Zusammenfassung des Urteils OG.2012.00021: Kantonsgericht
Eine Beschwerdeführerin hat gegen die Einstellungsverfügung der Staats- und Jugendanwaltschaft des Kantons Glarus bezüglich eines Verkehrsunfalls Beschwerde erhoben. Der Beschuldigte konnte keine Angaben zum Unfallhergang machen. Die Staatsanwaltschaft stellte das Strafverfahren wegen fahrlässiger Tötung ein. Die Witwe des Verstorbenen hat Beschwerde eingelegt, da sie die Sachverhaltsfeststellung als unvollständig und unrichtig ansieht. Das Gericht entscheidet, die Einstellungsverfügung aufzuheben und die Sache zur weiteren Untersuchung an die Staatsanwaltschaft zurückzuweisen.
Kanton: | GL |
Fallnummer: | OG.2012.00021 |
Instanz: | Kantonsgericht |
Abteilung: | - |
Datum: | 02.10.2012 |
Rechtskraft: |
Leitsatz/Stichwort: | Beschwerde gegen Einstellungsverfügung |
Schlagwörter : | Staats; Staatsanwalt; Staatsanwaltschaft; Beweis; Beschuldigte; Verfahren; Einstellungsverfügung; Kanton; Kantons; Motorrad; Beschuldigten; Sachverhalt; Verfahren; Unfall; Glarus; Sache; Untersuchung; Tatsache; Anklage; Tötung; Staatskasse; Kantonspolizei; Dispositiv; Tatsachen; Entschädigung; Ballenpresse; Person; Gutachten |
Rechtsnorm: | Art. 105 StPO ; |
Referenz BGE: | 137 IV 219; |
Kommentar: | Donatsch, Hans, Schweizer, Hansjakob, Lieber, Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung [StPO], Zürich, Art. 104; Art. 105 OR StPO, 2010 |
Antrag der Beschwerdegegnerin (vom 4. Mai 2012, sinngemäss):
Antrag des Beschuldigten (vom 30. Mai 2012, sinngemäss):
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Das Gericht zieht in Betracht:
I.
1.— a) Am 23. Mai 2009 um 20.15 Uhr ereignete sich auf der Kantonsstrasse zwischen [...] und [...], beim […], ein Verkehrsunfall zwischen C.__ und X.__, der dabei getötet wurde.
b) C.__ fuhr mit seiner Fahrzeugkomposition, welche den Traktor, eine Ballenpresse und eine Wickelmaschine umfasste, auf der Kantonsstrasse von [...] Richtung [...]. Auf der Hauptstrasse in dieselbe Richtung fuhr auch X.__ mit einem Motorrad. Als C.__ von der Hauptstrasse nach links in die Abzweigung zum [...] einbog, kam es zur Kollision zwischen dem Motorradfahrer und der von C.__ gelenkten Fahrzeugkomposition. Der Motorradlenker und dessen Motorrad schlitterten vermutlich in der Folge zusammen mit der in die Abzweigung eingebogenen Fahrzeugkomposition mit, wobei das Motorrad schliesslich vor der vorderen linken Ballenpresseseite und X.__ – wohl unter der Ballenpresse hindurch – auf deren hinteren rechten Seite, noch vor der Wickelmaschine zu liegen kam. X.__ verstarb noch auf der Unfallstelle an den Folgen des Verkehrsunfalls.
c) Der Beschuldigte C.__ konnte zum Unfallhergang keine Angaben machen. An der polizeilichen Einvernahme am Unfallabend führte er aus, dass er sich korrekt verhalten habe; sodann sagte er aber aus, dass er „die Kurve etwas geschnitten habe“. Anlässlich der Einvernahme durch den Staatsanwalt am 12. August 2009 führte er aus, dass er „den Vorwurf wegen des Kurvenschneidens“ akzeptieren könne, die Kurve aber nicht absichtlich geschnitten habe. Den Vorwurf der fahrlässigen Tötung akzeptiere er nicht.
d) Sodann wurden als Auskunftspersonen M.__ und L.__ durch die Kantonspolizei Glarus unterschriftlich zum Unfallgeschehen einvernommen. Weiter liegen Zeugenprotokolle mit Aussagen von N.__ und O.__ bei den Akten.
2.— Die Staatsanwaltschaft des Kantons Glarus stellte das Strafverfahren gegen C.__ wegen fahrlässiger Tötung mit Verfügung vom 28. März 2012 ein (Dispositiv Ziff. 1). Die Verfahrenskosten nahm die Staatsanwaltschaft auf die Staatskasse (Dispositiv Ziff. 2). Dem Beschuldigten C.__ wurde eine Entschädigung in der Höhe von Fr. 1‘469.70 (inkl. MwSt), jedoch keine Genugtuung zugesprochen (Dispositiv Ziff. 3 und 4). Die von X.__ getragenen Motorradkleider sowie dessen Schutzhelm sollten nach Eintritt der Rechtskraft der Einstellungsverfügung durch die Polizei vernichtet (Dispositiv Ziff. 5), das Motorrad GL [...], ein defekter Rückspiegel ab Motorrad GL [...] sowie drei Glühlampen ab Motorrad GL [...] an die Erben von X.__ herausgegeben werden (Dispositiv Ziff. 6). Zwei Glühlampen ab Traktor GL [...], zwei Glühlampen ab Ballenpresse GL [...], zwei Glühlampen ab Wickler und ein Rad ab Ballenpresse sind gemäss der Einstellungsverfügung nach Eintritt der Rechtkraft an F.__, den Fahrzeughalter der vom Beschuldigten gelenkten Fahrzeugkombination, herauszugeben (Dispositiv Ziff. 7).
3.— Gegen diese Einstellungsverfügung erhob A.__, die Witwe des verstorbenen X.__, mit Eingabe vom 10. April 2012 Beschwerde und stellte die eingangs wiedergegebenen Anträge.
4.— Der Rechtsvertreter des Beschuldigten nahm mit Schreiben vom 30. Mai 2012 innert erstreckter Frist Stellung zur Beschwerde gegen die Einstellungsverfügung und stellte ebenfalls Anträge. Die Staatsanwaltschaft liess sich nicht vernehmen.
II.
1.— Die Beschwerde ist zulässig gegen Verfügungen der Staatsanwaltschaft (Art. 393 Abs. 1 lit. a StPO; vgl. auch Art. 322 Abs. 2 StPO).
2.— a) Ein Rechtsmittel ergreifen kann jede Partei, die ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung Änderung eines Entscheides hat (Art. 382 Abs. 1 StPO). Der Parteibegriff ist umfassend im Sinne von Art. 104 und Art. 105 StPO zu verstehen (Lieber in: Donatsch/Hansjakob/Lieber [Hrsg.], Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung [StPO], Zürich 2010, Art. 382 N 2; Guidon, Die Beschwerde gemäss Schweizerischer Strafprozessordnung, Zürich/St. Gallen 2011, Rz. 222).
b) Der Rechtsvertreter des Beschuldigten stellt sich in der Stellungnahme vom 30. Mai 2012 auf den Standpunkt, dass die Beschwerdeführerin nicht zur Beschwerde legitimiert sei.
c) Als Privatklägerschaft gilt die geschädigte Person, die ausdrücklich erklärt, sich am Strafverfahren als Strafoder Zivilkläger zu beteiligen (Art. 118 Abs. 1 StPO). Der Strafantrag ist dieser Erklärung gleichgestellt (Art. 118 Abs. 2 StPO). Die Erklärung kann schriftlich mündlich zu Protokoll abgegeben werden (Art. 119 Abs. 1 StPO). In ihrer Erklärung kann die Privatklägerschaft (kumulativ alternativ) die Verfolgung und Bestrafung der für die Straftat verantwortlichen Person verlangen („Strafklage“, Art. 119 Abs. 2 lit. a StPO) und/oder adhäsionsweise privatrechtliche Ansprüche geltend machen, die aus der Straftat abgeleitet werden („Zivilklage“, Art. 119 Abs. 2 lit. b StPO). Die geschädigte Person kann zivilrechtliche Ansprüche aus der Straftat als Privatklägerschaft adhäsionsweise im Strafverfahren geltend machen (Art. 122 Abs. 1 StPO). Die in der Zivilklage erhobene Forderung ist nach Möglichkeit in der Erklärung der Parteistellung als Privatklägerschaft (Art. 118 i.V.m. Art. 119 StPO) zu beziffern und, unter Angabe der angerufenen Beweismittel, kurz schriftlich zu begründen (Art. 123 Abs. 1 StPO; Urteil des Bundesgerichts 1B_476/2011, vom 30. November 2011).
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts muss der Privatstrafkläger zwar seine Zivilansprüche im Untersuchungsverfahren noch nicht (adhäsionsweise) geltend gemacht haben, damit er zur Beschwerde gegen definitive Einstellungen befugt ist. Er hat jedoch darzulegen, welche Zivilansprüche er gegen beschuldigte Personen stellen möchte, sofern dies – etwa aufgrund der Natur der untersuchten Straftat – nicht ohne weiteres aus den Akten ersichtlich ist (BGE 137 IV 219 E. 2.4. S. 222 f.; 246 E. 1.3.1 S. 247 f.; je mit Hinweisen; Urteil des Bundesgerichts 1B_78/2012 vom 3. Juli 2012). Als nahe Angehörige der verstorbenen Person in einer Strafuntersuchung wegen fahrlässiger Tötung erfüllt die Beschwerdeführerin grundsätzlich den Opferbegriff (Art. 1 Abs. 2 OHG). Sie beansprucht sinngemäss Genugtuung und Schadenersatz für die Tötung ihres Mannes (vgl. Art. 47 OR).
Wohl hat die Beschwerdeführerin vorliegend nicht erklärt, als Privatstrafklägerin am Verfahren teilzunehmen. Allerdings ist sie von der Staatsanwaltschaft vor Erlass der Einstellungsverfügung auch nicht auf diese Möglichkeit hingewiesen worden. Damit ist A.__ zur Beschwerde legitimiert, auch wenn sie bisher keine konkreten Zivilansprüche geltend gemacht hat; andernfalls könnte sie ihre Rechte als Zivilklägerin verlieren (vgl. Lieber in: Donatsch/Hansjakob/Lieber [Hrsg.], Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung [StPO], Zürich 2010, Art. 118 N 14 f.).
III.
1.— Mit der Beschwerde können Rechtsverletzungen einschliesslich Überschreitung und Missbrauch des Ermessens, Rechtsverweigerung und Rechtsverzögerung, die unvollständige unrichtige Feststellung des Sachverhaltes Unangemessenheit gerügt werden (Art. 393 Abs. 2 StPO), wobei die Beschwerdeinstanz bei der Prüfung umfassende Kognition hat (Keller in: Donatsch/Hansjakob/Lieber [Hrsg.], Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung [StPO], Zürich 2010, Art. 393 N 39).
2.— Die Beschwerdeführerin rügt die unvollständige und unrichtige Feststellung des Sachverhaltes. Sie macht geltend, dass die Staatsanwaltschaft in der Einstellungsverfügung den Beweisantrag auf Beizug von Messdaten über die auf der Fahrbahn festgestellten Brems- und Kratzspuren nicht berücksichtigt habe. Zudem habe sich die Staatsanwaltschaft in der Einstellungsverfügung auch nicht zu den eingeschränkten Sichtverhältnissen des Beschuldigten im Traktorzug geäussert, der Aspekt der Überbreite der Fahrzeugkombination werde mit keinem Wort erwähnt.
3.— Der Rechtsvertreter des Beschuldigten bringt vor, dass die Beschwerdeeingabe nicht begründet sei. Es werde auch nicht dargelegt, weshalb die Begründung des Staatsanwaltes unrichtig sein soll. Folglich dürfe das Obergericht auf die Beschwerde nicht eintreten. Im Übrigen habe der Staatsanwalt „alle gebotenen Untersuchungsmassnahmen sorgfältig vorgenommen bzw. durch die Polizei vornehmen lassen“. Trotz der zahlreich befragten Zeugen und Spurensicherungsmassnahmen gebe es keinerlei Hinweise auf eine Sorgfaltspflichtverletzung des Beschuldigten, womit es an den Voraussetzungen für die Fortsetzung des Strafverfahrens fehle. Im vorliegenden Fall hätte ein klarer Freispruch hinsichtlich des Vorwurfs der fahrlässigen Tötung zu erfolgen, eine Verurteilung erscheine mehr als nur unwahrscheinlich. Daran änderten auch die Beweisanträge der Beschwerdeführerin nichts, da diese zu spät erfolgt seien, um zu anderen Erkenntnissen zu gelangen und daher untauglich seien.
4.— a) Die Beschwerde ist ein vollkommenes Rechtsmittel, mit der die Sachverhaltsermittlung, die Rechtsanwendung wie auch die Ausübung des Ermessens durch die Vorinstanz gerügt werden können. Es sind demgemäss auch neue Tatsachenbehauptungen und Beweise zulässig, zudem kann auch die Unangemessenheit des vorinstanzlichen Entscheides gerügt werden (vgl. Art. 393 Abs. 2 StPO; Schmid, Handbuch des schweizerischen Strafprozessrechts, Zürich/St. Gallen 2009, Rz. 1512). Die Rüge der unvollständigen Feststellung des Sachverhaltes ist zulässig (Art. 393 Abs. 2 lit. b StPO). Unvollständig ist die Sachverhaltsfeststellung, wenn entscheidrelevante Umstände nicht nicht ausreichend abgeklärt berücksichtigt worden sind. Unvollständigkeit ist mit anderen Worten gegeben, wenn nicht alle entscheidrelevanten Tatsachen erhoben, also über bestimmte rechtserhebliche Umstände kein Beweis geführt worden ist, wenn die erhobenen Tatsachen nicht alle einer Beweiswürdigung unterzogen worden sind. Die Rüge der Unvollständigkeit knüpft demgemäss beim Umfang der Beweiserhebung an. Unrichtig ist die Sachverhaltsfeststellung, wenn den hoheitlichen Verfahrenshandlungen falsche, aktenwidrige Tatsachen zugrunde gelegt werden, wenn die Rechtserheblichkeit einer Tatsache zu Unrecht verneint wird, so dass diese nicht zum Gegenstand eines Beweisverfahrens gemacht wird, wenn Beweise unzutreffend gewürdigt werden. Sowohl bei der Rüge der Unvollständigkeit als auch der Unrichtigkeit kann es allein um den rechtserheblichen Sachverhalt gehen, d.h. jenen Sachverhalt, welcher in Bezug auf die konkret zu treffende hoheitliche Verfahrenshandlung relevant ist (Guidon, a.a.O., Rz. 363 ff.).
b) Die Beschwerdeführerin rügt, dass die Staatsanwaltschaft diejenigen Beweismittel, welche sie bereits im Untersuchungsverfahren beantragt habe, in der Einstellungsverfügung nicht berücksichtigt hat. Damit begründet sie die Beschwerde genügend, denn es wäre gerade Aufgabe der Staatsanwaltschaft gewesen, aus den beantragten Beweismitteln die richtigen Schlüsse zu ziehen. Sinngemäss rügt sie auch, die Staatsanwaltschaft habe nicht alle für die Beurteilung der Tat bedeutsamen Tatsachen abgeklärt und damit den Untersuchungsgrundsatz verletzt (Art. 6 StPO).
c) Vorliegend hat die Staatsanwaltschaft in der Einstellungsverfügung auf den Unfallrapport der Kantonspolizei Glarus und auf Aussagen des Beschuldigten abgestellt. Sie hat nicht berücksichtigt, dass bei der Kantonspolizei weitere Fotos vorhanden sind. Ebenfalls hat die Staatsanwaltschaft nicht berücksichtigt, dass die Kantonspolizei Messungen am Unfallort vorgenommen hat und damit Messdaten existieren, welche erlauben würden einen Bericht auch ein Gutachten zu erstellen. Zum Beweisantrag des Rechtsvertreters der Beschwerdeführerin, der bereits mit Eingabe vom 17. November 2009 an die Staatsanwaltschaft den Beizug der entsprechenden Messdaten und Bildaufnahmen beantragt hatte, hielt der Staatsanwalt fest, „eine nachträgliche Ausmessung der Fahrbahn sowie der darauf festgestellten Brems- und Kratzspuren ist nicht rechtserheblich. Dessen Ergebnis hätte keinen Einfluss auf die Beurteilung einer rechtlich relevanten Beweisfrage“. Dazu muss festgehalten werden, dass keine nachträgliche Messung erforderlich ist. Entsprechende Daten sind durch die Kantonspolizei Glarus bereits erhoben worden. Aus den erhobenen Daten lässt sich sehr wohl ein verkehrstechnisches Gutachten erstellen, das nähere Aufschlüsse über den Unfallhergang geben könnte. Die Staatsanwaltschaft hat folglich nicht sämtliche entscheidrelevanten Tatsachen berücksichtigt und noch nicht alle bedeutsamen Umstände des Unfallhergangs abgeklärt. Die Beschwerde ist bereits aus diesem Grund gutzuheissen. Die Staatsanwaltschaft wird angewiesen, ein entsprechendes Gutachten zu veranlassen, zum Beispiel beim Forensischen Institut Zürich.
5.— a) Die Staatsanwaltschaft stellt ein Verfahren insbesondere dann ein, wenn kein Tatverdacht erhärtet ist, der eine Anklage rechtfertigt kein Straftatbestand erfüllt ist (Art. 319 Abs. 1 lit. a und lit. b StPO).
b) Nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung ist im Zweifel Anklage zu erheben. Ein Strafverfahren darf nur eingestellt werden, wenn eine Verurteilung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen ist. Als praktischer Richtwert kann gelten, dass Anklage erhoben werden muss, wenn eine Verurteilung wahrscheinlicher erscheint als ein Freispruch. Dahinter steckt die Überlegung, dass bei nicht eindeutiger Beweislage nicht die Untersuchungsoder Anklagebehörden, sondern die für die materielle Beurteilung zuständigen Gerichte über einen Vorwurf entscheiden sollen. Bei der Anklageerhebung gilt daher der auf die gerichtliche Beweiswürdigung zugeschnittene Grundsatz 'in dubio pro reo' nicht. Vielmehr ist nach der Maxime 'in dubio pro duriore' im Zweifelsfall Anklage zu erheben. Der Grundsatz, dass im Zweifelsfall nicht eingestellt werden darf, ist auch bei der gerichtlichen Überprüfung von Einstellungsverfügungen zu beachten (Urteil 6B_588/2007 E. 3.2.3 mit weiteren Hinweisen; BGE 137 IV 219 E. 7.1-7.3).
c) Eine eindeutige Beweislage ist im vorliegenden Fall vor Einholung des verkehrstechnischen Gutachtens nicht gegeben. So sagte der als Auskunftsperson einvernommene L.__ aus: „Der Traktor führte das Abbiegmanöver aus, währenddem der Motorradfahrer überholte“. Dagegen gab der Beschuldigte bei der polizeilichen Einvernahme zu Protokoll, „weiter hinten […] Autos gesehen“ zu haben (ebenso sagte er bei der Einvernahme durch den Staatsanwalt aus, er habe das Motorrad bei der Kollision zum ersten Mal gesehen). Es ist daher nicht ausgeschlossen, dass der Beschuldigte den überholenden Motorradfahrer übersehen hat. Weiter ist auch nicht ganz sicher, ob der Beschuldigte den Blinker gestellt hatte. Sodann gestand der Beschuldigte ein, beim Abbiegen die Kurve geschnitten zu haben. Im Übrigen lässt auch der Spurensicherungsbericht keinen eindeutigen Schluss darüber zu, dass der Unfall nicht durch den Beschuldigten verursacht worden ist. Zuletzt darf auch nicht vergessen werden, dass die Staatsanwaltschaft den Fall zu wenig genau untersuchte, um zum Schluss zu gelangen, dass eine Verurteilung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden kann, da sie nicht sämtliche Beweismittel beigezogen hat (vgl. Erw. III. Ziff. 4. Bst. c vorstehend).
6.— Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die Beschwerde gutzuheissen ist. Die Strafsache ist zur weiteren Untersuchung an die Staatsanwaltschaft zurückzuweisen. Insbesondere ist der Sachverhalt mit Hilfe der bei der Kantonspolizei vorhandenen Daten und Fotografien sowie eines Gutachtens weiter abzuklären. Im Anschluss ist bei Zweifeln Anklage beim Gericht zu erheben, sofern der Fall nicht im Strafbefehlsverfahren erledigt werden kann.
IV.
1.— Bei diesem Ausgang sind die Kosten des obergerichtlichen Verfahrens auf die Staatskasse zu nehmen (Art. 428 Abs. 1 und Abs. 4 StPO). Nachdem die Staatsanwaltschaft das Verfahren in Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes abgeschlossen hat, rechtfertigt es sich der obsiegenden Beschwerdeführerin aus der Staatskasse eine angemessene Parteientschädigung von Fr. 750.auszurichten.
2.— Infolge Aufhebung der Einstellungsverfügung ist die Frage der Entschädigung für das Untersuchungsverfahren gegenstandslos, zumal darauf ohnehin nicht hätte eingetreten werden können, da das Beschwerdeverfahren die Anschlussbeschwerde nicht kennt. Ebenso erübrigt sich infolge Unterliegens die vom Beschwerdegegner beantragte Einholung einer Kostennote.
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Das Gericht beschliesst:
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