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Bundesverwaltungsgericht Urteil D-2685/2021

Urteilsdetails des Bundesverwaltungsgerichts D-2685/2021

Instanz:Bundesverwaltungsgericht
Abteilung:Abteilung IV
Dossiernummer:D-2685/2021
Datum:25.11.2021
Leitsatz/Stichwort:Asyl und Wegweisung (Mehrfachgesuch/Wiedererwägung)
Schlagwörter : Verfügung; Bundesverwaltungsgericht; Vorinstanz; Beweismittel; Recht; Sachverhalt; Wiedererwägung; Lanka; Begründung; Urteil; Eingabe; Beschwerdeführers; Spruchkörper; Sachverhalts; Verfahren; Revision; Vorbringen; Verletzung; Gehör; Anspruch; Gesuch; Wegweisung; Entscheid; Länderbericht; Tatsache; Schweiz
Rechtsnorm: Art. 123 BGG ;Art. 22 VwVG ;Art. 26 VwVG ;Art. 49 BV ;Art. 52 VwVG ;Art. 63 VwVG ;Art. 65 VwVG ;Art. 66 VwVG ;Art. 83 BGG ;
Referenz BGE:134 III 47; 143 III 65; 144 I 11
Kommentar:
-

Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts

B u n d e s v e r w a l t u n g s g e r i c h t

T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i f f é d é r a l

T r i b u n a l e a m m i n i s t r a t i v o f e d e r a l e T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i v f e d e r a l

Abteilung IV D-2685/2021

U r t e i l v o m 2 5 . N o v e m b e r 2 0 2 1

Besetzung Einzelrichter Simon Thurnheer,

mit Zustimmung von Richter Daniele Cattaneo; Gerichtsschreiberin Bettina Hofmann.

Parteien A. , geboren am (…), Sri Lanka,

vertreten durch Gabriel Püntener, Rechtsanwalt, Advokaturbüro, (...),

Beschwerdeführer,

gegen

Staatssekretariat für Migration (SEM), Quellenweg 6, 3003 Bern,

Vorinstanz.

Gegenstand Asyl und Wegweisung

(Beschwerde gegen Wiedererwägungsentscheid); Verfügung des SEM vom 31. Mai 2021 / N (…).

Sachverhalt:

I.

A.

Der Beschwerdeführer suchte am 9. Mai 2018 in der Schweiz um Asyl nach.

B.

Mit Verfügung vom 27. April 2020 lehnte das SEM das Asylgesuch ab und ordnete die Wegweisung aus der Schweiz sowie den Vollzug an.

C.

Die dagegen am 29. Mai 2020 erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht mit Urteil D-2811/2020 vom 15. Juli 2020 ab.

II.

D.

    1. Am 6. April 2021 gelangte der Beschwerdeführer – handelnd durch seinen am 27. August 2020 neu mandatierten Rechtsvertreter – mit einer als «Asylgesuch» bezeichneten Eingabe wiederum an das SEM und ersuchte um die Gewährung von Asyl, eventualiter um die Anordnung der vorläufigen Aufnahme.

    2. Zur Begründung machte er im Wesentlichen geltend, im ersten Asylverfahren seine wahren Fluchtgründe verschwiegen zu haben. So habe er damals nicht erwähnt, dass er vom 6. April 2009 bis am 26. April 2011 für die Firma «(…)» in B. als «(…)» tätig gewesen sei. In dieser Funktion habe er für verschiedene Firmen die Buchhaltung erledigt; im Zeitraum von Februar 2010 bis Februar 2011 unter anderem für die Nichtregierungs- organisation (NGO) «(…)». Letztere sei von C. – einem heutigen Minister und Führer der paramilitärischen Gruppierung Eelam People’s Democratic Party (EPDP) – geführt worden. Während seiner Tätigkeit als (...) für die besagte NGO habe er eine Liste von Adressen von tamilischen Geschäftsleuten entdeckt, bei welchen ein Datum sowie ein Geldbetrag vermerkt gewesen sei. Ihm sei sofort klar gewesen, dass es sich dabei um Schutzgeldzahlungen an die EPDP handeln müsse. Sein Freund D. habe sich damals für Informationen über C. interessiert, weshalb er jenem die Adressliste auf einen USB-Stick kopiert und ausgehändigt habe. Er nehme an, dass D. die Daten einige Jahre später weitergeleitet habe, um die Korruption von C. offenzulegen.

      Als Folge davon sei D. im August 2016 durch Mitglieder der EPDP entführt und getötet worden. Sollte D. seinen Namen nicht unter Folter an die EPDP weitergegeben haben, so sei die EPDP wohl durch Nachforschungen dahintergekommen, dass er die Daten entwendet habe. Aus diesem Grund hätten ihn zwei Mitglieder der EPDP Ende Juli 2017 entführen wollen. Die EPDP sei im Norden und Osten Sri Lankas aktiv und gehe gewaltsam gegen Gegner vor, wobei nicht von einer Schutzwilligkeit des sri-lankischen Staates auszugehen sei. Die obgenannten Sachverhaltselemente habe er den Schweizer Asylbehörden gegenüber bis anhin verschwiegen, weil er sich in Sri Lanka durch die Weitergabe von vertraulichen Daten strafbar gemacht habe.

      Sodann habe ihm seine Familie erst nach Erhalt des negativen Asylentscheides mitgeteilt, dass sich Mitglieder der EPDP nach seiner Ausreise im August 2017 zweimal hintereinander nach seinem Verbleib erkundigt hätten, weshalb sein (…) am 25. August 2017 eine Anzeige bei der «Human Rights Commission of Sri Lanka» erstattet habe. Die Suche halte nach wie vor an; so seien Mitglieder der EPDP im September 2020 und zuletzt im Januar 2021 bei seiner Familie zu Hause erschienen.

    3. Zur Stützung seiner Vorbringen reichte er folgende Beweismittel zu den Akten:

  • Schreiben der Firma «(...)» an die NGO «(…)» vom 20. Januar 2010 betreffend die Tätigkeit des Beschwerdeführers als (...);

  • Unterlagen im Zusammenhang mit der Anzeige seines (…) bei der

    «Human Rights Commission of Sri Lanka» (Anzeige vom 25. August 2017, Empfangsbestätigung vom 28. August 2017 sowie Vorladung

    vom 6. September 2017);

  • vom Dorfvorsteher beglaubigtes Schreiben seines (…) vom 4. April 2021 betreffend die Erkundigungen nach dem Beschwerdeführer im September 2020 und im Januar 2021;

  • diverse Länderberichte und Medienartikel betreffend die politische und menschenrechtliche Situation in Sri Lanka sowie die Aktivitäten der EPDP (datiert vom 3. Oktober 2019, 1. Januar 2020, 18./20. Juni 2020,

25. Juli 2020, 12. August 2020, 3./6. November 2020, 27. Januar 2021

und 4. April 2021).

E.

Das SEM setzte den Vollzug der Wegweisung mit Zwischenverfügung vom

13. April 2021 einstweilen aus.

F.

Das SEM nahm die Eingabe vom 6. April 2021 als qualifiziertes Wiedererwägungsgesuch entgegen, wies dieses mit Verfügung vom 31. Mai 2021 (eröffnet am 8. Juni 2021) ab und stellte die Rechtskraft und Vollstreckbarkeit seiner Verfügung vom 27. April 2020 fest. Ferner erhob es eine Gebühr von Fr. 600.– und stellte fest, dass einer allfälligen Beschwerde keine aufschiebende Wirkung zukomme.

G.

Gegen diesen Entscheid erhob der Beschwerdeführer mit Eingabe seines Rechtsvertreters vom 8. Juni 2021 (vorab per Fax) beim Bundesverwaltungsgericht Beschwerde. Darin beantragte er unter anderem, ihm sei der Spruchkörper bekanntzugeben und mitzuteilen, ob dieser zufällig ausgewählt worden sei. Andernfalls seien die objektiven Kriterien anzugeben, nach welchen die Gerichtspersonen ausgewählt worden seien. Zudem ersuchte er um Anordnung vollzugshemmender vorsorglicher Massnahmen und um Erteilung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde.

Im Weiteren stellte er die Nachreichung einer ausführlichen Beschwerdeergänzung sowie eine allfällige Korrektur der Beschwerdeanträge innerhalb der noch laufenden Beschwerdefrist in Aussicht.

H.

Am 8. Juni 2021 setzte das Bundesverwaltungsgericht den Vollzug der Wegweisung gestützt auf Art. 56 VwVG per sofort einstweilen aus.

I.

Mit Zwischenverfügung vom 10. Juni 2021 gab der Instruktionsrichter dem Beschwerdeführer den voraussichtlichen Spruchkörper des Beschwerdeverfahrens bekannt. Zudem wurde der Beschwerdeführer – unter Androhung des Nichteintretens im Säumnisfall – aufgefordert, bis zum 25. Juni 2021 einen Kostenvorschuss von Fr. 1‘500.– zu leisten.

J.

Mit Eingabe seines Rechtsvertreters vom 14. Juni 2021 ersuchte der Beschwerdeführer um Erstreckung der Frist zur Bezahlung des einverlangten Kostenvorschusses bis zum 8. Juli 2021. Zur Begründung brachte er vor,

dass die ordentliche Beschwerdefrist bis am 8. Juli 2021 andauere und die Beschwerde einzig infolge der Beantragung von vorsorglichen Massnahmen vor deren Ablauf eingereicht worden sei.

K.

Mit Zwischenverfügung vom 17. Juni 2021 wies der Instruktionsrichter das entsprechende Fristerstreckungsgesuch – unter Hinweis auf das Fehlen von zureichenden Gründen gemäss Art. 22 Abs. 2 VwVG – ab und hielt am Dispositiv der Verfügung vom 10. Juni 2021 vollumfänglich fest.

L.

Mit Eingabe vom 25. Juni 2021 ersuchte der Beschwerdeführer – unter Beilage einer Fürsorgeabhängigkeitsbestätigung vom 17. Juni 2021 – um Gewährung der unentgeltlichen Prozessführung inklusive wiedererwägungsweisen Verzichts auf die Erhebung des Kostenvorschusses.

M.

Mit Eingabe vom 8. Juli 2021 (Datum des Poststempels) reichte der Beschwerdeführer die in Aussicht gestellte Beschwerdeergänzung innerhalb der laufenden Beschwerdefrist nach. Darin beantragte er, die angefochtene Verfügung sei wegen Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör, eventualiter wegen Verletzung der Begründungspflicht sowie eventualiter zur Feststellung des richtigen und vollständigen rechtserheblichen Sachverhalts aufzuheben und die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Eventualiter sei ihm unter Aufhebung der angefochtenen Verfügung und Feststellung der Flüchtlingseigenschaft Asyl zu gewähren. Eventualiter sei die angefochtene Verfügung aufzuheben und die Unzulässigkeit oder zumindest die Unzumutbarkeit des Wegweisungsvollzugs festzustellen. In verfahrensrechtlicher Hinsicht erneuerte er seinen Antrag auf Bestätigung der zufälligen Zusammensetzung des Spruchkörpers und ergänzte diesen dahingehend, dass ihm Einsicht in die Datei der Software des Gerichts zu gewähren sei, mit welcher diese Auswahl vorgenommen worden sei, und es sei offenzulegen, wer diese Auswahl getroffen habe.

Als Beweismittel reichte er einen Bericht des «Immigration and Refugee Board of Canada» betreffend die paramilitärische Gruppierung EPDP vom

8. Februar 2012 ins Recht.

Das Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwägung:

1.

Gemäss Art. 31 VGG beurteilt das Bundesverwaltungsgericht Beschwerden gegen Verfügungen nach Art. 5 VwVG und entscheidet auf dem Gebiet des Asyls in der Regel – wie auch vorliegend – endgültig (Art. 83 Bst. d Ziff. 1 BGG; Art. 105 AsylG). Der Beschwerdeführer ist als Verfügungsadressat zur Beschwerdeführung legitimiert (Art. 48 VwVG). Auf die fristund formgerecht eingereichte Beschwerde ist einzutreten (Art. 108 Abs. 6 AsylG und Art. 52 Abs. 1 VwVG).

2.

Die Kognition des Bundesverwaltungsgerichts und die zulässigen Rügen richten sich im Asylbereich nach Art. 106 Abs. 1 AsylG, im Bereich des Ausländerrechts nach Art. 49 VwVG (vgl. BVGE 2014/26 E. 5).

3.

Die vorliegende Beschwerde erweist sich – wie nachstehend aufgezeigt – als offensichtlich unbegründet und ist im Verfahren einzelrichterlicher Zuständigkeit mit Zustimmung eines zweiten Richters (Art. 111 Bst. e AsylG), ohne Weiterungen und mit summarischer Begründung zu behandeln (Art. 111a Abs. 1 und 2 AsylG).

4.

    1. Mit Zwischenverfügung vom 10. Juni 2021 wurde dem Beschwerdeführer die Zusammensetzung des Spruchkörpers bekannt gegeben. Im Übrigen ist zu bestätigen, dass der Spruchkörper im Auftrag des Abteilungspräsidiums durch eine Kanzleiperson gemäss Art. 31 Abs. 3 sowie Art. 32 Abs. 1 des Geschäftsreglements für das Bundesverwaltungsgericht vom

      17. April 2008 (VGR, SR 173.320.1) unter Berücksichtigung objektiver Kriterien generiert wurde. Manuelle Anpassungen wurden vorliegend nicht vorgenommen.

    2. Gemäss Art. 26 Abs. 1 VwVG haben die Partei oder ihr Vertreter Anspruch darauf, in ihrer Sache folgende Akten einzusehen: Eingaben von Parteien und Vernehmlassungen von Behörden (Bst. a), alle als Beweismittel dienenden Aktenstücke (Bst. b) und Niederschriften eröffneter Verfügungen (Bst. c). Die Software, mit welcher das Bundesverwaltungsgericht den Spruchkörper bestimmt, welcher die bei ihm eingereichten Rechtsmittel beurteilt, ist als solche keine das konkrete Verfahren betreffende Akte, in die Einsicht gewährt werden könnte. Der im Rechtsbegehren mitenthaltene Antrag, es sei Einsicht in die Datei der Software zu gewähren, mit der

die Bestimmung des Spruchkörpers vorgenommen worden sei, ist daher abzuweisen.

5.

    1. In der Beschwerde werden verschiedene formelle Rügen (Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör inklusive der Begründungspflicht sowie unrichtige und unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts) erhoben. Sie sind vorab zu beurteilen, da sie gegebenenfalls geeignet sind, eine Kassation der vorinstanzlichen Verfügung zu bewirken (vgl. Entscheidungen und Mitteilungen der [vormaligen] Schweizerischen Asylrekurskommission [EMARK] 2004 Nr. 38).

    2. Gemäss Art. 29 VwVG haben die Parteien Anspruch auf rechtliches Gehör, welcher als Mitwirkungsrecht alle Befugnisse umfasst, die einer Partei einzuräumen sind, damit sie in einem Verfahren ihren Standpunkt wirksam zur Geltung bringen kann (vgl. BGE 144 I 11 E. 5.3; BVGE 2009/35 E. 6.4.1). Mit dem Gehörsanspruch korreliert die Pflicht der Behörden, die Vorbringen tatsächlich zu hören, ernsthaft zu prüfen und in ihrer Entscheidfindung angemessen zu berücksichtigen. Nicht erforderlich ist, dass sich die Begründung mit allen Parteistandpunkten einlässlich auseinandersetzt und jedes einzelne Vorbringen ausdrücklich widerlegt (vgl. BGE 143 III 65 E. 5.2).

      Die unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts in Verletzung der behördlichen Untersuchungspflicht bildet einen Beschwerdegrund (Art. 106 Abs. 1 Bst. b AsylG). Unrichtig ist die Sachverhaltsfeststellung dann, wenn der Verfügung ein falscher und aktenwidriger oder nicht weiter belegbarer Sachverhalt zugrunde gelegt wurde. Unvollständig ist sie, wenn die Behörde trotz Untersuchungsmaxime den Sachverhalt nicht von Amtes wegen abgeklärt oder nicht alle für die Entscheidung wesentlichen Sachumstände berücksichtigt hat (vgl. dazu CHRISTOPH AUER/ANJA MARTINA BINDER, in: Kommentar zum Bundesgesetz über das Verwaltungsverfahren [VwVG], 2. Aufl. 2019, Art. 12 N 16).

    3. Der Beschwerdeführer rügt, die Vorinstanz habe die neu vorgebrachte Gefährdung pauschal als unglaubhaft taxiert und sich mit keinem Wort über die neue Ländersituation geäussert, womit sie den Anspruch auf rechtliches Gehör beziehungsweise die Begründungspflicht verletzt und den rechtserheblichen Sachverhalt unrichtig und unvollständig festgestellt habe.

      Die Vorinstanz hat in der angefochtenen Verfügung nachvollziehbar und hinreichend differenziert aufgezeigt, von welchen Überlegungen sie sich leiten liess. Entgegen der in der Beschwerde vertretenen Auffassung hat sie sich mit sämtlichen neuen Vorbringen auseinandergesetzt und ist zum Schluss gekommen, dass der Beschwerdeführer aus seinen diesbezüglichen Vorbringen keine Gefährdung in Sri Lanka abzuleiten vermöge. Allein aus dem Umstand, dass die Vorinstanz die im Gesuch neu geltend gemachten Sachvorbringen nicht so beurteilt wie vom Beschwerdeführer gewünscht, lässt weder auf eine Verletzung des rechtlichen Gehörs respektive der Begründungspflicht, noch auf eine unrichtige und unvollständige Sachverhaltsfeststellung schliessen. Vielmehr handelt es sich dabei um eine materielle Frage. Schliesslich zeigt die ausführliche Beschwerdeeingabe deutlich auf, dass eine sachgerechte Anfechtung des Entscheids der Vorinstanz ohne Weiteres möglich war.

    4. Die formellen Rügen erweisen sich angesichts dieser Sachlage als unbegründet, weshalb keine Veranlassung besteht, die angefochtene Verfügung aus formellen Gründen aufzuheben und die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen. Die diesbezüglichen Rechtsbegehren sind abzuweisen.

6.

    1. Der Beschwerdeführer stellt für den Fall einer materiellen Beurteilung seiner Beschwerde folgende Beweisanträge: Die Vorinstanz sei anzuweisen, eine tatsächliche, konkrete und umfassende Auseinandersetzung mit den eingereichten Beweismitteln vorzunehmen und er sei erneut anzuhören oder es sei ein Beweisverfahren durchzuführen.

    2. Aufgrund des vollständig festgestellten Sachverhalts und der bereits hinreichend erfolgten Würdigung der eingereichten Beweismittel durch die Vorinstanz ist der entsprechende Antrag in der Beschwerde mangels Notwendigkeit abzuweisen. Der Antrag auf erneute Anhörung des Beschwerdeführers ist ebenfalls abzulehnen, da der rechtserhebliche Sachverhalt hinreichend festgestellt ist und im Beschwerdeverfahren Ergänzungen und Berichtigungen gemacht sowie ein weiteres Beweismittel nachgereicht werden konnten.

7.

Das Wiedererwägungsverfahren ist im Asylrecht spezialgesetzlich geregelt (vgl. Art. 111b ff. AsylG). Ein entsprechendes Gesuch ist dem SEM innert 30 Tagen nach Entdeckung des Wiedererwägungsgrundes schriftlich und begründet einzureichen; im Übrigen richtet sich das Verfahren nach den

revisionsrechtlichen Bestimmungen von Art. 66–68 VwVG (Art. 111b

Abs. 1 AsylG).

In seiner praktisch relevantesten Form bezweckt das Wiedererwägungsgesuch die Anpassung einer ursprünglich fehlerfreien Verfügung an eine nachträglich eingetretene erhebliche Veränderung der Sachlage (vgl. BVGE 2014/39 E. 4.5 m.w.H.). Falls die abzuändernde Verfügung unangefochten blieb oder ein eingeleitetes Beschwerdeverfahren mit einem blossen Prozessentscheid abgeschlossen wurde, können auch Revisionsgründe (im Sinne von Art. 66 VwVG) einen Anspruch auf Wiedererwägung begründen (sog. «qualifiziertes Wiedererwägungsgesuch», vgl. dazu BVGE 2013/22 E. 5.4 m.w.H. sowie EMARK 2003 Nr. 17 E. 2.a). Darüber

hinaus sind auch Revisionsgründe, welche sich auf Beweismittel abstützen, welche erst nach Abschluss eines Beschwerdeverfahrens entstanden sind und vorbestandene Tatsachen belegen sollen, stets unter dem Titel der Wiedererwägung bei der Vorinstanz einzubringen, da solche neu entstandenen Beweismittel keine Grundlage für ein Revisionsverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht darstellen können (vgl. Art. 45 VGG i.V.m. Art. 123 Abs. 2 Bst. a [letzter Satz] BGG; BVGE 2013/22).

Erhebliche Tatsachen, von der die Partei erst nach Ergehen eines rechtskräftigen materiellen Beschwerdeentscheides erfährt, welche sich jedoch bereits vor dessen Ergehen verwirklichten (sog. unechte Noven) sind demgegenüber einer Wiedererwägung nicht zugänglich, sondern mittels Revision geltend zu machen (vgl. Art. 45 VGG i.V.m. Art. 123 Abs. 1 Bst. a BGG). Gleiches gilt für entscheidende Beweismittel, die bereits vor dem rechtskräftigen Beschwerdeentscheid entstanden sind, die die Partei jedoch erst danach auffindet. Solche Tatsachen beziehungsweise Beweismittel bilden zudem auch dann einen Revisionsgrund im Sinne von Art. 123 Abs. 2 Bst. a BGG, wenn sie in früheren Verfahren nicht beigebracht werden konnten, weil sie der gesuchstellenden Person damals nicht bekannt waren beziehungsweise trotz hinreichender Sorgfalt nicht bekannt sein konnten oder deren Geltendmachung oder Beibringung aus entschuldbaren Gründen nicht möglich war (vgl. BGE 134 III 47 E. 2.1; ANDRÉ MOSER/MICHAEL BEUSCH/LORENZ KNEUBÜHLER, Prozessieren vor dem Bundesverwaltungsgericht, Handbücher für die Anwaltspraxis, Band X, Basel 2013, Rz. 5.47).

8.

    1. Das Bundesverwaltungsgericht gelangt nach Prüfung der Akten in materieller Hinsicht zum Schluss, dass die Vorinstanz (im Ergebnis) zutreffend

      das Bestehen von Wiedererwägungsgründen verneint und zu Recht an der ursprünglichen Verfügung festgehalten hat. Die Ausführungen auf Beschwerdeebene und das eingereichte Beweismittel führen zu keiner anderen Betrachtungsweise.

    2. Vorab ist festzuhalten, dass das Schreiben der Firma «(...)» an die NGO «(…)» vom 20. Januar 2010, die Unterlagen im Zusammenhang mit der Anzeige des (…) des Beschwerdeführers bei der «Human Rights Commission of Sri Lanka» aus dem Jahr 2017 sowie die Länderberichte und Medienartikel vom 3. Oktober 2019, 1. Januar 2020 und 18./20. Juni 2020 (vgl. Prozessgeschichte, Bst. D.c) – entgegen den Ausführungen der Vorinstanz – der qualifizierten Wiedererwägung nicht zugänglich sind.

      Die besagten Beweismittel haben bereits zum Zeitpunkt des materiellen Urteils des Bundesverwaltungsgerichts D-2811/2020 vom 15. Juli 2020 Bestand gehabt, weshalb diese ausschliesslich Gegenstand eines Revisionsverfahrens beim Bundesverwaltungsgericht bilden könnten. Dasselbe gilt im Übrigen für den auf Beschwerdeebene eingereichten Länderbericht vom 8. Februar 2012 (vgl. Prozessgeschichte, Bst. M.). Durch die (umfassende) Prüfung der Vorinstanz sind dem Beschwerdeführer allerdings keine Rechtsnachteile entstanden. Es bleibt ihm unbenommen, mit den entsprechenden Beweismitteln ein formund fristgerechtes Revisionsgesuch beim Bundesverwaltungsgericht zu stellen, wobei wohl sämtliche der geltend gemachten Tatsachen bereits im ordentlichen Asylverfahren hätten geltend gemacht werden können und insbesondere das Verschweigen der wahren Fluchtgründe infolge der Verletzung von strafrechtlichen Normen keinen Entlastungsgrund darstellen dürfte. Entsprechend ist auf die in diesem Zusammenhang erfolgten Erwägungen der Vorinstanz und des Beschwerdeführers nicht weiter einzugehen.

    3. Was die nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts D-2811/2020 vom 15. Juli 2020 entstandenen Beweismittel, namentlich das vom Dorfvorsteher beglaubigte Schreiben des (…) des Beschwerdeführers vom

      4. April 2021 sowie die Länderberichte und Medienartikel vom 25. Juli 2020, 12. August 2020, 3./6. November 2020, 27. Januar 2021 und 4. April 2021 (vgl. Prozessgeschichte, Bst. D.c) angelangt, hat das SEM diese zu Recht unter dem Blickwinkel des Wiedererwägungsgesuchs entgegengenommen und geprüft.

      Soweit der Beschwerdeführer geltend macht, das vom Dorfvorsteher beglaubigte Schreiben des (…) des Beschwerdeführers vom 4. April 2021 belege unter anderem eine vorbestandene Tatsache (Verfolgung durch die EPDP), ist in Übereinstimmung mit der Vorinstanz festzuhalten, dass es sich bei einem solchen Schriftstück erfahrungsgemäss um ein Gefälligkeitsschreiben handelt, dem kaum ein Beweiswert zukommt. Abgesehen davon gelingt es dem Beschwerdeführer nicht, damit eine flüchtlingsrechtliche Gefährdung glaubhaft zu machen. Laut dem betroffenen Schreiben hätten sich im September 2020 und im Januar 2021 erneut unbekannte Personen nach ihm erkundigt. Entgegen den Vorbringen des Beschwerdeführers wird darin die angebliche Verfolgung durch die EPDP mit keinem Wort erwähnt. Darüber hinaus erscheint es auch wenig plausibel, dass ihn unbekannte Personen vier Jahre nach seiner Ausreise aus dem Heimatland und kurze Zeit nach Erhalt des negativen Asylentscheides erneut gesucht haben sollen. Angesichts obiger Erwägungen ist mit der Vorinstanz einig zu gehen, dass der Beschwerdeführer auch aus den diversen Länderberichten und Medienartikeln betreffend die politische und menschenrechtliche Situation in Sri Lanka sowie die Aktivitäten der EPDP, welche in keinem Zusammenhang mit seiner Person stehen, nichts zu seinen Gunsten abzuleiten vermag.

    4. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass das SEM das Vorliegen einer wiedererwägungsrechtlich relevanten Veränderung der Sachlage zu Recht verneint hat.

9.

Aus diesen Erwägungen ergibt sich, dass sich die angefochtene Verfügung

– vorbehältlich E. 8.2 – als rechtmässig erweist und die Beschwerde abzuweisen ist.

Der am 8. Juni 2021 angeordnete Vollzugsstopp fällt mit vorliegendem Urteil dahin. Das Gesuch um Erteilung der aufschiebenden Wirkung ist gegenstandslos geworden.

10.

    1. Der Beschwerdeführer beantragt die Gewährung der unentgeltlichen Prozessführung (Art. 65 Abs. 1 VwVG). Aufgrund der vorstehenden Erwägungen ergibt sich, dass seine Begehren als aussichtslos zu gelten haben. Damit ist eine der kumulativ zu erfüllenden Voraussetzungen nicht gegeben, weshalb das Gesuch ungeachtet der ausgewiesenen Mittellosigkeit abzuweisen ist.

    2. Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind die Kosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 63 Abs. 1 VwVG) und praxisgemäss auf insgesamt Fr. 1’500.– festzusetzen (Art. 13 des Reglements vom

21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht [VGKE, SR 173.320.2]). Das wiedererwägungsweise gestellte Gesuch um Verzicht auf die Erhebung des Kostenvorschusses ist mit vorliegendem Urteil gegenstandslos geworden.

(Dispositiv nächste Seite)

Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:

1.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.

Das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Prozessführung wird abgewiesen.

3.

Die Verfahrenskosten von Fr. 1’500.– werden dem Beschwerdeführer auferlegt. Dieser Betrag ist innert 30 Tagen ab Versand des Urteils zugunsten der Gerichtskasse zu überweisen.

4.

Dieses Urteil geht an den Beschwerdeführer, das SEM und die kantonale Migrationsbehörde.

Der Einzelrichter: Die Gerichtsschreiberin:

Simon Thurnheer Bettina Hofmann

Versand:

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