SK 2021 261 sexuelle Handlungen mit Kind, teilweise versucht, Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz
Obergericht
des Kantons Bern
2. Strafkammer
Cour suprême
du canton de Berne
2e Chambre pénale
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Urteil
SK 21 261
Bern, 18. Januar 2022
Besetzung Obergerichtssuppleantin Salzmann (Präsidentin i.V.), Oberrichter Aebi, Oberrichterin Falkner
Gerichtsschreiberin von Teufenstein
Verfahrensbeteiligte A.__
a.v.d. Rechtsanwalt B.__
Beschuldigter/Berufungsführer
gegen
Generalstaatsanwaltschaft des Kantons Bern, Nordring 8, Postfach, 3001 Bern
Gegenstand sexuelle Handlungen mit Kindern, teilweise versucht, Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz
Berufung gegen das Urteil des Regionalgerichts Oberland (Einzelgericht) vom 23. Februar 2021 (PEN 20 351)
Erwägungen:
I. Formelles
1. Erstinstanzliches Urteil
Das Regionalgericht Oberland (Einzelgericht [nachfolgend teilweise: Vorinstanz]) erkannte mit Urteil vom 23. Februar 2021 Folgendes (pag. 982 ff. [Hervorhebungen im Original]):
I.
A.__ wird schuldig erklärt:
1. der sexuellen Handlungen mit Kind, teilweise versucht begangen am 04.06.2020 in D.__ (Ort), E.__ (Restaurant), z.N. C.__
2. der Übertretung gegen das Betäubungsmittelgesetz, begangen in der Zeit von 06.02.2020 bis 04.06.2020 in F.__ (Ort), G.__ (Ort) und H.__ (Ort);
und in Anwendung der Art.
22, 40, 42, 44, 47, 51, 66a Abs. 1 lit. h, 67 Abs. 3 lit. b, 106, 187 Ziff. 1 StGB
19a Abs. 1 BetmG
426 Abs. 1 StPO
verurteilt:
1. Zu einer Freiheitsstrafe von 7 Monaten.
Die Untersuchungshaft von 36 Tagen werden [recte: wird] vollumfänglich auf die Freiheitsstrafe angerechnet. Die Ersatzmassnahmen werden im Umfang von 10 Tagen auf die Freiheitsstrafe angerechnet.
Der Vollzug der Freiheitsstrafe wird aufgeschoben und die Probezeit auf 2 Jahre festgesetzt.
2. Zu einer Übertretungsbusse von CHF 100.00. Die Ersatzfreiheitsstrafe bei schuldhafter Nichtbezahlung wird auf 1 Tag festgesetzt.
3. Zu einer Landesverweisung von 5 Jahren.
4. Zu einem lebenslänglichen Verbot für berufliche und/oder organisierte ausserberufliche Tätigkeiten, die einen regelmässigen Kontakt zu Minderjährigen umfasst (Art. 67 Abs. 3 lit. b StGB).
5. Zu den Verfahrenskosten, sich zusammensetzend aus Gebühren von CHF 7'200.00 und Auslagen von CHF 1'050.00, insgesamt bestimmt auf CHF 8'250.00.
[…]
Wird keine schriftliche Begründung verlangt, reduziert sich die Gebühr um CHF 600.00. Die reduzierten Verfahrenskosten betragen damit CHF 7'650.00.
II.
Die amtliche Entschädigung und das volle Honorar für die amtliche Verteidigung von A.__ durch Rechtsanwalt B.__ werden wie folgt bestimmt:
[…]
Der Kanton Bern entschädigt Rechtsanwalt B.__ für die amtliche Verteidigung von A.__ mit CHF 17'763.55.
A.__ hat dem Kanton Bern die ausgerichtete amtliche Entschädigung im Umfang von CHF 16'363.45 zurückzuzahlen und Rechtsanwalt B.__ die Differenz von CHF 5'966.55 zwischen der amtlichen Entschädigung und dem vollen Honorar zu erstatten, sobald es seine wirtschaftlichen Verhältnisse erlauben (Art. 135 Abs. 4 StPO, Beschlüsse der Beschwerdekammer in Strafsachen des Kantons Bern vom 02.07.2020 sowie 13.01.2021).
III.
Weiter wird verfügt:
1. Die A.__ auferlegten und mit Beschluss der Beschwerdekammer in Strafsachen des Obergerichts des Kantons Bern vom 13.01.2021 letztmals verlängerten Ersatzmassnahmen werden aufgehoben.
2. Folgende Gegenstände werden dem Beschuldigten zurückgegeben:
• Reisepass Costa Rica (Nr. __, Gültigkeit bis 22.09.2025);
• ID Costa Rica (Nr. __, Gültigkeit bis 03.11.2026).
3. Die Sicherheitsleistung von CHF 20'000.00 wird der berechtigten Person zurückerstattet.
4. Dem zuständigen Bundesamt wird die Zustimmung zur Löschung des erstellten DNA-Profils (PCN-Nr. __) nach Ablauf der gesetzlichen Frist erteilt (Art. 16 Abs. 1 lit. e DNA-ProfilG).
5. Dem für die Führung von AFIS zuständigen Dienst wird die Zustimmung zur Löschung der erhobenen biometrischen erkennungsdienstlichen Daten nach Ablauf der gesetzlichen Frist erteilt (Art. 17 Abs. 1 lit. e i.V.m. Art. 19 Abs. 1 Verordnung über die Bearbeitung biometrischer erkennungsdienstlicher Daten).
6. Es wird die Ausschreibung der Landesverweisung (Einreise- und Aufenthaltsverweigerung) im Schengener Informationssystem angeordnet.
7. [Eröffnungs- und Mitteilungsformel]
2. Berufung
Gegen dieses Urteil vom 23. Februar 2021 meldete Rechtsanwalt B.__ für A.__ (nachfolgend: Beschuldigter) fristgerecht Berufung an (pag. 989).
Die schriftliche Urteilsbegründung datiert vom 15. Juni 2021 (pag. 1002 ff.).
Am 8. Juli 2021 reichte Rechtsanwalt B.__ namens und im Auftrag des Beschuldigten form- und fristgerecht die Berufungserklärung ein. Er beschränkte die Berufung auf die Anfechtung des Schuldspruchs wegen sexueller Handlungen mit Kindern, der gestützt darauf erfolgten Verurteilungen zu einer Freiheitsstrafe, einer Landesverweisung und einem lebenslänglichen Tätigkeitsverbot sowie der damit einhergehenden Kosten- und Entschädigungsfolgen. Weiter focht er die Verfügungen gemäss den Ziffern III/4.-6. des erstinstanzlichen Urteils an (zum Ganzen pag. 1052 ff.).
Die Generalstaatsanwaltschaft verzichtete mit Eingabe vom 14. Juli 2021 auf die Teilnahme am oberinstanzlichen Verfahren (pag. 1060 f.).
Daraufhin wurden die Parteien auf den 18. Januar 2022 zur Berufungsverhandlung vorgeladen (pag. 1064 f.).
3. Oberinstanzliche Beweisergänzungen und Würdigungsvorbehalt
Mit Schreiben vom 30. November 2021 beantragte Rechtsanwalt B.__, J.__ sei [in der Berufungsverhandlung] als Zeugin zu befragen (pag. 1074). Mit Beschluss vom 1. Dezember 2021 wies die Kammer diesen Beweisantrag begründet ab (pag. 1077 f.).
Von Amtes wegen wurden über den Beschuldigten ein aktueller Strafregisterauszug (datierend vom 14. Dezember 2021 [pag. 1089]) und ein Leumundsbericht, inklusive Formular über die wirtschaftlichen Verhältnisse (datierend vom 10. Dezember 2021 [pag. 1083 ff.]), eingeholt. Weiter wurden die Akten der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (nachfolgend: KESB) 2020-4362 betreffend K.__ (Sohn des Beschuldigten und von J) ediert (pag. 1093 ff.).
In der Berufungsverhandlung wurde C.__ als Zeugin einvernommen (pag. 1138 ff.). Zudem wurde der Beschuldigte erneut zur Person und zur Sache befragt (pag. 1143 ff.). Schliesslich wurden die von Rechtsanwalt B.__ eingereichten Unterlagen (Abschluss KESB-Verfahren [Beilage 1], Bestätigung Deutschkurs [Beilage 2.1], Schreiben Y.__ (Sportverein) G.__ (Ort) [Beilage 2.2], Freundschaftsbestätigung [Beilage 2.3], Schreiben L.__ [Beilage 2.4], Bestätigung Kontoeröffnung Bank EKI [Beilage 2.5], Police Grundversicherung [Beilage 2.6], Arbeitsverträge [Beilagen 3.1 und 3.2], E-Mail M.__, N.__ AG [Beilage 3.3], Bericht J.__ [Beilage 4] und Bericht des O.__ (Psychiatrie) (nachfolgend: O.__ [Beilage 5]) zu den Akten erkannt (pag. 1151; betr. Beilagen vgl. pag. 1163 ff.).
Den von Rechtsanwalt B.__ in der Berufungsverhandlung wiederholten Würdigungsvorbehaltsantrag betreffend den Tatbestand Art. 187 Ziff. 4 StGB hiess die Kammer (wie bereits die Vorinstanz) ferner gut (pag. 1137).
4. Anträge des Beschuldigten bzw. der Verteidigung
Rechtsanwalt B.__ beantragte für den Beschuldigten in der Berufungsverhandlung Folgendes (pag. 1151 f. bzw. pag. 1184 f. [Hervorhebungen im Original]):
I.
Es sei festzustellen, dass Ziff. I/2 des angefochtenen Urteils vom 23.2.2021 insoweit in Rechtskraft erwachsen ist, wie Herr A.__ wegen Übertretung gegen das Betäubungsmittelgesetz, begangen in der Zeit vom 6.2.2020 bis 4.6.2020 in F.__ (Ort), G.__ (Ort) und H.__ (Ort) schuldig erklärt und zu einer Übertretungsbusse von CHF 100.00 verurteilt wurde.
II.
Herr A.__ sei
freizusprechen von den Vorwürfen
der sexuellen Handlungen mit Kind (Art. 187 Ziff. 1 StGB), teilweise versucht, evtl. der sexuellen Nötigung (Art. 189 StGB), teilweise versucht, angeblich begangen am 4.6.2020, ca. 14.30 Uhr in D.__ (Ort), (E.__ (Restaurant), vor den WC-Anlagen im 1. UG), z.N. von Frau C.__ (vgl. Ziff. I/1 der Anklageschrift vom 28.8.2020 und Ziff. I/1 des angefochtenen Urteils vom 23.2.2021).
III.
Im Sinne eines Eventualantrags zu Ziff. II hiervor sei Herr A.__
schuldig zu erklären
der sexuellen Handlungen mit Kind (i.S.v. Art. 187 Ziff. 4 StGB), teilweise versucht, begangen am 4.6.2020, ca. 14.30 Uhr in D.__ (Ort), (E.__ (Restaurant), vor den WC-Anlagen im 1. UG), z.N. von Frau C.__ (vgl. Ziff. I/1 der Anklageschrift vom 28.2.2020 und Ziff. I/1 des angefochtenen Urteils vom 23.2.2021)
und in Anwendung der einschlägigen Gesetzesbestimmungen
1. sei von einer Bestrafung abzusehen;
2. eventualiter sei Herr A.__ zu verurteilen zu einer Geldstrafe von 16 Tagessätzen zu je CHF 30.00, ausmachend CHF 480.00, wobei der Vollzug unter Ansetzung einer Probezeit von zwei Jahren aufzuschieben sei, und zu einer Verbindungsbusse von CHF 120.00.
IV.
Des Weiteren:
1. Die Verfahrenskosten vor der ersten und zweiten Instanz seien vollumfänglich dem Kanton Bern aufzuerlegen.
2. Herrn A.__ sei für sämtliche angefallenen Verteidigungskosten vor der ersten und zweiten Instanz eine Entschädigung i.S.v. Art. 429 Abs. 1 Bst. a und Art. 436 Abs. 1 StPO gemäss eingereichter Kostennote zuzusprechen.
3. Die weiteren gerichtlichen Verfügungen seien von Amtes wegen zu erlassen.
5. Verfahrensgegenstand und Kognition der Kammer
Infolge der beschränkten Berufung des Beschuldigten ist das Urteil des Regionalgerichts Oberland vom 23. Februar 2021 insoweit in Rechtskraft erwachsen, als der Beschuldigte wegen Konsumwiderhandlungen gegen das Betäubungsmittelgesetz (BetmG; SR 812.121) schuldig erklärt und zu einer Übertretungsbusse von CHF 100.00 verurteilt wurde, wobei die Ersatzfreiheitsstrafe bei schuldhafter Nichtbezahlung auf einen Tag festgesetzt wurde (Ziff. I/2 des erstinstanzlichen Urteilsdispositivs [pag. 983]). Ebenfalls rechtskräftig sind (und bereits vollzogen wurden [vgl. S. 42 f. des erstinstanzlichen Urteilsdispositivs; pag. 1043 f.]) die weiteren Verfügungen gemäss den Ziffern III/1-3 des erstinstanzlichen Urteilsdispositivs, wonach die Ersatzmassnahmen aufgehoben, der Reisepass und die ID Costa Rica dem Beschuldigten zurückgegeben sowie die Sicherheitsleistung von CHF 20'000.00 der berechtigten Person (J.__) zurückerstattet werden (pag. 984).
Angefochten und von der Kammer zu beurteilen sind demgegenüber der erstinstanzliche Schuldspruch wegen sexueller Handlungen mit Kindern, teilweise versucht begangen am 4. Juni 2020 in D.__ (Ziff. I/1 des erstinstanzlichen Urteilsdispositivs [pag. 982]), und die dafür ausgesprochenen Sanktionen (Freiheitsstrafe, Landesverweisung und Tätigkeitsverbot), inklusive die Kosten- und Entschädigungsfolgen. Weiter muss die Kammer über die Verfügungen betreffend Ausschreibung der Landesverweisung im Schengener Informationssystem (nachfolgend: SIS) und bezüglich DNA-Profil sowie die weiteren erhobenen biometrischen erkennungsdienstlichen Daten befinden, weil letztere der Rechtskraft nicht zugänglich sind.
Die Kammer verfügt dabei über volle Kognition (Art. 398 Abs. 2 der Schweizerischen Strafprozessordnung [StPO; SR 312.0]), ist aufgrund der alleinigen Berufung des Beschuldigten aber an das Verschlechterungsverbot gemäss Art. 391 Abs. 2 StPO gebunden, d.h. sie darf das Urteil nicht zu Ungunsten des Beschuldigten abändern.
II. Sachverhalt und Beweiswürdigung
1. Anklagesachverhalt
Mit Anklageschrift vom 28. August 2020 (pag. 430 ff.) wird dem Beschuldigten in Ziffer I/1.1 vorgeworfen, sexuelle Handlungen mit Kindern, eventuell sexuelle Nötigung, begangen zu haben:
Konkret soll er am 4. Juni 2020 die ihm bis dahin unbekannte, am P.__ (Datum) geborene, damals mithin 15-jährige C.__ im E.__ (Restaurant) in D.__ angesprochen und nach den Örtlichkeiten der Herrentoilette gefragt haben. In der Folge habe sich C.__ mit dem Beschuldigten zur Herrentoilette, die sich im Untergeschoss befindet, begeben und habe bei deren Tür den Zugangscode eingegeben. Dann hätten die beiden miteinander gesprochen und als sich der Beschuldigte mit einer Umarmung bedankt und C.__ diese Umarmung mit einem Kuss auf die Wange des Beschuldigten erwidert habe, habe der Beschuldigte seinen Mund gegen denjenigen von C.__ bewegt und die überraschte C.__ gegen ihren Willen mit einem Zungenkuss geküsst.
Daraufhin habe C.__ dem Beschuldigten erklärt, sie sei 12 bzw. 15 Jahre alt. Zudem habe sie ihm gesagt, «Don’t touch me!». Der Beschuldigte habe sich ihr anschliessend dennoch erneut genähert, habe zum Küssen angesetzt und versucht, C.__ durch einen leichten Griff am Nacken zu sich zu ziehen. C.__ habe sich allerdings lösen können, worauf die beiden erneut miteinander gesprochen hätten. Dann habe sich C.__ auf den Beschuldigten zubewegt, um ihn zu umarmen und ihm auf die Wange zu küssen, worauf der Beschuldigte – im Wissen um C.__'s wahres Alter sowie um deren Desinteresse, mit ihm sexuelle Handlungen vorzunehmen – mit beiden Händen ihren Kopf ergriffen und diesen mit leichtem Druck geführt habe, so dass es zu einem intensiven Zungenkuss und einer gegenseitigen Umarmung gekommen sei. Während diesem
Zungenkuss und dieser Umarmung habe der Beschuldigte C.__ über den Kleidern am Po sowie in der Gegend der Vagina berührt und ihr (möglicherweise) an die Brüste gegriffen. Zudem habe er C.__ leicht gegen seinen Penis gepresst und sie hochgehoben.
Nachdem sich C.__ vom Beschuldigten habe lösen können, sei es zu zwei weiteren Zungenküssen gegen ihren Willen gekommen, bis C.__ schliesslich ihren Freund auf die Situation habe aufmerksam machen können.
In Ziffer I/1.2 der Anklageschrift werden dem Beschuldigten weiter versuchte
sexuelle Handlungen mit Kindern, eventuell versuchte sexuelle Nötigung, vorgeworfen (pag. 342). Nebst dem hiervor beschriebenen Verhalten soll er C.__ am 4. Juni 2020 im E.__ (Restaurant) in D.__ mehrmals verbal, mit Blicken und indem er gegen die Herrentoilette gedeutet habe, dazu aufgefordert haben, ihn in die Herrentoilette zu begleiten. Weiter soll er C.__ – obschon diese ihm deutlich erklärt habe, nicht mit ihm in die Herrentoilette kommen zu wollen – an sich herangezogen und sie an sich gepresst sowie hochgehoben und dabei versucht haben, die zugefallene Tür der Herrentoilette zu öffnen. Schliesslich soll er C.__ an der Hand festgehalten und mit leichter Kraftanstrengung in die Herrentoilette zu ziehen versucht haben, in der Absicht, dort unbestimmte, aber weitergehende sexuelle Handlungen mit ihr vorzunehmen.
2. Unbestrittener / bestrittener Sachverhalt
Die Vorinstanz hielt den unbestrittenen Sachverhalt zutreffend fest. Auf die entsprechenden Erwägungen kann vorab verwiesen werden (S. 5 f. der erstinstanzlichen Urteilsbegründung; pag. 1006 f.).
In Bezug auf die sexuellen Handlungen ist unbestritten, dass es zu Küssen und Umarmungen zwischen dem Beschuldigten und C.__ kam und dass der Beschuldigte C.__ dabei – wie er in der Berufungsverhandlung erstmals zugab – am Po berührte (pag. 1147 Z. 31). Weiter ist in Ergänzung zu den Ausführungen der Vorinstanz klar, dass die Initiative für die erste Umarmung und den ersten Kuss vom Beschuldigten ausging (vgl. pag. 1153). Schliesslich ist unbestritten, dass der Beschuldigte C.__ signalisierte, sie solle mit ihm in die Herrentoilette kommen, indem er sie an der Hand hielt und leicht daran zog, jedoch keine Kraft und/oder Gewalt anwandte. C.__ konnte durch leichtes Zurücklehnen unbestrittenermassen verhindern, dass der Beschuldigte sie in die Herrentoilette zog.
Bestritten und beweismässig zu klären ist hingegen, ob es sich bei den Küssen um Zungenküsse handelte. Weiter ist unklar, ob der Beschuldigte C.__ – nebst dem er ihr an den Po griff – im Bereich der Vagina und an den Brüsten berührte sowie, ob er sie gegen seinen Penis presste und hochhob. Ebenfalls geprüft werden muss, ob sich C.__ wehren konnte und ob sie dem Beschuldigten ihr Alter nannte resp. von welchem Alter der Beschuldigte subjektiv ausging ausgehen durfte. Sodann ist zu klären, ob C.__ die Initiative auch selber ergriff und welche Handlungen der Beschuldigte mit ihr in der Herrentoilette hätte vornehmen wollen. Schliesslich muss die Frage beantwortet werden, in welchem Zustand sich der Beschuldigte während des Vorfalls aufgrund eines allenfalls vorangegangenen Marihuana- und/oder Alkoholkonsums befand.
3. Beweismittel
Der Kammer liegen als Beweisgrundlage nebst dem rund viereinhalbminütigen
Video der Kamera, welche den Bereich vor der Herrentoilette im E.__ (Restaurant) überwacht (nachfolgend: Video [pag. 161]), die Aussagen des Beschuldigten (pag. 9 ff.; pag. 162 ff.; pag. 182 ff.; pag. 950 ff. und pag. 1143 ff.), von C.__ (pag. 194 ff. [Videoeinvernahme] und pag. 1138 ff.), von J.__ (pag. 213 ff. und pag. 955 ff.) und von Q.__ (pag. 208 ff.) vor. Weiter befinden sich zur Klärung der Beweisfragen der Anzeigerapport vom 8. Juni 2020 (pag. 150 ff.) und der Berichtsrapport vom 5. Juni 2020 (pag. 158 ff.) in den Akten.
Die Vorinstanz gab die Aussagen der befragten Personen mit Ausnahme der Schilderungen des Beschuldigten in der Verhandlung vor dem Regionalen Zwangsmassnahmengericht vom 6. Juni 2020 (pag. 35 f.) ausführlich und korrekt wieder; darauf kann verwiesen werden (S. 8 ff. der erstinstanzlichen Urteilsbegründung; pag. 1009 ff.). Auf eine Zusammenfassung der übrigen vorhandenen Beweismittel sowie der oberinstanzlichen Einvernahmen von C.__ und dem Beschuldigten wird verzichtet. Es wird – soweit relevant – direkt im Rahmen der konkreten Beweiswürdigung auf die einzelnen Beweismittel eingegangen.
4. Würdigung durch die Kammer
4.1 Theoretische Grundlagen / Vorbemerkungen
Betreffend die theoretischen Grundlagen der Beweiswürdigung und der Aussageanalyse wird auf die zutreffenden Ausführungen der Vorinstanz verwiesen (S. 6 ff. der erstinstanzlichen Urteilsbegründung; pag. 1007 f.).
Anders als es bei anderen Sexualdelikten häufig der Fall ist, existieren vorliegend als Beweismittel nicht nur die Aussagen der beteiligten Personen, sondern liegt zusätzlich ein Video vor, welches die inkriminierte Szene vor der Herrentoilette im E.__ (Restaurant) in D.__ – wenn auch ohne Tonaufnahme – filmte. Im Folgenden wird deshalb in einem ersten Schritt festgehalten, was auf dem Video zu sehen ist und welche Schlüsse daraus gezogen werden können (E. 9.2 unten). In einem zweiten Schritt werden die Aussagen der vorliegend befragten Personen analysiert (E. 9.3 – 9.6 unten), ehe im Rahmen einer Gesamtwürdigung – unter Einbezug sämtlicher relevanter Beweismittel – die einzelnen Beweisfragen beantwortet werden (E. 9.7 unten). Zuletzt wird das Beweisergebnis festgehalten (E. 9.8 unten).
4.2 Erkenntnisse aus dem Video und Zwischenfazit, das daraus gezogen werden kann
Das (Farb-)Video dauert wie erwähnt rund vier Minuten 40 Sekunden und zeigt, wie C.__ im E.__ (Restaurant) gefolgt vom Beschuldigten die Treppe zum Untergeschoss und zu den Toilettenanlagen hinuntersteigt. Nachdem die beiden unten angekommen sind, gibt C.__ den Code für die Herrentoilette ein, worauf sich der Beschuldigte vor die Tür dieser Toilette stellt und einen Fuss hineinhält resp. hineinstellt, so dass die Tür nicht wieder zufallen kann. Anschliessend hält er C.__ die Hand hin, worauf sich die beiden die Hände schütteln, während sie miteinander sprechen und C.__ sich mit der anderen – der linken – Hand durch die Haare fährt. Dann nimmt der Beschuldigte sein Mobiltelefon hervor, tippt darauf herum und übergibt es schliesslich C.__, die ebenfalls darauf
herumtippt (bei 0.20 Min.). In der Zwischenzeit kommt eine Frau die Treppe hinunter, gibt erfolglos einen Code bei der Frauentoilette ein und geht wieder nach oben (bei 01.10 Min.).
Der Beschuldigte und C.__ sprechen weiter miteinander, während C.__ das Mobiltelefon des Beschuldigten noch immer in der Hand hält. Dann breitet der Beschuldigte seine Arme zu einer Umarmung aus, worauf C.__ ihn umarmt und ihm einen Kuss auf die Wange geben will. Der Beschuldigte will C.__ stattdessen einen Kuss auf den Mund geben und dreht entsprechend seinen Kopf (bei 01.33 Min.). C.__ weicht diesem Kuss auf den Mund durch Drehen ihres Kopfes jedoch aus, worauf der Beschuldigte ihrem Kopf folgt und es dennoch zu einem Kuss auf den Mund kommt, der ungefähr sieben Sekunden dauert und während dem der Beschuldigte C.__ umarmt, seinen Kopf seitlich hält und diesen bewegt (bei 01.35 bis 01.42 Min.).
In der Folge löst sich C.__ aus dem Kuss und der Umarmung, indem sie etwas nach hinten tritt und ihren Kopf abwendet. Sie nimmt das Mobiltelefon des Beschuldigten, das sie immer noch in der Hand hält, und tippt darauf herum, während die beiden wieder miteinander sprechen. Dann gibt C.__ dem Beschuldigten das Mobiltelefon in dessen rechte Hand zurück, worauf der Beschuldigte mit seiner linken Hand ihr rechtes Handgelenk greift und mit einer Kopfbewegung gegen die Herrentoilette zeigt, deren Tür offen ist, weil er immer noch seinen Fuss hineinhält (bei 02.17 Min.). Anschliessend zeigt der Beschuldigte auch mit seinem Mobiltelefon Richtung Herrentoilette, worauf C.__ leicht den Kopf schüttelt und ihr Körpergewicht nach hinten verlagert. Der Beschuldigte bewegt sich mit seinem Oberkörper daraufhin gleichwohl auf C.__ – die einen Schritt zurück macht – zu, greift mit seiner rechten Hand ihren Nacken und versucht, sie zu küssen (bei 02.23 Min.). C.__ macht aber einen Schritt zurück und löst sich so aus dem Nackengriff.
Anschliessend reden der Beschuldigte und C.__ wieder miteinander, während der Beschuldigte C.__ mit seiner linken Hand erneut am rechten Handgelenk hält (bei 03.05 Min.). Dann bewegt sich C.__ auf den Beschuldigten zu, umarmt und küsst diesen (bei 03.06 Min.). Während des Kusses ergreift der Beschuldigte mit seinen Händen zunächst C.__'s Kopf, ehe er ihr mit der rechten Hand kräftig an den Po greift (bei 03.08 Min.) und C.__ mit Hilfe dieses «Po-Griffes» leicht hochhebt, so dass sie schliesslich auf den Zehenspitzen steht. Die beiden bewegen sich – während sie sich so küssen – im Raum vor der Herrentoilette. C.__ hält ihren Oberkörper dabei leicht nach hinten, wohingegen der Beschuldigte seinen Oberkörper nach vorne bewegt und gegen
C.__ presst. Ausserdem greift er C.__ mit seiner rechten Hand immer noch an den Po, bevor er die Hand kurz löst und den Griff der zwischenzeitlich zugefallenen Tür der Herrentoilette ergreift (bei 03.31 Min.). Anschliessend löst der Beschuldigte seine rechte Hand wieder vom Türgriff und hält sie – ungefähr auf Schritthöhe von C.__ – zwischen sich und C.__ (bei 03.35 Min.). Weil C.__ mit dem Rücken zur Kamera steht, ist nicht erkennbar, wo genau sich die Hand des Beschuldigten befindet. Es ist aber zu sehen, wie sich C.__'s Po bzw. ihr Hosengesäss kurz darauf hebt (bei 03.36 Min.). Zudem ist sichtbar, dass sich C.__ kurze Zeit später mit einer ruckartigen Bewegung nach hinten aus der Umarmung und dem Kuss löst (bei 03.39 Min.). Während dieses rund 34 Sekunden dauernden Kusses hält der Beschuldigte seinen Kopf seitlich und bewegt diesen rhythmisch.
Nachdem sich C.__ gelöst hat, tritt sie nach hinten in Richtung Treppe und schaut kurz nach oben. Dann läuft sie wieder Richtung Tür der Herrentoilette, berührt mit der linken Hand die rechte Schulter des Beschuldigten und küsst diesen (bei 03.49 Min.). Während dieses Kusses, der rund drei Sekunden dauert, hält der Beschuldigte C.__ nicht. Nachdem C.__ ihren Mund wieder vom Beschuldigten gelöst hat, ergreift er mit seiner linken Hand ihr rechtes Handgelenk bzw. ihre rechte Hand (bei 03.52 Min.). Dann gibt C.__ erneut den Code der Herrentoilette ein, worauf der Beschuldigte die Toilette betritt und dabei an der rechten Hand von C.__ zieht, die sich durch das nach hinten Verlagern ihres Körpergewichtes aber gegen dieses Ziehen stemmt (bei 04.01 Min.). Anschliessend macht C.__ einige Schritte rückwärts, blickt kurz die Treppe hinauf und der Beschuldigte, der ihre Hand immer noch hält, kommt mit einem Fuss wieder aus der Herrentoilette hinaus (bei 04.07 Min.). Dann geht C.__ wieder auf den Beschuldigten zu, macht mit ihrer linken Hand gleichzeitig aber ein Zeichen, wie wenn sie jemand von oberhalb der Treppe zu sich winken möchte (bei 04.08 Min.). Es kommt zu einem weiteren Kuss, während dem der Beschuldigte C.__'s rechte Hand erneut hält (bei 04.09 Min.) und C.__ mehrmals das zuvor beschriebene Handzeichen macht. Daraufhin kommt Q.__ die Treppe hinunter (bei 04.13 Min.). Als er unten ankommt, befindet sich der Beschuldigte in der offenstehenden Herrentoilette und C.__, deren rechtes Bein stark zittert, steht davor. Kurze Zeit später gehen C.__ und Q.__ die Treppe hoch (bei 04.35 Min.).
Gestützt auf das Video kann somit ein grosser Teil des Vorgefallenen geklärt werden. Soweit sich die Anklageschrift mit dem deckt, was auf dem Video zu sehen ist und soeben ausgeführt wurde, gilt sie als erstellt.
Auf dem Video nicht erkennbar und nachfolgend geklärt werden muss hingegen, ob es sich bei den vier Küssen zwischen C.__ und dem Beschuldigten um Zungenküsse handelte, was der Beschuldigte bestritt, C.__ aber mehrfach so aussagte. Weiter bleibt trotz des vorhandenen Videos unklar, ob der
Beschuldigte C.__ während des zweiten, rund 34 Sekunden dauernden Kusses im Bereich der Vagina sowie an den Brüsten berührte und sie leicht gegen seinen Penis presste. Ebenfalls nicht erstellen lässt sich gestützt auf das Video, worüber der Beschuldigte und C.__ redeten, wobei insbesondere interessiert, ob C.__ dem Beschuldigten ihr Alter nannte. Schliesslich ist trotz des Videos nicht eruierbar, welche Handlungen der Beschuldigte mit C.__ auf der Herrentoilette hätte vornehmen wollen und ob seine Einsichtssowie Steuerungsfähigkeit aufgrund seines angeblich vorausgegangenen Alkohol- und Marihuanakonsums eingeschränkt war. All diese Fragen sind nach einer generellen Aussageanalyse der vorliegend befragten Personen im Rahmen einer Gesamtwürdigung zu klären.
4.3 Aussagen von C.__
C.__ wurde einmal per Video und einmal in der Berufungsverhandlung befragt. In Bezug auf die Analyse ihrer Aussagen in der Videoeinvernahme wird vorab auf die zutreffenden Ausführungen der Vorinstanz verwiesen (S. 19 ff. der erstinstanzlichen Urteilsbegründung; pag. 1020 ff.).
C.__ machte entgegen der Auffassung der Verteidigung (vgl. pag. 1156) bereits in der Videoeinvernahme detaillierte Aussagen und gab beispielsweise Gespräche (Video-EV: 10.29 Uhr; 10.31 Uhr; 10.43-10.46 Uhr; 10.50 Uhr; 10.52 Uhr; 10.55 Uhr; 10.57 Uhr; 11.02 Uhr; 11.22 Uhr; 11.23 Uhr) sowie Empfindungen
(Video-EV: 10.35 Uhr, 10.53 Uhr; 10.54 Uhr; 11.23 Uhr) wieder. Weitere erwähnte sie in Bezug auf die Küsse originell, der Beschuldigte habe sie fast «aufgesaugt»
(Video-EV: 10.19 Uhr) und es habe sich angefühlt, als hätte der Vorfall eineinhalb Stunden gedauert, obwohl es nur ungefähr zehn Minuten gewesen seien (Video-EV: 10.04 Uhr). Schliesslich wies C.__ explizit darauf hin, wenn sie sich nicht sicher war etwas nicht mehr wusste (Video-EV: 10.35 Uhr; 10.39 Uhr; 10.40 Uhr; 10.43 Uhr; 10.49 Uhr; 11.22 Uhr).
In der Berufungsverhandlung konnte C.__ sich an Vieles nicht mehr erinnern (u.a. pag. 1138 Z. 41; pag. 1139 Z. 11 ff.; pag. 1140 Z. 3), bestätigte jedoch ihre in der Videoeinvernahme gemachten Aussagen (pag. 1138 Z. 21). Zudem erklärte sie nachvollziehbar, dass Erinnerungen für sie generell etwas Schwieriges seien und ihr vom Vorfall selber nicht viel, sondern nur «Fetzen» geblieben seien, weil sie in einer Art Schockzustand gewesen sei (pag. 1138 Z. 26 ff.). Wenn sie sich nicht mehr sicher war, wies sie ausdrücklich darauf hin und erwähnte beispielsweise, sie glaube zwei der total vier Küsse seien Zungenküsse gewesen. Sie wisse es nicht genau, glaube aber, dass es so gewesen sei (zum Ganzen pag. 1138 Z. 33 f.). Desgleichen berichtete sie, sie sei am fraglichen Tag «vermutlich nicht» geschminkt gewesen, wisse es aber nicht genau (pag. 1139 Z. 29). Auf Vorhalt ihrer Aussagen in der Videoeinvernahme gab sie zu, wenn sie sich an die entsprechenden Aussagen nicht mehr erinnern konnte, erwähnte indes, dass die Aussagen, die sie damals gemacht habe, richtig gewesen seien (pag. 1139 Z. 2 f.) bzw., dass sie in der Videoeinvernahme glaublich «eine klare Schilderung» abgegeben habe und heute wohl nicht besser schildern könne, was damals geschehen sei. Sie verdränge solche Sachen jeweils (zum Ganzen pag. 1139 Z. 24 ff.). Dass sie sich in der Berufungsverhandlung nicht mehr an sämtliche Details erinnern konnte, spricht entgegen der Auffassung der Verteidigung nicht gegen die Glaubhaftigkeit ihrer Angaben und stellt keine Schutzbehauptung dar (vgl. pag. 1156), sondern ist angesichts des Zeitablaufs zwischen dem Vorfall und der oberinstanzlichen Einvernahme nachvollziehbar. Zudem ist zu berücksichtigen, dass C.__ in der Berufungsverhandlung eindrücklich schilderte, solche Vorfälle würden einen «durcheinander machen», man könne sie dann nicht einfach sofort so schildern «wie ein Film» (pag. 1141 Z. 43 f.). Sie sei wie in einem Schockzustand gewesen (pag. 1138 Z. 27 und pag. 1142 Z. 16) und der Vorfall habe sie – obwohl sie am Anfang gedacht habe, es gehe ihr den Umständen entsprechend gut – retraumatisiert. Es sei danach zu einer massiven Verschlechterung ihres Zustands gekommen, weshalb eine vierzehnwöchige stationäre Therapie in R.__ (Klinik) (nachfolgend: R.__) erforderlich gewesen sei (pag. 1140 Z. 36 ff.). Die eingestandenen und nachvollziehbaren Erinnerungslücken von C.__ sprechen demnach für die Glaubhaftigkeit ihrer Aussagen.
Desgleichen indiziert die Tatsache, dass C.__ sich auch selbst belastete, dass sie die Wahrheit sagt. In der Videoeinvernahme gab sie beispielsweise an, sie habe beim ersten Zungenkuss mitgemacht (Video-EV: 10.38 Uhr) sie hätte glaublich schon «davon gekonnt» (Video-EV: 10.46 Uhr). In der Berufungsverhandlung äusserte sie, sie hätte die Frau, die damals neben ihr und dem Beschuldigten durchgegangen sei, schon um Hilfe bitten und «irgendwie» handeln können, dies seien aber auch Dinge, die man erst im Nachhinein sehe (pag. 1142 Z. 15 f.).
Weiter gibt es keine Hinweise, dass C.__ den ihr bis zum Vorfall unbekannten Beschuldigten zu Unrecht belastete. Sie beschuldigte ihn vielmehr keineswegs übermässig und verneinte in der Videoeinvernahme Gewalt, Verletzungen, Drohungen Versprechungen seitens des Beschuldigten (Video-EV: 11.05 Uhr). Weiter sprach sie von einem «Hineinbewegen» und nicht beispielsweise von einem «Hineinzerren» in die Toilette (Video-EV: 10.32 Uhr; 10.50 Uhr) und beteuerte, sie sei sich «nicht sicher, wirklich nicht sicher», ob der Beschuldigte sie an den Brüsten berührt habe (Video-EV: 10.39 Uhr). In der Berufungsverhandlung gab sie auf Frage, ob es nebst dem Griff an den Po zu weiteren Berührungen durch den Beschuldigten gekommen sei, zwar an (pag. 1138): «Ehm mit den Händen noch an die Brust, ja…», erklärte zu Gunsten des Beschuldigten jedoch, «nur» zwei der vier Küsse seien Zungenküsse gewesen (pag. 1138 Z. 33 f.). Ausserdem berichtete sie bereits in der Videoeinvernahme, sie habe den Penis des Beschuldigten nicht gespürt, als er sich an sie gepresst habe (Video-EV: 10.40 Uhr) und räumte ein, der Beschuldigte habe sich selber nicht in sexueller Art berührt (Video-EV: 11.09 Uhr). Sie gab auch an, der Beschuldigte sei «scho ä liebä Siech», bei ihr aber «untendurch», weil er so etwas gemacht habe (Video-EV: 10.56 Uhr). Sie sei ihm aber nicht böse und denke auch nicht, dass er ein Arschloch sei. Sie vermute, er habe Probleme und es gehe ihm nicht gut, sie wolle jedoch nicht, dass es ihm schlecht gehe (Video-EV: 11.05 Uhr). Ihr Freund Q.__ habe den Vorfall melden wollen, sie selber habe Mitleid mit den Leuten (Video-EV. 10.58 Uhr). In der Berufungsverhandlung berichtete sie auf Vorhalt der Vereinbarung zwischen ihr und dem Beschuldigten vom U.__ (Datum) (Desinteressenserklärung [pag. 920 f.]) schliesslich, es gehe ihr nicht um eine möglichst harte Bestrafung, weil jede Person ihre Geschichte und ihr Leben habe und sie nicht auf Rache aus sei. Es gehe ihr nicht besser, wenn jemand anderes bestraft werde, und es sei auch gar nicht in ihrem Interesse, «was danach» resp. nach dem Vorfall geschehen sei. Sie habe die Sache am liebsten möglichst schnell abschliessen wollen, weshalb sie und ihre damalige Anwältin dann auf diese Lösung gekommen seien resp. ihre Anwältin sie eigentlich dazu gebracht habe (zum Ganzen pag. 1140 Z. 11 ff.). Nach diesen Ausführungen ist offensichtlich, dass C.__ den Vorfall entgegen der Auffassung der Verteidigung (vgl. pag. 1156) weder aggravierte noch dramatisierte und den Beschuldigten keineswegs übermässig belastete. Davon zeugen im Übrigen auch die Feststellungen der ausgerückten Polizisten, geht aus dem Berichtsrapport doch hervor, C.__ habe sich kurz nach der Meldung Gedanken darüber gemacht, ob sie eine junge Familie zerstöre, als sie bemerkt habe, dass die Freundin des Beschuldigten schwanger gewesen sei. Ausserdem habe sie kurzzeitig sogar Tränen in den Augen gehabt, als es um dieses Thema gegangen sei (zum Ganzen pag. 159).
Ebenfalls für die Glaubhaftigkeit von C.__'s Aussagen spricht der Umstand, dass sich ihre Angaben, die sie in der Videoeinvernahme – noch bevor sie das vorhandene Video erstmals sah – machte, weitgehend mit dem decken, was auf dem Video zu sehen ist. Abweichend davon schilderte C.__ einzig, die Initiative zum Küssen sei nie von ihr ausgegangen (Video-EV: 10.49 Uhr). Auf Vorhalt dieses Widerspruchs reagierte sie in der Videoeinvernahme überrascht (Video-EV: 11.10 Uhr) und erklärte in der Berufungsverhandlung, sie wisse nicht, was sie dazu sagen solle (pag. 1139 Z. 17). Die Tatsache, dass sich diese eine Aussage von C.__ nicht mit dem Video deckt, bedeutet entgegen der Ansicht der Verteidigung nicht (vgl. pag. 1156), dass ihre gesamten Angaben unglaubhaft sind.
Ferner kann der Verteidigung nicht gefolgt werden, soweit sie argumentierte, C.__ bringe aufgrund ihrer Vergangenheit möglicherweise Geschehnissen, die sie vor dem vorliegend zu beurteilenden Vorfall erlebt habe, mit Dingen, die sich mit dem Beschuldigten ereignet hätten, «durcheinander» und habe in Bezug auf den Beschuldigten folgedessen womöglich Sachen geschildert, die sie gar nicht mit diesem erlebt habe (vgl. pag. 1156). Ebensowenig überzeugt das Argument, C.__ habe den Beschuldigten möglicherweise zu Unrecht beschuldigt, weil «ihre Geschichte» damals mehreren Personen bekannt gemacht worden sei und sie sich vor ihrer Familie sowie der Polizei habe rechtfertigten resp. ihr Gesicht habe wahren müssen und diesen daher einfach erzählt habe, sie habe «all das» nicht gewollt und habe dem Beschuldigten gesagt, sie sei 12 bzw. 15 Jahre alt (vgl. pag. 1156). Aus dem Berichtsrapport geht hervor, dass C.__ bereits den beiden unmittelbar nach dem Vorfall im E.__ (Restaurant) eintreffenden Polizisten schilderte, wie sie im E.__ (Restaurant) auf der Treppe auf den Beschuldigten getroffen sei, diesen zu den Toilettenanlagen begleitet und für ihn bei der Herrentoilette den Code eingegeben habe. Weiter berichtete sie den Polizisten gemäss dem Berichtsrapport spontan, «der Mann» (der Beschuldigte) habe ihr gesagt, er heisse «S.__» und sei 23 Jahre alt. Dieser habe sie, nachdem sie ihm die Tür der Herrentoilette geöffnet habe, umarmt und geküsst. Sie selber habe dem Beschuldigten daraufhin gesagt, sie sei 12 Jahre alt, um zu sehen, wie er reagiere. Weil ihn ihr Alter nicht interessiert habe, habe sie ihm dann gesagt, sie sei 15 Jahre alt, was er aber ebenfalls ignoriert habe (zum Ganzen pag. 159). Die Angaben, die C.__ in der Videoeinvernahme machte, stimmen somit mit denjenigen überein, die sei bereits unmittelbar nach dem Vorfall gegenüber den vor Ort eintreffenden Polizisten gemacht hatte. Als sie mit den Polizisten im E.__ (Restaurant) sprach, konnte sie sich aller Voraussicht nach noch mit niemandem abgesprochen haben und auch durch niemanden beeinflusst worden sein. Ausserdem scheint in Anbetracht der Gesamtumstände ausgeschlossen, dass sich C.__ ihre Aussagen damals im E.__ (Restaurant) innert kürzester Zeit «zurechtgelegt» erfunden hätte. Ihre gegenüber den ausgerückten Polizisten gemachten Angaben erscheinen vielmehr erlebnisbasiert und authentisch und sind deshalb sowie, weil sie sich insbesondere auch mit ihren später gemachten Aussagen decken, ein gewichtiges Indiz, dass C.__ gegenüber den Strafverfolgungsbehörden die Wahrheit sagte.
Gesamthaft weisen die Angaben von C.__ somit zahlreiche Realitätskriterien auf. Ihre Schilderungen sind nachvollziehbar, konstant und imponieren als erlebnisbasiert. Zudem werden sie – bis auf den hiervor erwähnten Widerspruch bezüglich die Initiative zum Küssen – soweit möglich durch das Video bestätigt. Weiter stehen sie im Einklang mit C.__'s körperlicher Reaktion gegen Ende des Vorfalls und decken sich mit den Wahrnehmungen sowie den Schilderungen der Drittpersonen. Auf dem Video ist wie erwähnt nämlich zu sehen, dass C.__'s Bein stark zitterte, als ihr damaliger Freund Q.__ zum Geschehen kam (bei 04.35 Min.). Q.__ bestätigte sodann – wie sich unter Erwägung 9.5 unten zeigen wird – glaubhaft, dass C.__ sichtlich geschockt gewesen sei und am ganzen Körper gezittert habe, als er sie unten vor der Toilettenanlage «getroffen» habe (pag. 210 Z. 67 ff. und pag. 211 Z. 117). Das Zittern bemerkte schliesslich gar der Beschuldigte selbst, geht aus dem Anzeigerapport doch hervor, dass der Beschuldigte den vor Ort eingetroffenen Polizisten via J.__ mitgeteilt hat, «das Mädchen» (C.__) habe am ganzen Körper geschlottert, als er aus der Toilette gekommen sei (pag. 152; ferner pag. 217 Z. 165 ff.). Ferner erwähnte gemäss dem Berichtsrapport gegenüber den ausgerückten Polizisten offenbar auch C.__, dass sie beim Eintreffen ihres Freundes Q.__ am ganzen Körper geschlottert und weiche Knie gehabt habe (pag. 159).
Zusammengefasst erweisen sich C.__'s Aussagen somit als grundsätzlich glaubhaft.
4.4 Aussagen von J.__
J.__, die Verlobte des Beschuldigten, gab gegenüber der Polizei am 5. Juni 2020 als Auskunftsperson zu Protokoll, sie habe am 4. Juni 2020 um 10.30 Uhr einen Termin in D.__ gehabt und sei mit dem Beschuldigten deshalb nach D.__ gefahren. Weil der Beschuldigte sich in D.__ nicht so gut auskenne, hätten sie vereinbart, dass sie sich um 12.00 Uhr vor dem E.__ (Restaurant) wieder treffen würden. Als sie bereits um 11.30 Uhr dort gewesen sei, habe sie gesehen, wie der Beschuldigte mit einer Halbliter Bierdose auf sie zugekommen sei. Es sei alles gut gewesen und sie seien Essen gegangen. Während des Essens habe der Beschuldigte nochmals einen Liter Bier getrunken. Er müsse damit sicherlich eineinhalb Liter Bier getrunken haben und sei dann schon «fast orientierungslos» gewesen (zum Ganzen pag. 216 Z. 104 ff.). Auf Frage, ob der Beschuldigte möglicherweise auch zu viel Marihuana konsumiert habe und deshalb orientierungslos gewesen sei, erklärte J.__, sie wolle sich nicht dazu äussern, führte anschliessend jedoch aus, während des Mittagessens sei noch alles normal gewesen, sie hätten normal miteinander gesprochen. Sie habe aber das Gefühl gehabt, nach «diesen Bieren» sei der Beschuldigte «wie vernebelt» gewesen. Auf dem Weg zu den Einkaufsläden habe er dann auf die Toilette gemusst, weshalb sie ihn in den E.__ (Restaurant) geschickt habe (zum Ganzen pag. 216 Z. 124 ff.). Er sei dann nach zwei Minuten wieder zurückgekommen und habe gesagt, er finde die Toiletten nicht, was sie genervt habe, weshalb sie ihn nochmals hineingeschickt habe. Als er nach acht Minuten immer noch nicht zurück und auch via WhatsApp nicht erreichbar gewesen sei, sei sie selber in den E.__ (Restaurant) gegangen. Dort habe sie den Beschuldigten mit einem Herrn vom Sicherheitsdienst entdeckt und der Beschuldigte habe ihr dann «die ganze Situation aus seiner Sicht» erzählt (zum Ganzen pag. 216 Z. 133 ff.). Auf Frage, wie sie den Beschuldigten unter Alkoholeinfluss beschreiben würde, erklärte J.__ schliesslich, wenn der Beschuldigte in dem Ausmass getrunken habe, wie er es am Tag des Vorfalls getan habe – was «sehr selten» vorkomme –, sei er einfach orientierungslos (pag. 218 Z. 217 f.).
In der erstinstanzlichen Hauptverhandlung bestätigte J.__ als Zeugin ihre bei der Polizei gemachten Aussagen (pag. 955 Z. 13) und erklärte, als sie den Beschuldigten damals nach ihrem Termin getroffen habe, sei er ihr mit einer Halbliter Bierdose entgegengekommen. Sie habe ihm von der T.__ erzählt und habe anhand seiner Reaktion gemerkt, dass er «im Kopf auf einem anderen Planeten» gewesen sei. Er sei sonst sehr empathisch und an allem interessiert, was mit der Familie passiere. In dem Moment sei er aber einfach «sehr abwesend» gewesen, weshalb sie entschieden habe, dass es wohl das Beste sei, wenn sie etwas zu Mittag essen würden. Während des Essens habe der Beschuldigte weitere zwei Halbliter Bier getrunken. Als sie danach hätten einkaufen gehen wollen, habe er dringend auf die Toilette gemusst, was «nach dem ganzen Bier» ja klar gewesen sei. Sie habe ihn deshalb in den E.__ (Restaurant) geschickt und als er nach ein bis zwei Minuten wieder rausgekommen sei, habe sie ihn erneut hineingeschickt. Er habe sich verhalten «als hätte er den Verstand verloren» (zum Ganzen pag. 956 Z. 18 ff.). Nach rund zehn Minuten sei sie dann ebenfalls in den E.__ (Restaurant) gegangen, um nachzuschauen. Dort hätten sie dann mit den Sicherheitsbeamten auf die Polizei warten müssen und seien schliesslich auf den Polizeiposten verbracht worden. Weil die Polizisten kein Spanisch gesprochen hätten, habe sie übersetzen müssen. Man habe ihr gesagt, das Problem sei, dass «das Mädchen» (C.__) unter 16 Jahre alt sei. Als sie dies dem Beschuldigten übersetzt habe, sei er «sehr überrascht» gewesen. Diese Reaktion sei «nicht gespielt» gewesen, sie wisse, wie er aussehe, wenn er überrascht sei (zum Ganzen pag. 957 Z. 15 ff.). Auf Vorhalt der Aussage des Beschuldigten, wonach er seit zehn Jahren viel trinke und kiffe, erzählte J.__, ihr sei bewusst, wie das in Costa Rica am Strand ablaufe, «dieses Problem» hätten sie schon die ganze Zeit gehabt. Der Beschuldigte könne viel trinken, aber man merke ihm schon nach dem zweiten Bier an, dass er «vernebelt» sei. Er reagiere stark auf Alkohol, auch wenn es nur Bier sei. Am Tag des Vorfalls habe er «Unmengen» Bier konsumiert und am Morgen zudem noch Marihuana geraucht (zum Ganzen pag. 957 Z. 1 ff.).
In Würdigung dieser Ausführungen ist festzuhalten, dass J.__'s Aussagen aus Sicht der Kammer weder offensichtlich falsch noch unglaubhaft erscheinen. Sie vermögen gemeinsam mit den diversen von ihr verfassten aktenkundigen Berichten aber vor allem Aufschluss über die persönlichen Verhältnisse des Beschuldigten geben. Zum Vorfall an sich kann J.__ keine Aussagen machen, weil sie zu diesem Zeitpunkt unbestrittenermassen vor dem E.__ (Restaurant) auf den Beschuldigten wartete.
Was ihre Angaben betreffend den Zustand des Beschuldigten am fraglichen Tag angeht, ist festzuhalten, dass J.__ – wie dem Anzeige- und dem Berichtsrapport entnommen werden kann – gegenüber den ausgerückten Polizisten am 4. Juni 2020 nichts von einem allfälligen Alkohol- und/oder Marihuanakonsum des Beschuldigten erwähnte (pag. 152 und pag. 159). In ihrer Einvernahme vom 5. Juni 2020 – nachdem sie erfahren hatte, dass die Version des Beschuldigten nicht mit dem Video übereinstimmt (pag. 217 Z. 182 ff.; pag. 218 Z. 222 ff.) – hingegen sprach sie von weitgehendem Bierkonsum des Beschuldigten am 4. Juni 2020 und führte aus, der Beschuldigte sei an diesem Tag «schon fast orientierungslos» resp. «wie vernebelt» gewesen (pag. 216 Z. 108 ff.; pag. 218 Z. 217 f., Z. 225 f. und Z. 238). In der erstinstanzlichen Hauptverhandlung machte sie sodann ebenfalls dementsprechende Aussagen (pag. 956 Z. 22 ff.; pag. 957 Z. 3 ff., Z. 27 f. und Z. 41 ff.). J.__ erwähnte somit zunächst – wie im Übrigen auch der Beschuldigte (siehe dazu E. 9.6 unten) – überhaupt nichts bezüglich Alkohol- und/oder Drogenkonsums des Beschuldigten, machte diesen – nachdem sie von den Widersprüchen in der Version des Beschuldigten erfahren hatte – dann aber noch vor dem Beschuldigten vehement geltend. So behauptete sie beispielsweise, der Beschuldigte sei am 4. Juni 2020 «schon fast orientierungslos» resp. «wie vernebelt» gewesen (pag. 216 Z. 108 ff.; pag. 218 Z. 217 f., Z. 225 f. und Z. 238), während der Beschuldigte in der Hafteröffnung gleichentags – notabene nachdem ihm die Videosequenzen vorgehalten worden waren, die seinen Angaben widersprachen und nachdem sein Verteidiger eine Unterbrechung der Einvernahme gefordert hatte, um sich mit dem Beschuldigten zu besprechen – erwähnte, es gehe ihm gesundheitlich gut (vgl. pag. 12 Z. 93 und pag. 16 Z. 260 ff.). Die Angaben von J.__ betreffend den angeblich übermässigen Alkohol- und Drogenkonsum des Beschuldigten bzw. bezüglich seines Zustandes am 4. Juni 2020 müssen demnach mit Vorsicht gewürdigt werden, umso mehr, als es sich bei J.__ um die Verlobte des Beschuldigten und die Mutter des gemeinsamen Sohns handelt und sie deshalb verständlicherweise ein Interesse daran, dass der Beschuldigte strafrechtlich nicht belangt resp. weder zu einer unbedingten Freiheitsstrafe noch zu einer Landesverweisung verurteilt wird. J.__ dürfte angesichts dieser Umstände geneigt sein, möglicherweise auch unterbewusst zu Gunsten des Beschuldigten auszusagen und sein Fehlverhalten (auch ihr gegenüber) mit dem angeblich übermässigen vorgängigen Alkohol- und Marihuanakonsum zu entschuldigen.
4.5 Aussagen von Q.__
Q.__, der damalige Freund von C.__ (vgl. pag. 209 Z. 31), wurde am 5. Juni 2020 polizeilich als Auskunftsperson befragt. Er beschrieb, wie C.__ am 4. Juni 2020 im E.__ (Restaurant) zu den Toilettenanlagen gegangen sei, während er oben an der Treppe auf sie gewartet habe (pag. 210 Z. 52 ff.). Weiter schilderte er, wie C.__ zu ihm nach oben geschaut und ihm mit dem Arm zugewinkt resp. «die Geste» gemacht habe, dass er zu ihr nach unten kommen solle. Als er daraufhin nach unten gegangen sei, habe er gesehen, wie «der Mann» (der Beschuldigte) die Türe offengehalten habe und im Türrahmen gestanden sei, während C.__ «sichtlich geschockt» gewesen sei und gezittert habe. Er habe C.__ dann gehalten und gefragt, ob der Beschuldigte etwas gemacht habe, worauf sie ihm zunächst keine Antwort gegeben habe. Erst als sie dann nach oben gegangen seien, habe sie ihm erzählt, was geschehen sei. Er habe daraufhin «einen von der Kasse» gerufen, der dann seinen Chef jemanden vom Sicherheitsdienst geholt habe, der zu ihnen gekommen sei. Etwa gleichzeitig sei der Beschuldigte nach oben gekommen und durch den Sicherheitsbeamten, der schliesslich auch die Polizei gerufen habe, angehalten worden (zum Ganzen pag. 210 Z. 66 ff.). Auf Frage, was C.__ ihm nach dem Vorfall erzählt habe, berichtete Q.__, sie habe ihm gesagt, dass der Beschuldigte sie an die Wand gedrückt, sie geküsst und versucht habe, sie in die Toilette zu ziehen. Weiter soll «er» ihr zwischen die Beine gefasst und ihr – während sie den Code für die Toilette habe eingeben müssen – immer wieder gesagt haben, sie sei «eine Schöne und so» (zum Ganzen pag. 210 Z. 83 ff.). Er selber habe keine sexuellen Handlungen seitens des Beschuldigten wahrgenommen, weil er oben an der Treppe auf C.__ gewartet habe (pag. 210 Z. 96 f.). Als er sich zu ihr nach unten begeben habe, sei sie aber «völlig geschockt» gewesen und habe «am ganzen Körper» gezittert. Er habe versucht, sie zu beruhigen, sie habe ihm aber keine Antwort gegeben (zum Ganzen pag. 211 Z. 117 f.).
Q.__’s Schilderungen sind nachvollziehbar, differenziert, authentisch und decken sich soweit möglich mit den übrigen vorhandenen Beweismitteln. Auf dem Video ist das von Q.__ beschriebene Handzeichen von C.__ beispielsweise klar zu sehen (bei 04.08 Min. und bei 04.09 Min.). Weiter ist sichtbar, wie Q.__ in der Folge die Treppe hinunterkommt und der Beschuldigte zu diesem Zeitpunkt im Türrahmen der Herrentoilette steht, während C.__'s rechtes Bein stark zittert (bei 04.13 Min.). Es gibt ferner keine Anhaltspunkte, dass Q.__ den Beschuldigten zu Unrecht belasten würde, und es sind keine Gründe ersichtlich, weshalb er dies tun sollte. Auf Q.__’s Aussagen kann daher abgestellt werden, auch wenn zu berücksichtigen ist, dass er den Vorfall an sich nicht selber gesehen hat und entsprechend nur Angaben dazu machen kann, was C.__ ihm unmittelbar danach erzählt und welchen Eindruck sie auf ihn gemacht hat.
4.6 Aussagen des Beschuldigten
Der Beschuldigte wurde mit der Hafteröffnung insgesamt fünf Mal befragt. Gegenüber den am 4. Juni 2020 ausgerückten Polizisten und in der polizeilichen Einvernahme vom 4. Juni 2020 sowie zu Beginn der Hafteröffnung vom 5. Juni 2020 schilderte er eine stark verharmlosende Version des Vorfalls, bei welcher die Annäherungsversuche und die Initiative zu den Küssen und den Umarmungen von C.__ ausgegangen sein sollen und er diese Handlungen eigentlich gar nicht gewollt habe (pag. 152; pag. 159; pag. 164 Z. 58 ff. und Z. 86 ff.; pag. 13 Z. 126 ff. und Z. 153 f.; pag.14 Z. 162 f.; pag. 16 Z. 234 f.; pag. 13 Z. 126 ff. und Z. 153; pag. 14 Z. 162 f. und pag. 16 Z. 234 f.). Weiter behauptete er, er habe
C.__ gefallen bzw. «bestimmt gefallen» (pag. 165 Z. 124 und pag. 167 Z. 219), sie habe vor der Toilettentür auf ihn gewartet (pag. 166 Z. 166 f. und pag. 13 Z. 138 f.) und Mädchen würden ältere Männer bestimmt gerne mögen (pag. 168 Z. 268 f. und pag. 17 Z. 298 ff.). Er sprach denn auch von nur zwei «kurzen» Küssen bzw. «Küsschen», einer «kurzen» Umarmung und einer «kurzen» Berührung an C.__'s Schultern/Rücken (pag. 166 Z. 147 ff.; pag. 167 Z. 233 f. und Z. 242; pag. 168 Z. 247 und pag. 13 Z. 135; pag. 14 Z. 176, Z. 180). Gleichzeitig bestritt er, C.__ zu überreden versucht zu haben, mit ihm in die Herrentoilette zu kommen resp. sie gar in diese zu ziehen gewollt zu haben. Identische Aussagen machte er zunächst offenbar auch gegenüber seiner Verlobten J.__ (vgl. pag. 217 Z. 156 ff.). Auf Vorhalt der Videosequenzen, die seine Ausführungen widerlegen, antwortete er in der Hafteröffnung ausweichend und beschönigend. Er wies darauf hin, dass C.__ ihn freiwillig umarmt habe und jederzeit hätte weggehen können. Zudem lüge sie – sie habe ihm ihr Alter nicht genannt. Schliesslich habe er nicht bemerkt, wie er C.__ zu sich bzw. gegen die Herrentoilette gezogen habe und beim Griff an den Nacken habe es sich nur um eine einfache Bewegung «wie eine Umarmung» gehandelt, die vielleicht länger gedauert habe, als von ihm angegeben, aber noch lange nicht bedeute, dass er C.__ länger geküsst habe (zum Ganzen pag. 15 ff. Z. 231 ff.). Die tatnächsten Aussagen des Beschuldigten sind somit nicht nur beschönigend, sondern widersprechen klar dem vorhandenen Video (E. 9.2 oben) und den glaubhaften Angaben C.__'s (E. 9.3 oben).
In der staatsanwaltschaftlichen Einvernahme vom 3. Juli 2020 gab der Beschuldigte sodann erstmals zu, C.__ am Po berührt zu haben, wies aber darauf hin, dass es sich um eine kurze, unbewusste Berührung gehandelt habe (pag. 184 Z. 58 ff.). Letzteres wird durch das Video offensichtlich widerlegt, ist dort – wie die Vorinstanz zu Recht festhielt und unter Erwägung 9.2 oben dargetan wurde – doch ersichtlich, wie der Beschuldigte C.__ fest am Po packte und sie – zwischen die Pobacken greifend – hochhob (ab 03.08 Min.). Ebenfalls zum ersten Mal gab der Beschuldigte in dieser Einvernahme zu, dass er C.__ gesagt habe, sie sei hübsch. Gleichzeitig machte er aber wiederum geltend, die Komplimente, die Umarmungen und die Küsse seien gegenseitig erfolgt (pag. 185 Z. 85 f.; pag. 186 Z. 125 ff., Z. 152 f. und Z. 158 f.). Schliesslich wollte er sich aufgrund des angeblichen Marihuana- und Alkoholeinflusses nicht mehr daran erinnern können, ob er versucht habe, C.__ verbal dazu zu überzeugen, mit ihm in die Herrentoilette zu kommen (pag. 184 Z. 69 ff.), und bestritt wie bereits in den vorangegangenen Einvernahmen konstant, mit C.__ über deren über sein Alter gesprochen zu haben (pag. 184 Z. 47 ff. und Z. 80 f.; pag. 185 Z. 93, Z. 103 f. und Z. 108 ff. sowie pag. 186 Z. 137 f.).
In der erstinstanzlichen Hauptverhandlung vom 23. Februar 2021 erklärte der Beschuldigte auf Frage, ob er seine bisherigen Aussagen als richtig bestätige, seine erste Schilderung habe «nicht ganz» der Wahrheit entsprochen. Er habe Angst gehabt, ins Gefängnis gehen zu müssen und Probleme zu bekommen (zum Ganzen pag. 951 Z. 31 f.). Anschliessend gab er «neu» zu, dass es zwischen ihm und C.__ zu rund vier Küssen gekommen sei und er C.__ an der Hand angefasst sowie dazu eingeladen habe, mit ihm in die Herrentoilette zu kommen, jedoch ohne Kraft angewandt zu haben – er habe C.__'s «Nein» akzeptiert. Weiter behauptete er, bei den Küssen habe es sich um keine Zungenküsse gehandelt und er habe nicht gewusst, wie alt C.__ gewesen sei (zum Ganzen pag. 952 Z. 3 ff., Z. 17 f. und Z. 30 ff. sowie pag. 953 Z. 7). Der Vorfall sei nur passiert, weil er geraucht habe und angetrunken gewesen sei – wäre er nüchtern gewesen, wäre «das» «nie» passiert (pag. 952 Z. 21 f. und Z. 39 f.). Schliesslich führte er aus, er habe gedacht, C.__ sei aufgrund ihrer Grösse 18 19 Jahre alt, und weil sie zweimal zu ihm gekommen sei, um ihn zu küssen, habe er «klare Signale empfangen», wonach sie bei ihm habe sein wollen (pag. 953 Z. 19 ff. und Z. 31 f.).
In der Berufungsverhandlung vom 18. Januar 2022 bestätigte der Beschuldigte im Wesentlichen seine früheren Aussagen und gab zu Beginn wiederum an, in der ersten Einvernahme bei der Polizei gelogen zu haben, weil er neu in der Schweiz gewesen sei und sich davor gefürchtet habe, ins Gefängnis zu kommen (pag. 1146 Z. 35 ff. und pag. 1149 Z. 1 f.). Weiter behauptete er, er habe während der ersten Einvernahme noch unter Alkohol- und Marihuanaeinfluss «gestanden» und sei deshalb nicht bei der Sache gewesen (pag. 1149 Z. 5 ff.). Er könne sich an fast nichts mehr erinnern (pag. 1146 Z. 43), insbesondere nicht daran, ob es sich bei den Küssen um «normale» Küsse um Zungenküsse gehandelt habe (pag. 1147 Z. 8). Auf Vorhalt, dass der erste Kuss gemäss Video rund sieben und der zweite Kuss rund 34 Sekunden gedauert hätten und er seinen Kopf dabei seitlich gehalten sowie rhythmisch bewegt habe, erklärte der Beschuldigte (pag. 1147 Z. 4 f.): «Ja, ich sah das Video gestern, deshalb kann ich das nachvollziehen. Aber ansonsten könnte ich mich nicht erinnern.». Auf Frage, ob es sich bei diesen Küssen demnach um Zungenküsse gehandelt habe, erklärte er, er erinnere sich nicht, aber wenn C.__ dies sage, dann werde das wohl so gewesen sein (pag. 1147 Z. 17 f.). Weiter bestätigte er, C.__ am Nacken, an der Hand und am Po berührt zu haben, dementierte indes, sie über den Kleidern an der Vagina und den Brüsten angefasst zu haben (pag. 1147 Z. 21, Z. 31 und Z. 34). Schliesslich bestritt er wie in den Einvernahmen zuvor, mit C.__ über deren und/oder über sein Alter gesprochen zu haben (pag. 1148 Z. 13, Z. 16, Z. 21 f. und Z. 27 ff.), und behauptete, er habe C.__ vom Aussehen her 18-jährig geschätzt – sie habe wirklich nicht ausgesehen wie ein Kind (pag. 1149 Z. 35 f.).
In Würdigung dieser Aussagen fällt zunächst auf, dass sich der Beschuldigte in Bezug auf das Vorgefallene inkonstant äusserte und insbesondere in seinen tatnächsten Einvernahmen durch das Video als falsch widerlegte Aussagen machte, was nahelegt, dass er nicht die Wahrheit sagte. Ebenfalls gegen die Glaubhaftigkeit seiner Angaben spricht, dass er die Initiative zu den Umarmungen und Küssen zunächst ganz auf C.__ schob und später in gegenseitig gewollte Umarmungen und Küsse relativierte. Auf Vorhalte machte der Beschuldigte sodann häufig ausweichende Aussagen, ohne nachvollziehbare Erklärungen zu liefern. Als er in der erstinstanzlichen Hauptverhandlung auf seine Widersprüche angesprochen wurde, gab er zum Beispiel sowie bezeichnenderweise an, bei den ersten Aussagen habe er das Video noch nicht gesehen gehabt und nachdem er das Video gesehen habe, habe er sich das Ganze nochmals überlegt (pag. 952 Z. 25 ff.). Auffallend ist auch, dass der Beschuldigte kaum eigene Gefühle und Gedankengänge schilderte und zudem weder Nebensächlichkeiten erzählte noch Ausgefallenes berichtete. Seine Äusserungen erscheinen zumindest soweit das Kerngeschehen angehend karg, «plump» und stereotyp, was indiziert, dass er insoweit nicht die Wahrheit sagt. Ebenfalls gegen die Glaubhaftigkeit seiner Angaben sprechen die mehrfachen Beteuerungen, die Wahrheit zu sagen, die der Beschuldigte immer wieder mit den Worten betonte, «das ist nicht gelogen» resp. «ich schwöre» (pag. 168 Z. 264 ff. und pag. 186 Z. 137). C.__ machte er demgegenüber ausserdem wiederholt schlecht und behauptete zum Beispiel, sie lüge (pag. 17 Z. 281 und Z. 288 sowie pag. 18 Z. 310). Im Übrigen neigte er zu Übertreibungen und führte insbesondere aus, dass er, wenn er gewusst hätte, dass C.__ minderjährig bzw. 15 Jahre alt sei, diese «nicht einmal an einem Haar» berührt (pag. 166 Z. 188 und pag. 168 Z. 264 ff.) resp. sicher nicht zugelassen hätte, dass sie ihm ihre Telefonnummer gab (pag. 13 Z. 137) und auch den Toilettencode nicht angenommen hätte (pag. 14 Z. 191 f.).
Widersprüchlich und unglaubhaft erscheinen auch seine Antworten auf Fragen, was er und C.__ zusammen gesprochen hätten. Zunächst erwähnte der Beschuldigte kaum Gespräche und behauptete am 4. Juni 2020 beispielsweise, er habe C.__ lediglich gefragt, wo die Toilette sei. Nachdem sie ihm dies stillschweigend gezeigt habe, habe er sich bei ihr bedankt und C.__ habe ihn gefragt, ob er Snapchat habe (zum Ganzen pag. 164 Z. 54 ff.). Weiter habe sie ihm gesagt, er sei sehr hübsch und habe ihn gefragt, ob sie ihn umarmen dürfe (pag. 164 Z. 86 ff.). Auf Frage, was er C.__ über sich erzählt habe, gab er an, sie hätten praktisch nicht zusammen bzw. einzig über die Toilette gesprochen (pag. 165 Z. 122 ff.). Ähnliches schilderte der Beschuldigte gegenüber den ausgerückten Polizisten (vgl. dazu pag. 152 und pag. 159) und in der Hafteröffnung vom 5. Juni 2020 (pag. 13 Z. 124 ff. und Z. 153 ff.). Dass nur so wenig gesprochen wurde, wie der Beschuldigte behauptete, wird durch das Video widerlegt. Entsprechend machte der Beschuldigte am 3. Juli 2020 gegenüber der Staatsanwaltschaft denn auch weitergehende Angaben und erwähnte beispielsweise, er habe C.__ erzählt, dass er aus Costa Rica komme, hier Freunde suche und A.__ heisse. Zudem hätten sie über die Telefonnummern gesprochen, sich Komplimente gemacht und sich gegenseitig gesagt, dass sie hübsch seien (zum Ganzen pag. 185 Z. 98 ff. und Z. 118 f.; pag. 186 Z. 125 ff. und Z. 158 f.).
Analysiert man die Aussagen des Beschuldigten betreffend seinen angeblichen Alkohol- und Marihuanakonsum, fällt auf, dass er in der tatnächsten Einvernahme vom 4. Juni 2020 nichts dergleichen erwähnte und auf Vorhalt des positiv ausgefallenen Drogenschnelltests bestritt, Drogen konsumiert zu haben (pag. 168 Z. 250). Als ihm daraufhin erneut vorgehalten wurde, dass er positiv auf THC getestet worden sei, behauptete er, er nehme keine Drogen – Marihuana sei eine medizinische Pflanze und er habe «gestern Abend» letztmals Marihuana konsumiert (pag. 168 Z. 253 ff.). In der Hafteröffnung vom 5. Juni 2020 war ein allfälliger Drogen- und/oder Alkoholkonsum sodann überhaupt kein Thema (vgl. pag. 9 ff.) und auf Frage, ob er gesundheitliche Probleme habe, erklärte der Beschuldigte gar, es
gehe ihm gut (pag. 12 Z. 93). Als ihm in der Folge diverse Videosequenzen vorgehalten wurden, die seinen Aussagen widersprechen, und sein Verteidiger eine Unterredung mit ihm gefordert hatte, erklärte er erneut, gesundheitlich gehe es ihm gut (pag. 16 Z. 260 ff.). Rund einen Monat später bzw. in den Einvernahmen vom
3. Juli 2020, vom 23. Februar 2021 und vom 18. Januar 2022 beteuerte er sodann erstmals – allerdings wiederholt und mit Nachdruck –, er sei am 4. Juni 2020 im E.__ (Restaurant) derart angetrunken gewesen und habe zuvor noch Marihuana geraucht, dass er nicht mehr klar im Kopf gewesen resp. nicht fokussiert und in Gedanken «nicht da» gewesen sei (pag. 184 Z. 71 f.; pag. 187 Z. 166 ff.; pag. 188 Z. 221; pag. 192 Z. 384 ff.; pag. 952 Z. 39 f. und Z. 46 f.; pag. 953 Z. 25 f. und pag. 1149 Z. 44 f.).
Die Angaben des Beschuldigten betreffend seinen Alkohol- und Drogenkonsum resp. -einfluss am 4. Juni 2020 sind demnach widersprüchlich. Zudem erscheint speziell, dass seine tatnächsten Aussagen denjenigen seiner Partnerin J.__ widersprechen, führte diese den angeblichen Alkoholeinfluss des Beschuldigten – wie unter Erwägung 9.4 ausgeführt – doch erstmals ins Feld (vgl. pag. 216 Z. 108 ff.; pag. 218 Z. 217 f., Z. 225 f. und Z. 238). Als der Beschuldigte in der Berufungsverhandlung darauf angesprochen wurde, dass sein am 4. Juni 2020 angeblich derart alkoholisierter Zustand erstmals von seiner Lebenspartnerin thematisiert worden sei, behauptete er (pag. 1149 Z. 12 ff.): «Ja, ich sagte nichts. Als mich die Polizei verhaftete, haben sie Blut- und Urintests (Alkohol, Drogen) gemacht, die sich alle als positiv herausstellten. Was hätte ich noch dazu sagen sollen?». Er antwortete mithin nicht nur ausweichend, sondern auch unwahr, wurde ihm am fraglichen Tag doch nur Urin, aber kein Blut abgenommen und folglich einzig ein Drogenschnelltest gemacht (vgl. pag. 155). Auf Vorhalt, dass weiter komisch anmute, dass er zunächst verneint habe, damals Drogen- und Alkohol konsumiert zu haben, später diesen Einfluss jedoch recht «dramatisch» geschildert habe, beteuerte der Beschuldigte ebenfalls ausweichend, sein grösster Fehler sei gewesen, dass er neu in der Schweiz gewesen sei, vor allem Angst gehabt habe und von Anfang an hätte ehrlich sein sollen (pag. 1149 Z. 18 f.). Die Angaben des Beschuldigten betreffend seinen damaligen Alkohol- und Drogenkonsum überzeugen zusammengefasst nicht und stellen aus Sicht der Kammer offensichtliche Schutzbehauptungen dar.
Insgesamt sind die Aussagen des Beschuldigten somit widersprüchlich, beschönigend und knapp und werden durch das vorhandene Video zusätzlich in vielen Punkten als falsch widerlegt. Weiter stehen sie im Widerspruch zu den glaubhaften Aussagen von C.__ und – soweit möglich – zu denjenigen von Q.__ sowie zu den Wahrnehmungen der damals ausgerückten Polizisten. Die Angaben des Beschuldigten enthalten mithin diverse Lügensignale, weshalb – zumindest soweit das Kerngeschehen angehend – nicht darauf abgestellt werden kann.
4.7 Gesamtwürdigung
Nachfolgend ist abschliessend zu klären, ob es sich bei den vier Küssen zwischen C.__ und dem Beschuldigten um Zungenküsse handelte (E. 9.7.1 unten), ob der Beschuldigte C.__ während des zweiten Kusses im Bereich der Vagina und an den Brüsten berührte, sowie, ob er sie leicht gegen seinen Penis presste (E. 9.7.2 unten). Weiter muss geprüft werden, welche Handlungen der Beschuldigte mit C.__ auf der Herrentoilette hätte vornehmen wollen (E. 9.7.3 unten) und ob C.__ dem Beschuldigten ihr Alter nannte resp. von welchem Alter der Beschuldigte aufgrund ihres Erscheinungsbildes ausgehen durfte (E. 9.7.4 unten). Schliesslich ist zu klären, ob die Einsichts- und Steuerungsfähigkeit des Beschuldigten aufgrund seines angeblich vorangegangenen Alkohol- und Marihuanakonsums eingeschränkt war (E. 9.7.5 unten).
4.7.1 Küsse
Wie unter Erwägung 9.6 erwähnt, bestritt der Beschuldigte im Gegensatz zu C.__ konstant, dass es zwischen ihnen am 4. Juni 2020 zu Zungenküssen kam. In der Berufungsverhandlung räumte er indes immerhin ein, wenn C.__ dies sage, dann werde es wohl so gewesen sein (pag. 1147 Z. 17). Die Vorinstanz führte zu dieser Beweisfrage bei der Analyse der Aussagen des Beschuldigten Folgendes aus (S. 17 der erstinstanzlichen Urteilsbegründung; pag. 1018):
Der Beschuldigte blieb auch vor Gericht dabei, dass es sich nicht um Zungenküsse gehandelt habe. [….]. Gemäss Video handelt es sich indessen klarerweise um intensive Küsse, wobei aufgrund der Kopfbewegungen (zur Seite geneigt) deutlich erkennbar ist, dass sich die Zunge des Beschuldigten im Mund der Geschädigten befand und er diese rhythmisch bewegte. Seine Aussage, er habe in keinem Moment versucht, seine Zunge in den Mund der Geschädigten zu stecken, ist geradezu unsinnig.
Die Kammer teilt diese Erwägungen der Vorinstanz nicht vollumfänglich. Ihrer Ansicht nach ist auf dem Video nicht ersichtlich, dass sich die Zunge des Beschuldigten im Mund von C.__ befand und er diese dabei rhythmisch bewegte. Demgegenüber belegen aus Sicht der Kammer nebst den glaubhaften Aussagen C.__'s, die in Bezug auf die Küsse von einem «Aufsaugen» sprach (Video-EV: 10.18 Uhr), die Dauer der ersten beiden Küsse (7 resp. 34 Sekunden) und die Kopfbewegungen des Beschuldigten, dass es sich bei den ersten beiden Küssen um Zungenküsse handelte. Was die beiden letzten Küsse angeht, geht die Kammer zu Gunsten des Beschuldigten hingegen davon aus, dass es sich dabei nicht um Zungenküsse handelte. Diese beiden letzten Küsse waren gemäss Video nämlich von kürzerer Dauer. Zudem erwähnte C.__ in der Videoeinvernahme, sie hätten sich glaublich zweimal geküsst (Video-EV: 10:48 Uhr) und sprach in der Berufungsverhandlung «nur» von zwei Zungenküssen (pag. 1138 Z. 33).
Weiter ist gestützt auf das Video zu Gunsten des Beschuldigten anzunehmen, dass sich C.__ beim zweiten Zungenkuss auf den Beschuldigten zubewegte und ihn küsste (bei 03.06 Min.) sowie, dass auch die beiden letzten «normalen» Küsse auf Initiative von C.__ erfolgten (bei 03.49 Min und bei 04.09 Min.). Die
Vorinstanz erwog in Bezug auf dieses Verhalten von C.__ resp. die Frage, ob sie mit den Handlungen des Beschuldigten einverstanden war, Folgendes (S. 22 f. der erstinstanzlichen Urteilsbegründung; pag. 1023 f.):
Gemäss angeklagtem Sachverhalt hat der Beschuldigte die Geschädigte gegen ihren Willen geküsst. Die Geschädigte kann nicht abschliessend schlüssig erklären, warum sie die Küsse des Beschuldigten erwidert hat und warum sie auch von sich aus auf ihn zugegangen ist. Sie macht Ausführungen dazu, dass sie habe überlegen müssen und sich nicht habe wehren wollen, aus Angst, es könne noch mehr passieren. Andererseits sieht sie im Nachhinein ein, dass auch ein Weglaufen möglich gewesen wäre. Massgebend ist indessen nicht die rückblickende Betrachtung, sondern was die Geschädigte im Tatzeitpunkt gedacht und gemacht hat. Das Gericht kann das Verhalten der Geschädigten nicht in allen Punkten einordnen. Ihr Verhalten wird auch in der Anklage als ambivalent bezeichnet. Es ist dem Beschuldigten kein Vorwurf zu machen, wenn er die Zeichen der Geschädigten nicht jederzeit richtig deuten konnte. Die Taktik der Geschädigten, um die Situation nicht eskalieren zu lassen, zeigt sich am Schluss der Szene gut. Sie küsst den Beschuldigten aktiv und stellt sich gleichzeitig absichtlich so hin, dass sie mit der Hand um die Ecke ihrem Freund Zeichen geben konnte, er solle zu ihr kommen. Hätte sie den Beschuldigten tatsächlich aus freiem Willen geküsst, hätte sie das nicht gemacht. Dann hätte sie ihren Freund kaum dabeihaben bzw. die Szene unterbrechen lassen wollen. Dass die Geschädigte die Küsse erwidert hat, ist sicher auch auf einen gewissen Überraschungseffekt zurückzuführen und auf eine allgemeine Überforderung, was jedoch unter Berücksichtigung ihres jungen Alters nicht weiter erstaunt. Sie brauchte wohl einen Moment, bis sie die Situation erfasst hatte. Überdies ist auch kaum vorstellbar, dass die Geschädigte sich gewünscht hat, einen fremden, deutlich älteren Mann, mit dem sie erst ein paar Sätze gesprochen hatte, im E.__ (Restaurant) im Gang vor den Toiletten in der Öffentlichkeit zu küssen und sich berühren zu lassen. Hätte sie die Berührungen und Küsse effektiv gewollt, hätte sie später auch kaum so gezittert. Insgesamt ist das Gericht der Überzeugung, dass die Geschädigte mit dem Verhalten des Beschuldigten nicht einverstanden war.
Diese Erwägungen der Vorinstanz sind überzeugend, die Kammer schliesst sich ihnen vollumfänglich an. C.__ legte effektiv ein ambivalentes und für den Beschuldigten nicht eindeutig deutbares Verhalten an den Tag, schilderte jedoch sowohl in der Videoeinvernahme als auch in der Berufungsverhandlung eindrücklich und glaubhaft, dass sie die Handlungen des Beschuldigten nicht gewollt habe und dass es aufgrund des Vorfalls mit dem Beschuldigten zu einer Retraumatisierung und einer massiven Verschlechterung ihres Zustandes gekommen sei, was eine 14-wöchige stationäre Therapie zur Folge gehabt habe (pag. 1140 Z. 36 ff; ferner E. 9.3 oben). Auf dem Video ist sodann zu sehen, dass der Beschuldigte am Anfang die Initiative ergriff und nach dem ersten Kuss einen weiteren Kussversuch mit einem Nackengriff vornahm. Weiter ist sichtbar, dass sich der Beschuldigte generell recht forsch verhielt. So griff er C.__ während des zweiten Zungenkusses beispielsweise kräftig an den Po, hob sie hoch, so dass sie nur noch auf den Zehenspitzen stehen konnte, und presste seinen Oberkörper gegen sie (siehe Video bei 03.09 Min. bis ca. 03.31 Min). Ausserdem insistierte er mehrfach körperlich und verbal, C.__ solle mit ihm in die Herrentoilette kommen (u.a. Video bei 02.17 Min. und bei 04.01 Min.; Video-EV: 10:32 Uhr; 10:50 Uhr; 10:52 Uhr), obwohl C.__ ihm gemäss ihren glaubhaften Aussagen mehrmals sagte, «Don’t touch me.» resp. «I’m taken.» resp. sie wolle ihn nicht in die Herrentoilette begleiten (Video-EV: 10:44 Uhr; 10:50 Uhr; 10:52 Uhr; 11:23 Uhr). Letzteres bestätigte der Beschuldigte in der erstinstanzlichen Hauptverhandlung im Übrigen selbst, erklärte er doch, er habe C.__ damals an der Hand gefasst und sie dazu eingeladen, mit ihm in die Herrentoilette zu kommen, C.__ habe jedoch nein gesagt und er habe dies akzeptiert (pag. 952 Z. 8 f.). Schliesslich zeugt C.__'s körperliche Reaktion davon, dass sie die Handlungen des Beschuldigten nicht wollte. Beim Eintreffen ihres Freundes Q.__ zitterte sie gemäss dessen glaubhaften Aussagen am ganzen Körper (pag. 210 Z. 69 und pag. 211 Z. 117 f.; ferner E. 9.5 oben) und auch auf dem Video ist zu sehen, wie ihr rechtes Bein zu diesem Zeitpunkt stark zitterte (bei 04.03 Min). Zusammengefasst ist aus Sicht der Kammer somit erstellt, dass die zwei Zungenküssen gegen C.__'s Willen erfolgten.
4.7.2 Berührung Brüste und Vagina / Pressen gegen Penis
Betreffend die Frage, ob der Beschuldigte C.__ an den Brüsten und im Bereich der Vagina berührte, erwog die Vorinstanz bei der Analyse der Aussagen des Beschuldigten Folgendes (S. 17 der erstinstanzlichen Urteilsbegründung; pag. 1018):
Entgegen den Aussagen des Beschuldigten ist auch ersichtlich, dass er ihr [C.__] mit seiner Hand vorne zwischen die Beine greift. Dies allerdings nur kurz und es lässt sich nicht sagen, mit welcher Intensität und wie er sie angefasst hat.
Diese Feststellung der Vorinstanz trifft nach Ansicht der Kammer zu. Auf dem
Video ist – wie unter Erwägung 9.2 dargetan – ersichtlich, wie der Beschuldigte gegen Ende des rund 34 Sekunden dauernden Zungenkusses seine rechte Hand auf Schritthöhe zwischen sich und C.__ hält und wie sich C.__'s Po resp. ihr Hosengesäss daraufhin hebt (bei 03.35 Min.). Weiter erklärte C.__ glaubhaft, der Beschuldigte habe sie vorne über den Kleidern an der Vagina berührt (Video-EV: 10:38 Uhr und pag. 1139 Z. 2 f.; ferner E. 9.3 oben), weshalb aus Sicht der Kammer insgesamt erstellt ist, dass der Beschuldigte C.__ mit seiner Hand über den Kleidern im Bereich der Vagina berührte.
Was die Berührung der Brüste von C.__ angeht, ist festzuhalten, dass eine solche auf dem Video nicht sichtbar ist und vom Beschuldigten zudem bestritten wurde. Weiter betonte in der Videoeinvernahme auch C.__, sie sei sich «wirklich resp. gar nicht sicher», ob der Beschuldigte ihre Brüste angefasst habe (Video-EV: 10:38 Uhr). In der Berufungsverhandlung gab sie hingegen an, der Beschuldigte habe ihr mit den Händen an die Brust gegriffen (pag. 1138 Z. 38). Die Kammer geht gestützt auf die ersten Angaben C.__'s und weil auf dem
Video nicht zu sehen ist, dass der Beschuldigte C.__ an den Brüsten berührt hätte – sowie in Anwendung des Grundsatzes «in dubio pro reo» – davon aus, dass der Beschuldigte C.__ nicht an die Brüste griff.
Schliesslich ist gestützt auf die glaubhaften Aussagen von C.__, wonach sie den Penis des Beschuldigten nicht gespürt habe, als er sich an sie gepresst habe (Video-EV: 10:41 Uhr; ferner E. 9.3 oben), anzunehmen, dass der Beschuldigte C.__ zwar gegen seinen Körper, nicht aber gegen seinen Penis presste.
4.7.3 Vom Beschuldigten beabsichtigte Handlungen auf der Toilette
In Bezug auf die Frage, welche Handlungen der Beschuldigte mit C.__ in der Herrentoilette hätte vornehmen wollen, konnte C.__ keine konkreten Angaben machen. Sowohl in der Videoeinvernahme als auch in der Berufungsverhandlung erwähnte sie glaubhaft, der Beschuldigte habe ihr nicht gesagt, was er in der Herrentoilette hätte machen wollen (Video-EV: 10:52 Uhr und pag. 1139 Z. 8; ferner E. 9.3 oben). Der Beschuldigte selber schilderte in der erstinstanzlichen Hauptverhandlung, er habe C.__ auf der Herrentoilette «nur» küssen wollen (pag. 952 Z. 37 ff.). In der Berufungsverhandlung erklärte er, er habe C.__ dazu eingeladen, mit ihm in die Herrentoilette zu kommen, damit sie sich dort weiterhin hätten küssen können (pag. 1147 Z. 43 und pag. 1148 Z. 1 f.).
Die Vorinstanz hielt bezüglich die vom Beschuldigten in der Herrentoilette beabsichtigten Handlungen Folgendes fest (S. 22 der erstinstanzlichen Urteilsbegründung; pag. 1023):
Die Körpersprache des Beschuldigten gemäss Video zeigt klar, dass er die Geschädigte mehrfach aufgefordert hat, mit ihm in die Herrentoilette hinein zu kommen. Er nickte dabei mit dem Kopf in Richtung Herrentoilette und zog sie später auch an der Hand in diese Richtung. Gemäss Video und übereinstimmenden Aussagen der Beteiligten, hat er dabei keine Kraft angewendet. Sie konnte sich dem ohne Kraftanstrengung ihrerseits gut entziehen. Ihre verbale Weigerung und der körperliche Gegendruck reichten ohne weiteres aus, um nicht in die Toilette gezogen zu werden. Gemäss Anklage soll der Beschuldigte vorgehabt haben, in der Herrentoilette mit der Geschädigten «unbestimmte, jedoch noch weitergehende sexuelle Handlungen» vorzunehmen. Diesen Vorwurf erachtet das Gericht im Hinblick auf den Anklagegrundsatz als problematisch, worauf hier aber nicht weiter eingegangen werden soll. Es ist aufgrund der Situation überzeugend naheliegend und vom Beschuldigten überdies auch eingestanden, dass er die Geschädigte zumindest weiter hätte küssen und anfassen wollen auf der Herrentoilette. Dass er auch darüber hinausgehende, weiterführende sexuelle Handlungen mit ihr hätte vornehmen wollen, lässt sich nicht nachweisen. Das Gericht geht davon aus, dass der Beschuldigte die Absicht hatte, die Geschädigte in der Herrentoilette im gleichen Rahmen wie bereits erfolgt zu küssen (Zungenküsse) und im Intimbereich zu berühren (über der Kleidung).
Die Kammer schliesst sich diesen zutreffenden Erwägungen der Vorinstanz integral an und hält ergänzend fest, dass auf dem Video klar ersichtlich ist, wie der Beschuldigte sowohl mit dem Kopf als auch mit dem Mobiltelefon Richtung Herrentoilette deutet. Weiter ist erkennbar, wie er C.__ an der Hand gegen die Herrentoilette zieht, dabei aber weder viel Kraft noch Gewalt anwendet, was C.__ im Übrigen bestätigte (zum Ganzen u.a. bei 02.17 Min.; bei 04.01 Min;
Video-EV: 10:32 Uhr, 10:52 Uhr; 11:05 Uhr). Gestützt auf die einleitend erwähnten Aussagen von C.__ und das Video lässt sich – wie die Vorinstanz korrekt erwog – indes nicht abschliessend klären, welche Handlungen der Beschuldigte mit C.__ in der Herrentoilette hätte vornehmen wollen. In Anwendung des Grundsatzes «in dubio pro reo» muss von den Aussagen des Beschuldigten ausgegangen werden, wonach er beabsichtigte, mit C.__ in der Herrentoilette dieselben Handlungen vorzunehmen, wie er mit ihr bereits im Raum vor der Toilettenanlage vornahm.
Es ist somit erstellt, dass der Beschuldigte mit C.__ in der Herrentoilette insbesondere weitere Zungenküsse hätte vornehmen und sie über den Kleidern im Bereich der Vagina und am Po hätte berühren wollen.
4.7.4 Alter und Erscheinungsbild von C.__
Der Beschuldigte bestritt wie in Erwägung 9.6 dargetan konstant, mit C.__ über deren über sein Alter gesprochen zu haben (u.a. pag. 1148 Z. 21 f.).
C.__ erzählte zu Beginn der Videoeinvernahme, als sie zur Toilette gegangen sei, sei «er» ihr entgegengekommen. Auf Frage, wen sie mit «er» meine, entgegnete sie, «S.__» (Video-EV: 10:17 Uhr). Der Beschuldigte habe ihr die Hand gegeben und sich als «S.__» vorgestellt, worauf sie ihm gesagt habe, sie heisse C.__ (Video-EV: 10.29 Uhr). Diese Aussage von C.__ stimmt insofern mit dem Video überein, als darauf ersichtlich ist, wie der Beschuldigte C.__ die Hand hinhält und sie sich daraufhin die Hände schütteln (bei 0.20 Min.).
Weiter erwähnte C.__ in Bezug auf die Altersangabe sowohl in der
Videoeinvernahme als auch in der Berufungsverhandlung, sie habe dem Beschuldigten zuerst gesagt, sie sei zwölf Jahre alt resp. «twelve», weil sie habe schauen wollen, wie er darauf reagiere bzw. wie er «tickt». Als der Beschuldigte in der Folge aber «einfach weitergemacht» habe, habe sie ihm ihr richtiges Alter genannt resp. gesagt, sie sei «fifteen» (zum Ganzen Video-EV: 10.22-10.23 Uhr und 10.43 Uhr sowie pag. 1139 Z. 39 ff.). Auf Frage, wann sie dies dem Beschuldigten gesagt habe, erwähnte sie in der Videoeinvernahme, sie sei sich nicht mehr sicher, sie habe den Beschuldigten aber glaublich nach dem (ersten) Kuss gefragt, wie alt er sei. Sie habe dies mit dem Gedanken gemacht, damit er sie anschliessend ebenfalls frage, wie alt sie sei. Sie habe schon gewusst, dass er ziemlich älter sei. Er habe ihr dann gesagt, er sei 23 Jahre alt (zum Ganzen Video-EV: 10:43 Uhr und 10:22 Uhr). In der Berufungsverhandlung konnte C.__ nicht mehr genau einordnen, wann sie dem Beschuldigten gesagt habe, sie sei 12 resp. 15 Jahre alt, erklärte aber, sie habe dies vermutlich schon nach dem ersten Kuss getan (pag. 1139 Z. 45 und pag. 1140 Z. 3 f.).
C.__ machte demnach auch in Bezug auf die Angabe ihres Alters detaillierte, spontane, authentische und nachvollziehbare Aussagen. Sie erklärte plausibel, weshalb sie den Beschuldigten nach seinem Alter gefragt und ihm zunächst gesagt habe, sie sei zwölf Jahre alt resp. ihm ihr wahres Alter erst danach offenbart habe. Indem sie erwähnte, sie habe dem Beschuldigten zuerst gesagt, sie sei «twelve», weil sie habe sehen wollen, wie er «tickt», bediente sie sich entgegen der Ansicht der Verteidigung sodann keiner simplen Schutzbehauptung (vgl. pag. 1156), sondern schilderte vielmehr eine spezielle, originelle Nebensächlichkeit, die in einer erfundenen Geschichte kaum geäussert worden wäre. Im Übrigen ist – wie die Vorinstanz zutreffend festhielt – nicht ersichtlich, weshalb C.__, wenn sie wie die Verteidigung impliziert, tatsächlich eine Falschaussage hätte machen wollen, zunächst das Alter 12 und erst danach das Alter 15 hätte nennen sollen (S. 20 der erstinstanzlichen Urteilsbegründung; pag. 1021). Einfacher und für eine Falschaussage naheliegend wäre vielmehr die Angabe gewesen, sie habe dem Beschuldigten von Anfang an gesagt, sie sei 15 Jahre alt.
An der Glaubhaftigkeit der entsprechenden Aussagen von C.__ ändert entgegen der Ansicht der Verteidigung auch die Vereinbarung zwischen C.__ und dem Beschuldigten vom U.__ (Datum) nichts (vgl. pag. 1155 f.), in deren Einleitung und Ziffer 1 festgehalten wurde, der Beschuldigte habe nicht um das wahre Alter von C.__ gewusst (pag. 920). Die Vorinstanz stellte insoweit zu Recht fest, die Vereinbarung sei von der Verteidigung des Beschuldigten aufgesetzt worden und die damalige Rechtsvertreterin von C.__ habe auf Nachfrage bestätigt, dass C.__ an ihren Aussagen festhalte (S. 18 f. der erstinstanzlichen Urteilsbegründung; pag. 1019 f. und pag. 946 [Schreiben von Rechtsanwältin V.__ vom 22. Februar 2021]). C.__ stimmte ihrer ehemaligen Rechtsvertreterin in der Berufungsverhandlung zu und erklärte auf Frage, wie es zur fraglichen Vereinbarung gekommen sei, Folgendes (pag. 1140 Z. 11 ff.):
Da habe ich mich mit meiner Anwältin unterhalten und habe die Sache mit ihr angeschaut. Mir geht es nicht um eine möglichst harte Bestrafung, weil jede Person ihre Geschichte und ihr Leben hat. Ich bin nicht auf Rache aus so. Es geht mir nicht besser, wenn jemand anderes bestraft wird. Es war auch gar nicht in meinem Interesse, was danach geschah. Ich wollte die Sache am liebsten möglichst schnell abschliessen, deshalb kamen wir dann auch auf diese Lösung. Sie (gemeint ihre ehemalige Rechtsvertreterin) hat mich eigentlich dazu gebracht.
Der Umstand, dass sich C.__ als Privatklägerin aus dem Verfahren zurückzog und ihr Desinteresse erklärte, spricht nicht für die Unglaubhaftigkeit ihrer Aussagen, sondern hing unter Umständen auch mit der Tatsache zusammen, dass ihr Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege abgewiesen wurde und sie somit (auch bei einem Schuldspruch des mittellosen Beschuldigten) Gefahr gelaufen wäre, auf den Kosten für die anwaltliche Vertretung «sitzen zu bleiben».
Schliesslich wurde bereits unter Erwägung 9.3 ausgeführt, weshalb das Argument der Verteidigung, wonach C.__ wahrheitswidrig behauptet habe, dem
Beschuldigten gesagt zu haben, sie sei 12 resp. 15 Jahre alt, weil sie «ihr Gesicht
habe wahren» wollen (vgl. pag. 1156), nicht überzeugt. Wiederholt sei in diesem Zusammenhang einzig, dass es entgegen der Ansicht der Verteidigung keinerlei Anzeichen dafür gibt, dass C.__'s Aussagen taktisch motiviert waren. C.__ gab wie erwähnt bereits gegenüber den ausgerückten Polizisten, d.h. unmittelbar nach dem Vorfall an, der Beschuldigte habe ihr gesagt, er heisse «S.__» und sei 23 Jahre alt. Weiter schilderte sie offenbar bereits zu diesem Zeitpunkt, sie habe dem Beschuldigten gesagt, sie sei 12 Jahre alt, um zu sehen, wie er darauf reagiere. Weil es ihn aber nicht interessiert habe, habe sie ihm dann gesagt, sie sei 15 Jahre alt, was der Beschuldigte aber ebenfalls ignoriert habe (zum Ganzen pag. 159). In ihrer Videoeinvernahme vom 5. Juni 2020 hatte C.__ im Gegensatz zum Beschuldigten, der bereits bei seiner ersten Einvernahme anwaltlich vertreten war, im Übrigen noch keinen anwaltlichen Beistand, der ihr Aussageverhalten in irgendeiner Form hätte beeinflussen können. All diese Umstände – wie ausserdem auch das junge Alter von C.__ – sprechen gegen ein taktisches Aussageverhalten ihrerseits.
Die Kammer erachtet es somit für erstellt, dass C.__ dem Beschuldigten nach dem ersten Zungenkuss sagte, sie sei 12 resp. 15 Jahre alt, wohingegen er ihr erklärte, er sei 23 Jahre alt.
Was C.__'s Erscheinungsbild angeht, erwog die Vorinstanz Folgendes (S. 21 f. der erstinanzlichen Urteilsbegründung; pag. 1022 f.):
Die Geschädigte ist kleiner als der Beschuldigte und entgegen seiner Aussage, lässt ihre Postur nicht auf ein Alter über 16 Jahre schliessen. Sie ist sehr schlank und mit der Trainingsjacke, die sie trug, sind keine Brüste erkennbar. Ihr Körper wirkt eher kindlich als weiblich. Dasselbe gilt für ihre Kleidung, sie trug Jeans, eine Trainingsjacke, einen Rucksack sowie offene Schlappen, wobei sie farblich nicht zusammenpassende Socken trug. Es ist gerichtsnotorisch, dass es schwierig ist, das Alter von Personen zu schätzen. In Bezug auf die Geschädigte ist indessen festzuhalten, dass sie ein eher kindliches, fast jungenhaftes Aussehen hat. Der Beschuldigte erklärte selber, er habe die Geschädigte nicht genau einschätzen können, da Personen aus Costa Rica einfach anders aussehen würden. Ohne in klischeehafte Vorurteile fallen zu wollen, ist anzumerken, dass Mädchen in Mittelamerika die körperliche Entwicklung zur Frau eher früher durchmachen als in Europa. Die Geschädigte hätte dem Beschuldigten daher umso mehr als Kind erscheinen müssen. Dass er davon ausging, dass die Geschädigte erheblich jünger ist als er, zeigt sich auch daran, dass er ihr gesagt hat, er sei 23. Er hat sich also wesentlich jünger gemacht, um besser zur Geschädigten zu passen. […]. Dass dem Beschuldigten bewusst war, dass er etwas tut, das man nicht tun sollte, erklärt überdies, warum er der Geschädigten einen falschen Namen und ein falsches Alter angegeben hat.
Auf S. 18 der Urteilsbegründung führte die Vorinstanz weiter aus (pag. 1019):
Sie (C.__) ist auch nicht aufreizend angezogen; trägt mithin eine Art Badeschlappen mit verschiedenfarbigen Socken. Der Beschuldigte liegt überdies falsch, wenn er erklärt, die Geschädigte habe rote Lippen gehabt und sei geschminkt gewesen. Auch wenn es sich um ein schwarz-weiss Video handelt, ist erkennbar, dass sie keinen roten Lippenstift trug und nicht stark geschminkt war. Ob sie allenfalls Wimperntusche trug, lässt sich nicht abschliessend sagen, hat aber auf das optische Erscheinungsbild auch keinem [recte: keinen] wesentlichen Einfluss. Schliesslich lässt sich auch die Aussage, das Mädchen habe ungefähr seine Statur gehabt, durch das Video ohne Weiteres widerlegen, ist die Geschädigte doch nicht nur ca. einen halben Kopf kleiner als der Beschuldigte sondern auch erheblich schmaler, mithin noch nicht deutlich weiblich ausgeprägt.
Diese vorinstanzlichen Ausführungen zum Erscheinungsbild von C.__ sind aus Sicht der Kammer gestützt auf das Video – bei dem es sich entgegen der Ansicht der Vorinstanz am Rande bemerkt nicht um eine schwarz-weiss-, sondern um eine Farbaufnahme handelt – korrekt. C.__'s Postur ist entgegen der Auffassung der Verteidigung (vgl. pag. 1155) offensichtlich nicht vergleichbar mit derjenigen des Beschuldigten. Zuzustimmen ist der Verteidigung indes, soweit sie vorbrachte, C.__ sei damals geschminkt gewesen. Gemäss Video ist durchaus möglich, dass C.__ am 4. Juni 2020 – wie im Übrigen auch in der
Videoeinvernahme vom 5. Juni 2020 – Wimperntusche trug. Lippenstift hatte sie entgegen der Ansicht der Verteidigung hingegen keinen angemacht und die Tatsache, dass sie Wimperntusche trug, hatte – wie die Vorinstanz zutreffend festhielt – keinen (entscheidenden) Einfluss auf ihr altersmässiges Erscheinungsbild. C.__ machte visuell keinen älteren Eindruck als sie tatsächlich war.
4.7.5 Einfluss des Alkohol- und Marihuanakonsums des Beschuldigten
Wie unter Erwägung 9.6 ausgeführt wurde, findet der Alkoholkonsum in den tatnächsten Aussagen des Beschuldigten vom 4. Juni 2020 und vom 5. Juni 2020 (Hafteröffnung) keine Erwähnung. Den Marihuanakonsum stritt er zunächst selbst auf Vorhalt des positiven Drogenschnelltests ab. Auf Nachfrage bestätigte er ihn dann zwar, relativierte aber sogleich, dass er letztmals am Vorabend Marihuana konsumiert habe. J.__ gab am 5. Juni 2020 hingegen an, der Beschuldigte habe am 4. Juni 2020 derart viel Bier getrunken, dass er «schon fast orientierungslos» resp. «wie vernebelt» gewesen sei. Zudem habe er Marihuana konsumiert (zum Ganzen pag. 216 Z. 108 ff.; pag. 218 Z. 217 f., Z. 225 f. und Z. 238). In den Einvernahmen ab dem 4. Juli 2020 behauptete schliesslich dann auch der
Beschuldigte konstant, am 4. Juni 2020 derart viel Alkohol und Marihuana konsumiert zu haben, dass er nicht mehr klar im Kopf resp. nicht fokussiert und in Gedanken «nicht da» gewesen sei (pag. 184 Z. 71 f.; pag. 187 Z. 166 ff.; pag. 188 Z. 221; pag. 192 Z. 384 ff.; pag. 952 Z. 39 f. und Z. 46 f.; pag. 953 Z. 25 f. und pag. 1149 Z. 44 f.). Diese Aussagen des Beschuldigten und von J.__ sind wie in den Erwägungen 9.4 und 9.6 dargetan als Schutzbehauptungen zu qualifizieren – es wird vollumfänglich auf die bereits gemachten Ausführungen verwiesen.
Wie die Vorinstanz zurecht festhielt, lassen weder das Video noch die Feststellungen der Polizei auf eine Beeinträchtigung des Beschuldigten wegen übermässigen Alkohol- und/oder Drogenkonsums schliessen (vgl. S. 18 und 23 der erstinstanzlichen Urteilsbegründung; pag. 1019 und 1024; ferner pag. 155). Desgleichen erwähnte C.__ keinen Alkoholmundgeruch, sondern gab in der Videoeinvernahme vom 5. Juni 2020 vielmehr glaubhaft an, der Beschuldigte habe überhaupt nicht nach Alkohol gerochen (Video-EV: 10:27 Uhr und 11:01 Uhr). In der Berufungsverhandlung äusserte sie auf Frage, ob der Beschuldigte damals nach Alkohol gerochen habe, dies sei nichts, das sie so explizit wahrgenommen hätte (pag. 1129 Z. 35). C.__'s Schilderungen sind glaubhaft und werden ferner durch ihre Angabe in der Videoeinvernahme untermalt, wonach sie einen Mann, der sie bei einem Vorfall in W.__ (Ort) angefasst habe, nicht angezeigt habe, weil er stark nach Alkohol gerochen habe (Video-EV: 10:58 Uhr; ferner E. 9.3 oben).
In Würdigung dieser Umstände sowie gestützt auf den durchgeführten Drogenschnelltest, die Feststellungen der ausgerückten Polizisten und die glaubhaften Angaben C.__'s geht die Kammer davon aus, dass der Beschuldigte am Abend des 3. Juni 2020 und/oder am frühen Morgen des 4. Juni 2020 zwar Marihuana konsumiert sowie am Vormittag und während des Mittagessens am 4. Juni 2020 Bier getrunken hat, er aufgrund dieses Konsums aber weder in seiner Einsichts- noch in seiner Steuerungsfähigkeit eingeschränkt war.
4.8 Beweisergebnis / rechtserheblicher Sachverhalt für die Kammer
Nach diesen Ausführungen ist für die Kammer erstellt, dass die am P.__ (Datum) geborene, am 4. Juni 2020 mithin 15-jährige und vom Erscheinungsbild her nicht älter aussehende C.__ dem ihr unbekannten, damals 27-jährigen Beschuldigten im E.__ (Restaurant) in D.__ um ca. 14:30 Uhr die Herrentoilette zeigte und den Code für deren Türöffnung eingab. Danach unterhielten sich C.__ und der Beschuldigte, stellten sich vor und schüttelten sich die Hände. Schliesslich übergab der Beschuldigte C.__ sein Mobiltelefon und C.__ begann, darauf herzumzutippen.
Anschliessend öffnete der Beschuldigte seine Arme zu einer Umarmung, worauf C.__ ihn umarmte und ihm einen Kuss auf die Wange geben wollte. Der Beschuldigte wollte C.__ indes auf den Mund küssen und drehte entsprechend seinen Kopf. C.__ wich diesem Kuss durch Drehen ihres Kopfes aus, was den Beschuldigten aber nicht davon abhielt, ihrem Kopf zu folgen und C.__ gegen ihren Willen einen rund sieben Sekunden dauernden Zungenkuss zu geben, während dem er sie zusätzlich umarmte. Indem C.__ sich etwas nach hinten bewegte und ihren Kopf abwandte, konnte sie sich schliesslich aus dem Zungenkuss und der Umarmung lösen.
In der Folge tippte sie wiederum auf dem Mobiltelefon des Beschuldigten herum und fragte diesen insbesondere nach seinem Alter, in der Hoffnung, er würde ihr daraufhin dieselbe Frage stellen. Nachdem der Beschuldigte ihr wahrheitswidrig geantwortet hatte, er sei 23 Jahre alt, sagte C.__ ihm zunächst – ebenfalls wahrheitswidrig –, sie sei 12 Jahre alt resp. «twelve», um seine Reaktion zu sehen. Weil der Beschuldigte darauf aber nicht reagiert hat, gab C.__ ihm schliesslich ihr wahres Alter bekannt und teilte dem Beschuldigten mit, sie sei 15 Jahre alt resp. «fifteen», was den Beschuldigten allerdings ebenfalls unbeeindruckt liess. Als C.__ ihm daraufhin sein Mobiltelefon zurückgab, griff er mit der linken Hand ihr rechtes Handgelenk und zeigte – zunächst mit einer Kopfbewegung, anschliessend mit dem Mobiltelefon – Richtung Herrentoilette. C.__ schüttelte daraufhin leicht den Kopf, verlagerte ihr Körpergewicht nach hinten und sagte dem Beschuldigten unter anderem, dass sie das nicht wollte resp. «Don’t touch me!» bzw. «I’m taken!». Der Beschuldigte bewegte sich mit seinem Oberkörper sodann gleichwohl auf C.__ zu, die ihrerseits einen Schritt zurück machte, und griff ihr mit der rechten Hand an den Nacken, im Versuch, sie zu küssen. C.__ machte daraufhin einen weiteren Schritt zurück und konnte sich so aus dem Nackengriff lösen.
Anschliessend sprachen die beiden wieder miteinander, wobei der Beschuldigte C.__ erneut mit der linken Hand am rechten Handgelenk hielt. Als C.__ sich daraufhin auf den Beschuldigten zubewegte, ihn umarmte und ihn mit der Zunge küsste, hielt der Beschuldigte zunächst mit beiden Händen C.__'s Kopf, ehe er ihr – immer noch zungenküssend – mit der rechten Hand kräftig an den Po griff und sie mittels dieses «Po-Griffes» leicht hochhob, so dass C.__ nur noch auf den Zehenspitzen stehen konnte. Dann presste der Beschuldigte seinen Oberkörper gegen C.__, griff ihr mit der rechten Hand an den Po und berührte sie über den Kleidern im Bereich der Vagina. Nach rund 34 Sekunden konnte sich C.__ mit einer ruckartigen Rückwärtsbewegung aus diesem gegen ihren Willen erfolgten Zungenkuss und der Umarmung lösen.
Sie trat nach hinten und schaute kurz die Treppe hoch, ehe sie sich wieder gegen die Tür der Herrentoilette bewegte und die rechte Schulter des Beschuldigten berührte, worauf es zu einem weiteren, rund drei Sekunden dauernden Kuss «ohne Zunge» kam.
Anschliessend fasste der Beschuldigte C.__ wieder an der rechten Hand resp. am rechten Handgelenk und C.__ gab erneut den Code für die Herrentoilette ein. Dann betrat der Beschuldigte die Toilette und zog dabei leicht an C.__'s rechter Hand, die sich durch das nach hinten Verlagern ihres Körpergewichts jedoch dagegenstemmte, weitere Schritte zurück machte und kurz zu ihrem oberhalb der Treppe auf sie wartenden Freund Q.__ blickte. Der
Beschuldigte beabsichtigte mit diesen – auch schon zuvor gemachten – verbalen und nonverbalen Äusserungen resp. Zeichen, C.__ dazu zu bewegen, mit ihm in die Herrentoilette zu kommen, um dort weitere Zungenküsse mit ihr vorzunehmen und sie über den Kleidern am Po und im Bereich der Vagina zu berühren.
In der Folge bewegte sich C.__ schliesslich ein letztes Mal auf den Beschuldigten zu, gab ihrem Freund Q.__ mit der linken Hand aber gleichzeitig ein Zeichen, wonach er zu ihr nach unten kommen solle. Während des darauffolgenden letzten Kusses «ohne Zunge» winkte sie Q.__ mit dem soeben erwähnten Handzeichen erneut zu sich. Q.__ begab sich daraufhin nach unten und als er beim Beschuldigten und bei C.__ ankam, stand der Beschuldigte in der geöffneten Herrentoilette, während sich C.__, deren rechtes Bein stark zitterte und die sichtlich geschockt war, im Raum davor aufhielt.
III. Rechtliche Würdigung
1. Vorbemerkungen
Angeklagt sind die Tatbestände der sexuellen Handlungen mit Kindern (Art. 187 Ziff. 1 StGB), eventuell sexuelle Nötigung (Art. 189 StGB), und versuchte sexuelle Handlungen mit Kindern (Art. 187 Ziff. 1 i.V.m. Art. 22 Abs. 1 StGB), eventuell versuchte sexuelle Nötigung (Art. 189 i.V.m. Art. 22 Abs. 1 StGB). In der Berufungsverhandlung hiess die Kammer den Antrag der Verteidigung, den Sachverhalt gegebenenfalls unter dem den Tatbestand Art. 187 Ziff. 4 StGB rechtlich zu würdigen, ferner gut (pag. 1137).
Die Vorinstanz wies richtigerweise darauf hin, zwischen den Tatbeständen der sexuellen Handlungen mit Kindern (Art. 187 StGB) und der sexuellen Nötigung (Art. 189 StGB) bestehe Idealkonkurrenz, weil zwei verschiedene Rechtsgüter (Gefährdung der sexuellen Entwicklung von Kindern einerseits, sexuelle Selbstbestimmung andererseits) betroffen seien (S. 24 der erstinstanzlichen Urteilsbegründung; pag. 1025). Aufgrund des für die Kammer geltenden Verschlechterungsverbots (siehe E. 5 oben) fällt eine Verurteilung wegen sexueller Handlungen mit Kindern und gleichzeitig wegen sexueller Nötigung jedoch ausser Betracht; zudem wäre aufgrund des erstellten Sachverhalts (E. 9.8 oben) ohnehin fraglich, ob ein Nötigungsmittel nach Art. 189 StGB vorliegt.
Der dem Beschuldigten gemachte Vorwurf ist somit (einzig) unter dem Tatbestand der sexuellen Handlungen mit Kindern nach Art. 187 StGB zu prüfen. Die Staatsanwaltschaft klagte den Versuch des Beschuldigten, mit C.__ auf der Herrentoilette sexuelle Handlungen vorzunehmen, als zusätzliche, separate Handlung an (siehe Ziff. I/1.2 der Anklageschrift [pag. 432]). Die Vorinstanz ging demgegenüber von einer Handlungseinheit aus (S. 24 der erstinstanzlichen Urteilsbegründung; pag. 1025).
Mehrere Einzelhandlungen sind rechtlich als Einheit anzusehen, wenn eine natürliche eine tatbestandliche Handlungseinheit vorliegt (Urteil des Bundesgerichts 6B_646/2018 vom 2. November 2018 E. 4.3). Eine tatbestandliche Handlungseinheit ist zu bejahen, wenn das tatbestandsmässige Verhalten schon begrifflich, faktisch doch typischerweise mehrere Einzelhandlungen voraussetzt (BGE 132 IV 49 E. 3.1.1.3; BGE 131 IV 83 E. 2.4.5; Urteil des Bundesgerichts 6B_646/2018 vom 2. November 2018 E. 4.3). Von einer natürlichen Handlungseinheit wird namentlich ausgegangen, wenn mehrere Einzelhandlungen auf einem einheitlichen Willensakt beruhen und wegen des engen räumlichen und zeitlichen Zusammenhangs bei objektiver Betrachtung noch als einheitliches Geschehen erscheinen (Urteil des Bundesgerichts 6B_783/2018 vom 6. März 2019 E. 1.5). Dazu zählen namentlich Fälle der iterativen Tatbestandsverwirklichung (z.B. eine «Tracht Prügel») der sukzessiven Tatbegehung (z.B. das Besprayen einer Mauer mit Graffiti in mehreren aufeinanderfolgenden Nächten). Ausser Betracht fällt eine natürliche Handlungseinheit dagegen, wenn zwischen den einzelnen Handlungen – selbst wenn diese aufeinander bezogen sind – ein längerer Zeitraum liegt (BGE 133 IV 256 E. 4.5.3; BGE 131 IV 83 E. 2.4.5.; Urteil des Bundesgerichts 6B_25/2008 vom 9. Oktober 2008 E. 3.3.1).
Vorliegend ergab das Beweisverfahren, dass der Beschuldigte mit der noch nicht 16-jährigen C.__ insbesondere Zungenküsse austauschte und sie über den Kleidern am Po und im Bereich der Vagina berührte. Zudem wollte er sie dazu bewegen, mit ihm in die Herrentoilette zu kommen, um dort weitere Zungenküsse und Berührungen über den Kleidern im Intimbereich zu vollziehen. Die Zungenküsse vor der Herrentoilette liegen zeitlich kurz vor und während des Versuchs des
Beschuldigten, C.__ in die Herrentoilette zu bewegen. Die vollendeten
Zungenküsse und Berührungen sowie die beabsichtigten Handlungen in der Herrentoilette liegen zeitlich somit nahe beieinander und die gesamten Handlungen des Beschuldigten dauern gemäss Video weniger als vier Minuten. Schliesslich beabsichtigte der Beschuldigte, mit C.__ in der Herrentoilette gemäss Beweisergebnis dieselben Handlungen zu vollziehen, die bereits vor der Herrentoilette vorgenommen wurden. Es ist somit von einem einzigen Willensakt des Beschuldigten mit engem räumlichem und zeitlichem Zusammenhang – mithin von einer Handlungseinheit – auszugehen. Die in der Anklageschrift unter den Ziffern I/1.1 und I/1.2 angeklagten Vorwürfe sind somit als eine Handlungseinheit gemeinsam rechtlich zu würdigen.
2. Theoretische Grundlagen zum Tatbestand der sexuellen Handlungen mit Kindern
Nach Art. 187 Ziff. 1 StGB macht sich der sexuellen Handlungen mit Kindern schuldig, wer mit einem Kind unter 16 Jahren eine sexuelle Handlung vornimmt. Handelte der Täter in der irrigen Vorstellung, das Kind sei mindestens 16 Jahre alt, hätte er den Irrtum bei pflichtgemässer Vorsicht jedoch vermeiden können, so ist er gemäss Art. 187 Ziff. 4 StGB schuldig zu sprechen.
Tatobjekt sind Kinder unter 16 Jahren. Das Verhalten muss objektiv – aus Sicht eines aussenstehenden Betrachters – und unter Berücksichtigung der Gesamtumstände einen Bezug zum Geschlechtlichen aufweisen, um als sexuelle Handlung zu gelten (Trechsel/Bertossa, Praxiskommentar zum Schweizerischen Strafgesetzbuch, 4. A. 2021, Art. 187 StGB N 5). Die Handlung muss sich daher jedenfalls auf geschlechtsspezifische mindestens erogene Körperteile beziehen. Ob die Berührung auf der nackten Haut über den Kleidern erfolgt, ihre Heftigkeit und Dauer sowie das für die Berührung eingesetzte Körperteil die Handlung ist grundsätzlich nicht massgeblich (Suter-Zürcher, in: ZStStr 2003, Die Strafbarkeit der sexuellen Handlungen mit Kindern nach Art. 187 StGB, S. 49).
Die Vornahme einer sexuellen Handlung gemäss Art. 187 Ziff. 1 StGB erfordert körperlichen Kontakt zwischen Kind und Täter. Gemeint sind in erster Linie der Geschlechtsverkehr, oral- und analgenitale Praktiken, das Aneinanderreiben der Geschlechtsteile, wechselseitige Onanie, das sogenannte Petting, Betasten der Geschlechtsorgane das intensive Streicheln erogener Zonen. Weiter werden Zungenküsse von Erwachsenen an Kindern als sexuelle Handlungen qualifiziert. Ohne Bedeutung ist indes, ob der Täter dabei eine aktive passive Rolle spielt (Trechsel/Bertossa, a.a.O., Art. 187 StGB N 6 und 7). Zudem ist nicht entscheidend, ob die Initiative vom Opfer ausgeht (Maier, in: Basler Kommentar Strafrecht, 4. A. 2019, Art. 187 StGB N 11).
Eine allfällige Einwilligung eines Kindes in sexuelle Handlungen stellt keinen Rechtfertigungsgrund dar und ist für die Erfüllung des Tatbestandes von Art. 187 StGB ohne Bedeutung. Das Kind wird bei Art. 187 StGB auch gegen die eigene Einwilligung geschützt (Suter-Zürcher, in: ZStStr 2003, Die Strafbarkeit der sexuellen Handlungen mit Kindern nach Art. 187 StGB, S. 129; Trechsel/Bertossa, a.a.O., Art. 187 StGB N 18).
Auf der subjektiven Seite wird Vorsatz verlangt, wobei Eventualdolus genügt. Dabei braucht der Täter keine exakte Vorstellung darüber zu haben, welche Bedeutung sein Verhalten für das betroffene Opfer hat. Der Täter sollte sich aber die zugrundeliegende soziale Wertung seines Verhaltens in groben Zügen vorstellen können. Zudem ist erforderlich, dass der Täter weiss zumindest in Kauf nimmt, dass das Kind unter 16 Jahre alt ist und mehr als drei Jahre jünger ist als er (Maier, in: Basler Kommentar Strafrecht, a.a.O., Art. 187 StGB N 21, mit weiteren Hinweisen).
3. Subsumtion
Am 4. Juni 2020 kam es zwischen der am P.__ (Datum) geborenen, zu diesem Zeitpunkt mithin unter 16-jährigen C.__ und dem Beschuldigten vor der Herrentoilette im E.__ (Restaurant) in D.__ zu zwei intensiven Zungenküssen. Dabei berührte der Beschuldigte C.__ über den Kleidern am Po und im Bereich der Vagina. Zudem versuchte er, C.__ dazu zu veranlassen, mit ihm in die Herrentoilette zu kommen, um dort weitere identische Handlungen (Zungenküsse, Berührungen über den Kleidern am Po und im Bereich der Vagina) mit ihr vorzunehmen. Dieser Versuch scheiterte am Widerstand von C.__ und weil diese ihren damaligen Freund zur Hilfe «rief» resp. winkte.
Bei den erwähnten Handlungen (Zungenküsse, Berührungen über den Kleidern am Po und im Bereich der Vagina) handelt es sich mit Blick auf die theoretischen Ausführungen unter Erwägung 11 offensichtlich um sexuelle Handlungen im Sinne von Art. 187 Ziff. 1 StGB. Der objektive Tatbestand ist erfüllt.
Soweit der Beschuldigte und dessen Verteidigung geltend machten, der Beschuldigte sei davon ausgegangen, C.__ sei am 4. Juni 2020 bereits 16 Jahre alt gewesen, sind sie nicht zu hören. Die Beweiswürdigung ergab, dass C.__ am 4. Juni 2020 vom Erscheinungsbild her – auch wenn sie Wimperntusche trug – nicht älter aussah, als sie tatsächlich war. Die Wimperntusche hatte keinen wesentlichen Einfluss auf ihr altersmässiges Aussehen. Weiter war C.__ damals nicht so gekleidet, dass der Beschuldigte aufgrund dessen auf ein höheres Alter C.__'s hätte schliessen können. Er kann sich somit nicht darauf berufen, gemeint zu haben, C.__ sei älter als 16 Jahre, sondern hätte sie vielmehr bereits vor dem ersten Kuss nach ihrem Alter fragen müssen. Indem er dies unterliess, nahm er in Kauf, dass er mit einer unter 16-Jährigen einen Zungenkuss vornimmt. Nach diesem ersten Zungenkuss nannte C.__ dem Beschuldigten gemäss Beweisergebnis zudem ihr wahres Alter (15). Bei der Vornahme des zweiten intensiven, rund 34 Sekunden dauernden Zungenkusses sowie bei den Berührungen am Po und im Bereich der Vagina kannte der Beschuldigte mithin C.__'s Alter. Dasselbe gilt in Bezug auf die beabsichtigten sexuellen Handlungen in der Herrentoilette, zumal der Versuch des Beschuldigten, C.__ dazu zu bewegen, mit ihm in die Herrentoilette zu kommen, nach dem ersten Kuss erfolgte. Der Beschuldigte nahm die hiervor beschriebenen sexuellen Handlungen somit wissentlich und willentlich bzw. direktvorsätzlich vor, womit auch der subjektive Tatbestand von Art. 187 Ziff. 1 StGB erfüllt ist.
Dass bei einer gewissen Altersgrenze sexuelle Handlungen mit Kindern/Jugendlichen strafbar sind, war dem Beschuldigten aufgrund seiner Aussagen, wonach er keine Handlungen mit C.__ vorgenommen hätte, wenn er deren Alter gekannt hätte (pag. 13 Z. 136 f.; pag. 14 Z. 191 f.; pag. 166 Z. 188 und pag. 168 Z. 264 ff.), schliesslich bewusst. Ein Verbotsirrtum liegt mithin nicht vor und wurde auch nicht geltend gemacht.
Im Übrigen ergab die Beweiswürdigung, dass der Beschuldigte durch den vorangegangenen Marihuana- und Alkoholkonsum in seiner Einsichts- und Steuerungsfähigkeit nicht wesentlich eingeschränkt war.
Es liegen somit weder Rechtfertigungs- noch Schuldausschlussgründe vor.
Der Beschuldigte hat sich der sexuellen Handlungen mit Kindern, begangen am 4. Juni 2020 in D.__ zum Nachteil von C.__, schuldig gemacht. Angesichts dessen, dass – wie unter Erwägung 10 ausgeführt – für alle vom Beschuldigten vorgenommenen und versuchten Handlungen eine Handlungseinheit vorliegt, erfolgt lediglich ein einfacher Schuldspruch wegen (vollendeter) sexueller Handlungen mit Kindern. Dass der Beschuldigte mehrere Handlungen vornahm und weitere Handlungen in der Herrentoilette beabsichtigte, wird im Rahmen der Strafzumessung zu berücksichtigen sein.
IV. Strafzumessung
1. Theoretische Grundlagen / Strafrahmen / Verschlechterungsverbot
Die theoretischen Ausführungen der Vorinstanz zur Strafzumessung sind korrekt; darauf wird integral verwiesen (S. 27 der erstinstanzlichen Urteilsbegründung; pag. 1028).
Wie die Vorinstanz zutreffend ausführte, sind vorliegend keine aussergewöhnlichen Umstände ersichtlich, aufgrund derer der ordentliche Strafrahmen zu verlassen wäre (BGE 136 IV 55 E. 5.8, mit Hinweisen; Urteil des Bundesgerichts 6B_853/2014 vom 9. Februar 2015 E. 4.2). Der Strafrahmen reicht somit von drei Tagen Geldstrafe bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe (Art. 187 Ziff. 1 i.V.m. Art. 34 Abs. 1 und Art. 40 Abs. 1 StGB).
Weil die Kammer an das Verschlechterungsverbot gebunden ist (siehe E. 5 oben), darf sie nicht über das von der Vorinstanz festgelegte Strafmass von sieben Monaten Freiheitsstrafe hinausgehen.
2. Tatkomponenten
2.1 Objektive Tatkomponenten
2.1.1 Schwere der Verletzung Gefährdung des betroffenen Rechtsguts
Der Tatbestand der sexuellen Handlungen mit Kindern will die Gefährdung der sexuellen Entwicklung der Unmündigen verhindern. Es geht darum, die ungestörte Entwicklung des Kindes zu gewährleisten, bis es die notwendige Reife erlangt hat, damit es zur verantwortlichen Einwilligung zu sexuellen Handlungen in der Lage ist (MAIER, in: Basler Kommentar Strafrecht, a.a.O., Art. 187 StGB N 1). Die Schwere der Verletzung des geschützten Rechtsguts ist bei Sexualdelikten erfahrungsgemäss schwierig zu bestimmen. Die Folgen und Traumatisierungen hängen unter anderem von der Art und Intensität der sexuellen Ausbeutung, vom Alter der betroffenen Kinder, vom Geschlecht und Alter des Täters sowie von der Intensität der Beziehung zwischen dem Opfer und dem Täter ab. Welcher einzelne Faktor in welcher Intensität schädigend wirkt, bleibt aber im Einzelfall unvorhersehbar. Gesichert scheint einzig, dass sexuelle Übergriffe für jedes Kind ernsthafte Risiken bergen, in seiner persönlichen Entwicklung durch das Erlebte in irgendeiner Form beeinträchtigt zu werden (MAIER, in: Basler Kommentar Strafrecht, a.a.O., Art. 187 StGB N 2).
Die Vorinstanz gab die wesentlichen Punkte zur Beurteilung der Schwere der Verletzung des betroffenen Rechtsgutes wieder; darauf kann vorab verwiesen werden (S. 28 f. der erstinstanzlichen Urteilsbegründung; pag. 1029 f.).
Ergänzend ist festzuhalten, dass der Beschuldigte C.__ insgesamt viermal küsste, wobei es sich bei zwei Küssen um Zungenküsse handelte. Insbesondere der zweite Zungenkuss war mit einer Dauer von 34 Sekunden lang und intensiv. Der Beschuldigte griff C.__ dabei fest an den Po und hob sie mittels dieses «Po-Griffes» hoch. Zudem handelte es sich um eine enge Umarmung, bei der er C.__ an sich presste. Verschuldenserhöhend wirkt, dass der Beschuldigte C.__ zusätzlich im Bereich der Vagina berührte, wobei ihm zu Gute gehalten werden muss, dass es sich um eine kurze Berührung über den Kleidern handelte. Ebenfalls verschuldenserhöhend erscheint, dass der Beschuldigte mit C.__ die Herrentoilette aufsuchen wollte, um dort weitere gleiche sexuelle Handlungen (Zungenküsse, Berührungen über den Kleidern im Bereich der Vagina und am Po) mit ihr vorzunehmen.
Was die Tatumstände angeht, ist zu berücksichtigen, dass es sich zwar um einen öffentlichen Ort handelte und der Vorfall am Nachmittag stattfand, der Beschuldigte jedoch das Überraschungsmoment und C.__'s Hilfsbereitschaft bzw. Gutmütigkeit ausnutzte, um sein momentanes sexuelles Verlangen zu befriedigen. C.__ war zum Zeitpunkt der Tat mit 15 ½ Jahren sodann zwar nur knapp unter dem Schutzalter, ihr deutlich sichtbares Zittern direkt nach dem Vorfall zeigt aber, dass sie unter dem Vorgefallenen mit dem wesentlich älteren und für sie fremden Beschuldigten litt. In der Berufungsverhandlung führte sie zu den Folgen der Tat im Übrigen eindrücklich aus, sie habe die Sache damals möglichst schnell abschliessen wollen und zu Beginn auch gedacht, dass dies gehe. Dann sei es aber zu einer massiven Verschlechterung ihres Zustandes und zu einer Retraumatisierung gekommen, weshalb sie sich für 14 Wochen in stationäre Therapie habe begeben müssen und auch heute noch in ambulanter psychologischer Behandlung sei (zum Ganzen pag. 1140 Z. 15 und Z. 36 ff.).
Bei den vorgenommenen Handlungen handelt es sich um klare Grenzüberschreitungen gegenüber einer Minderjährigen. Zu Gute zu halten ist dem Beschuldigten indes, dass unter den Tatbestand von 187 Abs. 1 StGB auch weit schwerer ins Gewicht fallende Übergriffe denkbar sind, was in der maximalen Strafandrohung von fünf Jahren Freiheitsstrafe zum Ausdruck kommt.
2.1.2 Art und Weise des Vorgehens
In Bezug auf die Art und Weise des Vorgehens resp. die Verwerflichkeit des Handelns wird vorweg ebenfalls auf die zutreffenden Ausführungen der Vorinstanz verwiesen (S. 29 der erstinstanzlichen Urteilsbegründung; pag. 1030).
Der Beschuldigte handelte weder besonders raffiniert noch wandte er Gewalt an. C.__ konnte sich jeweils ohne grosse Kraftanwendung aus den Umarmungen «befreien» resp. lösen. Als der Beschuldigte sie an der Hand gegen die Herrentoilette zog bzw. zu bewegen versuchte, war es ihr zudem möglich, dem Beschuldigten entgegenzuhalten, indem sie ihr Körpergewicht nach hinten verlagerte. Dem Beschuldigten kam bei seinen Handlungen jedoch sicherlich zu Gute, dass C.__ nicht damit rechnete, an einem öffentlich zugänglichen Ort mitten am Nachmittag von einem deutlich älteren und ihr unbekannten Mann sexuell belangt zu werden.
Verschuldenserhöhend ist zu berücksichtigen, dass der Beschuldigte ein aufdringliches Verhalten an den Tag legte, indem er C.__ statt auf die von ihr hingehaltene Wange mit Zunge auf den Mund küsste, ihr während des zweiten Zungenkusses ausserdem fest an den Po griff, sie mittels dieses «Po-Griffs» hochhob und sie schliesslich auch noch über den Kleidern im Bereich der Vagina berührte.
Ferner liess der Beschuldigte nicht locker und insistierte sowohl verbal als auch durch das Halten von C.__'s Hand/Handgelenk recht hartnäckig, dass sie ihn zwecks Vornahme weiterer sexueller Handlungen gleicher Art in die Herrentoilette begleitet. Erst das Auftauchen von Q.__ brachte ihn dazu, sein Vorhaben abzubrechen.
Zu Gute gehalten werden muss dem Beschuldigten demgegenüber, dass C.__ ein ambivalentes und für den Beschuldigten nicht eindeutig deutbares Verhalten an den Tag legte, indem sie seine Handlungen einerseits nicht wollte und ihm dies mittels Ausweichen und Entgegenhalten wie auch verbal mitteilte, andererseits aber dreimal auf den Beschuldigten zuging und ihn küsste.
Schliesslich ist zu berücksichtigen, dass der Beschuldigte nicht besonders planmässig handelte, sondern sich spontan zur Tat entschloss, als sich ihm die Gelegenheit bot. Sein Vorgehen zeugt dennoch von einer gewissen Dreistigkeit und erscheint rücksichtslos. Der Umstand, dass die hochschwangere Verlobte draussen vor dem E.__ (Restaurant) auf ihn wartete, hielt den Beschuldigten nämlich nicht davon ab, sexuelle Handlungen mit C.__ vorzunehmen und weitere identische sexuelle Handlungen mit ihr in der Herrentoilette vornehmen zu wollen. Desgleichen schreckten ihn die Tatsachen, dass es sich um einen öffentlichen Ort handelte und er damit rechnen musste, bei seinem Vorhaben gestört zu werden, sowie, dass C.__ mit lautem Rufen auf sich hätte aufmerksam machen können, nicht von seinem Vorhaben ab.
2.1.3 Fazit objektive Tatkomponenten
Unter Berücksichtigung aller erwähnter Punkte und verglichen mit dem gesetzlichen Strafrahmen von drei Tagesätzen Geldstrafe bis fünf Jahre Freiheitsstrafe erscheint das objektive Tatverschulden – ohne das Verhalten des Beschuldigten beschönigen bagatellisieren zu wollen – als leicht.
2.2 Subjektive Tatkomponenten
2.2.1 Willensrichtung und Beweggründe
Der Beschuldigte handelte spätestens nachdem C.__ ihm gesagt hatte, sie sei 12 bzw. 15 Jahre alt, direktvorsätzlich. Eine pädophile Veranlagung des Beschuldigten lässt sich den Akten nicht entnehmen. Der Beschuldigte handelte aus sexuellen bzw. egoistischen Beweggründen, was tatbestandsimmanent und damit neutral zu werten ist.
2.2.2 Vermeidbarkeit
Die Tat wäre für den Beschuldigten ohne Weiteres vermeidbar gewesen. Es gab keinen Grund, eine ihm unbekannte Jugendliche sexuell anzugehen. Wie die Beweiswürdigung ergab, führte der vorangegangene Marihuana- und Alkoholkonsum zu keiner wesentlichen Einschränkung seiner Einsichts- und Steuerungsfähigkeit resp. zu keiner Beeinträchtigung der Schuldfähigkeit des Beschuldigten.
2.2.3 Fazit subjektive Tatkomponenten
Die subjektiven Tatkomponenten wirken sich somit neutral auf die Strafe aus.
2.3 Fazit Tatverschulden
Unter Berücksichtigung der objektiven und subjektiven Tatkomponenten erachtet die Kammer eine Tatverschuldensstrafe im Bereich von 240 Strafeinheiten als angemessen.
3. Täterkomponenten
Auch betreffend die Täterkomponente kann vorab auf die zutreffenden Ausführungen der Vorinstanz verwiesen werden (S. 30 f. der erstinstanzlichen Urteilsbegründung; pag. 1031 f.).
3.1 Vorleben und persönliche Verhältnisse
Der Beschuldigte ist nicht vorbestraft und lebt grundsätzlich zusammen mit seiner Verlobten J.__ und dem gemeinsamen, am X.__ (Datum) geborenen Sohn K.__, dessen Vaterschaft er anerkannt hat. Aufgrund seines Aufenthaltsstatus ist es dem Beschuldigten nicht möglich, zu arbeiten.
Dem Abklärungsauftrag der KESB Oberland Ost vom 4. August 2021 und dem Abklärungsbericht des Sozialdienstes Region Jungfrau vom 9. August 2021, welcher bei der KESB Oberland Ost am 30. November 2021 einging, ist zu entnehmen, dass am __ 2021 und in der Nacht vom __ auf den __ 2021 die Polizei gerufen wurde, weil der Beschuldigte und J.__ sich heftig stritten. Als Ursache für den Streit wurde übermässiger Alkoholkonsum des Beschuldigten angegeben (zum Ganzen pag. 1105 Ziff. 3.4 und pag. 1107 Ziff. 3.14 ff.). Weiter geht aus dem Abklärungsbericht hervor, dass J.__ die Hauptbetreuungsperson des gemeinsamen Sohns K.__ ist, dessen Betreuung aber auch durch den Beschuldigten sowie durch die Grossmutter mütterlicherseits übernommen wird (pag. 1106 Ziff. 3.9). Schliesslich ist dem Abklärungsbericht zu entnehmen, dass die Familie scheinbar wenig Kontakte «nach aussen» hat (pag. 1106 Ziff. 3.8).
Aus dem Leumundsbericht vom 10. Dezember 2021 und dem Bericht des O.__ vom 14. Januar 2022 geht sodann hervor, dass sich der Beschuldigte wegen seines Alkoholproblems ab dem __ 2021 für sechs Wochen in stationärer Behandlung auf der Psychiatriestation des Spitals F.__ (Ort) befand, ehe er am 21. Dezember 2021 zwecks suchtspezifischer stationärer Behandlung ins O.__ wechseln konnte (pag. 1085 und pag. 1181). Seine Verlobte und seinen Sohn sieht der Beschuldigte, seit er in stationärer Therapie ist, gemäss dem Leumundsbericht während den Freistunden (pag. 1085). Ob seine persönliche Situation effektiv so rosig ist, wie der Beschuldigte in der Berufungsverhandlung geltend machte, und ob er seit er in der Klinik ist, tatsächlich nicht mehr getrunken und/oder Marihuana konsumiert hat, wie er behauptete (pag. 1143 Z. 20 ff. und Z. 33 f. sowie pag. 1145 Z. 16 f.), ist mit Blick auf den eingereichten Bericht des O.__ fraglich. Daraus geht nämlich hervor, dass es zu Beginn der Hospitalisation einmalig zu einem positiven Alkoholatemtest gekommen sei, was man als leichten Rückfall gewertet habe. Die Cannabiswerte seien aktuell ausserdem gleichbleibend, obwohl der Konsum vom Beschuldigten klar verneint und erwartet werde, dass sie im Verlauf der Hospitalisation sinken würden. Der Beschuldigte scheine sich im stationären Setting gut zu stabilisieren und nehme zuverlässig am Therapieprogramm teil. Ein Abbruch der stationären Therapie und der ambulanten Termine würde jedoch mit erhöhter Rückfallgefahr und somit auch niedrigerer Frustrationstoleranz einhergehen und das familiäre System daher stark belasten (zum Ganzen pag. 1181 f.).
Gesamthaft führen all diese Umstände resp. das Vorleben und die persönlichen Verhältnisse weder zu einer Straferhöhung noch zu einer Strafminderung.
3.2 Verhalten nach der Tat und im Strafverfahren
Das Verhalten des Beschuldigten nach der Tat und im Strafverfahren ist nicht zu beanstanden. Er verhielt sich korrekt und kooperativ und hat die ihm als Ersatzmassnahme auferlegte Meldepflicht anstandslos eingehalten (pag. 993 f.). Ein solches Verhalten kann jedoch erwartet werden und führt gemäss ständiger Praxis nicht zu einer Strafminderung.
Zu Beginn des Verfahrens bestritt der Beschuldigte die Tat und verharmloste seine Handlungen massiv. Auf Vorhalt des Videos gab er gewisse Handlungen zwar schliesslich zu, dementiere jedoch «bis zum Schluss», Zungenküsse ausgetauscht, C.__ im Bereich der Vagina berührt und deren Alter gekannt zu haben. In der Berufungsverhandlung räumte er betreffend die Zungenküsse dann immerhin ein, wenn C.__ diese geschildert habe, dann werde das wohl so gewesen sein (pag. 1147 Z. 17 f.). Dass der Beschuldigte Vieles in Abrede stellte, darf ihm nicht angelastet werden. Es ist sein gutes Recht, sich nicht selbst zu belasten. Umgekehrt bedeutet dies aber, dass ihm unter dem Titel Geständnisbereitschaft keine Strafminderung gewährt werden kann.
Der Beschuldigte schloss mit C.__ eine Vereinbarung ab und verpflichtete sich damit, C.__ eine Wiedergutmachungssumme von CHF 2'500.00 und eine Parteientschädigung in gleicher Höhe zu bezahlen (pag. 920 f.). Auch wenn für diese Bezahlung J.__ aufkam, weil der Beschuldigte mittellos ist, rechtfertigt es sich, dem Beschuldigten aufgrund der abgeschlossenen Vereinbarung resp. der Wiedergutmachungszahlung an C.__ eine leichte Strafminderung zu gewähren.
Was seine Einsicht und Reue angeht, ist schliesslich festzuhalten, dass der Beschuldigte zwar wiederholt betonte, die Tat zu bereuen, seine Handlungen gleichzeitig aber verharmloste und darauf beharrte, C.__'s Alter nicht gekannt zu haben. Die angegebene Reue scheint aus Sicht der Kammer unter diesen Umständen vor allem taktisch motiviert zu sein.
Insgesamt führt das Verhalten nach der Tat und im Strafverfahren aufgrund der geleisteten Wiedergutmachung somit zu einer leichten Strafminderung.
3.3 Strafempfindlichkeit
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichts ist eine erhöhte Strafempfindlichkeit nur bei aussergewöhnlichen Umständen zu bejahen (Urteil des Bundesgerichts 6B_1095/2014 vom 24. März 2015 E. 3.3). Solche Umstände sind vorliegend nicht ersichtlich. Beim Beschuldigten liegt keine besondere Strafempfindlichkeit vor.
3.4 Fazit Täterkomponenten
Die gestützt auf das Tatverschulden auf 240 Strafeinheiten festgesetzte Strafe ist aufgrund der mit C.__ abgeschlossenen Vereinbarung und der an diese geleistete Wiedergutmachungszahlung um 30 Strafeinheiten auf 210 Strafeinheiten zu reduzieren.
4. Konkretes Strafmass und Strafart
Unter Berücksichtigung der Tat- und der Täterkomponenten resultiert somit eine Strafe von 210 Strafeinheiten. Weil eine Geldstrafe höchstens 180 Tagessätze betragen kann (Art. 34 Abs. 1 StGB), ist vorliegend eine Freiheitsstrafe von sieben Monaten auszufällen.
5. Bedingter Strafvollzug
Betreffend die Gewährung des bedingten Strafvollzugs wird auf die zutreffenden Ausführungen der Vorinstanz verwiesen (S. 32 der erstinstanzlichen Urteilsbegründung; pag. 1033). Inzwischen hat sich die aktuelle bzw. persönliche Situation des Beschuldigten insofern verschlechtert, als er aufgrund seines Alkoholproblems seit dem __ 2021 stationär behandelt werden muss. Gemäss dem Bericht des O.__ scheint er sich im stationären Setting wie erwähnt gut zu stabilisieren und nimmt zuverlässig am Therapieprogramm teil. Dennoch kam es einmal bereits zu einem leichten Rückfall und ein Abbruch der stationären Therapie sowie der ambulanten Termine würde gemäss dem Bericht mit einer erhöhten Rückfallgefahr und einer niedrigen Frustrationstoleranz einhergehen (zum Ganzen pag. 1181 f.). Insbesondere aufgrund der Vorstrafenlosigkeit und weil der Beschuldigte gewillt scheint, sein Alkoholproblem zu behandeln, ist ihm gleichwohl eine günstige Prognose zu stellen und der bedingte Vollzug mithin zu gewähren. Der Vollzug der Freiheitsstrafe von sieben Monaten wird somit aufgeschoben und die Probezeit auf die minimalen zwei Jahre festgesetzt.
6. Anrechnung Haft und Ersatzmassnahmen
Die vom Beschuldigten ausgestandene Polizei- und Untersuchungshaft von 36 Tagen wird ihm vollumfänglich auf die Freiheitsstrafe von sieben Monaten angerechnet.
Was die Anrechnung der als Ersatzmassnahme angeordneten Meldepflicht – der Beschuldigte musste sich während rund sechseinhalb Monaten zweimal pro Woche melden – angeht, wird auf die Erwägungen der Vorinstanz verwiesen (S. 33 der erstinstanzlichen Urteilsbegründung; pag. 1034). Die Vorinstanz hielt zwar fälschlicherweise fest, der Beschuldigte habe sich während mehr als acht Monaten zweimal wöchentlich bei der Polizeistelle F.__ (Ort) melden müssen, die Anrechnung der Meldepflicht an die ausgesprochene Freiheitsstrafe mit zehn Tagen erscheint jedoch auch bei einer Meldepflicht von rund sechseinhalb Monaten angemessen.
V. Landesverweisung
1. Allgemeine Grundlagen zur obligatorischen Landesverweisung
Vorab kann auf die zutreffenden Ausführungen der Vorinstanz verwiesen werden (S. 33 der erstinstanzlichen Urteilsbegründung; pag. 1034 ff.). Die wichtigsten Punkte werden nachfolgend kurz aufgegriffen:
Nach Art. 66a Abs. 1 Bst. h StGB verweist das Gericht den Ausländer, der wegen sexueller Handlungen mit Kindern gemäss Art. 187 Ziff. 1 StGB verurteilt wird, unabhängig von der Höhe der Strafe für fünf bis 15 Jahre aus der Schweiz. Die Landesverweisung greift dabei unbesehen dessen, ob es beim Versuch geblieben ist und ob die Strafe bedingt, unbedingt teilbedingt ausfällt (BGE 144 IV 168 E. 1.4.1; Urteil des Bundesgerichts 6B_1474/2019 vom 23. März 2020 E. 1.1).
Nach Art. 66a Abs. 2 StGB (sogenannte Härtefallklausel) kann das Gericht ausnahmsweise von einer Landesverweisung absehen, wenn (erste kumulative Bedingung) diese für den Ausländer einen schweren persönlichen Härtefall bewirken würde und (zweite kumulative Bedingung) die öffentlichen Interessen an der Landesverweisung gegenüber den privaten Interessen des Ausländers am Verbleib in der Schweiz nicht überwiegen. Dabei ist der besonderen Situation von Ausländern Rechnung zu tragen, die in der Schweiz geboren aufgewachsen sind (Art. 66a Abs. 2 StGB). Die Härtefallklausel ist restriktiv anzuwenden (BGE 144 IV 332 E. 3.3.1; Urteile des Bundesgerichts 6B_690/2019 vom 4. Dezember 2019 E. 3.4.2 und 6B_841/2019 vom 15. Oktober 2019 E. 1.2). Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung lässt sich zur kriteriengeleiteten Prüfung des Härtefalls im Sinne von Art. 66a Abs. 2 StGB der Kriterienkatalog der Bestimmung über den «schwerwiegenden persönlichen Härtefall» in Art. 31 Abs. 1 der Verordnung über Zulassung, Aufenthalt und Erwerbstätigkeit (VZAE; SR 142.201) heranziehen (BGE 144 IV 332 E. 3.3.2; Urteile des Bundesgerichts 6B_690/2019 vom 4. Dezember 2019 E. 3.4.2 und 6B_689/2019 vom 25. Oktober 2019 E. 1.7). Zu berücksichtigen sind namentlich der Grad der (persönlichen und wirtschaftlichen) Integration, einschliesslich familiärer Bindungen des Ausländers in der Schweiz bzw. in der Heimat, Aufenthaltsdauer und Resozialisierungschancen. Ebenso ist der Rückfallgefahr und wiederholter Delinquenz Rechnung zu tragen. Das Gericht darf auch vor dem Inkrafttreten von Art. 66a StGB begangene Straftaten berücksichtigen (BGE 146 IV 105 E. 3.4.1; BGE 144 IV 332 E. 3.3.2). Zu beachten bleibt, dass der Deliktskatalog der Bestimmung über den «schwerwiegenden persönlichen Härtefall» gemäss Art. 31 Abs. 1 VZAE nicht unbesehen zu übernehmen ist, da der ausländerrechtliche Härtefall nicht exakt jenem von Art. 66a Abs. 2 StGB entspricht (Urteil des Bundesgerichts 6B_300/2020 vom 21. August 2020 E. 3.4.2, mit Hinweis).
Im Rahmen der Härtefallprüfung nach Art. 66a Abs. 2 StGB spielt der Grad der Integration eine entscheidende Rolle. Wie das Bundesgericht bereits mehrfach festgehalten hat, kann bei einer Härtefallprüfung nicht schematisch ab einer gewissen Aufenthaltsdauer eine Verwurzelung in der Schweiz angenommen werden. Spielt sich das gesellschaftliche Leben einer ausländischen Person primär mit Angehörigen des eigenen Landes ab, spricht dies eher gegen die Annahme einer hinreichenden Integration (Urteile des Bundesgerichts 6B_690/2019 vom 4. Dezember 2019 E. 3.4.4 und 6B_689/2019 vom 25. Oktober 2019 E. 1.7.2, mit Hinweisen). Im Gegensatz zum Migrationsrecht sieht Art. 66a Abs. 2 StGB denn auch keine Altersgrenze vor, die bei einem vorgängigen Zuzug einer ausländischen Person in die Schweiz einen Härtefall vermuten liesse. Die Anwendung von starren Altersvorgaben sowie die automatische Annahme eines Härtefalls ab einer bestimmten Anwesenheitsdauer findet somit keine Stütze im Gesetz (Urteil des Bundesgerichts 6B_690/2019 vom 4. Dezember 2019 E. 3.4.4). Die Härtefallprüfung ist vielmehr in jedem Fall anhand der gängigen Integrationskriterien vorzunehmen (BGE 144 IV 332 E. 3.3.2). Der besonderen Situation von in der Schweiz geborenen aufgewachsenen ausländischen Personen wird dabei Rechnung getragen, indem eine längere Aufenthaltsdauer, zusammen mit einer guten Integration – beispielsweise aufgrund eines Schulbesuchs in der Schweiz – in aller Regel als Indiz für das Vorliegen von genügend starken privaten Interessen und damit für die Bejahung eines Härtefalls zu werten ist.
Von einem schweren persönlichen Härtefall im Sinne von Art. 66a Abs. 2 StGB ist regelmässig auch bei einem Eingriff von einer gewissen Tragweite in den Anspruch des Ausländers auf das in Art. 13 der Bundesverfassung der Schweizerischen Eid-genossenschaft (BV; SR 101) und Art. 8 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK; SR 0.101) verankerte Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens auszugehen (Urteil des Bundesgerichts 6B_396/2020 vom 11. August 2020 E. 2.4.3, mit Hinweisen). Unter dem Titel des Privatlebens gemäss Art. 8 Ziff. 1 EMRK genügen eine lange Anwesenheit und die damit verbundene normale Integration allerdings nicht; erforderlich sind besonders intensive, über eine normale Integration hinausgehende private Beziehungen beruflicher gesellschaftlicher Natur (BGE 144 II 1 E. 6.1; Urteil des Bundesgerichts 6B_841/2019 vom 15. Oktober 2019 E. 2.5.2). Der familienrechtliche Schutzbereich von Art. 8 Ziff. 1 EMRK ist berührt, wenn eine Ausweisung eine nahe, echte und tatsächlich gelebte familiäre Beziehung einer in der Schweiz gefestigt anwesenheitsberechtigten Person beeinträchtigen würde, ohne dass es dieser ohne
Weiteres möglich bzw. zumutbar wäre, ihr Familienleben andernorts zu pflegen (BGE 144 II 1 E. 6.1; Urteile des Bundesgerichts 6B_1275/2020 vom 4. März 2021 E. 1.3.3, mit Hinweisen und 6B_841/2019 vom 15. Oktober 2019 E. 2.5.2). Zum durch Art. 8 EMRK geschützten Familienkreis zählen in erster Linie die Kernfamilie, d.h. die Gemeinschaft der Ehegatten mit ihren minderjährigen Kindern. Andere familiäre Verhältnisse fallen in den Schutzbereich von Art. 8 EMRK, sofern eine genügend nahe, echte und tatsächlich gelebte Beziehung besteht (Urteile des Bundesgerichts 6B_690/2019 vom 4. Dezember 2019 E. 3.4 mit Hinweisen und 6B_612/2018 vom 22. August 2018 E. 2.2; BGE 144 II 1 E. 6.1). Der Anspruch auf Achtung des Familienlebens gilt nicht absolut: Liegt eine aufenthaltsbeendende -verweigernde Massnahme im Schutz- und Anwendungsbereich von Art. 8 EMRK, erweist sich diese als zulässig, falls sie gesetzlich vorgesehen ist, einem legitimen Zweck im Sinne von Art. 8 Ziff. 2 EMRK entspricht (Schutz der nationalen öffentlichen Sicherheit, Aufrechterhaltung der Ordnung, Verhütung von Straftaten etc.) und verhältnismässig ist. Bei der Prüfung der Eingriffsvoraussetzungen nach Art. 8 Ziff. 2 EMRK sind folgende Elemente zu beachten: (1) die Art und Schwere der begangenen Straftat und ob sie als Jugendlicher Erwachsener verübt wurde; (2) die Aufenthaltsdauer des Betroffenen im Land; (3) die seit der Tatbegehung vergangene Zeit und das Verhalten des Ausländers während dieser Zeit; (4) die sozialen, kulturellen und familiären Bindungen zum Aufnahmestaat und Herkunftsland; (5) der Gesundheitszustand sowie (6) die mit der aufenthaltsbeendenden Massnahme verbundene Dauer der Fernhaltung. Keines dieser Elemente ist für sich allein ausschlaggebend; erforderlich ist eine Würdigung der gesamten Umstände im Einzelfall. Das Recht auf Schutz des Familien- und Privatlebens nach Art. 8 Ziff. 1 EMRK gilt – in seiner verfahrensrechtlichen Tragweite – als verletzt, wenn keine umfassende, faire Interessenabwägung vorgenommen wird. Art. 66a StGB ist EMRK-konform auszulegen. Die Interessenabwägung im Rahmen der Härtefallklausel von Art. 66a Abs. 2 StGB hat sich daher an der Verhältnismässigkeitsprüfung nach Art. 8 Ziff. 2 EMRK zu orientieren (Urteil des Bundesgerichts 6B_1070/2018 vom 14. August 2019 E. 6.3; vgl. auch 6B_742/2019 vom 23. Juni 2020 E 1.1.2).
Aus der parlamentarischen Debatte geht hervor, dass der Gesetzgeber beabsichtigte, Ausnahmen von der obligatorischen Landesverweisung restriktiv zu regeln. Das richterliche Ermessen soll im Einzelfall so weit wie möglich eingeschränkt sein (BGE 144 IV 332 E. 3; vgl. Urteile des Bundesgerichts 6B_1474/2019 vom 23. März 2020 E. 1.4 und 6B_627/2018 vom 22. März 2019 E. 1.3.4). Es ist nicht zu verkennen, dass die neue Regelung im Vergleich zur bisherigen Praxis des ausländerrechtlichen Ausweisungsregimes strenger ist. Das Bundesgericht ist daher dem parlamentarischen Willen gefolgt, die Umsetzung der Ausschaffungsinitiative möglichst streng zu gestalten. Es erkannte, dass das Gesetz zweifellos eine restriktive Auslegung und Anwendung der Härtefallklausel verlangt. Nach dem Gesetzeswortlaut ist eine Verweisung zwingend, es sei denn, besondere Umstände erlaubten, «ausnahmsweise» darauf zu verzichten. Ein Absehen von der Landesverweisung hat mithin den Ausnahmefall zu bilden (vgl. Urteil des Bundesgerichts 6B_994/2020 vom 11. Januar 2021 E. 2.1.1). Das bedeutet, dass soziale und wirtschaftliche Nachteile einer Rückkehr in das Herkunftsland unberücksichtigt bleiben müssen, soweit sie bei Landesverweisungen typischerweise vorkommen (Urteil des Bundesgerichts 6B_1474/2019 vom 23. März 2020 E. 1.4). Des Weiteren ist bei der Orientierung an der Rechtsprechung zum Ausländerrecht die mit der Einführung von Art. 121 Abs. 3 - 6 BV und Art. 66a ff. StGB beabsichtigte Verschärfung der bestehenden Ordnung zu beachten (BGE 144 IV 332 E. 3). Selbstverständlich muss das Gericht bei der Ausübung seines ihm durch Art. 66a Abs. 2 StGB übertragenen Ermessens die Verfassungsprinzipien respektieren. Sind die Voraussetzungen der Härtefallklausel erfüllt, verlangt das in Art. 5 Abs. 2 BV verankerte Verhältnismässigkeitsprinzip, von einer Landesverweisung abzusehen (BGE 144 IV 332 E. 3; Urteil des Bundesgerichts 6B_598/2019 vom 5. Juli 2019 E. 4.2).
Betreffend die Dauer der obligatorischen Landesverweisung sieht Art. 66a Abs. 1 StGB einen Rahmen von fünf bis 15 Jahren vor. Die Bemessung der Dauer der Landesverweisung im Einzelfall liegt somit im Ermessen des Gerichts, welches sich insbesondere am Verhältnismässigkeitsgrundsatz zu orientieren hat (Botschaft vom 26. Juni 2013 zur Änderung des Strafgesetzbuchs und des Militärstrafgesetzes, BBl 2013 5975 ff., S. 6021). Wie diese Verhältnismässigkeitsprüfung im Detail auszugestalten ist bzw. an welchen Kriterien sich die Ermessensausübung zu orientieren hat, ist nicht offensichtlich. Das Bundesgericht hat hierzu festgehalten, dass die Rechtsfolge, das heisst die Dauer der Landesverweisung, aufgrund des Verschuldens und der Gefährdung der öffentlichen Sicherheit zu bestimmen sei (Urteil des Bundesgerichts 6B_627/2018 vom 22. März 2019 E. 1.3.4). Dabei besteht zwischen der Dauer der Strafe und jener der Landesverweisung in der Regel eine gewisse Übereinstimmung. Gemäss Zurbrügg/Hruschka (Basler Kommentar Strafrecht, 4. A. 2019, N. 27 ff. zu Art. 66a StGB) sind beim Kriterium des Verschuldens insbesondere die allgemeinen Strafzumessungskriterien zu berücksichtigen, wohingegen die Gefährdung der öffentlichen Sicherheit anhand der begangenen Rechtsgutsverletzung, welche zu einem unterschiedlich starken öffentlichen Entfernungs- und Fernhalteinteresse führe, eruiert werden könne. Anschliessend seien die öffentlichen Interessen an einer Landesverweisung mit den privaten Interessen des zu einer Landesverweisung Verurteilten in Einklang zu bringen.
2. Erwägungen der Vorinstanz
Die Vorinstanz verneinte einen Härtefall und begründete dies zusammengefasst damit, dass vorliegend sämtliche zu berücksichtigenden Kriterien (Integration in der Schweiz, Beachtung der Schweizer Rechtsordnung, Familienverhältnisse, finanzielle Verhältnisse und Teilnahme am Wirtschaftsleben, Gesundheitszustand, Möglichkeiten der Wiedereingliederung im Herkunftsland, Wiedereingliederungsaussichten in der Schweiz und Rückfallgefahr) gegen einen Härtefall sprächen. Selbst die
familiäre Situation des Beschuldigten, die in casu als einziges Kriterium einen allfälligen Härtefall zu begründen vermöchte, spreche gegen einen solchen. Zwar lebe der Beschuldigte in einer tatsächlich gelebten familiären Beziehung zu seiner
Partnerin J.__ und zu seinem Sohn K.__. Jedoch könne die Beziehung zu J.__ nicht als gefestigtes Konkubinat bezeichnet werden und gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung reiche auch eine normale familiäre sowie emotionale Beziehung nicht aus, um einen Aufenthaltsanspruch zu begründen. Der Sohn des Beschuldigten sei mit Jahrgang 2020 im Übrigen noch sehr jung und anpassungsfähig. Die Partnerin des Beschuldigten und Mutter des gemeinsamen Sohns spreche schliesslich Spanisch und sei bereits für längere Zeit beim Beschuldigten und dessen Familie in Costa Rica zu Besuch gewesen. Auch wenn sie aus nachvollziehbaren Gründen in der Schweiz bleiben möchte, spreche objektiv nichts gegen einen «evtl. vorübergehenden, evtl. teilweisen» Wegzug nach Costa Rica. Insgesamt erscheine es daher zumutbar, das Familienleben zumindest in den nächsten Jahren bzw. bis zum Ablauf der Landesverweisung in Costa Rica zu führen (zum Ganzen S. 37 ff. der erstinstanzlichen Urteilsbegründung; pag. 1038 ff.).
Die Dauer der Landesverweisung wurde von der Vorinstanz gestützt auf das ihrer Ansicht nach – gemessen am Strafrahmen – «deutlich» am unteren Rand anzusiedelnden Verschulden des Beschuldigten, seines «kleinen» Rückfallrisikos und seines – aufgrund der familiären Bindung – demgegenüber «hohen» Interessens in der Schweiz leben zu können auf fünf Jahre festgesetzt (S. 41 der erstinstanzlichen Urteilsbegründung; pag. 1042). Ausserdem wurde die Ausschreibung im Schengener Informationssystem als angemessen erachtet und verfügt (S. 44 der erstinstanzlichen Urteilsbegründung; pag. 1045).
3. Vorbringen der Verteidigung
Die Verteidigung beantragte oberinstanzlich einen Freispruch, eventualiter einen Schuldspruch wegen sexueller Handlungen mit Kindern gemäss Art. 187 Ziff. 4 StGB. Betreffend die Landesverweisung hielt sie fest, bei einem Schuldspruch nach Art. 187 Ziff. 4 StGB stelle sich die Frage der fakultativen Landesverweisung und brachte vor, dass der Beschuldigte einen entsprechenden Schuldspruch akzeptieren würde, sofern auf die Anordnung einer Landesverweisung verzichtet werden würde (zum Ganzen pag. 1158). Zur Begründung führte die Verteidigung aus, in casu liege kein persönlicher Härtefall vor. Für den Beschuldigten, für seine Partnerin und für das gemeinsame Kind würde eine Landesverweisung nämlich eine besondere, «sehr grosse», unzumutbare Härte bedeuten und es sei für alle drei wichtig, dass die Familienverhältnisse intakt bleiben könnten. Zwischen der Tatschwere und der Landesverweisung bestehe zudem ein klares Missverhältnis. Der Beschuldigte sei in der Schweiz integriert, habe Freunde und sei in einem Verein. Auch berufsmässig sehe es gut aus. Er habe bereits mehrere Zusagen resp. Arbeitsverträge erhalten. Den Deutschkurs werde er fortsetzen, sobald die stationäre Therapie abgeschlossen sei. Gesamthaft sei daher davon auszugehen, dass sich der Beschuldigte in der Schweiz langfristig und nachhaltig integrieren könne, wohingegen eine Integration in Costa Rica aufgrund der dort herrschenden schwierigen wirtschaftlichen Situation mittlerweile sogar schwieriger wäre als in der Schweiz. Wegen seines Suchtproblems habe sich der Beschuldigte freiwillig in stationäre Therapie begeben, die mit Verweis auf den eingereichten Bericht des O.__ gut verlaufen würde. Die Situation mit dem in Costa Rica lebenden Sohn des Beschuldigten könne ferner nicht mit derjenigen des hierlebenden Sohns K.__ verglichen werden. Mit der Mutter von K.__ lebe der Beschuldigte in einem gefestigten Konkubinat und mit dem in Costa Rica lebenden Sohn habe der Beschuldigte immer nur im Rahmen des Besuchsrechts Kontakt gehabt. Telefonische Kontakte mit K.__ wären aufgrund dessen jungen Alters – im Gegensatz zu solchen mit dem in Costa Rica lebenden Sohns – schliesslich unmöglich (zum Ganzen pag. 1158 f.).
Im Übrigen verstiesse die Anordnung der Landesverweisung gegen das Verhältnismässigkeitsprinzip und würde angesichts der Familie des Beschuldigten Art. 8 der EMRK und Art. 9 der UNO-Kinderrechtskonvention verletzen. Vom Beschuldigten gehe kein Risiko aus und es bestehe eine positive Legalbewährung (zum Ganzen pag. 1159).
4. Beurteilung durch die Kammer
4.1 Vorliegen einer Katalogstraftat
Der Beschuldigte ist costa-ricanischer Staatsbürger und hat keinen geregelten Aufenthaltsstatus in der Schweiz (pag. 692). Er ist Ausländer i.S.v. Art. 66a Abs. 1 StGB und wird mit vorliegendem Urteil wegen sexueller Handlungen mit Kindern gemäss Art. 187 Ziff. 1 StGB verurteilt. Dabei handelt es sich um ein Katalogdelikt (Art. 66a Abs. 1 Bst. h StGB), was im Regelfall die obligatorische Landesverweisung (Art. 66a Abs. 2 StGB e contrario) nach sich zieht. Nachfolgend gilt es anhand der eingangs erwähnten Kriterien zu prüfen, ob beim Beschuldigten allenfalls eine Ausnahme greift. Ausschlaggebend dafür ist zunächst, ob ein schwerer persönlicher Härtefall vorliegt. Sollte dies bejaht werden, wäre in einem weiteren Schritt zu klären, ob die privaten Interessen des Beschuldigten am Verbleib in der Schweiz gegenüber den öffentlichen Interessen an einer Landesverweisung überwiegen.
4.2 Härtefallprüfung
4.2.1 Anwesenheitsdauer in der Schweiz
Der Beschuldigte wurde am A.__ 1993 in Costa Rica geboren, wo er beinahe sein ganzes Leben verbrachte. Er besuchte dort gemäss eigenen Angaben acht Jahre die Grundschule und drei Jahre die «High School», während er im Haus seiner Eltern wohnte. Danach absolvierte er in Santa Cruz eine zweijährige Anlehre als Koch, ehe er drei Jahre als solcher arbeitete. Anschliessend machte er ein Patent als Surflehrer und arbeitete während vier Jahren in der Saison abwechslungsweise als Surflehrer und als Koch bzw. als «Allrounder» in einem Hotel in
AC.__ (Ort) (zum Ganzen pag. 1084).
Am 6. Februar 2020, mithin kurz vor seinem 27. Geburtstag, reiste der Beschuldigte im Rahmen eines visumsfreien Aufenthalts in die Schweiz ein. Am 28. April 2020 hätte er nach Costa Rica zurückfliegen sollen. Aufgrund der Covid-19-Pandemie wurde sein Rückflug jedoch annulliert, weshalb der Beschuldigte um Verlängerung seines Besuchsaufenthalts ersuchte, worauf das Amt für Bevölkerungsdienste (nachfolgend: ABEV) seine Aufenthaltserlaubnis bis am 15. Juni 2020 verlängerte. Am 13. Mai 2020 stellte der Beschuldigte ein Gesuch um Erteilung einer Kurzaufenthaltsbewilligung zwecks Ehevorbereitung. Nachdem gegen ihn (wegen dem vorliegend zu beurteilenden Vorfall) am 5. Juni 2020 ein Strafverfahren eröffnet wurde, wurde das Verfahren um Kurzaufenthaltsbewilligung bis zum Vorliegen eines rechtskräftigen Urteils im Strafverfahren sistiert (pag. 692 Ziff. 1).
Der Beschuldigte hat somit die prägenden Jahre seiner Kinder- und Jugendzeit und darüber hinaus auch einen wesentlichen Teil seines Erwachsenenlebens in Costa Rica verbracht.
4.2.2 Integration in der Schweiz / finanzielle Verhältnisse / Beachtung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung / Gesundheitszustand
Der Beschuldigte spricht hauptsächlich Spanisch und etwas Englisch. Hochdeutsch versteht er – wie in der Berufungsverhandlung festgestellt werden konnte – etwas, spricht es aber kaum (pag. 1145 Z. 33 ff.). Unter dem Titel der Integration sind bloss die marginalen Deutschkenntnisse von Bedeutung.
Der Beschuldigte ist mittellos und hat keinen geregelten Aufenthaltsstatus, weshalb er in der Schweiz bislang keiner Erwerbstätigkeit nachgehen durfte bzw. darf (pag. 692). Dass er in der Schweiz bisher noch nie von der Sozialhilfe unterstützt werden musste und im Betreibungsregister gemäss Auszug vom 19. Januar 2021 nicht verzeichnet ist (vgl. pag. 693), ist seiner Lebenspartnerin J.__ zu verdanken. Sie arbeitet in einem Teilpensum im Geschäft ihrer Tante, ist daneben zwei Tage in einem Gastronomiebetrieb in G.__ (Ort) tätig und finanziert mit ihrem Verdienst sowohl ihren eigenen Lebensunterhalt als auch denjenigen des Beschuldigten und des gemeinsamen Sohns (pag. 1085 und pag. 1105 Ziff. 3.2 und Ziff. 3.3). Die Aufgabenteilung der Familie ist aktuell mithin so, dass einzig die Lebenspartnerin des Beschuldigten für die Lebenshaltungskosten aufkommt, während sich der Beschuldigte – zumindest bis zur stationären Unterbringung im November 2019 – um den gemeinsamen Sohn und den Haushalt kümmerte (pag. 692 und pag. 1105 Ziff. 3.4). Im Zeitpunkt der erstinstanzlichen Hauptverhandlung schien der Beschuldigte grundsätzlich arbeitswillig und konnte – wie die Vorinstanz zurecht festhielt – verschiedene Angebote für das Absolvieren von Praktika im Bereich Verkauf bzw. Küche/Service vorweisen (u.a. pag. 610 ff. und pag. 970). In der Berufungsverhandlung bestätigte er auf Nachfrage ebenfalls, dass er nach der stationären Therapie in einer Küche arbeiten und sich weiterbilden möchte (pag. 1145 Z. 29). Zudem liess er verschiedene Arbeitsverträge einreichen (vgl. pag. 1151 und pag. 1171 ff.), die einerseits jedoch teilweise den bereits früher eingereichten Praktikumsverträgen entsprechen (pag. 610 ff. und pag. 970) und andererseits
konstruiert scheinen. Auch wenn der Beschuldigte womöglich tatsächlich gerne arbeiten würde, hat die Kammer ernsthafte Bedenken, dass es ihm – wäre er auf sich alleine gestellt und dürfte er in der Schweiz arbeiten – gelingen würde, mit einem selber generierten Einkommen für seine Lebenshaltungskosten aufzukommen. Mangels genügender Kenntnisse einer hiesigen Landessprache und zufolge Fehlens einer hier anerkannten beruflichen Ausbildung kann entgegen der Ansicht der Verteidigung (vgl. pag. 1159) aller Voraussicht nach nicht von einer beruflichen bzw. einer dauerhaften und nachhaltigen wirtschaftlichen Integration ausgegangen werden.
Des Weiteren scheint – ebenfalls entgegen der Ansicht der Verteidigung (vgl. pag. 1159) – auch die soziale Integration sehr beschränkt zu sein. Am 4. Dezember 2020 trat der Beschuldigte zwar einem I.__ (Sportverein) bei (pag. 620). In der Berufungsverhandlung erklärte er aber, nicht mehr in diesem I.__ (Sportverein), sondern jetzt in einem Y.__ (Sportverein) in H.__ (Ort) zu sein (pag. 1146 Z. 17). Weiter führte er betreffend seine sozialen Aktivitäten in der Schweiz aus, er sei mit Freunden zusammen und treffe sich mit seinem in AD.__ (Ort) lebenden Cousin sowie mit dessen Familie, um gemeinsam Musik zu hören, zu spielen und Restaurants zu besuchen (pag. 1146 Z. 13 f.; ferner pag. 1144 Z. 31). Übrige Kontakte ausserhalb der Familie scheinen der Beschuldigte und seine Lebenspartnerin laut dem Abklärungsbericht indes nur wenige zu haben. J.__ sei bis zur Schwangerschaft viel auf Reisen gewesen (zum Ganzen pag. 1106 Ziff. 3.8). Insgesamt scheint der Beschuldigte in der Schweiz somit kaum verwurzelt zu sein.
Die öffentliche Sicherheit und Ordnung der Schweiz gefährdete bzw. missachtete der Beschuldigte bereits vier Monate nach seiner Einreise, indem er am 4. Juni 2020 sexuelle Handlungen mit der damals 15-jährigen C.__ vornahm, weswegen er vorliegend zu einer bedingten Freiheitsstrafe von sieben Monaten verurteilt wird. Zuvor und danach trat er in der Schweiz nicht mehr strafrechtlich in Erscheinung (vgl. pag. 1089) und in Costa Rica weist er gemäss eigenen Angaben keine Vorstrafen aus (pag. 12 Z. 90).
Was den Gesundheitszustand angeht, ist festzuhalten, dass der Beschuldigte im Laufe des Verfahrens immer häufiger auf seinen Alkohol- und Marihuanakonsum zu sprechen kam und in der Schlusseinvernahme beispielsweise behauptete, er sei eigentlich wegen des Alkohols und des Kiffens im Gefängnis gelandet (pag. 192 Z. 385 ff.). In der erstinstanzlichen Hauptverhandlung erklärte er, er mache derzeit eine ambulante Suchttherapie in Bern und D.__ und sei «clean». Weiter führte er aus, mit der Therapie und der Unterstützung seiner Freundin (J.__) gehe es gut, er trinke keinen Alkohol mehr und rauche «nur» noch die Zigaretten mit «CBD» (Cannabinol), die man am Kiosk kaufen könne (zum Ganzen pag. 950 Z. 24 ff.). J.__ bestätigte dies und erklärte in der erstinstanzlichen Hauptverhandlung, der Beschuldigte besuche seit der Haftentlassung eine Suchttherapie und sei zurzeit abstinent (pag. 955 Z. 31 ff.).
Am __ 2021 avisierte J.__'s Tante aufgrund eines heftigen Streits zwischen J.__ und dem Beschuldigten die Polizei, worauf diese eine Gefährdungsmeldung erstattete. Der Gefährdungsmeldung kann entnommen werden, dass die Ursache des Streits im Alkoholkonsum des Beschuldigten lag, der gemäss Angaben seiner Lebenspartnerin eigentlich Antabus-Tabletten einnehmen sollte (pag. 1118). Die KESB Oberland Ost beauftragte daraufhin den Sozialdienst Region Jungfrau mit der Abklärung der persönlichen Verhältnisse des gemeinsamen Sohns von J.__ und dem Beschuldigten (pag. 1101 f.). Dem Abklärungsbericht vom 9. August 2021, welcher der KESB Oberland Ost am 30. November 2021 einging (pag. 1103 ff.), ist – wie unter Erwägung 15.1 erwähnt – zu entnehmen, dass es in der Nacht vom __ auf den __ 2021 aufgrund eines (weiteren) heftigen Streits zwischen dem Beschuldigten und J.__ zu einer erneuten polizeilichen Intervention kam. Auch bei diesem Streit lag die Ursache gemäss Abklärungsbericht offenbar im neuerlichen Rückfall bzw. übermässigen Alkoholkonsum des Beschuldigten (zum Ganzen pag. 1105 Ziff. 3.4 und pag. 1107 Ziff. 3.14). Seither befand bzw. befindet sich der Beschuldigte wegen seines Alkoholproblems in stationärer Behandlung in F.__ (Ort) resp. seit dem 21. Dezember 2021 im O.__ (pag. 1105 Ziff. 3.4; pag. 1085; pag. 1143 Z. 21 ff. und pag. 1181). Gemäss eigenen Angaben erhält er im O.__ jeden Morgen «Cipralex» und jeden Abend «Sequase» zum Schlafen (pag. 1144 Z. 7 f.). Gesundheitlich scheint der Beschuldigte aktuell mithin etwas belastet zu sein. Eine ärztliche Versorgung, der Bezug von Medikamenten und eine allfällige Suchttherapie sind allerdings auch in Costa Rica möglich (https://de.wikipedia.org/wiki/Costa_Rica#Gesundheit und https://www.erlebe.de/costa-rica/infos/gesundheit [beide zuletzt besucht am 6. April 2022]).
Insgesamt steht der Gesundheitszustand des Beschuldigten einer Landesverweisung somit nicht entgegen und es liegen nicht ansatzweise – im Sinne der bundesgerichtlichen Rechtsprechung erforderliche – besonders intensive, über eine normale Integration hinausgehende private Beziehungen beruflicher gesellschaftlicher Natur vor, welche eine besondere Härte für den Beschuldigten zu begründen vermöchten (vgl. BGE 144 II 1 E. 6.1; Urteil des Bundesgerichts 6B_841/2019 vom 15. Oktober 2019 E. 2.5.2).
4.2.3 Familienverhältnisse
Der Beschuldigte und J.__ lernten sich im April 2019 in Costa Rica kennen, als letztere dort einen vierwöchigen Sprachaufenthalt absolvierte (pag. 321). Ende Juli 2019 reiste J.__ erneut für gut zwei Wochen nach Costa Rica, wo sie ihre Ferien gemäss eigenen Angaben mit dem Beschuldigten verbrachte und insbesondere dessen Familie kennenlernte (pag. 321). Zwischen dem 9. Oktober 2019 und dem 5. November 2019 besuchte der Beschuldigte J.__ erstmals in der Schweiz, ehe die beiden wieder nach Costa Rica flogen und dort rund neun Wochen zusammen bei der Mutter des Beschuldigten lebten (pag. 321). In dieser Zeit wurde J.__ schwanger, kam der gemeinsame Sohn K.__ doch am X.__ (Datum) zur Welt (pag. 1084). Seit dem 6. Februar 2020 leben der Beschuldigte und J.__ zusammen in der Schweiz. Nach kurzer Zeit verlobten sie sich und am 13. Mai 2020 reichte der Beschuldigte ein Gesuch um Erteilung einer Kurzaufenthaltsbewilligung zwecks Ehevorbereitung ein (vgl. diesbezüglich die Ausführungen unter E. 22.2.1 oben). Gemäss eigenen Angaben hat der Beschuldigte in der Schweiz wie bereits erwähnt Kontakt zu seinem in Z.__ (Ort) lebenden Cousin, der mit einer Schweizerin verheiratet sei und zwei Kinder habe (pag. 958 Z. 6 f.; pag. 190 Z. 275 f. und pag. 1144 Z. 31). Weitere Blutsverwandte Familienangehörige hat der Beschuldigte in der Schweiz nicht. Hingegen hat er einen weiteren Sohn, der am AA.__ (Datum) geboren wurde und in Costa Rica lebt (pag. 11 Z. 77 ff.). Zudem leben insbesondere seine leibliche Mutter und drei seiner vier Halbgeschwister in Costa Rica und der Beschuldigte hat gemäss eigenen Angaben zu all diesen Personen regelmässigen Kontakt (pag. 950 Z. 36 ff.; pag. 1084 und pag. 1144 Z. 35 f.).
Der Beschuldigte lebt somit seit rund zwei Jahren in einer tatsächlich gelebten familiären Beziehung zu J.__ und zu seinem Sohn K.__. Sowohl sein Sohn als auch seine Lebenspartnerin fallen unter den Schutzbereich von Art. 8 EMRK (Achtung des Privat- und Familienlebens) und zählen zur Kernfamilie des Beschuldigten. Der Beschuldigte konnte seinen finanziellen Verpflichtungen gegenüber seiner Familie mangels Arbeitserlaubnis in der Schweiz bislang nicht nachkommen, kümmerte sich – zumindest bis zu seiner stationären Unterbringung am __ 2021 – gemäss Abklärungsbericht aber liebevoll um K.__ und machte den Haushalt, während J.__ arbeitet (pag. 1105 Ziff. 3.4). Diese Umstände stehen einer Ausweisung – entgegen der Ansicht der Verteidigung (vgl. pag. 1158 f.) – indes nicht entgegen. Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung ist der Schutzbereich von Art. 8 Ziff. 2 EMRK nur berührt, wenn eine Ausweisung eine nahe, echte und tatsächlich gelebte familiäre Beziehung einer in der Schweiz gefestigt anwesenheitsberechtigten Person beeinträchtigen würde, ohne dass es dieser ohne Weiteres möglich bzw. zumutbar wäre, ihr Familienleben andernorts zu pflegen. Zudem reicht eine normale familiäre und emotionale Beziehung nicht aus, um ein Aufenthaltsstatus zu begründen (zum Ganzen BGE 144 II 1 E. 6.1 und E. 6.6; Urteile des Bundesgerichts 6B_1107/2019 vom 27. Januar 2020 E. 2.6.2 und 2C_253/2015 vom 9. September 2015 E. 3.3.3):
Die Beziehung zwischen dem Beschuldigten und J.__ scheint unabhängig von den weiterhin bestehenden Heiratsplänen und dem Umstand, dass J.__ dem Beschuldigten nach dem vorliegend zu beurteilenden Vorfall eine zweite Chance gab und dafür kämpft, dass er in der Schweiz bleiben kann (pag. 954 Z. 8, pag. 957 Z. 33 ff., pag. 958 Z. 17 ff. und pag. 971 ff.; ferner pag. 1143 Z. 20 und pag. 1145 Z. 5), nicht immer einfach und besonders gefestigt zu sein. Es ist aktenkundig, dass es zwischen den beiden in der Vergangenheit wiederholt zu Konflikten kam, die sogar zwei polizeiliche Interventionen erforderten (u.a. pag. 1107 f. Ziff. 3.14 ff.; bestätigt vom Beschuldigten in der Berufungsverhandlung [pag. 1143 Z. 20 f.]). Weiter geht aus dem Abklärungsbericht hervor, dass die Beziehungen zwischen dem Beschuldigten, J.__, deren Mutter und Tante – die beide ebenfalls wichtige Bezugspersonen von K.__ sind – gemäss Aussagen aller Beteiligten wohl eher ambivalent und immer wieder konfliktbehaftet sind (pag. 1105 Ziff. 3.2). Schliesslich sei darauf hingewiesen, dass es J.__ grundsätzlich möglich bzw. zumutbar wäre, mit K.__ (gegebenenfalls nur vorübergehend und/oder teilweise) nach Costa Rica umzuziehen, auch wenn sie verständlicherweise lieber in der Schweiz bleiben möchte. Sie spricht Spanisch und war bereits mehrmals, auch für längere Zeit in Costa Rica, wobei sie insbesondere die Familie des Beschuldigten kennenlernte. Sie ist somit nicht nur mit der Sprache, sondern auch mit den kulturellen Gepflogenheiten und dem Umfeld des Beschuldigten in Costa Rica vertraut. K.__ – der während den Ferien von J.__ und dem Beschuldigten in Costa Rica, mithin vor deren gemeinsamem Zusammenleben in der Schweiz gezeugt wurde –, ist mit seinen aktuell gut eineinhalb Jahren – wie die Vorinstanz zurecht festhielt – noch sehr anpassungsfähig und wird noch mehrere Jahre nicht eingeschult werden. Bei einem Umzug nach Costa Rica müsste er in der Schweiz mithin weder aus einer Spielgruppe, einem Kindergarten einer Schulklasse herausgerissen werden noch müsste er viele Freundschaften aufgeben, konnte er solche aufgrund seines Alters wahrscheinlich doch noch gar nicht wirklich aufbauen. Im Übrigen ist davon auszugehen, dass der Beschuldigte mit K.__ Spanisch spricht und es ist unbestritten, dass sich auch der Beschuldigte und J.__ insbesondere auf Spanisch unterhalten (pag. 322 Ziff. 9 und pag. 1144 Z. 27), weshalb bei einem Umzug nach Costa Rica weder für K.__ noch für J.__ sprachliche Probleme bestünden.
Zuletzt ergeben sich entgegen der Ansicht der Verteidigung (vgl. pag. 1159) auch unter den Prämissen der UNO-Kinderrechtskonvention (Art. 3 KRK; SR 0.107) keine neuen Aspekte. Das Kindeswohl gebietet nicht, dass eine Eltern-Kind-Beziehung unter allen Umständen aufrechterhalten werden kann. Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung liesse selbst der Umstand, dass K.__ mit J.__ in der Schweiz verblieben würde und eine enge Eltern-Kind-Beziehung wegen der Distanz zwischen der Schweiz und dem Heimatstaat Costa Rica praktisch nicht aufrecht erhalten werden kann, eine ausländerrechtliche Wegweisung nicht als unverhältnismässig erscheinen (BGE 143 I 21 E. 6.3). Das gilt umso mehr bei der als strafrechtliche Massnahme ausgestalteten Landesverweisung (Urteil des Bundesgerichts 6B_627/2018 vom 22. März 2019 E. 1.3.2).
Somit ist auch unter Berücksichtigung der familiären Verhältnisse nicht von einem schweren persönlichen Härtefall auszugehen.
4.2.4 Möglichkeit der Wiedereingliederung im Heimatstaat / Aussichten auf soziale Wiedereingliederung in der Schweiz / Rückfallgefahr
Der Beschuldigte reiste erst im Alter von 26 Jahren in die Schweiz ein, verbrachte mithin seine gesamte Kindheit, die Jugend und die ersten Jahre als Erwachsener in Costa Rica. Er ging dort zur Schule, absolvierte eine Anlehre als Koch, machte ein Patent als Surflehrer und arbeitete schliesslich mehrere Jahre auf diesen Berufen. Seine Muttersprache Spanisch beherrscht er immer noch einwandfrei. Zudem unterhält er zu seinem Heimatland Costa Rica nach wie vor gute Verbindungen; seine Mutter, sein Sohn und drei seiner Halbgeschwister leben bis heute dort und der Beschuldigte telefoniert regelmässig mit ihnen. Nebst dem der Beschuldigte den grössten Teil seines Lebens in Costa Rica verbrachte, ist er dort somit sowohl sozial als auch kulturell verankert und mit den lokalen Gepflogenheiten bestens vertraut. Er könnte in Costa Rica ohne Weiteres wieder als Surflehrer und/oder als Koch arbeiten. Im Übrigen droht ihm in Costa Rica weder eine Verfolgung noch
wäre seine Rückkehr mit anderen völkeroder landesrechtlich verpönten Nachteilen verbunden (pag. 693). Insgesamt steht einer Wiedereingliederung im Heimatland nichts entgegen.
In der Schweiz verfügt der Beschuldigte aktuell über keinen geregelten Aufenthaltsstatus. Das Verfahren um Erteilung einer Kurzaufenthaltsbewilligung zwecks Ehevorbereitung wurde bis zum Vorliegen eines rechtskräftigen Urteils in vorliegender Sache sistiert (pag. 692 Ziff. 1). Nebst dem Zusammenleben mit seiner Kernfamilie bestehen beim Beschuldigten offenkundig keine nennenswerten sozialen Bindungen zur Schweiz. Überdies verfügt er bloss über bescheidene Deutschkenntnisse; eine andere hiesige Amtssprache kann er nicht. Eine berufliche Integration konnte aufgrund des ungeregelten Aufenthaltsstatus des Beschuldigten bis jetzt nicht stattfinden, dürfte aus den unter Erwägung 22.2.2 genannten Gründen aber nicht unproblematisch sein. Zusammengefasst erscheint eine Integration in der Schweiz zwar theoretisch möglich, praktisch aber äusserst schwierig.
Mit Verweis auf die Ausführungen zum bedingten Strafvollzug (E. 17 oben) ist beim Beschuldigten von keiner akuten Rückfallgefahr hinsichtlich eines Sexualdelikts auszugehen. Würde er die stationäre Therapie im O.__ und die ambulanten Termine abbrechen, dann würde dies gemäss Bericht des O.__ indes mit einer erhöhten Rückfallgefahr [bezüglich seines Suchtproblems] und einer niedrigen Frustrationstoleranz einhergehen und das familiäre System mithin stark belasten (vgl. pag. 1182).
4.2.5 Gesamtwürdigung
Zweifelsohne bedeutet jede Landesverweisung eine persönliche Härte für den Betroffenen. Das Gesetz verlangt jedoch nicht nur eine Härte, sondern eine aussergewöhnliche Härte, d.h. eine Situation, die auch angesichts der sonst schon schweren Lage noch als besonders hart ins Auge springt (einen «Ausnahmefall», BGer 6B_627/2018 vom 22. März 2019 E. 1.3.3).
Dass die Aufrechterhaltung der Beziehung zu seiner Lebenspartnerin und seinem Sohn bei einer Landesverweisung erschwert sein wird, stellt eine gewisse Härte dar. Die verhältnismässig erst relativ kurze Aufenthaltsdauer in der Schweiz und die Tatsache, dass der Beschuldigte seine prägenden Kindheits- und Jugendjahre wie auch die ersten Erwachsenenjahre im Heimatsstaat verbrachte, sprechen indessen klar gegen die Annahme eines schweren persönlichen Härtefalles. Desgleichen gilt betreffend die Integration in die Schweiz. Eine nennenswerte soziale Integration in der Schweiz ist nicht gegeben und die berufliche Integration ist – allein aus der Optik des Beschuldigten – auch nicht gerade vielversprechend. Demgegenüber hatte der Beschuldigte bis zu seinem 26. Lebensjahr seinen Lebensmittelpunkt in Costa Rica; eine erfolgreiche soziale und berufliche Reintegration in seinem Heimatland erscheint im Falle einer Landesverweisung nicht bloss möglich, sondern geradezu sehr wahrscheinlich. Auch der Gesundheitszustand des Beschuldigten steht einer Rückkehr nach Costa Rica nicht im Wege. Schliesslich ist das Nichtvorliegen eines schweren persönlichen Härtefalles unter Berücksichtigung von Art. 3 Abs. 1 KRK sowie Art. 11 Abs. 1 BV auch aus Kindesoptik zu bestätigen. Eine Kontaktpflege ist selbst bei einem Landesverweis möglich, sei es direkt anlässlich gemeinsamer Ferien, sei es indirekt mittels Post, Telefon, SMS, WhatsApp, Videotelefonie, Sprachnachrichten dergleichen. Ferner steht es J.__ offen und ist ihr grundsätzlich auch zumutbar, zusammen mit dem Beschuldigten und dem gemeinsamen Sohn (übergangsmässig) nach Costa Rica zu ziehen.
In Würdigung dieser Umstände stellt die Landesverweisung für den Beschuldigten keinen schweren persönlichen Härtefall im Sinne von Art. 66a Abs. 2 StGB dar.
4.3 Interessenabwägung
Eine Interessenabwägung als zweite kumulative Voraussetzung von Art. 66a Abs. 2 StGB entfällt mangels Vorliegens eines schweren persönlichen Härtefalls.
4.4 Vollzugshindernisse
Es liegen keine Hinweise vor, welche den Vollzug der Wegweisung als völkerrechtlich unzulässig, humanitär unzumutbar technisch unmöglich erscheinen liessen (pag. 693). Selbst wenn aber Vollzugshindernisse vorhanden sein sollten, so stünden diese der Aussprechung einer Landesverweisung nicht entgegen, sondern wären allenfalls zum gegebenen Zeitpunkt von der gemäss Art. 66d Abs. 2 StGB zuständigen Behörde, d.h. von der für den Vollzug zuständigen Administrativbehörde, zu berücksichtigen (BGer 6B_423/2019 vom 17. März 2020 und 6B_1024/2019 vom 29. Januar 2020).
4.5 Fazit
Der Beschuldigte ist gestützt auf Art. 66a Abs. 1 Bst. h StGB des Landes zu verweisen.
4.6 Dauer der Landesverweisung
Die Dauer der Landesverweisung ist aufgrund des Verschuldens und der Gefährdung der öffentlichen Sicherheit zu bestimmen (Urteil des Bundesgerichts 6B_627/2018 vom 22. März 2019 E. 1.3.4). Dabei besteht zwischen der Dauer der Strafe und jener der Landesverweisung in der Regel eine gewisse Übereinstimmung (vgl. zum alten Recht BGE 123 IV 107).
Vorliegend wurde der Beschuldigte wegen sexuellen Handlungen mit Kindern schuldig erklärt und zu einer Freiheitsstrafe von sieben Monaten verurteilt. Eine Landesverweisung für die Mindestdauer von fünf Jahren scheint angemessen.
5. Ausschreibung im Schengener Informationssystem (SIS)
5.1 Rechtliche Grundlagen
Die Ausschreibung der Landesverweisung im SIS wird vom urteilenden Gericht angeordnet (Art. 20 der Verordnung über den nationalen Teil des Schengener Informationssystems [N-SIS] und das SIRENE-Büro [N-SIS-Verordnung; SR 362.0]). Die Zulässigkeit der Ausschreibung von Drittstaatsangehörigen zur Einreise- und Aufenthaltsverweigerung im SIS beurteilt sich nach den Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 1987/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 über die Einrichtung, den Betrieb und die Nutzung des Schengener Informationssystems der zweiten Generation (nachfolgend: SIS-II-Verordnung; ABI. L 381 vom 28. Dezember 2006) bzw. nach der neuen Verordnung (EU) 2018/1861 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. November 2018 über die Einrichtung, den Betrieb und die Nutzung des Schengener Informationssystems (SIS) im Bereich der Grenzkontrollen, zur Änderung des Übereinkommens zur Durchführung des Übereinkommens von Schengen und zur Änderung und Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1987/2006 (nachfolgend: SIS-Verordnung-Grenze) – aktuell sind sowohl die SIS-II-Verordnung (noch) als auch die SIS-Verordnung-Grenze (bereits) in Kraft.
Im SIS können nur sogenannte Drittstaatenangehörige ausgeschrieben werden. Darunter fasst die SIS-II-Verordnung bzw. die SIS-Verordnung-Grenze Personen, die weder Bürger der EU noch Drittstaatenangehörige sind, die sich auf ein Freizügigkeitsrecht berufen können (Art. 3 Bst. d SIS-II-Verordnung bzw. Art. 3 Ziff. 4 SIS-Verordnung-Grenze). Voraussetzung der Ausschreibung im SIS ist sodann eine nationale Ausschreibung, die auf einer Entscheidung der zuständigen nationalen Instanz (Verwaltungsbehörde Gericht) beruht (Art. 24 Ziff. 1 SIS-II-Verordnung bzw. Art. 24 Ziff. 1 Bst. a SIS-Verordnung-Grenze).
Gestützt auf Art. 24 Ziff. 2 SIS-II-Verordnung bzw. Art. 24 Ziff. 1 Bst. a SIS-Verordnung-Grenze wird eine Ausschreibung im SIS eingegeben, wenn diese Entscheidung auf eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit Ordnung die nationale Sicherheit gestützt wird, welche die Anwesenheit des betreffenden Drittstaatsangehörigen im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats darstellt. Dies ist laut dem Verordnungstext insbesondere der Fall bei einem Drittstaatsangehörigen, der in einem Mitgliedstaat wegen einer Straftat verurteilt worden ist, die mit Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr bedroht ist (Art. 24 Ziff. 2 Bst. a SIS-II-Verordnung bzw. Art. 24 Ziff. 2 Bst. a i.V.m. Art. 24 Ziff. 1 Bst. a SIS-Verordnung-Grenze).
Diese Voraussetzung von Art. 24 Ziff. 2 Bst. a SIS-II-Verordnung bzw. von Art. 24 Ziff. 2 Bst. a i.V.m. Art. 24 Ziff. 1 Bst. a SIS-Verordnung-Grenze ist laut bundesgerichtlicher Rechtsprechung erfüllt, wenn der entsprechende Straftatbestand im Höchstmass eine Freiheitsstrafe von einem Jahr mehr vorsieht und nicht, wenn – wie die Verteidigung behauptete – eine konkrete Freiheitsstrafe von mehr als einem Jahr ausgesprochen wurde (vgl. pag. 1159). Nebst dem ist im Sinne einer kumulativen Voraussetzung auch bei Vorliegen einer entsprechenden Verurteilung zusätzlich zu prüfen, ob von der betroffenen Person eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit Ordnung ausgeht. Damit wird dem in Art. 21 SIS-II-Verordnung bzw. Art. 21 SIS-Verordnung-Grenze verankerten Verhältnismässigkeitsprinzip Rechnung getragen (zum Ganzen Urteil des Bundesgerichts 6B_1178/2019 vom 10. März 2021 E. 4.8).
An die Annahme einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit Ordnung im Sinne von Art. 24 Ziff. 2 SIS-II-Verordnung bzw. Art. 24 Ziff. 1 Bst. a SIS-Verordnung-Grenze sind gemäss Rechtsprechung des Bundesgerichts und des Gerichtshofs der Europäischen Union (nachfolgend: EuGH) keine allzu hohen Anforderungen zu stellen. Es wird nicht verlangt, dass das «individuelle Verhalten der betroffenen Person eine tatsächliche, gegenwärtige und hinreichend schwere Gefährdung darstellt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt». Es steht einer Ausschreibung der Landesverweisung im SIS daher nicht entgegen, wenn bei der Legalprognose eine konkrete Rückfallgefahr verneint und die Strafe bedingt ausgesprochen wurde. Ebenso wenig setzt Art. 24 Ziff. 2 SIS-II-Verordnung bzw. Art. 24 Ziff. 1 und Ziff. 2 SIS-Verordnung-Grenze die Verurteilung zu einer «schweren» Straftat voraus. Es genügen eine mehrere Straftaten, die einzeln betrachtet in ihrer Gesamtheit von einer «gewissen» Schwere sind, unter Ausschluss von blossen Bagatelldelikten. Entscheidend ist nicht das Strafmass, sondern in erster Linie die Art und Häufigkeit der Straftaten, die konkreten Tatumstände sowie das übrige Verhalten der betroffenen Person (zum Ganzen Urteil des Bundesgerichts 6B_1178/2019 vom 10. März 2021 E. 4.8).
Sind die Voraussetzungen von Art. 21 und Art. 24 Ziff. 1 und 2 SIS-II-Verordnung bzw. Art. 21 und Art. 24 Ziff. 1 und 2 SIS-Verordnung-Grenze erfüllt, besteht eine Pflicht zur Ausschreibung im SIS (BGE 146 IV 172 E. 3.2.2). Die Ausschreibung im SIS zieht für die Dauer der Landesverweisung ein Verbot der Einreise in die Schweiz sowie ein Einreiseverbot für den ganzen Schengen-Raum nach sich (BGE 146 IV 172 E. 3.2.3).
5.2 Erwägungen der Kammer
Der Beschuldigte ist costa-ricanischer Staatsangehöriger und stammt damit aus einem Drittstaat. Er kann sich ausserdem nicht auf ein Freizügigkeitsrecht berufen. Mit vorliegendem Urteil wird er für fünf Jahre des Landes verwiesen. Es liegt somit eine nationale Ausschreibung vor, die auf einer Entscheidung der zuständigen Instanz beruht. Der Beschuldigte wurde mit vorliegendem Urteil wegen sexueller Handlungen mit Kindern schuldig gesprochen. Gemäss Art. 187 Ziff. 1 StGB wird dies mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren Geldstrafe bestraft. Das Höchstmass der Strafe beträgt somit mehr als ein Jahr Freiheitsstrafe, womit die Voraussetzung von Art. 24 Ziff. 2 Bst. a SIS-II-Verordnung bzw. von Art. 24 Ziff. 2 Bst. a i.V.m. Art. 24 Ziff. 1 Bst. a SIS-Verordnung-Grenze erfüllt ist. Zu prüfen ist gestützt auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung zusätzlich, ob vom Beschuldigten eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit Ordnung ausgeht.
Der Beschuldigte beging sexuelle Handlungen mit Kindern, für welche Art. 66a Abs. 1 Bst. h StGB die obligatorische Landesverweisung vorsieht. Mit dieser Straftat hat er die sexuelle Integrität der im Tatzeitpunkt erst 15-jährigen und ihm völlig fremden C.__ verletzt und ihre ungestörte sexuelle Entwicklung gefährdet. Im Lichte der zitierten Rechtsprechung reicht dies aus, um eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit Ordnung im Sinne der SIS-II-Verordnung bzw. der SIS-Verordnung-Grenze zu begründen. Weil zur Bejahung der Gefahr für die öffentliche Sicherheit Ordnung in Sinne der SIS-II-Verordnung bzw. der SIS-Verordnung-Grenze nicht verlangt wird, dass das individuelle Verhalten der betroffenen Person eine tatsächliche, gegenwärtige und hinreichend schwere Gefährdung darstellt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt, ist zudem vorliegend nicht von Belang, dass dem Beschuldigten der bedingte Vollzug gewährt und somit nicht eine per se schlechte Legalprognose gestellt wurde. Es ist demnach eine Ausschreibung im SIS anzuordnen. Mit Blick auf das soeben Gesagte zur Schwere der Delinquenz des Beschuldigten erscheint eine solche Ausschreibung im Übrigen auch angesichts des Strafmasses von 210 Strafeinheiten in Form einer Freiheitsstrafe von sieben Monaten nicht unverhältnismässig.
VI. Tätigkeitsverbot
Gemäss Art. 67 Abs. 3 StGB verbietet das Gericht demjenigen, der wegen sexueller Handlungen mit Kindern (Art. 187 StGB) insbesondere zu einer Strafe verurteilt wird, lebenslänglich jede berufliche und jede organisierte ausserberufliche Tätigkeit.
Wie die Vorinstanz zu Recht erwog, handelt es sich beim Tätigkeitsverbot gemäss Art. 67 Abs. 3 StGB um ein zwingendes Tätigkeitsverbot, das bei Vorliegen der formellen Voraussetzungen obligatorisch – d.h. unabhängig von der Zukunftsprognose, allein geschützt auf den schlechten Leumund zufolge der begangenen Anlasstat – angewendet bzw. verhängt werden muss (S. 41 der erstinstanzlichen Urteilsbegründung; pag. 1042). Der Beschuldigte wurde wegen einer Katalogtat zu einer Freiheitsstrafe von sieben Monaten verurteilt und ist deshalb zu einem
lebenslänglichen Tätigkeitsverbot im Sinne von Art. 67 Abs. 3 Bst. b StGB zu verurteilen. Ihm wird somit lebenslänglich jede berufliche und jede organisierte ausserberufliche Tätigkeit untersagt, die einen regelmässigen Kontakt zu Minderjährigen aufweist. In einem Betrieb, in dem Lernende ausgebildet werden, darf er jedoch
arbeiten, wobei ihm untersagt ist, sich am Unterrichten an der regelmässigen Betreuung der Lernenden zu beteiligen (vgl. Botschaft zur Änderung des Strafgesetzbuchs und des Militärstrafgesetzes vom 3. Juni 2016, BBl 2016 6115, S. 6166).
VII. Kosten und Entschädigung
1. Verfahrenskosten
1.1 In erster Instanz
Fällt die Rechtsmittelinstanz selber einen neuen Entscheid, so befindet sie darin auch über die von der Vorinstanz getroffene Kostenregelung (Art. 428 Abs. 3 StPO). Die beschuldigte Person trägt die Verfahrenskosten, wenn sie verurteilt wird (Art. 426 Abs. 1 StPO).
Der Beschuldigte wird verurteilt und die Höhe der erstinstanzlich festgesetzten Verfahrenskosten ist nicht zu beanstanden. Er hat somit die gesamten erstinstanzlichen Gerichtskosten, sich – exklusive amtlicher Entschädigung – belaufend auf CHF 8'250.00, zu tragen.
1.2 In oberer Instanz
Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens tragen die Parteien nach Massgabe ihres Obsiegens Unterliegens (Art. 428 Abs. 1 StPO). Vorliegend werden die Kosten für das oberinstanzliche Verfahren auf CHF 3'500.00 festgelegt (Art. 424 Abs. 1 StPO i.V.m. Art. 24 Bst. a Verfahrenskostendekret [VKD; BSG 161.12]). Der Beschuldigte ist oberinstanzlich vollumfänglich unterlegen und hat somit die gesamten oberinstanzlichen Verfahrenskosten zu tragen.
2. Amtliche Entschädigung
2.1 Theoretische Grundlagen
Zu den Verfahrenskosten gehören grundsätzlich auch die Kosten der amtlichen Verteidigung (Art. 422 Abs. 2 Bst. a StPO). Diese werden von der Kammer jedoch praxisgemäss separat ausgewiesen.
Gemäss Art. 42 Abs. 1 des Kantonalen Anwaltsgesetzes (KAG; BSG 168.11) bezahlt der Kanton den amtlich bestellten Anwälten eine angemessene Entschädigung, die sich nach dem gebotenen Zeitaufwand bemisst und höchstens dem Honorar gemäss der Tarifordnung für den Parteikostenersatz (Art. 41 KAG) entspricht. Bei der Festsetzung des gebotenen Zeitaufwands sind die Bedeutung der Streitsache und die Schwierigkeit des Prozesses zu berücksichtigen. Auszugehen ist vom Zeitaufwand, den ein fachlich ausgewiesener, gewissenhafter Anwalt unter Berücksichtigung der Schwierigkeit der tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse und des Aktenumfangs für die korrekte Erledigung des Geschäftes benötigt. Auslagen und Mehrwertsteuer, sofern der Anwalt mehrwertsteuerpflichtig ist, werden zusätzlich entschädigt. Im Rechtsmittelverfahren in Strafsachen, welchem Urteile eines Einzelgerichts des Regionalgerichts zu Grunde liegen, erstreckt sich der Honorarrahmen von CHF 500.00 bis maximal CHF 25‘000.00 (Art. 17 Abs. 1 Bst. f i.V.m. Bst. b der Verordnung über die Bemessung des Parteikostenersatzes [PKV; BSG 168.811]). Der Stundenansatz für die Entschädigung der amtlich bestellten Anwälte beträgt im Kanton Bern CHF 200.00 (Art. 1 der Verordnung über die Entschädigung der amtlichen Anwältinnen und Anwälte [EAV; BSG 168.711]).
2.2 In erster Instanz
Für ein Rückkommen auf die Höhe der Entschädigung von Rechtsanwalt B.__ für die amtliche Verteidigung des Beschuldigten im erstinstanzlichen Verfahren besteht kein Anlass. Sie wird wie im erstinstanzlichen Verfahren bestimmt belassen, auch wenn sie sich aus Sicht der Kammer am obersten Limit befindet (vgl. Ziff. II des erstinstanzlichen Urteilsdispositivs [pag. 984]). Aufgrund seiner Verurteilung und unter Berücksichtigung der Beschlüsse der Beschwerdekammer in Strafsachen des Kantons Bern vom 2. Juli 2020 (pag. 134 ff., insb. pag. 147 Ziff. 4) und vom 13. Januar 2021 (pag. 664 ff., insb. pag. 678 Ziff. 8.2) hat der Beschuldigte dem Kanton Bern an die ausgerichtete amtliche Entschädigung CHF 16'363.45 zurückzuzahlen und Rechtsanwalt B.__ CHF 5'966.55 der Differenz zwischen der amtlichen Entschädigung und dem vollen Honorar nachzuzahlen, sobald es seine wirtschaftlichen Verhältnisse erlauben (Art. 135 Abs. 4 StPO).
2.3 In oberer Instanz
Der von Rechtsanwalt B.__ für die amtliche Verteidigung des Beschuldigten im Berufungsverfahren geltend gemachte Aufwand von 30.5 Stunden (pag. 1186 ff.) erscheint der Kammer mit Blick auf den gebotenen Zeitaufwand, die Bedeutung der Streitsache und die Schwierigkeit des Prozesses zu hoch. Von dem von Rechtsanwalt B.__ ausgewiesenen Aufwand entfallen rund viereinhalb Stunden auf E-Mail-Kontakt mit dem Beschuldigten sowie auf Telefonate mit dessen Familie. Weiter machte Rechtsanwalt B.__ rund vier Stunden telefonische Besprechungen mit dem Beschuldigten und einen Vorbereitungsaufwand von über acht Stunden geltend. Verglichen mit anderen Fällen ist der Aktenumfang vorliegend als gering bis höchstens durchschnittlich zu bezeichnen. Sodann sind weder besondere prozessuale noch materiell-rechtliche Schwierigkeiten vorhanden. Schliesslich vertrat Rechtsanwalt B.__ den Beschuldigten bereits in erster Instanz und die Generalstaatsanwaltschaft verzichtete ferner auf die Teilnahme am Berufungsverfahren. Eine Kürzung des geltend gemachten Zeitaufwands um fünf Stunden scheint aus diesen Gründen gerechtfertigt. Soweit Rechtsanwalt B.__ in seiner Kostennote weiter einen Aufwand von CHF 470.00 für die Erstellung von 1175 Kopien aufführte, sei darauf hingewiesen, dass die amtlichen Akten bis vor der Berufungsverhandlung 1135 Seiten umfassten, wovon «nur» 89 Seiten auf das oberinstanzliche Verfahren entfallen (pag. 1046 bis pag. 1135). Angesichts dessen und weil Rechtsanwalt B.__ den Beschuldigten wie erwähnt bereits im erstinstanzlichen Verfahren vertrat, wird dieser Posten halbiert, was einer Entschädigung von CHF 235.00 für Kopien gleichkommt. Darüber hinaus gibt die Kostennote zu keinen Bemerkungen Anlass.
Rechtsanwalt B.__ wird durch den Kanton Bern für die amtliche Verteidigung des Beschuldigtem im oberinstanzlichen Verfahren somit für einen Aufwand von 25.5 Stunden und Auslagen von total CHF 608.40, zuzüglich Mehrwertsteuer, mit CHF 6'147.95 entschädigt. Zufolge seines Unterliegens ist der Beschuldigte – mit Ausnahme der Übersetzungskosten von CHF 302.00 – rückzahlungspflichtig, sobald es seine wirtschaftlichen Verhältnisse erlauben (Art. 135 Abs. 4 StPO). Rechtsanwalt B.__ verzichtete auf die Nachforderung der Differenz zwischen der amtlichen Entschädigung und dem vollen Honorar, weshalb die Nachzahlungspflicht entfällt.
VIII. Verfügungen
Hinsichtlich der zu treffenden Verfügungen wird auf das Urteilsdispositiv verwiesen.
IX. Dispositiv
Die 2. Strafkammer erkennt:
I.
Es wird festgestellt, dass das Urteil des Regionalgerichts Oberland vom 23. Februar 2021 insoweit in Rechtskraft erwachsen ist, als:
1. A.__ der Widerhandlungen gegen das Betäubungsmittelgesetz, begangen in der Zeit vom 6. Februar 2020 bis am 4. Juni 2020 in F.__ (Ort), G.__ (Ort) und H.__ (Ort), schuldig erklärt und gestützt darauf sowie in Anwendung der Art. 47 und 106 StGB sowie 19a Abs. 1 BetmG zu einer Übertretungsbusse von CHF 100.00 verurteilt wurde, wobei die Ersatzfreiheitsstrafe bei schuldhafter Nichtbezahlung auf 1 Tag festgesetzt wurde (Ziff. I/2 und 2 des erstinstanzlichen Urteilsdispositivs), und
2. weiter verfügt wurde:
2.1 Die A.__ auferlegten und mit Beschluss der Beschwerdekammer in Strafsachen des Obergerichts des Kantons Bern vom 13. Januar 2021 letztmals verlängerten Ersatzmassnahmen werden aufgehoben (Ziff. III/1 des erstinstanzlichen Urteilsdispositivs).
2.2 Folgende Gegenstände werden A.__ zurückgegeben (Ziff. III/2 des erstinstanzlichen Urteilsdispositivs):
• Reisepass Costa Rica (Nr. __, Gültigkeit bis 22. September 2025)
• ID Costa Rica (Nr. __, Gültigkeit bis __ 2026)
2.3 Die Sicherheitsleistung von CHF 20'000.00 wird der berechtigten Person zurückerstattet (Ziff. III/3 des erstinstanzlichen Urteilsdispositivs).
II.
A.__ wird schuldig erklärt:
der sexuellen Handlungen mit Kindern, begangen am 4. Juni 2020 in D.__ (Ort), Restaurant E.__ (Restaurant), zum Nachteil von C.__, geboren P.__ (Datum),
und gestützt darauf sowie in Anwendung der Artikel
40, 42 Abs. 1, 44 Abs. 1, 47, 51, 66a Abs. 1 Bst. h, 67 Abs. 3 Bst. b, 187 Ziff. 1 StGB
426 Abs. 1, 428 Abs. 1 und 3 StPO
verurteilt:
1. Zu einer Freiheitsstrafe von 7 Monaten.
Die Polizei- und Untersuchungshaft von 36 Tagen werden vollumfänglich auf die Freiheitsstrafe angerechnet. Die Ersatzmassnahmen werden im Umfang von 10 Tagen auf die Freiheitsstrafe angerechnet.
Der Vollzug der Freiheitsstrafe wird aufgeschoben und die Probezeit auf 2 Jahre festgesetzt.
2. Zu einer Landesverweisung von 5 Jahren.
Es wird die Ausschreibung der Landesverweisung (Einreise- und Aufenthaltsverweigerung) im Schengener Informationssystem angeordnet.
3. Zu einem lebenslänglichen Tätigkeitsverbot i.S.v. Art. 67 Abs. 3 Bst. b StGB.
A.__ wird lebenslänglich jede berufliche und jede organisierte ausserberufliche Tätigkeit untersagt, die einen regelmässigen Kontakt zu Minderjährigen aufweist. A.__ darf in einem Betrieb arbeiten, in welchem Lernende ausgebildet werden, darf sich aber nicht am Unterrichten an der regelmässigen Betreuung der Lernenden beteiligen.
4. Zur Bezahlung der erstinstanzlichen Verfahrenskosten von CHF 8'250.00.
5. Zur Bezahlung der oberinstanzlichen Verfahrenskosten von CHF 3'500.00.
III.
1. Die Entschädigung des amtlichen Verteidigers von A.__, Rechtsanwalt B.__, wird für das erstinstanzliche Verfahren wie folgt bestimmt:
A.__ hat dem Kanton Bern an die für das erstinstanzliche Verfahren ausgerichteten Entschädigung CHF 16'363.45 zurückzuzahlen und Rechtsanwalt B.__ von der Differenz zwischen der amtlichen Entschädigung und dem vollen Honorar einen Betrag von CHF 5'966.55 zu erstatten, sobald es seine wirtschaftlichen Verhältnisse erlauben (Art. 135 Abs. 4 StPO, vgl. ferner Beschlüsse der Beschwerdekammer in Strafsachen des Kantons Bern vom 2. Juli 2020 und vom 13. Januar 2021).
2. Die Entschädigung des amtlichen Verteidigers von A.__, Rechtsanwalt B.__, wird für das oberinstanzliche Verfahren wie folgt bestimmt:
A.__ hat dem Kanton Bern an die für das oberinstanzliche Verfahren ausgerichtete Entschädigung CHF 5’845.95 (ohne Übersetzungskosten) zurückzuzahlen, sobald es seine wirtschaftlichen Verhältnisse erlauben (Art. 135 Abs. 4 StPO).
IV.
Weiter wird verfügt:
1. Dem zuständigen Bundesamt wird die Zustimmung zur Löschung des von A.__ erstellten DNA-Profils (PCN __) nach Ablauf der gesetzlichen Frist erteilt (Art. 16 Abs. 4 i.V.m. Art. 17 Abs. 1 DNA-ProfilG).
2. Dem für die Führung von AFIS zuständigen Dienst wird die Zustimmung zur Löschung der über A.__ erhobenen biometrischen-erkennungsdienstlichen Daten nach Ablauf der gesetzlichen Frist erteilt (Art. 17 Abs. 4 i.V.m. Art. 19 Abs. 1 Verordnung über die Bearbeitung biometrischer erkennungsdienstlicher Daten).
3. Mündlich eröffnet und begründet:
• dem Beschuldigten, a.v.d. Rechtsanwalt B.__
Zu eröffnen:
• dem Beschuldigten, a.v.d. Rechtsanwalt B.__
• der Generalstaatsanwaltschaft, v.d. Staatsanwältin AB.__
Mitzuteilen:
• der Vorinstanz
• der Koordinationsstelle Strafregister (nur Dispositiv; nach unbenutztem Ablauf der Rechtsmittelfrist bzw. nach Entscheid der Rechtsmittelbehörde)
• dem Amt für Bevölkerungsdienste (ABEV), Migrationsdienst des Kantons Bern (Dispositiv vorab zur Information, Motiv innert 10 Tagen)
• dem Amt für Justizvollzug, Bewährungs- und Vollzugsdienste (BVD, Urteil mit Begründung)
Bern, 18. Januar 2022
(Ausfertigung: 20. April 2022)
Im Namen der 2. Strafkammer
Die Präsidentin i.V.:
Obergerichtssuppleantin Salzmann
Die Gerichtsschreiberin:
von Teufenstein
Rechtsmittelbelehrung
Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen seit Zustellung der schriftlichen Begründung beim Bundesgericht, Av. du Tribunal fédéral 29, 1000 Lausanne 14, Beschwerde in Strafsachen gemäss Art. 39 ff., 78 ff. und 90 ff. des Bundesgerichtsgesetzes (BGG; SR 173.110) geführt werden. Die Beschwerde muss den Anforderungen von Art. 42 BGG entsprechen.
Gegen den Entschädigungsentscheid kann die amtliche Verteidigung innert 10 Tagen seit Eröffnung bei der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts, Viale Stefano Franscini 7, 6500 Bellinzona, schriftlich und begründet Beschwerde führen (Art. 135 Abs. 3 lit. b StPO).