Das Obergericht des Kantons Zürich hat in einem Urteil vom 17. Oktober 2013 über einen Fall von mehrfachem Raub und versuchtem betrügerischen Missbrauch einer Datenverarbeitungsanlage entschieden. Der Beschuldigte A. wurde des mehrfachen Raubes schuldig gesprochen, während der Beschuldigte B. nur in einem Fall des Raubes für schuldig befunden wurde. A. erhielt eine Freiheitsstrafe von 2 ½ Jahren, wovon 180 Tage bereits durch Haft erstanden sind. B. wurde zu 2 ½ Jahren Freiheitsstrafe verurteilt, von denen 227 Tage durch Haft erstanden sind. Es wurde auch angeordnet, dass B. während des Strafvollzugs eine ambulante Behandlung erhält. Die Gerichtskosten betrugen insgesamt 21'000 CHF, wobei verschiedene Gebühren für die Anklagebehörde und die Untersuchung anfielen. Die Entscheidung wurde von den Oberrichtern P. Marti und Dr. D. Schwander getroffen. A. wurde von einer Rechtsanwältin verteidigt, während B. von einem Rechtsanwalt verteidigt wurde. Der Privatkläger F. wurde von den Beschuldigten solidarisch mit allfälligen Mittätern zur Zahlung einer Genugtuung verpflichtet. Das Gericht entschied auch über die Kosten der Untersuchung und des gerichtlichen Verfahrens, die den Beschuldigten auferlegt wurden. Die Verlierin des Falls war eine Privatperson.
Urteilsdetails des Kantongerichts PZ-08-181
Kanton: | GR |
Fallnummer: | PZ-08-181 |
Instanz: | Kantonsgericht Graubünden |
Abteilung: | - |
Datum: | 10.12.2008 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Festsetzung einer angemessenen Ausgleichszahlung gemäss Art. 105 |
Schlagwörter : | äsident; Verfügung; Recht; Bewertung; Bezirksgericht; Bewertungsbericht; Bezirksgerichts; Entscheid; Gutachten; Kantonsgericht; Nebenintervenienten; Beklagten; Aktionär; Einsicht; Schutz; Beschwer; Albula; Bericht; Bundesgericht; Aktien; Gutachtens; Bezirksgerichtspräsident; Gesuch; Passagen; Geschäftsgeheimnis; Sinne |
Rechtsnorm: | Art. 160 ZPO ;Art. 171 ZPO ;Art. 29 BV ;Art. 292 StGB ;Art. 33 ZPO ;Art. 4 ZPO ;Art. 89 ZPO ; |
Referenz BGE: | 132 I 42; |
Kommentar: | Heim, Heimgartner, Basler Kommentar Strafrecht II, Art. 312, 2007 |
Entscheid des Kantongerichts PZ-08-181
Kantonsgericht
von Graubünden
Dretgira
chantunala
dal
Grischun
Tribunale cantonale dei Grigioni
____
Ref.:
Chur, 10. Dezember 2008
Schriftlich mitgeteilt am:
PZ 08 181
Urteil
Kantonsgerichtspräsidium
Vorsitz Präsident
Brunner
Aktuar ad hoc
Walder
——————
In der zivilrechtlichen Beschwerde
des Dr. X., Kläger und Beschwerdeführer,
unter Beteiligung der Nebenintervenienten Dr.iur. A., B., und C., die beiden letzte-
ren vertreten durch Rechtsanwalt Dr.iur. Silvio Bianchi, Martinsplatz 8, Chur,
gegen
die Verfügung des Bezirksgerichtspräsidenten Albula vom 14. August 2008, mitge-
teilt am 20. August 2008, in Sachen des Klägers und Beschwerdeführers gegen
die Y., Beklagte und Beschwerdegegnerin, vertreten durch Rechtsanwältin Monika
McQuillen, Schmid Eversheds, Stadelhoferstrasse 22, Zürich,
betreffend Festsetzung einer angemessenen Ausgleichszahlung gemäss Art. 105
Fusionsgesetz (Beweisrecht, Schutz von Geschäftsgeheimnissen),
hat sich ergeben:
A.
Mit Fusionsvertrag vom 12. November 2005 übernahm die H. durch
Absorption im Sinne von Art. 3 Abs. 1 Bst. a des Fusionsgesetzes die D. F., wobei
gleichzeitig die Firma in Y. umgewandelt wurde. Die Generalversammlungen der
beiden Gesellschaften stimmten dem Vertrag am 16. bzw. 17. Dezember 2005 zu.
Aufgrund von Verhandlungen und einer vorgängig durchgeführten Einzelbewer-
tung der beiden Bergbahnunternehmungen legten die fusionierenden Gesellschaf-
ten ein Aktienumtauschverhältnis von einer H.-Aktie zu einer I.-Aktie nach einem
bei der H. durchzuführenden Aktiensplit von 1:5 fest. X. war vor dem Aktiensplit-
ting Eigentümer von 980 Namenaktien der H. und auch C., die B. und A. waren
Aktionäre dieser Gesellschaft.
B. 1. Am 24. Februar 2006 reichte X. beim Kreispräsidenten Alvaschein
gegen die Y. eine Klage mit folgendem Rechtsbegehren ein:
„1. Die Beklagte sei zu verpflichten, dem Kläger und allen übrigen Aktio-
nären der vormals unter der Firma H. geführten Beklagten, die ihre
Stellung als Aktionär dieser Gesellschaft bereits vor der Fusion mit der
D. F. erworben und nicht vor dem Vollzug dieser Fusion wieder aufge-
geben haben, eine vom Gericht festzulegende angemessene Aus-
gleichszahlung gemäss Art. 105 FusG zu zahlen.
2. Eventuell sei die Beklagte zu verpflichten, an den Kläger für 980 alte
Aktien der H. beziehungsweise 4900 neue Aktien der Beklagten eine
Ausgleichszahlung von CHF 29'400.-zu leisten.
3. Kosten und Entschädigungsfolgen gehen zu Lasten der Beklagten.“
2.
Da in der Folge keine Einigung zwischen den Parteien erzielt werden
konnte, setzte der Kläger das Verfahren durch Einreichung einer Prozesseingabe
an das Bezirksgericht Albula fort, worauf sich ihm am 21. September 2005 C., die
B. und A. als Nebenintervenienten im Sinne von Art. 33 ZPO anschlossen. X. stell-
te sich auf den Standpunkt, das Umtauschverhältnis von 1:5 sei unangemessen
und benachteilige die Aktionäre der ehemaligen H.. Diese Gesellschaft sei eine
der rentabelsten Bergbahnen der Schweiz gewesen, während die I. nie dauernd
die Gewinnzone erreicht habe. Zum Beweis seiner Sachdarstellung verlangte der
Kläger unter anderem die Edition des sich in den Händen der Beklagten befinden-
den Unternehmensbewertungsgutachtens der E. vom 10. November 2005. Die
Beklagte reichte dieses Dokument in einem verschlossenen Briefumschlag mit
ihrer Prozessantwort ein und beantragte, es sei dem Kläger davon keine direkte
Kenntnis zu geben, sondern es seien zum Schutz ihrer Geschäftsgeheimnisse die
notwendigen Schutzmassnahmen im Sinne von Art. 160 Abs. 1 und Art. 171 Abs.
2 ZPO anzuordnen. X. widersetzte sich diesem Verfahrensantrag und verlangte
volle Einsicht in den Bewertungsbericht. Allenfalls sei durch das Gericht zu prüfen,
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inwieweit ein Geheimhaltungsbedarf bestehe und es sei diesem durch Schwär-
zung der betreffenden Stellen vor Aushändigung des Berichts Rechnung zu tra-
gen. Für den Fall der Ablehnung beider Begehren habe das Gericht zunächst die
Einholung eines neutralen Gutachtens eines Hochschullehrers der Betriebwirt-
schaftslehre anzuordnen, welches es den Parteien erlaube, die rechnerischen
Grundlagen nachzuvollziehen, ohne dass unter Wettbewerbsgesichtspunkten be-
deutsame Geschäftsgeheimnisse offenbart würden.
C.
Mit Verfügung vom 2. Mai 2007 wies der Bezirksgerichtspräsident
Albula das Gesuch der Y. um Beschränkung des Einsichtsrechts in den Bewer-
tungsbericht der E. ab und verfügte, der Bericht werde nach Eintritt der Rechts-
kraft der Verfügung dem Kläger und den Nebenintervenienten zur Einsicht und
Stellungnahme zugestellt. Er hielt zur Begründung im Wesentlichen fest, es seien
weder Hinweise auf bestimmte Passagen im Bericht erfolgt, noch habe die Be-
klagte den Inhalt jener Passagen abstrakt umschrieben, welche glaubhaft ein er-
höhtes Schutzbedürfnis aufwiesen.
Die Y. beschwerte sich gegen diesen Entscheid beim Kantonsgerichtsprä-
sidium von Graubünden mit dem Antrag, die angefochtene Verfügung sei aufzu-
heben und es sei dem Kläger und den Nebenintervenienten die Einsicht in den
Bewertungsbericht zu verweigern. Am 16. August 2007 wies der Kantonsgerichts-
präsident die Beschwerde ab; er teilte die Auffassung des Bezirksgerichtspräsi-
denten, wonach die zu schützenden Geheimnisse nicht genügend substantiiert
worden seien. Am 6. Februar 2008 bestätigte das Bundesgericht diesen Ent-
scheid; es teilte die Auffassung des Kantonsgerichtspräsidenten und stellte fest,
die Beschwerdeführerin habe den Bewertungsbericht der E. dem Beschwerde-
gegner und den Nebenintervenienten zur Einsicht offen zu legen.
D.
Am 27. März 2008 gelangte die Y. mit dem Gesuch an den Bezirks-
gerichtspräsidenten Albula, die Weitergabe des E.-Gutachtens an den Kläger und
die Nebenintervenienten sei mit der Auflage zu verbinden, dass dieses nur für die
Zwecke des vorliegenden Verfahrens verwendet und namentlich weder ganz noch
auszugsweise an Drittpersonen weitergeleitet und solchen zugänglich gemacht
werden dürfe. Zur Begründung wurde ausgeführt, aufgrund der besonderen politi-
schen Konstellation in der Gemeinde G., welche einen Anteil vom 34,75 % der
Aktien besitze, sowie gewisser Differenzen der involvierten Entscheidträger der
Gemeinde und der Bahn sei zu befürchten, dass das Gutachten sachwidrig ver-
wendet und für politische Zwecke missbraucht werden könnte. Es sei in jedem
Falle zu verhindern, dass das Gutachten an die Öffentlichkeit gelange. Diese Be-
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fürchtungen seien insofern begründet, als in der Vergangenheit vergleichbare
Themen jeweils breit in der Öffentlichkeit und der Presse diskutiert worden seien,
da ein politisches Interesse daran bestehe. Die Veröffentlichung von Teilen
des gesamten E.-Gutachtens hätte für die Y. offensichtlich gravierende Nachteile
und einen Schaden zur Folge. Geheime Geschäftsstrategien und
-informationen würden so an die Öffentlichkeit gelangen, was in jedem Falle ver-
hindert werden müsse.
Dr. X. widersetzte sich in seiner Stellungnahme vom 12. April 2008 dem
Begehren der Y.. Er führte aus, das Gesuch sei nicht nur unbegründet, es sei
überhaupt nicht begründbar. Eine Weitergabe des Gutachtens innerhalb des Akti-
onärskreises könne nach den Vorbringen der Beklagten nicht Gegenstand des
Verbotsantrags sein. Da aber der Aktionärskreis aufgrund der hohen Anzahl von
Aktionären praktisch gleichbedeutend mit der Öffentlichkeit in F. und Umgebung
sei, mache eine Verbotsverfügung, die sich auf die Weitergabe an Personen aus-
serhalb des Aktionärskreises beschränke, überhaupt keinen Sinn. Es gebe keine
Geheimhaltungsinteressen der Beklagten, die im Rahmen der erforderlichen Gü-
terabwägung über sein Interesse zu stellen wären, sich über den Inhalt des Gut-
achtens mit sachkundigen Personen zu beraten. - Bereits am 2. April 2008 hatte
auch Rechtsanwalt Dr. Bianchi namens der Nebenintervenienten die Abweisung
des Gesuchs beantragt. Er wies darauf hin, dass durch das Bundesgerichtsurteil
die Verfügung des Bezirksgerichtspräsidenten vom 2. Mai 2007 in Rechtskraft er-
wachsen sei. In diesem Entscheid sei aber die Herausgabe vorbehaltlos verfügt
worden, weshalb um unverzügliche Zustellung des Bewertungsberichts ersucht
werde. Im Gesuch der Gegenpartei sei nichts als ein weiteres Verzögerungsma-
növer zu erblicken. - In einem zweiten Schriftenwechsel beharrten die Parteien auf
ihren Standpunkten.
E. In seinem Entscheid vom 14. August 2008 verfügte der Bezirksgerichts-
präsident Albula:
„1. In teilweiser Gutheissung des Gesuches der Y. betreffend Einräumung
des Einsichtsrechts in den Bewertungsbericht der E. vom 10. Novem-
ber 2005 wird folgendes verfügt:
a) Der Kläger und die Nebenintervenienten können zusammen mit be-
vollmächtigten Rechtsvertretern bzw. sachkundigen Beratern unter
Aufsicht in den Räumlichkeiten des Bezirksgerichts Albula in Tie-
fencastel bei 48stündiger Voranmeldung Einsicht in das E.-
Gutachten nehmen.
b) Die Erstellung von Kopien, Abschriften, abgesehen von kleineren
Notizen, und dergleichen ist untersagt.
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c) Die Berichterstattung bzw. Bekanntgabe vom ganzen teilwei-
sen Inhalt des Gutachtens an einen weiteren Personenkreis ist un-
tersagt.
d) Die als Rechtsvertreter und Fachberater beigezogenen Personen
unterstehen denselben Verpflichtungen wie die Parteien selbst und
haben die Kenntnisnahme der Verbote und der Strafandrohung bei
Missachtung im Sinne dieser Verfügung vor der Einsichtsnahme un-
terschriftlich zu bestätigen.
2. (Hinweis auf die Strafandrohung von Art. 292 StGB).
3. Die Kosten dieses Verfahrens bleiben bei der Prozedur.
4. Aussergerichtlich werden keine Kosten gesprochen.
5. Rechtsmittelbelehrung
6. Mitteilung an “
F. 1. Gegen diese Verfügung beschwerte sich X. am 6. September 2008
beim Kantonsgerichtspräsidenten mit folgendem Rechtsbegehren:
„1. Die als Anlage beigefügte Verfügung vom 14.8.2008 sei aufzuheben.
2. Eventualiter:
a) die Verfügung sei einzuschränken auf diejenigen Teile des Bewer-
tungsgutachtens, die der Geheimhaltung bedürfen, und
b) die Sache sei an das Bezirksgericht zurückzuweisen, damit dieses
durch eine ergänzende Verfügung feststelle, welche „Passagen“
des Gutachtens geheimhaltungsbedürftig sein sollen, und
c) das Kantonsgerichtspräsidium möge vorab feststellen, dass die mit
der inzwischen gescheiterten Skigebietsverbindung nach Arosa
befassten Stellen des Gutachtens nicht geheimhaltungsbedürftig
seien, und
d) die Verfügung sei auch hinsichtlich der geheimhaltungsbedürftigen
Stellen aufzuheben, soweit sie den Beschwerdeführer bei der An-
fertigung von Notizen, Abschriften Kopien einschränkt.
3. Im Hinblick auf die Kostenregelung in Art. 105 FusG seien die Kosten-
und Entschädigungsfolgen unabhängig von der Entscheidung in der
Sache der Beschwerdegegnerin aufzuerlegen.“
2.
Am 3. Oktober 2008 reichte die Y. ihre Beschwerdeantwort ein, in
welcher sie beantragte, auf die Beschwerde sei nicht einzutreten, eventuell sei sie
vollumfänglich abzuweisen. - Die Nebenintervenienten beantragten in ihrer Ver-
nehmlassung vom 6. Oktober 2008:
„1. Die angefochtene Verfügung des Bezirksgerichtspräsidiums Albula
vom 14./20. August 2008 sei aufzuheben und es sei dem Beschwerde-
führer sowie den Nebenintervenienten der Bewertungsbericht der E.
vom 10. November 2005 auszuhändigen.
2. Eventualiter sei diese Aushändigung mit der Auflage zu verbinden,
dass das E.-Gutachten nur für die Zwecke des vorliegenden Verfah-
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rens verwendet werden darf und namentlich weder ganz noch aus-
zugsweise an Drittpersonen weitergeleitet ihnen zugänglich ge-
macht werden darf, ohne von diesen vorgängig eine unterschriftliche
Geheimhaltungsverpflichtung eingeholt zu haben. Diese Auflage sei
unter Hinweis auf Art. 292 StGB zu erlassen.
3. Subeventualiter wird der Eventualantrag des Beschwerdeführers ge-
mäss Beschwerdeschrift vom 5. Dezember 2007 unterstützt.
4. Gestützt auf Art. 105 FusG sei die Beschwerdegegnerin zu verpflich-
ten, die amtlichen Kosten zu übernehmen und die Nebenintervenien-
ten ausseramtlich angemessen zu entschädigen.“
3.
In einem Schreiben vom 11. Oktober 2008 äusserte sich Dr. X. zu
den Ausführungen in der Beschwerdeantwort der Y. und beantragte, es sei jeden-
falls den Eventualbegehren seiner Eingabe vom 6. September 2008 stattzugeben.
Die Beschwerdegegnerin beantragte am 17. Oktober 2008, diese Stellungnahme
sei aus dem Recht zu weisen, da der Beschwerdeführer nicht zur Einreichung ei-
ner Replik aufgefordert worden sei.
Das Kantonsgerichtspräsidium zieht in Erwägung :
I. 1. In seiner gegen die Y. gerichteten Klage gemäss Art. 105 FusG auf
Zahlung einer angemessenen Ausgleichszahlung wegen Benachteiligung der Ak-
tionäre der ehemaligen H. gegenüber jenen der übernommenen D. verlangte Dr.
X. in seiner Prozesseingabe vom 30. Mai 2006 von der Beklagten die Vorlage des
von der E. am 10. November 2005 erstellten Bewertungsgutachtens der beiden
fusionierten Gesellschaften. Die Beklagte machte in ihrer Prozessantwort vom 31.
August 2006 geltend, der Bewertungsbericht stelle ein sehr sensibles Geschäfts-
geheimnis dar, weshalb er dem Kläger nicht ausgehändigt werden dürfe. Sie legte
den Bericht in einem geschlossenen Kuvert ins Recht und beantragte, der Ge-
richtspräsident habe die notwendigen Schutzmassnahmen gemäss Art. 160 Abs. 1
und Art. 171 Abs. 2 ZPO anzuordnen. Zu diesem Zwecke dürfe der Briefumschlag
nur geöffnet werden, wenn das Gericht auf die Klage überhaupt eintrete und einen
diesbezüglichen Beweis als erheblich erachte, und es dürfe das Dokument nur
vom Gericht, allenfalls von einem gerichtlich bestimmten Experten geöffnet, der
Gegenpartei aber keinesfalls darin Einsicht gewährt werden. Der Bezirksgerichts-
präsident Albula verwarf in seinem Entscheid vom 2. Mai 2007 die Einwände der
Beklagten. Er führte aus, es würden seitens der Y. weder Hinweise darauf ge-
macht, welche Passagen im Bericht ein sensibles Geschäftsgeheimnis enthalten
würden noch werde der Inhalt jener Passagen abstrakt umschrieben, welche
glaubhaft ein erhöhtes Schutzbedürfnis aufwiesen. Da es im Streit gerade um die
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Bewertung der Gesellschaften beziehungsweise das Austauschverhältnis der Ak-
tien gehe, würde dem Kläger aber mit der Verweigerung der Einsicht in den Be-
wertungsbericht das Fundament für die Ausarbeitung seiner Klage entzogen. In
einem ausführlich begründeten Urteil vom 16. August 2007 schloss sich der Kan-
tonsgerichtspräsident der Auffassung des Bezirksgerichtspräsidenten an, und das
Bundesgericht bestätigte diesen Entscheid am 6. Februar 2008. Beide Rechtsmit-
telinstanzen gingen wie der erstinstanzliche Richter davon aus, dass das Beste-
hen eines Geschäftsgeheimnisses von der Beklagten nicht hinreichend substanti-
iert worden sei; damit bestehe aber kein Grund, dem Kläger und den Nebeninter-
venienten den Bewertungsbericht vorzuenthalten.
2.
Steht fest, dass die Beklagte kein Geheimhaltungsinteresse glaub-
haft gemacht hat, ist davon auszugehen, dass es sich beim Bewertungsbericht der
E. um eine Beweisurkunde beziehungsweise eine Editionsakte handelt, die nicht
anders als irgendein Aktenstück zu behandeln ist. Dabei ist zwischen den Parteien
unbestritten, dass es um ein Dokument geht, das als relevant im Sinne von Art. 96
ZPO zu betrachten ist. Bei dieser Sachlage gilt nach Art. 89 ZPO der Grundsatz,
dass jede Partei Anspruch darauf hat, Einsicht in die Prozessakten zu nehmen.
Nachdem der Bezirksgerichtspräsident in seinem von zwei Rechtsmittelinstanzen
bestätigten Entscheid verfügt hat, dass der Bewertungsbericht dem Kläger zur
Einsicht zuzustellen sei, hat der Kläger grundsätzlich Anspruch auf diese Zustel-
lung, ohne dass irgendwelche Schutzmassnahmen im Sinne von Art. 160 ZPO zu
treffen wären. Wohl dürfte es richtig sein, dass es sich bei der Verfügung des Be-
zirksgerichtspräsidenten vom 2. Mai 2007 um eine prozessleitende Verfügung
handelt, welche als solche nur in formelle Rechtskraft erwächst. War aber gerade
die Frage des Vorliegens eines Geschäftsgeheimnisses Kernpunkt des Rechtsmit-
telverfahrens vor dem Kantonsgerichtspräsidenten und dem Bundesgericht, so
durfte der Bezirksgerichtspräsident, soweit keine neuen Anhaltspunkte vorlagen,
die bisher noch nicht berücksichtigt werden konnten, nicht auf seine Verfügung
zurückkommen. Er war wie es einem Grundsatz unserer Rechtsordnung ent-
spricht vielmehr an die Entscheide der übergeordneten Instanzen gebunden.
3.
In ihrer Eingabe vom 27. März 2008 geht die Beklagte davon aus,
dass entsprechend den Entscheiden des Kantonsgerichtspräsidenten und des
Bundesgerichtes das E.-Gutachten dem Kläger zur Stellungnahme zugestellt wird;
damit werden die bisher ergangenen Entscheide also ausdrücklich anerkannt. Die
Beklagte äussert hingegen Befürchtungen, dass das Gutachten Teile davon
an die Öffentlichkeit gelangen könnten, was für sie gravierende Nachteile und ei-
nen Schaden zur Folge hätte; es würden geheime Geschäftsstrategien und Infor-
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mationen publik, was auf jeden Fall verhindert werden müsse. Diese Behauptun-
gen werden in keiner Weise substantiiert, und auch der Bezirksgerichtspräsident
kommt im angefochtenen Entscheid mit keinem Wort auf seine in der ersten Ver-
fügung gemachte Feststellung zurück, wonach es an glaubhaften Hinweisen daran
gebreche, welche Passagen des Bewertungsberichts ein erhöhtes Schutzbedürf-
nis aufweisen sollen. Es wird lediglich ohne nähere Begründung festgestellt, der
Bewertungsbericht möge durchaus Passagen enthalten, an deren Nichtbekannt-
gabe an ein weiteres Publikum die Beklagte ein erhebliches Interesse habe. Mit
keinem Wort wird dargestellt, welche Themen diese Passagen beschlagen sollen,
so dass der Beschwerdeführer keine Möglichkeit hat, sich gegen die im Raum
stehende Feststellung zur Wehr zu setzen. Bei dieser Sachlage ist mangels Sub-
stantiierung weiterhin davon auszugehen, dass durch die vorbehaltlose Heraus-
gabe des Bewertungsberichts an den Kläger und die Nebenintervenienten keine
Geschäftsgeheimnisse sonst schutzwürdigen Interessen der Beklagten be-
rührt sind.
Vermag die Beklagte keine derartigen Interessen glaubhaft zu machen,
können keine Schutzmassnahmen erlassen werden, und es ist der Bewertungsbe-
richt wie ein normales Aktenstück im Prozess zu behandeln. Ein gewisses Interes-
se der jeweiligen Gegenpartei, dass Prozessakten nicht in der Öffentlichkeit breit
geschlagen werden, besteht in der Regel in jedem Klageverfahren. Dies reicht
aber nicht aus, um die im Gesetz vorgesehenen Schutzmassnahmen zu ergreifen.
Es müssen zumindest gewisse Anhaltspunkte für einen Missbrauch von im Pro-
zess gewonnenen Erkenntnissen glaubhaft gemacht werden können, damit der
prozessleitende Richter im Sinne von Art. 4 ZPO eingreifen könnte. Allenfalls
stünden einer Partei auch die Rechtsbehelfe von Art. 27 ff. ZGB zur Verfügung,
doch liegen im vorliegenden Fall keinerlei Hinweise dafür vor, dass der Kläger
persönlichkeitsverletzende Handlungen im Schilde führen könnte. Die angefochte-
ne Verfügung ist daher schon aus diesen Gründen aufzuheben, wobei die Be-
gründetheit der Beschwerde so offenkundig ist, dass sich dieses Resultat auf-
drängt, ohne dass auf die von der Beklagten beanstandete Eingabe des Klägers
vom 11. Oktober 2008 Bezug genommen werden müsste. Dass eine solche Stel-
lungnahme aber nicht von vorneherein unzulässig ist, ergibt sich aus der neueren
Rechtsprechung des Bundesgerichts zu Art. 29 Abs. 2 BV und Art. 6 Ziff. 1 EMRK
(vgl. BGE 132 I 42).
4.
Es kommt nun aber noch dazu, dass der Bezirksgerichtspräsident
mit seinen Schutzmassnahmen weit über die Begehren der Beklagten hinausge-
schossen hat. Die Y. verlangte in ihrer Eingabe vom 27. März 2008 nichts anderes
Seite 8 — 11
als die Auflage, dass der Bewertungsbericht der E. nicht Drittpersonen, das heisst
einem über den Aktionärskreis hinausreichenden Publikum zugänglich gemacht
werde. Die Beklagte geht in ihrem Gesuch selbst ausdrücklich davon aus, dass
der fragliche Bericht dem Kläger zur Stellungnahme zugestellt wird. Unter diesen
Umständen gab es für die Vorinstanz schlichtweg keinen Grund, derart rigorose,
die Beweisführung des Klägers stark erschwerende Auflagen zu verfügen. Dass
eine Beschwer vorliegt, wenn eine Partei allenfalls zusammen mit Beratern eine
Urkunde nur in den Gerichtsräumlichkeiten und zudem nur unter Aufsicht und
nach Voranmeldung einsehen darf und es ihr zudem verboten ist, Kopien anzufer-
tigen, anstatt dass man ihr das gewünschte Aktenstück allenfalls eine Kopie
desselben zuschickt, steht ausser Frage. Dies gilt insbesondere im vorliegenden
Fall, wo dem Kläger zugemutet würde, zusammen mit allfälligen Beratern aus dem
Ausland anzureisen, um in das für seine Prozessführung wichtige Dokument Ein-
sicht nehmen zu können. Angesichts all dieser Umstände bestand für den Be-
zirksgerichtspräsidenten überhaupt kein Grund, über die Begehren der angebli-
chen Geheimnisträgerin hinauszugehen.
5.
Die angefochtene Verfügung erweist sich aber auch als unverhält-
nismässig, namentlich wenn vom Begehren der Beklagten ausgegangen wird. Hält
man sich an deren Ausführungen in der Eingabe vom 27. März 2008, so stellt man
fest, dass es ihr nur darum geht, dass der Inhalt des Bewertungsberichts nicht an
die Öffentlichkeit gelangt. Darunter versteht sie offenbar einen weiteren als den
Personenkreis, der im Besitze von Aktien der Gesellschaft ist, führt sie doch aus-
drücklich aus, die Weitergabe des Gutachtens ausserhalb des Aktionärskreises
sei nicht im Interesse der Y. und auch nicht deren Aktionäre. Damit akzeptiert die
Beklagte offenbar, dass der Bericht den Aktionären zugänglich gemacht wird. Nun
handelt es sich bei der Y. aber um eine Publikumsgesellschaft, deren Aktien ver-
hältnismässig breit gestreut sind. Unter diesen Umständen wäre es völlig unrealis-
tisch zu glauben, dass die im Bericht enthaltenen Informationen nicht in die Öffent-
lichkeit gelangen würden, wenn die vielen Aktionäre davon Kenntnis erhalten dür-
fen. Abgesehen davon, dass die Beklagte schutzwürdige Interessen an der Ge-
heimhaltung in keiner Weise glaubhaft macht und es ohnehin fraglich ist, ob allfäl-
lige in dem vor drei Jahren erstellten Bericht enthaltene Geschäftsgeheimnisse
überhaupt noch aktuell sein könnten, wäre es also illusorisch zu glauben, durch
die im Gesuch gestellten Begehren liesse sich die Verbreitung des Inhalts des Be-
richts an einen über die Aktionäre hinausgehenden Personenkreis verhindern. Die
Beschwerde ist demnach gutzuheissen, die angefochtene Verfügung aufzuheben
und das Bezirksgerichtspräsidium Albula anzuweisen, den Bewertungsbericht der
Seite 9 — 11
E. allenfalls in Kopie - dem Kläger und den Nebenintervenienten ungekürzt zuzu-
stellen.
II.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens gehen die Kosten des Kantons-
gerichtspräsidiums zu Lasten der Beschwerdegegnerin, welche dem Beschwerde-
führer eine angemessene Umtriebsentschädigung auszurichten hat. Wie bereits
im Entscheid des Kantonsgerichtspräsidiums Graubünden vom 16. August 2007
(PZ 07 99) unter Hinweis auf PKG 1975 Nr. 15, 1989 Nr. 13 und 1998 Nr. 9 aus-
geführt wurde, steht hingegen den Nebenintervenienten kein Entschädigungsan-
spruch gegenüber dem Prozessgegner zu (vgl. auch Art. 33 letzter Satz ZPO).
Seite 10 — 11
Demnach erkennt das Kantonsgerichtspräsidium :
1. Die
Beschwerde
wird
gutgeheissen, die angefochtene Verfügung aufgeho-
ben und das Bezirksgerichtspräsidium Albula angewiesen, dem Kläger den
Bewertungsbericht der E. vom 10. November 2005 ungekürzt zuzustellen.
2.
Die Y. trägt die amtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens, bestehend
aus einer Spruchgebühr von Fr. 1'500.-- und einer Schreibgebühr von Fr.
192.--, total somit Fr. 1692.--.
3.
Die Y. wird verpflichtet, X. für das Beschwerdeverfahren eine Prozessent-
schädigung von 400 Franken (inkl. MWST) zu bezahlen.
4.
Gegen diese Entscheidung ist ein Rechtsmittel an das Schweizerische
Bundesgericht gegeben. Voraussetzungen und Verfahren sowie die Modali-
täten der Einreichung richten sich nach dem Bundesgerichtsgesetz (Bun-
desgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht, BGG, SR 173.110).
5. Mitteilung
an:
__
Für das Kantonsgerichtspräsidium von Graubünden
Der Präsident:
Der Aktuar ad hoc:
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Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.
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