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Bundesverwaltungsgericht Urteil B-4297/2021

Kopfdaten
Instanz:Bundesverwaltungsgericht
Abteilung:Abteilung II
Dossiernummer:B-4297/2021
Datum:11.01.2022
Leitsatz/Stichwort:Arbeitsleistung im öffentlichen Interesse (Zivildienst)
Schlagwörter : Beschwerde; Gesuch; Zivildienst; Gesuchs; Gesuchsteller; Beschwerdeführer; Frist; Vorinstanz; Durchdiener; Verfügung; Dienst; Beschwerdefrist; Frist; Modell; Bundesverwaltungsgericht; Militärdienst; Wiederherstellung; Elektronisch; Zulassung; Recht; Leistenden; Verpflichtung; Elektronische; WK-Modell; Durchdienen; Angefochten; Urteil; Durchdienende; Zustellung; Ausbildungsdienst
Rechtsnorm: Art. 20 VwVG ; Art. 23 OR ; Art. 24 VwVG ; Art. 34 VwVG ; Art. 52 VwVG ; Art. 59 BV ;
Referenz BGE:105 Ia 207; 124 V 400; ;
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:
Entscheid

B u n d e s v e r w a l t u n g s g e r i c h t

T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i f f é d é r a l

T r i b u n a l e a m m i n i s t r a t i v o f e d e r a l e T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i v f e d e r a l

Abteilung II B-4297/2021

U r t e i l v o m 1 1 . J a n u a r 2 0 2 2

Besetzung Richterin Vera Marantelli (Vorsitz),

Richter Pietro Angeli-Busi, Richter Jean-Luc Baechler, Gerichtsschreiberin Katharina Niederberger.

Parteien X. ,

Beschwerdeführer,

gegen

Bundesamt für Zivildienst ZIVI,

Regionalzentrum Rüti,

Spitalstrasse 31, Postfach, 8630 Rüti ZH, Vorinstanz.

Gegenstand Zulassung zum Zivildienst (Verfügung vom 15. Juli 2021).

Sachverhalt:

A.

X. , geb. am (Datum) (nachfolgend: Gesuchsteller und Beschwerdeführer), wurde mit Verfügung vom 15. Juli 2021 des Bundesamtes für Zivildienst ZIVI, Regionalzentrum Rüti (nachfolgend: Vorinstanz), zum Zivildienst zugelassen. Mit der Zulassung verfügte die Vorinstanz eine Gesamtdauer von 447 Tagen an ordentlichen Zivildienstleistungen (DispositivZiffer 2).

B.

Gegen diese Verfügung erhob der Beschwerdeführer am 24. September 2021 (eingegangen am 28. September 2021) beim Bundesverwaltungsgericht Beschwerde. Der Beschwerdeführer rügt, die Gesamtdauer der berechneten ordentlichen Zivildienstleistungen sei zu hoch. Es sei ihm infolge fehlender Information zur längeren Dienstdauer bei Durchdienern bzw. versuchter Täuschung bei der Rekrutierung nicht möglich gewesen, rechtzeitig Beschwerde zu erheben.

C.

Mit Zwischenverfügung vom 28. September 2021 gewährte das Bundesverwaltungsgericht dem anwaltlich nicht vertretenen Beschwerdeführer unter Androhung der Nichteintretensfolge eine Nachfrist bis zum 4. Oktober 2021. Der Beschwerdeführer wurde aufgefordert, sich zur allfällig ersuchten Wiederherstellung der Beschwerdefrist zu äussern und eine vollständige Kopie der angefochtenen Verfügung nachzureichen.

D.

Mit Eingabe vom 4. November 2021 (recte: 4. Oktober 2021; Poststempel vom 6. Oktober 2021) reichte der Beschwerdeführer die angefochtene Verfügung nach. Der Beschwerdeführer macht geltend, der Aushebungsoffizier habe ihn als Durchdiener eingeteilt, ohne ihn auf die längere Dienstdauer hinzuweisen. Dieses Verhalten sei als Täuschung zu werten. Erst am 23. September 2021 habe er von einem Kollegen erfahren, dass er als Durchdiener mehr als die ordentlichen 365 Diensttage Zivildienst leisten müsse. Aus diesem Grund habe er nicht rechtzeitig Beschwerde erheben können. Der Beschwerdeführer beanstandet weiter, die Zulassungsverfügung sei ihm nur online und verspätet zugestellt worden.

E.

Mit Verfügung vom 12. Oktober 2021 wurde die Vorinstanz ersucht, eine Vernehmlassung samt Vorakten einzureichen.

F.

Am 12. November 2021 reichte die Vorinstanz ihre Vernehmlassung ein. Die Vorinstanz beantragt die Abweisung des Gesuchs um Wiederherstellung der Beschwerdefrist und schliesst in der Hauptsache auf Nichteintreten. Materiell vertritt sie den Standpunkt, die Gesamtdauer der Zivildienstleistungen sei korrekt festgelegt worden.

G.

Die Vernehmlassung der Vorinstanz vom 12. November 2021 wurde dem Beschwerdeführer am 16. November 2021 zur Kenntnis zugestellt.

Das Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwägung:

1.

    1. Das Bundesverwaltungsgericht prüft von Amtes wegen und mit freier Kognition, ob die Prozessvoraussetzungen vorliegen und ob auf eine Beschwerde einzutreten ist (BVGE 2007/6 E. 1).

    2. Die Verfügung der Vorinstanz vom 15. Juli 2021 kann nach Art. 63 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 6. Oktober 1995 über den zivilen Ersatzdienst (Zivildienstgesetz, ZDG; SR 824.0) im Rahmen der allgemeinen Bestimmungen über die Bundesverwaltungsrechtspflege mit Beschwerde vor dem Bundesverwaltungsgericht angefochten werden (Art. 5 Abs. 1 Bst. a und Art. 44 ff. des Verwaltungsverfahrensgesetzes vom 20. Dezember 1968 [VwVG; SR 172.021] i.V.m. Art. 31 ff. und Art. 37 ff. des Verwaltungsgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005 [VGG; SR 173.32]).

      Als Adressat der Verfügung vom 15. Juli 2021 ist der Beschwerdeführer durch diese besonders berührt und hat ein schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung oder Änderung. Der Beschwerdeführer ist daher zur Beschwerde berechtigt (Art. 48 Abs. 1 Bst. a–c VwVG). Die Anforderungen an Form und Inhalt der Beschwerde sind nach angemahnter Verbesserung erfüllt (Art. 52 VwVG). Dass die Beschwerdefrist nicht eingehalten wurde, ist unbestritten.

    3. Das Bundesverwaltungsgericht ist zuständig für die Beurteilung von Gesuchen um Wiederherstellung einer Frist, die im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht selber versäumt worden ist (Art. 24 Abs. 1 VwVG

i.V.m. Art. 37 VGG). Gemäss Art. 24 Abs. 1 VwVG kann eine Frist wiederhergestellt werden, wenn der Gesuchsteller oder seine Vertretung unverschuldeterweise davon abgehalten wurde, binnen Frist zu handeln. Wer eine Frist wiederhergestellt haben möchte, muss unter Angabe des Grundes innert 30 Tagen nach Wegfall des Hindernisses darum ersuchen und die versäumte Rechtshandlung nachholen.

Der Gesuchsteller ersuchte mit Eingabe vom 4. November 2021 (recte:

4. Oktober 2021; Poststempel vom 6. Oktober 2021) sinngemäss um Wiederherstellung der Beschwerdefrist. Da an die Formulierung eines solchen Gesuchs keine allzu hohen Anforderungen zu stellen sind, genügt das sinngemäss vorgetragene Ersuchen des anwaltlich nicht vertretenen Gesuchstellers (vgl. STEFAN VOGEL, in: Auer/Müller/Schindler [Hrsg.], Kommentar zum Bundesgesetz über das Verwaltungsverfahren [VwVG],

  1. Aufl. 2019, N.19 zu Art. 24 VwVG). Der Gesuchsteller hat damit innert 30 Tagen, seit er Kenntnis über die längere Dauer des Zivildienstes für Durchdiener erhalten hat, die versäumte Rechtshandlung mit Beschwerdeerhebung nachgeholt und unter Angabe eines Grundes um Wiederherstellung der Beschwerdefrist ersucht. Die formellen Voraussetzungen für eine Fristwiederherstellung sind damit erfüllt.

    Auf das Gesuch um Wiederherstellung der Beschwerdefrist ist einzutreten.

    2.

    1. Der Gesuchsteller beanstandet, die Verfügung sei ihm nur elektronisch sowie verspätet zugestellt worden. Folglich ist zu prüfen, ob die angefochtene Verfügung dem Gesuchsteller rechtsfehlerfrei eröffnet worden ist und zu welchem Zeitpunkt die Beschwerdefrist zu laufen begonnen hat.

    2. Nach Art. 34 Abs. 1bis VwVG i.V.m. Art. 8 Abs. 1 der Verordnung über die elektronische Übermittlung im Rahmen eines Verwaltungsverfahrens vom 18. Juni 2010 (VeÜ-VwV; SR 172.021.2) ist die elektronische Eröffnung von Verfügungen mit Einverständnis der Parteien zulässig. Erfolgt die Zustellung in ein elektronisches Postfach der Adressatin oder des Adressaten, das auf einer anerkannten Zustellplattform nach persönlicher Identifikation der Inhaberin oder des Inhabers des Postfaches eingerichtet wurde, so gilt diese Zustellung als Erstzustellungsversuch im Sinne von

      Art. 20 Abs. 2bis VwVG (Art. 10 Abs. 1 VeÜ-VwV). Solche Mitteilungen gelten am siebten Tag nach dem Zustellungsversuch als erfolgt (Art. 20 Abs. 2bis VwVG). Die Beweislast für die Zustellung trägt die Vorinstanz (BGE 124 V 400 E. 2a; 105 III 43 2a; je mit Hinweisen).

    3. Den vorinstanzlichen Akten ist zu entnehmen, dass der Gesuchsteller ein Konto im elektronischen Dienstleistungsportal für den Zivildienst (E- ZIVI) eröffnet hat (Vernehmlassungsbeilagen 3 und 5). Im Zuge der Kontoeinrichtung erhielt der Gesuchsteller Informationen zu den rechtlichen Voraussetzungen der elektronischen Dokumentenübertragung (vgl. Video "Ich will die elektronische Dokumentenübertragung aktivieren", abrufbar unter: https://www.zivi.admin.ch/zivi/de/home/landingpages/e-zivi-tutori- als.html, 00:46). Im Anschluss an diese Rechtsbelehrung erteilte der Gesuchsteller seine Zustimmung zur elektronischen Zustellung (Art. 8 VeÜVwV). Die Vorinstanz hat dem Gesuchsteller somit ohne Bundesrecht zu verletzen am 16. Juli 2021 die Zulassungsverfügung über das Kundeninformationssystem E-ZIVI in sein elektronisches Postfach übermittelt. Der durch eine automatisch generierte E-Mail benachrichtigte Gesuchsteller rief diese Verfügung am 27. Juli 2021 ab (Vernehmlassungsbeilage 5). Ungeachtet des tatsächlichen Abrufdatums gilt die Verfügung nach Art. 20 Abs. 2bis VwVG sieben Tage nach der Zustellung, d.h. am 23. Juli 2021 als zugestellt. Unter Berücksichtigung des Fristenstillstandes während der Gerichtsferien endete die 30-tägige Beschwerdefrist (Art. 66 Bst. b ZDG) folglich am 14. September 2021.

    4. Die Rüge des Gesuchstellers, die Verfügung sei ihm nur elektronisch und verspätet zugestellt worden, erweist sich als unbegründet. Die Zustellung der angefochtenen Verfügung erfolgte rechtsgültig. Daraus folgt, dass die Beschwerde vom 24. September 2021 nicht innerhalb der gesetzlich vorgesehenen Frist von 30 Tagen (Art. 66 Bst. b ZDG) angehoben wurde.

    5. Gestützt auf Art. 52 Abs. 2 und 3 VwVG setzte die Instruktionsrichterin dem Gesuchsteller mit Zwischenverfügung vom 28. September 2021 unter Androhung der Nichteintretensfolge eine kurze Nachfrist bis zum 4. Oktober 2021, um die Beschwerde zu verbessern und eine vollständige Kopie der angefochtenen Verfügung nachzureichen. Mit Eingabe, die irrtümlich auf den 4. November 2021 datiert worden ist (massgebliches Datum: Poststempel vom 6. Oktober 2021), hat der Gesuchsteller im Übrigen auch die gerichtlich angesetzte Nachfrist zur Beschwerdeverbesserung nicht gewahrt.

3.

    1. Die Möglichkeit eine Frist im Sinne von Art. 24 Abs. 1 VwVG wiederherzustellen, besteht sowohl für gesetzliche wie behördlich angesetzte Fristen, die unverschuldet versäumt worden sind. Gemäss ständiger Rechtsprechung ist die Wiederherstellung der Frist gestützt auf Art. 24 Abs. 1 VwVG nur bei klarer Schuldlosigkeit der betroffenen Prozesspartei und ihrer Vertretung zu gewähren, d.h. wenn die Partei oder ihr Vertreter auch bei gewissenhaftem Vorgehen nicht rechtzeitig hätten handeln können (vgl. Urteile des BGer 2C_177/2019 vom 22. Juli 2019 E. 4.2.1; 1C_336/2011 vom 12. Dezember 2011 E. 2.3; je mit Hinweisen). Bereits ein leichtes Verschulden steht einer Wiederherstellung entgegen (vgl. VOGEL, a.a.O., N. 9 zu Art. 24 VwVG). In Frage kommt eine objektive Unmöglichkeit zeitgerechten Handelns wie beispielsweise bei Naturkatastrophen, Militärdienst oder schwerwiegender Erkrankung, oder eine subjektive Unmöglichkeit, wenn zwar die Vornahme einer Handlung, objektiv betrachtet, möglich gewesen wäre, die betroffene Person aber durch besondere Umstände, die sie nicht zu vertreten hat, am Handeln gehindert worden ist. In Betracht kommen hier insbesondere unverschuldete Irrtumsfälle (Urteile des BGer 2C_177/2019 vom 22. Juli 2019 E. 4.2; 2C_1096/2013 vom

      19. Juli 2014 E. 4.1; je mit Hinweisen; vgl. PATRICIA EGLI, Praxiskommentar VwVG, 2. Aufl. 2016, N. 13 f. zu Art. 24 VwVG). Ein auf Unachtsamkeit zurückzuführendes Versehen, organisatorische Unzulänglichkeiten, Arbeitsüberlastung, Ferienabwesenheit oder Unkenntnis der gesetzlichen Vorschriften stellen kein unverschuldetes Hindernis dar (Urteil des BVGer A-7054/2017 vom 19. Juli 2018 E. 2.3.2, mit Hinweisen).

    2. Jeder Schweizer ist verpflichtet, Militärdienst zu leisten (Art. 59 Abs. 1 Satz 1 BV). Militärdienstpflichtige, die den Militärdienst mit ihrem Gewissen nicht vereinbaren können, leisten gemäss Art. 1 ZDG auf Gesuch hin einen länger dauernden zivilen Ersatzdienst (Zivildienst), welcher grundsätzlich 1,5-mal so lange wie die Gesamtdauer der noch nicht geleisteten Ausbildungsdienste nach der Militärgesetzgebung dauert (Art. 8 Abs. 1 Satz 1 ZDG). Die Anzahl der insgesamt zu leistenden Tage Ausbildungsdienst ist im Bundesgesetz über die Armee und die Militärverwaltung (MG; SR 510.10) vom 3. Februar 1995 und in der Verordnung über die Militärdienstpflicht (VMDP) vom 22. November 2017 (SR 512.21) geregelt. Gemäss Art. 42 MG in Verbindung mit Art. 47 Abs. 1 Bst. a Ziff. 1 VMDP leisten Soldaten und Gefreite 245 Tage Ausbildungsdienst. Für durchdienende Soldaten und Gefreite beträgt die Zahl der bis am 31. Dezember 2022 insgesamt zu leistenden anrechenbaren Tage Ausbildungsdienst 300 Tage

      (Art. 111 Abs. 1 VMDP). Zur Berechnung der Dauer der ordentlichen Zivildienstleistungen übernimmt das ZIVI die Angaben des Personalinformationssystems der Armee über die Gesamtdauer der noch nicht geleisteten Ausbildungsdienste nach der Militärgesetzgebung (Art. 8 Abs. 1 ZDG i.V.m. Art. 27 der Verordnung über den zivilen Ersatzdienst vom 11. September 1996 [Zivildienstverordnung, ZDV; SR 824.01]).

    3. Gemäss Art. 54a Abs. 1 Satz 1 MG kann der Militärdienstpflichtige seine Ausbildungspflicht freiwillig ohne Unterbrechung erfüllen. Dieser Regelung entspricht Art. 20 Satz 1 ZDG, wonach der Zivildienst in einem oder mehreren Einsätzen geleistet wird. Der Bundesrat regelt die Mindestdauer und die zeitliche Abfolge der Einsätze. Art. 5 ZDG sieht vor, dass die Belastung einer zivildienstleistenden Person durch die ordentlichen Zivildiensteinsätze insgesamt derjenigen eines Soldaten in seinen Ausbildungsdiensten entsprechen muss.

4.

    1. Der Gesuchsteller wendet sich nicht gegen die vorinstanzliche Berechnung der zu leistenden 447 Zivildiensttage an sich, sondern beanstandet seine Einteilung als Durchdiener im Zivildienst. Als Grund für die Unmöglichkeit fristgerechten Handelns führt er an, der Aushebungsoffizier in (Ort) habe ihn als Durchdiener eingeteilt, ohne ihn vorgängig darauf hinzuweisen, dass er nach diesem Modell zu 447 anstatt zu 365 Zivildiensttagen verpflichtet werde. Der Gesuchsteller ist weiter der Auffassung, ein solches Verhalten stelle eine Täuschung dar.

    2. Die Vorinstanz hält eine Wiederherstellung der Beschwerdefrist für unzulässig. Sie bringt vor, der Gesuchsteller habe sich gemäss der im Personalinformationssystem der Armee (PISA) hinterlegten "Verpflichtungserklärung Durchdienende" vom 28. April 2021 verpflichtet, seine gesamte Ausbildungsdienstpflicht (300 Tage) ohne Unterbrechung als Durchdiener zu leisten (Vernehmlassungsbeilage 2). Auf dem unterzeichneten Formular seien die 300 zu leistenden Militärdiensttage erwähnt. Auf der Rückseite dieses Formulars seien die Voraussetzungen für einen Statuswechsel ins WK-Modell (mit insgesamt 245 zu leistenden Diensttagen) aufgeführt. Anlässlich des Einführungstages vom 13. Juli 2021 sei dem Gesuchsteller aufgezeigt worden, dass eine Zulassung zum Zivildienst die Bereitschaft voraussetze, einen im Vergleich zum Militärdienst um den Faktor 1,5 längeren Dienst zu leisten. In der Folge habe der Gesuchsteller mit Bestätigung vom 14. Juli 2021 an seinem Zulassungsgesuch festgehalten. Zudem

      sei der Gesuchsteller in der Zulassungsverfügung ausdrücklich aufgefordert worden, die Gesamtdauer der Zivildienstleistungen (Dispositiv-Ziffer

      2) zu überprüfen und das Regionalzentrum umgehend zu kontaktieren, sollten diese seiner Meinung nach nicht korrekt verfügt worden sein. Der Gesuchsteller habe das Regionalzentrum bezüglich der Gesamtdauer jedoch nicht kontaktiert, sondern vielmehr seinen ersten Zivildiensteinsatz vereinbart und geleistet. Vor diesem Hintergrund könne das Fristversäumnis nicht als unverschuldet betrachtet werden.

    3. Der Gesuchsteller beruft sich auf einen subjektiven Irrtum. Die Vorinstanz weist zwar zu Recht darauf hin, dass die 300 zu leistenden militärischen Diensttage auf der unterzeichneten "Verpflichtungserklärung für Durchdienende" erwähnt sind. Auf dem rückseitigen Formular zum Statuswechsel ins WK-Modell findet sich allerdings kein Hinweis darauf, dass nach diesem Modell lediglich 245 Diensttage zu leisten wären. Dieses Formular enthält einzig die Voraussetzungen für einen Wechsel ins WK-Modell nach der Zulassung als Durchdiener im Rahmen der Militärdienstpflicht (Art. 28 Abs. 1 und 2 der Weisungen des Chefs der Armee über die Militärdienstpflicht [WMDP; Weisungen 90.112 d]). Als der Beschwerdeführer anlässlich der Aushebung am 28. April 2021 die Verpflichtungserklärung unterzeichnet hat, konnte er gestützt auf diese Informationsgrundlage nicht erkennen, was für Folgen diese Einwilligung, welche die Anforderungen an militärische Durchdiener zum Inhalt hat, für die geplante Dauer der Zivildienstleistungen nach sich ziehen würde. Gemäss Sachschilderung des Gesuchstellers sind ihm vor seiner Einwilligung und Unterzeichnung der Verpflichtungserklärung auch von Seiten des Rekrutierungsverantwortlichen keine Informationen zur längeren Dienstpflicht bei Durchdienern zugetragen worden.

    4. Der Irrtum des Gesuchstellers betrifft demnach einen Sachverhalt, den er nach Treu und Glauben als eine notwendige Grundlage für seine Einwilligung zum Durchdienen (Art. 54a Abs. 1 MG) betrachtet hat. Damit ist nicht auszuschliessen, dass sich der Gesuchsteller im Zeitpunkt der Unterzeichnung in einem wesentlichen Irrtum über die Dienstdauer für Durchdienende befunden hat und dieser Irrtum kausal für seine Einwilligung ins Durchdienermodell war. Ob die allgemeinen vertragsrechtlichen Bestimmungen zu den Willensmängeln und – wie der Beschwerdeführer meint – zur Täuschung (Art. 23 ff. OR) mitsamt deren Rechtsfolgen bei der am 28. April 2021 unterzeichneten Verpflichtungserklärung für Durchdienende als Ausdruck allgemeiner Rechtsgrundsätze angesehen werden können und sich als sachgerecht erweisen, kann aber aus den nachfolgend dargelegten

      Gründen offenbleiben (vgl. BGE 105 Ia 207 E. 2c; 132 II 161 E. 3.1 ff.; je mit Hinweisen).

    5. Das Bundesverwaltungsgericht hat bereits mit Urteil BVGE 2014/50 in grundsätzlicher Weise festgehalten, die Verpflichtung zur Leistung eines unterbruchsfreien Dienstes gemäss der Regelung im Militärgesetz (Art. 54a MG) erfolge stets freiwillig. Es erwog weiter, aArt. 36a ZDV, welcher für Zivildienstleistende, die zum Zeitpunkt ihrer Anmeldung zum Zivildienst als Durchdiener gemeldet waren, die Pflicht zur Leistung eines unterbruchsfreien Zivildiensteinsatzes vorsehe, sei gesetzeswidrig (E. 5.3). aArt. 36a ZDV wurde in der Folge am 3. Juni 2016, mit Wirkung per 1. Juli 2016 (AS 2016 1897), aufgehoben. Entsprechend ist heute in der Zivildienstverordnung – so wie vor der Einführung (AS 2003 4843 ff.) des mittlerweile ausser Kraft gesetzten Art. 36a ZDV – lediglich der kurze und der lange Einsatz geregelt. Ausdrücklich verworfen wurde im Urteil BVGE 2014/50 die Argumentation, auf welche sich auch die Vorinstanz stützt, wonach der Militärdienstpflichtige bei hinreichender Information mit der Wahl des Durchdienermodells zugleich auch für den Fall eines späteren Zivildienstgesuchs die Einwilligung erteilt, Durchdiener zu bleiben (E. 4.6). Dies gilt umso mehr, wenn der Gesuchsteller – wie hier geltend gemacht wird – vor seiner Einwilligung und Unterzeichnung der Verpflichtungserklärung für Durchdienende keine hinreichenden Informationen zur längeren Dienstpflicht bei Durchdienern erhalten haben sollte bzw. diese für ihn nicht erkennbar waren (E. 4.3).

    6. Anders stellt sich die Situation für den daran anschliessenden Zeitraum dar. Zwischen dem 28. April 2021 (Datum der Unterzeichnung der Verpflichtungserklärung für Durchdienende) und dem 14. September 2021 (Ablauf der Beschwerdefrist) hat der Gesuchsteller genügend Zeit gehabt, sich mit den Regeln des Zivildienstes auseinanderzusetzen. Informationen zu den rechtlichen Grundlagen der Zulassung und zur längeren Dienstdauer für Durchdiener werden mehrfach und an prominenter Stelle auf der Homepage des Bundesamtes für Zivildienst bereitgestellt (https://www.zivi.admin.ch/zivi/de/home/landingpages/faq.html; Broschüren "Schritt für Schritt zum Zivildienst" und "Der Zivildienst setzt Zeichen" Informationen für Stellungspflichtige [www.zivi.admin.ch/zivi/de/home/do- kumentation/publikationen/broschueren-und-flyer.html]). Anlässlich des Einführungstages am 13. Juli 2021 hätte dem Gesuchsteller zudem die Möglichkeit offen gestanden, sich direkt über die verschiedenen Modelle zu erkundigen. Der Gesuchsteller bringt jedoch in keiner Weise zum Ausdruck, dieses Informationsangebot jemals wahrgenommen und eigene

      Schritte unternommen zu haben, sich angemessen über seine Zivildienstpflicht zu informieren. Sein einziges Vorbringen, wonach er 365 anstatt 447 Diensttage leisten wolle, lässt jedenfalls nicht darauf schliessen, dass er sich mit den unterschiedlichen Anforderungen für Durchdienende und Zivildienstleistende im WK-Modell auseinandergesetzt und seine Entscheidung sorgfältig überdacht hätte. Mit Blick auf die ersuchte Fristwiederherstellung ist dem Gesuchsteller daher ein auf Nachlässigkeit zurückzuführendes Versehen vorzuwerfen (E. 4.6). Das Fristversäumnis hat der Gesuchsteller selber zu verantworten.

    7. Das Gesuch um Wiederherstellung der Beschwerdefrist ist demnach abzuweisen.

    8. Auf die Beschwerde ist mangels Einhaltung der gesetzlichen Beschwerdefrist nicht einzutreten.

5.

    1. Die Beschwerde wäre im Übrigen selbst bei Einhaltung der Beschwerdefrist nur soweit zulässig, als sie sich gegen die angefochtene Anzahl von 447 zu leistenden Diensttagen gemäss Dispositiv-Ziffer 2 der Zulassungsverfügung vom 15. Juli 2021 richtet. Sollten die Schriftsätze des Beschwerdeführers sinngemäss ein Gesuch um Enthebung von der Pflicht zur ununterbrochenen Leistung des Zivildienstes enthalten, würde dieses Ansuchen ausserhalb des Streitgegenstandes (Dispositiv-Ziffer 2) liegen. Die Vorinstanz hat sich mit der Frage eines Systemwechsels nur insoweit auseinandergesetzt, als sie vorbringt, ein Gesuch um Wechsel ins WK-Modell sei ihres Wissens bisher nicht eingereicht worden.

    2. Eine Überweisung zur Behandlung an die Vorinstanz (Art. 8 Abs. 1 VwVG) erscheint im jetzigen Zeitpunkt nicht zielführend, weil eine informierte Entscheidung für oder gegen ein bestimmtes Zivildienstmodell derzeit unwahrscheinlich ist und ein solches Ersuchen auch nicht mit der hierfür notwendigen Klarheit aus der Beschwerdeschrift hervorgeht. Die Schriftsätze vom 24. September 2021 und 4. bzw. 6. Oktober 2021 lassen nicht erkennen, dass sich der Beschwerdeführer mit den rechtlichen Voraussetzungen und den Anforderungen an das WK-Modell auch nur ansatzweise auseinandergesetzt hat. Der Beschwerdeführer wird daher ersucht, sich vor einem allfälligen Gesuch um Wechsel ins WK-Modell angemessen zu informieren und sich sorgfältig zu überlegen, welches dieser

      Modelle besser mit seiner beruflichen und privaten Lebensplanung vereinbar ist. Alle hierzu notwendigen Rechtsgrundlagen und Informationen finden sich auf www.zivi.ch. Auskünfte erteilt das Regionalzentrum Rüti.

    3. Die Vorinstanz ist im Falle eines allfälligen Gesuchs um einen Wechsel ins WK-Modell für Zivildienstleistende an die ständige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu erinnern (BVGE 2014/50; Urteile des BVGer B-3356/2014 vom 17. August 2015; B-2474/2019 vom 23. September 2019).

6.

Gemäss Art. 65 Abs. 1 ZDG ist das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht kostenlos, sofern es sich nicht um mutwillige Beschwerdeführung handelt; Parteientschädigungen werden keine ausgerichtet. Im vorliegenden Fall sind deshalb weder Kosten zu erheben noch Entschädigungen zuzusprechen.

7.

Gegen Entscheide auf dem Gebiet des Zivildienstes ist die Beschwerde an das Bundesgericht unzulässig (Art. 83 Bst. i des Bundesgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005 [BGG, SR 173.110]).

Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:

1.

Das Gesuch um Wiederherstellung der Beschwerdefrist wird abgewiesen.

2.

Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.

3.

Es werden keine Verfahrenskosten erhoben.

4.

Es wird keine Parteientschädigung ausgerichtet.

5.

Dieses Urteil geht an:

  • den Beschwerdeführer (Einschreiben; Beilage zurück)

  • die Vorinstanz (Ref-Nr. […]; Einschreiben)

  • die Vollzugsstelle für den Zivildienst ZIVI, Zentralstelle, Malerweg 6, 3600 Thun (Einschreiben; Vorakten zurück)

Die vorsitzende Richterin: Die Gerichtsschreiberin:

Vera Marantelli Katharina Niederberger

Versand: 17. Januar 2022

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