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Bundesverwaltungsgericht Urteil E-5568/2021

Urteilsdetails des Bundesverwaltungsgerichts E-5568/2021

Instanz:Bundesverwaltungsgericht
Abteilung:Abteilung V
Dossiernummer:E-5568/2021
Datum:23.02.2022
Leitsatz/Stichwort:Nichteintreten auf Asylgesuch (sicherer Drittstaat 31a I a,c,d,e) und Wegweisung
Schlagwörter : Italien; Beschwerdeführerinnen; Recht; Wegweisung; Schweiz; Aufenthalt; Behörde; Aufenthalts; Vorinstanz; Behörden; Person; Kinder; Familie; Töchter; Flüchtling; Urteil; Verfahren; Vater; Schutz; Verfügung; Personen; Asylgesuch; Akten; Vollzug
Rechtsnorm: Art. 26 VwVG ;Art. 29 BV ;Art. 49 BV ;Art. 51 BV ;Art. 63 VwVG ;Art. 65 VwVG ;Art. 83 AIG ;Art. 83 BGG ;
Referenz BGE:130 II 281; 138 I 246; 144 II 1
Kommentar:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017

Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts

B u n d e s v e r w a l t u n g s g e r i c h t

T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i f f é d é r a l

T r i b u n a l e a m m i n i s t r a t i v o f e d e r a l e T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i v f e d e r a l

Abteilung V E-5568/2021

U r t e i l v o m 2 3 . F e b r u a r 2 0 2 2

Besetzung Richterin Roswitha Petry (Vorsitz),

Richterin Déborah D'Aveni, Richterin Muriel Beck Kadima, Gerichtsschreiberin Mara Urbani.

Parteien A. , geboren am (…), Beschwerdeführerin,

und ihre Kinder

B. , geboren am (…), C. , geboren am (…), alle Somalia,

alle vertreten durch MLaw Barbara Stangherlin, Rechtsschutz für Asylsuchende – Bundesasylzentrum (BAZ) Region (…),

Beschwerdeführerinnen,

gegen

Staatssekretariat für Migration (SEM), Quellenweg 6, 3003 Bern,

Vorinstanz.

Gegenstand Nichteintreten auf Asylgesuch (sicherer Drittstaat) und Wegweisung;

Verfügung des SEM vom 14. Dezember 2021 / N (…).

Sachverhalt:

A.

Die Beschwerdeführerin – eine somalische Staatsangehörige – suchte erstmals am (…) März 2015 in der Schweiz um Asyl nach. Mit Verfügung vom 22. Juni 2015 trat das SEM auf das Asylgesuch gemäss Art. 31a Abs. 1 Bst. b AsylG (SR 142.31) nicht ein und ordnete ihre Wegweisung nach Italien an. Diese erwuchs unangefochten in Rechtskraft. Am 31. Juli 2015 wurde die Beschwerdeführerin nach Italien überstellt.

B.

Am 1. Februar 2020 ersuchte die Beschwerdeführerin gemeinsam mit ihren am (…) in D. und am (…) in E. geborenen Töchtern erneut um Asyl in der Schweiz.

C.

Abklärungen des SEM ergaben, dass sie am (…) März 2015 in der Schweiz, am (…) 2015 und am (…) 2015 in Italien sowie am (…) 2017 in Deutschland um Asyl nachgesucht hatte.

D.

Anlässlich des Gesprächs gemäss Art. 5 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (nachfolgend: Dublin-III-VO) vom 19. Februar 2020 machte die Beschwerdeführerin geltend, nicht nach Italien zurückkehren zu wollen, weil sie dort keine Lebensgrundlage und kein Obdach habe. Sie habe nach ihrer Überstellung aus der Schweiz in D. gelebt und dort nach kurzer Zeit das Asylheim verlassen müssen. Danach habe sie jeweils in der Kirche übernachtet und tagsüber am Bahnhof gebettelt. Sie sei einmal von Betrunkenen verletzt und mehrmals bestohlen worden. In Italien habe sie nicht existieren können, weshalb sie dann weiter nach Deutschland gegangen sei. Dort sei sie drei Jahre lang geblieben und habe ihre zweite Tochter zur Welt gebracht. Als die deutschen Behörden sie nach Italien hätten ausschaffen wollen, habe sie sich nach Frankreich begeben. Von dort aus sei sie Ende (…) 2020 wieder nach Italien überstellt worden. Dann sei sie mit ihren zwei Töchtern wieder in die Schweiz gereist und habe deren Vater F. , der hier im Besitz einer Aufenthaltsbe-

willigung B sei, kontaktiert. In Italien sei sie auf sich alleine gestellt, wohingegen hier die Möglichkeit bestehe, mit dem Vater ihrer Kinder zusammenzuwohnen.

E.

    1. Gleichentags ersuchte das SEM die italienischen Behörden um Rückübernahme der Beschwerdeführerinnen gestützt auf Art. 18 Abs. 1 Bst. b Dublin-III-VO.

    2. Die italienischen Behörden wiesen dieses Gesuch am 24. Februar 2020 mit der Begründung ab, dass der Beschwerdeführerin in Italien Asyl gewährt worden sei und sie eine Aufenthaltserlaubnis habe. Somit würde das Verfahren nicht mehr in den Zuständigkeitsbereich der Dublin-Einheit fallen. Eine mögliche Überstellung der Betroffenen könne nur gestützt auf andere Abkommen erfolgen, was die Einreichung eines entsprechenden Gesuchs erfordere.

F.

Mit Eingabe vom 25. Februar 2020 reichte die rubrizierte Rechtsvertreterin

Fotos, auf denen die Beschwerdeführerinnen mit F.

abgebildet

seien und welche in den Jahren 2015, 2018 und 2019 entstanden seien, zu den Akten.

G.

    1. Am 26. Februar 2020 informierte das SEM die Beschwerdeführerin über die obengenannten Resultate seiner Abklärungen und gewährte ihr das rechtliche Gehör zur erneuten Wegweisung nach Italien.

    2. Das SEM ersuchte die italienischen Behörden am 28. Februar 2020 um Rückübernahme der Beschwerdeführerinnen gestützt auf die Europäische Vereinbarung vom 16. Oktober 1980 über den Übergang der Verantwortung für Flüchtlinge (SR 0.142.305).

    3. Die Beschwerdeführerin führte in ihrer Stellungnahme vom 3. März 2020 aus, eine Überstellung nach Italien würde mit einer drohenden Verletzung von Art. 3 EMRK einhergehen. Trotz rechtlicher Garantien und der Gleichstellung mit Italienern drohe ihr in Italien eine unmenschliche Behandlung. Dort sei nicht die rechtliche Umsetzung der menschenbeziehungsweise völkerrechtlichen Verpflichtungen das Problem, sondern die diesbezügliche Praxis. Auch wenn der Beschwerdeführerin ein Platz im Sistema d’accoglienza e integrazione (SAI, früher Sistema di protezione

per titolari di protezione internazionale e per minori stranieri non accompagnati [SIPROIMI]) zugewiesen werden könne, habe sie längerfristig erneut mit Obdachlosigkeit zu rechnen. Es sei nämlich – auch im Hinblick auf die notwendige Betreuung ihrer zwei Kinder – nicht zu erwarten, dass sie innerhalb der sechs Monate, welche sie maximal in der Unterkunft verbringen dürfe, eine Arbeit aufnehmen könne. Ihr – im Jahr 2015 religiös angetrauter – Ehemann und der Vater ihrer beiden Töchter würde mit einer Aufenthaltsbewilligung B in der Schweiz leben. Während ihres Aufenthalts in Italien habe er noch einen Ausweis F besessen, mit welchem er sie nicht habe besuchen können. Jedoch habe er in ständigem Kontakt zu ihnen gestanden. Als die Beschwerdeführerin sich in Deutschland aufgehalten habe, habe ihr Ehemann sodann eine Aufenthaltsbewilligung B erhalten und sie in der Folge regelmässig besucht. Zurzeit halte sich die Beschwerdeführerin jedes Wochenende in G. bei ihrem Mann auf. Er wohne seit über zehn Jahren in der Schweiz und sei arbeitstätig, womit hier von einem gefestigten Aufenthaltsrecht auszugehen sei. Eine Wegweisung nach Italien würde ihr Recht auf ein Familienleben gemäss Art. 8 EMRK verletzen. Ausserdem würde aufgrund der Trennung vom Vater eine Verletzung des Kindeswohls der Töchter der Beschwerdeführerin drohen. Auch die drohende Obdachlosigkeit würde dem Kindeswohl entgegenstehen.

H.

Am 24. März 2020 reichte die Beschwerdeführerin ärztliche Kurzberichte des BAZ vom 7. Februar 2020, vom 21. Februar 2020 und vom 24. März 2020 zu den Akten.

I.

Am 9. April 2020 informierten die italienischen Behörden das SEM darüber, dass die Beschwerdeführerinnen einen gültigen asylrechtlichen Aufenthaltstitel hätten und daher wieder in Italien einreisen könnten. Vor dem Hintergrund der dargelegten Vulnerabilität der Familieneinheit werde die Zustimmung zur Rückübernahme aufgeschoben, bis in Erfahrung gebracht worden sei, ob sie in einer Struktur des SIPROIMI aufgenommen werden könnten. Ausserdem sei die Einreise der Beschwerdeführerinnen aufgrund der medizinischen Notfallsituation des Landes im Moment nicht möglich.

J.

Mit Eingabe vom 25. Juni 2020 legte die Beschwerdeführerin ärztliche Berichte vom 16. Juni 2020 sowie vom 24. Juni 2020 ins Recht.

K.

Am 14. August 2020 reichte die Beschwerdeführerin ein Arztzeugnis vom

11. August 2020 zu den Akten. Gemäss diesem leide sie an einer posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS). Die traumatisierenden Situationen in Italien seien Teil des intrusiven Erinnerns, weshalb aus psychiatrischer Sicht dringend von einer Rückführung nach Italien abgeraten werde. Die Beschwerdeführerin machte geltend, dass die fehlende Unterstützung für die Kinderbetreuung durch ihren Ehemann einer Verschärfung ihrer bereits prekären Situation gleichkäme. Bei ihrer posttraumatischen Belastungsstörung sowie ihrer Stellung als alleinerziehende Mutter käme dies einer unmenschlichen Behandlung gleich. Ausserdem monierte sie, dass die Verfahrensfristen nach Art. 37 Abs. 2 AsylG überschritten worden seien. Sie beantragten den zeitnahen Eintritt auf ihr Asylgesuch.

L.

Am 22. September 2020 wurden die Beschwerdeführerinnen dem Kanton H. zugewiesen.

M.

Mit Eingabe vom 27. November 2020 rügten die Beschwerdeführerinnen erneut, dass die Frist gemäss Art. 37 Abs. 2 AsylG überschritten worden sei. Auch die Verfahrensfrist betreffend die Rückübernahme nach Art. 4 Bst. c des Abkommens zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Italienischen Republik über die Rückübernahme von Personen mit unbefugtem Aufenthalt (SR 0.142.114.549) sei überschritten. Italien sei seit dem 1. August 2020 nicht mehr verpflichtet, die Beschwerdeführerinnen wieder aufzunehmen. Sie ersuchten wieder um ein zeitnahes Eintreten auf ihr Asylgesuch. Der Eingabe legten sie einen Operationsund Austrittsbericht bei, gemäss welchem bei der Beschwerdeführerin am 9. November 2020 eine (…) durchgeführt wurde.

N.

Am 3. Februar 2021 wiesen die Beschwerdeführerinnen das SEM auf das Urteil des Kinderrechtsausschusses V.A. gegen die Schweiz vom 28. September 2020 hin. Diesbezüglich machten sie geltend, dass die Rechte der Kinderrechtskonvention als justiziabel anzusehen seien und die Beurteilung des Kindeswohls als eigenständiger Bestandteil des Sachverhalts zu gelten habe. Der Ehemann der Beschwerdeführerin besuche die Beschwerdeführerinnen jeden Nachmittag und gehe mit ihnen spazieren. Er habe vor, seine Töchter in den nächsten Wochen offiziell anzuerkennen.

Die älteste Tochter gehe hier in den Kindergarten, habe schon Freundschaften geschlossen und Deutsch gelernt. Es sei deshalb von einer starken Bindung zur Schweiz auszugehen, welche bei der Beurteilung des Kindeswohls zu berücksichtigen sei. Dem Schreiben lag eine Bestätigung des I. vom 15. Januar 2021 bei, gemäss welcher sie sich seit 14. Dezember 2020 dort in ambulanter Behandlung befinde.

O.

Am 19. Februar 2021 legte die Beschwerdeführerin weitere Fotos von ihren Töchtern mit deren Vater ins Recht.

P.

Mit Eingabe vom 7. Juni 2021 liess die Beschwerdeführerin dem SEM einen sie betreffenden kurzstationären Bericht des J. vom 20. Mai 2021 in Bezug auf eine durchgeführte (…) (operative Entfernung der […]) aufgrund einer (…) zustellen. Gemäss diesem Bericht leide sie zudem an einer (…), an einem (…), an (…) sowie an einer (…). Erneut machte sie geltend, dass die Verfahrensfristen überschritten seien und stellte wiederum den Antrag an das SEM, auf das Asylgesuch einzutreten oder den Wegweisungsvollzug als unzulässig zu bezeichnen.

Q.

Am 11. November 2021 stimmten die italienischen Behörden der Rückübernahme der Beschwerdeführerinnen zu und bestätigten nochmals, dass die Beschwerdeführerin einen internationalen Schutzstatus in Italien habe.

R.

    1. Mit Schreiben vom 26. November 2021 gewährte die Vorinstanz den Beschwerdeführerinnen erneut das rechtliche Gehör zur beabsichtigten Wegweisung nach Italien.

    2. Mit schriftlicher Stellungnahme vom 6. Dezember 2021 machte die Beschwerdeführerin geltend, sie sei gesundheitlich angeschlagen. Seit ihrer Ankunft in der Schweiz habe sie bereits drei Operationen gehabt, sei nun in der vierten Woche schwanger und befinde sich in psychiatrischer Behandlung. Sie führe mit ihrem Ehemann eine partnerschaftliche Beziehung und wohne momentan aus rein wirtschaftlichen Gründen nicht mit ihm zusammen. Er arbeite im Stundenlohn in (…) und könne sich nur eine sehr kleine Wohnung leisten. Die Wohnung der Beschwerdeführerin werde von der Sozialhilfe finanziert, weshalb ihr Ehemann nicht bei ihr wohnen dürfe.

Sie würden viel Zeit zusammen verbringen und er kümmere sich – soweit es seine Arbeit erlaube – um die gemeinsamen Töchter. Die Beschwerdeführerin sei aufgrund ihrer Erkrankung dringend auf die Unterstützung ihres Ehemanns angewiesen. Dem Schreiben legte sie weitere Fotos bei, auf denen sie gemeinsam mit ihren Töchtern sowie deren Vater abgebildet ist.

S.

Am 10. Dezember 2021 legte die Beschwerdeführerin einen Operationsund Austrittsbericht vom 3. November 2021 ins Recht. Demgemäss wurde bei der Beschwerdeführerin am 28. Oktober 2021 eine (…) (operative Entfernung des […]) durchgeführt.

T.

    1. Am 13. Dezember 2021 übermittelte die Vorinstanz der rubrizierten Rechtsvertreterin den Entscheidentwurf zur Stellungnahme.

    2. In ihrer Stellungnahme vom 14. Dezember 2021 hielt die Beschwerdeführerin fest, dass sie mit dem beabsichtigten Entscheid nicht einverstanden sei. Sie legte ein Schreiben des Zivilstandsamts der Stadt G. vom 9. Februar 2021 betreffend die beantragte Vaterschaftsanerkennung, einen italienischen Geburtsregisterauszug vom (…) betreffend ihre Tochter B. , ein E-Mail des Zivilstandsamts der Stadt G. (Datum nicht ersichtlich), einen ihre Tochter C. betreffenden undatierten Entwicklungsbericht der K. in G. sowie ein Schreiben von L. vom 14. Dezember 2021 bei.

U.

Mit Verfügung vom 14. Dezember 2021 – eröffnet am 15. Dezember 2021

  • trat das SEM in Anwendung von Art. 31a Abs. 1 Bst. a AsylG in Verbindung mit Art. 6a Abs. 2 Bst. b AsylG auf das Asylgesuch der Beschwerdeführerinnen nicht ein und ordnete die Wegweisung aus der Schweiz sowie den Vollzug an.

    V.

    Mit Eingabe vom 22. Dezember 2021 erhoben die Beschwerdeführerinnen beim Bundesverwaltungsgericht Beschwerde gegen diese Verfügung und beantragten dabei, die vorinstanzliche Verfügung sei im Wegweisungspunkt aufzuheben, es sei die Unzulässigkeit oder Unzumutbarkeit der Wegweisung (recte: des Wegweisungsvollzugs) festzustellen und die Vorinstanz sei anzuweisen, die Beschwerdeführerinnen in der Schweiz vorläufig aufzunehmen. Eventualiter sei die Verfügung aufzuheben und zur

    vollständigen Sachverhaltsfeststellung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Subeventualiter sei die Vorinstanz anzuweisen, von den italienischen Behörden individuelle Garantien insbesondere betreffend die adäquate Unterbringung und den benötigten Zugang zu fachärztlicher Behandlung einzuholen.

    In prozessualer Hinsicht ersuchten sie um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege unter Verzicht auf die Erhebung eines Kostenvorschusses.

    W.

    Am 24. Dezember 2021 bestätigte die zuständige Instruktionsrichterin den Eingang der Beschwerde und hielt fest, dass die Beschwerdeführerinnen den Ausgang des Verfahrens in der Schweiz abwarten dürfen.

    X.

    Mit Schreiben vom 3. Februar 2022 (Poststempel) reichte L. ein handschriftliches Unterstützungsschreiben beim Bundesverwaltungsgericht ein.

    Y.

    Mit Eingabe vom 4. Februar 2022 reichte die Rechtsvertreterin einen Bericht des I. vom 25. Januar 2022 zu den Akten, gemäss welchem die Beschwerdeführerin eine posttraumatische Belastungsstörung, eine (…) sowie eine (…) habe. Die Traumatisierung beruhe unter anderem auf ihren Erlebnissen in Italien und bei einer Rückkehr dorthin drohe eine Verschlechterung ihres Gesundheitszustands. Sie wäre dann aufgrund ihrer psychischen Erkrankung nicht mehr in der Lage, angemessen für die Kinder zu sorgen, und hätte durch die Trennung von ihrem Ehemann keine Unterstützung mehr in der Kinderbetreuung. Dies würde das Kindeswohl gefährden und widerspreche somit Art. 3 des Übereinkommens vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes (KRK; SR 0.107).

    Das Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwägung:

    1.

      1. Gemäss Art. 31 VGG beurteilt das Bundesverwaltungsgericht Beschwerden gegen Verfügungen nach Art. 5 VwVG. Das SEM gehört zu den Behörden nach Art. 33 VGG und ist daher eine Vorinstanz des Bundesverwaltungsgerichts. Eine das Sachgebiet betreffende Ausnahme im Sinne von Art. 32 VGG liegt nicht vor. Das Bundesverwaltungsgericht ist daher

        zuständig für die Beurteilung der vorliegenden Beschwerde und entscheidet auf dem Gebiet des Asyls in der Regel – und so auch vorliegend – endgültig (Art. 105 AsylG; Art. 83 Bst. d Ziff. 1 BGG).

      2. Das Verfahren richtet sich nach dem VwVG, dem VGG und dem BGG, soweit das AsylG nichts anderes bestimmt (Art. 37 VGG und Art. 6 AsylG).

      3. Die Beschwerde ist fristund formgerecht eingereicht worden. Die Beschwerdeführerinnen haben am Verfahren vor der Vorinstanz teilgenommen, sind durch die angefochtene Verfügung besonders berührt und haben ein schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung beziehungsweise Änderung. Sie sind daher zur Einreichung der Beschwerde legitimiert (Art. 105 und Art. 108 Abs. 3 AsylG; Art. 48 Abs. 1 sowie Art. 52 VwVG). Auf die Beschwerde ist einzutreten.

    2.

    Die Kognition des Bundesverwaltungsgerichts und die zulässigen Rügen richten sich im Asylbereich nach Art. 106 Abs. 1 AsylG, im Bereich des Ausländerrechts nach Art. 49 VwVG (vgl. BVGE 2014/26 E. 5).

    3.

      1. Bei Beschwerden gegen Nichteintretensentscheide, mit denen es das SEM ablehnt, das Asylgesuch auf seine Begründetheit hin zu überprüfen (Art. 31a Abs. 1–3 AsylG), ist die Beurteilungskompetenz der Beschwerdeinstanz grundsätzlich auf die Frage beschränkt, ob die Vorinstanz zu Recht auf das Asylgesuch nicht eingetreten ist (vgl. BVGE 2017 VI/5 E. 3.1; 2012/4 E. 2.2, je m.w.H.).

      2. Hinsichtlich der Frage der Wegweisung und des Wegweisungsvollzugs hat die Vorinstanz eine materielle Prüfung vorgenommen, weshalb das Bundesverwaltungsgericht diese Punkte insoweit ohne Einschränkung prüft.

    4.

    Gestützt auf Art. 111a Abs. 1 AsylG wurde auf die Durchführung eines Schriftenwechsels verzichtet.

    5.

      1. Die Vorinstanz begründete ihren Nichteintretensentscheid damit, dass die Beschwerdeführerin in Italien als Flüchtling anerkannt sei, somit dort ein Aufenthaltsrecht habe und sich Italien am 11. November 2021 bereit erklärt habe, sie mit ihren beiden Töchtern zurückzunehmen. Italien sei ein

        Rechtsstaat mit funktionierendem Justizsystem und Polizeibehörden und sie könne sich – sollte sie sich ungerecht oder rechtswidrig behandelt fühlen – an die zuständigen Stellen wenden oder eine Anzeige einreichen. Die lange Dauer ihres Verfahrens in der Schweiz sei unter anderem der COVID-19-Pandemie geschuldet. Aus der später eingetroffenen Zustimmung der Rückübernahme seitens der italienischen Behörden hätten sie nicht darauf schliessen können, dass die Schweiz auf ihre Asylgesuche eintrete. In Kenntnis ihres eigenen Schutzstatus habe die Beschwerdeführerin davon ausgehen müssen, dass eine Zustimmung zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen und die Schweiz folglich auf das Gesuch nicht eintreten würde. In Italien stünden ihr und ihren Töchtern aufgrund ihres Flüchtlingsstatus sämtliche sozialen Unterstützungsleistungen des italienischen Staates zur Verfügung. In Bezug auf ihren angeblich religiös angetrauten Ehemann, welcher in der Schweiz wohne, sei festzuhalten, dass bisher weder die Einleitung eines Ehevorbereitungsverfahrens noch die in Aussicht gestellten Vaterschaftsanerkennungen der Töchter beim SEM eingegangen seien. Zwischen der Beschwerdeführerin und ihrem angeblichen Ehemann sei kein besonderes Abhängigkeitsverhältnis zu erkennen. Die Beziehung sei sodann nicht als tatsächlich gelebt und somit schützenswert anzusehen. Es sei nicht Sache des SEM, die notwendigen Voraussetzungen für eine Eheschliessung oder eine Vaterschaftsanerkennung zu schaffen. Sodann würden beide Verfahren nicht zwingend die Anwesenheit der Beschwerdeführerinnen in der Schweiz voraussetzen. Die jüngste, von den Beschwerdeführerinnen angeführte Rechtsprechung Deutschlands ändere nichts an der Einschätzung, dass kein Hinderungsgrund für eine Rückkehr nach Italien bestehe. Italien habe ihre Flüchtlingseigenschaft festgestellt und ihr Schutz vor Verfolgung gewährt, weshalb sie in der Schweiz kein schutzwürdiges Interesse an der Feststellung ihrer Flüchtlingseigenschaft habe. Gemäss der Zustimmung Italiens seien die Beschwerdeführerinnen von den dortigen Behörden eindeutig als Mitglieder einer Familie mit zwei Töchtern jungen Alters identifiziert worden und würden somit nach ihrer Ankunft in einer Struktur des SAI-Projektes aufgenommen werden. Der Umstand, dass zum jetzigen Zeitpunkt nicht angegeben werden könne, in welchem spezifischen SAI-Projekt sie unterkommen würden, stelle keine Verletzung von Art. 3 EMRK dar. Es obliege den italienischen Behörden, ihnen bei ihrer Ankunft auf italienischem Staatsgebiet eine verfügbare Aufnahmestruktur zuzuweisen. Es lägen keine konkreten Hinweise vor, dass Italien nicht in der Lage sein werde, den Beschwerdeführerinnen eine dem Alter der Kinder angemessene Unterkunft zuzuteilen und die Einheit der Familie zu wahren. Aufgrund des noch jungen Alters der Töchter könne bei einer Überstellung nach Italien nicht von einer Entwurzelung gesprochen

        werden. Italien verfüge über eine ausreichende medizinische Infrastruktur und sei verpflichtet, ihr die erforderliche medizinische Versorgung zu gewähren. In Kenntnis der PTBS der Beschwerdeführerin und der benötigten Therapien sei nicht von einer medizinischen Notlage oder einer drastischen Verschlechterung ihrer Gesundheitszustände bei einer Rückkehr nach Italien auszugehen. Ihre gesundheitlichen Beeinträchtigungen würden sodann die hohe Schwelle für eine drohende Verletzung von Art. 3 EMRK nicht überschreiten.

      2. Dem entgegneten die Beschwerdeführerinnen in ihrer Beschwerde, das italienische Sozialsystem sei ungenügend, weshalb eine Gleichstellung mit Italienern in der Praxis kaum hilfreich sei. Die Anzahl der SAI-Unterbringungsplätze reiche nicht aus, um der Nachfrage gerecht zu werden und das Recht, dort zu bleiben, sei auf sechs Monate beschränkt. Die Wahrscheinlichkeit, dass rücküberstellte Personen ohne Unterkunft blieben, sei hoch und habe sich im Zuge der COVID-19-Pandemie noch weiter gesteigert. Die Gesundheitsversorgung von Asylsuchenden oder Personen mit Schutzstatus sei mangelhaft. Personen mit Schutzstatus hätten aufgrund von administrativen Hürden, Sprachproblemen, unzureichenden Informationen und langen Wartezeiten oft nur Zugang zur Notversorgung. Gemäss Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen sei eine Rückweisung eines Schutzberechtigten nach Italien als Verletzung von Art. 3 EMRK zu beurteilen (Urteil 11 A 1674/20.A vom 20. Juli 2021 sowie Urteil 11 A 571/20.A vom 25. November 2021). Die Vorinstanz habe nicht dargelegt, weshalb die deutsche Rechtsprechung nicht massgeblich sei, womit sie ihre Begründungspflicht verletzt habe. Um dieser gerecht zu werden, hätte sie näher ausführen müssen, weshalb die Schweizer Behörde zu einem gegenteiligen Ergebnis komme als das deutsche Oberverwaltungsgericht. Die Traumatisierung der Beschwerdeführerin habe in Italien stattgefunden. Dies sei in der vorinstanzlichen Verfügung unerwähnt geblieben. Sie habe in Italien auf der Strasse sowie ohne Nahrung gelebt und sei auf Almosen angewiesen gewesen. Diese Situation würde sich bei einer erneuten Überstellung nach Italien wiederholen. Es sei nicht realistisch, dass sie in den sechs Monaten, welche sie maximal in der Unterkunft bleiben könne, eine Arbeit finde. Vulnerablen Personen wie ihr sei es – insbesondere wegen der langen Behandlungsfristen der italienischen Behörden – nicht zuzumuten, ihre Rechte beim Gericht durchzusetzen. Die Beschwerdeführerinnen seien seit langer Zeit bestrebt, mit ihrem Ehemann beziehungsweise Vater im gleichen Haushalt zu leben. Dies sei aufgrund der Situation jedoch nicht möglich. Die Familie lebe aber ein aktives, effektives gemeinsames Familienleben, sehe sich täglich und das

    Vaterschaftsanerkennungsverfahren sei zurzeit beim Zivilstandsamt G. hängig. Wegen fehlender Dokumente stagniere es im Moment. Sie hätten ein drittes gemeinsames Kind erwartet, welches die Beschwerdeführerin jedoch aufgrund einer Frühgeburt verloren habe. Der Vollzug der Wegweisung stelle eine Verletzung von Art. 8 EMRK dar. Die jüngere Tochter habe den grössten Teil ihres Lebens in der Schweiz verbracht. Die Beschwerdeführerin könne sich ohne die Unterstützung ihres Ehemanns nicht angemessen um die Kinder kümmern. F. sorge – soweit es seine Arbeit erlaube – für die beiden Kinder und sei neben der Mutter die wichtigste Bezugsperson. Er hole seine Töchter regelmässig von der Kita ab und gehe mit ihnen auf den Spielplatz. Die ältere Tochter gehe hier in den Kindergarten, habe Freundschaften geschlossen und sei von einem traurigen, verschlossenen Kind zu einem fröhlichen Mädchen geworden. Die drohende Obdachlosigkeit in Italien sowie die Trennung von ihrem Vater stehe dem Kindeswohl entgegen und verletze somit Art. 3 KRK. Die Aufenthaltsbewilligung der Beschwerdeführerin sei nur bis (…) 2021 gültig gewesen und mittlerweile abgelaufen. Die Vorinstanz habe den entscheidrelevanten Sachverhalt in Bezug auf den Gesundheitszustand der Beschwerdeführerin nicht vollständig abgeklärt. Der letzte Arztbericht sei fast eineinhalb Jahre alt und es sei unklar, welche Behandlung sie benötige und welche psychische Folgen eine Wegweisung nach Italien hätte. Ihre PTBS sei aufgrund ihres Aufenthalts in Italien entstanden. Sie leide zudem an (…) und (…), welche es ihr verunmöglichen würden, auf ihre Kinder aufzupassen. Sie sei auch deshalb auf die Hilfe ihres Ehemanns angewiesen. Auch habe die Vorinstanz ihre Begründungspflicht verletzt, indem sie sich unzureichend mit der Situation der Kinder nach einer Überstellung auseinandergesetzt habe. Im Sinne eines Subeventualbegehrens sei die Vorinstanz anzuweisen, individuelle Zusicherungen für eine kindgerechte Unterbringung und angemessene medizinische Versorgung von den italienischen Behörden einzufordern.

    6.

      1. In der Beschwerde werden formelle Rügen erhoben. Diese sind vorab zu behandeln, da deren Gutheissung gegebenenfalls eine Kassation der erstinstanzlichen Verfügung bewirken könnten (vgl. BVGE 2013/34 E. 4.2; KÖLZ/HÄNER/BERTSCHI, Verwaltungsverfahren und Verwaltungsrechtspflege des Bundes; 3. Aufl. 2013, Rz. 1043 ff. m.w.H.).

      2. Der in Art. 29 Abs. 2 BV garantierte Grundsatz des rechtlichen Gehörs wird für das Verwaltungsverfahren in Art. 26–33 VwVG konkretisiert. Dem

        verfassungsmässigen Grundsatz des rechtlichen Gehörs erwachsen behördliche Pflichten, wie insbesondere die Untersuchungspflicht. Das AsylG als lex specialis zum VwVG sieht für das Asylverfahren besondere Verfahrensbestimmungen vor (Art. 6–17 AsylG).

        Die behördliche Untersuchungspflicht beinhaltet die richtige und vollständige Abklärung des rechtserheblichen Sachverhaltes, die Beschaffung der für das Verfahren notwendigen Unterlagen, die Abklärung der rechtlich relevanten Umstände sowie die entsprechende, ordnungsgemässe Beweisführung. Unrichtig ist die Sachverhaltsfeststellung, wenn der Verfügung ein falscher und aktenwidriger Sachverhalt zugrunde gelegt wird oder wenn die Vorinstanz nicht alle entscheidwesentlichen Gesichtspunkte des Sachverhalts prüfte, etwa weil sie die Rechtserheblichkeit einer Tatsache zu Unrecht verneinte. Unvollständig ist die Sachverhaltsfeststellung, wenn nicht alle für den Entscheid rechtsrelevanten Sachumstände berücksichtigt wurden (vgl. KÖLZ/HÄNER/BERTSCHI, a.a.O., Rz. 1043). Im Asylverfahren wird der Untersuchungsgrundsatz durch Art. 13 VwVG in Verbindung mit Art. 8 AsylG beschränkt, weil diese Bestimmungen im Asylverfahren eine Mitwirkungspflicht der asylsuchenden Person bei der Sachverhaltsermittlung verlangen.

        Die Begründungspflicht dient der rationalen und transparenten Entscheidfindung der Behörden und soll die Betroffenen in die Lage versetzen, den Entscheid sachgerecht anzufechten. Die Behörde hat kurz die wesentlichen Überlegungen zu nennen, von denen sie sich leiten liess und auf die sie ihren Entscheid stützt. Je weiter der Entscheidungsspielraum, je komplexer die Sachund Rechtslage und je schwerwiegender der Eingriff in die Rechtsstellung der betroffenen Person, desto höhere Anforderungen sind an die Begründung zu stellen (vgl. zum Ganzen BVGE 2012/24 E. 3.2.1 f. m.w.H.; KÖLZ/HÄNER/BERTSCHI, a.a.O., Rz. 629 ff.).

      3. Im vorliegenden Fall liegen mehrere Arztzeugnisse in Bezug auf die Beschwerdeführerin vor. Ihre gesundheitlichen Beschwerden (u.a. […], posttraumatische Symptomatik, […], […], […], […], […], […]) stehen genügend fest und es gibt keine Hinweise auf weitere Erkrankungen. Soweit die Beschwerdeführerin geltend macht, die Vorinstanz habe den entscheidrelevanten Sachverhalt in Bezug auf ihren Gesundheitszustand nicht vollständig abgeklärt, da der letzte Arztbericht fast eineinhalb Jahre alt sei, muss sie sich entgegenhalten lassen, dass es ihr im Rahmen ihrer Mitwirkungspflicht (Art. 8 AsylG) oblag, weitere Arztberichte von sich aus ins Recht zu legen. Dem letzten bei der Vorinstanz eingereichten Bericht des

        M. vom 3. November 2021 ist zu entnehmen, dass die Beschwerdeführerin nach einer am 28. Oktober 2021 durchgeführten (…) am 29. Oktober 2021 entlassen wurde. Im Bericht wurde zudem ausgeführt, dass sie sich in einem guten Allgemeinzustand befinde. Bei dieser Ausgangslage ist nicht zu beanstanden, dass die Vorinstanz nicht von einer lebensbedrohlichen Verschlechterung des Gesundheitszustandes der Beschwerdeführerin im Falle eines Wegweisungsvollzugs nach Italien ausging und keine weiteren medizinischen Abklärungen veranlasste. Von einer Verletzung der Untersuchungspflicht kann keine Rede sein. Dessen ungeachtet ist festzustellen, dass das Bundesverwaltungsgericht den Akten auch sonst keinerlei Hinweise entnehmen kann, dass die Vorinstanz den Sachverhalt nicht ausreichend erstellt hätte.

      4. Auch die Rüge, das SEM habe seine Begründungspflicht verletzt, erweist sich vorliegend als unbegründet. Die Vorinstanz hat im angefochtenen Entscheid alle wesentlichen Vorbringen berücksichtigt und diese sodann einer sorgfältigen Würdigung unterzogen. Wie bereits erwähnt, muss sich die verfügende Behörde nicht ausdrücklich mit jeder tatbestandlichen Behauptung und jedem rechtlichen Einwand auseinandersetzen, sondern darf sich auf die wesentlichen Gesichtspunkte beschränken (vgl. E. 6.2.). Entgegen den Behauptungen in der Beschwerde hat die Vorinstanz in der angefochtenen Verfügung auch das Kindeswohl in ihre Überlegungen miteinbezogen und einlässlich dargelegt, warum sie einen Wegweisungsvollzug nach Italien als mit dem Kindeswohl vereinbar betrachte. Der Verweis der Beschwerdeführerin auf die deutsche Rechtspraxis hinsichtlich des Wegweisungsvollzugs von Flüchtlingen nach Italien ist schliesslich unbehelflich, da die Urteile ausländischer Gerichte für die Schweiz nicht bindend sind. Die Vorinstanz war vor diesem Hintergrund nicht gezwungen, näher auszuführen, weshalb die deutsche Rechtsprechung nichts an ihrer Einschätzung ändere. Die Begründungspflicht ist damit nicht verletzt.

      5. Damit erweisen sich die formellen Rügen als unbegründet, weshalb der Rückweisungsantrag abzuweisen ist.

    7.

      1. Gemäss Art. 31a Abs. 1 Bst. a AsylG tritt das SEM auf ein Asylgesuch nicht ein, wenn die asylsuchende Person in einen nach Art. 6a Abs. 2 Bst. b AsylG als sicher bezeichneten Drittstaat zurückkehren kann, in welchem sie sich vorher aufgehalten hat.

      2. Die Vorinstanz hat ihren Nichteintretensentscheid zutreffend damit begründet, dass die Beschwerdeführerin gemeinsam mit ihren Töchtern nach Italien und damit in einen sicheren Drittstaat gemäss Art. 6a Abs. 2 Bst. b AsylG zurückkehren kann, wo sie sich vorher aufgehalten hat und als Flüchtling anerkannt worden ist. Mit der Feststellung der Flüchtlingseigenschaft und der Erteilung einer (verlängerbaren) Aufenthaltsbewilligung haben die italienischen Behörden der Beschwerdeführerin Schutz vor Verfolgung gewährt, so dass sie nach Italien zurückkehren kann, ohne eine Rückschiebung in Verletzung des Non-Refoulement-Gebotes befürchten zu müssen. Die Beschwerdeführerin hat denn auch weder im vorinstanzlichen Verfahren noch auf Beschwerdeebene vorgebracht, es würde ihr in Italien eine Rückschiebung in ihren Heimatstaat unter Verletzung des Refoulement-Verbots drohen. Die italienischen Behörden haben sich am 11. November 2021 bereit erklärt, sie gemeinsam mit ihren Töchtern zurückzunehmen. Das SEM ist demzufolge zu Recht gestützt auf Art. 31a Abs. 1 Bst. a AsylG auf das Asylgesuch nicht eingetreten.

    8.

      1. Lehnt das SEM das Asylgesuch ab oder tritt es darauf nicht ein, so verfügt es in der Regel die Wegweisung aus der Schweiz und ordnet den Vollzug an; es berücksichtigt dabei den Grundsatz der Einheit der Familie (Art. 44 AsylG). Im Übrigen finden für die Anordnung des Vollzugs der Wegweisung die Artikel 83 und 84 AIG Anwendung.

      2. Im Asylund Wegweisungsverfahren ist die Wegweisung nicht zu verfügen, wenn ein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung besteht. Die kantonale Migrationsbehörde ist zuständig, über den Anspruch konkret zu befinden (vgl. BVGE 2013/37 E. 4.4). Als Anspruchsgrundlage fällt dabei unter anderem Art. 8 EMRK in Betracht, wobei diesbezüglich die bundesgerichtliche Rechtsprechung massgeblich ist. Im Rahmen des vorliegenden Verfahrens ist daher vorfrageweise zu prüfen (Art. 14 Abs. 1 AsylG), ob sich die Beschwerdeführerinnen auf einen grundsätzlichen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung berufen können.

      3. Gemäss ständiger bundesgerichtlicher Rechtsprechung kann sich eine Person nur dann auf den Schutz des Familienlebens nach Art. 8 EMRK berufen, wenn eine nahe, echte und tatsächlich gelebte familiäre Beziehung vorliegt. Zu den Familienbeziehungen, die gemäss Bundesgericht unter den Schutz von Art. 8 Abs. 1 EMRK fallen, gehört neben jener zwischen den Ehegatten, Paaren aus eingetragenen Partnerschaften oder Konkubinatspartnerschaften auch jene zwischen Eltern und ihren minderjährigen

        Kindern. Überdies muss es sich beim in der Schweiz lebenden Familienmitglied um eine hier gefestigt anwesenheitsberechtigte Person handeln. Von einem solchen Anwesenheitsrecht ist ohne weiteres bei schweizerischer Staatsangehörigkeit auszugehen, ebenso bei einer Niederlassungsoder Aufenthaltsbewilligung, auf deren Verlängerung ein Anspruch besteht (vgl. statt vieler BGE 144 II 1 E. 6.1, 139 I 330 E. 2.1, 135 I 143 und 130 II 281 E. 3.1, je m.w.H.). Zudem können sich in Ausnahmefällen auch Personen auf Art. 8 Abs. 1 EMRK berufen, deren Anwesenheit rechtlich nicht geregelt ist beziehungsweise die allenfalls über kein (gefestigtes) Aufenthaltsrecht verfügen, deren Anwesenheit aber faktisch als Realität hingenommen wird beziehungsweise die aus objektiven Gründen hingenommen werden muss (vgl. BGE 138 I 246 E. 3.3.1 und 137 I 113 E. 6.1, je m.w.H.). Ein solches wurde von der Rechtsprechung namentlich bei einer über viele Jahre hinweg verlängerten Aufenthaltsbewilligung bejaht (vgl. BGE 130 II 281 E. 3.2 f.) oder im Fall von vorläufig aufgenommenen Flüchtlingen, bei denen eine Aufhebung ihres rechtlichen Status in absehbarer Zukunft nicht anzunehmen ist (vgl. BVGE 2017 VII/4 E. 6.3 ff.).

        Die im Asylverfahren angeordnete Wegweisung wird praxisgemäss aufgehoben, wenn erstens ein grundsätzlicher Anspruch gestützt auf Art. 8 EMRK vorfrageweise bejaht werden kann, die betroffene Person zweitens an die zuständige kantonale Ausländerbehörde ein Gesuch um Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gerichtet hat und dieses Gesuch, drittens, noch hängig ist (vgl. BVGE 2013/37 E. 4.4.2.2; u.a. Urteil des BVGer D-2425/2020 vom 22. Februar 2021 E. 7.2.2).

      4. Die Beschwerdeführerinnen verfügen über keine ausländerrechtlichen Aufenthaltsbewilligungen. Der angeblich religiös angetraute Partner der Beschwerdeführerin und behauptete Vater ihrer Kinder, F. , wurde wegen Unzumutbarkeit des Vollzugs der Wegweisung mit Verfügung des damaligen Bundesamtes für Migration (heute SEM) vom 18. Mai 2010 in der Schweiz vorläufig aufgenommen. Seit dem (…) 2018 ist er im Besitz einer Aufenthaltsbewilligung B (Härtefallbewilligung). Es ist somit vorfrageweise zu klären, ob die Beschwerdeführerinnen daraus einen möglichen Anspruch auf Aufenthalt in der Schweiz ableiten können.

      5. Zunächst ist zu prüfen, ob im vorliegenden Fall von einer nahen, echten und tatsächlich gelebten familiären Beziehung ausgegangen werden kann. Hinweise für eine familiäre Beziehung sind das Zusammenleben in einem gemeinsamen Haushalt, eine finanzielle Abhängigkeit sowie regelmässige Kontakte oder die Übernahme von Verantwortung für eine andere Person.

        Die Beschwerdeführerinnen leben nicht mit F. zusammen und haben dies auch noch nie getan. Anlässlich der Befragung zur Person vom

        26. März 2015 im Rahmen ihres ersten Asylverfahrens hat die Beschwerdeführerin ihren Partner noch nicht erwähnt und gab auf die Frage nach ihrem Zivilstand an, geschieden zu sein (vgl. SEM-Akten N (…) A6/12 Ziffer 1.14). Demgegenüber gab sie im Rahmen des Dublin-Gesprächs vom

        19. Februar 2020 zu Protokoll, ihren Partner am (…) 2015 religiös geheiratet zu haben. Den Akten lässt sich auch ein Gesuch des Zivilstandsamtes der Stadt G. um Einsichtnahme in das Asyldossier der Beschwerdeführerin von Mai 2015 im Rahmen eines bevorstehenden Ehevorbereitungsverfahrens mit F. entnehmen (vgl. a.a.O. A19/2). Somit liegen zwar Anhaltspunkte dafür vor, dass die Beziehung zwischen ihm und der Beschwerdeführerin bereits vor mehreren Jahren – offenbar unmittelbar nach Einreichung ihres ersten Asylgesuchs im Jahr 2015 – entstanden ist. Inwiefern aber auch eine stabile familiäre Beziehung vorliegt, ergibt sich nicht mit genügender Klarheit aus den Akten. Es sind keine Dokumente zu finden, welche eine Weiterführung oder Wiederaufnahme des Ehevorbereitungsverfahrens aufzeigen würden. Auch die behauptete religiöse Heirat ist nicht belegt. Dasselbe gilt für die Vaterschaftsanerkennung in Bezug auf die beiden Töchter. Die Beschwerdeführerin macht diesbezüglich geltend, dass sich die Anerkennung der Töchter aufgrund fehlender Dokumente in die Länge ziehe (vgl. SEM-Akten 1061297-64/10). Indessen hat sie bereits in ihrer Eingabe beim SEM vom 3. Februar 2021 und somit vor über einem Jahr geltend gemacht, ihr Partner würde die gemeinsamen Töchter in den nächsten Wochen offiziell anerkennen, was aber bis zum heutigen Zeitpunkt gemäss Aktenlage noch nicht geschehen ist. Auch aus dem eingereichten italienischen Geburtsregisterauszug vom (…), auf welchem ihr Partner als Vater von B. eingetragen ist, vermag die Beschwerdeführerin nichts zu ihren Gunsten abzuleiten. Zwar wird bekundet, dass sich F. um die Kinder kümmere und aktiv im Kindergartenalltag integriert sei, aber welche konkreten Bemühungen er bis anhin im Hinblick auf die Anerkennung der Kinder oder das Zusammenleben in einem gemeinsamen Haushalt unternommen hat, bleibt unklar. Ebenso wenig erschliesst sich aus den Akten, inwiefern er Verantwortung übernimmt und seine Partnerin beziehungsweise seine Kinder in finanzieller Hinsicht unterstützt. Unter diesen Umständen kommt das Gericht in Übereinstimmung mit der Vorinstanz zum Schluss, dass das Bestehen einer anspruchsbegründenden familiären Beziehung im Sinne von Art. 8 Abs. 1 EMRK nicht in überzeugender Weise dargelegt wurde.

      6. Die Beschwerdeführerin hat in der Schweiz ein Asylgesuch gestellt, obwohl sie bereits in Italien als Flüchtling anerkannt wurde und dort Schutz geniesst. Ihr hauptsächliches Anliegen scheint in einer Familienzusammenführung mit dem angeblichen Vater ihrer Töchter zu liegen. Das (schweizerische) Asylverfahren darf indes nicht dazu verwendet werden, die gesetzlichen Bestimmungen über den Familiennachzug zu umgehen (vgl. in Bezug auf Art. 51 Abs. 1 AsylG BVGE 2019 VI/3 E. 5.7). Von der Beschwerdeführerin und ihrem angeblich religiös angetrauten Partner kann verlangt werden, dass sie nach Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen das dafür vorgesehene Verfahren gemäss Art. 44 AIG (SR 142.20) und Art. 73 der Verordnung vom 24. Oktober 2007 über Zulassung, Aufenthalt und Erwerbstätigkeit (VZAE, SR 142.201) bei der zuständigen kantonalen Behörde einleiten (vgl. Urteil des BVGer E-6331/2020 vom 18. Mai 2021 E. 6.4 m.w.H. sowie BVGE 2019 VI/3 E. 6).

      7. Hinsichtlich des Kindeswohls ist anzumerken, dass eine Überstellung nach Italien nicht zur Trennung der Kinder von ihrer sorgeberechtigten Mutter führt. Die Beziehung zum Partner/Vater in der Schweiz kann grenzüberschreitend gepflegt werden, da mit einer Überstellung der Beschwerdeführerinnen nach Italien angesichts der geltenden Visumvorschriften weder ein persönlicher noch digitaler (beispielsweise mit Videotelefonie über Skype) oder telefonischer Kontakt verunmöglicht wird.

      8. Bei dieser Sachlage stellt das Bundesverwaltungsgericht vorfrageweise fest, dass die Beschwerdeführerinnen im heutigen Zeitpunkt keinen potenziellen Anspruch auf Aufenthalt in der Schweiz geltend zu machen vermögen, ungeachtet der Frage, ob F. über ein gefestigtes Aufenthaltsrecht in der Schweiz verfügt oder nicht. Es ist im Übrigen nicht aktenkundig, dass die Beschwerdeführerin ein Gesuch um Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung bei den zuständigen kantonalen Behörden eingereicht hätte. Die Wegweisung ist demnach zu bestätigen.

    9.

    9.1 Ist der Vollzug der Wegweisung nicht zulässig, nicht zumutbar oder nicht möglich, so regelt das SEM das Anwesenheitsverhältnis nach den gesetzlichen Bestimmungen über die vorläufige Aufnahme (Art. 44 AsylG; Art. 83 Abs. 1 AIG).

    Beim Geltendmachen von Wegweisungsvollzugshindernissen gilt gemäss Praxis des Bundesverwaltungsgerichts der gleiche Beweisstandard wie bei der Prüfung der Flüchtlingseigenschaft; das heisst, sie sind zu beweisen,

    wenn der strikte Beweis möglich ist, und andernfalls wenigstens glaubhaft zu machen (vgl. BVGE 2011/24 E. 10.2 m.w.H.).

    9.2

        1. Der Vollzug ist nicht zulässig, wenn völkerrechtliche Verpflichtungen der Schweiz einer Weiterreise der Ausländerin oder des Ausländers in den Heimat-, Herkunftsoder einen Drittstaat entgegenstehen (Art. 83 Abs. 3 AIG).

        2. Nachdem die Beschwerdeführerin in Italien als Flüchtling anerkannt wurde, besteht kein Anlass zur Annahme, es drohe ihr eine Verletzung des in Art. 33 Abs. 1 des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (FK, SR 0.142.30) verankerten Grundsatzes der Nichtrückschiebung. Auch wenn der italienische Aufenthaltstitel der Beschwerdeführerin inzwischen abgelaufen ist, ist es ihr möglich und zumutbar, entsprechende Schritte zu dessen Verlängerung respektive Erneuerung zu unternehmen. Es bestehen keine konkreten Hinweise, dass ihr die italienischen Behörden angesichts ihres dortigen Status als anerkannter Flüchtling die erneute Ausstellung einer Aufenthaltsgenehmigung verweigern würden, zumal die italienischen Behörden in ihrem E-Mail vom 11. November 2021 ans SEM nochmals ausdrücklich festhielten, die Beschwerdeführerin sei Begünstigte internationalen Schutzes und könne gemeinsam mit ihren Töchtern nach Italien zurückkehren. Die Behörde warte darauf, dass ihr das Datum der Überstellung bekanntgegeben werde, um dann die spezifische Aufnahmestruktur zu bestimmen (SEM-Akt. 1061297-57/1). Italien ist sodann Signatarstaat der EMRK und des Übereinkommens vom 10. Dezember 1984 gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe (FoK, SR 0.105). Zudem gibt es keine Anhaltspunkte, dass Italien seine aus diesen Konventionen entstehenden völkerrechtlichen Verpflichtungen nicht einhalten würde. Namentlich ist festzuhalten, dass Italien an die Richtlinie 2011/95/EU (Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes) gebunden ist. Im Kapitel VII werden die den Flüchtlingen und Personen mit subsidiärem Schutzstatus zu gewährenden Rechte geregelt. Es besteht kein "real risk" im Sinne einer konkreten Verweigerung von Italien, den Beschwerdeführerinnen die Minimalgarantien im Sinne der genannten EU-Richtlinie zu gewähren (vgl. auch BVGE 2019/17 E. 5.5). Es kann offenbleiben, ob das

          Vorbringen der Beschwerdeführerinnen, sie hätten in Italien zeitweise kein Obdach gehabt, glaubhaft ist. Aus diesem Einzelfall könnte jedenfalls nicht geschlossen werden, dass Italien Flüchtlingen systematisch die ihnen gemäss obengenannter Richtlinie zustehenden minimalen Lebensbedingungen vorenthalten würde. Bei einer allfälligen vorübergehenden Einschränkung könnten sie sich im Übrigen nötigenfalls an die italienischen Behörden wenden und die ihnen zustehende Unterstützung auf dem Rechtsweg einfordern. Zudem steht ihnen die Möglichkeit offen, die vor Ort tätigen karitativen Organisationen zu kontaktieren.

        3. Eine zwangsweise Rückweisung von Personen mit gesundheitlichen Problemen kann nur ganz ausnahmsweise einen Verstoss gegen Art. 3 EMRK darstellen. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die betroffene Person sich in einem fortgeschrittenen oder terminalen Krankheitsstadium und bereits in Todesnähe befindet, nach einer Überstellung mit dem sicheren Tod rechnen müsste und dabei keinerlei soziale Unterstützung erwarten könnte (vgl. BVGE 2011/9 E. 7 mit Hinweisen auf die damalige Praxis des EGMR). Eine weitere vom EGMR definierte Konstellation betrifft Schwerkranke, die durch die Abschiebung – mangels angemessener medizinischer Behandlung im Zielstaat – mit einem realen Risiko konfrontiert würden, einer ernsten, raschen und unwiederbringlichen Verschlechterung ihres Gesundheitszustands ausgesetzt zu werden, die zu intensivem Leiden oder einer erheblichen Verkürzung der Lebenserwartung führen würde (vgl. Urteil des EGMR Paposhvili gegen Belgien 13. Dezember 2016, Grosse Kammer 41738/10, §§ 180–193 m.w.H.). Eine solche Situation ist vorliegend eindeutig nicht gegeben. Aus den Akten ist nicht ersichtlich, dass eine Überstellung die Gesundheit der Beschwerdeführerin ernsthaft gefährden würde.

        4. Bezüglich ihres Wunsches nach einem Zusammenleben mit ihrem Partner beziehungsweise Vater ihrer Kinder und der geltend gemachten Verletzung von Art. 8 EMRK und der KRK ist auf die Ausführungen zur Wegweisung zu verweisen (vgl. E. 8).

          Ergänzend ist anzuführen, dass Art. 8 EMRK keinen Anspruch auf die Wahl des für das Familienleben am geeignetsten erscheinenden Ortes verschafft. Aus Art. 8 EMRK ergibt sich auch nicht die generelle Pflicht für einen Staat, in Immigrationsangelegenheiten immer das Familienleben zu gewährleisten; ob Eingriffe ins Familienleben durch aufenthaltsbeendende Massnahmen gerechtfertigt sind, beurteilt sich aufgrund einer Interessenabwägung (vgl. BVGE 2012/4 E. 4.4; BVGE 2017 VII/4 E. 6.3; vgl. auch

          Urteil des BVGer E-4581/2013 vom 9. Juli 2014 E. 5.3.2). Die spezielle Situation der Betroffenen ist gegenüber den öffentlichen Interessen abzuwägen. Zu berücksichtigen ist unter anderem der Grad der konkreten Beeinträchtigung des Familienlebens ebenso wie der Umstand, ob und wieweit dieses in zumutbarer Weise im Heimatstaat oder allenfalls in einem Drittstaat gelebt werden kann.

          Ebenfalls als Faktor in Betracht zu ziehen ist namentlich, ob die Betroffene bei der Begründung des Familienlebens wissen musste, dass ihr Aufenthaltsstatus nicht gesichert ist (vgl. BVGE 2012/4 E. 4.4 unter Hinweis auf den Entscheid des EGMR Nunez gegen Norwegen, Nr. 55597/09, vom

          28. Juni 2011, §§ 68 und 70, sowie Rodrigues Da Silva und Hoogkamer gegen Niederlande, Nr. 50435/99, vom 31. Januar 2006, § 39). Gemäss Rechtsprechung des EGMR ist unter anderem der Zeitpunkt massgeblich, in welchem die unter Art. 8 EMRK fallende Beziehung begründet wurde. Wurde das Familienleben zu einem Zeitpunkt aufgenommen, in welchem der Aufenthaltsstatus einer der beteiligten Personen prekär war, ist eine Verletzung von Art. 8 EMRK durch eine ausländerrechtliche Wegweisungsmassnahme nur in Ausnahmefällen anzunehmen (Urteil des BVGer E-1882/2019 vom 22. Oktober 2020 E. 4.5.3 m.H. auf die Rechtsprechung des EGMR).

          Auch im Urteil des EGMR vom 27. Oktober 2016, Jihana Ali und andere gegen Schweiz und Italien, Nr. 30474/14, § 39 anerkannte der Gerichtshof unter Hinweis auf das EGMR-Urteil (Grosse Kammer) Jeunesse gegen Niederlande vom 3. Oktober 2014, Nr. 12738/10, dass eine Person im Rahmen ihres Aufenthalts im Staatsgebiet während eines Verfahrens um Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung oder während eines laufenden ausländerrechtlichen Beschwerdeverfahrens am gesellschaftlichen Leben teilnehme, Beziehungen knüpfe und auch eine Familie zu gründen vermöge. Allerdings könne aus diesem Umstand für die Behörden des Aufenthaltsstaats keine Verpflichtung erwachsen, der Person gestützt auf Art. 8 EMRK die Niederlassung gewähren zu müssen. Gleiches müsse gelten, wenn eine Person den zuständigen Behörden im Sinne eines «fait accompli» ein neu begründetes Familienleben präsentiere, welches unter Art. 8 Abs. 1 EMRK als schützenswert zu erachten sei. Bereits im Urteil Jeunesse entschied die Grosse Kammer des EGMR, dass Personen, die, nachdem sie entsprechende Tatsachen geschaffen haben, sich damit auf Art. 8 EMRK berufen, nicht damit rechnen könnten, dass ihnen ein Aufenthaltsrecht gewährt werde (vgl. EGMR Urteil Jeunesse gegen die Niederlande, a.a.O., §

          103). Der Gerichtshof stellt fest, dass diese Grundsätze auch für Asylsuchende gelten, deren Anwesenheit im Staatsgebiet während ihres laufenden Asylverfahrens von den zuständigen Behörden auf der Grundlage der nationalen oder völkerrechtlichen Verpflichtungen toleriert werde (vgl. Urteil Jihana Ali u.a. gegen Schweiz, a.a.O., § 40; ebenso auch EGMR Urteil vom 30. Juni 2015, A.S. gegen Schweiz, Nr. 39350/13, § 44). Der Aufenthalt im Rahmen eines Asylverfahrens ist demnach zwar rechtmässig im Sinne des Art. 42 AsylG, dennoch ist er als «prekär» im Hinblick auf die Gewährung von Rechten aus Art. 8 EMRK zu bezeichnen.

          Selbst wenn im vorliegenden Fall eine schützenswerte familiäre Beziehung vorliegen würde, wovon – wie in E. 8.5 dargelegt – im heutigen Zeitpunkt indessen nicht auszugehen ist, müsste sich die Beschwerdeführerin entgegenhalten lassen, dass sie ihr Familienleben zu einem Zeitpunkt aufgenommen hat, in dem weder sie noch ihr Partner ein gesichertes Aufenthaltsrecht in der Schweiz hatten, was ihr und ihrem Partner durchaus bewusst gewesen sein muss. Im vorliegenden Fall ist zudem nicht auszuschliessen, dass ein Familienleben für alle Beteiligten auch in Italien möglich wäre, wo die Beschwerdeführerinnen als anerkannte Flüchtlinge aufenthaltsberechtigt sind. In jedem Fall kann es der Beschwerdeführerin zugemutet werden, von Italien aus ein Familiennachzugsverfahren – entweder in Italien oder der Schweiz – anzustrengen. Der mit der Trennung einhergehende Eingriff ist verhältnismässig, da die Aufrechterhaltung des Kontakts auch bei der räumlichen Trennung möglich ist und nur von vorübergehender Dauer wäre, sofern das Familiennachzugsverfahren positiv verlaufen würde. Bezüglich des Kindeswohls kann zur Vermeidung von Wiederholungen auf die vorinstanzlichen Erwägungen verwiesen werden. Diese sind nicht zu beanstanden. Insbesondere ist davon auszugehen, dass die primäre Bezugsperson der Kinder nach wie vor ihre Mutter ist, bei der sie leben und welche den Grossteil der Betreuung übernimmt.

          Im Ergebnis ist festzuhalten, dass die Beschwerdeführerin in Bezug auf die geltend gemachte Unzulässigkeit des Wegweisungsvollzugs aus Art. 8 EMRK nichts zu ihren Gunsten abzuleiten vermag.

        5. Der Vollzug der Wegweisung nach Italien erweist sich somit als zulässig.

    9.3

        1. Gemäss Art. 83 Abs. 4 AIG kann der Vollzug für Ausländerinnen und Ausländer unzumutbar sein, wenn sie im Heimatoder Herkunftsstaat aufgrund von Situationen wie Krieg, Bürgerkrieg, allgemeiner Gewalt und medizinischer Notlage konkret gefährdet sind.

        2. Die Vorinstanz hat in der angefochtenen Verfügung die Zumutbarkeit des Wegweisungsvollzugs mit zutreffender Begründung bejaht. Zur Vermeidung von Wiederholungen kann auf die diesbezüglichen Erwägungen in der angefochtenen Verfügung verwiesen werden. Die diesbezüglichen Einwendungen in der Beschwerdeschrift vermögen zu keiner anderen Betrachtungsweise zu führen. Als anerkannte Flüchtlinge haben die Beschwerdeführerinnen Anspruch auf die gleiche Fürsorge und öffentliche Unterstützung wie italienische Staatsbürger (Art. 23 FK) und ihnen stehen in Italien die Rechte aus der erwähnten Richtlinie 2011/95/EU zu. Dazu gehören Ansprüche bezüglich Zugang zu Wohnraum, Sozialleistungen und medizinischer Versorgung. Es liegen keine erhärteten Hinweise vor, wonach sich Italien systematisch nicht an seine diesbezüglichen Verpflichtungen halten würde. Die Ausführungen der Beschwerdeführerin führen zu keiner anderen Einschätzung. Zu den zitierten Urteilen aus Deutschland ist vollständigkeitshalber festzuhalten, dass vorliegend von einer anderen Sachlage auszugehen ist, zumal der italienische Staat in casu explizit zugestimmt hat, für die Beschwerdeführerinnen eine geeignete Unterkunft zu finden (SEM-Akten 1061297-57/1). Nach dem Gesagten obliegt es ihr, bei den zuständigen Behörden ihre Rechte betreffend finanzielle oder anderweitige Unterstützung geltend zu machen und nötigenfalls auf dem Rechtsweg durchzusetzen. Insgesamt besteht kein Anlass zur Annahme, die Beschwerdeführerinnen würden im Falle einer Rückführung nach Italien in eine existenzielle Notlage geraten. Das Bundesverwaltungsgericht bedauert, dass die Beschwerdeführerin durch eine Frühgeburt ihr Kind verloren hat. Sie verkennt auch die Mehrbelastung für die Mutter nach dem Vollzug ihrer Wegweisung und die Trennung vom Vater nicht, indes führen diese Umstände nicht zur Unzumutbarkeit des Wegweisungsvollzugs.

          Anzumerken bleibt, dass sich die Erwägungen im Urteil des EGMR in Sachen Tarakhel gegen die Schweiz (Urteil vom 4. November 2014, 29217/12) betreffend die Einholung von Garantien für bestimmte Personengruppen nur auf die Durchführung des Asylverfahrens in Italien beziehen. Der Beschwerdeführerin wurde in Italien die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt. Die Vorinstanz war damit nicht gehalten, von den italienischen

          Behörden konkrete Garantien einzuholen, weshalb auch dieser Beschwerdeantrag abzuweisen ist.

          Auch die gesundheitlichen Probleme der Beschwerdeführerin sind nicht derart gravierend, dass sie der Zumutbarkeit des Wegweisungsvollzugs entgegenstehen würden. Dies gilt namentlich vor dem Hintergrund dessen, dass in Italien die medizinische Versorgung gewährleistet ist (vgl. statt vieler Urteil BVGer E-683/2021 vom 2. März 2021 E. 8.6). An dieser Einschätzung vermag auch der ärztliche Bericht vom 25. Januar 2022 der I. , welcher im Wesentlichen die posttraumatische Symptomatik bestätigt, nichts zu ändern. Die mit dem Vollzug der Wegweisung beauftragten schweizerischen Behörden haben aber die Reisefähigkeit zu prüfen und die italienischen Behörden sind vor der Durchführung der Wegweisung über allfällige besondere medizinische Bedürfnisse jeweils zu informieren. Dem Zustand der Beschwerdeführerin kann sodann bei der Festlegung des Überstellungszeitpunktes durch geeignete Massnahmen in Form einer medizinisch begleiteten Ausreise (beispielsweise durch Heranziehen von medizinischem Fachpersonal bei der Rückführung) nach Italien Rechnung getragen werden.

        3. Abschliessend ist darauf hinzuweisen, dass die auch nach Einschätzung des Gerichts in der Schweiz besseren Lebensumstände für schutzberechtigte Personen nicht für die Bejahung von Wegweisungsvollzugshindernissen ausreichen. Insbesondere steht es den um Schutz ersuchenden Personen nicht frei, ihren Aufenthaltsstaat selbst zu wählen, sondern bestimmen sich die Zuständigkeiten für die Prüfung der Schutzberechtigung nach völkerrechtlichen Abkommen der europäischen und anderen assoziierten Staaten. Auch wenn eine adäquate Eingliederung der Beschwerdeführerinnen in die sozialen Strukturen Italiens als anerkannte Flüchtlinge mit nicht zu verkennenden Erschwernissen verbunden ist, vermögen ihre Vorbringen die Anforderungen an eine konkrete Gefährdung nicht zu erfüllen.

        4. Nach dem Gesagten erweist sich der Vollzug der Wegweisung auch als zumutbar.

      1. Der Vollzug der Wegweisung der Beschwerdeführerinnen nach Italien ist schliesslich möglich, da keine Vollzugshindernisse bestehen (Art. 83 Abs. 2 AIG) und es den Beschwerdeführerinnen obliegt, bei der Beschaffung gültiger Reisepapiere mitzuwirken (vgl. Art. 8 Abs. 4 AsylG und dazu

        auch BVGE 2008/34 E. 12). Auch hat Italien der Rückübernahme der Beschwerdeführerinnen zugestimmt.

      2. Zusammenfassend hat die Vorinstanz den Wegweisungsvollzug zu Recht als zulässig, zumutbar und möglich bezeichnet. Eine Anordnung der vorläufigen Aufnahme fällt somit ausser Betracht (Art. 83 Abs. 1–4 AIG).

    10.

    Aus diesen Erwägungen ergibt sich, dass die angefochtene Verfügung Bundesrecht nicht verletzt, den rechtserheblichen Sachverhalt richtig sowie vollständig feststellt (Art. 106 Abs. 1 AsylG) und – soweit diesbezüglich überprüfbar – angemessen ist. Die Beschwerde ist abzuweisen.

    11.

    Bei diesem Ausgang des Verfahrens wären die Kosten den Beschwerdeführerinnen aufzuerlegen (Art. 63 Abs. 1 VwVG). Da die Rechtsbegehren

  • ex ante betrachtet – vorliegend nicht als aussichtslos zu bezeichnen sind und aufgrund der Akten von der Bedürftigkeit der Beschwerdeführerinnen auszugehen ist, ist das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Prozessführung (Art. 65 Abs. 1 VwVG) gutzuheissen. Es sind demnach keine Verfahrenskosten aufzuerlegen.

(Dispositiv nächste Seite)

Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:

1.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.

Das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege wird gutgeheissen.

3.

Es werden keine Verfahrenskosten erhoben.

4.

Dieses Urteil geht an die Beschwerdeführerinnen, das SEM und die kantonale Migrationsbehörde.

Die vorsitzende Richterin: Die Gerichtsschreiberin:

Roswitha Petry Mara Urbani

Versand:

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