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Urteil Kantonsgericht Graubünden (GR)

Zusammenfassung des Urteils ZF-06-62: Kantonsgericht Graubünden

Die Beschwerdeführerin A. und der Beschwerdegegner B. waren in einen Verkehrsunfall verwickelt. Die Staatsanwaltschaft stellte das Strafverfahren gegen den Beschwerdegegner ein, woraufhin die Beschwerdeführerin Beschwerde einreichte. Es ging um die Frage, ob der Beschwerdegegner fahrlässig gehandelt hatte, indem er mit alten Reifen unterwegs war. Das Gericht entschied, dass der Beschwerdegegner keine strafrechtliche Verantwortung trug, da er keine Hinweise auf das hohe Alter der Reifen hatte. Die Beschwerde wurde abgewiesen, und die Gerichtskosten wurden der Beschwerdeführerin auferlegt.

Urteilsdetails des Kantongerichts ZF-06-62

Kanton:GR
Fallnummer:ZF-06-62
Instanz:Kantonsgericht Graubünden
Abteilung:-
Kantonsgericht Graubünden Entscheid ZF-06-62 vom 21.11.2006 (GR)
Datum:21.11.2006
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Forderung aus Architektenvertrag (Anforderung an Berufungsanträge
Schlagwörter : Berufung; Urteil; Gericht; Berufungskläger; Verfahren; Urteils; Ziffer; Widerklage; Beklagten; Abänderung; Forderung; Rechtsbegehren; Dispositiv; Betrag; Gerichtskosten; Verfahrens; Imboden; Klägern; Sinne; Berufungsbegründung; Kanton; Berufungserklärung; Kantonsgericht; Entschädigungsfolge; Bezirksgericht
Rechtsnorm:Art. 122 ZPO ;Art. 128 ZPO ;Art. 157 ZPO ;Art. 218 ZPO ;Art. 219 ZPO ;Art. 223 ZPO ;Art. 224 ZPO ;Art. 246 ZPO ;Art. 335 ZPO ;Art. 39 ZPO ;Art. 62 ZPO ;
Referenz BGE:103 II 158; 116 II 215; 88 II 205; 96 I 697;
Kommentar:
-

Entscheid des Kantongerichts ZF-06-62

Kantonsgericht von Graubünden

Tribunale cantonale dei Grigioni

Dretgira chantunala dal Grischun
_____

Ref.:
Chur, 21. November 2006
Schriftlich mitgeteilt am:
ZF 06 62
Urteil
Zivilkammer
Vorsitz Präsident
Brunner
RichterInnen Rehli,
Sutter-Ambühl, Tomaschett-Murer und Vital
Aktuar Conrad
——————
In der zivilrechtlichen Berufung
des X. Q. und der Y. Q . - S . , Kläger und Berufungskläger, beide vertreten durch
Rechtsanwalt Dr. iur. Heinz Raschein, Obere Plessurstrasse 25, 7001 Chur,

gegen

das Kontumazurteil des Bezirksgerichts Imboden vom 16. Mai 2006, mitgeteilt am
06. Juli 2006, in Sachen der Kläger und Berufungskläger gegen A., Beklagter und
Berufungsbeklagter,
betreffend Forderung aus Architektenvertrag (Anforderung an Berufungsanträge,
Kostenund Entschädigungsfolge),
hat sich ergeben:



2


A1.
Mit schriftlichem SIA-Architektenvertrag vom 04. Oktober 1999 über-
nahm A., dipl. Architekt HTL, für X. Q. und Y. Q.-S. die Planung und Bauleitung
beim Ausund teilweisen Neubau von deren Hotel Ho. in Flims. Dies betraf insbe-
sondere den Ausbau einer Sauna-, Dampfbadund Wellnessanlage. Bald nach
Fertigstellung im Jahre 2001 traten erstmals Feuchtigkeitsschäden auf. Trotz Sa-
nierungsarbeiten wurden in den Jahren 2003 und 2004 abermals Wasserschäden
festgestellt.
2.
In einer beim Kreispräsidenten Trins am 25. Juni 2004 zur Vermitt-
lung angemeldeten Streitsache klagten die Eheleute X. Q. und Y. Q.-S. aus Archi-
tektenvertrag gegen A. auf Zahlung von Fr. 100'000.— nebst Zins zu 5 % seit dem
24. Juni 2004, wobei den Klägern für nachträglich auftretende Schäden ein Nach-
klagerecht einzuräumen beziehungsweise von einem solchen gerichtlich Vormerk
zu nehmen sei.
Der Beklagte stellte keine Rechtsbegehren, da er nicht zur Sühnverhand-
lung erschienen war.
2.
Gestützt auf den am 15. Dezember 2005 ausgestellten Leitschein
setzten X. und Y. Q. das Klageverfahren mit Prozesseingabe vom 20. Januar
2006 an das Bezirksgericht Imboden fort. Sie stellten folgende Rechtsbegehren:
"1. Der Beklagte sei zu verpflichten, der Klägerschaft Fr. 25'643.85 nebst
Zins zu 5 % seit dem 24. Juni 2004 zu bezahlen.
2. Der Klägerschaft sei für zusätzlich auftretende Schäden ein Nachklage-
recht einzuräumen beziehungsweise es sei von einem solchen gericht-
lich Vormerk zu nehmen.

3. Unter voller gerichtlicher und aussergerichtlicher Kostenund Entschä-
digungsfolge zuzüglich 7.6 % MWSt zulasten der Beklagtschaft unter
solidarischer Haftbarkeit."

3.
In seiner Prozessantwort vom 13. Februar 2006 beantragte A. die
Abweisung der Klage und erhob seinerseits Widerklage auf Zahlung eines restli-
chen Architektenhonorars in Höhe von Fr. 57'486.90 zuzüglich 5 % Zins seit dem
24. September 2001.
B.
In der Folge wurde der Beklagte wegen Nichtleistung des Kostenvor-
schusses kontumaziert. Nach Durchführung des Beweisverfahren und der mündli-
chen Hauptverhandlung vom 16. Mai 2006, zu welcher weder die Kläger noch der



3


Beklagte, noch für sie handelnde Rechtsvertreter erschienen waren, fällte das Be-
zirksgericht Imboden folgendes Kontumazurteil:
"1. Die Klage wird teilweise gutgeheissen und der Beklagte verpflichtet, der
Klägerschaft Fr. 2'619.95 nebst Zins zu 5 % seit 24. Juni 2004 zu be-
zahlen. Ein Nachklagevorbehalt wird nicht gewährt.

2.
Auf die Widerklage wird nicht eingetreten.
3. Dem Beklagten wird im Sinne von Art. 128 ZPO eine Wiederherstel-
lungsfrist von einem Monat angesetzt.
4.
Die Kosten des Bezirksgerichts Imboden, bestehend aus:
einer Gerichtsgebühr von
Fr.
1'800.00
einer Schreibgebühr von
Fr.
642.45
- Barauslagen von
Fr.
57.55
total somit
Fr.
2'500.00


gehen zu 910 Lasten der Klägerschaft und zu 110 Lasten des Beklag-
ten.


Ausseramtlich hat die Klägerschaft den Beklagten mit Fr. 750.00 (inkl.
7.6 % Mehrwertsteuer) zu entschädigen.

.".
C.1. Dagegen
liessen
X.
und Y. Q. am 24. August 2006 beim Bezirksge-
richtspräsidenten Imboden Berufung zu Handen des Kantonsgerichts einlegen, mit
den folgenden 3 Anträgen:
"1. In Abänderung von Dispositiv Ziff. 1 des angefochtenen Urteils sei der
Beklagte zu verpflichten, den Klägern einen nach richterlichem Ermes-
sen zu bestimmenden Betrag zu bezahlen.

2. In Abänderung beziehungsweise Aufhebung von Dispositiv Ziff. 4 des
angefochtenen Urteils seien dem Beklagten 70 % und den Klägern 30 %
der vorinstanzlichen Gerichtskosten aufzuerlegen.

3. Unter Kostenund Entschädigungsfolge für beide Instanzen zulasten
des Berufungsbeklagten."
2.
Die Vorinstanz verzichtete auf eine Vernehmlassung.
3. Mit
prozessleitender
Verfügung
vom 07. September 2006 wurde die
Durchführung des Berufungsverfahrens im schriftlichen Verfahren gemäss Art.
224 Abs. 2 ZPO angeordnet, worauf die Berufungskläger am 12. Oktober 2006
ihre schriftliche Berufungsbegründung erstatteten. Darin stellen sie die folgenden
2 Rechtsbegehren:



4


"1. In Abänderung von Dispositiv Ziff. 1 des angefochtenen Urteils sei der
Beklagte zu verpflichten, den Klägern einen nach richterlichem Ermes-
sen zu bestimmenden Betrag zu bezahlen.

2.
Unter Kostenund Entschädigungsfolge zulasten des Beklagten."
4.
A. blieb trotz Einräumung einer Nachfrist auch im Berufungsverfah-
ren mit der Leistung des Kostenvorschusses säumig und stellte auch kein Gesuch
um Bewilligung der unentgeltlichen Rechtspflege, so dass er androhungsgemäss
in Anwendung von Art. 39 Abs. 2 ZPO von der Beteiligung am Verfahren auszu-
schliessen beziehungsweise nicht zur Berufungsantwort einzuladen war.
Die Zivilkammer zieht in Erwägung :
1.
Soweit es sich um vermögensrechtliche Streitigkeiten im Sinne von
Art. 19 Ziff. 1 ZPO handelt, ist die Zulässigkeit der Berufung nach gefestigter Pra-
xis an die Voraussetzung eines Mindeststreitwerts geknüpft, wobei sich letzterer
aus den sachlichen Zuständigkeitsbestimmungen für das Bezirksgericht ergibt
(Art. 19 Ziff. 1 ZPO, vgl. auch Frank/Sträuli/Messmer, Kommentar zur zürcheri-
schen Zivilprozessordnung, 3. A. Zürich 1997, N 3 zu § 259). In vermögensrechtli-
chen Streitsachen bedeutet dies nichts anderes, als dass das gegensätzliche
Streitinteresse der Parteien gemäss Art. 19 Ziff. 1 ZPO im Urteilszeitpunkt der Vo-
rinstanz einen Fr. 8'000.— übersteigenden Wert aufweisen muss, damit die Streit-
sache berufungsfähig ist. Massgebend ist hierbei der im Zeitpunkt der Ausfällung
der angefochtenen Entscheidung noch vorhandene Streitwert, unter Abrechnung
der im Laufe des Verfahrens fallen gelassenen anerkannten Rechtsbegehren
(PKG 2000 Nr. 7 E. 1b, 1994 Nr. 15, 1973 Nr. 5; BGE 96 I 697 E. 1 zu Art. 246
und Art. 34 Ziff. 2 lit. a aZPO GR; Max Guldener, Schweizerisches Zivilprozess-
recht, 3. A., Bern 1979, S. 112 Fn 27; Frank/Sträuli/Messmer, a.a.O., N 3 zu § 18;
Leuch/Marbach/Kellerhals/Sterchi, Die Zivilprozessordnung für den Kanton Bern,
5. A. Bern 2000, N 2a zu Art. 335 ZPO e contrario (im Zeitpunkt der Beendigung
der erstinstanzlichen Verhandlungen); Vogel/Spühler, Grundriss des Zivilprozess-
rechts, 8. A., Bern 1992, 13 N 53 f.; BGE 103 II 158). Steht einer Forderungsklage
eine Widerklage gegenüber, ist laut Art. 218 Abs. 3 ZPO für die Berufungsfähigkeit
des Urteils der höhere der beiden Streitwerte massgebend. Auch diese Norm
macht die Massgeblichkeit des Streitwerts für die Berufungsfähigkeit im vorste-
hend dargelegten Sinne klar (so bereits PKG 1949 Nr. 3 zu Art. 245 der Zivilpro-
zessordnung vom 1. Januar 1908 (Gesetz über das Verfahren in bürgerlichen
Rechtssachen), PKG 1960 Nr. 2, 1962 Nr. 10 zu aArt. 246 ZPO, PKG 1993 Nr. 17,



5


2000 Nr. 7 E. 1 b). Der im Urteilszeitpunkt vor erster Instanz strittige Wert der Kla-
ge betrug Fr. 25'643.85, jener der (nicht materiell beurteilten) Widerklage Fr.
57'486.90 (Art. 51 Abs. 1 lit. a OG), sodass die Sache berufungsfähig ist. Was vor
Kantonsgericht als Rechtsmittelinstanz noch strittig ist, kann anhand des Rechts-
begehrens der Berufungskläger allerdings nicht genau beziffert werden (dazu vgl.
nachstehende Erwägung 2). Die Berufungserklärung vom 24. August 2006 gegen
das am 06. Juli 2006 mitgeteilte Urteil der Vorinstanz ist zeitig im Sinne von Art.
219 Abs. 1 ZPO (i.V.m. Art. 62 Abs. 1 ZPO). Sie richtet sich an den Bezirksge-
richtspräsidenten Plessur, welcher für die Einreichung zuständige Instanz ist. Aus
dieser Sicht stünde einem Eintreten auf die Berufung nichts entgegen.
2.a. Gemäss Art. 219 Abs. 1 ZPO hat die Berufung unter anderem die
formulierten Anträge auf Abänderung des erstinstanzlichen Urteils und der Beiur-
teile zu enthalten. Die Abänderungsanträge müssen in der Berufungserklärung
selbst enthalten sein. Wie das Kantonsgericht hierzu in PKG 1976 Nr. 9 bereits
unter der alten Zivilprozessordnung und in PKG 1995 Nr. 15 unter der neuen Zivil-
prozessordnung festgehalten hat, stellt diese Bestimmung nicht bloss eine Ord-
nungs-, sondern eine Gültigkeitsvorschrift dar. Es will damit ohne Zweifel gesagt
sein, dass nicht nur bloss Antrag auf Aufhebung des angefochtenen Urteils bezie-
hungsweise einzelner Dispositivpunkte davon zu stellen ist, sondern dass darüber
hinaus deutlich zum Ausdruck gebracht werden muss, um welche Teile es sich
handelt und vor allem in welchem Sinn die appellierende Partei die erstinstanzli-
che Entscheidung abgeändert haben will. Bei Forderungsklagen wird dabei in aller
Regel ihre Bezifferung verlangt, ist doch nur so gewährleistet, dass Gericht und
Gegenpartei rasch und umfassend darüber orientiert werden, inwieweit das Urteil
angefochten wird, womit unnützer Prozessaufwand vermieden werden kann. Die-
ses Erfordernis ergibt sich nicht nur aus dem Wesen des Rechtsbegehrens, das
geeignet sein sollte, bei Gutheissung zum Urteil erhoben und ohne weitere Ver-
deutlichung vollstreckt zu werden, sondern ebenso aus der Dispositionsmaxime,
die dem Gericht verbietet, mehr als verlangt zuzusprechen, was denklogisch vo-
raussetzt, dass man weiss, was verlangt wird. Schliesslich erheischt dies auch der
Gehörsanspruch der Gegenpartei, die in die Lage versetzt werden muss, sich ent-
sprechend zu verteidigen. Im diesem Zusammenhang fällt ins Gewicht, dass ab
Mitteilung der Berufungserklärung eine nicht erstreckbare Frist von lediglich 10
Tagen läuft, innert welcher die berufungsbeklagte Partei eine allfällige Anschluss-
berufung einzureichen hat. Ihr zumuten, diesen weit reichenden Entscheid zu tref-
fen, ohne genau zu wissen, wie viel der Berufungskläger letztlich will, geht nicht
an. Die berufungsbeklagte Partei hat einen prozessualen Anspruch darauf, mög-



6


lichst genau zu wissen, worauf die Berufung abzielt und worauf sie sich vorzube-
reiten hat. Auf der Stellung zahlenmässig bestimmter Abänderungsanträge bei
Forderungsklagen ist schliesslich umso mehr zu bestehen, als sie die Ergreifung
dieses Rechtsmittels nicht bloss erschweren, sondern vielmehr auch den Beru-
fungskläger in seinem eigenen Interesse dazu verhalten soll, sich rechtzeitig mit
dem Ziel und den Aussichten des von ihm ergriffenen Rechtsmittels auseinander-
zusetzen. Aus all diesen Überlegungen ergibt sich im Übrigen, dass erst anlässlich
der Hauptverhandlung in der schriftlichen Berufungsbegründung vorgebrach-
te Präzisierungen was die Berufungskläger vorliegend nicht getan haben - un-
genügende Berufungsanträge nicht zu retten vermögen, müssen doch, damit dem
Sinn und Zweck des Art. 219 ZPO genüge getan wird, Berufungsinstanz und Ge-
genpartei vorher wissen, wie weit das erstinstanzliche Urteil rechtskräftig gewor-
den beziehungsweise in welchem Umfang dieses zu überprüfen ist, was genau
bestimmte Berufungsanträge erfordert. Vorausgesetzt, es ist möglich und zumut-
bar den Forderungsbetrag den Schadenersatzbetrag zu beziffern, und diese
Voraussetzung ist hier zweifellos erfüllt, nachdem die Kläger im erstinstanzlichen
Verfahren genau dies getan haben, ist eine genaue ziffernmässige Umschreibung
des geforderten Betrages unerlässlich (vgl. BGE 88 II 205 E. 2b zu Art. 55 Abs. 1
lit. b OG; Leuch/Marbach/Kellerhals/Sterchi, Die Zivilprozessordnung für den Kan-
ton Bern, 5. A. Bern 2000, N 3a zu Art. 157 ZPO).
b.
Die vorstehend dargelegte Handhabung des Art. 219 ZPO steht we-
der zum Bundesrecht in Widerspruch noch stellt sie einen überspitzten Formalis-
mus dar, sind doch im Rechtsgang wie auch das Bundesgericht immer wieder
betont prozessuale Formen unerlässlich und ist eine derartige Anwendung dieser
Formvorschrift durchaus durch schutzwürdige Interessen gerechtfertigt, ohne dass
dadurch die Verwirklichung des materiellen Rechts in unhaltbarer Weise erschwert
gar verhindert würde. Ein Gebot des kantonalen Prozessrechts, eine Geld-
forderung zumindest durch Angabe eines Höchstbetrages zu beziffern, steht ge-
mäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung zum Bundesrecht nicht in Widerspruch,
sofern eine derartige Substanzierung faktisch möglich ist, das heisst wenn der
Kläger in der Lage ist und ihm zumutbar ist, die Höhe seines Anspruchs genau
anzugeben (BGE 116 II 215 E. 4a). Vom Rechtssuchenden und insbesondere von
einem Rechtsanwalt darf allemal ein Mindestmass an Sorgfalt in diesem Sinne bei
der Ergreifung von Rechtsmitteln verlangt werden (vgl. zum Ganzen auch BGE
117 Ia 126 ff., 88 II 205 ff., 86 II 192 ff., PKG 1991 Nr. 11, 1976 Nr. 9, ZR 79
(1980) 315 ff.).



7


c. Auf
den
gegenständlichen Fall angewendet, ist zunächst festzustel-
len, dass die Kläger im erstinstanzlichen Verfahren rund Fr. 25'600.— gefordert
haben und gemäss Dispositiv-Ziffer 1 des angefochtenen Urteils rund Fr. 2'600.—
zugesprochen erhielten. Der ausformulierte Abänderungsantrag begnügt sich da-
mit, es sei der Beklagte zu verpflichten, den Klägern "einen nach richterlichem
Ermessen zu bestimmenden Betrag" zu bezahlen. Daraus ist nun wohl ersichtlich,
dass die Berufungskläger in diesem Punkt mit dem erstinstanzlichen Urteil nicht
zufrieden sind; in welchem Sinn sie dieses jedoch abgeändert haben wollen, ergibt
sich daraus nicht mit hinreichender Bestimmtheit. Man kann aus ihrem Antrag nur
schliessen, dass sie die Zusprechung eines Betrages irgendwo in der weiten
Spanne zwischen Fr. 2'600.— und Fr. 25'600.— wollen. Ein blosser Antrag "nach
richterlichem Ermessen" genügt aber nicht (vgl. Barbara Merz, Die Praxis zur
thurgauischen Zivilprozessordnung, Bern 2000, N 4 zu § 90 ZPO; Frank/Sträuli/
Messmer, a.a.O., N 2/2a zu § 264 ZPO). Der diesbezügliche Wille der Berufungs-
kläger lässt sich aufgrund ihrer Berufungserklärung und auch anhand übriger Um-
stände nicht einmal annähernd ermitteln. Zulässig ist wohl, einen bestimmten
Geldbetrag zu fordern und im Sinne eines Eventualbegehrens einen durch den
Richter zu bestimmenden (niedrigeren) Betrag. Das Erfordernis der Bezifferung
bei Forderungsklagen kann aber nicht vollständig dadurch ersetzt werden, dass
stattdessen einfach alles dem richterlichen Ermessen anheim gestellt wird.
Die Abänderungsanträge müssen nach feststehender bündnerischer
Spruchpraxis in der Berufungserklärung selbst enthalten sein; ein Nachschieben
an der Hauptverhandlung in der schriftlichen Berufungsbegründung ist ver-
spätet. Nur nebenbei ist daher zu bemerken, dass sich die anwaltlich vertretenen
Berufungskläger selbst in der schriftlichen Berufungsbegründung nicht dazu
durchringen vermochten, bei allen gerügten Schadenspositionen die Zahlen zu
nennen, die es erlauben würden, zu einem genau bezifferten Forderungsbetrag zu
gelangen.
Insoweit X. Q. und Y. Q.-S. im Hauptpunkt die Zusprechung eines Betrages
nach richterlichem Ermessen beantragen, kann daher auf ihre Berufung nicht ein-
getreten werden.
3.a.
Die Vorinstanz hat die amtlichen Verfahrenskosten im Verhältnis von
910 zu 110 auf die Kläger und den Beklagten verteilt und dem Beklagten eine ent-
sprechend reduzierte ausseramtliche Prozessentschädigung von 750 Franken
zugesprochen. Mit Berufungserklärung (01.1., S. 2, Ziffer 2) beantragten die Beru-



8


fungskläger die Aufhebung der entsprechenden Dispositiv-Ziffer 4 und die Vertei-
lung der vorinstanzlichen Gerichtskosten zu 70 % auf den Beklagten und zu 30 %
auf die Kläger. Ausserdem stellten sie den Antrag (01.1., S. 2, Ziffer 3) "unter Kos-
tenund Entschädigungsfolge für beide Instanzen zulasten des Berufungsbeklag-
ten". Der Berufungsantrag Ziffer 2 ist dahin als selbständiger zu verstehen, dass
der vorinstanzliche Kostenspruch in jedem Fall, das heisst auch bei einem voll-
ständigen Unterliegen mit der Berufung entsprechend abzuändern sei. Die Beru-
fungskläger rügen also eine Verletzung von Art. 122 ZPO durch die Vorinstanz, da
deren Kostenspruch nicht dem erstinstanzlichen Verfahrensausgang entspreche.
Der Berufungsantrag Ziffer 3 ist demgegenüber dahin zu verstehen, dass bei voll-
ständigem teilweisem Obsiegen der Berufungskläger die amtlichen und aus-
seramtlichen Kosten des erstund zweitinstanzlichen Verfahrens im entsprechen-
den Verhältnis von Obsiegen und Unterliegen zu verteilen sind.
b.
Die Berufungskläger unterliegen im Hauptpunkt. Das auf diesen
Ausgang des Rechtsmittelverfahrens zielende Berufungsbegehren Ziffer 2 be-
schränkt sich auf die "vorinstanzlichen Gerichtskosten" (act. 01.1, S. 2, Ziffer 2). In
Bezug auf die Parteientschädigung an den im erstinstanzlichen Verfahren haupt-
sächlich obsiegenden Beklagten ist der vorinstanzliche Richterspruch nicht ange-
fochten. Die Berufungskläger haben zwar die Aufhebung der ganzen Ziffer 4 des
angefochtenen Urteils beantragt; sie stellen aber weder in Bezug auf die Verpflich-
tung zur Leistung einer Prozessentschädigung noch zu ihrer Höhe gegenläufige
Anträge. Insoweit fehlt es auch hier an einem Abänderungsantrag.
c.
Die ausformulierten Berufungsanträge sind in der Berufungserklä-
rung zu stellen. Es ist nicht nötig, sie in der schriftlichen Berufungsbegründung
gemäss Art. 224 Abs. 2 ZPO zu wiederholen. Dennoch haben die Berufungskläger
dies förmlich getan und dabei ist festzustellen, dass sie ihr Rechtsbegehren be-
züglich der Aufhebung von Dispositiv-Ziffer 4 des angefochtenen Urteils und Neu-
verteilung der vorinstanzlichen Gerichtskosten im Verhältnis von 70 % zu 30 % auf
den Beklagten beziehungsweise auf die Kläger ersatzlos fallen liessen (act. 07, S.
2). Das ist zulässig und kommt einem entsprechenden, vor der Fällung des
Rechtsmittelurteils jederzeit möglichen Teilrückzug der Berufung gleich.
d.
Andererseits ist im Widerspruch zum dergestalt eingangs der Beru-
fungsbegründung reduzierten Rechtsbegehren festzustellen, dass in der eigentli-
chen Berufungsbegründung (act. 07, S. 4, Ziff. 6) geltend gemacht wird, nur schon
wenn das angefochtene Urteil materiell Bestand haben sollte, wäre die darin ge-



9


troffene Kostenregelung völlig unverhältnismässig gemessen an der zivilpro-
zessualen Vorschrift, dass sich die Kostenregelung am Verhältnis von Obsiegen
und Unterliegen zu orientieren habe. Die Regelung der gerichtlichen und ausser-
gerichtlichen Kostenund Entschädigungsfolge sei neu zu treffen, wobei zu be-
rücksichtigen sei, dass der Beklagte und Berufungsbeklagte mit nicht weniger als
einer Widerklage über Fr. 57'486.90 gescheitert sei.
Die Auffassung der Berufungskläger lässt sich nicht halten. Gemäss Art. 67
Abs. 2 ZPO ist eine allfällige Widerklage unter Verwirkungsfolge in gleicher Weise
wie eine Klage im Vermittlungsstadium vor dem Kreispräsidenten einzubringen,
was der rechtsunkundige und nicht anwaltlich vertretene Beklagte übersehen hat.
Der Prozessleiter konnte bereits bei der Einreichung der späteren Widerklage mit
einem Blick erkennen, dass auf sie nicht einzutreten war. Es wurden diesbezüglich
denn auch keine speziellen Beweisanordnungen getroffen (02.1.I.5). Nachdem der
Beklagte auch noch kontumaziert worden war, hat seine Widerklage weder beim
Gericht noch bei den Klägern nennenswerten Verfahrensaufwand bewirkt. Unter
Berücksichtigung des Art. 122 ZPO zugrunde liegenden Verursacherprinzips soll
die Widerklage folglich nicht Grundlage für die numerische Bestimmung des Ver-
hältnisses von Obsiegen und Unterliegen bilden. Gemessen an ihrem von Fr.
100'000.— auf Fr. 25'643.85 reduzierten Klagebegehren sind die Kläger zu rund
90 % unterlegen, weshalb ihnen im entsprechenden Umfang die Gerichtskosten
zu überbinden waren. Ihre Berufung ist in diesem Punkt abzuweisen.
4.a. Bleiben
die
Berufungskläger in allen Teilen erfolglos, tragen sie in
Anwendung des Grundsatzes von Art. 122 Abs. 1 ZPO, welcher auch für das Be-
rufungsverfahren gilt (Art. Art. 223 ZPO), die gesamten amtlichen Kosten des
Rechtsmittelverfahrens. Diese sind in Anwendung des von Art. 5 lit. a des Kosten-
tarifs im Zivilverfahren (KT) für die Gerichtsgebühr vorgegeben Rahmens und un-
ter Berücksichtigung des konkreten Verfahrensaufwandes sowie gestützt auf Art. 8
Abs. 1 KT (Schreibgebühr Fr. 15.— pro Urteilsseite) gesamthaft auf Fr. 3'165.—
(Gerichtsgebühr Fr. 3'000.—, Schreibgebühr Fr. 165.—) festzusetzen.
b.
A. hat sich am Berufungsverfahren nicht beteiligt. Die Zusprechung
einer Prozessentschädigung gestützt auf Art. 122 Abs. 2 ZPO an ihn fällt daher
bereits mangels eines anrechenbaren Verfahrensschadens ausser Betracht.
c.
Die bündnerische ZPO enthält hinsichtlich der Verteilung von Ge-
richtskosten und Prozessentschädigung an die Gegenpartei auf unterliegende



10


Streitgenossen keine ausdrücklichen Vorschriften. Es ist jedoch allgemein aner-
kannt, dass das Gericht sowohl bei notwendigen als auch bei einfachen Streitge-
nossenschaften im Urteil solidarische Verpflichtung hinsichtlich der Gerichtskosten
und/oder der Prozessentschädigungen anordnen kann (Guldener, Schweizeri-
sches Zivilprozessrecht, Zürich 1979, S. 407, Frank/Sträuli/Messmer, a.a.O., N 2
zu § 70; Leuch/Marbach/Kellerhals/Sterchi, a.a.O., N 1 zu Art. 61). Diese Lösung
erscheint hier für die amtlichen Kosten vorgezeichnet, nachdem von den Beru-
fungsklägern nur ein gesamthafter Gerichtskostenvorschuss, für beide haftend,
eingeholt wurde (act. 03/06). Die interne Ausmarchung ist den Streitgenossen zu
überlassen.




11


Demnach erkennt die Zivilkammer :
1.
Soweit darauf einzutreten ist, wird die Berufung von X. Q. und Y. Q.-S. ab-
gewiesen und das Kontumazurteil des Bezirksgerichts Imboden vom 16.
Mai 2006 (Proz. Nr. 110-2006-3) wird bestätigt.
2.
Die Kosten des Berufungsverfahrens von Fr. 3'165.— (Gerichtsgebühr Fr.
3'000.—; Schreibgebühr Fr. 165.—) gehen unter solidarischer Haftbarkeit
zu Lasten von X. Q. und Y. Q.-S..
3. Mitteilung
an:
__
Für die Zivilkammer des Kantonsgerichts von Graubünden
Der Präsident:
Der Aktuar:


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