dafür Rechtsanwältin Claudia Keller vorsehe. Den Beschwerdeführern wurde eine Frist bis am 3. Februar 2023 zur Stellungnahme eingeräumt (KESB act. 39). Eine solche findet sich nicht bei den Akten, womit sich die Beschwerdeführer innert Frist nicht haben vernehmen lassen – was sie im Übrigen auch nicht geltend machen. Insofern ist keine Verletzung des rechtlichen Gehörs durch die Vorinstanz ersichtlich.
4.3.2. Die Kinder B.___, D.___ und C.___ wurden im Rahmen der Anhörung vom 7. November 2022 (KESB act. 22) weder gefragt, ob sie sich eine Kindesvertretung wünschen, noch haben sie sich gegen die Anordnung einer solchen ausgesprochen. Deswegen kann nicht schon zum Vornherein davon ausgegangen werden, dass sich die Kinder – ohne die Frage der Urteilsfähigkeit zu berücksichtigen bzw. zu prüfen – gegen eine Vertretung stellen würden.
4.3.3. Vorliegend geht es um die bestehende Schulabsenz der Kinder der Beschwerdeführer, C.___, D.___ und B.___, die Abklärung des Hintergrunds in Form psychischer und sozialer Belastungen sowie die Gewinnung von Lösungsansätzen. Die Mädchen bleiben seit dem 1. November 2022 ohne ärztliches Zeugnis dem Schulunterricht fern (KESB act. 37; act. B.2). Auf den Antrag der Beschwerdeführer auf Dispensation der Kinder vom Unterricht trat das Schulinspektorat E.___ mit Schreiben vom 25. Januar 2023 nicht ein (KESB act. 40 S. 2 f.). Aufgrund der Schulabsenz ohne ärztliches Zeugnis seit dem 1. November 2022 wurde C.___ mit Schreiben vom 13. März 2023 aus dem Gymnasium und Internat H.___ ausgeschlossen (act. E. 5) und wurde der Einspruch gegen den Schulausschluss mit Schreiben vom 6. April 2023 abgewiesen (act. E.4). Keines der Mädchen verfügt aktuell über einen Schulabschluss. Es ist der Vorinstanz zuzustimmen, dass für die Zukunft der Kinder wegweisende und schwerwiegende Entscheidungen zu fällen sind. Zusammen mit der von den Beschwerdeführern vorgebrachten psychischen Belastungen der Kinder in Form von u.a. Lethargie, Apathie und depressiven Verstimmungen, welche sich auch aus der Korrespondenz mit dem Hausarzt Dr. med. G.___ ergeben (act. B.2.; KESB act. 21), sind C.___, D.___ und B.___ – trotz ihres Alters von 15, 14 und 12 Jahren – nicht in der Lage, ihre Interessen in Bezug auf ihre weitere schulische Laufbahn vor den Behörden selbständig wahrzunehmen.
4.3.4. Aus den Akten – insbesondere aus der Beschwerdeschrift – geht hervor, dass die Beschwerdeführer sich in massiven Auseinandersetzungen mit den Schulbehörden F.___ (siehe insbesondere die 44-seitige Stellungnahme der Beschwerdeführer; KESB act. 9), dem Gymnasium des H.___, dem Schulinspektorat E.___ in Zusammenhang mit dem Antrag auf Dispensation vom Unterricht und Mitgliedern der KESB, welchen sie unterlassene Hilfeleistung und pflichtwidriges Untätigbleiben vorwerfen (vgl. act. A.1 S. 21 f.), befinden. Auch haben die Beschwerdeführer im Namen ihrer Kinder gegen die Primarlehrerin und gegen die Schulleiterin der Schule I.___ sowie gegen den Rektor des Gymnasiums H.___ Strafanzeige erstattet (vgl. KESB act. 41 Beilage). Zudem sind die Beschwerdeführer trotz dringender Empfehlung ihres Hausarztes Dr. med. G.___ nicht gewillt, ihre Kinder fachärztlich abklären zu lassen, sondern beharren auf die Einräumung eines Time-Outs für die Kinder ohne fachärztliche Begleitung und Unterstützung. Vor diesem Hintergrund erscheint eine adäquate und objektive Wahrung der Interessen der Kinder durch die Beschwerdeführer nicht als gewährleistet. Der Beizug einer Kindesvertretung, welche die Interessen der Kinder in objektiver Hinsicht vertritt, die Abklärung des Sachverhalts beinhaltet, 'Übersetzungs-' und Vermittlungsfunktion wahrnimmt und die Kinder durch die Verfahren begleitet, ist daher vorliegend angezeigt. Die Beschwerdeführer sind nochmals darauf hinzuweisen, dass die Anordnung einer Kindesvertretung – wie auch die von der KESB ernannte Kindesvertreterin, Rechtsanwältin Claudia Keller, in ihrer Stellungnahme vom 6. März 2023 zutreffend ausführt (act. A.3 Rz. 6) – nicht ihre elterliche Sorge einschränkt (vgl. Ausführungen unter 4.2.5.).
4.4. Fazit
Im Ergebnis kann festgehalten werden, dass sich die verfahrensleitende Verfügung der KESB vom 7. Februar 2023 betreffend die Anordnung einer Kindesvertretung für die Kinder der Beschwerdeführer als rechtmässig und angemessen erweist, womit die Beschwerde abzuweisen ist, soweit darauf eingetreten wird.
5. Kosten
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens setzen sich aus der Spruchgebühr sowie den Kosten der Kindesvertreterin zusammen (vgl. Art. 60 Abs. 5 EGzZGB i.V.m. Art. 95 Abs. 1 lit. a und Abs. 2 lit. e ZPO). Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden gestützt auf Art. 10 Abs. 1 VGZ (BR 320.210) auf CHF 1'500.00 festgesetzt. Die Kindesvertreterin hat keine Honorarnote eingereicht, weshalb ihre Entschädigung praxisgemäss nach Ermessen festzusetzen ist. Aufgrund der Eingabe vom 6. März 2023 scheint eine Entschädigung von CHF 500.00 inkl. Spesen und Mehrwertsteuer als angemessen.
Die Verteilung der Prozesskosten richtet sich gemäss Art. 60 Abs. 5 EGzZGB in Verbindung mit Art. 106 ZPO grundsätzlich nach Massgabe des Obsiegens und Unterliegens. Im Kindesschutzverfahren sind die Verfahrenskosten nach Art. 63 Abs. 2 EGzZGB von den Eltern, dem sorgeberechtigten dem unterhaltspflichtigen Elternteil zu tragen. Bei diesem Verfahrensausgang würden die Gerichtskosten grundsätzlich zu Lasten der Beschwerdeführer gehen (Art. 106 Abs. 1 ZPO i.V.m. Art. 60 Abs. 5 EGzZGB). Bei Vorliegen besonderer Umstände kann auf die Erhebung von Verfahrenskosten verzichtet werden, sofern das Verfahren nicht mutwillig trölerisch eingeleitet worden ist (Art. 63 Abs. 3 EGzZGB). Unter anderem ist ein besonderer Umstand dann gegeben, wenn das steuerrechtliche Reinvermögen der Eltern unter dem Freibetrag von CHF 50'000.00 liegt (Art. 28 Abs. 1 lit. b KESV). Gemäss schriftlicher Auskunft der Steuerverwaltung des Kantons Graubünden vom 26. April 2023 beträgt das steuerrechtliche Reinvermögen der Beschwerdeführer gestützt auf die definitive Veranlagung für das Jahr 2021 CHF 20'000.00, das steuerbare Einkommen Bund und Kanton CHF 52'000.00 bzw. CHF 25'400.00 (act. D.7). In Anwendung von Art. 63 Abs. 3 EGzZGB wird daher für das Beschwerdeverfahren auf eine Kostenauflage verzichtet. Damit verbleiben die Gerichtskosten beim Kanton Graubünden.


Demnach wird erkannt:
1. Die Beschwerde gegen die verfahrensleitende Verfügung der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde, Zweigstelle E.___, vom 7. Februar 2023 wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten wird.
2. Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens in der Höhe von insgesamt CHF 2'000.00 (CHF 1'500.00 Gerichtsgebühr und CHF 500.00 Kosten der Kindesvertreterin) verbleiben beim Kanton Graubünden (Kantonsgericht).
3. Gegen diesen selbständig eröffneten Zwischenentscheid kann unter den Voraussetzungen von Art. 93 BGG gemäss Art. 72 BGG Beschwerde in Zivilsachen an das Schweizerische Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, geführt werden. Die Beschwerde ist dem Bundesgericht schriftlich, innert 30 Tagen seit Eröffnung der vollständigen Ausfertigung der Entscheidung in der gemäss Art. 42 f. BGG vorgeschriebenen Weise einzureichen. Für die Zulässigkeit, die Beschwerdelegitimation, die weiteren Voraussetzungen und das Verfahren der Beschwerde gelten die Art. 29 ff., 72 ff. und Art. 90 ff. BGG.
4. Mitteilung an:
Quelle: https://www.findinfo-tc.vd.ch

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