E-MailWeiterleiten
LinkedInLinkedIn

Urteil Kantonsgericht Graubünden (GR)

Zusammenfassung des Urteils ZF-05-45: Kantonsgericht Graubünden

Die Kläger, KP. und KS., sind Miteigentümer eines Grundstücks in Oy. Die Beklagte, E. H.-B., ist Eigentümerin des angrenzenden Grundstücks. Es besteht eine Dienstbarkeit für die Nutzung eines Kehrplatzes zwischen den beiden Grundstücken. Es kam zu Streitigkeiten über die Nutzung des Kehrplatzes, die vor Gericht landeten. Das Kantonsgericht entschied, dass die Klage abgewiesen wird und die Beklagte das Recht hat, die umstrittenen Teilflächen nicht für das Parkieren von Fahrzeugen zu nutzen. Die Gerichtskosten belaufen sich auf CHF 5'000.-. Die Kläger legten Berufung ein, die jedoch abgewiesen wurde. Der Richter, der das Urteil fällte, war männlich.

Urteilsdetails des Kantongerichts ZF-05-45

Kanton:GR
Fallnummer:ZF-05-45
Instanz:Kantonsgericht Graubünden
Abteilung:-
Kantonsgericht Graubünden Entscheid ZF-05-45 vom 13.12.2005 (GR)
Datum:13.12.2005
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Grunddienstbarkeit (Kehrplatzbenützungsrecht, Auslegung, Ablösung)
Schlagwörter : Parzelle; Garage; Recht; Berufung; Kehrplatz; Grundbuch; Kehrplatzbenützung; Garagen; Grundstück; Kehrplatzbenützungsrecht; Berufungskläger; Fahrzeug; Grundstücks; Fahrzeuge; Interesse; Vorplatz; Zufahr; Zufahrt; Platz; Widerklage; Personen; Urteil; Gemeinde; Fahrweg; Eigentümer; Berufungsbeklagte
Rechtsnorm:Art. 115 ZPO ;Art. 122 ZPO ;Art. 218 ZPO ;Art. 22 ZPO ;Art. 223 ZPO ;Art. 229 ZPO ;Art. 292 StGB ;Art. 30 ZPO ;Art. 48 ZPO ;Art. 641 ZGB ;Art. 7 SVG ;Art. 736 ZGB ;Art. 737 ZGB ;Art. 738 ZGB ;
Referenz BGE:108 II 542; 115 II 436; 123 II 464; 128 III 169;
Kommentar:
-

Entscheid des Kantongerichts ZF-05-45

Kantonsgericht von Graubünden

Tribunale cantonale dei Grigioni

Dretgira chantunala dal Grischun
_____

Ref.:
Chur, 13. Dezember 2005
Schriftlich mitgeteilt am:
ZF 05 45
Urteil
Zivilkammer
Vorsitz Präsident
Brunner
RichterInnen H.-Bommer,
Riesen-Bienz, Schäfer und Giger
Aktuar Conrad
——————
In der zivilrechtlichen Berufung
von KP. und KS., Kläger, Widerbeklagte und Berufungskläger, beide vertreten
durch Rechtsanwalt lic. iur. Luzi Bardill, Poststrasse 43, 7002 Chur,
gegen
das Urteil des Bezirksgerichts Prättigau/Davos vom 19. Mai 2005, mitgeteilt am 17.
Juni 2005, in Sachen der Kläger, Widerbeklagten und Berufungskläger gegen E.
H . - B . , Beklagte, Widerklägerin und Berufungsbeklagte, vertreten durch Rechts-
anwalt Dr. Robert Siegrist, Steinerhof, Seebahnstrasse 85, 8026 Zürich,
mit Streitverkündung der Beklagten und Widerklägerin an
MD. und ML., Eingerufene, beide vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. Luzi Bardill,
Poststrasse 43, 7002 Chur,
betreffend Grunddienstbarkeit (Kehrplatzbenützungsrecht, Auslegung, Ablösung),
hat sich ergeben:



2


A.1. KP. und KS. sind Miteigentümer je zur Hälfte des Grundstücks L.- und
S.-Register Parzelle 1374 in Oy., auf Gebiet der politischen Gemeinde Oz.. E. H.-B.
ist Eigentümerin des nördlich angrenzenden Grundstücks L.- und S.-Register Par-
zelle 1373. Es besteht eine Hanglage von West nach Ost ansteigend und die Zu-
fahrt ab der Gemeindestrasse zur Parzelle 1373 erfolgt über öffentlichen Grund und
die Parzelle 1374. Auf der Parzelle 1374 sind als Recht und Last ein Fussund
Fahrwegrecht sowie ein Kehrplatzbenützungsrecht zu Lasten und zu Gunsten der
Parzelle 1373 im Grundbuch eingetragen. Gleich lautende Dienstbarkeiten sind auf
der Parzelle 1373 als Recht und Last zu Lasten und zu Gunsten der Parzelle 1374
eingetragen. Die Dienstbarkeiten Fuss-, Fahrwegund Kehrplatzbenützungsrecht
zu Gunsten der Parzelle 1373 und zu Lasten der Parzelle 1374 war gemäss Grund-
eigentümererklärung vom 27. April 1990 (Grundbuchbeleg Nr. 55/90, act.
02.1.III.13, 02.1.VI.2) vom damaligen Eigentümer beider Parzellen, Architekt RM.,
welcher die Parzellen mit je einem Einfamilienhaus überbaut hatte, errichtet wor-
den. Am 21. Mai 1990 verkaufte RM. die Parzelle 1374 an KP. und KS.. Die Dienst-
barkeit unter dem gleichen Stichwort zu Gunsten der Parzelle 1374 und zu Lasten
der Parzelle 1373 war durch Vertrag zwischen RM. und KP. und KS. am 22. Juli
1994 (Grundbuchbeleg Nr. 118/94, act. 02.1.IV.25, 02.1.VI.2) errichtet worden. Am
29. Juli 1994 verkaufte RM. die Parzelle 1373 an E. und L. H.. Am 27. April 2001
wurde E. H. zufolge Schenkung des Miteigentumsanteils von ihren Ehemann Al-
leineigentümerin der Parzelle 1373.
2.
Die beiden Einfamilienhäuser auf den Parzellen 1374 und 1373 sind
durch einen Baukörper von 4 eingeschossigen Garagen miteinander verbunden.
Die einzige Zufahrt zu allen diesen Garagen, führt an dem auf Parzelle 1374
(KP./KS.) stehenden Haus vorbei und endet als Sackgasse auf einem vor den Ga-
ragen befindlichen asphaltierten Platz im Ausmass von ca. 10.8 × 8.1 m. Die Gara-
ge Nr. 1, welche sich dem Wohnhaus von KP./KS. am nächsten befindet, steht auf
deren Grundstück 1374. Die Garagen Nrn. 3, 4 und 2 stehen in dieser Reihenfolge
anschliessend auf dem Grundstück 1373 von E. H.. Die Grundstücksgrenze verläuft
heute entlang der Trennwand zwischen den Garagen Nr. 1 und 3 und setzt sich in
dieser Flucht von der Stirnseite der Garage ca. 6.9 m bis zu einem im Vorplatz ein-
gelassenen Grenzstein fort. Zwischen der dort beginnenden westlichen Grenze der
Parzelle 1374 und der anschliessenden Stützmauer mit Geländer liegt ein ca. 1.2 -
1.3 m breiter und 5 m langer Streifen des Vorplatzes, welcher heute ebenfalls zur
Parzelle 1373 gehört. Das Grundeigentum an diesem Landstreifen samt darunter
liegender Böschung traten KP. und KS. an E. H. ab (13.2/6.3.1995, 43 m2), ebenso
wie die ursprünglich zur Parzelle 1374 gehörende Garage Nr. 3 (10./11.10.1994, 19



3


m2) und den Vorplatz vor der Garage Nr. 3 (18.2.2002, 20 m2). Die abgetretenen 3
Grundstücksflächen wurden jeweils mit der Parzelle 1373 vereinigt. Zur örtlichen
Situation vgl. die nachstehende Skizze (Situationsplan vom 13. Juni 1994, act.
02.1.IV.25, gerichtsseits ergänzt durch den aktuellen Grenzverlauf, die neuen Par-
zellen-Nrn., sowie die Bezeichnung der Garagen und Stützmauer/Geländer):

3.
Solange KP. und KS. ihr Haus auf Parzelle 1374 selbst bewohnten,
ergaben sich keine Probleme bei der Ausübung der gegenseitigen Dienstbarkeiten
mit der Nachbarparzelle 1373. Ab dem Jahr 2000 vermieteten sie das Haus. In der
Folge kam es zwischen den Mietern und den Eheleuten H. zu anwachsenden
Spannungen, die in einer Ehrverletzungsklage gipfelten. Anlass dazu bot nament-
lich der Streit über die Benützung des Kehrplatzes durch das Abstellen von Fahr-



4


zeugen der Mieter und ihrer Gäste. In einer kreispräsidialen Abschreibungsverfü-
gung des vorgenannten Ehrverletzungsverfahrens verpflichteten sich die Mieter, die
Garageeinfahrten der Liegenschaft X. 299C (Liegenschaft H.) frei zu halten und die
Einfahrt zur Parzelle 1373 ständig frei zu halten. Ab dem 1. Oktober 2002 vermiete-
ten KP. und KS. ihr Haus an ML. und MD.. Auch zwischen den neuen Mietern und
E. H. kam es sehr bald zu heftigen, über mehrere Jahre andauernden und in ver-
schiedene zivilund strafrechtliche Verfahren mündenden Auseinandersetzungen
hinsichtlich der Frage des Parkierens auf dem zu Parzelle 1374 gehörenden Teil
des Garagenvorplatzes.
B.
Am 10. September 2003 erhoben KP. und KS. Klage gegen E. H.
durch Einleitung des Sühnverfahrens vor dem Kreispräsidenten Oz.. Mangels
Streitbeilegung wurde am 10. November 2003 der Leitschein mit folgenden Rechts-
begehren ausgestellt:
Klägerisches Rechtsbegehren:
"1. Es sei festzustellen, dass der jeweilige Eigentümer der belasteten L.-
und S.-Register Parzelle 1374, Plan 31, Grundbuch der Gemeinde Oz.,
im Rahmen des zu Gunsten der L.- und S.-Register Parzelle 1373, Plan
31, Grundbuch der Gemeinde Oz. bestehenden Fuss-, Fahrwegund
Kehrplatzbenützungsrechtes berechtigt ist, einen Personenwagen auf
der belasteten Parzelle unmittelbar vor der Garageneinfahrt 1 auf
der dazu gegenüberliegenden Seite parallel zu und unmittelbar an der
Grundstücksgrenze zu Parzelle L.- und S.-Register Parzelle 1373, Plan
31, Grundbuch der Gemeinde Oz., (gemäss farblicher Markierung in
beiliegendem Plan) abzustellen.

2. Eventualiter:
a) Es sei das zu Lasten der L.- und S.-Register Parzelle 1374, Plan 31,
Grundbuch der Gemeinde Oz., und zu Gunsten der L.- und S.-Register
Parzelle 1373, Plan 31, Grundbuch der Gemeinde Oz., bestehende
Fuss-, Fahrwegund Kehrplatzbenützungsrechtes insoweit abzulösen,
als es dem jeweiligen Eigentümer der belasteten L.- und S.-Register
Parzelle 1374, Plan 31, Grundbuch der Gemeinde Oz. nicht erlaubt, ei-
nen Personenwagen auf der belasteten Parzelle unmittelbar vor der Ga-
rageneinfahrt auf der dazu gegenüberliegenden Seite parallel zu
und unmittelbar an der Grundstücksgrenze zu Parzelle L.- und S.-
Register Parzelle 1373, Plan 31, Grundbuch der Gemeinde Oz., (ge-
mäss farblicher Markierung in beiliegendem Plan) abzustellen.

b) Es sei für die teilweise Ablösung gemäss Ziffer 2 eine Entschädigung zu
Lasten der Eigentümer der L.- und S.-Register Parzelle 1374, Plan 31,
Grundbuch der Gemeinde Oz. und zu Gunsten der Eigentümerin der L.-
und S.-Register Parzelle 1373, Plan 31, Grundbuch der Gemeinde Oz.,
nach richterlichem Ermessen festzusetzen.




5


c) Es sei das Grundbuchamt Mittelprättigau richterlich anzuweisen, die
hierfür (Ziffer 2) notwendigen Eintragungen vorzunehmen.
3. Unter vollumfänglicher gerichtlicher und aussergerichtlicher Kostenund
Entschädigungsfolge zuzüglich 7,6 % auf die ausseramtliche Entschädi-
gung zu Lasten der Beklagten."

Beklagtisches Rechtsbegehren:

"Die Klage sei vollumfänglich abzuweisen, unter Kostenund Ent-
schädigungsfolgen zu Lasten der Kläger.

Widerklage:

Die Kläger und Widerbeklagten seien zu verpflichten, insbesondere auf
dem Vorplatz zur im Eigentum der Kläger und Widerbeklagten stehen-
den Garage 1 auf Parzelle 1374 sowie auf dem unmittelbar vorgelager-
ten, im Eigentum der Beklagten und Widerklägerin stehenden Teil des
Garagenplatzes vor Garage 1 (entlang des Geländers) auf Parzelle
1373 - das heisst im Bereich des Fussund Fahrwegrechtes sowie
Kehrplatzbenützungsrechtes, als Grundlast zu Lasten Parzelle 1374 und
Dienstbarkeit zu Gunsten Parzelle 1373 bzw. umgekehrt auf Parzelle
1373 als Grundlast und 1374 als Dienstbarkeit im Grundbuch Mittel-
prättigau eingetragen sowie auf dem im Eigentum der Beklagten und
Widerklägerin stehenden Vorplatz vor den Garagen 2 bis 4 (Parzelle
1373) jegliches stationieren und parkieren von Fahrzeugen aller Art zu
unterlassen. Die Kläger und Widerbeklagten seien ferner zu verpflich-
ten, ihre Mieterschaft in der Liegenschaft Parzelle 1374, X., in Ox. (der-
zeit Frau ML. und Herr MD.) entsprechend anzuweisen.


Unter voller Kostenund Entschädigungsfolge zu Lasten der Kläger und
Widerbeklagten. "

C. 1. Mit Prozesseingabe vom 2. Dezember 2003 setzten KP. und KS. das
Klageverfahren mit unveränderten Rechtsbegehren gemäss Leitschein beim Be-
zirksgericht Prättigau/Davos fort.
2.
Mit Prozessantwort und Widerklage vom 18. Februar 2004 beantragte
die Beklagte E. H. die vollumfänglich Klagabweisung, unter Kostenund Entschädi-
gungsfolgen zu Lasten der Kläger und erhob folgende Widerklage:
"1. Es sei festzustellen, dass sowohl die Widerbeklagten (Kläger), als auch
deren Mieter in der Liegenschaft "X." in Ox. (Parzelle 1374) nicht be-
rechtigt sind, auf dem in ihrem Eigentum stehenden Teil des Vorplatzes
zur Garage Nr. 1 auf Parzelle 1374 und dem unmittelbar vorgelagerten,
im Eigentum der Widerklägerin stehenden Teil des Garagenplatzes vor
Garage Nr. 1 (Parzelle 1373, entlang des Geländers), und generell im
Bereich des im Grundbuch Mittelprättigau eingetragenen "Fuss-, Fahr-
wegund Kehrplatzbenützungsrechtes" vor Garage Nr. 1 zu Lasten
Parzelle 1374 und zu Gunsten Parzelle 1373 bzw. - dem Geländer ent-




6


lang - umgekehrt auf Parzelle 1373 zu Gunsten von Parzelle 1374,
Fahrzeuge irgendwelcher Art zu stationieren zu parkieren.

2. Die Widerbeklagten (Kläger) seien sodann zu verpflichten im identi-
schen Bereich gemäss Widerklage-Rechtsbegehren Nr. 1, d.h. auf dem
Platz vor und der Zufahrt zur Garage Nr. 1 (Parz. Nr. 1374 und entlang
des Geländers 1373) der Liegenschaften im "X." in Ox., d.h. im ganzen
Bereich der gegenseitig als "Fuss-, Fahrwegund Kehrplatzbenützungs-
recht" im Grundbuch Mittelprättigau eingetragenen Dienstbarkeit, das
Stationieren Parkieren von Fahrzeugen aller Art zu unterlassen
bzw. es sei ihnen das entsprechende Parkieren und Stationieren von
Fahrzeugen unter Androhung von Art. 292 StGB zu verbieten.

3. Die Widerbeklagten (Kläger) seien überdies zu verpflichten, ihre jeweili-
ge Mieterschaft in der Liegenschaft Parzelle 1374, "X." in Ox. (derzeit
Frau ML. und Herr MD.) entsprechend anzuweisen, im streitgegen-
ständlichen Bereich gemäss Widerklagebegehren 1 und 2 keinerlei
Fahrzeuge zu stationieren zu parkieren.


Alles unter Kostenund Entschädigungsfolgen (zuzüglich 7,6 MwSt) zu
Lasten der Widerbeklagten.


Schliesslich verkündet die Beklagte gestützt auf Art. 30 ZPO Frau ML.,
"X.", Ox., und Herr MD., "X." Ox., den Streit. "

3.
Mit Beweisverfügung vom 10. November 2004 ordnete das Bezirksge-
richt einen Augenschein vor Ort an, welcher vorgängig der Hauptverhandlung vom
19. Mai 2005 durchgeführt wurde. Dabei war ein Personenwagen Volvo V 70 XC
AWD (Kombi, Länge 4.71 m), wie ihn der damalige Mieter MD. besass, vor der ge-
schlossenen, zum Grundstück 1374 gehörenden Garage Nr. 1 mit dem Heck Rich-
tung Garage abgestellt. In den Garagen Nrn. 3, 4 und 2 war je ein vorwärts parkier-
tes Fahrzeug abgestellt; in der Garage Nr. 3 befand sich der Personenwagen des
Ehemannes der Beklagten, ein Mercedes E 500 4matic (Kombi, Länge 4.85 m). Der
beklagtische Rechtsvertreter wies auf die geringe Breite der vier Garagen hin, was
gebiete, dass Fahrzeuge nur vorwärts parkiert darin untergebracht werden könnten.
Dem widersprach die Gegenseite.
Anschliessend stellte das Bezirksgericht verschiedene Zufahrund Wendesi-
tuationen, mit unterschiedlichen, mehrheitlich von Richtern gefahrenen Fahrzeugen
nach und traf dazu folgende Feststellungen:
-
Situation 1 (entsprechend dem klägerischen Rechtsbegehren Ziff. 1
erster Teil): Der Volvo war vor der Garage Nr. 1 parkiert (Heck Richtung Ga-
rage). Der Präsident ging zu seinem eigenen Wagen (einem Jeep Chero-
kee), fuhr die Zufahrtsstrasse hoch, an der Front des parkierten Volvos vor-
bei vor die Garage Nr. 3 (Front Richtung Garage). Dies ging nicht in einem
Zug, aber in drei Zügen (Fahrt quer vor die Garagen Nrn. 4 und 2, dann re-



7


tour, dann vorwärts). Daraufhin stellte der Präsident seinen Wagen weg. Als-
dann setzte sich Bezirksrichter R. hinter das Steuer des in der Garage Nr. 3
parkierten Mercedes, dessen Länge jene des Jeep Cherokee laut Rechtsan-
walt Dr. Siegrist um 60 cm übertreffen soll. Richter R. fuhr aus der Garage
Nr. 3. Er musste ca. drei Mal ansetzen, bis er vorwärts an der Front des Vol-
vo vorbei auf die Zufahrtsstrasse fahren konnte. Anschliessend versuchte
Richter R. mit dem Mercedes dasselbe Manöver, wie es zuvor der Präsident
mit seinem Wagen gewagt hatte. Es gelang. Richter R. konnte den Mercedes
ebenfalls nach einem Mal vor und zurück in die Garage Nr. 3 fahren.
-
Situation 2 (entsprechend dem klägerischen Rechtsbegehren Ziff. 1
zweiter Teil): Der Volvo wurde umparkiert, parallel zum Zaun und zwar der-
gestalt, dass der ca. 1.2 m breite, im Alleineigentum der Beklagten stehende
Grundstückstreifen weder ganz noch teilweise in Anspruch genommen wur-
de. Die Front des Volvos zeigte Richtung Zufahrtsstrasse. Richter R., der an-
sonsten einen Toyota RAV lenkt, fuhr mit dem Mercedes (rückwärts) aus der
Garage Nr. 3, drehte ab und fuhr in einem Zug am parkierten Volvo vorbei
die Zufahrtsstrasse hinunter. Ein "örgele" (Hinund Her-Manövrieren des
Wagens) war nicht nötig. Nachdem er den Mercedes gewendet hatte, ver-
suchte Richter R. am Volvo vorbei in einem Zug in die Garage Nr. 3 zu fah-
ren. Dies gelang nicht und kann offensichtlich auch keinem anderen Fahr-
zeuglenker gelingen. Richter R. fuhr alsdann quer vor die Garagen Nrn. 4
und 2, einmal retour und anschliessend vorwärts in die Garage Nr. 3 hinein.
-
Situation 3 - Volvo parallel zum Zaun parkiert, unter Inanspruchnah-
me des ca. 1,2 m breiten, im Eigentum der Beklagten stehenden Grund-
stückstreifens wurde nicht nachgestellt, da sie offensichtlich keine neuen
Erkenntnisse versprach.
-
Situation 4 wurde ebenfalls nicht nachgestellt. Denn man konnte sich
ohne weiteres ausmalen, wie stark der Kehrplatz blockiert ist, wenn vor jeder
Garage ein Fahrzeug steht.
-
Anschliessend wurde der Volvo weggestellt. Der 68-jährige Ehemann
der Beklagten fuhr mit seinem Mercedes in einem Zug von der Zufahrtsstras-
se herkommend in die Garage Nr. 3. Dabei musste er gut erkennbar im
Bereich, in welchem der Zaun gegenüber dem Haus der Kläger endet, weit
ausholen.



8


4.
Mit Urteil vom 19. Mai 2005 erkannte das Bezirksgericht Prätti-
gau/Davos wie folgt:
1.
Die Klage der KP. und des KS. gegen E. H.-B. wird abgewiesen.
2. Die Widerklage der E. H.-B. gegen KP. und KS. wird insofern gutge-
heissen, als dass gerichtlich festgestellt wird, dass die jeweiligen
Grundeigentümer (sowie von ihnen ermächtigte Personen) der Parzelle
1374, "X.", Ox., nicht berechtigt sind, auf dem zum Kehrplatz gehören-
den Teil der Parzelle 1374, d.h. auf der Fläche zwischen der Garage Nr.
1 und dem gegenüber liegenden Geländer des Kehrplatzes, Fahrzeuge
irgendwelcher Art zu parkieren.

3. Die Kosten des Kreisamts Oz. in Höhe von Fr. 200.00 sowie die Kosten
des Bezirksgerichts Prättigau/Davos, bestehend aus:
einer Gerichtsgebühr von
Fr.
3'784.00
- Schreibgebühren von
Fr.
1'044.00
- Barauslagen von
Fr.
172.00
total somit von
Fr.
5'000.00

gehen unter solidarischer Haftbarkeit zu Lasten der KP. und des KS..
Sie werden mit dem geleisteten Kostenvorschuss verrechnet.

4. KP. und KS. werden verpflichtet, E. H.-B. ausseramtlich mit Fr.
10'500.00 (inkl. Spesen und Mehrwertsteuer) zu entschädigen.
5. ( ..Rechtsmittelbelehrung).
6. ( ..Mitteilung)."
D.1. Gegen das am 17. Juni 2005 mitgeteilte Urteil liessen KP. und KS. am
11. Juli 2005 Berufung an das Kantonsgericht einlegen, mit den Anträgen, das an-
gefochtene Urteil unter Kostenund Entschädigungsfolgen für beide Instanzen zu-
lasten der Beklagten aufzuheben, die Klage vollumfänglich gutzuheissen sowie die
Widerklage abzuweisen.
2.
Am Tag der mündlichen Hauptverhandlung vom 13. Dezember 2005
führte die Zivilkammer des Kantonsgerichts im Beisein der Parteien und Rechtsver-
treter einen Augenschein durch. In der nordwestlichen Ecke der Parzelle 1374 war
ein Volvo Kombi parkiert; auf der Parzelle 1373, entlang dem Geländer in der nord-
westlichen Ecke des asphaltierten Platzes, auf der Höhe der Garagen 2 und 4, war
ein Mercedes Kombi abgestellt. Zufahrtsund Wendemanöver wurden keine ausge-
führt. Abgesehen von den tatsächlichen Feststellungen der Parteivertreter zu Lage
und Anordnung der 4 Garagen, dem Grenzverlauf, den Platzverhältnissen vor den
Garagen und den verschiedenen Situationen von abgestellten Fahrzeugen, wie sie
im Wesentlichen aus dem vorstehend geschilderten Sachverhalt hervorgehen, wur-
de seitens der Berufungsbeklagten auf die (geringe) Dimension der einzelnen Ga-



9


ragenboxen von rund 2.37 × 5.80 m hingewiesen. Der Mercedes stehe dort, um zu
verdeutlichen, dass man auch bei dieser Situation, das heisst nicht nur mit dem wei-
ter vorne stehenden Volvo, nicht kehren/wenden könne. Es gehe nicht nur um die
Zufahrt auf den Platz und vor die Garagen, sondern darum, dass es sich um einen
Kehrrespektive Wendeplatz handle. In Garage Nr. 2 befand sich ein kleiner Suzu-
ki-Jeep, in Garage Nr. 4 ein BMW Kombi, was den klägerischen Rechtsvertreter zur
Bemerkung veranlasste, die Gegenpartei habe mit ihrem Mercedes Kombi ausge-
rechnet das grösste Fahrzeug in der Garage Nr. 3 platziert. 40 m weiter unten ne-
ben der Zufahrtsstrasse sind 2 Abstellplätze vorhanden. Nach unwidersprochener
Behauptung der Berufungskläger handelt es sich dabei um öffentlichen Grund. Auf
entsprechende Befragung gab die Berufungsbeklagte an, KP. und KS. hätten ihr
und ihrem Ehemann den westlichen Spickel (Landstreifen von ca. 1.3 m entlang
dem Geländer/Stützmauer) im Zusammenhang mit einem Gartenverkauf abgetre-
ten. Das sei die 3. Landabtretung der Gegenpartei an sie gewesen. Der klägerische
Rechtsvertreter legte in diesem Zusammenhang wert auf die Feststellung, die Beru-
fungsbeklagte habe damit eingeräumt, dass es nicht ihre Absicht gewesen sei,
Grundstücksfläche vom Kehrplatz zu kaufen, sondern nur vom Vorgarten unterhalb
der Stützmauer. Der beklagtische Rechtsvertreter wies auf den vom Schnee frei-
gelegten - Grenzpunkt im asphaltierten Vorplatz hin, welcher die nordwestliche E-
cke von Parzelle 1374 bildet. Dieser sei beim vorerwähnten Kaufgeschäft noch
nicht gesetzt gewesen, ansonsten es sicher nicht getätigt worden wäre. Man habe
es schriftlich von der Gegenpartei gehabt, dass es sich um Land unterhalb der
Stützmauer handle. Es könne den Käufern heute nicht zum Nachteil gereichen,
wenn der Verkäufer nicht wisse, was er verkaufe.
3.
An der Hauptverhandlung waren KP. und KS. (Kläger, Widerbeklagte
und Berufungskläger) mit ihrem Rechtsvertreter Rechtsanwalt lic. iur. Luzi Bardill,
sowie E. H.-B. (Beklagte, Widerklägerin und Berufungsbeklagte) mit ihrem Rechts-
vertreter Rechtsanwalt Dr. iur. Robert Siegrist anwesend.
Der Rechtsvertreter der Berufungskläger bestätigte und begründete die An-
träge gemäss seiner schriftlichen Berufungserklärung vom 11. Juli 2005.
Der Rechtsvertreter der Berufungsbeklagten beantragte die Abweisung der
Berufung und Bestätigung des angefochtenen Urteils, unter Kostenund Entschädi-
gungsfolge zu Lasten der Berufungskläger.



10


Mit Replik und Duplik hielten die Rechtsvertreter der Parteien an ihren Beru-
fungsanträgen fest.
Die schriftlichen Zusammenfassungen der mündlichen Vorträge beider
Rechtsvertreter wurden gemäss Art. 51 Abs. 1 lit. b Abs. 2 OG zu den Akten ge-
nommen.
4.
Das Bezirksgericht Prättigau/Davos verzichtete auf eine Vernehmlas-
sung unter Hinweis auf die Erwägungen im angefochtenen Urteil.
5.
Auf die Begründungen der Berufungsanträge, die Erwägungen im an-
gefochtenen Urteil sowie auf das Beweisergebnis ist, soweit sachdienlich und not-
wendig, in den nachfolgenden Erwägungen einzugehen.
Die Zivilkammer zieht in Erwägung :
1.
Angesichts des vorinstanzlich zutreffend angenommenen und mittler-
weile nicht mehr in Frage gestellten Streitwerts für einen offenen Aussenparkplatz
in Ox. von kapitalisiert wenigstens Fr. 12'000.— (Art. 22 Abs. 2 ZPO), welcher im
Zeitpunkt der vorinstanzlichen Urteilsfällung den gegensätzlichen Interessen ent-
sprach und auch noch dem vor der Appellationsinstanz strittigen Interesse ent-
spricht (Art. 51 Abs. 1 lit. a OG), ist die vermögensrechtliche Streitsache berufungs-
fähig (Art. 19 Ziff. 1 ZPO, Art. 218 Abs. 1 ZPO; PKG 1994 Nr. 15). Da das Rechts-
mittel überdies innert der 20-tägigen Rechtsmittelfrist an den dafür zuständigen Be-
zirksgerichtspräsidenten erklärt wurde (Art. 219 Abs. 1 Satz 1 ZPO) und die Weiter-
zugserklärung mit den ausformulierten Anträgen auf Abänderung des erstinstanzli-
chen Urteils den gesetzlichen Formerfordernissen entspricht (Art. 219 Abs. 1 Satz 2
ZPO), ist auf die Berufung einzutreten.
2.a. Das Feststellungsinteresse der Kläger mit Bezug auf ihr Hauptbegeh-
ren (Ziff. 1) ist angesichts der jahrelangen Querelen zwischen ihnen, ihren Mietern
und der Beklagten evident. Es ist ihnen nicht zuzumuten, weiterhin mit dieser
Rechtsunsicherheit zu leben.
b.
Die Berufungskläger beharren darauf, das gegnerische Widerklagebe-
gehren sei gesamthaft unzulässig. Im Vergleich zum Leitschein seien die Widerkla-
gebegehren in der Prozessantwort nicht nur optisch in drei Rechtsbegehren auf-
geteilt und sprachlich umformuliert, sondern auch inhaltlich wesentlich geändert und



11


ergänzt worden. Dass das Widerklagebegehren Ziffer 1 (Feststellung der fehlenden
Berechtigung auf den 2 Teilflächen von Parzelle 1374 zu parkieren) zulässig und
fristgerecht und formgenügend in den Prozess eingebracht worden ist, hat die Vor-
instanz mit zutreffenden Erwägungen begründet, worauf verwiesen werden kann
(Art. 229 Abs. 3 ZPO; act. 02.1.I, E. 4, S. 17 f.). Soweit die Parzelle 1374 betref-
fend, stimmen der Gehalt des im Leitschein niedergelegten Unterlassungsbegeh-
rens (act. 02.1.II.1, S. 3, 1. Satz) und jener des in der Klageantwort formulierten
Feststellungsbegehrens zwanglos erkennbar - überein (act. 02.1.II.3, S. 2 Ziff. 1).
Das Widerklagebegehren Ziffer 1 weist im Übrigen das spiegelbildlich gegensätzli-
che Feststellungsinteresse zum Hauptbegehren der Kläger (Feststellung der Be-
rechtigung auf den 2 Teilflächen von Parzelle 1374 zu parkieren) auf.
c.
Die Berufungskläger machen sodann geltend, die Beklagte habe
durch die Verminderung des Verbotsbereichs auf den Vorplatz der Garage 1 ihr
Rechtsbegehren mit Klageantwort teilweise reduziert, was bei der Kostenund Ent-
schädigungsfolge im vorinstanzlichen Verfahren zu deren Lasten hätte be-
rücksichtigt werden müssen. Das ist bereits in tatsächlicher Hinsicht unzutreffend.
Im Leitschein ist der Verbotsbereich des Parkierens umschrieben mit "insbesondere
auf dem Vorplatz zur im Eigentum der Kläger und Widerbeklagten stehenden Gara-
ge 1 auf Parzelle 1374"; der Rest betraf die Parzelle 1373. In Ziffer 1 des mit Kla-
geantwort vorgebrachten Rechtsbegehrens ist der Verbotsbereich umschrieben mit
"auf dem in ihrem Eigentum stehenden Teil des Vorplatzes zur Garage Nr. 1 auf
Parzelle 1374 .. und generell im Bereich des Fuss-, Fahrwegund Kehrplatzbe-
nützungsrechts"; der Rest betraf die Parzelle 1373. Eine Reduktion des örtlich be-
troffenen Bereichs von Parzelle 1374 ist folglich nicht auszumachen. Des Weiteren
wäre weit hergeholt, von einer Reduktion des Rechtsbegehrens zu sprechen, ange-
sichts der Tatsache, dass vernünftigerweise nur die beiden, von den Klägern alter-
nativ bezeichneten Stellen, das heisst unmittelbar vor der Garage Nr. 1 in der
gegenüberliegenden nordwestlichen Ecke von Parzelle 1374 (act. 02.1.II.1, S. 4) für
das Abstellen von Fahrzeugen überhaupt in Frage kommen. Sieht man vom Platz
quer vor der Zufahrtsstrasse in Fahrtrichtung längs vor der Zufahrtsstrasse, wo
eine Verletzung aller drei Dienstbarkeitselemente (gehen, fahren, wenden) offen-
sichtlich wäre, ab, ist gar kein anderer Platz für das Abstellen von Fahrzeugen vor-
handen.
d.
Falls dessen ungeachtet auf die Widerklage einzutreten sei, muss die-
se nach Auffassung der Berufungskläger bereits mangels eines Rechtsschutzinte-
resses der Beklagten abgewiesen werden. Das ist bereits prozessual insofern irr-



12


tümlich, als bei mangelndem Rechtsschutzinteresse auf die Widerklage nicht einzu-
treten wäre, stellt doch gemäss Art. 48 Abs. 1 ZPO das Interesse an der Beurtei-
lung einer Klage, worunter auch die Widerklage fällt, eine Eintretensvoraussetzung
dar. Die Berufungskläger argumentieren widersprüchlich, wenn sie das eigene
Feststellungsinteresse mit der Unzumutbarkeit der Rechtsunsicherheit begründen
und gleichzeitig das Feststellungsinteresse der Gegenseite verneinen. Denn die
Rechtsunsicherheit und die damit verbundenen unliebsamen Folgen betreffen beide
Parteien gleichermassen, wie die seit Jahren anhaltenden Streitereien zeigen. Dass
die Beklagte ein entsprechendes, gegensätzliches Feststellungsinteresse zu jenem
der Kläger in Anspruch nehmen kann, müssten eigentlich auch die Berufungskläger
einsehen, wenn sie ausführen, "die örtlichen und nachbarlichen Gegebenheiten ge-
bieten eine richterliche Erkenntnis im ordentlichen Verfahren, wonach die jeweiligen
Eigentümer berechtigt sind, einen Personenwagen auf der belasteten Parzelle un-
mittelbar vor der Garageneinfahrt auf der dazu gehörenden gegenü-
berliegenden Seite parallel zur Grundstücksgrenze abzustellen, sofern dies die Er-
reichbarkeit der gegnerischen Parzelle mitsamt deren Einrichtungen nicht beein-
trächtigt". Es wird um die gleiche Befugnis mit gegensätzlichen Anträgen gestritten.
Die in der Dienstbarkeit liegende Ursache und die missliebigen Wirkungen eines
fehlenden richterlichen Machtworts, betreffen die Kläger und die Beklagte gleicher-
massen. Dass es ferner dem jeweiligen Eigentümer des Grundstücks 1373 dienlich
ist - und sei es auch nur zu dessen Bequemlichkeit wenn an den beiden kriti-
schen Stellen keine Fahrzeuge abgestellt werden dürfen, ist nicht ernsthaft zu be-
zweifeln. Damit ist das Rechtsschutzinteresse der Beklagten an ihrer Widerklage zu
bejahen. Das in diesem Zusammenhang weiter vorgebrachte Argument, die Beklag-
te habe nicht die geringsten Nachteile beim Zugang und der Benutzung ihrer Lie-
genschaft und ihrer Garagen, beschlägt bereits die Frage der Tragweite und damit
der Auslegung der Dienstbarkeit. Sie ist rein materiell-rechtlicher Natur und daher
nachfolgend zu behandeln.
e.
Weiter ist die Vorinstanz auf die im Verhältnis zum Widerklagebegeh-
ren Ziffer 1 kumulativen Widerklagebegehren von Ziffer 2 (richterlicher Unterlas-
sungsbefehl beziehungsweise Parkierungsverbot, unter Androhung von Art. 292
StGB) und Ziffer 3 (richterlicher Befehl, die Mieter anzuweisen, auf den 2 umstritte-
nen Teilflächen von Parzelle 1374 nicht zu parkieren) nicht eingetreten. Erörterun-
gen dazu wie auch zur Frage, ob die Abänderung des Widerklagebegehrens von
Ziffer 2 im Vergleich zum Leitschein zulässig war, erübrigen sich, hat doch die dies-
bezüglich unterliegende Beklagte weder Berufung noch Anschlussberufung geführt.



13


f.
Im Verfahren vor Bezirksgericht hat der klägerische Rechtsvertreter
die schriftliche Fassung seines Plädoyers eingelegt, unter der ausdrücklichen Auf-
lage, dass ihm diese zusammen mit dem Urteil erstattet wird. Das Bezirksgericht
hat den Schriftsatz unter dieser Auflage entgegen genommen und anscheinend ist
die Erstattung auch erfolgt (act. 02.1.I.15). Das Vorgehen der Vorinstanz ist als un-
zulässig zu beanstanden. Die Einlage der schriftlichen Fassung des Parteivortrages
ist ein Anwendungsfall von Art. 115 Abs. 4 ZPO. Die Plädoyernotizen sind zwar kei-
ne selbständigen Urkunden Beweismittel und sind daher nicht als solche ins
Aktenverzeichnis aufzunehmen. Sie werden aber mit dem Verhandlungsprotokoll zu
den Akten genommen (PKG 1995 Nr. 13), wodurch sie Bestandteil des Verhand-
lungsprotokolls werden. Die Umkehrung dieses Vorgangs kann schon aus diesem
Grund nicht ins Belieben der einlegenden Partei gestellt sein. Daran ändert auch
Art. 115 Abs. 4 ZPO nichts, wonach das Protokoll den Parteien auf Verlangen zur
Anbringung allfälliger Bemerkungen mitgeteilt wird. Eine temporäre Einlage
eine Erklärung zu Protokoll beschränkt auf ein bestimmtes Verfahrensstadium gibt
es nicht. Die Einlage kann demzufolge auch nicht unter der Auflage vorzeitiger
Rückgabe erfolgen, da es keine bedingte Erklärung gibt. Gesagt ist gesagt. Was zu
den Akten gegeben respektive zu Protokoll erklärt wird, wird zum Prozessstoff. Der
Prozessstoff ist parteiöffentlich und muss bis zum Abschluss des Verfahrens inklu-
sive Rechtsmittelverfahren in gesammelter Form erhalten bleiben. Art. 51 Abs. 1 lit.
b Abs. 2 OG gilt nicht nur im Verhältnis von oberer kantonaler Instanz und Bundes-
gericht, sondern auch für das kantonale Verfahren vor unteren Instanzen (BGE 64 II
383 zu aArt. 63 Ziff. 2 OG; Poudret/Sandoz-Monod, Commentaire de la loi fédérale
d'organisation judiciaire, Berne 1990, Art. 51 n. 3). Dieselbe Wirkung ist Art. 51 Abs.
1 lit. e OG zuzuschreiben, wonach die Akten nicht vor Ablauf der Frist zur Berufung
an das Bundesgericht zurückgegeben werden dürfen. Die Entfernung der schriftli-
chen Zusammenfassung des Parteivortrages aus dem Dossier stellt eine Verlet-
zung von Art. 51 OG dar (Poudret/Sandoz-Monod, a.a.O., Art. 51 n. 3, S. 364 un-
ten). Über Art. 51 Abs. lit. e OG hinausgehend, ist festzustellen, dass es aus ande-
rem Grund zu einer Rückgabe eines schriftlich eingelegten Plädoyers an die einle-
gende Partei ohnehin nie kommen kann. Da das Plädoyer Bestandteil des Verhand-
lungsprotokolls wird, handelt es sich letztlich um ein vom Gericht produziertes Ak-
tenstück. Solche Aktenstücke verbleiben auf Dauer, das heisst solange die Akten-
aufbewahrungspflicht besteht, bei den Prozessakten.
Von einer Behebung des Verfahrensmangels durch erneuten Beizug des ent-
fernten Plädoyers im Sinne von Art. 52 OG kann Abstand genommen werden, da



14


keine Partei die Entfernung gerügt hat, respektive aus dem fehlenden Protokollbe-
standteil weder Rechte ableitet noch Argumentationen darauf aufgebaut werden.
3.a.
Gemäss Art. 738 Abs. 1 ZGB ist für den Inhalt einer Dienstbarkeit der
Grundbucheintrag massgebend, soweit sich Rechte und Pflichten daraus deutlich
ergeben. Im Rahmen des Eintrags kann sich der Inhalt der Dienstbarkeit sodann
aus ihrem Erwerbsgrund aus der Art ergeben, wie sie während längerer Zeit
unangefochten und im guten Glauben ausgeübt worden ist (Art. 738 Abs. 2 ZGB).
Ist der genaue Inhalt und Umfang einer Dienstbarkeit strittig, schreibt das Gesetz
demnach eine Reihenfolge vor, nach welcher der Richter diese zu bestimmen hat:
1. Grundbucheintrag; 2. Erwerbsgrund (nach Liver, Zürcher Kommentar, N 84 f. zu
Art. 738 ZGB, besser als Erwerbstitel zu bezeichnen, samt Belegen); 3. längere
gutgläubige Ausübung. Diese Reihenfolge ist zwingend (vgl. PKG 1998 Nr. 18, E. 2
mit Hinweisen; Liver, a.a.O., N 7; Petitpierre, Basler Kommentar, 2. A. Basel 2003,
N 1 zu Art. 738 ZGB). Dabei ist zu beachten, dass gemäss Lehre und Rechtspre-
chung jede Dienstbarkeit restriktiv auszulegen ist. Sie darf die Rechte des Eigentü-
mers des dienenden Grundstücks nur insoweit belasten, als es zu ihrer normalen
Ausübung nötig ist (vgl. PKG 1992 Nr. 10; Petitpierre, a.a.O., N 11 zu Art. 738 ZGB;
Tuor/Schnyder/Rumo-Jungo, Das Schweizerische Zivilgesetzbuch, 12. A. Bern
2002, S. 947 mit Hinweisen). Schliesslich ist darauf hinzuweisen, dass die Ausle-
gung einer Dienstbarkeit aus der Art, wie sie während längerer Zeit unangefochten
und im guten Glauben ausgeübt worden ist, nur dann in Frage kommt, wenn der
Inhalt der Dienstbarkeit nicht bereits aus dem Eintrag dem in zweiter Linie
massgeblichen Erwerbstitel bestimmt werden kann. Andernfalls bleibt für weitere
Erkenntnisquellen kein Raum (vgl. PKG 1992 Nr. 10, E. 3 mit Hinweisen).
Zunächst massgebend ist der Wortlaut des Grundbucheintrags und zwar un-
eingeschränkt, soweit sich daraus Rechte und Pflichten deutlich ergeben. Der Wort-
laut des Grundbucheintrags hat also nur, aber immerhin dann absolute und alleinige
Wirkung, wenn er klar, unmissverständlich und bezogen auf das zur Diskussion
stehende Element erschöpfend ist (vgl. Liver, a.a.O., N 36; BGE 123 II 464 E. 2 b;
PKG 1998 Nr. 18, E. 3 a). Entsprechende Fälle dürften allerdings sehr selten gege-
ben sein und allenfalls bei gemessenen Dienstbarkeiten vorliegen. Der Eintrag der
Dienstbarkeit im Grundbuch erfolgt in aller Regel nur mit einem Stichwort, das bes-
tenfalls mit einer knappen attributiven Ergänzung versehen ist, so dass jeder
Grundbucheintrag auslegungsbedürftig ist (Liver, a.a.O., N 24, 36; Karl Robert
Naegeli, Die Auslegung der Grunddienstbarkeiten, Aarau 1935, S. 81). Aus einem
bloss rudimentären Grundbucheintrag, wie beispielsweise Quellenrecht, Wegrecht



15


Grenzbaurecht ergibt sich daher in der Regel kein genügender Hinweis auf
den genauen Umfang der Dienstbarkeit (vgl. BGE 128 III 169, E. 3a; PKG 1998 Nr.
18, E. 3 a mit Hinweisen; Petitpierre, a.a.O., N 3 zu Art. 738 ZGB).
b.
Angesichts dieser theoretischen Grundlagen und des gegenständlich
gegebenen Sachverhalts, ist die Auffassung der Berufungsbeklagten, es sei bereits
aufgrund des Wortlauts der Dienstbarkeit beziehungsweise des im Grundbuch ein-
getragenen Stichworts "Kehrplatzbenützungsrecht" klar, dass auf den umstrittenen
Teilflächen vor der Garage Nr. 1 und in der nordwestlichen Ecke der Parzelle 1374
keine Fahrzeuge irgendwelcher Art abgestellt/parkiert/stationiert werden dürfen,
zurückzuweisen. Von einem klaren und insbesondere erschöpfenden Wortlaut des
Grundbucheintrags mit Blick auf den gegenständlich umstrittenen Aspekt der Servi-
tut (Kehrplatz) kann nicht die Rede sein. Dass die Beklagte auf dem Garagenvor-
platz kehren und dabei Grundstücksfläche von Parzelle 1374 in Anspruch nehmen
darf, ist im Grundsatz auch von der Gegenpartei gar nicht bestritten. Vorliegend ist
vielmehr nur kontrovers, bis wo beziehungsweise in welcher Ausdehnung genau
das auf Parzelle 1374 lastende Kehrplatzbenützungsrecht gilt. Der eingetragene
Servitutswortlaut ist bezüglich dieser notwendigerweise zu beantwortenden Frage
nicht selbstsprechend. Darin liegt die Unklarheit. Der Eintrag im Liegenschaften-
und Servitutenregister der Gemeinde Oz. lautet schlicht "Fussund Fahrwegrecht
und Kehrplatzbenützungsrecht" (act. 02.1.III.7). Die Rechtsbegriffe, namentlich
"Kehrplatzbenützung", sind per se hinsichtlich jener Fläche, welche zum Kehren in
Anspruch genommen werden darf, nicht ergiebig. Mehr als die Befugnis, sich über
das dienende Grundstück mit einem Fahrzeug zu bewegen und dessen Fläche
(auch) beim Kehren zu befahren, kann rein sprachlich aus den Worten "Fahrweg-
recht" und "Kehrplatzbenützungsrecht" nicht abgeleitet werden. Über den Ausdeh-
nungsbereich (Lage, Verlauf und Ausmass) des Rechts und der Last wird mit dem
Eintrag unter dem Stichwort "Kehrplatzbenützungsrecht" nichts ausgesagt.
Es handelt sich um eine ungemessene Dienstbarkeit, worin zugleich das
Problem ihrer Ausübung liegt. Ungemessene Dienstbarkeiten sind regelmässig aus-
legungsbedürftig. Das Wenden eines Personenwagens benötigt Fahrfläche bezie-
hungsweise Raum, und dieser Raum ist vorliegend numerisch (Lage, Verlauf und
Ausmass in m2) eben nicht eindeutig definiert. Etwas anderes hat auch die Wider-
klägerin nicht behauptet. Weil nicht ausdrücklich bestimmt ist, welche Fläche (Aus-
mass, Lage) der Eigentümer der Parzelle 1373 bei der Ausübung des Kehrplatzbe-
nützungsrechts von der Parzelle 1374 in Anspruch nehmen darf, fehlt es logischer-
weise an der genauen Bestimmung jener Fläche von Parzelle 1374, welche von



16


dem zu Gunsten der Parzelle 1373 eingetragenen Kehrplatzbenützungsrecht voll-
kommen unbelastet ist, und wo folglich der Eigentümer von Parzelle 1374, das
heisst die Kläger auf ihrem eigenen Grundstück ohne Einschränkung Fahrzeuge
andere Sachen, die aus der Warte des herrschenden Grundstücks potentiellen
Hindernischarakter haben, abstellen/parkieren/stationieren dürfen.
4.
Der Streit, ob die Kläger auf den bezeichneten beiden Teilflächen ih-
res Grundstücks Fahrzeuge irgendwelcher Art parkieren dürfen, ist zweifellos eine
Frage der Tragweite der auf ihrer Parzelle 1374 lastenden Dienstbarkeit. Da sich
die Antwort nicht deutlich aus dem Stichwort "Kehrplatzbenützungsrecht" ergibt, ist
sie aus dem Erwerbstitel der Dienstbarkeit, konkret aus der Errichtung der Grundei-
gentümerdienstbarkeit durch RM. vom 27. April 1990 samt den dazugehörigen
Grundbuchbelegen zu ermitteln.
a.
Anstatt langer Wiederholungen jeder einzelnen Erwägung in anderen
Worten kann dafür in Anwendung von Art. 229 Abs. 3 ZPO vorab auf die einlässli-
chen Herleitungen und in ihren Folgen mehrheitlich überzeugenden Begründungen
der Vorinstanz verwiesen werden (act. 02.1.I, S. 25-27).
b.
Der richterlichen Feststellung des Inhalts einer Dienstbarkeit gestützt
auf ihren Erwerbsgrund ihre lang andauernde Ausübung wird durch das Ge-
setz eine Grenze gesetzt. Art. 738 Abs. 2 ZGB erlaubt die Inhaltsbestimmung einer
Dienstbarkeit nach dem Erwerbstitel nach lang andauernder Ausübung ledig-
lich im Rahmen des Eintrags. Der Grundbucheintrag legt also einen Bereich mögli-
cher Inhalte fest, den man durch Auslegung nicht verlassen kann. Mit dem bei der
Auslegung des Inhalts vorrangige Bedeutung zukommenden Grundbucheintrag wird
ein Rahmen gesetzt, den man nicht verlassen kann (ZBGR 32 Nr. 35, S. 130), auch
nicht durch lang anhaltende, übereinstimmende Willensbetätigung. Die Auslegung
kann höchstens soweit gehen, wie dies der im Grundbucheintrag verwendete und
damit publike Begriff gerade noch erlaubt, mit anderen Worten: Die Identität
der Dienstbarkeit muss gewahrt bleiben (Liver, a.a.O., N 16 f./91 zu Art. 738, N 155
zu Art. 736). Der Grundbucheintrag hat in diesem Sinne eine Eliminationsfunktion.
Die Berufungskläger stellen zu recht nicht in Abrede, dass das Stichwort "Kehr-
platzbenützungsrecht" grundsätzlich geeignet ist, ein indirektes Verbot dahin zu
bewirken, dass auf dem gesamten Areal eines vergleichbaren Garagenvorplatzes
nicht parkiert werden darf. Denn es ist letztlich nur eine Frage der zur Verfügung
stehenden Platzverhältnisse in Kombination mit der ins Auge gefassten Position



17


des Parkfeldes, dass überhaupt nicht mehr weder theoretisch noch praktisch -
gewendet werden kann.
c.
Unter Parteien, welche wie vorliegend - den Dienstbarkeitsvertrag
nicht selbst abgeschlossen haben, ist dieser im Rahmen des Eintrags vom Wortlaut
ausgehend objektiv nach dem Vertrauensprinzip so auszulegen, wie er von einem
aufmerksamen, sachlich denkenden Menschen nach Treu und Glauben verstanden
wird. Individuelle Absichten und Motive der an der Errichtung Beteiligten, die für
einen Dritten nicht erkennbar sind, dürfen dabei nicht beachtet werden. Dies gilt
gleichsam für den hier gegebenen Fall einseitig bestellter Grundeigentümerdienst-
barkeiten, müssen doch auch die Rechtsnachfolger des Bestellers einer Grundei-
gentümerdienstbarkeit auf denjenigen Inhalt vertrauen können, welcher ihr vernünf-
tigerweise beigemessen werden darf. Entgegen der Auffassung der Berufungsklä-
ger ist die Entstehungsgeschichte der Dienstbarkeit und der subjektive Regelungs-
wille des Errichters RM., namentlich auch, ob er angeblich kein Parkierungsverbot
aufstellen wollte, unbeachtlich. Aus der nämlichen Überlegung erübrigt sich, auf die
in den entscheidenden Punkten ohnehin widersprüchliche und lückenhafte Aussa-
gen des Zeugen RM. einzugehen. Abzustellen ist auf den Zweck, welcher der
Dienstbarkeit, unter Berücksichtigung der legitimen Interessen und Bedürfnisse des
herrschenden Grundstücks, beizulegen ist (vgl. Petitpierre, a.a.O., N 6, 9, 10 zu Art.
738 ZGB; Liver, a.a.O., N 91-95 zu Art. 738 ZGB; BGE 115 II 436; Urteil Bundesge-
richt vom 10. Juli 2002, 5C.130/2002, E. 3.3). Schliesslich ist auch bei der Ausle-
gung aus dem Erwerbstitel zu beachten, dass Dienstbarkeiten gemäss Lehre und
Rechtsprechung restriktiv auszulegen sind und die Rechte des dienenden Grund-
stücks nur soweit belasten dürfen, als es zu ihrer normalen Ausübung nötig ist (vgl.
PKG 1992 Nr. 10; Petitpierre, a.a.O., N 11 zu Art. 738 ZGB; Tuor/Schnyder/Rumo-
Jungo, a.a.O., S. 947 mit Hinweisen).
Gemäss der Eigentümererklärung vom 27. April 1990 hat RM. das Grund-
buchamt mit einer Parzellenteilung beauftragt und nebst anderen eine Grundeigen-
tümerdienstbarkeit mit folgendem Inhalt errichtet (Grundbuchbeleg 55/90, act.
02.1.III.13; act. 02.1.VI.2, Pr. Nr. 077-2003, act. 2.4, S. 3):
"3. Fussund Fahrwegrecht, Kehrplatzbenützungsrecht
a) Der jeweilige Eigentümer der Parzelle 2-62 VPV 1374 räumt hiermit den jeweili-
gen Eigentümern der Parzelle 2-61 VPV 1373 und der Parzelle 2-28 VPV 1073 ein
Fussund Fahrwegrecht im Anschluss an die Zufahrtsstrasse über Gemeindeboden
über die Parzelle 2-62 VPV 1374, sowie ein Kehrplatzbenützungsrecht auf Parzelle
2-62 VPV 1374 ein.



18


Dieses Fussund Fahrwegrecht und Kehrplatzbenützungsrecht ist wie folgt im
Grundbuch einzutragen:
Auf Parzelle 2-62 VPV 1374:
Last: Fussund Fahrwegrecht und Kehrplatzbenützungsrecht zugunsten 2-61 VPV
1373 und 2-28 VPV 1073
Auf Parzellen 2-61 VPV 1373 und 2-28 VPV 1073:
Recht: Fussund Fahrwegrecht und Kehrplatzbenützungsrecht zulasten 2-62 VPV
1374"
Entgegen der Vorinstanz kann sich die Auslegung des Errichtungsaktes nur
darauf beziehen. Namentlich ist der spätere Vertrag zwischen den Parteien vom 18.
Februar 2002 mit der Abtretung des Vorplatzes zu Garage Nr. 3, mit welchem be-
züglich der abgegebenen Fläche von 20 m2 das Fuss-, Fahrwegund Kehrplatzbe-
nützungsrecht für beide Parteien gewährleistet wurde, irrelevant. Denn dadurch
wurde die seit 1990 bestehende Last auf dem heutigen Flächenbestand der Parzel-
le 1374 nicht verändert. Überhaupt betrifft die am 18. Februar 2002 geschaffene
Belastung ausschliesslich die Parzelle 1373. Im Übrigen wurde im Vertrag vom 18.
Februar 2002 zum einen die auf den abgetretenen 20 m2 lastende Kehrplatz-
Dienstbarkeit nicht anders formuliert und zum anderen wurde auch bei dieser
Dienstbarkeitsbestätigung keine genaue Bestimmung und Lokalisierung ihrer flächi-
gen Ausdehnung vorgenommen (act. 02.1.III.10). In Bezug auf die gegenständlich
ausschliesslich strittige Tragweite der Kehrplatzdienstbarkeit für den zu Parzelle
1374 gehörenden Vorplatz ist demzufolge festzustellen, dass der Eintrag im Lie-
genschaftenund Servitutenregister der Gemeinde Oz. (act. 02.1.VI.2, Pr. Nr. 077-
2003, act. 12) und der Begründungsakt die auf Parzelle 1374 lastende Kehrplatz-
dienstbarkeit praktisch identisch beschreiben. Der einzige Unterschied liegt im zu-
sätzlichen Hinweis "im Anschluss an die Zufahrtsstrasse über Gemeindeboden".
Diese Formulierung dient jedoch lediglich dazu, den Garagenvorplatz als Ganzes
im Gelände zu lokalisieren; für die Streitfrage ergibt sich daraus kein sachdienliches
Indiz. Auch unter den weiteren Bestimmungen in der Eigentümererklärung vom 27.
April 1990 finden sich keine einschlägigen Hinweise (act. 02.1.VI.2, Pr. Nr. 077-
2003, act. 2.4, S. 5-6). Der Erwerbstitel enthält integriert einen Geometerplan zu
den Mutationen betreffend Abparzellierung und den neuen Flächenmassen. Für die
Frage der Lokalisierung und flächenmässige Ausdehnung des Kehrplatzbereichs ist
dieser Plan unerspriesslich (act. 02.1.VI.2, Pr. Nr. 077-2003, act. 2.4, S. 7). Gemäss
Aktenlage hat die Beklagte des Weiteren in einem Amtsbefehlsverfahren vor dem
Kreispräsidenten eine Kopie des Errichtungsaktes eingelegt, an welcher die Kopie
eines Architektenplans der Überbauung "X." vom Februar 1990 angeheftet ist. Die-
ser Architektenplan wird im Errichtungsakt nicht als Bestandteil desselben erwähnt;



19


er ist ferner weder grundbuchamtlich datiert noch vom Errichtenden unterzeichnet
(act. 02.1.VI.2, Pr. Nr. 077-2003, act. 2.4, S. 8). Aus dem Erwerbstitel ergeben sich
somit keinerlei zusätzliche Hinweise, aus denen eine umfassendere respektive in
Bezug auf die Ausdehnung des Wendebereichs genauere Beschreibung der Servi-
tut "Kehrplatzbenützungsrecht" abgeleitet werden könnte. Wird der Kehrbereich
auch nicht durch das Errichtungsgeschäft lokalisiert, kann allein vom Wortlaut her
die Auslegung des Erwerbsgrundes nicht zu einem anderen Resultat führen als die
Auslegung des Bucheintrages selbst (Liver, a.a.O., N 35). Da der Bestellungsakt
regelmässig das geistige Produkt der an seiner Errichtung Beteiligten ist, kommt bei
seiner Auslegung im Unterschied zum Bucheintrag das Vertrauensprinzip zur An-
wendung (Liver, a.a.O., N 94; BGE 108 II 542). Dass bei der Errichtung der Dienst-
barkeit, also entstehungsgeschichtlich ein Vertrauen der Kläger hinsichtlich der Be-
fugnis zu Parkieren aus dem Vertrag, Willensäusserungen der Gegenpartei
den weiteren tatsächlichen Umständen erweckt worden sein könnte, ist hier jedoch
schon deshalb unmöglich, weil sie nicht Partei des Begründungsaktes waren. Es
bleibt daher bei der objektivierten Auslegung des reinen Begriffs, wie er aus Buch-
eintrag und Errichtungsakt identisch hervorgeht und wie ihn jeder andere verstehen
muss. Dennoch ist der daraus ersichtliche Wortlaut einziger Gegenstand der Ausle-
gung. Wenn sie sagen, das Wenden sei "möglich" stellen auch die Berufungskläger
bei ihrer Argumentation zutreffenderweise nicht ausschliesslich auf den blossen
Wortlaut des Grundbucheintrags ab. Entscheidend zu berücksichtigen ist der
Zweck, welcher mit der Errichtung der Dienstbarkeit vernünftigerweise gesetzt wor-
den ist. Dabei ist von den legitimen Bedürfnissen des herrschenden Grundstücks,
zu dessen Befriedigung die Dienstbarkeit errichtet worden ist, auszugehen. Bei der
Auslegung nach dem Zweck sind sodann das Verhältnis zwischen dem Vorteil für
das berechtigte Grundstück und der Schwere der Belastung für das dienende
Grundstück nach dem Grundsatz der Verhältnismässigkeit die strenge Wahrung der
Identität der Dienstbarkeit im Auge zu behalten. Da es sich nicht um eine Personal-
sondern um eine Grunddienstbarkeit handelt, ist die Auslegung nach dem Zweck
(Grundsatz des zweckgebundenen Interesses in Art. 736 ZGB) notwendigerweise
eine stark objektivierte. Die rein persönlichen Bedürfnisse und Vorlieben des derzeit
Berechtigten haben demgegenüber zurückzutreten (Liver, a.a.O., N 16, 39 f., 48,
96).
d.aa. Dass sich der Aspekt der Kehrplatzbenützung offensichtlich nicht nur
auf die Tätigkeit des Gehens (Fussweg), sondern auch auf jene des Fahrens (Fahr-
weg) bezieht, stellen die Berufungskläger nicht in Abrede. Kaum ersichtlich ist so-
dann einerseits, dass die gewünschten Parkfelder für das "Kehren" eines Velos o-



20


der dergleichen Schwierigkeiten bieten und sich andererseits, angesichts der dafür
konzipierten Garagen, das Recht zum Kehren auch auf Personenwagen im Sinne
des SVG und seiner Verordnungen (Art. 7 SVG, Art. 10 f. VTS; leichte, mind. 4-
rädrige Motorwagen zum Personentransport mit höchstens neun Sitzplätzen ein-
schliesslich Führer Führerin, Klasse M1 bis 3.5 t) beziehen muss. Der dialekt-
sprachliche Ausdruck "kehren" bedeutet wenden, in einer Ebene um 180° drehen.
Beim Wenden wird im Wesentlichen auch nur gefahren, dies jedoch im Halbkreis
durch einoder mehrmaliges Vorund Zurücksetzen. Naturgesetzlich ist gege-
ben, dass beim Wenden in seitlicher Ausdehnung wesentlich mehr Platz benötigt
wird, als beim geradeaus fahren; in diesem Sinne ist wenden quantitativ und quali-
tativ doch mehr als bloss fahren. Weiter ist unbestritten, dass ein Personenwagen -
bei allen vorkommenden atmosphärischen Bedingungen, namentlich bei Dunkel-
heit, schlechter Witterung und schneebedeckter Fahrbahn von Süden her vor-
wärts auf den Platz einfahrend diesen in entgegen gesetzter Richtung vorwärts fah-
rend wieder soll verlassen können - und dies im Übrigen auch für den Fall, dass bei
diesem Wendemanöver der Innenbereich der Garagen nicht als erweiterter Wende-
bereich benutzt wird. Die Garagen weisen eine Tiefe von rund 6 m auf; die Raum-
tiefe vor der Garagen beträgt bloss 8 m. Die Quintessenz der zu schützenden Über-
legungen besteht darin, dass der gesamte Kehrplatz, und dabei vorallem der ge-
genständlich auf die Parzelle 1374 entfallende Bereich dieses Platzes, frei von ab-
gestellten Fahrzeugen/Personenwagen zu bleiben hat, ansonsten sich eine erhebli-
che, im Licht der örtlichen Verhältnisse für den durchschnittlich begabten Fahrzeug-
lenker letztlich unzumutbare Erschwernis bei der Ausübung des Wenderechts er-
gibt, welche sich bei Schnee und Eisglätte noch akzentuiert. Angesichts der über-
aus engen örtlichen Verhältnisse, von denen sich sowohl die Vorinstanz als auch
die Rechtsmittelinstanz selbst überzeugen konnten, ergibt sich dieses Verbot des
dauerhaften Abstellens von Personenwagen (Parkierungsoder Stationierungsver-
bot) nach allen heranzuziehenden Auslegungsmitteln zwangsläufig aus dem einge-
tragenen Stichwort "Kehrplatzbenützungsrecht" und beschreibt damit die dienstbar-
keitsgemässe Einschränkung der Befugnis der Berufungskläger (Last), das Eigen-
tum an ihrer Parzelle 1374 in selben örtlichen Bereich (auf Parz. 1374 entfallender
Teil des asphaltierten Kehrplatzes) auszuüben. Ein Unbefangener, beispielsweise
ein am Erwerb Interessierter, muss nach Konsultation des Grundbuches und nach
Betrachtung der knappen örtlichen Verhältnisse vernünftigerweise zum Schluss
kommen, dass das Kehrplatzbenützungsrecht das Parkieren/Stationieren (Abstellen
von einer gewissen Dauer) von Personenwagen auf dem zur Parzelle 1374 gehö-
renden Teil des Vorplatzes ausschliesst. Insoweit mit der berufungsklägerischen
Ansicht, mit der Dienstbarkeit habe man nur sicherstellen wollen, dass die Zuund



21


Einfahrt zu den Garagen und der Zugang zur jeweiligen Parzelle auch unter Bean-
spruchung der anderen Parzelle rechtlich abgesichert sei, der Aspekt des Wendens
negiert wird, ist sie abzulehnen. Die Berufungskläger haben selbst eingesehen,
dass "das Kehrplatzrecht vereinbart und im Grundbuch verankert worden ist, damit
die Eigentümer der Parzelle 1373 ohne Einschränkung zu ihren Garagen fahren
können" (act. 12.2, S. 3). Festzustellen bleibt, dass das Abstellen eines Fahrzeugs
an einem der beiden gewünschten Orte zweifelsohne eine solche Einschränkung
zur Folge hat. Im Lichte der engen örtlichen Verhältnisse erreicht sie ein Ausmass,
das mit dem Zweck der Dienstbarkeit vernünftigerweise nicht mehr in Einklang zu
bringen ist.
Dass sich für die Berufungskläger die Parkplatzsituation durch den Wegfall
der Garage Nr. 3, ihres Vorplatzes und des Landstreifens zwischen der heutigen
Westgrenze ihres Grundstücks und dem Geländer verschärft hat, was sie sich nota
bene selbst zuzuschreiben haben, vermag daran nichts zu ändern. Ein Fall von Art.
739 ZGB liegt nicht vor. Eigene gesteigerte und/oder anders gelagerte Bedürfnisse
des dienenden Grundstücks sind von vorneherein nicht geeignet, die Rechte des
Dienstbarkeitsberechtigten einzuschränken.
bb.
Es betrifft zwar weder den Gegenstand der Klage noch jenen der Wi-
derklage, dennoch darf, zur Veranschaulichung der Spiegelbildlichkeit der entspre-
chenden Rechte und Lasten und damit den objektiven Sinn des "Kehrplatzbenüt-
zungsrechts" ergründend, darauf hingewiesen werden, dass seit der Abtretung des
vor der Garage Nr. 3 gelegenen Vorplatzes vom 18. Februar 2002 und Vereinigung
mit der Parzelle 1373 darauf eine analoge Grundeigentumsbeschränkung zu Lasten
der Berufungsbeklagten besteht. Die Parteien haben dieses legitime Bedürfnis des
Grundeigentümers von Parzelle 1374 anlässlich der Abtretung erkannt und im Sin-
ne der auf anderer Fläche bereits bestehenden Dienstbarkeiten bekräftigt, dass
"bezüglich der heute gemäss der Mutation Nr. 279 abgegebenen Fläche von 20 m2
das Recht [Fuss-, Fahrwegund Kehrplatzbenützungsrecht] für beide Parteien ge-
währleistet wird" (act. 02.1.III.10, S. 2). Wie es sich im hintersten Bereich des Plat-
zes, vor der Garage Nr. 4 verhält, kann offen bleiben. Nahe liegend hingegen dürfte
sein, dass, ebenso wenig wie die Kläger und ihre Mieter Personenwagen vor ihrer
Garage Nr. 1 stehen lassen dürfen, die Beklagte einen ihrer Personenwagen vor
ihrer Garage Nr. 3 abstellen darf. Was mit dem Kehrplatzbenützungsrecht erkenn-
bar bezweckt wird, ist, dass die Zufahrt von beiden Grundeigentümern stets vor-
wärts hin und zurück soll befahren werden können, was naturgemäss voraussetzt,
dass oben auf dem Platz gewendet werden darf. Die Kläger sollen ihrerseits, ohne



22


über mehr als durchschnittliche Fahrkünste zu verfügen und ohne Befürchtung an
Fahrzeugen an Bestandteilen der Liegenschaften anzustossen, wenden kön-
nen. Dazu dürfen sie den Vorplatz vor den Garagen Nr. 3 und Nr. 2 in Anspruch
nehmen, sei es, dass die Inanspruchnahme beim rückwärts Einfahren in die Garage
Nr. 1 erfolgt, sei es, dass sie erst beim rückwärts Verlassen der Garage Nr. 1 statt-
findet. Aus derselben Überlegung erscheint es im Lichte der beschränkten Platz-
verhältnisse mit dem Sinn und Zweck der Dienstbarkeit unvereinbar, wenn die Aus-
übung des Kehrplatzrechts durch die Berufungsbeklagte durch ein vor der Garage 1
und/oder in der nordwestlichen Ecke der Parzelle 1374 abgestelltes Fahrzeug
merklich behindert wird.
e.
Die Vorinstanz hat erwogen, ein Kehrplatzbenützungsrecht sei um ei-
niges unüblicher als ein Parkierungsrecht. Wenn RM. als bauverständiger und somit
mit Dienstbarkeiten erfahrener Architekt die geläufigen Fussund Fahrrechte und
daneben das weniger geläufige Recht, den Vorplatz als Kehrplatz zu benützen, in
seiner Eigentümererklärung ausdrücklich verfügt habe, sei davon auszugehen, er
hätte das im Verhältnis zum Kehrplatzbenützungsrecht viel üblichere respektive das
im Verhältnis zum Fussund Fahrrecht in etwa gleich geläufige Parkierungsrecht
ebenfalls explizit erwähnt, hätte er ein solches Recht/Last auf dem Kehrplatz tat-
sächlich begründen wollen. Das ist gegenständlich insofern verfehlt, als es einer-
seits unstreitig nicht darum geht, auf dem Grundstück der Gegenpartei zu parkieren
und die Berufungskläger andererseits für das Parkieren auf dem eigenen Grund-
stück nicht auf die Errichtung einer Dienstbarkeit angewiesen sind. Die Berufungs-
kläger können aus der Fehlüberlegung der Vorinstanz jedoch nichts für sich ablei-
ten. Das "Parkverbot" auf ihrem Grundstück als Last ergibt sich bloss, aber immer-
hin als Konsequenz indirekt aus dem darauf lastenden Wenderecht zu Gunsten des
Grundstücks 1373.
f.
Die Berufungskläger liessen ausführen, bei einer derart weitgehenden
Einschränkung ihres Grundeigentums wäre ein Parkierungsverbot mit Sicherheit
ausdrücklich festgehalten und umschrieben worden. Wenn der in den letzten Jah-
ren von der Berufungsbeklagten geäusserte Wille Vertragsbestandteil sein sollte,
wäre dies im Vertragstext so geschrieben worden. Die Berufungsinstanz kann we-
der theoretisch noch aus Erfahrungssätzen eine solche Sicherheit gewinnen. Im
Übrigen ist die Überlegung der Berufungskläger für die Interpretation auch deshalb
wenig hilfreich, weil sich eine solche "Sicherheit" nur auf den subjektiven Willen von
RM. beziehen könnte und dieser ist, wie gesehen, nicht massgeblich.



23


5.a. Die
Berufungskläger
machten sodann zu ihrem Feststellungsinteresse
allgemein und zu ihrem Eventualbegehren auf Teilablösung der Dienstbarkeit gel-
tend, angesichts der diversen Verfahren mitsamt den aktenkundigen richterlichen
und nachbarlichen Schritten sei ihr Interesse zur Erhebung einer Feststellungsklage
gemäss dem Hauptbegehren und gemäss dem Eventualbegehren (keine Berechti-
gung eines Parkierungsverbots respektive eine diesbezügliche Präzisierung des
Grundbucheintrages mitsamt einer teilweisen Ablösung) offensichtlich gegeben. Die
Ungewissheit der Rechtsstellung der Berufungskläger sei aufgrund der Umstände
unzumutbar und die Behebung durch andere Klagen nicht möglich. Gemäss Art.
736 ZGB könne eine Dienstbarkeit gegen Entschädigung teilweise abgelöst wer-
den, wenn an der Ausübung von Teilbefugnissen jegliches Interesse fehle. Selbst
wenn wider Erwarten davon auszugehen sei, dass nach ursprünglicher Auffassung
der Parteien ein Parkverbot auf der gesamten dienstbarkeitsbelasteten Fläche be-
stehen sollte, habe der heutige Augenschein gezeigt, dass für die in den Rechtsbe-
gehren näher bezeichneten zwei Teilflächen ein derartiges Parkierungsverbot ohne
jegliches Interesse sei. Dementsprechend müsse eine Präzisierung angebracht und
im Grundbuch umgesetzt werden, wobei lediglich eine symbolische Zahlung seitens
der Berufungskläger zu erfolgen habe.
b.
Zum Eventualantrag der Kläger auf (Teil)Ablösung der Dienstbarkeit,
verweist die Berufungsbeklagte auf die Erwägung der Vorinstanz, wonach die Par-
zellen 1373 und 1374 nicht mit einer wechselseitigen (affirmativen) Parkierungs-
dienstbarkeit auf dem Kehrplatz belastet seien. Bestehe keine (entsprechende)
Dienstbarkeit, könne eine solche auch nicht gerichtlich abgelöst werden. Das geht
an der Sache vorbei. Die Kläger haben kein Parkierungsrecht und keine Parkie-
rungsdienstbarkeit, weder auf der eigenen noch auf der gegnerischen Parzelle, re-
klamiert. Das wäre hinsichtlich der eigenen Parzelle 1374 auch überflüssig, weil
ihnen bereits das Eigentum diese Befugnis grundsätzlich einräumt (Art. 641 ZGB).
Umstrittene Rechtsfrage ist vielmehr lediglich, ob das auf Parzelle 1374 lastende
Kehrplatzbenützungsrecht die Wirkung hat, dass die Kläger auf ihrem eigenen
Grund und Boden an bestimmten Stellen nicht parkieren dürfen. Es beschränkt sich
daher auch die Frage der Ablösung auf das Kehrplatzbenützungsrecht.
c.
Eine Ablösung Teilablösung der Dienstbarkeit "Kehrplatzbenüt-
zung" gestützt auf Art. 736 ZGB würde voraussetzen, dass das berechtigte Grund-
stück 1373 an der Inanspruchnahme der beiden umstrittenen Teilflächen von Par-
zelle 1374 zwecks Wenden von Fahrzeugen entweder alles Interesse verloren hat
(Art. 736 Abs. 1 ZGB), dass das vorhandene Interesse der berechtigten



24


Grundeigentümerin daran im Vergleich zur Belastung der Kläger eine derart unver-
hältnismässig geringe Bedeutung erlangt hat, dass ein Festhalten daran ans Miss-
bräuchliche grenzen würde (Art. 736 Abs. 2 ZGB; Petitpierre, a.a.O, N 2 zu Art. 736
ZGB). Beides ist zu verneinen. Die durch die Servitut belastet Fläche ist zwar durch
die Vereinigung des Vorplatzes vor der Garage Nr. 3 mit dem herrschenden Grund-
stück geringer geworden. Selbstredend kann dies jedoch nicht dazu führen, dem
herrschenden Grundstück jegliches Interesse abzusprechen ein geringeres
Interesse zu attestieren. Das Interesse auf weitgehend ungehindertes Wenden auf
dem Platz ist deswegen in seiner Tragweite nicht geringer geworden, geschweige
denn gänzlich entfallen. Weder hat das Interesse des herrschenden Grundstücks
abgenommen, noch ist die Belastung von Parzelle 1374 durch das Verhalten des
Grundeigentümers von Parzelle 1373 dessen Bedürfnisse angestiegen. Selbst
wenn Letzteres der Fall wäre (vgl. dazu Petitpierre, a.a.O., N 13 zu Art. 736 ZGB),
mangelt es an der Unverhältnismässigkeit. Die Berufungsbeklagte hat ein leicht
nachvollziehbares praktisches Bedürfnis, dass an den beiden Stellen keine Perso-
nenwagen parkiert werden. Vom Missbrauch Schikane kann nicht gesprochen
werden.
Die Anwendung von Art. 736 ZGB ist gegenständlich jedoch schon deshalb
abzulehnen, weil das Interesse der Beklagten keinerlei Änderung erfahren hat. Zwi-
schen der behaupteten Parkplatznot respektive dem entsprechend gesteigerten
Bedürfnis der Berufungskläger, den eigenen Grund und Boden von Parzelle 1374
dementsprechend zu nutzen und dem angeblich untragbar gewordenen Interessen-
verhältnis von Berechtigung und Belastung gibt es keinen Kausalzusammenhang.
Die unliebsame Parkplatzsituation der Kläger ist vielmehr darauf zurückzuführen,
dass sie sich ihrer Garage Nr. 3 samt Vorplatz entledigt haben. Daraus kann mit
Bezug auf die Dienstbarkeitsberechtigung der Beklagten keine veränderte, sprich
verminderte Interessenlage konstruiert werden. Führt das Ergebnis der Auslegung
gemäss Art. 738 ZGB zur Bejahung einer bestimmten Ausübungsbefugnis im Sinne
von Art. 737 Abs. 1 ZGB, so impliziert dies darüber hinaus den Bestand eines
schützenswerten Interesses. Es wird sogar angenommen, die ohne Interesse er-
richtete Dienstbarkeit sei nichtig (Simonius/Sutter, Schweizerisches Immobiliarsa-
chenrecht, Bd. II, Basel 1989, S. 76 N 25). Ohne einen Widerspruch heraufzu-
beschwören, kann folglich nicht leichthin angenommen werden, dieses Interesse
habe bereits ursprünglich vollkommen gefehlt sei im Vergleich zur Belastung
von Anfang von unverhältnismässig geringer Bedeutung gewesen.



25


6.
Ihr Feststellungsbegehren hat die Widerklägerin auf "Fahrzeuge ir-
gendwelcher Art" bezogen. Die Berufungskläger haben bereits mit Widerklageant-
wort eingewendet, auf Grund der konkreten Platzverhältnisse beeinträchtige zumin-
dest das Abstellen von Velos, Motorfahrrädern, Motorrädern und Ähnlichem das
Kehrplatzbenützungsrecht nicht. Strittig war somit nicht nur wo, sondern auch was
(welche Art von Vehikel) abgestellt werden darf. Gestützt auf ihre Schlussfolgerung,
die ganze offene und geteerte Fläche zwischen den Garagen 1-4 und dem gegenü-
berliegenden Geländer müsse als Kehrplatz gelten, hat die Vorinstanz das Wider-
klagebegehren Ziffer 1 ohne Umschweife zum Urteil erhoben. Mit dem klägerischen
Einwand bezüglich 2-Radund anderen Vehikeln hat sie sich nicht beschäftigt. Mit
Berufung halten KP. und KS. daran fest. Ihre Rüge erscheint im Wesentlichen be-
gründet. Der Dienstbarkeitsberechtigte ist einerseits verpflichtet, sein Recht in mög-
lichst schonender Weise auszuüben (Art. 737 Abs. 2 ZGB). Das Abstellen eines
Zweirades (Fahrrad, Motorfahrrad, Motorrad) andere Vehikel mit vergleichba-
ren Abmessungen, wie beispielsweise ein Rasenmäher und dergleichen, die we-
sentlich weniger Platz einnehmen als ein Personenwagen, unmittelbar vor der Ga-
rage Nr. 1, das heisst ausserhalb des Zufahrtsund Wendebereichs für die Gara-
gen Nrn. 2,3 und 4, erschwert die Ausübung der Dienstbarkeit nicht (Art. 737 Abs. 3
ZGB). Dieser Platz misst rund 2.4 × 2 m und befindet sich in Zufahrtsrichtung hinter
der Haustreppe zur Liegenschaft auf Parzelle 1374; er kann zum Zweck des Wen-
dens von Personenwagen praktisch nicht benützt werden und ist für ein solches
Manöver auch nicht notwendig. Die Berufungsbeklagte hat das dortige Abstellen
von 2-Rädern und vergleichbaren Vehikeln daher im Sinne der schonenden Aus-
übung ihres Kehrplatzbenützungsrechts zu dulden. Hingegen ist auf einen entspre-
chenden Abstellbereich für 2-Räder an der gegenüberliegenden Westgrenze der
Parzelle 1374 zu verzichten, da gemäss Augenschein und Rekonstruktionen, na-
mentlich für die Benützung der Garage Nr. 3, ein Ausholen in diesen Bereich erfor-
derlich und der Platz daher frei zu halten ist. In diesem beschränkten Sinne ist die
Berufung von KP. und KS. teilweise gutzuheissen.
7.a.
Ist die Berufung von KP. und KS. überwiegend abzuweisen, tragen sie
die Verfahrenskosten (Art. 223 ZPO in Verbindung mit Art. 122 Abs. 1 ZPO), welche
in Anwendung von Art. 5 lit. a (Gerichtsgebühr) und Art. 8 Abs. 1 (Schreibgebühr Fr.
15.— pro Urteilsseite) des Kostentarifs im Zivilverfahren auf Fr. 6'420.— (Gerichts-
gebühr Fr. 6'000.—, Schreibgebühr Fr. 420.—) festzusetzen sind.
b.
Gemäss Art. 122 Abs. 2 ZPO haben die grösstenteils unterlegenen
Berufungskläger ausserdem nach dem gleichem Grundsatz die nahezu vollständig



26


obsiegende Berufungsbeklagte für deren notwendigen Umtriebe im Berufungsver-
fahren zu entschädigen. Eine Honorarnote für seine Aufwendungen im Berufungs-
verfahren hat der Rechtsvertreter der Berufungsbeklagten nicht eingereicht, so dass
die Zivilkammer die Prozessentschädigung nach pflichtgemässem Ermessen durch
Schätzung, unter Berücksichtigung der tatsächlich getätigten und für eine sachge-
rechte Rechtsvertretung notwendigen Aufwendungen, festsetzt. Der Rechtsvertreter
der Berufungskläger hat für seinen Aufwand eine Honorarnote über Fr. 3'976.90
(Zeitaufwand von 16 h, inkl. Augenschein und Hauptverhandlung) eingelegt. Eine
Verfahrensentschädigung von 4'000 Franken (MWST eingerechnet) für das Appel-
lationsverfahren erscheint unter diesen Umständen auch für die Aufwendungen des
Rechtsvertreters der Berufungsbeklagten als angemessen. Eine Reduktion der Ent-
schädigung auf Grund des Prozessausgangs rechtfertigt sich nicht.
c.
Die bündnerische ZPO enthält hinsichtlich der Verteilung von Ge-
richtskosten und Prozessentschädigung an die Gegenpartei auf unterliegende
Streitgenossen keine ausdrücklichen Vorschriften. Es ist jedoch allgemein aner-
kannt, dass das Gericht sowohl bei notwendigen als auch bei einfachen Streitge-
nossen im Urteil solidarische Verpflichtung hinsichtlich der Gerichtskosten und/oder
der Prozessentschädigungen anordnen kann (Max Guldener, Schweizerisches Zi-
vilprozessrecht, 3. A. Zürich 1979, S. 407, Frank/Sträuli/Messmer, a.a.O., N 2 zu §
70; Leuch/Marbach/Kellerhals/Sterchi, Die ZPO für den Kanton Bern, Bern 2000, N
1 zu Art. 61). Diese Lösung erscheint hier jedenfalls für die amtlichen Kosten vorge-
zeichnet, nachdem von den Berufungsklägern nur ein gesamthafter Gerichtskos-
tenvorschuss, für beide haftend, eingeholt wurde (act. 03). Sie ist indessen auch für
die ausseramtlichen Kosten anzuordnen, und den Streitgenossen die interne Aus-
marchung betreffend Tragung des gegnerischen Prozessschadens zu überlassen.



27


Demnach erkennt die Zivilkammer :
1.
Die Berufung von KP. und KS. wird teilweise gutgeheissen und die Ziffer 2
des angefochtenen Urteilsdispositivs wie folgt neu gefasst:
Es wird gerichtlich festgestellt, dass der jeweilige Grundeigentümer des
Grundstücks Parzelle Nr. 1374, "X.", Ox. (Grundbuch der Gemeinde Oz.),
und andere von ihm ermächtigte Personen nicht berechtigt sind, auf dem als
Kehrplatz bestimmten Teil der Parzelle Nr. 1374, das heisst auf der Fläche
zwischen der Garage Nr. 1 und dem gegenüberliegenden Geländer des
Kehrplatzes, Fahrzeuge zu parkieren. Zulässig ist das Parkieren/Abstellen
von Fahrrädern, Motorfahrrädern, Motorrädern und anderen vergleichbaren
Vehikeln unmittelbar vor der Garage Nr. 1, ausserhalb des Zufahrtsund
Wendebereichs für die auf Parzelle Nr. 1373, "X.", Ox. (Grundbuch der Ge-
meinde Oz.), gelegenen Garagen Nrn. 2,3 und 4.
2.
Im Übrigen wird die Berufung abgewiesen und das Urteil des Bezirksgerichts
Prättigau/Davos vom 19. Mai 2005 (Proz. Nr. 110-2003-43) bestätigt.
3.
Die Kosten des Berufungsverfahrens von Fr. 6'420.— (Fr. 6'000.— Gerichts-
gebühr; Fr. 420.— Schreibgebühr) gehen unter solidarischer Haftbarkeit zu
Lasten von KP. und KS..
4.
KP. und KS. sind solidarisch verpflichtet, E. H.-B. für das Berufungsverfahren
eine Prozessentschädigung von 4'000 Franken (MWST eingerechnet) zu be-
zahlen.
5.
Mitteilung an:
__
Für die Zivilkammer des Kantonsgerichts von Graubünden
Der Präsident:
Der Aktuar:


Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

Hier geht es zurück zur Suchmaschine.