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Urteil Kantonsgericht Graubünden (GR)

Kopfdaten
Kanton:GR
Fallnummer:SF-04-15
Instanz:Kantonsgericht Graubünden
Abteilung:-
Kantonsgericht Graubünden Entscheid SF-04-15 vom 15.06.2004 (GR)
Datum:15.06.2004
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:die Übertragung von Immaterialgütern einschliesslich Know-how, die
Schlagwörter : Klagt; Klagte; Angeklagte; Tankstelle; Sicht; Handlung; Täter; Waffe; Gewehr; Sturmgewehr; Recht; Klagten; Gericht; Geklagten; Kanton; Taten; Angeklagten; Waffen; Kantons; Überfall; Unvollendete; Staatsanwalt; Bünden; Gefängnis; Raubüberfälle; Raubversuch
Rechtsnorm: Art. 130 StPO ; Art. 158 StPO ; Art. 21 StGB ; Art. 221 MStG ; Art. 41 StGB ; Art. 63 StGB ; Art. 64 StGB ; Art. 68 StGB ; Art. 69 StGB ; Art. 72 VVG ; Art. 73 MStG ;
Referenz BGE:103 IV 17; 105 IV 241; 115 IV 82; 116 IV 303; 117 IV 397; 117 IV 404; 118 IV 100; 118 IV 97; 120 IV 113; 120 IV 115; 121 IV 184; 74 IV 195; 95 IV 122;
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:-
Entscheid
Kantonsgericht von Graubünden
Tribunale cantonale dei Grigioni
Dretgira chantunala dal Grischun
___________________________________________________________________________________________________
Ref.:
Chur, 15. Juni 2004
Schriftlich mitgeteilt am:
SF 04 15
(mündlich eröffnet)

Urteil
Strafkammer
Vorsitz Präsident
Brunner
RichterInnen Heinz-Bommer,
Rehli, Sutter-Ambühl und Burtscher
Aktuar ad hoc
Fasciati
——————
In der Strafsache
des A., Angeklagter, amtlich verteidigt durch Rechtsanwalt lic. iur. et oec. Pius
Fryberg, Postfach 731, Vazerolgasse 2, 7002 Chur,
mit Verfügung des Staatsanwaltes vom 5. April 2004,
wegen mehrfachen Raubes etc.
in Anklagezustand versetzt,
hat sich ergeben:






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A.
A. wuchs als Einzelkind in geordneten Familienverhältnissen bei sei-
nen Eltern in B. auf. Dort besuchte er sechs Klassen der Primarschule und drei
Klassen der Sekundarschule. Im Anschluss daran absolvierte der Angeklagte eine
dreijährige Lehre als Koch im Restaurant C. in D., die er mit Erfolg abschloss. An-
schliessend machte er im E. in B. eine einjährige Zusatzlehre als Servicefachan-
gestellter. Nach dem Abschluss der Berufsausbildung und der Rekrutenschule war
A. während 1 1/2 Jahren als Kellner im Restaurant F. in G. tätig. In der Folge ab-
solvierte er während 26 Wochen die Unteroffiziersschule in H.. Während ca. fünf
Jahren übte er danach an mehreren Arbeitsstellen verschiedene Tätigkeiten aus,
unter anderem in Büros und im Aussendienst. Ab ca. 1992 oder 1993 wurde A.
während zehn Jahren als sogenannter stiller Teilhaber bei der Firma I. Ferienwoh-
nungen in J. beschäftigt. Dabei bestand seine Tätigkeit vorwiegend in der Vermitt-
lung von Ferienwohnungen für die Vermietung und zum Teil für den Verkauf.
Nebst seiner beruflichen Tätigkeit arbeitete der Angeklagte etwa von 1996 bis zum
Jahre 2001 zusammen mit K. an der Entwicklung eines Reservationssystems für
Ferienwohnungen. Vom Jahre 2001 bis Mitte August 2002 war A. als Verkäufer
der Software des Reservationssystems bei K. angestellt. Er verdiente dabei - in-
klusive einer Provision - monatlich ca. Fr. 2'500.-- netto. Danach war der Ange-
klagte, abgesehen von kurzfristigen temporären Arbeitseinsätzen, vorwiegend ar-
beitslos. Vom 26. April 2003 bis Ende Dezember 2003 führte A., mit einzelnen Un-
terbrüchen, als Subunternehmer bei der Rohrschlosserei L. in M. Montagearbeiten
aus, wobei er dabei monatlich durchschnittlich ca. Fr. 3'000.-- bis Fr. 3'200.-- ver-
diente. Seither ist er arbeitslos. Der Angeklagte besitzt kein steuerbares Vermö-
gen und hat Schulden im Betrag von insgesamt ca. Fr. 70'000.--.
A. verheiratete sich im Jahre 1989 mit N.. Aus dieser Ehe ging ein Kind
hervor. Im Jahre 1992 wurde die Ehe geschieden, wobei das Kind unter die Sorge
der geschiedenen Ehefrau gestellt und später vom Angeklagten zur Adoption frei-
gegeben wurde.
A. ist im Schweizerischen Strafregister nicht verzeichnet. Mit Strafmandat
des Kreispräsidenten O. vom 5. Dezember 1994 wurde der Angeklagte wegen
vorsätzlichen Fahrens in angetrunkenem Zustand etc. mit einer nach einer einjäh-
rigen Probezeit vorzeitig im Strafregister löschbaren Busse von Fr. 1'000.-- be-
straft. Gemäss dem Leumundsbericht der Kantonspolizei Graubünden geniesst A.
einen guten Leumund. Sein früherer Arbeitgeber K. war mit seinen Leistungen in
allen Belangen zufrieden.



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Vom 20. August 2002 bis 5. September 2002 befand sich der Angeklagte in
O. in Untersuchungshaft.
B.
Mit Verfügung vom 5. April 2004 wurde A. wegen mehrfachen Rau-
bes gemäss Art. 140 Ziff. 1 Abs. 1 StGB und unvollendeten Versuchs dazu ge-
mäss Art. 140 Ziff. 1 Abs. 1 StGB in Verbindung mit Art. 21 Abs. 1 StGB, mehrfa-
chen Missbrauchs von Material gemäss Art. 73 Ziff. 1 MStG, mehrfacher Wider-
handlung gegen Art. 33 Abs. 1 lit. a des Bundesgesetzes über Waffen, Waffenzu-
behör und Munition (Waffengesetz), Widerhandlung gegen Art. 33 Abs. 1 lit. a des
Bundesgesetzes über das Kriegsmaterial (Kriegsmaterialgesetz) in Anklagezu-
stand versetzt. Dieser Anklage liegt nach der Anklageschrift der Staatsanwalt-
schaft Graubünden vom 5. April 2004 der folgende Sachverhalt zu Grunde:
"1.1 Am Vormittag des 1. August 2002 fasste A. in seiner Wohnung in J.
den Entschluss, sich nötigenfalls durch einen Überfall Geld zu be-
schaffen. Er demontierte an seiner militärischen Dienstwaffe, dem
Sturmgewehr 90, den Handschutz und legte dieses zusammen mit ei-
nem dunklen Damenstrumpf in den Personenwagen VW Golf. An-
schliessend fuhr der Angeklagte mit diesem Fahrzeug nach O., wo er
nach einer geeigneten Möglichkeit Ausschau hielt, den Überfall zu be-
gehen. Nachdem er sich entschieden hatte, die Tat bei der P. Tank-
stelle an der Q.-Strasse in O. zu verüben, lenkte er den Wagen zu-
nächst zu einem Bauernhof an der R.-Strasse und machte dort die
Kontrollschilder des VW Golf mit Erde unleserlich. In der Folge fuhr A.
zu einem Parkplatz auf der gegenüberliegenden Seite der P. Tankstel-
le, von wo aus er die Tankstelle während ca. 30 bis 40 Minuten beo-
bachtete. Danach parkierte er den Personenwagen auf der anderen
Strassenseite neben der Tankstelle. Als er schliesslich um ca. 13.15
Uhr festgestellt hatte, dass sich ausser einem Angestellten niemand im
Kiosk bzw. an der Kasse der Tankstelle aufhielt, stülpte er den Strumpf
über den Kopf und betrat mit dem Sturmgewehr, das er in der rechten
Hand hielt und unter den Arm eingeklemmt hatte, den Kiosk. Dort trat
er auf den Kassier - S. - hinzu und forderte diesen auf, die Kasse zu
öffnen und ihm alles Geld zu geben. Der Kassier übergab hierauf A. in
einer Plastiktasche sämtliches Bargeld im Betrag von insgesamt Fr.
3'500.--. Der Angeklagte ergriff hierauf mit dem erbeuteten Geld die
Flucht.

1.2 Am Nachmittag des 1. August 2002 fuhr A. mit dem Personenwagen
VW Golf nach B., um dort einen weiteren Raubüberfall zu verüben.
Nachdem er einige Zeit nach einer dafür geeigneten Tankstelle Aus-
schau gehalten hatte, beschloss er, den Überfall bei der T. Tankstelle
an der U.-Strasse in B. zu begehen. Vor der Tat entfernte er die Kon-
trollschilder seines Fahrzeuges und parkierte dieses vor dem Tankstel-
lenkiosk. Anschliessend zog er sich einen dunklen Strumpf über den
Kopf und betrat den Kiosk, wobei er sein militärisches Sturmgewehr 90
unter dem rechten Arm im Anschlag hielt. Dort trat er auf die beiden
Kassiere, das Ehepaar V., hinzu und forderte sie unter vorgehaltener
Waffe auf, die Kasse zu öffnen und das Geld zu geben. Als der Kas-




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sier daraufhin die Kasse geöffnet hatte, entnahm A. mit seiner linken
Hand daraus Notengeld und ergriff damit die Flucht.


Nach den Angaben der Geschädigten beträgt der Deliktsbetrag ca. Fr.
1‘500.--. A. macht indessen geltend, bei dieser Tat nicht mehr als ca.
Fr. 1'100.-- erbeutet zu haben.


Bei beiden Raubüberfällen war das Sturmgewehr nicht geladen. Der
Angeklagte hatte bei den Taten keine Munition mitgeführt.


Der Angeklagte verwendete das von ihm bei beiden Überfällen erbeu-
tete Bargeld, nämlich nach seinen Angaben insgesamt ca. Fr. 4'600.--,
vorwiegend zur Bezahlung rückständiger Wohnungsmieten. Am Abend
des 1. August 2002 leistete er in B. seiner Vermieterin eine Zahlung im
Betrag von Fr. 4‘400.-- in bar.


Mit Verfügung vom 11. Februar 2003 delegierte der Oberauditor der
Armee die Beurteilung des der militärischen Gerichtsbarkeit unterste-
henden Missbrauchs von Material der zivilen Behörde.

2. Am Nachmittag des 14. August 2002, ca. um 16.00 Uhr, fuhr A. mit
dem Personenwagen VW Golf von J. nach O., um dort einen Kollegen
zu besuchen. Während er in O. erfolglos die Wohnung seines Kollegen
suchte, fiel ihm an der W.-Strasse die X. Tankstelle auf. Er wollte sich
vergewissern, ob diese allenfalls für einen Überfall geeignet sei. Zu
diesem Zwecke fuhr er mehrmals an der Tankstelle vorbei und beo-
bachtete diese auch von einem gegenüberliegenden Parkplatz aus.
Sodann lenkte der Angeklagte den Wagen auch zur Tankstelle beim
Autobahnanschluss in Y., wo er feststellte, dass diese für einen Über-
fall zu stark frequentiert würde. Nachdem er sich entschieden hatte,
den Überfall auf die X. Tankstelle zu begehen, fuhr er nach Z. und ent-
fernte dort auf einem Parkplatz die Kontrollschilder seines Wagens. Im
Weiteren legte er das Sturmgewehr 90, das er im Kofferraum des Per-
sonenwagens mitgeführt hatte, vorne rechts auf den Beifahrersitz und
bedeckte es mit einem Tuch. Zudem setzte er sich den dunklen
Strumpf auf den Kopf, zog ihn jedoch nicht über den Kopf und bedeck-
te diesen mit einer Mütze. Danach kehrte A. zur X. Tankstelle nach O.
zurück, wo er ca. um 20.15 Uhr seinen Wagen auf dem Trottoir bei der
Einfahrt zum Parkplatz der Tankstelle parkierte. Nun beobachtete er
den Kiosk der Tankstelle. Als jedoch immer wieder Leute die Tankstel-
le bzw. den Kiosk aufsuchten, verliess ihn nach seinen Angaben der
Mut. Der Angeklagte gab sein Vorhaben zur Verübung der Tat auf und
fuhr von der Tankstelle zügig weg. Gleichzeitig näherte sich ein Poli-
zeifahrzeug der Tankstelle.


Das von A. mitgeführte Sturmgewehr war nicht geladen und der Ange-
klagte hatte nach seinen Angaben damals auch keine Munition bei
sich bzw. in seinem Wagen mitgeführt.

3. A. führte am 1. August 2002 sein Sturmgewehr bei Fahrten mit einem
Personenwagen von J. nach O., von dort nach B. und von B. bis nach
Deutschland mit sich. In O. und B. verwendete er diese Waffe zur Ver-
übung von zwei Raubüberfällen (siehe oben Ziffer 1). Am 3. August
2002 transportierte er sein Sturmgewehr im Personenwagen VW Golf
von Deutschland zurück nach J.. Schliesslich führte er das Sturmge-
wehr am 14. August 2002 auf einer Fahrt von J. nach O. und zurück
nach J. im Fahrzeug mit, und zwar wie bei den erwähnten früheren




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Fahrten vorwiegend im Kofferraum des Wagens; zeitweise hielt er das
Sturmgewehr indessen an diesem letztgenannten Datum auf dem Bei-
fahrersitz für die Verübung eines allfälligen weiteren Raubes bereit
(siehe oben Ziffer 2).


A. war nicht im Besitze einer Waffentragbewilligung im Sinne von Art.
27 des Waffengesetzes.

4. Am 1. August 2002 führte A. sein Sturmgewehr 90 im Kofferraum des
von ihm gelenkten Personenwagens von der Schweiz nach Deutsch-
land aus. Zwei Tage später transportierte er diese Waffe mit dem Wa-
gen wiederum zurück in die Schweiz.


Am 18. Februar 2004 übertrug die Bundesanwaltschaft gestützt auf
Art. 40 Abs. 1 des Kriegsmaterialgesetzes die Strafsache dem Kanton
Graubünden zur Untersuchung und Beurteilung."

C.
Mit Eingabe vom 27. November 2002 machte die BB. adhäsionswei-
se eine Zivilforderung von Fr. 513.40 geltend.
D. Anlässlich
der
Hauptverhandlung
vor der Strafkammer des Kantons-
gerichtes von Graubünden vom 15. Juni 2004 waren der ao. Staatsanwalt lic. iur.
Corsin Capaul sowie A. mit seinem amtlichen Verteidiger, Rechtsanwalt lic. iur. et
oec. Pius Fryberg, anwesend. Es wurden keine Einwände gegen die Zuständigkeit
und die Zusammensetzung des Gerichtes erhoben. In der richterlichen Befragung
bestätigte der Angeklagte die im Verlaufe der Strafuntersuchung gemachten Aus-
sagen und anerkannte die ihm zur Last gelegten Straftaten. Bezüglich seiner per-
sönlichen Verhältnisse legte der Angeklagte dar, dass er nicht mehr arbeitslos sei.
Seit dem 1. April 2004 arbeite er im Hotel CC. in DD. als Supervisor Stewarding.
In dieser Funktion als Cheflogistiker seien ihm 11 Mitarbeiter unterstellt und er sei
verantwortlich für das Controlling, die Reinigung, das Catering und den Partyser-
vice. Diese Tätigkeit gefalle ihm gut. Er verdiene dabei Fr. 3'496.20 netto. Der
amtliche Verteidiger gab den entsprechenden Arbeitsvertrag zu den Akten.
Der ao. Staatsanwalt lic. iur. Corsin Capaul stellte in seinem Plädoyer fol-
gende Anträge:
„1. A. sei im Sinne der Anklage schuldig zu sprechen.
2.
Dafür sei er mit einer Gefängnisstrafe von 2 Jahren zu bestrafen, unter
Anrechnung der erstandenen Untersuchungshaft von 16 Tagen.

3.
Kostenfolge sei die gesetzliche.“
Der Anklagevertreter hielt hinsichtlich des inkriminierten Sachverhaltes im
Wesentlichen fest, dass dieser ausgewiesen sei und durch den Angeklagten, aus-
ser bezüglich einer unbedeutenden Abweichung beim Deliktsbetrag von Fr. 400.--



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beim Überfall auf die T.-Tankstelle in B., vollumfänglich eingestanden werde. Die
beiden vollendeten Raubüberfälle würden den Tatbestand des Raubes in optima
forma erfüllen. Weil davon auszugehen sei, dass die mitgeführte Waffe nicht gela-
den gewesen sei, gelange nicht der qualifizierte Tatbestand von Art. 140 Ziff. 2
StGB zur Anwendung. Der Vorfall an der X.-Tankstelle in O. vom 14. August 2002
sei als unvollendeter Raubversuch und nicht bloss als strafbare Vorbereitungs-
handlung im Sinne von Art. 260bis StGB zu qualifizieren. Der Angeklagte habe
durch sein Vorgehen den entscheidenden Schritt, von dem es in der Regel kein
Zurück mehr gebe, gemacht. Nur weil immer wieder Leute die Tankstelle bzw. den
Kiosk aufgesucht hätten, habe der Angeklagte von seinem Vorhaben abgesehen.
Es seien klar äussere Umstände gewesen und nicht die innere Motivation, die ihn
zu diesem Schritt gezwungen hätten, wofür auch die Persönlichkeit des Angeklag-
ten spreche. Das Bundesgericht und das Kantonsgericht hätten das Auflauern des
Opfers, um es zu überfallen, als unvollendeten Raubversuch qualifiziert. Nach
konstanter Praxis stelle die Verwendung der persönlichen Dienstwaffe als Tatwaf-
fe bei einem Raubüberfall einen Missbrauch von Material im Sinne von Art. 73 Ziff.
1 MStG dar. Der Angeklagte habe auch gegen das Waffengesetz (Gebrauch einer
Waffe zu privaten Zwecken) und das Kriegsmaterialgesetz (Beförderung der
Dienstwaffe im Kofferraum eines Wagens ins Ausland) verstossen. Bezüglich der
Strafzumessung hielt der Anklagevertreter fest, dass das Verschulden des Ange-
klagten ausserordentlich schwer wiege. Die detaillierte Planung und die zeitliche
Nähe der Taten würden einen nicht geringen deliktischen Willen offenbaren. Die
Taten als Kurzschlusshandlung zu bezeichnen, sei eine gewagte Aussage des
Angeklagten. Auch die Tatsache, dass sich A. in einer finanziellen Krise befunden
habe, vermöge sein Verschulden nur unwesentlich zu verringern, handle es sich
doch hier um massive Gewaltdelikte. Strafschärfend wirke sich das Zusammen-
treffen mehrerer Strafbestimmungen und teilweise die mehrfache Tatbegehung
aus. Strafmildernd könne der unvollendete Raubversuch berücksichtigt werden.
Kaum straferhöhend wirke sich die Vorstrafe aus dem Jahre 1994 aus. Hingegen
könne dem Angeklagten in strafminderndem Sinne der gute Leumund und das
vollumfängliche Geständnis zugute gehalten werden. In Würdigung aller Strafzu-
messungsgründe erscheine eine Gefängnisstrafe von zwei Jahre als angemessen,
wobei der Anklagevertreter als Vergleichsfall auf das Urteil des Kantonsgerichts
von Graubünden vom 15. Juni 1999, SF 99/11, verwies. Die erstandene Untersu-
chungshaft von 16 Tagen könne auf die Freiheitsstrafe angerechnet werden. Bei
diesem Strafmass falle die Gewährung des bedingten Strafvollzuges bereits aus
objektiven Gründen ausser Betracht.



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Der amtliche Verteidiger von A., Rechtsanwalt lic. iur. et oec. Pius Fryberg,
wies in seinem Plädoyer darauf hin, dass der Sachverhalt unbestritten sei und sich
mit dem Geständnis des Angeklagten decke. Zur rechtlichen Subsumtion führte er
aus, dass bei den beiden Raubüberfällen vom 1. August 2002 zu Recht der
Grundtatbestand des Raubes eingeklagt worden sei. Beim Vorfall vom 14. August
2002 an der X.-Tankstelle sei die Schwelle zur Vorbereitungshandlung wohl über-
schritten, so dass von einem unvollendeten Raubversuch auszugehen sei. Es
müsse dabei aber Art. 21 Abs. 2 StGB zur Anwendung gelangen. Der Angeklagte
habe die Tat aus eigenem Antrieb nicht zu Ende geführt. Zu den Widerhandlungen
gegen das Waffengesetz und das Kriegsmaterialgesetz habe er keine Bemerkun-
gen. Bei der Strafzumessung führte der amtliche Verteidiger vorab aus, dass zwar
der Grundtatbestand eingeklagt worden sei, die Staatsanwaltschaft aber mit der
beantragten Strafe von zwei Jahren Gefängnis wie vom qualifizierten Raubtatbe-
stand ausgehe. Gemäss der Staatsanwaltschaft wiege das Verschulden des An-
geklagten schwer, weil er innerhalb kurzer Zeit zwei Mal einen Raub begangen
habe. Diesbezüglich sei festzuhalten, dass A. einen Entschluss für die Mittelbe-
schaffung gefasst habe. Somit würden beide Raubtaten unter den gleichen Ent-
schluss fallen, so dass kein schweres Verschulden vorliege. Zudem verwies der
amtliche Verteidiger auf die Strafminderungsgründe des guten Leumunds, des
vollumfänglichen Geständnisses und der Vorstrafenlosigkeit. Das Verfahren habe
auch lange Zeit gedauert, nämlich zwei Jahre seit den Taten und dem Geständnis.
Seit dieser Zeit habe sich der Angeklagte bewährt, was strafmildernd zu berück-
sichtigen sei. Er arbeite seit dem 1. April 2004 im Hotel CC. in DD.. Die Taten
würden nicht in das Bild von A. passen. Die Voraussetzungen für einen bedingten
Strafvollzug seien objektiv wie subjektiv gegeben. Der Angeklagte habe aus dem
vorliegenden Verfahren seine Lehren gezogen. A. sei noch jung. Der amtliche Ver-
teidiger beantragte, es sei eine Strafe auszusprechen, welche den bedingten
Strafvollzug ermögliche. Die Adhäsionsklage der BB. von Fr. 513.40 werde aner-
kannt.
Replicando hielt der ao. Staatsanwalt fest, mit den beantragten zwei Jahren
Gefängnis finde keine Annäherung an den qualifizierten Raubtatbestand statt. Mit
einer geladenen Waffe hätte von einer Mindeststrafe von zwei Jahren Zuchthaus
ausgegangen werden müssen. Aufgrund der vorliegenden Taten hätte diese Min-
deststrafe dann erhöht werden müssen. Zutreffend sei hingegen, dass das Verfah-
ren lange gedauert habe. Der Angeklagte hätte in dieser Zeit die Gelegenheit ge-
habt, sich bei den Opfern zu entschuldigen oder Teilrückzahlungen zu machen,
was nicht geschehen sei.



8


In seiner Duplik führte der amtliche Verteidiger aus, eine Rückzahlung sei
für den Angeklagten schwierig gewesen, da er arbeitslos gewesen sei.
Der Angeklagte entschuldigte sich in seinem Schlusswort bei den Kassie-
rern der Tankstellen, die vor ihm Angst gehabt haben. Zudem entschuldigte er
sich bei den Tankstellen für den erlittenen Verlust. Er wäre froh, wenn er seine
jetzige Stelle, die er nach langem suchen gefunden habe, behalten könne. Es sei
heute schwer, eine Stelle zu finden. Nach einem Strafvollzug sei dies für ihn noch
schwieriger. Es wäre deshalb froh, wenn eine bedingte Strafe ausgesprochen
würde. Eine Rückzahlung an die Geschädigten sei infolge seiner Arbeitslosigkeit
schwierig gewesen. Er sei in dieser Zeit von seiner Freundin und seinen Eltern
unterstützt worden.
Auf die weiteren Ausführungen in den mündlichen Vorträgen wird, soweit
erforderlich, in den nachstehenden Erwägungen eingegangen.
Die Strafkammer zieht in Erwägung :
1. a) Des Raubes gemäss Art. 140 Ziffer 1 Abs. 1 StGB macht sich straf-
bar, wer mit Gewalt gegen eine Person oder unter Androhung gegenwärtiger Ge-
fahr für Leib oder Leben oder nachdem er den Betroffenen zum Widerstand unfä-
hig gemacht hat, einen Diebstahl begeht. Die Strafe beträgt Zuchthaus bis zu zehn
Jahren oder Gefängnis nicht unter sechs Monaten. Der Täter muss also zunächst
Gewalt ausüben oder Nötigungshandlungen vornehmen, welche den Diebstahl
erst ermöglichen, und alsdann diesen auch wirklich verüben; erst damit ist die Tat
vollendet. Die Nötigungshandlung muss sich gegen den Gewahrsamsinhaber oder
jemanden richten, der den Gewahrsam eines anderen vorübergehend hütet bzw.
verteidigt. Bei der Androhung gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben, welche
durch entsprechende Äusserungen sowie durch konkludente Handlungen gesche-
hen kann, muss dem Opfer sinngemäss ein so erheblicher Schaden an Körper
oder Gesundheit in Aussicht gestellt werden, dass sich unter den gleichen Um-
ständen normalerweise auch ein anderer dem Angreifer beugen würde. Allgemein
ist anerkannt, dass der Täter seine Drohung nicht zu verwirklichen wollen braucht.
Es genügt, wenn für das Opfer dieser Eindruck erweckt wird, wie das z. B. beim
Vorhalten einer ungeladenen Schusswaffe regelmässig geschieht (vgl. BGE 121
IV 184, 107 IV 33). Der Täter muss sodann einen Diebstahl nach Art. 139 Ziff. 1
StGB begehen. Dieser muss ihm gerade durch die Gewalt oder die Nötigungs-
handlungen ermöglicht oder mindestens erleichtert werden (vgl. Reh-



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berg/Schmid/Donatsch, Strafrecht III, 8. Aufl., B. 2003, S. 136 ff.). Tatobjekt kann
somit nur eine fremde bewegliche Sache sein. Die Tathandlung besteht beim
Diebstahl in der Wegnahme der fremden beweglichen Sache. Nach einhelliger
Lehre und Praxis nimmt eine Sache weg, wer den an ihr bestehenden Gewahrsam
eines andern bricht und neuen, in der Regel eigenen Gewahrsam begründet. Ver-
langt wird als erste Voraussetzung des Gewahrsams die physisch-reale Möglich-
keit der Einwirkung auf die Sache. Vorauszusetzen ist weiter, dass der Gewahr-
samsträger die Sache entsprechend seinen Einwirkungsmöglichkeiten beherr-
schen will. Der Bruch des Gewahrsams beinhaltet begrifflich ein Handeln gegen
den Willen des Inhabers. Er liegt regelmässig in der Entfernung der Sache (vgl.
zum Ganzen Rehberg/Schmid/Donatsch, a.a.O., S. 120 ff.; Trechsel, Kurzkom-
mentar zum Schweizerischen Strafgesetzbuch, 2. Aufl., B. 1997, N 1 ff. zu Art. 139
StGB). In subjektiver Hinsicht ist der Vorsatz des Täters, gegenüber dem Gewahr-
samsinhaber Gewalt auszuüben oder Nötigungshandlungen vorzunehmen und
sich dadurch die Verübung eines Diebstahls zu ermöglichen, erforderlich. Zudem
müssen alle subjektiven Voraussetzungen des Diebstahls erfüllt sein, das heisst
das Wissen des Täters um die Fremdheit der Sache und sein Wille zum Bruch des
fremden und zur Begründung des eigenen Gewahrsams an der Sache, die Aneig-
nungsabsicht sowie die Absicht unrechtmässiger Bereicherung (vgl. Reh-
berg/Schmid/Donatsch, a.a.O., S. 140 in Verbindung mit S. 129 ff.).
b) Der in der Anklageschrift aufgeführte Sachverhalt ist insofern unbestritten
und anerkannt, als A. überführt und geständig ist, am 1. August 2002 um ca. 13.15
Uhr einen Raubüberfall auf die P.-Tankstelle an der Q.-Strasse in O. und um
19.40 Uhr desselben Tages einen weiteren Raubüberfall auf die T.-Tankstelle an
der U.-Strasse in B. verübt zu haben. Er stülpte sich bei beiden Überfällen einen
Strumpf über den Kopf, betrat mit dem militärischen Sturmgewehr 90 in der rech-
ten Hand bzw. unter dem rechten Arm im Anschlag die entsprechenden Tankstel-
lenkioske, forderte die Kassiere, in B. unter vorgehaltener Waffe, auf, die Kasse zu
öffnen und das Geld zu geben und ergriff, nachdem er das Geld in einer Plastik-
tasche erhalten hatte (O.) bzw. mit der linken Hand aus der Kasse genommen hat-
te (B.), die Flucht (vgl. act. 3.3 S. 1 f., 4.1 S. 1 f., 4.13 S. 1, 7.15, 7.16, 8.8 S. 1 f.,
8.9, 8.11). Beim Raubüberfall in O. erbeutete der Angeklagte Fr. 3'500.--, bei dem-
jenigen in B. gemäss seinen eigenen Angaben ca. Fr. 1'100.--, gemäss Angaben
der Geschädigten ca. Fr. 1'500.-- (vgl. act. 3.3 S. 2, 4.1 S. 1 f., 4.13 S. 1, 7.7, 7.15
S. 4, 7.16 S. 2, 8.2 S. 4, 8.9 S. 1 f., 8.11). Das Sturmgewehr war bei beiden Raub-
überfällen nicht geladen. Der Angeklagte hatte bei den Taten keine Munition dabei
(vgl. act. 3.3 S. 2, 4.1 S. 1 f., 7.15 S. 2, 7.16 S. 2, 8.11 S. 2). Auch anlässlich der



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Hauptverhandlung stand A. dazu, die beiden Raubüberfälle begangen zu haben.
Sein Geständnis deckt sich denn auch mit der allgemeinen Beweislage. Somit
steht ausser Frage, dass A. für die beiden Raubüberfälle auf die P.-Tankstelle in
O. und die T.-Tankstelle in B. verantwortlich ist.
c) Indem A. bei den beiden Raubüberfällen das militärische Sturmgewehr
90 in der Hand bzw. im Anschlag hielt, hat er die jeweiligen Kassiere und die Kas-
siererin mit einer gegenwärtigen Gefahr für Leib und Leben bedroht (vgl. BGE 72
IV 56 ff.). Damit schüchterte er die Opfer ein, um an das Geld zu kommen. Den
Opfern wurde mit dem Vorhalten des Sturmgewehrs ein so erheblicher Schaden
an Körper oder Gesundheit in Aussicht gestellt, dass sie sich der Drohung
zwangsläufig beugen mussten. Durch das Vorhalten des ungeladenen Sturmge-
wehrs erhielten die Opfer nämlich den Eindruck, der Angeklagte wolle seine Dro-
hung verwirklichen (vgl. BGE 121 IV 184, 107 IV 33). Unter dem Eindruck dieser
Bedrohung öffneten die Kassiere S. (P.-Tankstelle in O.) und V. (T.-Tankstelle in
B.) die Kasse. S. händigte A. widerstandslos das sich in der Kasse befindende
Bargeld in einer Plastiktasche aus. Beim Überfall in B. nahm der Angeklagte das
Notengeld selbst aus der nunmehr geöffneten Kasse heraus. Bei beiden Taten
nahm A. das Geld an sich und ergriff dann die Flucht. Damit erfüllt der Angeklagte
auch die objektiven Voraussetzungen des Diebstahls. Die Nötigungshandlung
(Vorhalten des Sturmgewehrs) hat den Gelddiebstahl ermöglicht. Der Diebstahl
wurde durch die Wegnahme des Geldes auch begangen. Somit hat A. durch seine
Handlungsweisen den objektiven Tatbestand des Raubes im Sinne von Art. 140
Ziff. 1 Abs. 1 StGB erfüllt.
An einer vorsätzlichen Tatbegehung durch den Angeklagten kann ange-
sichts seines Vorgehens (Auskundschaften und Beobachten des Tatortes, Un-
kenntlichmachen bzw. Demontieren der Fahrzeugkontrollschilder, Abstellen des
Fahrzeuges für die Flucht, Maskierung, Mitführen des militärischen Sturmgewehrs)
und der einzelnen Tatumstände kein Zweifel bestehen. Aufgrund seiner finanziel-
len Probleme fasste der Angeklagte in seiner Wohnung in J. den Entschluss, sich
nötigenfalls durch einen Überfall Geld zu beschaffen. Deshalb habe er das Sturm-
gewehr und einen Strumpf genommen und sei mit einem Personenwagen nach O.
gefahren. Dort habe er sich entschlossen, die P.-Tankstelle an der Q.-Strasse zu
überfallen. Der Kassier sei unheimlich erschrocken. Den Überfall habe er zur Be-
reicherung gemacht, damit er die Wohnungsmiete bezahlen könne. Beim Überfall
in O. habe er zu wenig Geld erbeutet, um die ausstehenden Wohnungsmieten
zahlen zu können. Er habe gewusst, dass er nochmals einen Überfall machen



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müsse und habe diesen in B. geplant. Dort habe er den Entschluss gefasst, die
fragliche T.-Tankstelle zu überfallen (vgl. act. 7.15, 8.9). Indem sich der Angeklag-
te mit Wissen und Willen, unter Androhung einer gegenwärtigen Gefahr für Leib
oder Leben (Vorhalten des Sturmgewehrs) das Geld der Geschädigten in Berei-
cherungsabsicht aneignete, hat er auch sämtliche subjektiven Tatbestandsele-
mente von Art. 140 Ziff. 1 Abs. 1 StGB erfüllt. A. bedrohte die Kassiere bewusst
mit einer Gefahr für Leib oder Leben. Er wollte sich mittels der Bedrohung mit dem
Sturmgewehr den Diebstahl ermöglichen, was ihm auch gelungen ist. Der Ange-
klagte hat sich das Geld nämlich angeeignet, indem er es an sich nahm, um es für
seine eigenen Bedürfnisse zu verwenden. Er zahlte damit am gleichen Tag noch
Fr. 4'400.-- an seine Vermieterin für ausstehende Mietzinse (vgl. act. 7.6, 8.9 S. 2).
Offenkundig war A. durch das Geld auch bereichert, und zwar ohne einen Rechts-
anspruch auf diese Bereicherung zu haben.
Im Ergebnis ist somit festzuhalten, dass sich A. des mehrfachen Raubes
gemäss Art. 140 Ziff. 1 Abs. 1 StGB schuldig gemacht hat. Da die vom Angeklag-
ten mitgeführte Waffe nicht geladen war und er auch keine Munition dabei hatte,
kommt der qualifizierte Raubtatbestand von Art. 140 Ziff. 2 StGB nicht zur Anwen-
dung (vgl. Rehberg/Schmid/Donatsch, a.a.O., S. 143 in Verbindung mit S. 133 f.).
2. a) Auch der weitere in der Anklageschrift aufgeführte Sachverhalt ist in-
sofern unbestritten und anerkannt, als A. überführt und geständig ist, sich am
Abend des 14. August 2002 längere Zeit bei der X.-Tankstelle an der W.-Strasse
in O. aufgehalten zu haben, in der Absicht, auf diese einen Raubüberfall zu verü-
ben. Der Angeklagte kundschaftete diese Tankstelle aus, indem er mehrmals an
ihr vorbei fuhr und sie auch von einem gegenüberliegenden Parkplatz aus beo-
bachtete. Zudem lenkte A. den Wagen auch zur Tankstelle beim Autobahnan-
schluss in Y.. Dort stellte er fest, dass diese für einen Überfall infolge der starken
Frequentierung nicht geeignet war. Nachdem er den Entschluss gefasst hatte, die
X.-Tankstelle zu überfallen, fuhr er Richtung Z. und entfernte auf dem Kiespark-
platz beim Autobahnanschluss AA. die Kontrollschilder des Fahrzeuges. Zudem
holte der Angeklagte das Sturmgewehr 90, das im Kofferraum lag, nach vorne und
legte es auf den Beifahrersitz. Er setzte sich auch den dunklen Strumpf auf den
Kopf, zog ihn jedoch nicht herunter und bedeckte den Kopf mit einer Mütze. Dann
kehrte er um ca. 20.15 Uhr zur X.-Tankstelle zurück und beobachtete den Kiosk
der Tankstelle. Schlussendlich hat ihn der Mut verlassen, die Tat auszuführen und
er ist dann weggefahren. Zu diesem Zeitpunkt hielten sich mehrere Leute bei der
Tankstelle auf, so dass es ungünstig war, die Tat auszuführen. Das vom Ange-



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klagten im Fahrzeug mitgeführte Sturmgewehr war nicht geladen. A. hatte keine
Munition bei sich bzw. in seinem Wagen (vgl. act. 3.3 S. 2, 4.13 S. 2, 9.3 S. 2 f.,
9.4 S. 2 f., 9.5). Auch anlässlich der Hauptverhandlung bestätigte der Angeklagte
diesen Sachverhalt. Im Folgenden ist nun abzuklären, ob das Verhalten des An-
geklagten als strafbare Vorbereitungshandlung gemäss Art. 260bis StGB oder als
unvollendeter Raubversuch zu qualifizieren ist. Die Staatsanwaltschaft klagte den
Vorfall vom 14. August 2002 an der X.-Tankstelle als unvollendeten Raubversuch
ein. Auch der amtliche Verteidiger anerkannte, dass bei diesem Vorfall die
Schwelle zur Vorbereitungshandlung überschritten sein dürfte.
b) Ein unvollendeter Versuch nach Art. 21 StGB liegt vor, wenn der Täter
zwar seinen Vorsatz manifestiert, aber nicht alles getan hat, was er nach seiner
Vorstellung tun wollte, um die Tat zu vollenden. Der Grund kann darin liegen, dass
der Täter freiwillig, aus eigenem Antrieb, zurücktrat (Art. 21 Abs. 2 StGB) oder
dass gemäss Art. 21 Abs. 1 StGB äussere Umstände den Täter zum Aufhören
zwangen (vgl. Trechsel/Noll, Schweizerisches Strafrecht, AT I, 4. Aufl., B. 1994, S.
156; Riklin, Schweizerisches Strafrecht, AT I, B. 1997, S. 208 f.; Trechsel, a.a.O.,
N 1 zu Art. 21 StGB). Das Bundesgericht geht bei der Abgrenzung einer straflosen
Vorbereitungshandlung vom strafbaren Versuch von der Schwellentheorie aus.
Demnach gehört zur Ausführung der Tat, das heisst zum strafbaren Versuch,
schon jede Tätigkeit, die nach dem Plan des Täters auf dem Weg zum Erfolg den
letzten entscheidenden Schritt darstellt, von dem es in der Regel kein Zurück mehr
gibt (point of no return), es sei denn wegen äusserer Umstände, die eine Weiter-
verfolgung der Absicht erschweren oder verunmöglichen (vgl. BGE 120 IV 115 mit
Hinweisen, 119 IV 253). Ob diese Schwelle überschritten ist, ist nach der Persön-
lichkeit des Täters und den Umständen des Einzelfalles zu entscheiden (vgl. BGE
87 IV 155, 83 IV 145). So wäre der point of no return bei einem Rückfalltäter eher
früher festzulegen, als bei einem Ersttäter. Weitere massgebende Kriterien für die
Abgrenzung des Versuchs von der Vorbereitungshandlung sind die Tatentschlos-
senheit und die zeitliche Tatnähe (vgl. BGE 117 IV 397; vgl. zum Ganzen Riklin,
a.a.O., S. 213 mit Hinweisen; Stratenwerth, Schweizerisches Strafrecht, AT I, 2.
Aufl., Bern 1996, S. 309 ff.; Trechsel/Noll, a.a.O., S. 158 ff.). Nach Trechsel/Noll
macht der Täter den entscheidenden Schritt, wenn er sich sagt: "Hier und jetzt
vollbring ich's" (Trechsel/Noll, a.a.O., S. 159).
c) Der Angeklagte kundschaftete vorerst die X.-Tankstelle aus. Nach dem
Entschluss, diese Tankstelle zu überfallen, fuhr A. mit seinem Fahrzeug Richtung
Z.. Auf dem Kiesparkplatz beim Autobahnanschluss AA. montierte er die Kontroll-



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schilder ab. Zudem legte er das im Kofferraum mitgeführte Sturmgewehr vorne
rechts auf den Beifahrersitz. Er setzte sich auch den dunklen Strumpf auf den
Kopf, zog ihn jedoch nicht herunter und bedeckte diesen mit einer Mütze. Danach
fuhr der Angeklagte wieder nach O. zurück, parkierte sein Fahrzeug auf dem Trot-
toir bei der Einfahrt zum Parkplatz der X.-Tankstelle und beobachtete den Tank-
stellenkiosk über den Fahrzeugrückspiegel. Dieses Verhalten des Angeklagten
stellt mehr als eine Vorbereitungshandlung dar. Das Entfernen der Kontrollschil-
der, das Holen des Sturmgewehrs vom Kofferraum auf den Beifahrersitz, das Auf-
setzen des Strumpfes und das danach folgende Parkieren und Beobachten der
Tankstelle stellen den letzten entscheidenden Schritt auf dem Weg zum Erfolg
dar, von dem es in der Regel kein Zurück mehr gibt. Damit hat A. den entschei-
denden Schritt zur Ausführung eines Raubes getan, bei dem nach seinem Plan
das Opfer mit einer Waffe hätte bedroht werden sollen. Der Angeklagte ist auf
dem Weg zur Tat durch diese Handlungen schon sehr weit gegangen. Die
Schwelle von der straflosen, bzw. beim Raub strafbaren (vgl. Art. 260bis StGB),
Vorbereitungshandlung zum strafbaren Versuch wurde überschritten, so dass der
erwähnte Vorfall als unvollendeter Raubversuch zu qualifizieren ist (vgl. dazu auch
BGE 120 IV 113 ff. und Urteil des Kantonsgerichts von Graubünden vom 22./24.
September 1986, SF 31/86, wo das Auflauern des Opfers, um es später zu über-
fallen, als unvollendeter Raubversuch qualifiziert wurde). Dies ergibt sich auch aus
der zeitlichen Tatnähe und aus der Täterpersönlichkeit, lagen doch die zwei vom
Angeklagten verübten Raubüberfälle vom 1. August 2002 nur gerade zwei Wo-
chen zurück. Auch prüfte der Angeklagte am 14. August 2002 noch weitere Tank-
stellen auf ihre Überfalltauglichkeit, namentlich die Tankstelle beim Autobahnan-
schluss in Y. und die T.-Tankstelle in Z..
d) Im Weiteren ist nun zu prüfen, ob A., wie von der Staatsanwaltschaft
ausgeführt, aufgrund äusserer Umstände von der Tat absah und somit Art. 21
Abs. 1 StGB zur Anwendung gelangt, oder ob er gemäss Abs. 2 der genannten
Bestimmung aus eigenem Antrieb die strafbare Tätigkeit nicht zu Ende geführt hat,
wie das der amtliche Verteidiger vorbringt.
Gemäss Art. 21 Abs. 2 StGB kann der Richter von einer Bestrafung wegen
des unvollendeten Versuchs Umgang nehmen, wenn der Täter aus eigenem An-
triebe die strafbare Tätigkeit nicht zu Ende führt. Dabei muss der Täter seinen
Vorsatz aufgeben und dementsprechend seine Tätigkeit endgültig einstellen. Zu-
dem muss der Rücktritt freiwillig sein. Freiwillig ist der Rücktritt nach der Formel
von Frank, wenn sich der Täter sagt: "Ich will nicht, obwohl ich könnte" (vgl.



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Trechsel/Noll, a.a.O., S. 162). Freiwilligkeit setzt voraus, dass der Täter die Voll-
endung für möglich hält. Auf die Beschaffenheit und die ethische Bewertung der
Motive, die zum freiwilligen Rücktritt führen, kommt es nicht an (vgl. Trechsel/Noll,
a.a.O., S. 162 f.; Riklin, a.a.O., S. 215; Stratenwerth, a.a.O., S. 326 ff.).
Gemäss seinen eigenen Aussagen fehlte dem Angeklagten der Mut, um die
Tat zu vollenden. Er sei deshalb von der X.-Tankstelle weggefahren. In diesem
Zeitpunkt hätten sich mehrere Leute bei der Tankstelle aufgehalten, so dass sie
für einen Raubüberfall nicht geeignet gewesen sei. Er hätte ohne weiteres auf eine
günstigere Situation warten können, habe aber aus eigenem Entschluss sein Vor-
haben vorher aufgegeben. Auch habe es während der Beobachtungszeit durchaus
Momente gegeben, in welchen er den Raub hätte verüben können, da sich keine
Kundschaft an der Tankstelle und im Verkaufsraum befunden habe. Etwas in ihm
drinnen habe ihm gesagt, dass er die Tat nicht verüben solle und er sei dann
weggefahren. Das gleichzeitig auftauchende Polizeifahrzeug habe er nicht wahr-
genommen und auch der auf der gegenüberliegenden Strassenseite bei einer Ga-
rageneinfahrt abgestellte Streifenwagen habe ihn nicht beunruhigt (vgl. act. 3.3 S.
2, 4.13 S. 2, 9.3 S. 2, 9.4 S. 3, 9.5). An der Hauptverhandlung führte A. aus, er
habe sein Vorhaben aufgegeben, weil ein Gefühl von Unrecht vorhanden gewesen
sei. Der Mut habe ihn verlassen. Der letzte Schub habe gefehlt. Bei den beiden
Taten vom 1. August 2002 habe er keinen anderen Ausweg gesehen. Die über-
einstimmenden Aussagen von A. im Untersuchungsverfahren und an der Haupt-
verhandlung zeigen, dass er aus eigenem Antrieb die Tat nicht zu Ende geführt
hat und nicht aufgrund äusserer Umstände wie die hohe Personenfrequentierung
an der Tankstelle oder das auftauchende Polizeifahrzeug. A. hätte auf einen güns-
tigeren Zeitpunkt für den Überfall warten können als denjenigen, als er wieder
weggefahren ist. Er hätte warten können, bis weniger oder keine Leute an der
Tankstelle gewesen wären. Dies tat er aber nicht. Vielmehr hat er aus eigenem
Entschluss sein Vorhaben aufgegeben, da seine innere Stimme ihm gesagt hat, er
solle die Tat nicht verüben. Es war ein Gefühl von Unrecht vorhanden. Zudem hat
ihn der Mut verlassen. Somit ist die innere Motivation für diesen Schritt verantwort-
lich. Obwohl der Angeklagte die Möglichkeit gehabt hätte, die Tat zu vollenden,
hat er freiwillig aufgegeben. A. hat sich entschlossen, die strafbare Tätigkeit nicht
zu Ende zu führen. Er wollte die Tat nicht ausführen, obwohl er es gekonnt hätte.
Nicht entscheidend ist dabei das Motiv für seine freiwillige Aufgabe, nämlich sein
Unrechtsgefühl und seine Mutlosigkeit. Somit kann die Freiwilligkeit des Rücktritts
bejaht werden.



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Für die Frage, ob das Gericht nach seinem Ermessen von einer Bestrafung
Umgang nehmen oder nur die Strafe mildern soll, kommt es darauf an, ob die Mo-
tive des Täters ethisch hochstehend waren oder nicht. Nur der Rücktritt aus ach-
tenswerten Beweggründen rechtfertigt Straffreiheit (vgl. Trechsel/Noll, a.a.O., S.
163; Riklin, a.a.O., S. 215; Jenny, Basler Kommentar, StGB I, DD. 2003, N 38 zu
Art. 21 StGB). Der Angeklagte hatte beim fraglichen Vorfall vom 14. August 2002
ein ungutes Gefühl. Sein Unrechtsbewusstsein hat ihn schliesslich dazu bewogen,
von der Vollendung der Tat abzusehen, was als achtenswerter Beweggrund anzu-
sehen ist.
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass A. des unvollendeten
Raubversuchs gemäss Art. 140 Ziff. 1 Abs. 1 StGB in Verbindung mit Art. 21 Abs.
2 StGB schuldig ist, wobei das Gericht von einer diesbezüglichen Bestrafung Um-
gang nimmt.
3.
Gemäss Art. 73 Ziff. 1 MStG wird, sofern keine andere Strafbestim-
mung zutrifft, mit Gefängnis bestraft, wer Waffen, Munition, Ausrüstungsgegen-
stände, Pferde, Fahrzeuge oder andere ihm dienstlich anvertraute oder überlas-
sene Sachen missbräuchlich verwendet, veräussert, verpfändet, beiseiteschafft,
im Stiche lässt, vorsätzlich oder fahrlässig beschädigt, Schaden nehmen oder zu-
grunde gehen lässt oder wer solche ihm zugängliche Sachen missbräuchlich ver-
wendet. Mit Verfügung vom 11. Februar 2003 delegierte der Oberauditor der Ar-
mee gestützt auf Art. 221 MStG und Art. 46 Abs. 2 MStV die Beurteilung des der
militärischen Gerichtsbarkeit unterstehenden Missbrauchs von Material der zivilen
Behörde (vgl. act. 4.8, 4.9), weshalb das Kantonsgericht dafür zuständig ist. Als
Missbrauch von Material wird jede Verwendung qualifiziert, die nicht ausschliess-
lich zu dienstlichen Zwecken erfolgt. Ein Schaden am verwendeten Material ist
nicht erforderlich (vgl. BGE 103 IV 17). A. hat bei den beiden Raubüberfällen vom
1. August 2002 und dem unvollendeten Raubversuch vom 14. August 2002 seine
militärische Dienstwaffe mitgeführt. Die Verwendung der persönlichen Dienstwaffe
als Tatwaffe bei einem Raubüberfall stellt zweifellos einen Missbrauch von Materi-
al im Sinne von Art. 73 Ziff. 1 MStG dar (vgl. Urteil des Kantonsgerichts von Grau-
bünden vom 8. September 1998, SF 98/16, mit Hinweisen; ausführlich zu dieser
Bestimmung Popp, Kommentar zum Militärstrafgesetz, Besonderer Teil, St. Gallen
1992, N 1 ff. zu Art. 73 MStG). Durch sein Verhalten hat sich A. des mehrfachen
Missbrauchs von Material im Sinne der erwähnten Bestimmung schuldig gemacht.



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4.
Der Angeklagte hatte am 1. August 2002 bei den Fahrten in einem
Personenwagen von J. nach O., von dort nach B. und von B. nach Deutschland
sein Sturmgewehr dabei. Dieses verwendete er bekanntlich in O. und B. als Tat-
waffe bei der Verübung von zwei Raubüberfällen. Am 3. August 2002 transportier-
te A. seine Dienstwaffe in einem Fahrzeug von Deutschland zurück nach J.. Auch
bei einer Fahrt von J. nach O. und der Rückfahrt nach J. am 14. August 2002 führ-
te der Angeklagte das Sturmgewehr, vorwiegend im Kofferraum, in einem Perso-
nenwagen mit. Zeitweise hielt er an diesem Datum die Waffe auch auf dem Bei-
fahrersitz für die Verübung eines allfälligen weiteren Raubes bereit (vgl. act. 4.1,
4.12, 4.13 S. 2). Auch anlässlich der Hauptverhandlung anerkannte der Angeklag-
te diesen Sachverhalt. Wenn Waffen durch Angehörige der Armee zu privaten
Zwecken gebraucht werden, findet das Bundesgesetz über Waffen, Waffenzube-
hör und Munition (Waffengesetz) Anwendung (vgl. Weissenberger, Die Strafbe-
stimmungen des Waffengesetzes, in: AJP 2000, S. 156). Der Angeklagte hat sich
durch sein Verhalten der mehrfachen Widerhandlung gegen Art. 33 Abs. 1 lit. a
des Waffengesetzes schuldig gemacht. Gemäss der genannten Bestimmung wird
mit Gefängnis oder Busse bestraft, wer vorsätzlich ohne Berechtigung unter ande-
rem Waffen überträgt, vermittelt, erwirbt, herstellt, abändert, trägt oder einführt.
Der Angeklagte war nicht im Besitze einer Waffentragbewilligung im Sinne von Art.
27 des Waffengesetzes.
5.
Am 1. August 2002 führte der Angeklagte seine militärische Dienst-
waffe im Kofferraum eines Personenwagens von der Schweiz nach Deutschland
aus und zwei Tage später wiederum zurück in die Schweiz (vgl. act. 3.3 S. 3, 4.12
S. 2, 4.13 S. 2). Auch diesen Sachverhalt hat A. anlässlich der Hauptverhandlung
anerkannt. Am 18. Februar 2004 übertrug die Bundesanwaltschaft gestützt auf Art.
40 Abs. 1 des Bundesgesetzes über das Kriegsmaterial (Kriegsmaterialgesetz) die
Strafsache dem Kanton Graubünden zur Untersuchung und Beurteilung (vgl. act.
4.15, 4.16), weshalb das Kantonsgericht auch diesbezüglich zuständig ist. Als
Kriegsmaterial gelten gemäss Art. 5 Abs. 1 lit. a des genannten Gesetzes unter
anderem Waffen (vgl. dazu auch Art. 2 und Anhang 1 der Kriegsmaterialverord-
nung). Der Angeklagte hat gemäss eigenen Angaben beim Grenzübertritt daran
gedacht, dass er seine Dienstwaffe bei sich hatte. Er habe jedoch keine Möglich-
keit gesehen, sie vor dem Grenzübertritt zu deponieren, so dass er sie mitge-
nommen habe. Es sei ihm bewusst gewesen, dass dies nicht erlaubt sei (vgl. act.
3.3 S. 3, 4.12 S. 2). Durch dieses Verhalten hat sich der Angeklagte der Wider-
handlung gegen Art. 33 Abs. 1 lit. a des Kriegsmaterialgesetzes schuldig gemacht.
Gemäss dieser Bestimmung wird mit Gefängnis oder mit Busse bis zu 1 Million



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Franken bestraft, wer vorsätzlich ohne entsprechende Bewilligung oder entgegen
den in einer Bewilligung festgesetzten Bedingungen oder Auflagen Kriegsmaterial
herstellt, einführt, durchführt, ausführt, damit handelt, es vermittelt oder Verträge
betreffend die Übertragung von Immaterialgütern einschliesslich Know-how, die
sich auf Kriegsmaterial beziehen, oder die Einräumung von Rechten daran ab-
schliesst.
6. a) Bei der Strafzumessung hat der Richter gemäss Art. 63 StGB vom
Verschulden des Täters auszugehen und insbesondere die Beweggründe, das
Vorleben und die persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen. Das Verschulden
umfasst nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung den gesamten Unrechts-
und Schuldgehalt der konkreten Straftat. Der Bemessung der Schuld ist die
Schwere der Tat zu Grunde zu legen. Weiter unterscheidet man beim Verschulden
Tat- und Täterkomponenten. Bei der Tatkomponente betrachtet man das Ausmass
des verschuldeten Erfolges, die Art und Weise seiner Herbeiführung, die Willens-
richtung, mit welcher der Täter handelte, und seine Beweggründe. Die Täterkom-
ponente hingegen umfasst Vorleben, insbesondere auch allfällige Vorstrafen, und
persönliche Verhältnisse des Täters sowie das Verhalten nach der Tat oder im
Strafverfahren, wie zum Beispiel Reue, Einsicht oder Strafempfindlichkeit (BGE
117 IV 112 ff. mit Hinweisen). Diese in die Waagschale gelegten Elemente wirken
strafmindernd oder straferhöhend, wobei in der Begründung der Strafzumessung
die Überlegungen des Richters nachvollziehbar sein müssen.
Art. 68 Ziff. 1 Abs. 1 StGB bestimmt, dass der Richter den Täter, der durch
eine oder mehrere Handlungen mehrere Freiheitsstrafen verwirkt hat, zu der Stra-
fe der schwersten Tat verurteilt und deren Dauer angemessen erhöht (Asperati-
onsprinzip). Beim Zusammentreffen mehrerer strafbarer Handlungen oder Straf-
bestimmungen hat der Richter also zunächst die schwerste Tat sowie unter Be-
rücksichtigung aller Strafzumessungsgründe deren Strafe (die sogenannte Ein-
satzstrafe) zu bestimmen und diese daraufhin angemessen zu erhöhen. Der Rich-
ter ist verpflichtet, diesen Strafschärfungsgrund mindestens straferhöhend zu be-
rücksichtigen (Trechsel, a.a.O., N 13 zu Art. 68 StGB). Er kann die Strafe überdies
über den gesetzlichen Strafrahmen hinaus schärfen, wobei er nach der ausdrück-
lichen Vorschrift des Art. 68 Ziff. 1 StGB einerseits das höchste Mass der ange-
drohten Strafe nicht um mehr als die Hälfte überschreiten darf und andererseits an
das Höchstmass der Strafart gebunden ist. Die schwerste Tat wird aufgrund der
abstrakten Strafdrohung bestimmt (BGE 116 IV 303 f.).



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Schwerstes von A. begangenes Delikt ist der Raub. Grundlage für die
Strafzumessung im vorliegenden Fall ist damit der in Art. 140 Ziff. 1 Abs. 1 StGB
vorgesehene Strafrahmen von Zuchthaus bis zu zehn Jahren oder Gefängnis nicht
unter sechs Monaten.
b) Bei der Beurteilung des Verschuldens des Angeklagten fallen hauptsäch-
lich die zwei Raubüberfälle vom 1. August 2002 ins Gewicht. Den übrigen Straftat-
beständen kommt für die Festlegung des Strafmasses weniger grosse Bedeutung
zu. Das Verschulden von A. wiegt recht schwer. Bei beiden Raubüberfällen hat er
seine Opfer durch das gewählte Nötigungsmittel (Maskierung und Sturmgewehr)
in Angst und Schrecken versetzt. So war der damals 16-jährige S., der im P.-
Tankstellenshop bediente, beim Eintreffen der Polizei noch unter Schockwirkung.
Er sei beim Auftauchen des maskierten und bewaffneten Räubers sehr erschro-
cken und habe Angst gehabt. Er habe sich bedroht gefühlt (vgl. act. 7.2 S. 4 f., 7.8
S. 2 f.). Auch A. selbst hat mitbekommen, dass der junge Kassier unheimlich er-
schrocken ist (vgl. act. 7.15 S. 3). Der Kassier der T.-Tankstelle in B., V., hatte
zwar im Moment des Raubes keine Angst, danach habe er aber schon einige
Probleme damit gehabt (vgl. act. 8.6 S. 3). Das Vorgehen des Angeklagten offen-
bart einen nicht geringen deliktischen Willen. Zur zeitlichen Nähe der Taten ist
festzuhalten, dass sich die zwei Raubüberfälle am selben Tag für das Verschulden
des Angeklagten nicht erschwerend auswirken, wurden diese doch von einem
einheitlichen Tatentschluss getragen. Der Angeklagte steckte in grossen finanziel-
len Schwierigkeiten und musste bis am Abend des Tattages der Vermieterin Fr.
6'000.-- für ausstehende Mieten in bar bezahlen, ansonsten er die Wohnung hätte
verlassen müssen (vgl. act. 3.3 S. 3 f., 7.15 S. 1 f., 7.16). Da er beim ersten Über-
fall in O. nur Fr. 3'500.-- erbeutete, musste er eine weitere Tankstelle überfallen,
da er wie beim ersten Überfall keine anderen Möglichkeiten sah und hatte, um das
Geld aufzutreiben. Hätte er beim ersten Überfall genug Geld erbeutet, wäre es
nicht zu einem Zweiten in B. gekommen (vgl. act. 7.15 S. 4, 8.9). Auch wenn A.
seine Taten jeweils ohne intensive Planung ausführte, darf nicht unbesehen blei-
ben, dass es sich vorliegend doch um massive Gewaltdelikte handelt, wobei aber
angeführt werden muss, dass der Angeklagte auf die Opfer keine körperliche Ge-
walt ausgeübt hat. Strafmindernd sind bei A. der gute Leumund, das vollumfängli-
che Geständnis, seine Kooperation in der Strafuntersuchung, seine Einsichtigkeit
und Reue sowie die Vorstrafenlosigkeit bei artgleichen Delikten zu berücksichti-
gen. Der Angeklagte ist im Schweizerischen Strafregister nicht verzeichnet. Das
Strafmandat vom 5. Dezember 1994 wegen vorsätzlichen Fahrens in angetrunke-
nem Zustand etc. wirkt sich nicht zuungunsten von A. aus. Straferhöhungsgründe



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liegen keine vor, insbesondere, wie soeben ausgeführt, keine relevanten Vorstra-
fen. Strafmildernd sind dem Angeklagten zu Gute zu halten, dass seit den Taten
und dem Geständnis beinahe zwei Jahre vergangen sind und er sich in dieser Zeit
aufgefangen, das heisst wohl verhalten, hat (vgl. Art. 64 al. 8 StGB). Dies zeigt
auch die Tatsache, dass A. seit dem 1. April 2004 beim CC. Hotel in DD. eine
neue, unbefristete Anstellung gefunden hat. Gemäss Art. 64 al. 2 StGB kann der
Richter die Strafe im Weiteren mildern, wenn der Täter in schwerer Bedrängnis
gehandelt hat. Erforderlich dafür ist eine Notlage. Diese braucht nicht unverschul-
det zu sein. Der Täter muss aber die Tat als einzigen Ausweg aus der Notlage
betrachtet haben. Ausserdem ist eine gewisse Verhältnismässigkeit zwischen dem
Beweggrund und dem vom Täter verletzten Rechtsgut erforderlich (vgl. Rehberg,
Strafrecht II, 7. Aufl., B. 2001, S. 56 mit Hinweisen). Vorliegend handelte A. aus-
schliesslich aufgrund einer finanziellen Notlage heraus. Diese Geldschwierigkeiten
waren eindeutig der Auslöser der begangenen Taten. Der Angeklagte musste auf-
grund einer telefonischen Absprache bis zum Abend des 1. August 2002 der Ver-
mieterin für ausstehende Mieten Fr. 6'000.-- in bar bezahlen. Ansonsten hätte er
die Wohnung verlassen müssen, ohne eine andere Wohnung in Aussicht gehabt
zu haben. Vor den Taten hat der Angeklagte vergeblich versucht, das dringend
benötigte Geld bei seinem Vater und bei verschiedenen Kollegen zu borgen. Auf-
grund seiner grossen Schuldenlage war der Angeklagte auch nicht kreditwürdig.
Er sah deshalb keinen anderen Ausweg mehr als durch eine Straftat Geld zu er-
langen (vgl. act. 3.3 S. 3). A. sah somit die beiden Raubüberfälle als einzigen
Ausweg an, um zu Geld für seine ausstehenden Mietschulden zu gelangen, was
strafmildernd zu berücksichtigen ist. Strafschärfend sind das Zusammentreffen
mehrerer strafbarer Handlungen und die teilweise mehrfache Tatbegehung zu be-
achten.
Die Staatsanwaltschaft Graubünden beantragte in Würdigung aller Straf-
zumessungsgründe eine Gefängnisstrafe von zwei Jahren, wobei bei A. bei den
Strafmilderungsgründen nur der unvollendete Raubversuch vom 14. August 2002
berücksichtigt wurde. Diesbezüglich ist festzuhalten, dass das Kantonsgericht bei
diesem Raubversuch von einer Bestrafung im Sinne von Art. 21 Abs. 2 StGB Um-
gang genommen hat (vgl. E. 2. d). Zudem hält das Kantonsgericht bei den Straf-
milderungsgründen dem Angeklagten das Handeln in schwerer Bedrängnis zu
Gute, wie auch die Tatsache, dass seit den Taten und dem Geständnis beinahe
zwei Jahre vergangen sind und er sich in dieser Zeit wohl verhalten hat. Im Weite-
ren berücksichtigt das Kantonsgericht strafmindernd zusätzlich zu den von der
Staatsanwaltschaft aufgeführten Gründen des guten Leumunds und des vollum-



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fänglichen Geständnisses die Kooperation des Angeklagten in der Strafuntersu-
chung, seine Einsichtigkeit und Reue sowie die Vorstrafenlosigkeit.
In Abwägung sämtlicher dargelegter Strafzumessungsgründe erscheint
dem Kantonsgericht die von der Staatsanwaltschaft beantragte unbedingte Ge-
fängnisstrafe von zwei Jahren als zu hart. Es erachtet eine Strafe von 18 Monaten
Gefängnis als dem Verschulden des Angeklagten angemessen. Dieses Strafmass
fällt auch im Vergleich mit dem von der Staatsanwaltschaft aufgeführten Präjudiz-
fall (vgl. Urteil des Kantonsgerichts von Graubünden vom 15. Juni 1999, SF 99/11)
nicht aus dem Rahmen. In diesem Fall bedrohte der mit dem Hepatitis-C-Virus
infizierte Angeklagte das Opfer mit einer gebrauchten, infizierten und sogar noch
Blutreste enthaltenden Spritze. Bei einem Stich oder beim Anritzen der Haut mit
einer Blut enthaltenden Nadel eines HCV-Infizierten besteht die Gefahr einer Vi-
rusübertragung, welche die Gesundheit massiv gefährdet und sogar lebensbedro-
hend sein kann. Bei dem am gleichen Tag ausgeführten Raubversuch bedrohte
der Angeklagte einen Taxifahrer, indem er diesem ein Taschenmesser mit aufge-
klappter Klinge vor die Brust hielt. Der Angeklagte war drogenabhängig. Bei sei-
nen Taten handelt es sich um Akte der Beschaffungskriminalität. Zudem wurde
der Angeklagte im erwähnten Urteil auch noch wegen Betäubungsmitteldelikten
verurteilt. Im Übrigen hatte er vier Vorstrafen, die alle im Zusammenhang mit Be-
täubungsmitteldelikten standen. Die Zurechnungsfähigkeit des Angeklagten war
leicht bis mittelgradig vermindert. Er wurde schliesslich zu 20 Monaten Gefängnis
verurteilt, wobei an Stelle des Strafvollzuges eine stationäre Massnahme ange-
ordnet wurde. Daraus ist ersichtlich, dass der von der Staatsanwaltschaft aufge-
führte Fall nicht ganz mit dem vorliegenden Sachverhalt vergleichbar ist. Im Sinne
der Einzelfallgerechtigkeit fällt somit das in casu ausgesprochene Strafmass im
Vergleich zum Präjudizfall nicht aus dem Rahmen.
c) Nach Art. 69 StGB rechnet das Gericht dem Verurteilten die Untersu-
chungshaft auf die Freiheitsstrafe an, soweit der Täter diese nicht durch sein Ver-
schulden nach der Tat herbeigeführt oder verlängert hat. Nach der neueren Praxis
des Bundesgerichts darf von einer Anrechnung nur abgesehen werden, sofern der
Beschuldigte durch sein Verhalten nach der Tat die Untersuchungshaft in der Ab-
sicht herbeigeführt oder verlängert hat, um dadurch den Strafvollzug zu verkürzen
oder zu umgehen (BGE 117 IV 404 ff.; Rehberg, a.a.O., S. 79). Als solches Ver-
halten gilt weder die blosse Verweigerung von Aussagen noch die einfache Be-
streitung der dem Angeschuldigten vorgeworfenen Straftaten, sondern einzig das
Aufstellen von unwahren oder irreführenden Behauptungen, welche die Behörden



21


zu weiteren und unnötigen Erhebungen veranlassen oder der Missbrauch von Ver-
teidigungsrechten zur Erreichung sachfremder Zwecke (BGE 105 IV 241, 103 IV 8
ff.). Ablehnungsgründe im Sinne der aufgeführten Rechtsprechung bestehen in
Bezug auf A. nicht, so dass einer Anrechnung der erstandenen Untersuchungshaft
von 16 Tagen an die Strafe gestützt auf Art. 69 StGB nichts entgegen steht.
7. a) Im Folgenden ist zu prüfen, ob A. die Rechtswohltat des bedingten
Strafvollzuges gewährt werden kann. Die diesbezüglichen Anforderungen bestim-
men sich nach Art. 41 Ziff. 1 Abs. 1 und 2 StGB. Danach kann der Richter den
Vollzug einer Freiheitsstrafe von nicht mehr als 18 Monaten aufschieben, wenn die
objektiven und subjektiven Voraussetzungen hierfür gegeben sind. Die objektive
Voraussetzung, dass der Verurteilte nicht innerhalb der letzten fünf Jahre vor der
Tat wegen eines vorsätzlich begangenen Verbrechens oder Vergehens eine
Zuchthaus- oder Gefängnisstrafe von mehr als drei Monaten verbüsst hat, ist im
vorliegenden Fall erfüllt. Subjektiv ist erforderlich, dass Vorleben und Charakter
des Verurteilten erwarten lassen, er werde durch den Aufschub der Freiheitsstrafe
von weiteren Verbrechen oder Vergehen abgehalten. Mit anderen Worten, es
muss ihm eine günstige Prognose gestellt werden können (Trechsel, a.a.O., N 13
zu Art. 41 StGB).
Dabei ist es aber auch unter den nach Art. 41 Ziff. 1 Abs. 1 StGB zu be-
rücksichtigenden Umständen nicht zulässig, einzelnen Kriterien eine vorrangige
Bedeutung beizumessen und andere zu vernachlässigen oder überhaupt ausser
Acht zu lassen, also etwa einseitig auf die Umstände der Tat abzustellen. Viel-
mehr sind neben den Tatumständen das Vorleben und der Leumund sowie alle
weiteren Tatsachen, welche gültige Schlüsse auf den Charakter des Täters und
die Aussichten seiner Bewährung zulassen, in die Beurteilung miteinzubeziehen,
um auf Grund einer Gesamtwürdigung zu entscheiden, ob der Verurteilte für dau-
erndes Wohlverhalten Gewähr bietet oder nicht (BGE 118 IV 100 f.; PKG 1994 Nr.
28, 1993 Nr. 24 mit Hinweisen). Dabei genügt für eine positive Prognose weder
die vage Hoffnung auf Bewährung (BGE 115 IV 82, 102 IV 63, 100 IV 133) noch
die Annahme, der bedingte Strafvollzug vermöge den Verurteilten eher zu bessern
als die Vollstreckung der Strafe (BGE 74 IV 195). In erster Linie ist also der
Grundsatz der Spezialprävention massgebend (BGE 118 IV 100). Es ist jedoch
offensichtlich, dass sich selbst durch eine umfassende und intensive Auseinan-
dersetzung mit der Täterpersönlichkeit keine absolut zuverlässige Zukunftsvo-
raussage treffen lässt. Bei der Prüfung der günstigen Prognose im Sinne von Art.
41 Ziff. 1 Abs. 1 StGB steht daher die Frage im Vordergrund, unter welchen Vo-
raussetzungen einem Verurteilten trotz unsicherer Zukunftsaussicht Vertrauen



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geschenkt werden kann (PKG 1993 Nr. 24 mit Hinweisen). Vermag der Richter
begründetes Vertrauen zu gewinnen, so ist der Vollzug aufzuschieben. Der Rich-
ter muss von der Besserungsaussicht mit Begründung überzeugt sein. Wo zwi-
schen vager Hoffnung und Bedenken geschwankt wird, ist die Gewährung des
bedingten Strafvollzuges nicht angezeigt (BGE 118 IV 97, 115 IV 82, 100 IV 133;
PKG 1993 Nr. 24), weil dann kein Vertrauen auf Bewährung herrscht.
Voraussetzung für eine dauernde Besserung ist die Einsicht in das began-
gene Unrecht; diese ist bei A. gegeben. Er sieht sein Fehlverhalten ein, hat Reue
gezeigt und sich anlässlich der Hauptverhandlung bei den Opfern und Geschädig-
ten entschuldigt. Auch das Vorleben und der Charakter von A. sowie die besonde-
ren Umstände des Falles lassen erwarten, dass er sich in Zukunft wohl verhalten
wird. Er wird aus dem vorliegenden Verfahren die nötigen Lehren ziehen. Im Un-
tersuchungsverfahren hat er denn auch versichert, er werde sicher nicht mehr
straffällig (vgl. act. 4.13 S. 2). Die von A. verübten Taten entsprechen nicht seinem
Charakter. Weder vor noch nach den Taten ist er, abgesehen vom Strafmandat
von 1994, sonstwie strafrechtlich in Erscheinung getreten, und schon gar nicht mit
artgleichen Delikten. Für eine positive Prognose sprechen auch die persönlichen
Perspektiven von A.. Er hat seit dem 1. April 2004 eine unbefristete Arbeitsstelle
im CC. Hotel in DD. gefunden, die ihm gut gefällt. A. verdient dabei gemäss dem
an der Hauptverhandlung eingelegten Arbeitsvertrag netto rund Fr. 3'500.--. Ge-
samthaft gesehen kann ihm aufgrund der genannten Umstände eine günstige
Prognose gestellt werden. Auch in objektiver Hinsicht steht der Gewährung des
bedingten Strafvollzuges nichts entgegen, so dass der Vollzug der 18-monatigen
Gefängnisstrafe aufzuschieben ist.
b) Schiebt der Richter den Strafvollzug auf, so bestimmt er dem Verurteilten
eine Probezeit von zwei bis fünf Jahren (vgl. Art. 41 Ziff. 1 Abs. 3 StGB). Welche
Bewährungsfrist innerhalb dieses Rahmens als angemessen zu gelten hat, ent-
scheidet sich nach den Umständen des Einzelfalles, insbesondere nach der Per-
sönlichkeit und dem Charakter des Verurteilten sowie der Gefahr seiner Rückfäl-
ligkeit. Je grösser diese Gefahr ist, desto länger muss die Bewährungsprobe mit
ihrem Zwang zum Wohlverhalten sein (Trechsel, a.a.O., N 31 zu Art. 41 StGB;
BGE 95 IV 122). Vorliegend erscheint die Ansetzung einer Probezeit von drei Jah-
ren als angemessen und gerechtfertigt.
8. a) Nach Art. 130 Abs. 1 StPO kann ein Geschädigter seine zivilrechtli-
che Forderung gegenüber dem Angeklagten beim Strafgericht adhäsionsweise
geltend machen. Der Adhäsionsprozess bleibt trotz seiner Einbettung in das Straf-



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verfahren ein Zivilprozess und richtet sich folglich subsidiär nach den Regeln der
ZPO (vgl. Padrutt, Kommentar zur Strafprozessordnung des Kantons Graubün-
den, 2. Aufl., Chur 1996, S. 328). Der Adhäsionskläger hat deshalb bei seiner Ein-
gabe die zivilprozessualen Formerfordernisse zu beachten. Zudem ist es - wie
beim ordentlichen Zivilprozess - grundsätzlich Sache der Parteien, dem Gericht
den Tatbestand darzulegen und zu beweisen. In diesem Sinne hält Art. 131 Abs. 3
StPO fest, dass das Gericht über die Adhäsionsklagen nur dann zu entscheiden
hat, wenn es die Akten zur Beurteilung des Zivilpunktes als ausreichend erachtet.
Ist dies nicht der Fall, wird die Adhäsionsklage an den ordentlichen Richter ver-
wiesen. Wenn der Angeklagte die adhäsionsweise geltend gemachte Forderung
anerkennt, so ist davon im Urteil ausdrücklich Vormerkung zu nehmen (vgl. Pad-
rutt, a.a.O., S. 331 f.).
b) Mit Schreiben vom 27. November 2002 machte die BB. als Diebstahlver-
sicherer der Firma T. gestützt auf Art. 72 VVG eine Forderung in der Höhe der
ausbezahlten Entschädigung von Fr. 513.40 geltend (vgl. act. 1.11). Diese Forde-
rung wurde anlässlich der Hauptverhandlung vor dem Kantonsgericht Graubünden
vom 15. Juni 2004 anerkannt, so dass davon Vormerk genommen wird.
9.
Die Kosten der Strafuntersuchung, des Gerichtsverfahrens sowie der
amtlichen Verteidigung gehen bei diesem Ausgang des Verfahrens zu Lasten des
Verurteilten (Art. 158 Abs. 1 StPO). Demgegenüber sind die Kosten der ange-
rechneten Untersuchungshaft und jene eines allfälligen Strafvollzuges vom Kanton
Graubünden zu übernehmen (Art. 158 Abs. 3 StPO in Verbindung mit Art. 188
StPO).



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Demnach erkennt die Strafkammer :
1.
A. ist schuldig des mehrfachen Raubes gemäss Art. 140 Ziff. 1 Abs. 1
StGB, des unvollendeten Raubversuchs gemäss Art. 140 Ziff. 1 Abs. 1
StGB in Verbindung mit Art. 21 Abs. 2 StGB, des mehrfachen Missbrauchs
von Material gemäss Art. 73 Ziff. 1 MStG, der mehrfachen Widerhandlung
gegen Art. 33 Abs. 1 lit. a des Waffengesetzes sowie der Widerhandlung
gegen Art. 33 Abs. 1 lit. a des Kriegsmaterialgesetzes.
2.
Dafür wird er bestraft mit 18 Monaten Gefängnis, unter Anrechnung der er-
standenen Untersuchungshaft von 16 Tagen.
3.
Der Vollzug der Freiheitsstrafe wird aufgeschoben unter Ansetzung einer
Probezeit von 3 Jahren.
4.
Von der Anerkennung der Adhäsionsklage der BB. vom 27. November 2002
von Fr. 513.40 wird Vormerk genommen.
5.
Die Kosten des Verfahrens bestehend aus:
- den Untersuchungskosten der Staatsanwaltschaft von
Fr. 5'022.30
- der Gerichtsgebühr von
Fr. 2'000.00
- der amtlichen Verteidigung von
Fr. 3'372.45
total somit
Fr. 10'394.75
gehen zu Lasten von A..
Die Kosten der angerechneten Untersuchungshaft sowie die Kosten eines
allfälligen Strafvollzuges trägt der Kanton Graubünden.
6.
Gegen dieses Urteil kann, sofern Verletzung eidgenössischen Rechts gel-
tend gemacht werden will, Nichtigkeitsbeschwerde an den Kassationshof
des schweizerischen Bundesgerichts geführt werden. Diese ist dem Bun-
desgericht innert 30 Tagen seit Zustellung der vollständigen Ausfertigung
des Entscheides in der in Art. 273 des Bundesgesetzes über die Bundes-
strafrechtspflege (BStP) vorgeschriebenen Weise einzureichen. Für die Be-
schwerdelegitimation und die weiteren Voraussetzungen der Nichtigkeits-
beschwerde gelten die Art. 268 ff. BStP.

7. Mitteilung
an:



25


__________
Für die Strafkammer des Kantonsgerichts von Graubünden
Präsident:
Der Aktuar ad hoc:


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