Ein Verkehrsunfall im Jahr 2002 führte zum Tod von drei Personen und zu schweren Verletzungen eines Überlebenden, der nun Schadenersatz und Genugtuung von der Haftpflichtversicherung des verstorbenen Fahrzeuglenkers fordert. Nach einer Untersuchung des Gerichts und der Einreichung von Beweismitteln, darunter Videoaufnahmen, wies das Handelsgericht im November 2006 das Gesuch des Klägers um unentgeltliche Prozessführung ab. Daraufhin reichte der Kläger eine Nichtigkeitsbeschwerde ein, die jedoch abgewiesen wurde, da das Gericht keine Pflicht zur Anordnung von Beweismassnahmen hatte und die Beschwerde als aussichtslos betrachtete. Der Kläger wurde für das Beschwerdeverfahren kosten- und entschädigungspflichtig.
Urteilsdetails des Kantongerichts KSK-16-49
Kanton: | GR |
Fallnummer: | KSK-16-49 |
Instanz: | Kantonsgericht Graubünden |
Abteilung: | - |
Datum: | 16.12.2016 |
Rechtskraft: | - |
Entscheid des Kantongerichts KSK-16-49
Kantonsgericht von Graubünden
Dretgira chantunala dal Grischun
Tribunale cantonale dei Grigioni
Ref.:
Chur, 16. Dezember 2016
Schriftlich mitgeteilt am:
KSK 16 49
16. Dezember 2016
Entscheid
Schuldbetreibungsund Konkurskammer
Vorsitz
Michael Dürst
Aktuar ad hoc
Guetg
In der Schuldbetreibungsund Konkurssache
der X . _ _ _ _ _ , Beschwerdeführerin,
gegen
den Entscheid des Einzelrichters SchKG am Bezirksgericht Surselva vom 16. Au-
gust 2016, mitgeteilt am 16. August 2016, in Sachen der Y . _ _ _ _ _ , Beschwer-
degegnerin, gegen die Beschwerdeführerin,
betreffend provisorische Rechtsöffnung,
hat sich ergeben:
I. Sachverhalt
A.
Mit Zahlungsbefehl des Betreibungsamtes A.___ vom 7. Juni 2016 (Be-
treibungs-Nr. ___) wurde die X.___ von der Y.___ für den Betrag von
CHF 1'650.-- nebst Zins von 5% seit 15. März 2016 betrieben. Gegen diesen Zah-
lungsbefehl erhob die X.___ am 16. Juni 2016 Rechtsvorschlag (vorinstanzli-
ches act. II/1).
B.
Mit Eingabe vom 4. Juli 2016 ersuchte die Y.___ das Bezirksgericht Sur-
selva um Erteilung der (provisorischen) Rechtsöffnung für den in Betreibung ge-
setzten Betrag nebst Zinsen und Kosten des Zahlungsbefehls (vorinstanzliches
act. I/1).
C.
Mit Schreiben vom 6. Juli 2016 wurde die X.___ zur Vernehmlassung
eingeladen. In der Folge liess sie sich jedoch nicht vernehmen. Da keine Partei die
Durchführung einer mündlichen Hauptverhandlung wünschte, wurde aufgrund der
Akten entschieden.
D.
Mit Entscheid vom 16. August 2016, gleichentags mitgeteilt, erkannte der
Einzelrichter SchKG am Bezirksgericht Surselva was folgt:
"1. Das Gesuch wird gutgeheissen und der Gesuchstellerin in der Betrei-
bung Nr. ___ des Betreibungsamtes A.___ für den Betrag von
CHF 1'650.-- nebst Zins zu 5% seit 15. März 2016 die provisorische
Rechtsöffnung erteilt.
2. Die Kosten des Rechtsöffnungsverfahrens im Betrage von CHF 200.--
gehen zulasten der Gesuchsgegnerin. Sie werden unter Erteilung ei-
nes Rückgriffsrechts auf die Schuldnerin bei der Gesuchstellerin ein-
gezogen und sind innert 30 Tagen mit beiliegendem Einzahlungs-
schein dem Bezirksgericht Surselva zu überweisen.
Ausseramtlich hat die Gesuchsgegnerin die Gesuchstellerin für ihre
Umtriebe mit CHF 100.-zu entschädigen.
3. (Rechtsmittelbelehrung)
4. (Mitteilung)"
Begründend hielt der Einzelrichter SchKG am Bezirksgericht Surselva fest, dass
sich die von der Y.___ in Betreibung gesetzte Forderung aus einem am 4. Sep-
tember 2015 von beiden Seiten unterzeichneten Vertrag betreffend APP Business
ergebe. Mit genanntem Vertrag läge eine für den in Betreibung gesetzten Betrag
durch Unterschrift bekräftigte Schuldanerkennung in Form eines zweiseitigen Ver-
trages vor, der zur provisorischen Rechtsöffnung berechtige. Weil seitens der
Seite 2 — 12
X.___ keine materiellen Einwendungen erfolgt seien, welche diese Schuldaner-
kennung entkräfteten, sei die provisorische Rechtsöffnung zu erteilen (act. B.1).
E.
Gegen den vorgenannten Entscheid erhob die X.___ (nachfolgend Be-
schwerdeführerin) mit Eingabe vom 23. August 2016 (Poststempel vom 24. Au-
gust 2016), unterzeichnet durch das einzelzeichnungsberechtigte VR-Mitglied,
C.___, Beschwerde an das Kantonsgericht von Graubünden. Darin beantragte
sie sinngemäss die Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheides betreffend die
Erteilung der provisorischen Rechtsöffnung. Zur Begründung führt sie aus, dass
der Vertrag vom 4. September 2015 zwischen ihr und der Y.___ (nachfolgend
Beschwerdegegnerin) ungültig sei, weil B.___ die Beschwerdeführerin mangels
Vertretungsbefugnis nicht habe vertreten könne. Dies habe sowohl der Verkäufer
als auch die Geschäftsleitung (sic.) der Beschwerdegegnerin jederzeit überprüfen
können. Überdies sei der Geschäftsführer der Beschwerdeführerin weder über
den Nutzen der App orientiert noch über deren genauen Inhalt in Kenntnis gesetzt
worden. Wäre dies der Fall gewesen, hätte die Beschwerdeführerin nie einen App-
Vertrag unterzeichnet (act. A.1).
F.
Mit Verfügung vom 25. August 2016 forderte die Vorsitzende der Schuldbe-
treibungsund Konkurskammer des Kantonsgerichtes von Graubünden die Be-
schwerdeführerin zur Leistung eines Kostenvorschusses in Höhe von CHF 250.--
bis zum 5. September 2016 auf, dessen Eingang am 2. September 2016 ver-
zeichnet wurde (act. D.2). Gleichentags wurde die Vorinstanz um Zustellung sämt-
licher Akten bis zum 5. September 2016 aufgefordert. In derselben Verfügung
wurde die Beschwerdeführerin auch darauf hingewiesen, dass der Beschwerde
gemäss Art. 325 Abs. 1 ZPO keine aufschiebende Wirkung zukomme. Eine Be-
schwerdeantwort wurde nicht eingeholt (act. D.1).
G.
Mit Schreiben vom 26. August 2016 übermittelte das Bezirksgericht Sursel-
va die nachgesuchten Akten. Gleichzeitig wies es darauf hin, dass sich die Be-
schwerdeführerin im Rechtsöffnungsverfahren nicht habe vernehmen und sie so-
mit auch keine Einwendungen gegen die Forderung erhoben habe. Am 14. März
2016 sei seitens der Beschwerdeführerin eine Zahlung über CHF 1‘650.-erfolgt,
was als nachträgliche Genehmigung des Rechtsgeschäfts zu werten sei (act. A.2).
H.
Mit Eingabe vom 18. September 2016 (Poststempel vom 19. September
2016) widersprach die Beschwerdeführerin der Auffassung des Bezirksgerichts
Surselva und hielt fest, dass C.___ erstmals am 4. Mai 2016 mit der Buchhal-
Seite 3 — 12
tung der Beschwerdegegnerin Kontakt gehabt und nach Zustellung des Vertrages
diesen sogleich rechtlich in Frage gestellt habe (act. A.3).
I.
Auf die weiteren Ausführungen in den Rechtsschriften sowie im angefoch-
tenen Entscheid wird, soweit erforderlich, in den nachfolgenden Erwägungen ein-
gegangen.
II. Erwägungen
1.a)
Gegen erstinstanzliche Entscheide über Rechtsöffnungsbegehren ist die
Berufung unzulässig, weshalb für deren Anfechtung einzig das Rechtsmittel der
Beschwerde zur Verfügung steht (Art. 309 lit. b Ziff. 3 ZPO in Verbindung mit
Art. 319 lit. a ZPO). Beschwerdeinstanz ist das Kantonsgericht von Graubünden
(Art. 7 Abs. 1 des Einführungsgesetzes zur Schweizerischen Zivilprozessordnung
[EGzZPO; BR 320.100]), wobei die Beurteilung in die Zuständigkeit der Schuldbe-
treibungsund Konkurskammer fällt, wenn es um Streitsachen auf dem Gebiet des
Schuldbetreibungsund Konkursrechts geht, für welche das summarische Verfah-
ren gilt (Art. 8 Abs. 2 der Verordnung über die Organisation des Kantonsgerichts
[KGV; BR 173.100]). Letzteres ist namentlich bei Rechtsöffnungssachen der Fall
(Art. 251 Abs. 1 ZPO; Art. 80-84 SchKG). Infolgedessen beträgt die Beschwerde-
frist zehn Tage (Art. 321 Abs. 2 ZPO). Die Beschwerde ist bei der Rechtsmittel-
instanz einzureichen, und zwar schriftlich, begründet sowie unter Beilegung des
angefochtenen Entscheids (Art. 321 Abs. 1 und 3 ZPO).
b)
Der vorliegend angefochtene Rechtsöffnungsentscheid datiert vom 16. Au-
gust 2016 und wurde den Parteien gleichentags mitgeteilt, womit sich die Be-
schwerde vom 23. August 2016 (Poststempel vom 24. August 2016) als fristge-
recht erweist. Die Zeichnungsberechtigung für die Beschwerdeführerin, welche
von Amtes wegen zu prüfen ist (Art. 59 Abs. 2 lit. c in Verbindung
mit Art. 60 ZPO), ergibt sich aus dem Handelsregister des Kantons Graubünden.
Die übrigen Prozessvoraussetzungen geben zu keinen weiteren Bemerkungen
Anlass, so dass auf die fristund formgerecht eingereichte Beschwerde einzutre-
ten ist.
2.a)
Gemäss Art. 320 ZPO können mit der Beschwerde die unrichtige Rechts-
anwendung sowie die offensichtlich unrichtige Feststellung des Sachverhalts ge-
rügt werden. In Rechtsfragen verfügt die Beschwerdeinstanz daher über eine freie
Kognition, die derjenigen der Vorinstanz entspricht, wohingegen die Kognition der
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Beschwerdeinstanz in Tatfragen auf eine Überprüfung, ob Willkür vorliege, be-
schränkt bleibt (vgl. Myriam A. Gehri, in: Gehri/Jent-Sørensen [Hrsg.], Schweizeri-
sche Zivilprozessordnung, Orell Füssli Kommentar, 2. Auflage, Zürich 2015, N 2
zu Art. 320 ZPO; Dieter Freiburghaus/Susanne Afheldt, in: Sutter-Somm/Hasen-
böhler/Leuenberger [Hrsg.], Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessord-
nung, Zürich 2016, N 3 ff. zu Art. 320 ZPO).
b)
Im Beschwerdeverfahren gilt eine Rügebzw. Begründungspflicht. Während
die beschwerdeführende Partei in der Beschwerdeschrift im Einzelnen darzulegen
hat, an welchen Mängeln der angefochtene Entscheid leidet und auf welche Be-
schwerdegründe sie sich beruft, hat der Beschwerdegegner sofern eine Be-
schwerdeantwort eingeholt wird darzutun, warum der angefochtene Entscheid
richtig und die Beschwerde dementsprechend unbegründet erscheint (Dieter Frei-
burghaus/Susanne Afheldt, a.a.O., N 15 zu Art. 321 ZPO sowie N 9 zu Art. 322
ZPO). Unbesehen davon ist indessen im Beschwerdeverfahren wie schon im
erstinstanzlichen Verfahren als Rechtsfrage von Amtes wegen zu prüfen, ob die
vorgelegten Urkunden einen gültigen Rechtsöffnungstitel für die in Betreibung ge-
setzte Forderung darstellen, auch wenn sich der Schuldner nicht ausdrücklich auf
entsprechende Mängel beruft. Der Rechtsöffnungsrichter hat damit von Amtes
wegen zu untersuchen, ob eine Schuldanerkennung im Sinne von Art. 82 Abs. 1
SchKG vorliegt. Des Weiteren hat er von Amtes wegen zu prüfen, ob die Identität
zwischen dem Rechtsöffnungskläger und dem Betreibenden, dem Schuldner und
dem Betriebenen sowie der in Betreibung gesetzten und der im Rechtsöffnungsti-
tel verurkundeten Forderung gegeben ist (vgl. Daniel Staehelin, in: Staehelin/Bau-
er/Staehelin [Hrsg.], Basler Kommentar zum Bundesgesetz über Schuldbetreibung
und Konkurs I, 2. Aufl., Basel 2010, N 50 zu Art. 84 SchKG; Dominik Vock, in:
Hunkeler [Hrsg.], Kurzkommentar SchKG; 2. Aufl., Basel 2014, N 2 zu Art. 82
SchKG; BGE 134 III 71 E. 3 und 103 Ia 47 E. 2e; Urteile des Bundesgerichts
5A_113/2014 vom 8. Mai 2014 E. 2.1 sowie 5A_568/2010 vom 4. November 2010
E. 2.1; PKG 1987 Nr. 27 E. 2c). Genügen die vorgelegten Urkunden den Anforde-
rungen eines gültigen Rechtsöffnungstitels nicht, so ist die Rechtsöffnung zu ver-
weigern (vgl. zum Ganzen auch Entscheid der Schuldbetreibungsund Konkurs-
kammer des Kantonsgerichts von Graubünden KSK 15 79 vom 23. Mai 2016
E. 2b/bb mit weiteren Hinweisen).
c/aa) Gemäss Art. 326 Abs. 1 ZPO sind im Beschwerdeverfahren neue Anträge,
neue Tatsachenbehauptungen und neue Beweismittel anders als bei der Berufung
(vgl. Art. 317 ZPO) ausgeschlossen. Es gilt mithin im Beschwerdeverfahren unter
Seite 5 — 12
dem Vorbehalt besonderer gesetzlicher Bestimmungen (Art. 326 Abs. 2 ZPO) ein
umfassendes Novenverbot, und zwar nicht nur bei Verfahren, welche der Ver-
handlungsmaxime unterliegen, sondern auch bei jenen, welche vom Untersu-
chungsgrundsatz beherrscht sind. Die Beschwerde hat im Gegensatz zur Beru-
fung nicht den Zweck, das vorinstanzliche Verfahren weiterzuführen, sondern
dient einer Rechtskontrolle des angefochtenen Entscheids. Massgebend ist somit
der Prozessstoff, wie er im Zeitpunkt der Ausfällung des erstinstanzlichen Ent-
scheids bestanden hat. Zulässig sind hingegen neue rechtliche Erwägungen (vgl.
Dieter Freiburghaus/Susanne Afheldt, a.a.O., N 3 f. zu Art. 326 ZPO; Dominik
Gasser/Brigitte Rickli, Schweizerische Zivilprozessordnung, Kurzkommentar, 2.
Aufl., Zürich/St. Gallen 2014, N 1 zu Art. 326 ZPO).
c/bb) Aufgrund des Novenverbots ist es einer beklagten Partei, die sich am erst-
instanzlichen Verfahren nicht beteiligt hat, verwehrt, mit der Beschwerde neue
Tatsachen und Beweismittel in das Verfahren einzuführen. An der Befugnis, einen
zu ihrem Nachteil ausgefallenen Entscheid mit dem in der Sache gegebenen
Rechtsmittel anzufechten, ändert die Säumnis vor erster Instanz hingegen nichts.
Säumnis der beklagten Partei bedeutet nicht Anerkennung der Klage, sondern
führt lediglich zur Entscheidung nach Aktenlage (Art. 147 Abs. 2, Art. 223 Abs. 2
und Art. 234 Abs. 1 ZPO), wobei das Gericht grundsätzlich auf die infolge Säum-
nis unbestritten gebliebenen Tatsachen abstellen darf (vgl. Laurent Killias, in:
Hausheer/Walter [Hrsg.], Berner Kommentar, Schweizerische Zivilprozessord-
nung, Band II, Bern 2012, N 10 ff. zu Art. 223 ZPO und N 15 ff. zu Art. 234 ZPO;
Daniel Willisegger, in: Spühler/Tenchio/Infanger [Hrsg.], Basler Kommentar,
Schweizerische Zivilprozessordnung, 2. Aufl., Basel 2013, N 18 ff. zu Art. 223
ZPO und N 18 ff. zu Art. 234 ZPO). Dies gilt in einem summarischen Verfahren
sinngemäss (vgl. Rafael Klingler, in: Sutter-Somm/Hasenböhler/Leuenberger
[Hrsg.], Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung [ZPO], 2. Aufl., Zü-
rich 2013, N 22 f. zu Art. 252 ZPO; Stephan Mazan, in: Spühler/Tenchio/Infanger
[Hrsg.], Basler Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, 2. Aufl., Basel
2013, N 16 und 19 zu Art. 253 ZPO). Mit dem in der Sache gegebenen Rechtsmit-
tel kann in der Folge auch die säumige Partei eine Überprüfung des Entscheides
verlangen und im Falle einer Beschwerde namentlich geltend machen, dass
die erste Instanz die von der Gegenpartei vorgebrachten Tatsachen offensichtlich
falsch unvollständig festgestellt bzw. die vorgelegten Beweismittel willkürlich
gewürdigt hat sie aus den festgestellten Tatsachen die falschen rechtlichen
Schlüsse gezogen hat. Soweit zu diesem Zweck gestützt auf die bestehende Tat-
sachengrundlage neue rechtliche Argumente vorgebracht werden, fallen diese
Seite 6 — 12
nicht unter das Novenverbot. Nur wenn sich die neuen rechtlichen Argumente
ganz teilweise auf bisher nicht behauptete Tatsachen stützen, scheitern sie
an der Novenschranke (vgl. Thomas Sutter-Somm/Benedikt Seiler, in: Sutter-
Somm/Hasenböhler/Leuenberger [Hrsg.], Kommentar zur Schweizerischen Zivil-
prozessordnung [ZPO], 2. Aufl., Zürich 2013, N 17 zu Art. 57 ZPO). Dem Noven-
verbot nicht entgegen steht sodann der Umstand, dass die säumige Partei mit der
Beschwerde erstmals eine Abweisung der Klage bzw. des Gesuches beantragt,
zumal als neue Anträge im Sinne von Art. 326 ZPO vor allem Klageänderungen,
aber auch sonstige Änderungen Ergänzungen der vor Vorinstanz gestellten
Anträge, nicht hingegen die eigentlichen Rechtsmittelanträge zu verstehen sind
(vgl. Martin H. Sterchi in: Hausheer/Walter [Hrsg.], Berner Kommentar, Schweize-
rische Zivilprozessordnung, Band II, Bern 2012, N. 2 zu Art. 326).
c/cc) Bezogen auf das Rechtsöffnungsverfahren ergibt sich aus dem soeben
Dargelegten, dass dem Schuldner trotz unterlassener Teilnahme am erstinstanzli-
chen Verfahren die Beschwerde gegen die Erteilung der Rechtsöffnung offensteht
und er dabei sämtliche Einwände rechtlicher Natur vorbringen kann, welche sich
aus dem im erstinstanzlichen Verfahren beigebrachten Tatsachenmaterial erge-
ben. So kann er namentlich das Vorliegen eines gültigen Rechtsöffnungstitels be-
streiten und die Beschwerdeinstanz muss sollte sich der Einwand als begründet
erweisen eine solche Beschwerde gutheissen, obwohl der entsprechende Ein-
wand vor erster Instanz nicht erhoben wurde (vgl. Daniel Staehelin, a.a.O., N 90
zu Art. 84 SchKG). Stützt sich der Gläubiger auf eine Schuldanerkennung im Sin-
ne von Art. 82 Abs. 1 SchKG, stehen dem Schuldner gestützt auf Art. 82 Abs. 2
SchKG sämtliche Einwendungen und Einreden offen, welche zivilrechtlich von Be-
deutung sind (vgl. Daniel Staehelin, a.a.O., N 84 zu Art. 82 SchKG; Peter Stücheli,
Die Rechtsöffnung, Diss. Zürich 2000, S. 348). Dementsprechend kann der
Schuldner nicht bloss die Tauglichkeit der eingereichten Urkunden als Schuldan-
erkennung, sondern auch den Bestand der Forderung bestreiten. Diese Möglich-
keit steht einem vor erster Instanz säumigen Schuldner sodann auch noch im Be-
schwerdeverfahren offen, soweit er sich dabei auf die vor erster Instanz bestehen-
de Tatsachengrundlage stützt.
3.a)
Gegenstand des Rechtsöffnungsverfahrens nach Art. 80 ff. SchKG bildet
die Frage, ob für den in Betreibung gesetzten Betrag ein Rechtstitel besteht, der
die hemmende Wirkung des Rechtsvorschlags zu beseitigen vermag. Gemäss
Art. 82 Abs. 1 SchKG erteilt das Gericht die provisorische Rechtsöffnung, wenn
die Forderung auf einer durch öffentliche Urkunde festgestellten durch Unter-
schrift bekräftigten Schuldanerkennung beruht, sofern der Betriebene nicht nach
Seite 7 — 12
Art. 82 Abs. 2 SchKG Einwendungen, welche die Schuldanerkennung entkräften,
sofort glaubhaft macht. Als Schuldanerkennung im Sinne von Art. 82 SchKG gilt
unter anderem auch die Privaturkunde, die den vollen und liquiden Beweis für die
in Betreibung gesetzte Forderung erbringt, d.h. die neben der Person des Schuld-
ners auch diejenige des Gläubigers nennt, die sich über die Höhe der Forderung
und deren Fälligkeit äussert und aus der sich der klare Wille des Schuldners zur
Zahlung seiner Schuld ergibt (vgl. Peter Stücheli, a.a.O., S. 328 ff.).
b)
Die Erklärung in der Schuldanerkennung muss vom Schuldner selbst
stammen. Es muss also Identität vorliegen zwischen dem Schuldner, der im Zah-
lungsbefehl genannt ist, und dem Aussteller der Schuldanerkennung (Dominik
Vock, in: Schuldbetreibungsund Konkursgesetz, Kurzkommentar, 2. Auflage, Zü-
rich 2014, N 9 zu Art. 82 SchKG). Bei juristischen Personen muss daher die Erklä-
rung von einem zeichnungsberechtigten Organ von einem Handlungsbevoll-
mächtigten unterschrieben sein (Peter Stücheli, a.a.O., S. 331; Dominik Vock,
a.a.O., N 9 zu Art. 82 SchKG; Daniel Staehelin, a.a.O., N 59 zu Art. 82 SchKG).
Allgemein gilt, dass auch ein vom Schuldner ernannter Vertreter in dessen Namen
eine entsprechende Erklärung unterzeichnen kann. Aus der Erklärung muss je-
doch ersichtlich sein, dass der Vertreter für den Vertretenen handelt, wobei es ge-
nügt, wenn der Gläubiger aus den Umständen auf das Vertretungsverhältnis
schliessen konnte. Die Vertretungsmacht des Unterzeichnenden kann sich somit
aus einer gewillkürten Ermächtigung ergeben. Diese kann ausdrücklich erteilt
worden sein, nach den allgemeinen Regeln des Stellvertretungsrechts aber auch
in einem konkludenten Handeln gründen (Peter Stücheli, a.a.O., S. 334; Dominik
Vock, a.a.O., N 10 zu Art. 82 SchKG; Daniel Staehelin, a.a.O., N 57 zu Art. 82
SchKG).
c)
Von der Frage, ob zivilrechtlich ein wirksames Vertretungsverhältnis vor-
liegt, ist die Frage, inwieweit eine gewillkürte Vertretungsmacht im Rechtsöff-
nungsverfahren nachgewiesen werden muss, abzugrenzen. Diesbezüglich gehen
die Meinungen in Lehre und Rechtsprechung auseinander. Nach der einen Auf-
fassung muss die Vertretungsmacht urkundlich belegt werden (PKG 1989 Nr. 32
E. a); PKG 1991 Nr. 29 E. 2; Daniel Staehelin a.a.O., N 57 zu Art. 82 SchKG
m.w.H.) zumindest notorisch sein (Eugen Fischer, Rechtsöffnungspraxis in
Basel-Stadt, BJM Nr. 3 1980, S. 113 ff., S. 131), während nach der anderen Auf-
fassung, die vom Bundesgericht als nicht willkürlich bezeichnet wurde, die Voll-
macht auch durch ein konkludentes Handeln des Schuldners nachgewiesen wer-
den kann (BGE 132 III 140 E. 4.1 = Pra 2006, 918; 130 III 87 E. 3.1 = Pra 2004,
1013 ff.; 112 III 89; Urteil des Bundesgerichts 5P.449/2002 vom 20. Februar 2003
Seite 8 — 12
E. 4 = Pra 2003, 893; m.w.H. Daniel Staehelin, a.a.O., N 57 zu Art. 82 SchKG).
Der bundesgerichtlichen Rechtsprechung folgend genügt es demnach, wenn das
Vertretungsverhältnis sofern es unbestritten geblieben ist aus den Akten zu
vermuten ist. Ein Nachweis der Vertretungsmacht durch Urkunden wie etwa einen
Handelsregisterauszug eine schriftliche Vollmacht ist mit anderen Worten
erst im Falle deren Bestreitens notwendig (BGE 130 III 87 = 30 III 87 E. 3.1 = Pra
2004, 1013 ff.; ähnlich BGE 132 III 142 = Pra 2006 Nr. 41 E. 4.1.1; 130 III 88 E.
3.1; Dominik Vock, a.a.O., N 10 zu Art. 82 SchKG; Peter Stücheli, a.a.O., S. 339).
4.a)
Vorliegend hat sich die Beschwerdeführerin am erstinstanzlichen Verfahren
nicht beteiligt. Erst mit ihrer Beschwerde bringt sie vor, die im Vertrag vom 4. Sep-
tember 2015 enthaltene Schuldanerkennung sei rechtlich ungültig, weil die den
Vertrag unterzeichnende B.___ nicht vertretungsberechtigt gewesen sei. Sie
bestreitet somit das Vorliegen einer gültigen Schuldanerkennung und stützt sich
dabei unter anderem auf einen Internetauszug aus dem Handelsregisteramt des
Kantons Graubünden vom 22. August 2016 (act. B.5), mit welchem sie die fehlen-
de Zeichnungsberechtigung von B.___ belegen will. Wie vorstehend dargelegt,
sind indessen im Beschwerdeverfahren neue Behauptungen und Beweismittel
nicht mehr zulässig (Art. 326 ZPO). Der genannte Handelsregisterauszug kann
daher zwar zum Nachweis der (von Amtes wegen zu prüfenden) Vertretungsbe-
fugnis von C.___ im Beschwerdeverfahren entgegen genommen werden. Bei
der Beurteilung der Sache selber muss diese neue Urkunde jedoch unberücksich-
tigt bleiben. Dasselbe gilt für sämtliche erst im Beschwerdeverfahren vorgebrach-
ten Tatsachenbehauptungen, soweit diese über den im erstinstanzlichen Verfah-
ren beigebrachten Prozessstoff hinausgehen. So können namentlich die Vorbrin-
gen der Beschwerdeführerin, wonach sowohl der Verkäufer wie auch die Ge-
schäftsleitung der Beschwerdegegnerin die ihnen jederzeit mögliche Überprüfung
der Zeichnungsberechtigung von B.___ unterlassen hätten und ihr Geschäfts-
führer (C.___) keinerlei Kenntnis vom in Frage stehenden App-Vertrag gehabt
habe, nicht mehr gehört werden. Um mit ihrer Beschwerde Erfolg haben zu kön-
nen, hätte die Beschwerdeführerin stattdessen darlegen müssen, dass der Vorder-
richter aufgrund des bei seinem Entscheid vorliegenden Tatsachenmaterials die
fehlende Vertretungsmacht von B.___ hätte feststellen und demzufolge den Be-
stand einer gültigen Schuldanerkennung hätte verneinen müssen. Solches hat sie
nicht getan, weshalb die Beschwerde bereits aus diesem Grund abzuweisen ist.
Aber selbst wenn man mit Rücksicht darauf, dass bei Laien geringere Anforderun-
gen an die Begründung ihrer Beschwerde zu stellen sind, vom Erfordernis einer
entsprechenden (substantiierten) Rüge absehen wollte, bestünde wie aus den
Seite 9 — 12
nachfolgenden Ausführungen hervorgeht kein Anlass, den angefochtenen Ent-
scheid aufzuheben.
b)
Der Vorderrichter hat das Vorliegen eines Rechtsöffnungstitels geprüft und
in diesem Zusammenhang unter anderem erwogen, dass sich die von der Be-
schwerdegegnerin in Betreibung gesetzte Forderung aus einem am 4. September
2015 von beiden Seiten unterzeichneten Vertrag betreffend APP Business ergebe.
Zutreffend ist, dass der in Frage stehende Vertrag durch B.___ unterzeichnet
wurde (vorinstanzliches act. II./2). Unter der Rubrik „Kunde“ wurde indessen der
Stempel der Beschwerdeführerin angebracht, der sich zudem ein zweites Mal über
der Unterschrift von B.___ findet. B.___ hat sich demnach als Vertreterin der
Beschwerdeführerin zu erkennen gegeben. Urkunden, welche die Vertretungsbe-
rechtigung von B.___ unmittelbar belegen würden, lagen dem Vorderrichter
nicht vor. Nachdem ihre Vertretungsberechtigung im vorinstanzlichen Verfahren
aber unbestritten geblieben ist, genügte es nach dem zuvor Gesagten, dass die
Vertretungsmacht aufgrund der mit dem Rechtsöffnungsgesuch vorgelegten Akten
zu vermuten war. Zusammen mit dem genannten Vertrag hat die Beschwerde-
gegnerin eine Rechnung für die darin vereinbarten Dienstleistungen im Betrage
von insgesamt CHF 3‘726.-eingereicht, aus welcher hervorgeht, dass am 14.
März 2016 ein Zahlungseingang von CHF 1‘650.-verzeichnet wurde (vor-
instanzliches act. II.3). Bei dieser Aktenlage durfte der Vorderrichter ohne weiteres
darauf schliessen, dass B.___ über die interne Berechtigung verfügte, den strit-
tigen Vertrag abzuschliessen, respektive durfte er zumindest von einer nachträgli-
chen Genehmigung des Vertragsabschlusses seitens der Beschwerdeführerin
ausgegangen. Denn wer jemandem die Befugnis zur Zahlung von Rechnungen
überlässt, muss sich den daraus entstandenen Anschein einer Vollmacht entge-
gen halten lassen (BGE 130 III 89 E. 3.3). Bestand für den Vorderrichter somit
kein Anlass, an der Vertretungsmacht von B.___ zu zweifeln, war er auch nicht
gehalten, von der Beschwerdegegnerin einen zusätzlichen Nachweis des Vertre-
tungsverhältnisses zu verlangen, sondern durfte das Vorliegen einer gültigen
Schuldanerkennung ohne weiteres bejahen. Der erstmaligen Bestreitung der Ver-
tretungsberechtigung im Beschwerdeverfahren kann unter diesen Umständen kein
Erfolg beschieden sein. Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet und
ist abzuweisen.
5.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens gehen die Kosten des Beschwerde-
verfahrens zu Lasten der Beschwerdeführerin (Art. 106 Abs. 1 ZPO). Die Ge-
richtskosten werden gestützt auf Art. 48 in Verbindung mit Art. 61 Abs. 1 Gebüh-
renverordnung zum Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs (GebV
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SchKG; SR 281.35) auf CHF 250.-festgelegt. Eine Parteientschädigung für die
Beschwerdegegnerin entfällt mangels Einholung einer Beschwerdeantwort.
6.
Da der Streitwert in vorliegendem Verfahren unter CHF 5'000.-liegt und
darüber hinaus die Beschwerde offensichtlich unbegründet ist, ergeht der vorlie-
gende Entscheid in Anwendung von Art. 7 Abs. 2 lit. a des Einführungsgesetzes
zur Zivilprozessordnung (EGzZPO; BR 320.100) bzw. Art. 18 Abs. 3 des Gerichts-
organisationsgesetzes (GOG; BR 173.000) und Art. 7 Abs. 2 lit. b EGzZPO in ein-
zelrichterlicher Kompetenz.
Seite 11 — 12
III. Demnach wird erkannt:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
2.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens in Höhe von CHF 250.-werden der
X.___ auferlegt und mit dem von ihr geleisteten Kostenvorschuss in der
Höhe von CHF 250.-verrechnet.
3.
Gegen diese, einen Streitwert von weniger als CHF 30'000.00 betreffende
Entscheidung kann gemäss Art. 72 und Art. 74 Abs. 2 lit. a BGG Beschwer-
de in Zivilsachen an das Schweizerische Bundesgericht, 1000 Lausanne
14, geführt werden, wenn sich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeu-
tung stellt. Andernfalls ist die subsidiäre Verfassungsbeschwerde gemäss
Art. 113 ff. BGG gegeben. In beiden Fällen ist das Rechtsmittel dem Bun-
desgericht schriftlich, innert 30 Tagen seit Eröffnung der vollständigen Aus-
fertigung der Entscheidung in der gemäss Art. 42 f. BGG vorgeschriebenen
Weise einzureichen. Für die Zulässigkeit, die Beschwerdelegitimation, die
weiteren Voraussetzungen und das Verfahren der Beschwerde gelten die
Art. 29 ff., 72 ff., 90 ff. und 113 ff. BGG.
4.
Mitteilung an:
Seite 12 — 12
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