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Bundesverwaltungsgericht Urteil B-161/2021

Kopfdaten
Instanz:Bundesverwaltungsgericht
Abteilung:Abteilung II
Dossiernummer:B-161/2021
Datum:30.09.2021
Leitsatz/Stichwort:Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung
Schlagwörter : Beschwerde; Glasfaser; Beschwerdeführer; Schwerdeführerin; Beschwerdeführerin; Swiss; Swisscom; Fernmelde; Wettbewerb; Netze; FTTH-; Fernmeldeunternehmen; Serstandard; Glasfaserstandard; FTTH-Netz; Ausbau; Recht; Massnahme; Wettbewerbs; Zugang; Markt; Recht; FTTH-Netze; Topologie; Glasfasern; Netzes; Henden; Vorsorglich; Layer
Rechtsnorm: Art. 11 VwVG ; Art. 12 VwVG ; Art. 30 KG ; Art. 46 VwVG ; Art. 48 VwVG ; Art. 52 or; Art. 55 VwVG ; Art. 63 VwVG ; Art. 64 VwVG ;
Referenz BGE:105 V 266; 110 V 40; 117 V 185; 124 V 82; 125 II 613; 127 II 132; 127 II 139; 127 II 32; 127 V 431; 129 II 286; 129 II 497; 130 II 149; 130 II 521; 131 II 13; 132 II 485; 133 I 201; 133 I 270; 134 I 83; 137 II 199; 139 I 72; 140 II 194; 144 II 16; 99 Ib 215; ;
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:
Entscheid

B u n d e s v e r w a l t u n g s g e r i c h t

T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i f f é d é r a l

T r i b u n a l e a m m i n i s t r a t i v o f e d e r a l e T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i v f e d e r a l

Entscheid angefochten beim BGer

Abteilung II B-161/2021

U r t e i l v o m 3 0 . S e p t e m b e r 20 21

Besetzung Richter und Richterinnen Stephan Breitenmoser (Vorsitz), Maria Amgwerd, Kathrin Dietrich; Gerichtsschreiber Ralf Straub.

Parteien Swisscom (Schweiz) AG,

Alte Tiefenaustrasse 6, 3050 Bern, Beschwerdeführerin,

gegen

Wettbewerbskommission, Hallwylstrasse 4, 3003 Bern, Vorinstanz,

und

Init 7 (Schweiz) AG, Technoparkstrasse 5, 8406 Winterthur, vertreten durch Prof. Dr. Simon Schlauri, Ronzani Schlauri Anwälte, Technoparkstr. 1, 8406 Winterthur, Beigeladene.

Gegenstand Netzbaustrategie Swisscom (Untersuchung 31-0598)

– Anordnung vorsorglicher Massnahmen.

Inhaltsverzeichnis:

Sachverhalt 3

Erwägungen 14

  1. Prozessvoraussetzungen 14
  2. Geltungsund Anwendungsbereich des Kartellgesetzes 16
  3. Rechtmässigkeit des vorinstanzlichen Verfahrens 49
  4. Prüfungsvoraussetzungen 54
    1. Grundlagen vorsorglicher Massnahmen im Kartellrecht 54

    2. Grundlagen der aufschiebenden Wirkung 59

    3. Vorsorgliche Massnahme und aufschiebende Wirkung 59

  5. Erfolgsprognose 64
    1. Allgemeines 65

    2. Voraussetzungen der Missbrauchsvariante 66

    3. Relevanter Markt 67

    4. Marktbeherrschung 75

    5. Technische Entwicklung 79

    6. Einschränkung 83

    7. Rechtfertigung 84

    8. Wettbewerbsverfälschung 156

    9. Verschulden 164

    10. Ergebnis 164

  6. Nachteilsprognose 165
  7. Dringlichkeit 178
  8. Geeignetheit 183
  9. Erforderlichkeit 190
  10. Zumutbarkeit 194
  11. Bezeichnung von Geschäftsgeheimnissen 215
  12. Zusammenfassung 216
  13. Verfahrenskosten und Parteientschädigung 217

Dispositiv 218

Hinweis: Bei allen im Urteil nachfolgend in geschwungenen Klammern aufgeführten Leerstellen, Ersetzungen oder Zahlenangaben handelt es sich um Anonymisierungen aufgrund von Geschäftsgeheimnissen der Parteien oder von Dritten.

Sachverhalt:

  1. Gegenstand

    1. Gegenstand des vorliegenden Urteils bildet die von der Wettbewerbskommission (nachfolgend auch: WEKO oder Weko) am

      14. Dezember 2020 erlassene Verfügung (nachfolgend: angefochtene Verfügung) in Sachen Untersuchung Nr. 31-0598 betreffend Netzbaustrategie Swisscom (nachfolgend: Dossier). Damit wurde der Beschwerdeführerin bis zum Erlass einer Entscheidung in der Hauptsache vorsorglich untersagt, den weiteren Ausbau ihrer FTTH-Netze entsprechend ihrer Netzbaustrategie 2020 auf der Grundlage eines Einfaser-Modells mit Point-to-Multipoint-Topologie durchzuführen, weil dadurch die Gefahr der Verwirklichung eines marktmissbräuchlichen Verhaltens gemäss Art. 7 des Kartellgesetzes vom 6. Oktober 1995 (KG, SR 251) bestehe, und statt dessen nach wie vor einen Layer 1-Zugang zu den FTTH-Netzen für andere Fernmeldeunternehmen zu gewährleisten.

  2. Beschwerdeführerin

    1. Die Beschwerdeführerin ist eine schweizerische Gesellschaft mit Sitz in Ittingen/Kt. Bern. Sie ist eine Gruppengesellschaft der SwisscomGruppe (nachfolgend: Swisscom), deren Top-Holdinggesellschaft die Swisscom AG mit Sitz in Ittingen/Kt. Bern ist. Diese ist eine spezialgesetzliche Aktiengesellschaft gemäss Bundesgesetz vom 30. April 1997 über die Organisation der Telekommunikationsunternehmung des Bundes (Telekommunikationsunternehmensgesetz, TUG, SR 784.11), an der gemäss Art. 6 Abs. 1 TUG der Schweizerischen Eidgenossenschaft die Mehrheit am Aktienkapital und an den Stimmrechten zusteht.

    2. Der Zweck der Swisscom-Gruppe besteht im Wesentlichen in der Erbringung von Fernmeldeund Rundfunkdiensten. Ihre Kerngeschäfte bilden die netzgebundene, die mobile und die Internetprotokoll-basierte Kommunikation. Sie betreibt in der ganzen Schweiz ein mobiles Funknetz und als Grundversorgungskonzessionärin ein im Anschlussnetz auf dem Kupferkabel basierendes Festnetz. Im Bereich der Transitund Regionalnetze verfügt Swisscom über ein glasfaserbasiertes Netz.

  3. Sonstige Unternehmen

    1. Die Init7 (Schweiz) AG (nachfolgend: Init7, Beigeladene oder Anzeigerin) ist eine schweizerische Gesellschaft mit Sitz in Winterthur. Der Zweck der Gesellschaft besteht in der Darbringung von EDV-, Internet-, Providingund Kommunikationsdienstleistungen aller Art. Als Anzeigerin hat sie eigenständige Anträge im Kartellverwaltungsverfahren gestellt und nach Erlass der angefochtenen Verfügung hiergegen eine eigene Beschwerde vor dem Bundesverwaltungsgericht erhoben. Im vorliegenden Verfahren wird sie als beigeladene Partei behandelt.

    2. Die DANET Datennetzgesellschaft Oberwallis AG (nachfolgend: Danet) ist eine schweizerische Gesellschaft mit Sitz in Brig-Glis. Der Zweck der Gesellschaft besteht in der Planung, dem Bau, dem Betrieb, der Instandhaltung und dem Ausbau von Netzen für die fernmeldetechnische Übertragung von Informationen, insbesondere eines Glasfasernetzes im Oberwallis. Danet erteilte der Vorinstanz Auskunft über die Ausgestaltung ihrer Glasfasernetze und Produkte.

    3. Die Swiss Fibre Net AG (nachfolgend: SFN) ist eine schweizerische Gesellschaft mit Sitz in Bern. Der Zweck der Gesellschaft besteht im Vertrieb von auf Telekommunikationsund insbesondere Glasfasernetzen basierenden Produkten in der Schweiz sowie der Erbringung von entsprechenden Beratungsund Supportleistungen. SFN erteilte der Vorinstanz Auskunft über die Ausgestaltung ihrer Produkte.

    4. Die Salt Mobile SA (nachfolgend: Salt) ist eine schweizerische Gesellschaft mit Sitz in Renens. Der Zweck der Gesellschaft besteht in der Erbringung aller Arten von Dienstleistungen im Bereich der Telekommunikation in der Schweiz. Salt wird durch das vorliegende Verfahren insoweit tangiert, als Salt mit Swisscom eine Glasfaserkooperation eingegangen ist.

  4. Gegenstand

    1. Den Gegenstand der angefochtenen Verfügung bilden die Wettbewerbsverhältnisse im Geschäftsbereich der Telekommunikation, wobei vorliegend der Ausbau von Glasfasernetzen und die damit verbundene Bereitstellung von Breitbandprodukten auf dem Grossund Einzelhandelsmarkt von massgeblicher Bedeutung sind.

    2. Gemäss den Medienmitteilungen von Swisscom vom 4. Februar 2021 und vom 6. Februar 2020 sind folgende grundlegenden Daten für den Breitbandausbau mit Bezugspunkt Ende 2020 im weiteren Verlauf zu berücksichtigen: 4,4 Mio. oder 82% der Wohnungen und Geschäfte sind mit Ultrabreitband von mehr als 80 Mbit/s erschlossen. Hiervon sind rund 3,1 Mio. oder 59% mit mehr als 200 Mbit/s und immerhin 32% oder mindestens 1,5 Mio. Anschlüsse mit FTTH erschlossen. Bis zum Jahr 2025 soll die Anzahl der FTTH-Anschlüsse um 1,5 Mio. auf bis zu 60% der Anschlüsse verdoppelt werden.

    3. Im Rahmen dieses Urteils werden verschiedene grundlegende Begriffe mit den nachfolgenden Inhalten zur Darstellung der relevanten Sachaspekte verwendet:

      • Fernmeldeunternehmen: Unternehmen, die Fernmeldedienste anbieten.

      • Fernmeldedienste: Dienstleistungen im Bereich der Übertragung von Informationen über Leitungen oder Funk mittels eines Telekommunikationsnetzes.

      • Netzbauunternehmen/Netzbetreiber: Fernmeldeunternehmen, das ein Telekommunikationsnetz zur Übertragung von Informationen per Leitungen oder Funk oder Teilbereiche hiervon erstellt und betreibt, um entsprechende Dienstleistungen gegenüber Dritten anzubieten.

      • Teilnehmeranschlussleitung: einzelne Leitung zwischen Anschlusszentrale und Teilnehmeranschluss innerhalb eines Telekommunikationsnetzes. Kann vollständig oder teilweise aus DoppeladerMetallleitungen, umgangssprachlich auch als Kupferkabel bezeichnet, oder Glasfasern bestehen.

      • Teilnehmeranschluss: Abschluss der Teilnehmeranschlussleitung auf Seiten des jeweiligen Kunden eines Fernmeldeunternehmens.

      • Anschlusszentrale: Örtliche technische Anlage für den Übergang vom Transitnetz auf das Anschlussnetz innerhalb eines Telekommunikationsnetzes bzw. für den Abschluss der einzelnen Teilnehmeranschlussleitungen auf Seiten der Fernmeldeunternehmen und Übergabe auf das Transitnetz. Im Anschlussnetz werden alle Teilnehmeranschlussleitungen eines bestimmten Gebiets (ein Ort, Ortsteil oder Quartier oder mehrere Orte, Ortsteile oder Quartiere) zusammengefasst. Die jeweilige Grösse des an einer Anschlusszentrale angeschlossenen Gebiets ist regelmässig von der jeweiligen Anzahl der dort befindlichen Teilnehmeranschlüsse abhängig.

      • Anschlussnetz: Teil eines Telekommunikationsnetzes zwischen Anschlusszentrale und Teilnehmeranschluss. Wird unterteilt in die Netzbereiche Stammnetz, Verteilnetz und Hausnetz. An den jeweiligen Übergabepunkten dieser Netzbereiche werden die verschiedenen Teilnehmeranschlussleitungen eines Gebietes zusammengeführt bzw. aufgeteilt.

      • Stammnetz: Teil eines Anschlussnetzes zwischen Anschlusszentrale und den jeweiligen Strassenverteilern. Gegebenenfalls sind noch Quartierverteiler zwischengeschaltet.

      • Verteilnetz: Teil eines Anschlussnetzes zwischen den Strassenverteilern und den jeweiligen Gebäudeübergabepunkten.

      • Hausnetz: Teil eines Anschlussnetzes zwischen dem jeweiligen Gebäudeübergabepunkt sowie den einzelnen Teilnehmeranschlüssen und deren Verzweigungen in einem Gebäude.

      • FTTH-Netz: Anschlussnetz, bei dem die gesamte Teilnehmeranschlussleitung zwischen Anschlusszentrale und Teilnehmeranschluss aus Glasfasern besteht.

      • FTTB-Netz: Anschlussnetz, bei dem die Teilnehmeranschlussleitung zwischen Anschlusszentrale und Gebäudeübergabepunkt aus Glasfasern besteht.

      • FTTS-Netz: Anschlussnetz, bei dem die Teilnehmeranschlussleitung zwischen Anschlusszentrale und Strassenverteilern aus Glasfasern besteht.

      • FTTC-Netz: Anschlussnetz, bei dem die Teilnehmeranschlussleitung zwischen Anschlusszentrale und Quartierverteilern aus Glasfasern besteht.

      • Kabelverteilerkasten: Oberirdische technische Anlage zur Aufteilung und/oder Weiterführung von einzelnen Leitungen zwischen Anschlusszentrale und Gebäudeübergabepunkt.

      • Kanalschacht: Unterirdische technische Anlage zur Aufteilung oder Weiterführung von einzelnen Leitungen zwischen Anschlusszentrale und Gebäudeübergabepunkt.

      • Kabelkanalisation: Unterirdisch verbaute Vorrichtungen zur Aufnahme der jeweiligen Leitungen innerhalb eines Anschlussnetzes.

      • Micro-Can: Technische Einrichtung zur Überleitung von einer Glasfaserleitung auf eine Kupferkabelleitung.

      • P2P-/Point-to-Point-Topologie: Ausgestaltung des Anschlussnetzes in einer Sternstruktur, bei der zwischen Anschlusszentrale und jedem Teilnehmeranschluss eine eigenständige, d.h. eine durchgehende einzelne physische Leitung besteht.

      • P2MP-/Point-to-Multipoint-Topologie: Ausgestaltung des Anschlussnetzes in einer Baumstruktur, bei der die einzelnen Teilnehmeranschlussleitungen an bestimmten Punkten – regelmässig in den Strassenverteilern als Übergang zwischen dem Verteilund dem Stammnetz – zusammengeführt und dadurch im Stammnetz auf deutlich weniger Kabeln zusammengefasst werden.

      • Farbentbündelung: Technische Ausgestaltung des Anschlussnetzes, bei der mit Hilfe des Wellenlängen-Multiplexverfahrens in Abhängigkeit von der Wellenlänge bzw. der Farbe des Laserlichts verschiedene Datenströme erzeugt werden (vgl. E. 433 ff.).

      • Layer 1-Zugang: Umschreibung des Zugangs zu einem Telekommunikationsnetz für ein anderes Fernmeldeunternehmen mit der Möglichkeit, vom Netzbetreiber eine einzelne durchgehende Leitung zwischen Anschlusszentrale und Teilnehmeranschluss zur eigenen Übermittlung von Informationen anzumieten (vgl. E. 68). Die gleiche Bedeutung kommt dem Begriff Layer 1-Produkt zu.

      • Layer 3-Zugang: Umschreibung des Zugangs zu einem Telekommunikationsnetz für ein anderes Fernmeldeunternehmen mit der Möglichkeit, vom Netzbetreiber eine Dienstleistung für die von diesem vorgenommene Übermittlung von Informationen zwischen Anschlusszentrale und Teilnehmeranschluss in Anspruch zu nehmen. Die gleiche Bedeutung kommt dem Begriff Layer 3-Produkt zu.

      • Hochbreitband: Oberbegriff für die Bezeichnung von Telekommunikationsnetzen mit Übertragungsgeschwindigkeiten, die in einem FTTHNetz erreichbar sind.

      • TAL: Begriff des Fernmeldegesetzes für eine vollständig entbündelte Teilnehmeranschlussleitung, bei der bei einem Anschlussnetz mit Kupferkabeln eine eigenständige, d.h. eine einzelne durchgehende Kupferkabelleitung von der Anschlusszentrale bis zum Teilnehmeranschluss vom Netzbetreiber für die Nutzung durch ein anderes Fernmeldeunternehmen bereitgestellt wird.

      • ALO: Produktbezeichnung von Swisscom für die Bereitstellung einer eigenständigen Glasfaser als Layer 1-Zugang für andere Fernmeldeunternehmen (vgl. E. 400).

      • BBCS: Produktbezeichnung von Swisscom für die Bereitstellung bestimmter Dienstleistungen zur Übermittlung von Informationen als Layer 3-Produkt für andere Fernmeldeunternehmen (vgl. E. 401).

      • C-ALO: Produktbezeichnung von Swisscom für die Bereitstellung von Dienstleistungen für andere Fernmeldeunternehmen zur Übermittlung von Informationen bei bis zu 64 bündelweise zusammengeführten Teilnehmeranschlussleitungen (vgl. E. 433 ff.).

      • ALO on demand: Bezeichnung für die Möglichkeit zur Bereitstellung einer eigenständigen Glasfaser als Layer 1-Zugang für andere Fernmeldeunternehmen, bei der Reservefasern im Stammnetz mit der jeweiligen Glasfaserleitung eines Teilnehmeranschlusses des Verteilnetzes verknüpft werden.

      • FTTH-on demand: Produktbezeichnung von Swissscom für die Bereitstellung einer FTTH-Leitung aufgrund einer Beauftragung des jeweiligen Eigentümers der dadurch angeschlossenen Liegenschaft (vgl. E. 714 f.).

  5. Vorinstanzliches Verfahren

    1. Am 6. Februar 2020 stellte die Beschwerdeführerin im Rahmen einer Bilanzpressekonferenz die neue Strategie zum Ausbau des FTTHNetzes von Swisscom bis Ende 2025 (nachfolgend: Netzbaustrategie 2020) vor. Der für das vorliegende Verfahren massgebliche Aspekt dieser Neuerung besteht darin, dass Swisscom beim Netzbau zukünftig statt des Vierfaser-Modells mit Punkt-zu-Punkt-Topologie (nachfolgend: P2P) wie bei FTTH-Netzen, die bislang in Baukooperationen errichtet werden, ein Einfaser-Modell mit Baumstruktur und Punkt-zu-Multipunkt-Topologie (nachfolgend: P2MP) bei FTTH-Netzen, die von Swisscom im Alleinbau errichtet werden, zum Einsatz bringen will.

    2. Daraufhin eröffnete das Sekretariat der Wettbewerbskommission (nachfolgend: Sekretariat) eine Vorabklärung.

    3. Mit Schreiben vom 26. Februar 2020 wurde die Beschwerdeführerin aufgefordert, Auskünfte in Zusammenhang mit der Netzbaustrategie 2020 zu erteilen. Mit Schreiben vom 19. März 2020, vom 5. Mai 2020 und vom

      29. Mai 2020 kam es zu einem Informationsaustausch zwischen dem Sekretariat und der Beschwerdeführerin in dieser Angelegenheit.

    4. Danet hat am 11. August 2020 ein Auskunftsbegehren des Sekretariats beantwortet. Auf die Ergebnisse dieser Stellungnahme ist – soweit sachdienlich – im Rahmen der Erwägungen einzugehen.

    5. Am 11. September 2020 hat Init7 beim Sekretariat eine Anzeige gegen die Beschwerdeführerin wegen einer unzulässigen Verhaltensweise gemäss Art. 7 KG eingereicht und den Erlass vorsorglicher Massnahmen unter Entzug der aufschiebenden Wirkung von allfälligen Rechtsmitteln der Beschwerdeführerin eingereicht. Mit der Anzeige wurden insbesonde-

      re folgende Anträge gestellt: (i) die Feststellung der marktbeherrschenden Stellung der Beschwerdeführerin im Markt für Layer-1-Zugang zur letzten Meile der FTTH-Netze; (ii) die Feststellung der Wettbewerbswidrigkeit der Verweigerung eines Layer-1-Zugangs; (iii) die Verpflichtung der Beschwerdeführerin zur Bereitstellung eines Layer-1-Zugangs bei FTTHNetzen.

    6. Am 1. Oktober 2020 fand ein Treffen zwischen Init7 und dem Sekretariat statt, bei dem Init7 ihre wettbewerbsrechtlichen Bedenken vortrug.

    7. Mit Schreiben vom 16. Oktober 2020 nahm die Beschwerdeführerin zu der ihr am 22. September übermittelten Anzeige von Init7 Stellung. Dabei stellte sie die Anträge, dass (i) das Gesuch um Anordnung vorsorglicher Massnahmen vollumfänglich abzuweisen sei, und (ii) weder eine Abklärung noch eine Untersuchung zu eröffnen sei, sowie (iii) das Dossier vollumfänglich und ohne Folgen einzustellen sei.

    8. Mit Schreiben vom 10. Dezember 2020 nahm die Beschwerdeführerin nach teilweise erstreckter Frist und Einsicht in die Akten des Dossiers Stellung zu der am 26. November übersandten Stellungnahme von Danet und zu den von der Anzeigerin beantragten vorsorglichen Massnahmen.

    9. Daraufhin eröffnete das Sekretariat der Wettbewerbskommission mit Zustimmung eines Mitglieds der Wettbewerbskommission am 14. Dezember 2020 ein Verfahren gemäss Art. 27 KG (BBl 2021 1).

    10. Am 14. Dezember 2020 erliess die Wettbewerbskommission die angefochtene Verfügung mit folgendem Dispositiv:

      «1. Die Verfahrensanträge von Swisscom werden abgewiesen.

      1. Swisscom wird mit sofortiger Wirkung untersagt, ein Glasfasernetz FTTH in einer Weise aufzubauen bzw. ihr bestehendes Leitungsnetz zu einem Glasfasernetz FTTH in einer Weise auszubauen, die es Nachfragern nach Layer-1-Angeboten verunmöglicht, ein Layer-1-Angebot ab den Swisscom Anschlusszentralen Privatkunden und/oder Geschäftskunden anzubieten.

      2. Die weitergehenden Anträge von Init7 werden abgewiesen, soweit sie nicht in Dispositiv-Ziffer 2 enthalten sind.

      3. Einer allfälligen Beschwerde wird die aufschiebende Wirkung entzogen.

      4. Über die Kosten wird mit der Hauptsache entschieden.»

  6. Beschwerdeverfahren

    1. Die Verfügung der Wettbewerbskommission wurde von der Beschwerdeführerin mit Beschwerde vom 13. Januar 2021 beim Bundesverwaltungsgericht mit den folgenden Sachund Verfahrensanträgen angefochten:

      «1. Ziff. 2 des Dispositivs der Weko-Verfügung vom 14. Dezember 2020 (Netzbaustrategie Swisscom, Untersuchung 31-0598, Anordnung vorsorglicher Massnahmen) sei aufzuheben.

      1. Ziff. 4 des Dispositivs der Weko-Verfügung vom 14. Dezember 2020 (Netzbaustrategie Swisscom, Untersuchung 31-0598, Anordnung vorsorglicher Massnahmen) sei aufzuheben und die aufschiebende Wirkung der vorliegenden Beschwerde sei wiederherzustellen.

      2. Über den Antrag gemäss Ziff. 2 sei vorab unverzüglich und ohne vorgängige Anhörung der Vorinstanz zu entscheiden.

      3. Swisscom sei das Recht einzuräumen, die in dieser Beschwerdeschrift enthaltenen Geschäftsgeheimnisse zu bezeichnen, bevor diese allfälligen anderen Parteien oder Drittbeteiligten im Verfahren Netzbaustrategie Swisscom (Weko-Dossier 31-0598) offengelegt werden.

      Alles unter Kostenfolge.»

    2. Die Beschwerdeführerin beantragt, die angefochtene Verfügung sei sowohl aus formellen als auch aus materiellen Gründen vollumfänglich aufzuheben. Im Einzelnen macht sie hierzu die im Rahmen der Erwägungen dargestellten Rügen und Einwände geltend.

    3. Mit Verfügung vom 15. Januar 2021 hat das Gericht den Antrag der Beschwerdeführerin auf superprovisorische Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung abgelehnt und der Vorinstanz die Gelegenheit eingeräumt, zur Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung Stellung zu nehmen.

    4. Die Vorinstanz hat am 25. Januar 2021 fristgerecht zum Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung Stellung genommen. Dabei hält sie am Entzug der aufschiebenden Wirkung der angefochtenen Verfügung fest.

    5. Mit Verfügung vom 2. Februar 2021 wurde die Beschwerdeführerin zur Einzahlung des Kostenvorschusses aufgefordert und beiden Parteien

      Gelegenheit zu Einreichung weiterer Stellungnahmen eingeräumt sowie eine Instruktionsund Vergleichsverhandlung für den 25. März 2021 angesetzt. Der Kostenvorschuss wurde fristgerecht einbezahlt.

    6. Die Beschwerdeführerin hat am 22. Februar fristgerecht zur Stellungnahme der Vorinstanz in Bezug auf den Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung Stellung genommen. Dabei hält sie an ihrem Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Beschwerde fest.

    7. Die Vorinstanz hat ihre Beschwerdeantwort fristgerecht am 5. März 2021 eingereicht, mit der sie die Abweisung der Beschwerde unter Kostenfolge beantragt, soweit darauf einzutreten sei. Im Einzelnen macht sie hierzu die im Rahmen der Erwägungen dargestellten Aspekte geltend.

    8. Mit Verfügung vom 10. März 2021 wurde die Anzeigerin als fachkompetente Auskunftsperson zur Instruktionsverhandlung eingeladen. Da die Anzeigerin durch den Streitgegenstand in ihren Rechten unmittelbar betroffen ist und keine Verfahrensvereinigung mit dem von der Anzeigerin erhobenen Beschwerdeverfahren erfolgt (vgl. SV H.a), wird sie im vorliegenden Beschwerdeverfahren als beigeladene Partei behandelt.

    9. Die Beschwerdeführerin reichte am 24. März 2021 per Mail unaufgefordert einen weiteren Schriftsatz mit umfangreichen Beilagen ein. Im Rahmen dieses Schriftsatzes legte die Beschwerdeführerin die Möglichkeit einer Umsetzung der sog. Farbentbündelung dar, wofür sie das Produkt C-ALO entwickelt habe, das auf dem Markt angeboten werden solle. Diese neue Entwicklung wurde von der Beschwerdeführerin dann auch an der tags darauf stattfindenden Instruktionsund Vergleichsverhandlung vorgestellt.

    10. Am 25. März 2021 fand eine Instruktionsund Vergleichsverhandlung statt. Die Parteien hielten dabei an ihren Anträgen fest. Im Rahmen der Verhandlung wurde der Anzeigerin die Gelegenheit zu eigenen Stellungnahmen hinsichtlich der vom Gericht gestellten Sachfragen und der von der Beschwerdeführerin und der Vorinstanz hierzu abgegebenen Antworten eingeräumt.

    11. Im weiteren Verlauf des Verfahrens wurden am 4. April 2021 von der Vorinstanz und am 29. April von der Beschwerdeführerin weitere Schriftsätze jeweils unaufgefordert eingereicht.

    12. Am 29. April 2021 wurde von der Beschwerdeführerin per Medienmitteilung öffentlich bekannt gegeben, dass mit Salt eine Kooperationsvereinbarung im Sinne einer «Glasfaserpartnerschaft» getroffen worden sei. Die Grundlage dieser Kooperation bestünde in einem langfristigen Nutzungsrecht von Salt am Glasfasernetz von Swisscom, wobei Salt sich einerseits an den Investitionskosten beteiligen und andererseits einen Layer 1-Zugang erhalten würde. Mit Schriftsatz vom gleichen Tage hatte die Beschwerdeführerin auch das Gericht über diese Entwicklung informiert. Die Beschwerdeführerin machte dabei geltend, dass es ihr nicht möglich gewesen sei, auf diese Gesichtspunkte im Rahmen des Beschwerdeverfahrens im Allgemeinen sowie anlässlich der Instruktionsund Vergleichsverhandlung vom 25. März 2021 im Besonderen einzugehen, weil strikte vertragliche Geheimhaltungszusicherungen in Bezug auf die in den vorhergehenden Wochen geführten konkreten Vertragsverhandlungen bestanden hätten und es sich bei den entsprechenden Informationen um börsenrelevante Tatsachen handle.

    13. Mit Verfügung vom 6. Mai 2021 wurde der Vorinstanz und der Anzeigerin die Gelegenheit eingeräumt, zu dieser neuen Entwicklung Stellung zu nehmen.

    14. Die Anzeigerin hat mit Schriftsatz vom 25. Mai 2021 und die Vorinstanz hat nach Fristerstreckung mit Schriftsatz vom 30. Juni 2021 Stellung genommen.

    15. Die Beschwerdeführerin hat wiederum mit Schriftsatz vom 3. August 2021 auf diese Stellungnahmen erwidert.

    16. Mit Schreiben vom 3. September 2021 hat die Beschwerdeführerin unter Verweis auf die Swisscom belastenden Wirkungen der vorsorglichen Massnahme eine Nachfrage nach der voraussichtlichen Dauer bis zu einem Entscheid durch das Gericht eingereicht.

  7. Parallelverfahren

    1. Die Anzeigerin hat fristgerecht am 3. März 2021 ebenfalls Beschwerde gegen die Verfügung der Wettbewerbskommission vom

      14. Dezember 2020 erhoben, die ihr von der Vorinstanz aufgrund der notwendigen Bereinigung von Geschäftsgeheimnissen erst am 1. Februar 2021 zugestellt worden war.

    2. Mit Verfügung vom 10. März 2021 wurde die Anzeigerin in diesem Beschwerdeverfahren B-960/2021 (nachfolgend: Parallelverfahren) zum einen aufgefordert, den Kostenvorschuss einzubezahlen, und zum anderen wurde ihr Gelegenheit eingeräumt, allfällige formelle Unrichtigkeiten ihrer Beschwerde zu korrigieren.

    3. Mit Schriftsatz vom 17. März 2021 reichte die Anzeigerin eine Ergänzung ihrer Beschwerde ein, mit denen die formellen Unrichtigkeiten beseitigt wurden. Der Kostenvorschuss wurde fristgerecht einbezahlt.

    4. Mit Schriftsätzen vom 23. April 2021 haben die Beschwerdeführerin und die Vorinstanz als Beschwerdegegnerinnen im Parallelverfahren ihre Beschwerdeantworten eingereicht.

    5. Mit Schriftsatz vom 25. Mai 2021 hat die Anzeigerin eine Replik nach Fristerstreckung eingereicht.

    6. Mit Schriftsätzen vom 7. und 9. Juli 2021 haben die Beschwerdegegnerinnen jeweils eine Duplik eingereicht.

  8. Unterbliebene Verfahrensvereinigung

    1. Ungeachtet dessen, dass eine Vereinigung des vorliegenden Beschwerdeverfahrens und des Parallelverfahrens angesichts des gleichen Anfechtungsobjekts, der gleichen Beteiligten und einer Überschneidung der Streitgegenstände grundsätzlich hätte vorgenommen werden können, wurde vor dem Hintergrund der Notwendigkeit einer schnellen Überprüfung der angefochtenen Verfügung wegen des unterschiedlichen zeitlichen Ablaufs und des zusätzlichen Aufwands, der mit einer Zusammenführung verbunden gewesen wäre, auf eine Vereinigung des vorliegenden Beschwerdeverfahrens B-161/2021 und des Parallelverfahrens B-960/2021 von Seiten des Gerichts verzichtet (vgl. E. 734 f.).

  9. Parteivorbringen

I.a Die Parteien haben bei ihren Vorbringen hinsichtlich verschiedener Sachaspekte wechselseitig auf ihre Stellungnahmen im jeweils anderen Verfahren verwiesen. Dadurch sollten angesichts der sachlichen Verbundenheit der beiden Verfahren vielfache Wiederholungen aus verfahrensökonomischen Gründen vermieden werden. Es ist daher angezeigt, die ergänzenden und zusätzlichen Vorbringen der Parteien des Parallelverfahrens auch im vorliegenden Beschwerdeverfahren zu berücksichtigen.

Das Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwägung:

  1. PROZESSVORAUSSETZUNGEN

    1. Das Bundesverwaltungsgericht prüft gemäss Art. 7 Verwaltungsverfahrensgesetz vom 20. Dezember 1968 (VwVG, SR 172.021) mit freier Kognition, ob die Prozessvoraussetzungen erfüllt sind und ob und in welchem Umfang auf eine Beschwerde einzutreten ist (ständige Rechtsprechung seit BVGE 2007/6 E. 1).

    2. Das Bundesverwaltungsgericht ist gemäss Art. 31 des Verwaltungsgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005 (VGG, SR 173.32) zuständig zur Beurteilung von Beschwerden der betroffenen Unternehmen gegen Verfügungen der Wettbewerbskommission zur Feststellung, Abwendung und Ahndung eines wettbewerbswidrigen Verhaltens (BVGer, 14.9.2015, B-7633/2009, Swisscom AG u.a. gg. Weko, zit. ADSL II, E. 2 ff.; BVGer, 18.12.2018, B-831/2011, Six Group AG u.a. gg. Weko, zit. DCC, E. 2 ff.).

    3. Die Beschwerdefähigkeit der Beschwerdeführerin als im Handelsregister eingetragene Aktiengesellschaft ist gemäss Art. 6 VwVG gegeben.

    4. Die Beschwerdelegitimation ist gemäss Art. 48 Abs. 1 VwVG ebenfalls gegeben, weil die Beschwerdeführerin am vorinstanzlichen Verfahren teilgenommen hat und als Verfügungsadressatin von der angefochtenen Verfügung besonders berührt wird, weshalb sie auch ein schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung aufweist.

    5. Die angeordnete vorsorgliche Massnahme stellt eine selbständige Zwischenverfügung im Sinne von Art. 46 Abs. 1 lit. a VwVG in dem von der Vorinstanz eingeleiteten Kartellverwaltungsverfahren «Untersuchung betreffend Netzbaustrategie Swisscom» dar (BGE 134 I 83 E. 3.1; BGer, 19.12.2003, 2A.415/2003, EVD gg. Sellita Watch Co SA, ETA SA Manufacture u.a., publ. BGE 130 II 149, zit. Sellita, E. 1; UHLMANN FELIX/WALLE-BÄR SIMONE, in: Waldmann-Weissenberger [Hrsg.], VwVG,

      2. Aufl. 2016, zit. WW-VwVG, Art. 45 Rn. 7).

      1. Auf die Beschwerde gegen eine Zwischenverfügung ist dann einzutreten, wenn diese einen nicht wieder gut zu machenden Nachteil bewirken könnte. Als nicht wieder gut zu machender Nachteil gilt ein schutzwürdiges tatsächliches oder rechtliches Interesse an der sofortigen Auf-

        hebung oder Änderung der angefochtenen Verfügung, weil ein zumindest potentiell drohender Schaden auch im Falle eines günstigen Endentscheids nicht oder nicht vollständig behoben werden könnte (BVGer, 13.11.2013, A-3939/2013, Swisscom [Schweiz] AG gg. Init7 [Schweiz] AG und ComCom, E. 1.1 m.w.N.). Dabei ist es allerdings nicht erforderlich, dass der Schaden niemals wiedergutgemacht werden kann (BVGer, 9.7.2017, B-4637/2013, upc cablecom Gmbh u.a. gg. CT Cinetrade AG u.a., E. 1.3).

      2. Der Beschwerdeführerin wird durch die vorsorgliche Massnahme verwehrt, dass sie beim Bau neuer Glasfasernetze oder beim Ausbau bestehender Glasfasernetze die von ihr hierzu vorgesehene Netzarchitektur in Form eines bestimmten Einfaser-Modells mit P2MP-Topologie verwenden kann. Dies führt dazu, dass sie entweder unmittelbar Mehraufwendungen für einen Ausbau gemäss Vierfaser-Modell mit P2P-Topologie zu tragen hat oder auf einen solchen Neuoder Ausbau bis zum Entscheid in der Hauptsache verzichten muss, mit der Folge, dass zum einen eine Abwanderung von aktuellen oder potentiellen Kunden eintreten kann und zum anderen sich zumindest auf längere Sicht gewisse Einnahmeausfälle ergeben können. Da erst im Hauptsacheverfahren durch die Vorinstanz erstmalig über die Verwendung dieses Einfaser-Modells verbindlich entschieden wird, droht der Beschwerdeführerin die Möglichkeit, dass im Falle einer Bewilligung ihres Topologie-Modells die vorstehend genannten Beeinträchtigungen endgültig eintreten werden. Entgegen der Ansicht der Vorinstanz ist daher eine potentiell nicht wiedergutzumachende Beeinträchtigung eines schutzwürdigen Interesses der Beschwerdeführerin gegeben.

      3. Die formalen Anforderungen an eine Beschwerde hinsichtlich Beschwerdefrist gemäss Art. 50 VwVG, Form und Inhalt gemäss Art. 52 VwVG, ordnungsgemässe Vertretung gemäss Art. 11 Abs. 2 VwVG sowie die fristgerechte Einzahlung des angeforderten Kostenvorschusses gemäss Art. 63 Abs. 4 VwVG sind erfüllt.

      4. Da alle Prozessvoraussetzungen vorliegen, ist auf die Beschwerde einzutreten.

  2. GELTUNGSUND ANWENDUNGSBEREICH DES KARTELLGESETZES

    1. Die angefochtene Verfügung hat ein marktmissbräuchliches Verhalten gemäss Art. 7 KG im Jahre 2020 zum Gegenstand. Bei der Beschwerdeführerin handelt es sich ungeachtet ihres Aktionariats um ein Unternehmen gemäss Art. 2 Abs. 1bis KG (BGer, 11.4.2011, 2C_343/2010 und 2C_344/2010, EVD gg. Swisscom (Schweiz) AG, publ. BGE 137 II 199, zit. Terminierung Mobilfunk, E. 3.1). Der personale, sachliche und zeitliche Anwendungsbereich des Kartellgesetzes ist demnach grundsätzlich gegeben, was von der Beschwerdeführerin auch nicht bestritten wird.

    2. Die Beschwerdeführerin rügt allerdings, dass die Anwendung des Kartellgesetzes im Rahmen der angefochtenen Verfügung aufgrund eines Vorrangs des Fernmelderechts ausgeschlossen sei.

    3. Auch in einem Verfahren zur Beurteilung der Anordnung einer vorsorglichen Massnahme durch die Wettbewerbskommission sind deren Zuständigkeit und damit das Fehlen eines Anwendungsausschlusses des Kartellgesetzes aufgrund des Vorrangs eines anderen Gesetzes von Amtes wegen zu prüfen, zumal diese Fragen auch beim Bundesgericht angefochten werden können.

      1. Vorbringen der Beschwerdeführerin

    4. Die Beschwerdeführerin erhebt verschiedene Einwände gegen die Anwendung des Kartellgesetzes auf den vorliegenden Sachverhalt.

    5. Die Beschwerdeführerin erhebt zunächst den Einwand, dass die massgebliche fernmelderechtliche Rahmenordnung als lex specialis dem Kartellgesetz zwingend vorgehe, weshalb die Wettbewerbskommission mit dem Erlass der angefochtenen Verfügung Entscheidungskompetenzen und Interventionsbefugnisse beanspruche, welche ihr gar nicht zustehen würden. Daher verletze sowohl die Eröffnung einer entsprechenden Untersuchung als auch die Anordnung vorsorglicher Massnahmen unter Missachtung des Grundsatzes der Gewaltenteilung die getroffene Wertungsentscheidung des Fernmeldegesetzgebers sowie die hierzu ergangene bundesgerichtliche Rechtsprechung. Zur Begründung hierfür bringt die Beschwerdeführerin verschiedene Aspekte vor.

    6. Der Gesetzgeber habe mit der jüngsten Teilrevision des Fernmeldegesetzes die vom Bundesrat in der Botschaft vorgeschlagene Einfüh-

      rung einer technologieneutralen Zugangsregulierung abgelehnt und damit die Ausweitung des in Art. 11 FMG statuierten fernmelderechtlichen Zugangsregimes auf neu gebaute oder neu zu bauende Glasfasernetze verworfen.

    7. Aus der Entstehungsgeschichte dieser Teilrevision würde dabei klar und unzweideutig hervorgehen, dass die Mehrheit im Nationalund Ständerat durch einen bewussten Verzicht auf die Ausweitung der Netzzugangsregulierung auf neue Glasfasernetze die Investitionstätigkeit in Randregionen nicht habe gefährden wollen.

    8. Insbesondere wird hierbei eine Aussage der damaligen Bundesrätin und zuständigen Departementsvorsteherin zur Begründung des Handlungsbedarfs für die Statuierung einer entsprechenden Zugangsregulierung herangezogen, wonach die Wettbewerbskommission und das Kartellgesetz bei der Feststellung einer marktbeherrschenden Stellung im Telekommunikationsbereich keine Rolle spielen würden, weil es keine Regulierung und damit keine gesetzliche Regelung gäbe (BR Leuthard, AB 2018 N 830). Mit der Ablehnung dieser vorgeschlagenen Zugangsregulierung durch das Parlament würde diese Aussage damit auch das heute noch geltende Verhältnis der sektorspezifischen Zugangsregulierung zur allgemeinen Wettbewerbsregulierung beschreiben.

    9. Überdies erhebt die Beschwerdeführerin den Einwand, die höchstrichterliche Rechtsprechung habe anerkannt, dass das Primat des Gesetzgebers auch im Rahmen der Anwendung des Kartellgesetzes zu beachten sei. Da der Gesetzgeber selbst über die Öffnung der letzten Meile zu entscheiden habe und die diesbezüglichen Formen und Bedingungen festlegen müsse, könne nicht auf dem Umweg über die Auslegung des Kartellrechts auf eine Angebotspflicht im spezifischen Bereich der Interkonnektion erkannt werden.

    10. Dementsprechend habe auch die Eidgenössische Kommunikationskommission als sektorspezifische Regulierungsbehörde ein Gesuch um einen Netzzugang in Form einer virtuellen Entbündelungsvariante (VULA, Virtual Unbundling Local Access), welche bei einer funktionalen Betrachtungsweise und entsprechender Ausgestaltung durchaus als Layer 1-Produkt eingeordnet werden könne, unter Verweis auf die bisherige Rechtsprechung abgelehnt. Wenn schon der sektorspezifischen Regulierungsbehörde verwehrt sei, infolge der gesetzgeberischen Wertungsent-

      scheide einzugreifen, müsse dies umso mehr auch für die allgemeinen Wettbewerbsbehörden gelten.

    11. Zudem erhebt die Beschwerdeführerin den Einwand, dass die sehr tiefgreifenden und äusserst kostspieligen Ausbauverpflichtungen für Layer 1-Angebote – wie von der Vorinstanz verlangt – und erst recht eine weitergehende Technologievorgabe – wie von der Anzeigerin gefordert – bereits aus institutionell-rechtlichen Gründen nicht auf der Grundlage der kartellrechtlichen Missbrauchsgesetzgebung erfolgen könnten, sondern ausschliesslich über eine sektorspezifische fernmelderechtliche Regulierung stattfinden müssten.

      1. Vorbringen der Vorinstanz

    12. Die Vorinstanz verneint einen Vorrang des Fernmeldegesetzes gemäss Art. 3 Abs. 1 KG. Unter Hinweis auf verschiedene Voten im Rahmen der parlamentarischen Beratungen schliesst sie es aus, dass der Gesetzgeber eine Einschränkung der Anwendbarkeit des Kartellgesetzes im Rahmen der Revision des Fernmeldegesetzes vorgenommen habe. Vielmehr hätten die Debatten lediglich die Frage zum Gegenstand gehabt, ob eine sektorspezifische Regulierung im Sinne einer technologieneutralen Regelung eingeführt werden soll, und nicht den Aspekt behandelt, ob der Telekommunikationsbereich ganz oder teilweise von der Anwendung des Kartellgesetzes ausgenommen werden soll. Dabei sei durch die Botschaft des Bundesrats die Einführung besonderer fernmelderechtlicher Eingriffsmöglichkeiten vorgestellt worden, die über eine Anwendung kartellrechtlicher Massnahmen hinausgehen würden, um in einer vorausschauenden Weise Wettbewerb zu ermöglichen.

      1. Würdigung durch das Gericht

    13. Für das Verhältnis zu anderen Rechtsvorschriften sieht das Kartellgesetz in Art. 3 Abs. 1 KG einen Anwendungsausschluss zu Lasten des Kartellgesetzes gegenüber solchen Vorschriften vor, die den Wettbewerb auf einem Markt für bestimmte Waren oder Dienstleistungen (nachfolgend: Produkte) nicht zulassen, insbesondere weil sie eine staatliche Preisoder Marktordnung begründen oder einzelne Unternehmen zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben mit besonderen Rechten ausstatten.

    14. Der Zugang zu Telekommunikationsnetzen und das Verhältnis des Kartellgesetzes zum Fernmelderecht in Bezug auf den Zugang oder die Interkonnektion waren bereits in der Vergangenheit Gegenstand von verschiedenen Urteilen der Rechtsprechung (BGE 137 II 199, Terminierung Mobilfunk, E. 3.4; BGer, 30.4.2004, 2A.178/2004, Swisscom Fixnet AG gg. TDC Switzerland AG und ComCom, publ. BGE 131 II 13, zit. Office Connex; BGer, 3.10.2001, 2A.503/2000, Commcare AG gg. Swisscom AG, zit. Commcare II, E. 6c; BVGer, 14.09.2015, B-7633/2009, Swisscom AG und Swisscom (Schweiz) AG gg. Weko, zit. ADSL II, E. 38 ff.).

      1. Grundlage

    15. Aufgrund der bestehenden Rechtsprechung gelangen die kartellund die fernmelderechtlichen Regelungen und Verfahren nebeneinander zur Anwendung. Denn das Fernmeldegesetz bildet keine eigenständige staatliche Marktoder Preisordnung, sondern stellt eine sektorielle Regelung dar, welche die anderen allgemeinen und bereichsspezifischen Regelungswerke der Wirtschaftsordnung voraussetzt und ergänzt (BGE 137 II 199, Terminierung Mobilfunk, E 3.4; BGer, 2A.503/2000, Commcare II, E. 6c). Demzufolge bildet auch das Interkonnektionsregime lediglich eine besondere sektorielle Regelung, die zur übrigen preisund wettbewerbsrechtlichen Ordnung hinzutritt und diese nicht ausschliesst (BGE 137 II 199, Terminierung Mobilfunk, E. 3.4). Dem Fernmelderecht und somit auch dem Interkonnektionsregime kommt deshalb kein genereller Vorrang gegenüber dem Kartellgesetz zu.

    16. Einschränkungen einer Anwendung der kartellgesetzlichen Regelungen können sich demzufolge allenfalls im Sinne einer Spezifizierung insofern ergeben, als die fernmelderechtlichen Vorschriften besondere Tatbestandselemente aufweisen, die im Rahmen einer Interpretation der kartellgesetzlichen Regelungen eine sachbedingte Berücksichtigung finden müssen (BVGer, B-7633/2009, ADSL II, E. 39 f.). Denn bei Anwendung des Kartellrechts kann die besondere sektorielle Regelung des Fernmeldegesetzes nicht völlig unbeachtet bleiben. Die beiden Regelungsbereiche stehen insoweit in einem engen Konnex und beeinflussen sich gegenseitig. Sinn macht daher nur eine Auslegung, die auch zu einem einheitlichen, in sich geschlossenen Gesamtsystem führt (BGE 137 II 199, Terminierung Mobilfunk, E. 5, zum Verhältnis zwischen dem Merkmal des Erzwingens in Art. 7 KG und dem Verfahren in Art. 11a FMG zur Festlegung der Zugangsbedingungen).

    17. Entgegen dem Einwand der Beschwerdeführerin (vgl. E. 14) kommt daher weder dem Fernmeldegesetz noch dem Interkonnektionsregime ein grundsätzlicher Vorrang zu, aus dem sich ein allgemeiner Anwendungsausschluss des Kartellgesetzes ableiten liesse. Der entsprechende Einwand ist daher irrelevant. Im Übrigen hat die Beschwerdeführerin im Parallelverfahren ausdrücklich selbst festgestellt, dass die grundsätzliche Anwendbarkeit des Kartellgesetzes unbestritten sei.

    18. Allerdings ist in diesem Zusammenhang zu berücksichtigen, dass die Rechtsprechung des Bundesgerichts ausdrücklich Vorgaben zur Berücksichtigung des gesetzgeberischen Willens im Bereich des Fernmelderechts bei der Beurteilung einer Anwendung des Kartellgesetzes entwickelt hat. Danach sei trotz der Gleichrangigkeit von Kartellgesetz und Fernmeldegesetz bei der Anwendung des Kartellgesetzes das Primat des Gesetzgebers zu respektieren. Dabei wurde im Hinblick auf die Gewährung eines Zugangs zur Nutzung des Kupferkabelnetzes vor Erlass des Interkonnektionsregimes in Art. 11 FMG eine Anwendung des Kartellgesetzes ausgeschlossen, weil der Gesetzgeber selber über die Öffnung der letzten Meile zu entscheiden und die diesbezüglichen Formen und Bedingungen festzulegen habe. Das Bundesgericht sah deshalb aufgrund seiner Erkenntnis eine zumindest stillschweigende Öffnung durch den Gesetzgeber nicht als gegeben an (BGer, 16.2.2007, Office Connex, E. 4).

    19. Es bleibt daher abzuklären, ob sich aus der Revision des Fernmeldegesetzes für die Ausgestaltung des FTTH-Netzausbaus entsprechend dem Einwand der Beschwerdeführerin ein konkreter Wille des Gesetzgebers zum Ausschluss einer Anwendung des Kartellgesetzes auf den Ausbau und die Nutzung von Glasfasernetzen feststellen lässt.

      1. Revision des Fernmeldegesetzes

    20. Vorliegend ist die Revision des Fernmeldegesetzes vom 19. März 2019 mit Wirkung zum 1. Januar 2021 zu berücksichtigen (Botschaft des Bundesrats zur Revision des Fernmeldegesetzes vom 6.6.2017, BBl 2017 6559, zit. Botschaft FMG 2021). Dabei hat der Gesetzgeber im Bereich der Zugangsregulierung zum einen eine Anpassung des Art. 11 Abs. 1 lit. a FMG vorgenommen und zum anderen einerseits die Einführung einer neuen Regulierungsvorschrift als Art. 11c FMG abgelehnt und

      andererseits eine besondere Informationsregelung zu Gunsten des Parlaments in Art. 3a FMG eingeführt.

    21. Art. 11 Abs. 1 lit. a FMG statuiert die Verpflichtung für eine marktbeherrschende Anbieterin von Fernmeldediensten, anderen Anbieterinnen von Fernmeldediensten (nachfolgend im Hinblick auf das massgebliche Kartellrechtssubjekt jeweils: Fernmeldeunternehmen) auf transparente und nicht diskriminierende Weise zu kostenorientierten Preisen einen vollständig entbündelten Zugang zum Teilnehmeranschluss zu gewähren. Diese Verpflichtung wurde im Rahmen der Revision dahingehend angepasst, dass nun ein vollständig entbündelter Zugang zum Teilnehmeranschluss zwecks Nutzung des gesamten Frequenzspektrums der Doppelader-Metallleitung gewährt werden muss.

    22. Die Verpflichtung zur Gewährleistung einer vollständig entbündelten Teilnehmeranschlussleitung in Art. 11 Abs. 1 lit. a FMG bestand nach unstrittiger Ansicht auch bislang nur für Doppelader-Metallleitungen. Die Anpassung erfolgte daher lediglich zur Klarstellung im Hinblick auf die vorgesehene Einführung einer besonderen Zugangsregulierung bei anderen Leitungen einschliesslich von Glasfaserleitungen durch Art. 11c FMG (Botschaft FMG 2021, 6614).

    23. Mit Art. 11c FMG sollte eine neue, gegenüber Art. 11 FMG differenziertere Zugangsregelung bei anderen Leitungen unter Einschluss von Glasfaserleitungen eingeführt werden. Dabei war die Verpflichtung eines marktbeherrschenden Fernmeldeunternehmens vorgesehen, einen vollständig entbündelten Zugang für andere Fernmeldeunternehmen bei Glasfaserleitungen zu gewährleisten. Eine entsprechende Verpflichtung hätte dabei vom Bundesrat partiell oder gesamthaft in Kraft gesetzt werden können, soweit tatsächlich eine Beeinträchtigung des Wettbewerbs aufgetreten oder zumindest zu befürchten gewesen wäre.

    24. Die vorgesehene Regelung sah keine örtliche oder sonstige Einschränkung auf bestimmte Regionen oder sonstige geographische Bereiche vor. Vielmehr wäre sie in allgemeiner Weise für die Nutzung von Breitbandnetzen eines marktbeherrschenden Fernmeldeunternehmens durch andere Fernmeldeunternehmen im gesamten Hoheitsgebiet der Schweiz zur Anwendung gelangt und nicht nur für den Ausbau und die Nutzung von Telekommunikationsnetzen in Randregionen. Daher hätte die Regelung insbesondere auch den Ausbau und die Nutzung von Glas-

      fasernetzen in Agglomerationen einschliesslich der weiteren Nutzung von bereits bestehenden Glasfasernetzen erfasst.

    25. Die Einführung von Art. 11c FMG wurde jedoch durch den Gesetzgeber nach kontroversen parlamentarischen Beratungen abgelehnt. Der wesentliche Grund für die Ablehnung bestand darin, durch einen bewussten Aufschub einer Ausweitung der Netzzugangsregulierung auf neue Glasfasernetze die Investitionstätigkeit in Randregionen nicht zu gefährden. Dies wird von der Beschwerdeführerin mit ihrem entsprechenden Einwand (vgl. E. 16) ausdrücklich bestätigt.

    26. Ungeachtet dessen wurde aber die grundsätzliche Problematik vom Gesetzgeber erkannt. So wurde es in der parlamentarischen Debatte einhellig als notwendig erachtet, bei Auftreten von konkreten tatsächlichen Problemen eine Regulierung vorzunehmen, um einen ausreichenden Wettbewerb auch für die Glasfasernetze sicherzustellen (Voten NR AEBISCHER, AB 2018 N 1986; NR GUHL, AB 2018 N 1703). Um den raschen

      Erlass entsprechender Massnahmen sicherzustellen, wurde vom Gesetzgeber mit Art. 3a FMG eine besondere Vorschrift statuiert, wonach der Bundesrat dem Parlament alle drei Jahre einen Evaluationsbericht über den Zustand des Netzausbaus einschliesslich des Netzwettbewerbs sowie über die Kosten und den Zugang zu den Teilnehmeranschlüssen zu erstellen hat.

      1. Ausgangslage

    27. Bei einer ersten Betrachtung der grundlegenden Aspekte des vorliegenden Sachverhalts ergibt sich die folgende Ausgangslage:

    28. Eine Vorschrift zum Ausschluss der Anwendung des Kartellgesetzes wurde im Rahmen der Revision weder in das Fernmeldegesetz oder das Kartellgesetz aufgenommen noch hatte der vom Bundesrat vorgelegte Revisionsentwurf eine entsprechende Vorschrift vorgesehen. Eine ausdrückliche Einschränkung des Anwendungsbereichs des Kartellgesetzes von Seiten des Gesetzgebers liegt demzufolge nicht vor.

    29. Daher könnte ein Anwendungsausschluss des Kartellgesetzes nur aufgrund einer allfällig bestehenden impliziten Haltung des Gesetzgebers im Sinne eines qualifizierten Schweigens abgeleitet werden. Im Hinblick

      auf die Ableitung eines konkreten impliziten gesetzgeberischen Willens sind allerdings verschiedene grundlegende Aspekte zu berücksichtigen.

    30. Für die Annahme eines qualifizierten Schweigens ist es zunächst zweifellos erforderlich, dass ein entsprechender gesetzgeberischer Wille mit Sicherheit nachvollzogen und begründet werden kann. Dies ist nur dann der Fall, wenn im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens entweder der entsprechende Wille ausdrücklich und eindeutig geäussert wurde oder zumindest solch bedeutsame konkrete Umstände gegeben sind, die einen eindeutigen Rückschluss auf ein qualifiziertes Schweigen des Gesetzgebers zulassen.

    31. Darüber hinaus ist auch der Gesetzgeber an die bestehende Rechtsordnung gebunden. Es kann und muss daher davon ausgegangen werden, dass der Gesetzgeber Kenntnis von der Rechtsordnung hat und diese bei der Durchführung neuer gesetzgeberischer Massnahmen beachtet. Dies gilt insbesondere auch für allfällige Anwendungskonkurrenzen, die aufgrund der Einführung neuer oder der Anpassung vorhandener Regelungen im Verhältnis zu bereits bestehenden Vorschriften auftreten.

    32. Massgebend für die Feststellung eines bestimmten impliziten Willens des Gesetzgebers sind die konkreten Umstände des jeweiligen Gesetzgebungsverfahrens. Vorliegend ist demnach die Revision des Fernmeldegesetzes im Jahre 2018 massgebend. Demzufolge müsste die eindeutige Feststellung getroffen werden können, dass der Gesetzgeber allein mit dem Verzicht auf die Statuierung einer besonderen Regulierung für das Glasfasernetz im Fernmeldegesetz eine Anwendung des Kartellgesetzes für den Ausbau und die Nutzung von Glasfasernetzen vollständig ausschliessen wollte.

    33. Für eine solche Ableitung ist jedoch bereits prinzipiell zu beachten, dass mit einer derartigen Argumentation letztlich jegliche Rechtsvorschriften in Zusammenhang mit dem FTTH-Netzausbau in der Schweiz ausgehebelt werden könnten.

    34. So könnte zum Beispiel ein Netzbetreiber die Anwendung von unzulässigen Knebelverträgen mit einer Dauer von 25 Jahren mit dem Hinweis auf die Notwendigkeit einer Amortisation der höheren Kosten für den Ausbau eines FTTH-Netzes in den Randregionen begründen. Dabei könnte in gleicher Weise ebenfalls argumentiert und gefolgert werden, dass der Gesetzgeber im Hinblick auf die erwünschte Herstellung eines

      FTTH-Netzes in Randregionen zu Gunsten dieses Netzbetreibers von einer Anwendung der jeweiligen Vorschriften des Obligationenrechts habe absehen wollen.

    35. Dieses Beispiel verdeutlich, dass allein mit einem blossen Hinweis auf den Verzicht einer fernmelderechtlichen Regelung durch den Gesetzgeber die Anwendung sonstiger Vorschriften der Rechtsordnung einschliesslich des Kartellrechts für den Ausbau und die Nutzung des FTTHNetzes in der Schweiz nicht ausgeschlossen werden kann.

    36. Dies wird im Ergebnis denn auch von der Beschwerdeführerin selbst anerkannt. Denn sie hält im Parallelverfahren ausdrücklich selbst fest, dass die Anwendbarkeit des Kartellgesetzes grundsätzlich unbestritten sei und deshalb beispielsweise die missbräuchliche Erzwingung unangemessener Preise unterbunden und sanktioniert werden könne.

    37. Im Rahmen der parlamentarischen Beratungen wurde ein Anwendungsausschluss des Kartellgesetzes weder ausdrücklich verlangt noch ausdrücklich festgestellt. Vielmehr wurde sogar ausdrücklich darauf hingewiesen, dass mangels einer Regulierung das Verhältnis zum Kartellrecht offenbleibe und demnach das Kartellgesetz Anwendung finden könne (Votum SR SCHMID, AB 2018 S 829).

    38. Angesichts dieser Sachverhaltskonstellation besteht kein Anlass, von einem Anwendungsausschluss des Kartellgesetzes auszugehen. Vielmehr müsste aufgrund der sonstigen, im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens angesprochenen Umstände eine sachliche Notwendigkeit bestehen, um einen Anwendungsausschluss des Kartellrechts aus einem qualifizierten Schweigen des Gesetzgebers ableiten zu können.

      1. Gesetzliche Zielsetzungen

    39. Für die Beurteilung des gesetzgeberischen Verhaltens sind zunächst zwei wesentliche Ziele des Fernmelderechts in Erinnerung zu rufen und das sich daraus ergebende Verhältnis zwischen Fernmeldeund Kartellgesetz zu berücksichtigen.

      1. Zielsetzung der Landesversorgung

    40. Das grundlegende Ziel des Fernmeldegesetzes besteht gemäss Art. 1 FMG darin, dass der Bevölkerung und der Wirtschaft vielfältige, preiswerte, qualitativ hochstehende sowie national und international konkurrenzfähige Fernmeldedienste angeboten werden. Dadurch wird die Gewährleistung einer landesweiten Versorgung mit Fernmeldediensten statuiert.

    41. Demgegenüber kommt dem Kartellgesetz gemäss Art. 1 KG die Aufgabe zu, den Wettbewerb im Interesse einer freiheitlichen und marktwirtschaftlichen Ordnung zu fördern und Wettbewerbsbeschränkungen zu verhindern. Dadurch wird die Gewährleistung eines wirksamen Wettbewerbs als Ziel statuiert.

    42. Demnach weisen das Fernmeldeund das Kartellgesetz primär unterschiedliche Regelungszwecke auf. Dem Kartellgesetz liegt zwar die wirtschaftstheoretische Prämisse zugrunde, dass wirksamer Wettbewerb zu einer optimalen Versorgung des Landes mit Produkten jeglicher Art zu den günstigsten Preisen führt. Ihm kommt aber nicht die Funktion zu, eine ausreichende landesweite Versorgung mit einem bestimmten Produkt sicherzustellen. Die Funktion des Kartellgesetzes ist vielmehr ausschliesslich auf die Herstellung von wirksamem Wettbewerb ausgerichtet. Dabei ist es auf die Verhinderung und Beseitigung von Wettbewerbsabreden mehrerer Unternehmen sowie von Missbräuchen durch marktbeherrschende Unternehmen beschränkt. Diese Aufgabe kann von Seiten der Wettbewerbsbehörden nicht durch generalisierende Massnahmen, d.h. in allgemeiner Weise für alle Unternehmen, sondern nur im jeweiligen Einzelfall durch Massnahmen für ein konkretes wirtschaftliches Verhalten umgesetzt werden. Eine gesamthafte Regulierung eines bestimmten Wirtschaftsgebiets, wie des Telekommunikationsbereichs einschliesslich des Interkonnektionsregimes, kann auf der Grundlage des Kartellgesetzes demnach gar nicht vorgenommen werden. Insbesondere ergibt sich aus den kartellrechtlichen Vorschriften keine Verpflichtung zur Errichtung oder zur Ausgestaltung von Glasfasernetzen. Auf diese Aspekte wurde im Rahmen der parlamentarischen Beratungen ausdrücklich hingewiesen (Voten BR LEUTHARD, AB 2018 N 1704; NR GROSSEN, AB 2018 N 170).

      Daher kann die Beschwerdeführerin ihre Rüge nicht mit dem Hinweis auf die sachlich zutreffenden Ausführungen der damaligen Bundesrätin (vgl.

      E. 17) begründen.

    43. Demzufolge hat das Kartellgesetz aufgrund seiner Regelungen jedenfalls nicht sicherzustellen, dass die Schweiz landesweit mit Glasfasernetzen sowie darauf aufbauenden Telekommunikationsprodukten zu günstigen Preisen im Interesse der Endkunden versorgt ist. Dies gilt für sämtliche Landesgebiete einschliesslich von Randregionen. Vielmehr hat das Kartellgesetz ausschliesslich sicherzustellen, dass zu Gunsten aller Marktteilnehmer einschliesslich von Unternehmen und Endkunden auf den jeweiligen Märkten der Breitbandnetze und -produkte die Möglichkeit zur Teilnahme an einem wirksamen Wettbewerb sichergestellt ist.

    44. Angesichts der unterschiedlichen Regelungszwecke von Fernmelde- und Kartellgesetz ist grundsätzlich nicht davon auszugehen, dass mit dem Verzicht auf eine gesetzgeberische Massnahme im Rahmen des Fernmeldegesetzes jeweils ein Anwendungsausschluss des Kartellgesetzes verbunden sein soll. Dieser Aspekt spricht deshalb gegen die Ableitung eines Anwendungsausschlusses des Kartellgesetzes aufgrund eines qualifizierten Schweigens des Gesetzgebers.

      1. Zielsetzung der Förderung des Wettbewerbs

    45. Ein weiteres wesentliches Ziel des Fernmelderechts ist die Förderung des Wettbewerbs. Das Fernmeldegesetz statuiert im Rahmen seines Zweckartikels gemäss Art. 1 Abs. 2 lit. c ausdrücklich die Aufgabe, einen wirksamen Wettbewerb beim Erbringen von Fernmeldediensten zu ermöglichen.

    46. Die Gewährleistung und der Schutz des Wettbewerbs sind demnach eine dem Fernmelderecht inhärente Aufgabe. Alle gesetzgeberischen Massnahmen im Bereich des Fernmelderechts haben der Erfüllung dieser Aufgabe zu dienen. Soweit in den parlamentarischen Beratungen daher explizit auf die Förderung oder Sicherstellung des Wettbewerbs abgestellt wurde, betrifft dies unmittelbar das Fernmeldegesetz und nicht notwendigerweise auch das Kartellgesetz.

    47. Dies wird auch durch einen weiteren Aspekt bestätigt. Im Rahmen der parlamentarischen Beratungen wurde von Seiten der widerstreitenden Voten in Bezug auf die Notwendigkeit zur Einführung konkreter Regelungen für das Interkonnektionsregime beim Glasfasernetz darauf abgestellt, dass wettbewerbssichernde Regelungen erst bei Auftreten konkreter Fehlentwicklungen eingeführt werden sollen. Die Einführung neuer

      Regelungen kann sich aber von vornherein nur auf das Fernmeldegesetz bezogen haben, weil der Gesetzgeber im Hinblick auf das rechtsgültige Kartellgesetz keine weiteren Handlungen für dessen Anwendung vornehmen muss.

    48. Der Aspekt der Wettbewerbsförderung als ausdrückliche gesetzliche Zielsetzung des Fernmeldegesetzes spricht deshalb ebenfalls gegen die Ableitung eines Anwendungsausschlusses des Kartellgesetzes aufgrund eines qualifizierten Schweigens des Gesetzgebers.

      1. Ausnahmezulassung

    49. Das Kartellrecht statuiert in den Art. 8 und 11 KG das Rechtsinstitut der bundesrätlichen Ausnahmezulassung. Danach kann der Bundesrat auf Antrag eines betroffenen Unternehmens ein bestimmtes wirtschaftliches Verhalten, das von der Wettbewerbskommission als Wettbewerbsbeschränkung qualifiziert und untersagt wurde, dennoch zulassen, wenn es in Ausnahmefällen notwendig ist, um überwiegende öffentliche Interessen zu verwirklichen.

    50. Bei dem Rechtsinstitut der bundesrätlichen Ausnahmezulassung handelt es sich um ein besonderes Entscheidungsverfahren mit Ausnahmecharakter im Anschluss an ein Beschwerdeverfahren oder an Stelle eines Beschwerdeverfahrens (BR, 2.5.2007, Schweizerischer Buchhändler- und Verlegerverband und Börsenverein des Deutschen Buchhandels e.V., RPW 2007/2, 341, zit. Buchpreisbindung, Ziff. II/1; BR, n.b., Schweizer Verband der Musikalienhändler und Verleger, RPW 1998/3, 478, zit. SVMHV, Ziff. II/1; FREUND BENEDIKT, in: Zäch u.a. [Hrsg.], Kartellgesetz, 2018, Art. 31 Rn. 3, 4, 8; MOECKLI DANIEL/DUDAR PATRIK, in: Zäch u.a.

      [Hrsg.], Kartellgesetz, 2018, Art. 8 Rn. 5, 7, 24). Die Anwendung dieses Rechtsinstituts obliegt ausschliesslich dem Bundesrat und ist sowohl für die Wettbewerbskommission als auch für die Rechtsmittelgerichte ausgeschlossen.

    51. Mit einer bundesrätlichen Ausnahmezulassung kann eine bestimmte wirtschaftliche Verhaltensweise trotz ihrer Wettbewerbswidrigkeit aus Gründen des Gemeinwohls dennoch für zulässig erklärt werden, um allfällig bestehende unerwünschte Effekte des Wettbewerbs korrigieren zu können. Als zu beachtende Gründe des Gemeinwohls kommen nur öffentliche Interessen mit einem hohen Stellenwert in der wirtschaftsund

      gesellschaftspolitischen Werteordnung in Betracht; hierzu zählen zum Beispiel die Versorgungssicherheit des Landes und die regionale Versorgung (BR, Buchpreisbindung, E. 59, Ziff. II/7; BR, SVMHV, E. 59, Ziff. II/6).

    52. Das Kartellrecht weist demzufolge eine besondere Regelung zur Auflösung eines Anwendungskonflikts zwischen einer festgestellten Wettbewerbswidrigkeit und den konkreten Belangen eines Unternehmens auf. Soweit diesen Belangen eine vorrangige Bedeutung aufgrund von übergeordneten allgemeinen gesellschaftspolitischen Interessen zukommt, haben die festgestellte Wettbewerbswidrigkeit und die Gewährleistung eines wirksamen Wettbewerbs zurückzutreten.

    53. Aufgrund dieser gesetzlich statuierten besonderen Auflösungsfunktion besteht bereits prinzipiell keine Notwendigkeit zu einem Anwendungsausschluss des Kartellrechts gegenüber sonstigen Rechtsgebieten oder einzelnen Rechtsvorschriften.

    54. Dies gilt insbesondere auch für das Verhältnis zum Fernmelderecht. Soweit sich bestimmte Aspekte des Fernmelderechts einschliesslich des Ausbaus und der Nutzung von FTTH-Netzen als so bedeutsam erweisen, dass sie dem Regelungszweck des Kartellrechts in Form der Gewährleistung eines wirksamen Wettbewerbs vorgehen, hat die Wettbewerbswidrigkeit zurückzutreten. Die regionale Versorgung mit Hochbreitband könnte daher gegebenenfalls eine bundesrätliche Ausnahmezulassung begründen.

    55. Diese Rechtslage ist Bestandteil der bestehenden Rechtsordnung und war demnach auch dem Gesetzgeber bekannt. Es bestand daher für ihn von vornherein keine Notwendigkeit, einen generellen Anwendungsausschluss des Kartellrechts ausdrücklich oder stillschweigend vorzusehen. Etwaige regionalpolitische Aspekte der Landesversorgung mit Fernmeldediensten können in jedem Fall in einem besonderen ausserwettbewerblichen Verfahren vorrangige Berücksichtigung finden.

    56. Dieser Aspekt spricht deshalb ebenfalls gegen die Ableitung eines Anwendungsausschlusses des Kartellgesetzes aufgrund eines qualifizierten Schweigens des Gesetzgebers.

      1. Bestehen eines Glasfaserstandards für den Glasfaserausbau

    57. Zwischen 2008 und 2012 wurde von der Eidgenössischen Kommunikationskommission unter Einbezug des Bundesamts für Kommunikation ein runder Tisch mit den wichtigsten Unternehmen aus den Netzindustrien einschliesslich der massgeblichen Fernmeldeunternehmen eingerichtet. Dieser Austausch diente dazu, einen unkoordinierten Ausbau von Glasfasernetzen in der Schweiz zu vermeiden. Vielmehr sollten die notwendigen Rahmenbedingungen für den Ausbau von FTTH-Netzen geschaffen werden, um zum einen kostenträchtige und ineffiziente Doppelspurigkeiten zu vermeiden sowie zum anderen eine wettbewerbsneutrale,

      d.h. diskriminierungsfreie und möglichst breite Nutzung des Glasfasernetzes zu ermöglichen. Dadurch sollte eine Monopolisierung von FTTHNetzen durch einzelne Unternehmen ausgeschlossen werden, um zu vermeiden, dass der spätere Zugang für andere Fernmeldeunternehmen erschwert und infolgedessen der Wettbewerb behindert oder sogar verhindert werden kann. Die zentralen Anliegen wurden durch die Festlegung von technischen und sonstigen Standards sowie die Ausgestaltung von Plattformen und Musterverträgen erreicht (COMCOM, Medienmitteilung 16.1.2012, www.comcom.admin.ch/comcom/de/home/themen/fest- netz/ftth.htm).

    58. Zwischen den Behörden und den wichtigsten Industrieunternehmen konnte demzufolge ein übereinstimmendes Verständnis über die wesentlichen Rahmenbedingungen für den Ausbau und die Nutzung von FTTHNetzen hergestellt werden. Damit wurde ein gewisser Industriestandard in Form eines besonderen Glasfaserstandards aufgrund einer behördlich initiierten freiwilligen Selbstbindung der massgeblichen Industrieunternehmen geschaffen. Der Zweck dieser Vereinbarung bestand ausdrücklich in der Sicherstellung eines ausreichenden Wettbewerbs im Interesse der Versorgung des Landes mit Breitbandprodukten zu Gunsten aller Endkunden und aller aktuellen und potentiellen Fernmeldeunternehmen als sonstige Marktteilnehmer. Der Inhalt dieses Glasfaserstandards wurde von den massgeblichen Unternehmen der Fernmeldeindustrie unter Einschluss von Swisscom anerkannt.

    59. Ein wesentliches Element dieses Glasfaserstandards stellt die Festlegung einer bestimmten Netzarchitektur dar. Danach erfolgt der Ausbau des FTTH-Netzes auf der Grundlage eines Vierfaser-Modells mit P2PTopologie. Dabei erfolgt die Einrichtung von vier unabhängigen Einzelfasern mit jeweils einer Punkt-zu-Punkt-Topologie von der örtlichen An-

      schlusszentrale bis zum Hausanschluss. Dadurch lässt sich jede einzelne Glasfaser zwischen Anschlusszentrale und dem jeweiligen Teilnehmeranschluss physisch identifizieren und in der Anschlusszentrale einem Fernmeldeunternehmen zuordnen. Infolgedessen wird für alle Fernmeldeunternehmen die Möglichkeit eines sog. Layer 1-Zugangs und damit eines unmittelbaren und singulären und deshalb entbündelten Zugangs zu allen Teilnehmeranschlüssen einer Anschlusszentrale gewährleistet. Die einzige Voraussetzung für diesen Zugang eines Fernmeldeunternehmens bildet die Anschlusspräsenz, die sowohl die Bereitstellung der notwendigen opto-elektronischen Geräte in der Anschlusszentrale zur Übernahme der einzelnen Teilnehmeranschlussleitungen vom Netzbetreiber als auch die Bereitstellung der notwendigen opto-elektronischen Geräte für den Endkunden zur Abnahme und Versendung der jeweiligen Daten am Teilnehmeranschluss umfasst.

    60. Mit dieser Netzarchitektur wurde der Ansatz einer offenen Wettbewerbsmatrix zu Gunsten und im Interesse aller aktuell und potentiell vorhandenen Konkurrenten in diesem Wirtschaftsbereich verfolgt. Denn jeder Inhaber eines Teilnehmeranschlusses kann als Endkunde auf der Einzelhandelsstufe eine individuelle Auswahl des von ihm erwünschten Dienstleisters im Telekommunikationsbereich allein auf der Grundlage von dessen eigenständig gestalteten Dienstleistungen vornehmen. Und das ausgewählte Fernmeldeunternehmen kann seine Dienstleistungen auf der Einzelhandelsstufe eigenständig gestalten und gegenüber den einzelnen Endkunden uneingeschränkt und vorbehaltlos erbringen, weil ausser einer Anmietung der einzelnen Glasfaser für den jeweiligen Teilnehmeranschluss beim Netzbetreiber keine sonstigen Voraussetzungen für die Erbringung der eigenen Dienstleistungen bestehen.

    61. Durch die offene Wettbewerbsmatrix wird die Monopolisierung eines FTTH-Netzes durch einzelne oder kooperativ agierende Netzbauunternehmen unterbunden und damit wirksamer Wettbewerb gewährleistet. Umgekehrt wird dadurch kostentreibenden Doppelspurigkeiten beim Bau von FTTH-Netzen die Notwendigkeit entzogen, weil kein Fernmeldeunternehmen ein zusätzliches FTTH-Netz errichten muss, um eigene Fernmeldedienste erbringen zu können.

    62. Von Seiten Swisscom wurde die Festlegung dieser Netzarchitektur als Glasfaserstandard ausdrücklich anerkannt und begrüsst. Dies wird unter anderem durch ihre Medienmitteilung vom 9. Dezember 2008 zum

      Ausdruck gebracht. Im Hinblick auf die Verwendung des VierfaserModells mit P2P-Topologie führte Swisscom aus:

      «Mit der Verlegung mehrerer Glasfasern pro Wohnung steigen die Investitionen marginal, dafür wird auf der Technologieund Service-Ebene Wettbewerb gewährleistet. Es wäre nicht sinnvoll, sich heute auf eine einzige Glasfaser pro Wohnung zu beschränken, da dieses die Marktdynamik und die technologische Innovation in der Telekommunikationsindustrie für die nächsten 30 bis 50 Jahre gefährden würde.»

    63. Auf das Bestehen dieser Vereinbarungen des Runden Tischs und dessen grosse praktische Bedeutung wurde im Rahmen der parlamentarischen Beratungen ausdrücklich hingewiesen (Voten BR LEUTHARD, AB 2018 N 1705, AB 2018 S 824). Der Gesetzgeber konnte unter Berücksichtigung des Grundsatzes von Treu und Glauben im Geschäftsverkehr auch darauf vertrauen, dass der Glasfaserstandard im Rahmen des zukünftigen Netzausbaus durch die jeweiligen Fernmeldeunternehmen berücksichtigt und umgesetzt wird.

    64. Soweit bekannt ist, verlief der tatsächliche Ausbau der bestehenden FTTH-Netze denn auch entsprechend den festgelegten Rahmenbedingungen.

    65. Die Statuierung des Glasfaserstandards durch die behördlich initiierte freiwillige Selbstbindung der massgeblichen Industrieunternehmen hat sich offensichtlich bewährt. Der FTTH-Glasfaserausbau in der Schweiz nahm in der Folge unstrittig eine äusserst positive Entwicklung und die Schweiz nimmt bislang einen vorderen Platz beim Ausbau von Glasfasernetzen im internationalen Vergleich ein.

    66. Aufgrund des Glasfaserstandards handelt sich es sich bei Ausbau und Nutzung des FTTH-Netzes trotz des Fehlens einer gesetzlichen Regulierung allerdings nicht mehr um einen Wirtschaftsbereich, bei dem den einzelnen Fernmeldeunternehmen eine völlige Gestaltungsfreiheit im Hinblick auf die von ihnen getätigten Investitionen in den Ausbau und die Nutzung des Glasfasernetzes zukommt. Vielmehr wurden dadurch konkrete und wesentliche Eckdaten des Ausbaus und der Nutzung von FTTH-Netzen für alle Fernmeldeunternehmen einheitlich vorgegeben.

    67. Entgegen dem Einwand der Beschwerdeführerin (vgl. E. 18) entspricht die Sachund Rechtslage bei Ausbau und Nutzung von FTTHNetzen zwischen 2009 bis 2018 demzufolge offensichtlich nicht derjenigen des Ausbaus und der Nutzung des Kupferkabelnetzes vor Erlass des

      Interkonnektionsregimes gemäss Art. 11a FMG, weil im Hinblick auf das Kupferkabelnetz keine entsprechenden Vereinbarungen von Seiten der massgeblichen Fernmeldeunternehmen und der zuständigen Behörden abgeschlossen worden waren. Daher ist auch die hierzu ergangene höchstrichterliche Rechtsprechung zur Öffnung der letzten Meile nicht einschlägig.

    68. Demzufolge stand der Gesetzgeber entgegen der Darstellung der Beschwerdeführerin im Rahmen der Revision des Fernmeldegesetzes im Jahr 2018 auch nicht vor der Wahl zwischen der Beibehaltung einer uneingeschränkten unternehmerischen Freiheit im Hinblick auf den Ausbau und die Nutzung von FTTH-Netzen oder der Einführung einer umfassenden neuen Regulierung hierfür. Vielmehr konnte ausschliesslich in Frage stehen, ob die mittels der freiwilligen Selbstbindung der Fernmeldeunternehmen bereits bestehenden Regelungen des Glasfaserstandards legislatorisch institutionalisiert und weiter detailliert werden sollten und mussten.

    69. Vor dem Hintergrund der bis dahin positiven Entwicklung bestand für den Gesetzgeber dabei angesichts des bereits vorhandenen Glasfaserstandards keine Notwendigkeit, mit einer gesetzlichen Regulierung in diesen Sachbereich festlegend oder weiterführend einzugreifen (Votum NR HURTER, AB 2018 N 1693: «Ein Wettbewerb, der funktioniert, muss doch nicht reguliert werden»; Votum NR AMSTUTZ, AB 2018 N 1702: «Das hat die Nichtregulierung in den letzten zehn Jahren bewiesen»). Vielmehr ist ohne Weiteres nachvollziehbar, dass der Gesetzgeber sich bei dieser Ausgangslage dazu entschloss, die bisher bestehende Rechtslage ohne legislatorische Anpassung oder Ergänzung fortbestehen zu lassen.

    70. Umgekehrt kann aus dem Umstand, dass der Gesetzgeber keine legislatorische Anpassung vorgenommen hat, allerdings nicht abgeleitet werden, dass dadurch der bestehende Glasfaserstandard hätte aufgehoben werden sollen. Dies wird im Übrigen auch von der Beschwerdeführerin nicht behauptet. Denn der vorhandene Glasfaserstandard bildete gerade die Grundlage für den bisherigen erfolgreichen Ausbau des FTTHNetzes. Es ist demzufolge auch kein Grund ersichtlich, warum der Gesetzgeber eine Aufhebung dieses Glasfaserstandards hätte vornehmen sollen, ohne gleichzeitig eine fernmelderechtliche Regulierung einzuführen und dadurch auf einen Rechtszustand vor Abschluss der Vereinbarungen des Runden Tisches zurückzufallen.

    71. Infolgedessen ist auch nicht davon auszugehen, dass dem bereits eingeführten Glasfaserstandard für den weiteren Netzausbau keinerlei Bedeutung zukommen und er daher für die übrige Rechtsordnung unbeachtlich sein sollte. Vielmehr wird die (weitere) Anwendung des Glasfaserstandards dadurch nicht in Frage gestellt.

    72. Die Aspekte der Entwicklung, Vereinbarung und Anwendung des Glasfaserstandards sprechen deshalb ebenfalls gegen die Ableitung eines Anwendungsausschlusses des Kartellgesetzes aufgrund eines qualifizierten Schweigens des Gesetzgebers.

      1. Bisherige Anwendbarkeit des Kartellgesetzes

    73. Durch die Wettbewerbskommission war in den Jahren 2010 und 2011 eine Vorabklärung zur wettbewerbsrechtlichen Zulässigkeit von Kooperationsverträgen zwischen Swisscom und fünf regionalen Energieversorgungsunternehmen für den Aufbau von FTTH-Netzen in Basel, Bern, Luzern, St. Gallen und Zürich durchgeführt worden (WEKO, 5.9.2011, Glasfaser St. Gallen, Zürich, Luzern, Bern, Basel, RPW 2012/2, 209, zit. Glasfaserkooperationen). Ausgangspunkt von entsprechenden Meldungen war ein Treffen der potentiellen Kooperationspartner sowie der Eidgenössischen Kommunikationskommission und des Bundesamts für Kommunikation am 19. Mai 2010 (WEKO, RPW 20212/2, 209, Glasfaserkooperationen, Ziff. 18). Gegen den Ausbau des Glasfasernetzes in St. Gallen mittels der vorgesehenen Kooperation wurde zudem eine Anzeige von Swisscable als Verband der Kabelnetzbetreiber in der Schweiz eingereicht (WEKO, RPW 20212/2, 209, Glasfaserkooperationen, Ziff. 19 ff.).

    74. Im Rahmen der Prüfung durch die Wettbewerbskommission wurde eine Abklärung sowohl hinsichtlich des potentiellen Vorliegens von Wettbewerbsabreden als auch des allfälligen Bestehens von Marktmachtmissbräuchen vorgenommen (WEKO, RPW 20212/2, 209, Glasfaserkooperationen, Ziff. 96 ff.). Die notwendige Grundlage der Prüfung durch die Wettbewerbskommission bildete dabei zwangsläufig die Anwendbarkeit des Kartellgesetzes.

    75. Als Ergebnis der Prüfung wurden verschiedene Klauseln der Kooperationsverträge als wettbewerbswidrig qualifiziert (WEKO, RPW 20212/2, 209, Glasfaserkooperationen, Ziff. 436 ff.). In der Folge wurden

      die Kooperationsverträge von den Kooperationspartnern entsprechend den Feststellungen der Wettbewerbskommission abgeändert.

    76. Die gleiche Prüfung wurde daneben gesondert für den Ausbau des FTTH-Netzes in Fribourg vorgenommen (WEKO, 16.2.2012, FTTHFreiburg, RPW 20212/2, 171).

    77. Demzufolge stand für die Kooperationspartner unter Einschluss von Swisscom und den Telekommunikationsbehörden als Beteiligte des Runden Tisches sowie Swisscable als Anzeigerin ausser Frage, dass das Kartellgesetz auf den Ausbau des FTTH-Netzes und die dabei vorgesehenen Kooperationsverträge Anwendung findet, weil ansonsten eine entsprechende Prüfung durch die Wettbewerbsbehörde nicht hätte initiiert, durchgeführt und befolgt werden müssen.

    78. Wenn die Kooperationsverträge zum Ausbau des FTTH-Netzes zwischen Swisscom und den Energieversorgungsunternehmen der Anwendung des Kartellrechts unterstehen, dann hat dies auch für Kooperationsverträge zum Ausbau des Glasfasernetzes zwischen Swisscom und anderen Fernmeldeunternehmen zu gelten. Denn ein sachlich begründetes Abgrenzungskriterium für eine Differenzierung zwischen derartigen Kooperationen ist nicht ersichtlich. Daher untersteht auch die Kooperation von Swisscom mit Salt, die im Laufe des vorliegenden Verfahrens bekannt gemacht wurde, einer Anwendung des Kartellgesetzes. Da eine Kooperation von zwei Fernmeldeunternehmen nicht automatisch und per se als wettbewerbskonform zu qualifizieren ist, bedarf sie einer behördlichen Überprüfung und bei Feststellung eines wettbewerbswidrigen Verhaltens des Erlasses entsprechender Massnahmen zur Abhilfe der Wettbewerbswidrigkeit und gegebenenfalls einer Sanktionierung der fehlbaren Unternehmen.

    79. Darüber hinaus ist nicht ersichtlich, warum zwar ein gemeinsamer Ausbau des Glasfasernetzes durch mehrere Unternehmen der Anwendung des Kartellgesetzes unterstehen sollte, nicht aber ein solitärer Ausbau durch ein einzelnes Unternehmen. Denn auch für eine solche Differenzierung ist ein sachlich begründetes Abgrenzungskriterium nicht ersichtlich, zumal auch ein einzelnes Unternehmen ein marktmissbräuchliches Verhalten gegenüber seinen Geschäftspartnern und Endverbrauchern an den Tag legen kann. Dies wird zum Beispiel durch das Verfahren ADSL II bestätigt, bei dem die missbräuchliche Ausnutzung ihrer

      Marktstellung durch Swisscom festgestellt und höchstrichterlich bestätigt wurde (vgl. E. 256).

    80. Während des Zeitraums von 2009 bis 2018 stand demnach eine Anwendung des Kartellgesetzes für allfällige Wettbewerbsbeschränkungen in Zusammenhang mit dem Ausbau und der Nutzung des FTTHNetzes überhaupt nicht in Frage. Insbesondere hätte vor dem Jahr 2018 ein Anwendungsausschluss des Kartellgesetzes angesichts der behördlich initiierten freiwilligen Selbstbindung der Fernmeldeunternehmen gerade nicht mit einem Verzicht des Gesetzgebers auf eine fernmelderechtliche Regulierung des Netzausbaus und der Netznutzung begründet werden können.

    81. Es ist ohne Weiteres davon auszugehen, dass die vorstehend aufgeführten Aspekte auch dem Gesetzgeber bekannt waren und im Rahmen einer Abwicklung von Gesetzesvorhaben Berücksichtigung gefunden haben. Es ist daher kein Grund ersichtlich, warum der Gesetzgeber mit seinem Verzicht auf eine ausdrückliche fernmelderechtliche Regulierung des FTTH-Netzes gleichzeitig die bisherige, auch von den Unternehmen anerkannte Anwendung des Kartellrechts auf konkrete wirtschaftliche Verhaltensweisen in Zusammenhang mit dem Ausbau und der Nutzung des FTTH-Netzes für die Zukunft hätte ausschliessen wollen. Vielmehr gewährleistet gerade die Anwendung des Kartellgesetzes auf den Glasfaserstandard die Herstellung von wirksamem Wettbewerb.

    82. Demnach spricht auch die bisherige Anwendbarkeit des Kartellgesetzes gegen die Ableitung eines Anwendungsausschlusses des Kartellgesetzes aus einem qualifizierten Schweigen des Gesetzgebers.

      1. Allfällige Ausnahmebereiche

    83. Wie von der Beschwerdeführerin zutreffend ausgeführt, wurde im Rahmen der parlamentarischen Beratungen allerdings auch ausdrücklich festgehalten, dass für gewisse Landesgebiete zu Lasten der dort wohnhaften Bevölkerung und angesiedelten Unternehmen entweder Schwierigkeiten mit einer adäquaten Versorgung mit Hochbreitbandnetzen oder Probleme mangels einer ausreichenden Wettbewerbssituation auftreten könnten. Denn die bestehende Selbstregulierung der Fernmeldeunternehmen sieht eine obligatorische Versorgung einzelner Landesgebiete mit entsprechenden Glasfasernetzen nicht vor. Für diese Landesgebiete

      wurde daher im Ergebnis festgestellt, dass der Gesetzgeber bei Auftreten entsprechender Probleme jeweils konkrete Massnahmen vorzunehmen hätte, um die notwendige Abhilfe zu schaffen. Vorderhand sollte allerdings auf einen entsprechenden Eingriff in den Wettbewerb verzichtet werden.

    84. Es stellt sich daher die Frage, ob zumindest aufgrund dieser Feststellung ein Ausschluss des Kartellgesetzes aus einem qualifizierten Schweigen des Gesetzgebers abgeleitet werden kann.

      1. Abgrenzung verschiedener Landesgebiete

    85. Durch die Fokussierung auf «Randregionen» (Votum NR TÖNGI, AB 2018 N 1693) als bestimmte geographische Landesgebiete im Rahmen der parlamentarischen Beratungen wurde zumindest eine duale Differenzierung vorgenommen mit einer Unterscheidung zwischen den allfällig besonders problembehafteten Regionen und dem sonstigen Landesgebiet. Gegebenenfalls könnte der Diskussion sogar eine dreioder mehrteilige Differenzierung zugrunde liegen mit einer Unterscheidung zwischen den allfällig besonders problembehafteten Regionen und den grössten Städten, in denen der Glasfaserausbau zu diesem Zeitpunkt bereits weitgehend vorgenommen worden war, sowie allen anderen Landesgebieten (Votum NR HURTER, AB 2018 N 1693: «Ballungsräume»,

      «Land», «Gebirge»; Votum NR GROSSEN, AB 2018 N 1701: «erweiterte Agglomeration», «Land», «Berggebiet»), die weder dem einen noch dem anderen Bereich zuzuordnen wären.

    86. Den Gegenstand dieser parlamentarischen Diskussion bildete demzufolge jedenfalls nicht eine generelle Behandlung aller Landesgebiete, sondern nur – aber immerhin – eine spezielle Behandlung von allfällig besonders problembehafteten Regionen, für die sich der Gesetzgeber vorbehalten wollte, gegebenenfalls besondere Regelungen zu schaffen, wenn die Versorgung mit einem ausreichenden Hochbreitbandnetz nicht mittels der bislang angewendeten Mittel sichergestellt werden könnte. Auch die Beschwerdeführerin hält ausdrücklich fest, dass sich die Fokussierung im Rahmen der parlamentarischen Beratungen auf «Randregionen» beziehe (vgl. E. 16); teilweise verwendet sie im Rahmen ihrer Ausführungen auch die Bezeichnungen «Randgebiete», «ländliche Regionen» oder «periphere Regionen».

      1. Bestimmung der Randregionen

    87. Eine konkrete Abgrenzung der Randregionen mittels einer Spezifizierung wurde im Rahmen der parlamentarischen Beratungen nicht vorgenommen. Die Differenzierung wurde plakativ an der Formulierung

      «Berg und Tal» (Votum NR CANDINAS, AB 2018 N 1703) angeknüpft. Zur Bezeichnung der Bereiche wurden Begriffe wie «abgelegene Gebiete» (Votum NR GROSSEN, AB 2018 N 1697), «Berggebiete» (Voten NR GROSSEN, AB 2018 N 1701; NR CANDINAS, AB 2018 N 1703), «ländliche

      Gebiete» (Votum NR TÖNGI, AB 2018 N 1702), «ländlicher Raum» (Votum NR FLURI, AB 2018 N 1706) oder «Landund Bergregionen» (Votum SR HÖSLI, AB 2018 S 827) verwendet.

    88. Stellvertretend für die Randregionen wurden im Rahmen der parlamentarischen Beratungen die folgende Orte und Gebiete angeführt (Anm.: die Angaben zu Einwohner, Einwohner pro km2 und Fläche sind von Seiten des Gerichts zur Erläuterung beigefügt): (1) «Diemtigtal» – umfasst die Gemeinde Diemtigen (2'250, 17/km2, 129 km2); (2) «Kiental»

      • umfasst Teile der Gemeinde Reichenbach, (3'608, 27/km2, 125 km2); (3)

        «Simmental» – umfasst die Gemeinden Lenk (2'345, 45/km2, 123 km2), St. Stephan (1'339, 22/km2, 61 km2), Zweisimmen (3'018, 41/km2,

        73 km2), Boltigen (1'263, 16/ km2, 77 km2), Oberwil (808, 17/km2; 46 km2),

        Därstetten (849, 26/km2, 33 km2), Erlenbach (1'746, 48/km2, 37 km2), Wimmis (2'537, 114/ km2, 22 km2) und Diemtigen (vgl. vorstehend); (4)

        «Adelboden» (3'390, 39/km2, 87 km2); (5) «Kandersteg» (1'298, 10/km2, 134 km2); sowie (6) «Engadin» – umfasst eine Vielzahl von Gemeinden (insgesamt 25'699, 13/km2, 1'971 km2), z.B. Bever (616; 13/km2, 45 km2),

        Celerina (1'502, 63/km2, 24 km2), Pontresina (2'162, 18/km2; 118 km2),

        Samedan (2'924; 26/km2, 113 km2), Scuol (4'591, 10/km2; 438 km2) – mit den zugehörigen Teilorten Ardez (425, 7/km2, 61 km2), Ftan (506, 12/km2, 43 km2), Guarda (161, 5/km2, 31 km2) und Tarasp (341, 7/km2, 47 km2) –,

        Sils (700, 11/km2, 63 km2), Silvaplana (1'111, 25/km2, 44 km2), St. Moritz

        (4'928, 172/km2, 29 km2), Zernez (1'527; 4/km2, 344 km2) sowie Zuoz

        (1'186, 18/km2, 66 km2).

    89. Demgegenüber wurde die Gemeinde Frutigen (6'923 Einwohner, 92/km2, 72,28 km2) als regionaler Zentrumsort bereits den sonstigen Gebieten zugerechnet.

    90. Im Rahmen der parlamentarischen Beratungen wurden demnach im Wesentlichen Orte mit zumeist deutlich weniger als 4'000 Einwohnern

      und einer Bevölkerungsdichte von weniger als 50 Einwohnern pro km2 als Randregionen qualifiziert.

    91. Am 31. Dezember 2019 belief sich die Gesamtbevölkerung in der Schweiz auf 8'606'033 Einwohner (Bundesamt für Statistik, www. bfs.admin.ch/bfs/de/home/statistiken/bevoelkerung.html, Bilanz der ständigen Wohnbevölkerung nach Kanton und Stadt 1999-2019). Die Orte mit mehr als 4'000 Einwohner wiesen insgesamt 6'278'809 Einwohner und damit einen Anteil an der Gesamtbevölkerung in Höhe von 73% auf. Die Orte mit weniger als 4'000 Einwohnern wiesen insgesamt 2'327'224 Einwohner und damit einen Anteil an der Gesamtbevölkerung in Höhe von 27% auf. Sie erfassen daher einen Anteil von gut einem Viertel der Gesamtbevölkerung. Ein deutlich höherer Anteil, insbesondere ein Anteil von mehr als einem Drittel der Bevölkerung, könnte weder terminologisch noch sachlich dem Begriff «Randregionen» zugeordnet werden.

    92. Die durchschnittliche Bevölkerungsdichte in der Schweiz mit einer Gesamtfläche von 41'285 km2 (vgl. Bundesamt für Statistik, www. bfs.admin.ch/bfs/de/home/statistiken/raum-umwelt.html) betrug Ende 2018 somit 208 Einwohner pro Quadratkilometer. Die angesprochenen Orte weisen demnach eine weit unter dem Durchschnitt liegende Bevölkerungsdichte auf.

    93. Die durchschnittliche Einwohnerzahl einer Gemeinde beläuft sich bei insgesamt 2002 Gemeinden (am 1.1.2020 gemäss Bundesamt für Statistik) und der oben erwähnten Gesamtbevölkerungszahl in der Schweiz auf 4'298 Einwohner.

    94. Angesichts dieser Verhältnisse ist davon auszugehen, dass jedenfalls eine Qualifizierung von Randregionen mit Orten von unter 4'000 Einwohnern und eine entsprechende Abgrenzung gegenüber sonstigen Landesgebieten in jedem Fall der in den parlamentarischen Beratungen angesprochenen Differenzierung gerecht werden. Auf eine weitergehende Abklärung kann im Rahmen des vorliegenden summarischen Verfahrens verzichtet werden.

    95. Dies gilt ungeachtet dessen, dass die Angaben zur Einwohnerzahl und der Bevölkerungsdichte keine direkte Verbindung zur Anzahl an Teilnehmeranschlüssen, welche die eigentliche Grundlage und Zielpunkte eines Ausbaus des Glasfasernetzes bilden, aufweisen, weil die Teilnehmeranschlüsse auf Haushalte und Unternehmen ausgerichtet sind. Denn es

      ist davon auszugehen, dass der Anteil an Teilnehmeranschlüssen in den übrigen Landesgebieten aufgrund der grösseren Anzahl an Unternehmen und einer gewissen Abwanderung der arbeitsund ausbildungsfähigen jüngeren Bevölkerung höher ausfällt als in den Randregionen. Daher ist davon auszugehen, dass der Anteil der Teilnehmeranschlüsse in den Randregionen an der Gesamtzahl der Teilnehmeranschlüsse in der Schweiz sogar geringer ausfällt als der Anteil der übrigen Landesgebiete.

      1. Stand des Ausbaus mit FTTH-Netzen

    96. Gemäss Auskunft von Swisscom waren bis Ende des Jahres 2020 rund 32% der Teilnehmeranschlüsse in der Schweiz an ein FTTH-Netz angeschlossen. Demnach umfasste dieser Anteil zum Zeitpunkt der parlamentarischen Beratungen des Revisionsgesetzes in den Jahren 2018-2019 jedenfalls nicht mehr als 1/3 der Teilnehmeranschlüsse. Dies bedeutet umgekehrt, dass mindesten 67% und damit 2/3 der gesamten Teilnehmeranschlüsse zum Zeitpunkt der parlamentarischen Beratungen nicht an ein FTTH-Netz angeschlossen waren.

    97. Der Anschluss von 2/3 der gesamten Teilnehmeranschlüsse in der Schweiz an ein Glasfasernetz erfolgt unzweifelhaft nicht nur in solchen Landesgebieten, die als Randregionen zu qualifizieren sind.

      1. Anwendungsgebiet der Netzbaustrategie 2020

    98. Die im Februar 2020 verkündete neue Netzbaustrategie von Swisscom (vorliegend: Netzbaustrategie 2020) weist keine geographische Beschränkung auf bestimmte Landesgebiete, insbesondere auch nicht auf Randregionen, auf. Vielmehr erklärt Swisscom ausdrücklich, dass der weitere Ausbau von Glasfasernetzen in sämtlichen Landesgebieten, in denen bislang kein vollständiger FTTH-Ausbau stattgefunden habe, vorgenommen werden soll. Da bis Ende 2020 maximal 33% der Teilnehmeranschlüsse an einem FTTH-Netz angeschlossen waren, würde die Netzbaustrategie 2020 folglich auf die übrigen 67% der Teilnehmeranschlüsse Anwendung finden.

    99. Dementsprechend werden in der von Swisscom eingereichten Liste der Ausbauprojekte für das Jahr 2021 nicht nur Gemeinden in Randregionen, sondern auch eine Vielzahl von Orten mit urbanen Verhältnissen

      aufgeführt, wie z.B. {xxxxxx} – rund 21'000 Einwohner / 1'764 Einwohner pro km2; {xxxxxx} – 19'000 / 1'484; {xxxxxx} – 15'000 / 3'541; {xxxxxx} – 7'500 / 1'450; {xxxxxxx} – 20'000 / 1'045; {xxxxxxx} – 10'000 / 957;

      {xxxxxx} – 14'000 / 795, {xxxxxxx} – 15'000 / 844; {xxxxxxx} – 62'000 /

      826; {xxxxxx} – 20'000 / 620; {xxxxxx} – 25'000 / 2'590; {xxxxxxx} –

      44'000 / 1'482; {xxxxxxxxxx} – 18'000 / 1'268; {xxxxxxxxx} – 36'000 / 875;

      {xxxxxxx} – 18'000 / 3'298; [xxxxxxx} – 43'000 / 2'023; {xxxxxx} – 19'000 /

      8'260; {xxxxxx} – 20'000 / 1'975; {xxxxxx} – 16'613 / 1'331; {xxxxxx} –

      13'000 / 1'667.

    100. Entgegen der Darstellung der Beschwerdeführerin im vorliegenden Verfahren entspricht der Anwendungsbereich der Netzbaustrategie 2020 demzufolge ganz offensichtlich nicht nur Randregionen gemäss der in den parlamentarischen Beratungen vorgenommenen Differenzierung zwischen Randregionen und sonstigen Landesgebieten. Vielmehr geht der Anwendungsbereich der Netzbaustrategie 2020 in wesentlichem Umfang über die Randregionen hinaus.

      1. Beurteilung der Ausnahmebereiche

    101. Angesichts der vorstehend dargestellten tatsächlichen Umstände besteht kein Grund zu der Annahme, dass dem Entscheid des Gesetzgebers die Vorstellung zu Grunde lag, dass 67% der schweizerischen Bevölkerung – und damit effektiv wohl sogar noch ein höherer Anteil an den gesamten Teilnehmeranschlüssen in der Schweiz – als Sonderfälle zu behandeln seien, die in Abweichung vom bisherigen erfolgreichen Vorgehen bei Ausbau und Nutzung der FTTH-Netze unter Ausserachtlassung des dabei anzuwendenden Glasfaserstandards einer besonderen gesetzlichen Regelung bedürften.

    102. Denn es ist ohne Weiteres ersichtlich, dass Ausbau und Nutzung von FTTH-Netzen bei einer Bevölkerungsdichte von mehreren hundert oder sogar mehr als 1'000 Einwohnern pro km2 weder unter wirtschaftlichen noch sonstigen Aspekten mit der Herstellung eines FTTH-Netzes bei einer Bevölkerungsdichte von weniger als 50 Einwohnern pro km2 vergleichbar sind.

    103. Andernfalls müsste man dem Gesetzgeber zwangsläufig unterstellen, dass mit seinem Vorgehen die Intention verbunden gewesen wäre, durch die Abkehr vom Wettbewerbsprinzip die Möglichkeit zu einer Mo-

      nopolisierung von Telekommunikationsnetzen durch einzelne Fernmeldeunternehmen bei 67% der Gesamtbevölkerung herzustellen. So würde dies bedeuten, dass die FTTH-Netze in den vorstehend bezeichneten Orten mit urbanen Verhältnissen zu Gunsten eines Fernmeldeunternehmens in monopolisierter Weise ausgebaut werden könnten. Eine derartige Intention lässt sich den Voten der parlamentarischen Diskussion aber keinesfalls entnehmen.

    104. Vielmehr kann dem parlamentarischen Vorgehen ausschliesslich die Bereitschaft des Gesetzgebers entnommen werden, dass bei einer erfolglosen Umsetzung der bisherigen Gesamtstrategie zum Ausbau der FTTH-Netze mittels des Glasfaserstandards zukünftig bei bestimmten Orten mit geringer Einwohnerzahl und Bevölkerungsdichte ein legislatorischer Eingriff vorgenommen werden soll, wobei dies zum damaligen Zeitpunkt sachlich aber noch nicht für notwendig erachtet wurde, weil das Parlament auch diesbezüglich darauf vertraute, dass die Marktkräfte zu einem wettbewerbskonformen Ausbau führen würden.

    105. Im Übrigen kann noch nicht einmal davon ausgegangen werden, dass in jeder Randregion auch tatsächlich Ausbauprobleme auftreten werden. So wurde bereits in den parlamentarischen Beratungen ausdrücklich darauf hingewiesen, dass auch in Bergregionen eine gute Versorgung gegeben sein könne, weil verschiedene Anbieter zur Verfügung stünden (Votum NR AMSTUTZ, AB 2018 N 1702). Für die Orte Adelboden und Kandersteg wurde sogar festgehalten, dass sich letztlich eine ausreichende Wettbewerbssituation aufgrund von Privatinitiativen eingestellt habe, welche Swisscom zum Ausbau ihres Netzes veranlasst hätten (Votum NR GROSSEN, AB 2018 N 1704).

    106. Überdies bestätigt die zwischenzeitlich bekannt gegebene Kooperation zwischen Swisscom und Salt, dass der Ausbau des FFTH-Netzes auch ausserhalb der grossen Städte in Angriff genommen wird und Swisscom als Netzbetreiber bei Einräumung eines entsprechenden Nutzungsrechts dabei von anderen Fernmeldeunternehmen unterstützt wird. Die Grundlage hierfür bildet offensichtlich lediglich eine Einigung der Kooperationspartner auf ein für beide Seiten angemessenes Vergütungsmodell im Gegenzug für die Gewährung des Zugangs zum Glasfasernetz von Swisscom für ein anderes Fernmeldeunternehmen.

    107. Daher kann aus dem Aspekt, dass für Randregionen besondere Regelungen für den Ausbau und die Nutzung des Glasfasernetzes durch

      den Gesetzgeber bei Bedarf erst noch hätten eingeführt werden sollen, jedenfalls kein Anwendungsausschluss des Kartellgesetzes für den Ausbau und die Nutzung von FTTH-Netzen in sämtlichen übrigen Landesgebieten aufgrund eines qualifizierten Schweigens des Gesetzgebers abgeleitet werden.

    108. Darüber hinaus ist nicht einmal von einem entsprechenden Ausschluss für die Randregionen auszugehen. Denn dem Gesetzgeber kann nicht unterstellt werden, dass durch den Aufschub einer allfälligen fernmelderechtlichen Regulierung ein Zustand hätte herbeigeführt werden sollen, bei dem der bestehende Glasfaserstandard zwar noch für alle übrigen Landesgebiete zur Anwendung gelangen würde, er aber für Randregionen bereits aufgehoben wäre, ohne dass einschlägige fernmelderechtliche Regelungen ersatzweise zur Anwendung gelangen könnten.

      1. Investitionsschutz

    109. Die Ablehnung einer Regulierung für die Randregionen wurde im Rahmen der parlamentarischen Beratungen mehrfach mit dem Hinweis auf den Investitionsschutz für das Netzbauunternehmen begründet (Voten NR TÖNGI, AB 2018 N 1693: «Wir brauchen keine Regulierung zu Gunsten von Firmen, die nicht selber investieren», und SR JANIAK, AB 2018 S 826). Dabei wurde überwiegend der Eindruck vermittelt, dass andere Fernmeldeunternehmen den Zugang zu einem Glasfasernetz kostenlos erlangen könnten (Voten NR AEBISCHER, AB 2018 N 1703: «Da gibt es einige, die wollen Geld machen und den uneingeschränkten Zugang zur letzten Meile, egal ob sie die Leitungen aufgestellt und bezahlt haben», und NR TÖNGI, AB 2018 N 1702: «[es sei fraglich,] ob ein Unternehmen investiert, wenn es quasi für den Konkurrenten das Netz mitbaut und dann einladen muss, auf dem Netz seine Dienstleistungen auch anzubieten»). Teilweise wurden die im Rahmen einer Regulierung angesetzten Preise zumindest als nicht auskömmlich für das Netzbauunternehmen qualifiziert (Voten NR AMSTUTZ, AB 2018 N 1702; SR JANIAK, AB 2018

      S 836: «Eine Regulierung würde mit aller Sicherheit [...] zu Mindereinnahmen bei der Swisscom führen, was zwingend Auswirkungen auf die Amortisation und die Investitionstätigkeit hätte»).

    110. Eine nähere Betrachtung der einzelnen Stellungnahmen führt allerdings zum Ergebnis, dass sie zum einen dem Ansatz und Regelungszweck des Runden Tischs und damit dem bereits bestehenden Glasfa-

      serstandard widersprechen sowie zum andern im vorliegenden Zusammenhang mit der Fragestellung einer Anwendung des Kartellgesetzes auch inhaltlich unzutreffend sind. Im Übrigen hatte bereits das Bundesamt für Kommunikation in einem Zusatzbericht festgehalten, dass eine Regulierung nicht zu einem Investitionshindernis für den Glasfaserausbau in Randregionen führe (Voten BR LEUTHARD, AB 2018 N 22; SR HÖSLI, AB 2018 S 827).

    111. In diesem Zusammenhang ist zunächst zu beachten, dass der Glasfaserstandard durch den Runden Tisch gerade deshalb geschaffen wurde, um einerseits aus Kostenund Effektivitätsgründen eine Duplizierung von Infrastrukturen und andererseits eine Monopolisierung von Glasfasernetzen durch einzelne Unternehmen zu vermeiden. Darauf wurde im Rahmen der parlamentarischen Beratungen ausdrücklich hingewiesen (Voten BR LEUTHARD, AB 2018 S 824; NR GENECAND, AB 2018 N 1702).

      Dementsprechend wurde als Topologiestandard auch der Einsatz von vier unabhängigen Einzelfasern pro Teilnehmeranschluss vorgesehen. Dieser Ansatz setzt demnach gerade voraus, dass die Nutzung eines Glasfasernetzes auch durch andere Fernmeldeunternehmen erfolgt, die selbst nicht am Bau des Glasfasernetzes beteiligt waren und die für dessen Nutzung ein Nutzungsentgelt entrichten. Denn durch die Beschränkung auf den Aufbau eines einzelnen Netzes und die Mitnutzung durch andere Fernmeldeunternehmen werden die Kosten für den Ausbau eines Glasfasernetzes auf verschiedene Schultern verteilt. Mit der entsprechenden Vereinbarung des Runden Tischs haben die Fernmeldeunternehmen unter Einschluss von Swisscom diesen funktionalen Ansatz anerkannt. Demgegenüber hätte das Vierfaser-Modell als Glasfaserstandard offensichtlich von vornherein gar keinen Sinn gemacht, wenn nicht auch sonstige Fernmeldeunternehmen eine der vier unabhängigen Fasern würden nutzen können.

    112. Soweit die Mehrheit des Parlaments eine Regulierung wegen der bis dahin erfolgreichen Entwicklung des Netzausbaus mit Glasfasern in der Schweiz ablehnte, hat sie sich zur Begründung dieser Ablehnung daher offensichtlich nicht auf den Aspekt des Investitionsschutzes gestützt, weil sich andernfalls ein Widerspruch zur Grundlage des bestehenden Glasfaserstandards ergeben hätte.

    113. Ob und inwieweit eine Regulierung im Rahmen des Fernmeldegesetzes tatsächlich zu einer substantiellen Einschränkung führt, bedarf im Rahmen der vorliegenden summarischen Prüfung zudem keiner ab-

      schliessenden Beantwortung. Festzuhalten ist jedenfalls, dass auch eine legislatorische Regulierung die allgemeinen Grundsätze einer betriebswirtschaftlichen Amortisation von Investitionen in den Ausbau von Glasfasernetzen unter Beachtung der notwendigen Wirtschaftlichkeit eines Unternehmens nicht ignorieren kann. So wurde im Rahmen der parlamentarischen Beratungen darauf hingewiesen, dass der Zugang nicht gratis zur Verfügung gestellt werden müsse und die Verzinsung des investierten Kapitals mit 4,5% auch die Rentabilität des Ausbaus in Zukunft sicherstelle (Votum SR ENGLER, AB 2018 S 829). Denkbar ist daher allenfalls, dass bei einer staatlichen Regulierung unter Berücksichtigung versorgungspolitischer Aspekte im Rahmen der Bandbreite eines sachgerechten Entgelts nicht der maximal mögliche und zulässige Preis, sondern lediglich ein niedrigerer Preis festgelegt wird. Die Stellungnahmen zum Investitionsschutz im Rahmen der parlamentarischen Beratungen können sich daher nur – aber immerhin – auf diese Differenz zwischen dem Maximalund dem Minimalpreis bezogen haben.

    114. Im Hinblick auf eine kartellrechtliche Überprüfung des Netzzugangs im Einzelfall ist des Weiteren zu beachten, dass ein marktbeherrschendes Netzbauunternehmen auch bei einer noch nicht erfolgten oder einer zunächst aufgeschobenen Regulierung keine beliebig hohen Preise als Entgelt für die Nutzung eines Glasfasernetzes verlangen kann. Dies gilt sowohl auf der Grosshandelsebene gegenüber anderen Fernmeldeunternehmen als auch auf der Einzelhandelsebene gegenüber den Endkunden. Denn wie vorstehend bereits dargelegt, wäre das Kartellgesetz in jedem Fall auf einen Missbrauch des Netzbauunternehmens in Form einer Erzwingung von unangemessenen Preisen anwendbar. Dies wird sogar von der Beschwerdeführerin ausdrücklich anerkannt (vgl. E. 45). Es ist deshalb auch kein Grund ersichtlich, warum einem marktbeherrschenden Fernmeldeunternehmen die Möglichkeit eröffnet werden sollte, einen unangemessen hohen Preis von seinen Geschäftspartnern zu verlangen, der über eine sachlich begründbare Amortisation des Netzausbaus hinausgehen würde. Daher lässt sich auch mit dem Aspekt des Investitionsschutzes keine beliebige Ausgestaltung der Nutzungsentgelte durch ein marktbeherrschendes Fernmeldeunternehmen begründen. Die entsprechenden Voten in der parlamentarischen Beratung zum Investitionsschutz können sich daher von vornherein nicht auf eine kartellrechtliche Überprüfung des Netzausbaus im Einzelfall bezogen haben. Vielmehr waren sie ausschliesslich auf eine staatlich vorgegebene Preisordnung gerichtet (Votum NR AMSTUTZ, AB 2018 NR 19: «Würden sie eine grosse Investition in ihrem Betrieb machen [...] in dem Wissen, dass sie diese Investition

      ihren Mitbewerbern zu staatlich regulierten Preisen zur Verfügung stellen müssten?»; Anm.: Hervorhebung angefügt).

    115. Darüber hinaus ist darauf hinzuweisen, dass die Gewährung des Zugangs zu einem FTTH-Netz, das jedenfalls in Umsetzung des Glasfaserstandards als wesentliche Einrichtung zu qualifizieren ist, zur Vermeidung eines kartellrechtlichen Missbrauchstatbestands der Zugangsverweigerung unzweifelhaft nicht unentgeltlich zu erfolgen hat. Vielmehr hat der Betreiber einer wesentlichen Einrichtung einen Anspruch auf eine angemessene Entschädigung durch den jeweiligen Initiator, der einen entsprechenden Zugang beantragt (BGer, 17.06.2003, 2A.520/2002, Enterprises Electriques Fribourgoises EEF gg. Watt Suisse AG, publ. BGE 129 II 497, zit. EEF, E. 6.5.2, 6.5.9; EuGH 13.11.1975, 26/75, General Motors

      Continental BV gg. EU-Kom, EU:C:1975:150, Ziff. 20/23, Ausrichtung an den tatsächlichen Kosten; EuGH, 11.11.1986, 226/84, British Leyland PLC gg. EU-Kom, EU:C:1986:421, Ziff. 27, Festlegung nicht ausser Verhältnis zum wirtschaftlichen Wert der Leistung). Dies wurde vom Bundesverwaltungsgericht in einer neueren Entscheidung ausdrücklich bestätigt (BVGer, B-831/2011, DCC, E. 1242).

    116. Dabei ist zum einen zu beachten, dass das Kartellgesetz im Gegensatz zum Fernmeldegesetz ausschliesslich wettbewerbsorientiert ist und keinen allgemeinen oder besonderen Versorgungsauftrag für die Herstellung und Nutzung von Glasfasernetzen aufweist (vgl. E. 52). Daher sind für die Festlegung eines angemessenen Preises als Nutzungsentgelt für den Zugang zu einer wesentlichen Einrichtung wie einem FTTH-Netz allein betriebswirtschaftliche Aspekte massgebend und keine versorgungspolitischen Anforderungen zu berücksichtigen. Da ein Fernmeldeunternehmen ein Nutzungsentgelt für den Zugang zu einem ihrer Glasfasernetze in beliebiger Weise unterhalb der Grenze der kartellrechtlichen Missbrauchsgrenze festlegen kann, ermöglicht dies unter Umständen auch die Ansetzung eines etwas höheren Preises als derjenige, der im Rahmen einer Regulierung unter Berücksichtigung versorgungspolitischer Aspekte festgelegt wird.

    117. Zum anderen ist zu berücksichtigen, dass jeweils die Herstellungskosten für dasjenige Glasfasernetz, für das jeweils der Zugang in Anspruch genommen wird, die massgebliche Kostenreferenz bildet. Dadurch können sich unterschiedliche Nutzungsentgelte für den Zugang zu verschiedenen Netzen ergeben. Bei höheren Herstellungskosten für Glasfasernetze in Randregionen können daher auch höhere Nutzungs-

      entgelte für deren Nutzung geltend gemacht werden. Die kartellrechtliche Sicherstellung von Wettbewerb führt daher auch nicht notwendigerweise zu einem einheitlichen Nutzungsentgelt für die Gewährung des Zugangs zu allen Glasfasernetzen und damit faktisch auch nicht zu einem Einheitspreis für den Endverbraucher an allen Orten in der gesamten Schweiz (im Ergebnis so auch Votum NR HURTER AB 2018 N 1694).

    118. Es besteht daher kein Grund zur Annahme, dass im Rahmen eines Kartellverfahrens als Vergütung für die Gewährung eines Zugangs zu wesentlichen Einrichtungen kein angemessener Preis für eine sachgerechte Amortisation des jeweiligen FTTH-Netzes anerkannt würde. Vielmehr ist davon auszugehen, dass ein von einem marktbeherrschenden Fernmeldeunternehmen festgelegtes Nutzungsentgelt allenfalls auch dann, wenn es über einen aufgrund einer Regulierung festzulegenden Preis hinausgehen würde, im Rahmen einer kartellrechtlichen Prüfung anerkannt wird, soweit es die Grenze des missbräuchlichen Verhaltens nicht überschreitet.

    119. Im Übrigen wird auch durch die Beschwerdeführerin selbst bestätigt, dass ein sachlich angemessener Preis für die Nutzung eines Glasfasernetzes grundsätzlich festgelegt werden kann. Danach wurde im Rahmen der Kooperation von Swisscom und Salt sowohl für die Netzüberlassung als auch für die Abgeltungsmodalitäten auf bestehende Regelungen in Gestalt des {xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx xxxxxxxxxxxxxxxxx} zurückgegriffen, dessen Verwendung im entsprechenden Kontext nach eigener Auffassung der Beschwerdeführerin geläufig sei und zum Beispiel auch im Bereich von {xxxxxxxxxxxxxxxxxx} Anwendung finde.

    120. Demzufolge lässt sich bei zutreffender Beurteilung der zu berücksichtigenden Rechtslage auch aus dem Aspekt des Investitionsschutzes kein Anwendungsausschluss des Kartellrechts aufgrund eines qualifizierten Schweigens des Gesetzgebers ableiten.

      1. Entscheidungspraxis der Eidgenössischen Kommunikationskommission

    121. Entgegen dem Einwand der Beschwerdeführerin (vgl. E. 19) kommt einer bestimmten Einzelfallentscheidung der Eidgenössischen Kommuni-

      kationskommission bereits aus sachlogischen Gründen keine Bedeutung zu.

    122. Massgebend für die vorliegend zu beurteilende Sachfrage einer Anwendbarkeit des Kartellgesetzes und der sich daraus ergebenden Zulässigkeit einer vorsorglichen Massnahme der Wettbewerbskommission ist allein der Aspekt, ob die grundsätzliche Anwendbarkeit des Kartellgesetzes ausnahmsweise aufgrund eines qualifizierten Schweigens des Gesetzgebers ausgeschlossen sein könnte. Für diese Beurteilung ist die Ansicht der Eidgenössischen Kommunikationskommission nicht von Bedeutung.

      1. Missbrauchsgesetzgebung

    123. Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin (vgl. E. 20) kommt dem Aspekt der Missbrauchsgesetzgebung keine sachliche Bedeutung zu.

    124. Die Rechtsprechung hat mittlerweile klargestellt, dass der Begriff der Missbrauchsgesetzgebung wie auch derjenige der Verbotsgesetzgebung als Bezeichnung für eine bestimmte formale Ausgestaltung der kartellrechtlich zu beachtenden Vorschriften von Bundesverfassung und Kartellgesetz Verwendung finden kann, ihm aber keine Bedeutung für die materiell-rechtliche Beurteilung konkreter wirtschaftlicher Verhaltensweisen zukommt (BVGER, B-7633/2009, ADSL II, E. 170 m.w.N.).

    125. Zudem ist nicht erkennbar, welche sachlich-inhaltliche Bedeutung dem Begriff bei einer Abgrenzung gemäss Art. 3 KG zukommen sollte, ob sektorspezifische Vorschriften dem Kartellgesetz als lex specialis vorgehen. Da das Kartellgesetz gegenüber anderen Gesetzen grundsätzlich gleichrangig anwendbar ist und ein Vorrang anderer Vorschriften aufgrund sachlicher Umstände ausdrücklich festgestellt werden müsste, lässt sich aus dem Begriff der Missbrauchsgesetzgebung gerade kein allgemeines Rücktrittsgebot zu Lasten des Kartellgesetzes ableiten.

      1. Gesamtbetrachtung

    126. Bereits bei einer summarischen Würdigung aller relevanten und vorstehend dargestellten Aspekte lässt sich zusammenfassend festhalten, dass keine Gründe für die Annahme vorliegen, wonach aus dem Auf-

      schub einer ausdrücklichen fernmelderechtlichen Regulierung des Ausbaus und der Nutzung von Glasfasernetzen im Rahmen der Revision des Fernmeldegesetzes durch den Gesetzgeber in den Jahren 2018/2019 ein Ausschluss der Anwendung des Kartellgesetzes abzuleiten wäre. Vielmehr ergibt eine Beurteilung der Sachund Rechtslage zum Zeitpunkt des Gesetzgebungsverfahrens, dass dem Kartellgesetz die bereits vorgängig zugewiesene Aufgabe auch zukünftig zukommen soll, die wettbewerbsgemässe Umsetzung des behördlich initiierten und von den Fernmeldeunternehmen anerkannten Glasfaserstandards für den Ausbau und den Netzausbau sicherzustellen, und dass der Gesetzgeber nur und erst dann eine fernmelderechtliche Regulierung für Randregionen vornehmen wird, wenn dieser Glasfaserstandard für diese Landesgebiete nicht zu einer akzeptablen Versorgung der Bevölkerung mit Hochbreitbandnetzen führen würde.

    127. Aus der Revision des Fernmeldegesetzes kann demzufolge kein Anwendungsausschluss des Kartellgesetzes im Hinblick auf die Beurteilung von Telekommunikationsprodukten und den Netzausbau in bestehenden oder neu zu errichtenden FTTH-Netzen aufgrund eines impliziten Willens des Gesetzgebers abgeleitet werden.

    128. Darüber hinaus ist zu beachten, dass für die Prüfung einer missbräuchlichen Ausübung von Marktmacht im vorliegenden Zusammenhang nicht nur der Tatbestand der Zugangsverweigerung, sondern darüber hinaus auch die von der Vorinstanz geltend gemachten Tatbestände der Diskriminierung und insbesondere der Technologieeinschränkung zu berücksichtigen sind. Bei der Zugangsverweigerung entspricht der sachliche Gegenstand in Form des Zugangs zu einem FTTH-Netz als wesentliche Einrichtung zumindest grundsätzlich noch demjenigen einer fernmelderechtlichen Regulierung des Glasfasernetzes, weshalb eine gewisse sachliche Überlappung gegeben ist und ein Anwendungsausschluss daher zumindest bei einer rein formalen Sichtweise hätte in Betracht gezogen werden können. Demgegenüber besteht der sachliche Gegenstand jedenfalls bei der Technologieeinschränkung aber in einer Verweigerung einer Anwendung des massgeblichen technischen Industriestandards durch ein marktbeherrschendes Unternehmen zu Lasten der anderen Marktteilnehmer. Dieser Gegenstand weist von vornherein keine Überlappung mit einer fernmelderechtlichen Regulierung des Zugangs zu einem Telekommunikationsnetz auf. Deshalb besteht kein Grund, warum sich ein Anwendungsausschluss des Kartellgesetzes für ein derartiges

      wirtschaftliches Verhalten ergeben sollte (im Ergebnis so bereits BGer, 2A.503/2000, Comcare II, E. 6c).

      1. Zwischenergebnis

    129. Der Anwendungsbereich des Kartellgesetzes ist vorliegend gegeben und die Wettbewerbskommission für den Erlass wettbewerbssichernder vorläufiger Massnahmen zuständig.

  3. RECHTMÄSSIGKEIT DES VORINSTANZLICHEN VERFAHRENS

    1. Im Hinblick auf die formale Rechtmässigkeit des kartellverwaltungsrechtlichen Verfahrens bringt die Beschwerdeführerin eine ganze Reihe von Rügen vor.

    2. Zunächst erhebt die Beschwerdeführerin die Rüge, dass die Vorinstanz ihre mündliche Anhörung vor Erlass der angefochtenen Verfügung unzulässigerweise abgelehnt habe. Dass ihr nicht die Möglichkeit zu mündlichen Erläuterungen eingeräumt worden war, sei unverständlich, objektiv nicht nachvollziehbar und mit einem fairen, den Grundsatz der Waffengleichheit berücksichtigenden Kartellverwaltungsverfahren nicht vereinbar.

    3. Obschon die Beschwerdeführerin ausdrücklich festhält, dass ihr im nichtstreitigen Verwaltungsverfahren grundsätzlich kein Rechtsanspruch auf eine mündliche Anhörung zusteht, macht sie unter Verweis auf Rechtsprechung und Lehre geltend, dass eine Anhörung hätte durchgeführt werden müssen, weil sie ihren Standpunkt allein durch die Abgabe einer mündlichen Äusserung hätte hinreichend deutlich machen können.

    4. Die Wettbewerbsbehörden haben im Rahmen ihrer Untersuchungen diejenigen Massnahmen zu treffen, die zur sachgerechten Abklärung des Sachverhalts und dessen rechtlicher Beurteilung notwendig sind. Hierzu zählen unzweifelhaft alle Handlungen, mit denen die Mitarbeiter der Wettbewerbsbehörden selbst ausreichende Kenntnisse über den jeweils zu beurteilenden Geschäftsbereich erlangen. Diese Kenntnisse umfassen notwendigerweise insbesondere das Wissen über die wirtschaftlichen Verhältnisse und die technischen Gegebenheiten eines Geschäftsbereichs. Zur Erlangung dieses Wissens können die Wettbewerbsbehör-

      den ohne Weiteres auch Besprechungen mit Dritten oder einzelnen Parteien durchführen.

    5. Die Durchführung von derartigen Besprechungen in einem Kartellverwaltungsverfahren führt allerdings nicht dazu, dass die Wettbewerbsbehörden mit einem Beschwerdeführer oder anderen Parteien in gleicher Weise eine Besprechung durchführen müssten. Hierfür ist auch kein Sachgrund ersichtlich. Insbesondere wird dadurch auch der Grundsatz eines fairen Verfahrens nicht verletzt.

    6. Der Beschwerdeführerin kommt daher kein Anspruch zu, dass die Wettbewerbskommission auch mit ihr eine Besprechung hätte durchführen müssen. Die Beschwerdeführerin legt im Rahmen ihrer Beschwerde auch in keiner Weise dar, welche Aspekte ausschliesslich aufgrund einer mündlichen Besprechung gegenüber den Wettbewerbsbehörden hätten dargelegt werden können.

    7. Überdies verhält sich die Beschwerdeführerin widersprüchlich. Ungeachtet der Komplexität der Angelegenheit verlangt sie im Beschwerdeverfahren zum einen, dass eine unverzügliche Entscheidung über die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung durch das Gericht vorgenommen wird, und zum anderen qualifiziert sie die Durchführung einer Instruktionsund Vergleichsverhandlung als «ungewöhnlich». Demzufolge muss die Beschwerdeführerin davon ausgegangen sein, dass sie mit ihrer schriftlichen Beschwerde den Streitgegenstand und ihre Begehren in ausreichender Weise dargelegt hat, damit das Gericht eine sachgerechte Entscheidung treffen kann. Es ist aber nicht ersichtlich, warum eine schriftliche Stellungnahme der Beschwerdeführerin zur Erläuterung der Angelegenheit zwar für das Gericht, nicht aber für die Wettbewerbsbehörden ausreichend gewesen sein sollte.

    8. Die Rüge der Beschwerdeführerin eines Verfahrensfehlers aufgrund ihrer unterbliebenen mündlichen Anhörung ist daher irrelevant.

    9. Die Beschwerdeführerin erhebt die Rüge, dass die Ablehnung ihres Antrags auf Einsicht in das – nicht vorhandene – Protokoll der Besprechung zwischen dem Sekretariat und der Anzeigerin am 1. Oktober 2020 durch die Vorinstanz eine Verletzung der Aktenund Protokollführungspflicht der Behörden und damit von verfassungsmässigen Prinzipien darstelle. Dabei macht sie geltend, die Besprechung mit der Anzeigerin unterliege selbst als informelle Anhörung der Protokollierungspflicht, weil die

      jeweiligen Informationen als Auskünfte von Drittpersonen im Sinne von Art. 12 lit. c VwVG zu qualifizieren seien, weshalb nach der Rechtsprechung bei einer Einvernahme von Auskunftspersonen über entscheiderhebliche Fragen ein Protokoll zu erstellen sei. Da ein entsprechendes Protokoll vorschriftswidrig nicht aufgenommen worden sei, bestehe ein Transparenzdefizit, weshalb eine hinreichende Wahrnehmung ihrer Verteidigungsrechte nicht gewährleistet werden könne.

    10. Vorliegend ist zu beachten, dass die Anzeigerin am 11. September 2020 eine schriftliche Anzeige beim Sekretariat eingereicht hat, die der Beschwerdeführerin am 22. September 2020 zur Stellungnahme übermittelt wurde. Die fragliche Besprechung mit der Anzeigerin fand danach am

    1. Oktober 2020 statt. Dabei wurde von der Anzeigerin eine Präsentation durchgeführt, die zu den Akten genommen und der Beschwerdeführerin im Rahmen des Akteneinsichtsrechts zugänglich gemacht wurde. Am

    16. Oktober 2020 hat die Beschwerdeführerin zur Anzeige schriftlich Stellung genommen. Aufgrund des Inhalts der Anzeige und der schriftlichen Stellungnahme der Beschwerdeführerin sowie der im weiteren Verlauf des Kartellverwaltungsverfahrens behandelten Informationen ist nicht ersichtlich, dass anlässlich der Besprechung zwischen Sekretariat und Anzeigerin Informationen ausgetauscht worden sein könnten, die zu Lasten der Beschwerdeführerin ein Transparenzdefizit begründen würden. Entsprechende Anhaltspunkte werden von der Beschwerdeführerin jedenfalls nicht vorgetragen. Es ist daher nicht ersichtlich, dass anlässlich der Besprechung zwischen dem Sekretariat und der Anzeigerin mehr als eine detaillierte Darlegung der bereits in der schriftlichen Anzeige enthaltenen Informationen zur Wissensvermittlung auf Seiten der Wettbewerbsbehörden stattgefunden hat. Insoweit handelt es sich bei dieser Besprechung nicht um die Einvernahme einer Auskunftsperson über zusätzliche bzw. neue entscheiderhebliche Aspekte. Eine Protokollierungspflicht bestand daher nicht.

    1. Im Übrigen ist auf die ständige Praxis und herrschende Literatur hinzuweisen, wonach Unterlagen, die der eigenen Kenntniserlangung von Mitarbeitern von Behörden dienen, als sogenannte interne Dokumente zu qualifizieren sind, die dem Akteneinsichtsrecht nicht unterstehen (BGE 132 II 485 E. 3.4; BVGE 2011/37, E. 5.4.1; WALDMANN BERN-

      HARD/OESCHGER MAGNUS, in: Waldmann/Weissenberger [Hrsg.], Praxiskommentar VwVG, 2. Aufl. 2018, Art. 26 Rn. 65 m.w.N.). Ohnehin wären Informationen, die als Geschäftsgeheimnisse der Anzeigerin zu qualifizie-

      ren sind und anlässlich der Besprechung mitgeteilt wurden, der Beschwerdeführerin nicht zugänglich zu machen.

    2. Darüber hinaus stützt sich die angefochtene Verfügung nicht auf irgendwelche nicht bekannten Informationen der Anzeigerin, die anlässlich der Besprechung hätten ausgetauscht worden sein können, sondern auf diejenigen Informationen der Anzeigerin, welche diese im Rahmen ihrer Anzeige vorgebracht hat und die im Rahmen der in den Akten befindlichen Präsentation enthalten sind. Der vorliegende Sachverhalt entspricht daher auch nicht demjenigen des von der Beschwerdeführerin angeführten Entscheids der Rekurskommission für Wettbewerbsfragen (REKO/WEF, RPW 1998/4, 671, E. 3.3.1).

    3. Das vorliegende Urteil stützt sich denn auch nicht auf irgendwelche unbekannten Informationen, die im Rahmen der Besprechung zwischen Sekretariat und Anzeigerin ausgetauscht wurden. Da mit dem vorliegenden Urteil ohnehin eine Heilung des Anspruchs auf rechtliches Gehör verbunden ist (vgl. E. 157 f.), kommt dem Vorbringen der Beschwerdeführerin zudem keine inhaltliche Bedeutung zu.

    4. Die Rüge der Beschwerdeführerin eines Verfahrensfehlers wegen einer unterlassenen Protokollierung ist daher unbegründet.

    5. Darüber hinaus erhebt die Beschwerdeführerin vielfältige Rügen, wonach die angefochtene Verfügung den Untersuchungsgrundsatz und/oder den Anspruch auf rechtliches Gehör nicht in ausreichender Weise beachtet habe und daher zu unrichtigen Ergebnissen in der Sache gelangt sei. Die geltend gemachten formalen Verletzungen beziehen sich dabei jeweils auf einen Sachpunkt, der nach Ansicht der Beschwerdeführerin nicht richtig oder nicht in sachgerechter Weise von der Vorinstanz untersucht oder gewürdigt wurde.

    6. Wie nachfolgend im Rahmen der Prüfung der materiellen Rechtslage dargelegt wird, sind sämtliche von der Beschwerdeführerin vorgebrachten Sachpunkte entweder unbegründet, weil sie nicht in ausreichender Weise glaubhaft gemacht wurden, oder zumeist sogar irrelevant, weil sie von vornherein nicht einschlägig oder widersprüchlich sind.

    7. Die von der Beschwerdeführerin geltend gemachten Rügen wegen formaler Rechtsverletzungen des Untersuchungsgrundsatzes und des Anspruchs auf rechtliches Gehör im Rahmen des vorinstanzlichen Verfahrens sind daher offensichtlich unbegründet.

    8. Dies gilt insbesondere auch für die Rüge der Beschwerdeführerin, es liege eine Verletzung der Begründungspflicht durch die Vorinstanz vor. Die angefochtene Verfügung weist zu allen aus Sicht der Vorinstanz entscheidungsrelevanten Sachpunkten, zu denen von der Beschwerdeführerin Einwände erhoben wurden, eine Begründung für deren Ablehnung auf. Dass die Vorinstanz nicht alle Einwände der Beschwerdeführerin in deren Sinne und nicht mit einer aus Sicht der Beschwerdeführerin ausreichenden Begründung behandelt hat, bedeutet nicht, dass deswegen bereits ein Verstoss gegen die Begründungspflicht vorliegt. Wenn sämtliche der zahllosen Einwände, die von der Beschwerdeführerin im Laufe des Verfahrens vorgebracht wurden, auch ordnungsgemäss sachlich abgehandelt werden, führt dies im Ergebnis wie im vorliegenden Fall letztlich nur dazu, dass die Beschwerdeführerin die Dauer des Verfahrens rügt und hierbei sogar die Geltendmachung von Staatshaftungsansprüchen in Aussicht stellt (vgl. E. 191 ff.).

    9. Entgegen dem Vorbringen der Beschwerdeführerin führt eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör ungeachtet der Erfolgsaussichten einer Beschwerde auch nur dann zu einer Aufhebung der angefochtenen Verfügung, wenn zum einen eine Rückweisung nicht bloss zu einem formalistischen Leerlauf führen würde und dies nicht im Interesse des Betroffenen wäre, und wenn zum anderen die Rechtsmittelinstanz nicht über die gleiche Kognition in Rechtsund Sachverhaltsfragen verfügt und dem Betroffenen die gleichen Mitwirkungsrechte zustehen, sodass die Gewährung des rechtlichen Gehörs nicht vollumfänglich nachgeholt werden kann (st. Rspr., BGE 133 I 201 E. 2.2; BGE 127 V 431

      E. 3d/aa; ausführlich BVGer, B-7633/2009, ADSL II, E. 197 ff.).

    10. Diese Voraussetzungen einer Heilung sind im Rahmen einer Beschwerde gegen eine vorsorgliche Massnahme der Wettbewerbskommission schon aufgrund der Dringlichkeit der Massnahmen und der sich daraus ergebenen Notwendigkeit zum Erlass eines möglichst raschen Prüfungsentscheids regelmässig gegeben. Dies gilt insbesondere auch für den vorliegenden Fall. Das Bundesverwaltungsgericht verfügt über eine umfassende Kognitionsbefugnis und die Beschwerdeführerin hat deren Wahrnehmung sogar ausdrücklich eingefordert. Der Beschwerdeführerin kommen im vorliegenden Beschwerdeverfahren die gleichen Mitwirkungsrechte wie im Kartellverwaltungsverfahren zu. Die Rückweisung würde offensichtlich zu einem formalistischen Leerlauf führen, weil ein marktmissbräuchliches Verhalten eindeutig gegeben und die Beschwerde gegen die vorsorglichen Massnahmen daher vollumfänglich abzuweisen ist. Die so-

      fortige Entscheidung durch das Bundesverwaltungsgericht liegt auch im Interesse der Beschwerdeführerin, weil sie aufgrund der drohenden Schadensentwicklung nachdrücklich einen unverzüglichen Entscheid in dieser Angelegenheit eingefordert hat.

    11. Dementsprechend hat die Beschwerdeführerin im Rahmen des Beschwerdeverfahrens die Möglichkeit erhalten, sowohl durch die Einreichung von Schriftsätzen als auch insbesondere durch die Durchführung einer Instruktionsverhandlung sämtliche ihrer Einwände vorzubringen, wovon sie umfangreich Gebrauch gemacht hat.

    12. Selbst wenn im Rahmen des vorinstanzlichen Verfahrens eine Verletzung des Gehörsanspruchs vorgelegen haben sollte, wäre diese nunmehr geheilt.

  4. PRÜFUNGSVORAUSSETZUNGEN

    1. Vorliegend ist die Anordnung von vorsorglichen Massnahmen im Hinblick auf ein marktmissbräuchliches Verhalten durch einen bestimmten Ausbau des FTTH-Netzes zu prüfen. Dabei ist auch über die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde gegenüber dieser vorsorglichen Massnahme zu entscheiden.

      1. Grundlagen vorsorglicher Massnahmen im Kartellrecht

    2. Die Wettbewerbskommission entscheidet im Rahmen eines Kartellverwaltungsverfahrens gemäss Art. 30 Abs. 1 KG auf Antrag des Sekretariats mit Verfügung über die zu treffenden Massnahmen.

    3. Die zu treffenden Massnahmen umfassen nach ständiger Rechtsprechung auch vorsorgliche Massnahmen (BGer, 3.1.2006, 2A.397/2005, Aare-Tessin AG u.a. gg. Weko, zit. Swissgrid – Vorsorgliche Massnahme, E. 2.1; BGer, 13.7.2004, 2A.74/2004, Corner Banca SA gg. Telekurs Multipay AG, Weko und Reko/Wef, publ. BGE 130 II 521, zit. Corner Banca, E. 2.1; BGer, 5.9.2003, 2A.142/2003, Cablecom GmbH gg. Teleclub AG, Weko und Reko/Wef, zit. Cablecom/Teleclub, E. 1.1; BGE 130 II 149, Sellita, E. 2.1; BVGer, 9.7.2014, B-4637/2013, upc

      cablecom GmbH u.a. gg. CT Cinetrade AG, Teleclub AG und Swisscom (Schweiz) AG, zit. UPC/Cinetrade, E. 2.1).

    4. Vorsorgliche Massnahmen sind Rechtsakte des einstweiligen Rechtsschutzes. Die Grundlage für deren Anordnung im Rahmen eines Kartellverfahrens bildet Art. 56 VwVG für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht sowie mangels einer spezialgesetzlichen Regelung im Kartellgesetz dessen analoge Anwendung (SEILER HANSJÖRG, in: Waldmann/Weissenberger, Praxiskommentar VwVG,

    2. Aufl. 2016, zit. WW-VwVG, Art. 56 Rn. 18) oder eine unmittelbare Ableitung aus den materiellen Vorschriften zu deren Durchsetzung (BGer, 1.12.2004, 2A.439/2004, Sport-Toto-Gesellschaft gg. SpielbankenKom, zit. Tactilo, E. 2.3) im Kartellverwaltungsverfahren.

    1. Der Zweck von vorsorglichen Massnahmen besteht gemäss Art. 56 VwVG darin, entweder als Sicherungsmassnahmen den bestehenden Zustand zu erhalten oder als Gestaltungsund Regelungsmassnahmen bedrohte Interessen sicherzustellen. Mit sichernden Massnahmen wird gewährleistet, dass der bestehende tatsächliche oder rechtliche Zustand einstweilen unverändert erhalten bleibt (BGE 130 II 149, Sellita, E. 2.2.; BGer, 2A.439/2004, Tactilo, E. 2.3). Mittels gestaltender Massnahmen wird demgegenüber ein Rechtsverhältnis provisorisch geschaffen oder einstweilig neu geregelt (BGE 130 II 149, Sellita, E. 2.2.). Dazu gehören einerseits die vorläufige Behebung eines (möglicherweise) bestehenden rechtswidrigen Zustands und andererseits auch umgekehrt die vorläufige Zulassung eines noch nicht bewilligten Zustands (SEILER, WW-VwVG, Art. 56 Rn. 31 f.). In der Praxis lässt sich allerdings eine eindeutige inhaltliche Abgrenzung angesichts der im Einzelfall verfolgten Anordnungsintention nicht immer vornehmen (KIENER REGULA, in: Auer/Müller/Schindler [Hrsg.], VwVG, 2. Aufl. 2019, zit. AMS-VwVG, Art. 56 Rn. 9).

    2. Für die Anordnung von vorsorglichen Massnahmen durch die Wettbewerbsbehörden in einem Kartellverwaltungsverfahren oder die Rechtsmittelgerichte in einem kartellrechtlichen Rechtsmittelverfahren gelten die allgemeinen Voraussetzungen für die Anordnung solcher Massnahmen (BGE 130 II 149, Sellita, E. 2.2; BGer, 2A.142/2003, Cablecom/Teleclub,

      E. 3.1), welche mangels einer ausdrücklichen gesetzlichen Statuierung in Art. 56 VwVG von der Rechtspraxis entwickelt wurden (BGer, 13.3.2001, n.b., Swisscom AG gg. TDC Switzerland AG und ComCom, publ. BGE 127 II 132, zit. Swisscom/TDC – Vorsorgliche Massnahme, E. 3 m.w.N.; BVGer, 14.2.2018, A-359/2018, Inclusion Handicap gg. SBB, Bundesamt für Verkehr u.a., zit. Inlcusion, E. 4.2). Im Rahmen der erforderlichen Interessenabwägung kann kartellrechtsspezifischen Besonderheiten aber

      Rechnung getragen werden (BGer, 2A.397/2005, Swissgrid – Vorsorgliche Massnahme, E. 2.1).

    3. Die Rechtmässigkeit einer vorsorglichen Massnahme ist danach bei Vorliegen der folgenden Voraussetzungen gegeben: (i) Nachteilsprognose (vgl. E. 611 ff.): Der Verzicht auf die Massnahme muss für die Betroffenen einen Nachteil bewirken, der nicht leicht wieder gut zu machen ist; (ii) Dringlichkeit (vgl. E. 666 ff.): es muss sich als notwendig erweisen, die fraglichen Vorkehren sofort zu treffen; (iii) Verhältnismässigkeit der Anordnung mit den Elementen der Geeignetheit (vgl. E. 688 ff.), der Erforderlichkeit (vgl. E. 720 ff.) und der Zumutbarkeit (vgl. E. 738 ff.): Die Abwägung zu Gunsten des einstweiligen Rechtsschutzes muss den Anforderungen des Verhältnismässigkeitsgrundsatzes entsprechen; (iv) Erfolgsprognose (vgl. E. 201 ff.): Die Prognose über den Ausgang der Hauptsache ist in Abhängigkeit von ihrer Eindeutigkeit zu berücksichtigen. Da die Erfolgsprognose bei der Beurteilung der übrigen Kriterien zu berücksichtigen ist, wird sie nachfolgend an den Anfang der summarischen Prüfung gestellt.

    4. Bei der inhaltlichen Ausrichtung der einzelnen Kriterien ist der Schutzzweck des Kartellgesetzes zu berücksichtigen. Danach hat die Gewährleistung eines wirksamen Wettbewerbs sowohl den Institutionenals auch den Individualschutz zum Ziel (BGer, 29.06.2012, 2C_484/2010, Publigroupe SA u.a. gg. Weko, publ. BGE 139 I 72, zit. Publigroupe,

      E. 10.1.2). Ein Missbrauch von Marktmacht umfasst deshalb sowohl alle Verhaltensweisen mit volkswirtschaftlich schädigendem Effekt als auch Verhaltensweisen, welche in sachlich unangebrachter Weise die wirtschaftliche Freiheit der betroffenen Unternehmen einschränken oder aufheben (BGE 139 I 72, Publigroupe, E. 10.1.2). Demnach erstreckt sich der Zweck von vorsorglichen Massnahmen auch im Rahmen eines öffentlich-rechtlichen Kartellverfahrens nicht nur auf den blossen Schutz des Wettbewerbs, sondern erfasst auch den Schutz der wirtschaftlichen Freiheit anderer Marktteilnehmer. Im Übrigen ist aber ohnehin davon auszugehen, dass bei einer sachlich unangebrachten Einschränkung der wirtschaftlichen Freiheit einzelner Marktteilnehmer regelmässig auch eine nachteilige Einwirkung auf den Wettbewerb vorliegt. Daher muss im Einzelfall dargelegt werden, warum eine nachteilige Einwirkung auf den Wettbewerb trotz der Einschränkung der wirtschaftlichen Freiheit eines Marktteilnehmers nicht vorliegt.

    5. Angesichts der notwendigen Dringlichkeit einer Umsetzung von vorsorglichen Massnahmen handelt es sich bei deren Anordnung um ein besonderes Eilverfahren, bei der keine abschliessende, sondern nur eine vorläufige und summarische Prüfung der Sachund Rechtslage vorgenommen werden kann (BGE 130 II 149, Sellita, E. 2.3).

    6. Bei der Abwägung des öffentlichen Sicherungsinteresses gegenüber dem privaten Verwirklichungsinteresse handelt es sich daher um einen sog. prima facie-Entscheid. Aus diesem Grund können sich die jeweilige Behörde und eine Beschwerdeinstanz auf den Sachverhalt abstützen, der sich aus den vorhandenen Akten ergibt, ohne darüber hinausgehende zeitraubende Erhebungen anstellen zu müssen (BGE 130 II 149, Sellita, E. 2.3; BVGer, 29.5.2013, A-2716/2013, E. 3.; BVGer, 16.8.2011, A–2841/2011, E. 3.3; MOSER ANDRÉ/BEUSCH MICHAEL/KNEUBÜHLER LO-

      RENZ, Prozessieren vor dem Bundesverwaltungsgericht, 2. Aufl. 2013, zit.

      Prozessieren, Rn. 3.27).

    7. Die betroffenen Unternehmen trifft dabei aber eine Mitwirkungspflicht bei der Erstellung des Sachverhalts (BVGer, B-4637/2013, E. 3).

    8. Zum Nachweis der Umstände, welche die Anordnung vorsorglicher Massnahmen rechtfertigen, genügt die Glaubhaftmachung der jeweils relevanten Tatsachen (BVGer, 31.3.2016, A–1703/2016, E. 3.3; BVGer, 16.8.2011, A–2841/2011, E. 3.3; BVGer, 5.11.2010, A–4684/2010, E. 6.3.1; BVGer, 4.6.2008, A–515/2008, E. 3; KÖLZ ALFRED/HÄNER ISABE-

      LLE/BERTSCHI MARTIN, Verwaltungsverfahren und Verwaltungsrechtspflege des Bundes, 3. Aufl. 2013, zit. Verwaltungsverfahren, Rn. 1081; MOSER/BEUSCH/KNEUBÜHLER, Prozessieren, Rn. 3.18).

    9. Die Glaubhaftmachung bildet im Rahmen der Beweiswürdigung ein eigenständiges Element des Beweismasses (BVGer, B-7633/2009, ADSL II, E. 155 ff. m.w.N.) und stellt gegenüber dem Beweismass des Überzeugungsbeweises und des Wahrscheinlichkeitsbeweises ein geringeres Beweismass dar. Eine Glaubhaftmachung setzt lediglich voraus, dass der Richter mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit vom Vorliegen eines bestimmten Sachaspekts ausgehen kann, ohne dass er dessen Verwirklichung tatsächlich für gegeben hält.

    10. Entgegen dem Einwand der Beschwerdeführerin, wonach für Gestaltungsanordnungen ein höherer Grad der Wahrscheinlichkeit erforder-

      lich sei, sind vorliegend keine erhöhten Anforderungen an die Glaubhaftmachung zu stellen.

    11. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob unterhalb des Beweismasses der überwiegenden Wahrscheinlichkeit für die Feststellung einer Glaubhaftmachung zwei unterschiedliche Wahrscheinlichkeitsstufen zur Anwendung gelangen können, die eine Differenzierung zwischen Sicherungsund Gestaltungsanordnungen überhaupt erst ermöglichen würden. Soweit ersichtlich, werden jedenfalls entsprechende allgemeingültige Definitionen für eine notwendige Abgrenzung weder in Literatur noch Rechtsprechung angeführt.

    12. Eine allenfalls grundsätzlich zu beachtende höhere Wahrscheinlichkeit kommt jedenfalls vorliegend schon deshalb nicht zum Tragen, weil es sich bei der angefochtenen Verfügung um eine Sicherungsanordnung und nicht um eine Gestaltungsanordnung handelt. Denn mit der Anordnung der vorsorglichen Massnahme wird die Einhaltung des Glasfaserstandards, der vom Runden Tisch unter Einschluss von Swisscom für den Bau von FTTH-Netzen festgelegt wurde, oder zumindest eine äquivalente Ausgestaltung, mit der die Zwecke des Glasfaserstandards ebenfalls erreicht werden, sichergestellt. Die Netzbaustrategie 2020 von Swisscom weicht von diesem Glasfaserstandard wesentlich ab. Demzufolge wird durch die angefochtene Verfügung nicht vorgreifend eine neue Verpflichtung zur provisorischen Ausgestaltung eines bestimmten Rechtsverhältnisses statuiert, sondern im Gegenteil die Einhaltung von bestehenden Standards für bereits ausgeübte Tätigkeiten eingefordert.

    13. Im Übrigen verhält sich die Beschwerdeführerin widersprüchlich, wenn sie einerseits die Ansetzung von hohen Anforderungen an die Beweise und den Beweisgrad einer Glaubhaftmachung einfordert, andererseits selbst aber – auch auf ausdrückliches Verlangen der Wettbewerbsbehörden – eine nähere Darlegung von Kostenberechnungen zur Begründung der geltend gemachten Kosteneinsparung allein mit dem Hinweis auf die Notwendigkeit einer blossen Glaubhaftmachung im Verfahren ablehnt (vgl. E. 509 f.). Bereits aus diesem Grund ist der Einwand der Beschwerdeführerin irrelevant.

      1. Grundlagen der aufschiebenden Wirkung

    14. Einer Beschwerde kommt gemäss Art. 55 Abs. 1 VwVG grundsätzlich aufschiebende Wirkung zu. Gemäss Art. 55 Abs. 2 VwVG kann die verfügende Behörde bereits durch die erlassene Verfügung einer allfälligen Beschwerde die aufschiebende Wirkung entziehen; die gleiche Befugnis steht der Beschwerdeinstanz, ihrem Vorsitzenden oder dem Instruktionsrichter nach Einreichung der Beschwerde zu. Gemäss Art. 55 Abs. 3 VwVG kann die Beschwerdeinstanz, ihr Vorsitzender oder der Instruktionsrichter die von der Vorinstanz entzogene aufschiebende Wirkung der Beschwerde wiederherstellen. Über ein Begehren um Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ist ohne Verzug zu entscheiden.

    15. Die Voraussetzungen für den Entzug oder die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung gemäss Art. 55 VwVG entsprechen nach Rechtsprechung und Lehre denjenigen einer Anordnung vorsorglicher Massnahmen (BGE 130 II 149, Sellita, E. 2.2; BGE 117 V 185 E. 2b; KIE-

      NER, AMS-VwVG, Art. 55 Rn. 15; KIENER, AMS-VwVG, Art. 56 Rn. 12;

      SEILER, WW-VwVG, Art. 56 Rn. 26).

    16. Daher sind für eine entsprechende Entscheidung ebenfalls die vorstehend aufgeführten Aspekte Nachteilsprognose, Dringlichkeit, Verhältnismässigkeit und Erfolgsprognose (vgl. E. 167) massgebend.

      1. Vorsorgliche Massnahme und aufschiebende Wirkung

    17. Das Verhältnis zwischen der Anordnung von vorsorglichen Massnahmen und der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ist komplex (Kiener, AMS-VwVG, Art. 56 Rn. 3). Denn je nach Sachverhaltskonstellation treffen unterschiedliche Anträge verschiedener Parteien sowie unterschiedliche Gegenstände und Inhalte der Verfügung aufeinander. Daraus ergibt sich eine Vielzahl von möglichen Sachverhaltskonstellationen.

    18. Soweit – wie im vorliegenden Fall – die Anordnung von vorsorglichen Massnahmen und der Entzug der aufschiebenden Wirkung Gegenstand eines Beschwerdeverfahrens sind und sowohl ein Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung als auch ein Antrag auf Aufhebung der vorsorglichen Massnahme von den Verfügungsadressaten gestellt werden, sind folgende Aspekte zu beachten.

    19. Grundsätzlich ist es formal möglich, zusammen mit einem Beschwerdeantrag auf Aufhebung der angeordneten vorsorglichen Massnahme auch einen Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung zu stellen, weshalb in einem solchen Beschwerdeverfahren dann sowohl über diesen Antrag als auch über die vorsorgliche Massnahme zu entscheiden wäre.

    20. Allerdings bedarf es nicht zwangsläufig auch getrennter Entscheide über die Anordnung der vorsorglichen Massnahme und über die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung.

    21. Weil nämlich die Beurteilungskriterien für beide Entscheide identisch sind, ist es zum einen inhaltlich grundsätzlich ausgeschlossen, einerseits die Anforderungen der Dringlichkeit und Erforderlichkeit einer vorsorglichen Massnahme und damit die Notwendigkeit zu deren unmittelbarer Vornahme und Durchsetzung vor Abschluss eines behördlichen Untersuchungsverfahrens zu bejahen und deswegen die vorsorgliche Massnahme gutzuheissen, und andererseits die Aussetzung und damit die fehlende Notwendigkeit einer unmittelbaren Vornahme und Durchsetzung der angeordneten Massnahme zumindest bis zum Abschluss des Beschwerdeverfahrens während eines behördlichen Untersuchungsverfahrens ebenfalls zu bejahen und deswegen die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde festzustellen.

    22. Zum anderen würde in formaler Hinsicht mit einer vorgängigen Entscheidung über die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung zwangsläufig auch bereits eine Entscheidung über die Anordnung der vorsorglichen Massnahme getroffen werden, weil die Beurteilungskriterien für beide Entscheidungen identisch sind. Solange eine Entscheidung über die Rechtmässigkeit einer Anordnung der vorsorglichen Massnahme aufgrund der notwendigen Abklärungen im Einzelfall aber nicht vorgenommen werden kann, ist dementsprechend auch eine vorgängige Entscheidung über die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ausgeschlossen. Aus diesem Grund hat die Entscheidung über die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Entscheidung über die Anordnung der vorsorglichen Massnahme grundsätzlich nachzufolgen.

    23. Dieser inhaltliche und formale Zusammenhang wird auch durch eine weitere Überlegung bestätigt: Wenn eine vorsorgliche Massnahme durch eine Behörde rechtmässig angeordnet wurde, dann sind die notwendigen Voraussetzungen zu Gunsten einer vorläufigen Durchsetzung

      des öffentlich geschützten Interesses einschliesslich der Dringlichkeit, der Erforderlichkeit und der Zumutbarkeit der Massnahme gegeben. Da die Voraussetzungen über die Aussetzung der aufschiebenden Wirkung identisch sind, kann sich infolgedessen kein positives Ergebnis zu Gunsten einer vorläufigen Durchsetzung des entgegenstehenden privaten Unternehmensinteresses einstellen. Die rechtmässige Anordnung einer vorsorglichen Massnahme setzt deshalb grundsätzlich voraus, dass auch die Aufhebung der aufschiebenden Wirkung verfügt wird (BGer, 2A.142/2003, Cablecom, E. 3.2, Kiener, AMS-VwVG, Art. 56 Rn. 13). Andernfalls könnte der Zweck der vorsorglichen Massnahme von vornherein unterlaufen und damit nicht erfüllt werden, weil die aufschiebende Wirkung der Dringlichkeit und Erforderlichkeit der Massnahme entgegensteht. Demzufolge kann umgekehrt auch einem Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung zum vorläufigen Schutz des entgegenstehenden privaten Unternehmensinteresses vor einer summarischen Prüfung der Rechtmässigkeit der vorsorglichen Massnahme nicht stattgegeben werden.

    24. Eine andere rechtliche Einschätzung ergibt sich immer dann, wenn im Einzelfall besondere Umstände vorliegen, die eine Differenzierung in einer Weise erfordern oder ermöglichen, dass spezifische Gründe eine sofortige Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung bis zu einem Entscheid der Rechtsmittelinstanz über die Anordnung der vorsorglichen Massnahme rechtfertigen, selbst wenn letzterer deren Rechtmässigkeit bestätigen sollte. Dies gilt etwa für den Fall stetig ansteigender Gefährdungslagen, bei denen die Dringlichkeit der vorsorglichen Massnahme jedenfalls bis zum Abschluss einer notwendigen Abklärung der konkreten Sachverhaltskonstellation eingetreten sein wird, während deren Vorliegen zum Zeitpunkt der Verfügung und der Beschwerde aber noch unsicher sein mag. Derartige Gründe müssen sich allerdings gegenüber den sonstigen Aspekten, die im öffentlichen Sicherstellungsund Erhaltungsinteresse oder im privaten Verwirklichungsinteresse jeweils für oder gegen eine unmittelbare Vornahme und Durchsetzung der vorsorglichen Massnahme sprechen, abheben und sie sind als solche auch zu bezeichnen und zu behandeln.

    25. Ein entsprechender Anwendungsfall ist vorliegend nicht gegeben. Weder sind für das Gericht Anhaltspunkte für die sachliche Möglichkeit einer solchen Differenzierung ersichtlich noch hat die Beschwerdeführerin entsprechende substantiierte Gründe für eine solche Differenzierung vorgetragen.

    26. Der Antrag der Beschwerdeführerin auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ist somit nicht begründet, weshalb vorab nicht über ihn zu entscheiden war. Mit dem vorliegenden Urteil zur vorsorglichen Massnahme ist er zudem gegenstandslos geworden und als gegenstandslos geworden abzuschreiben.

    27. Aus diesem Grund ist auch der Einwand der Beschwerdeführerin, es liege ein Verstoss gegen die Rechtsweggarantie vor, weil das Gericht trotz der «eindeutigen Rechtslage» zu Gunsten von Swisscom nicht unverzüglich einen Entscheid zumindest über die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung getroffen habe, unbegründet.

    28. Dies gilt insbesondere auch unter Berücksichtigung des tatsächlichen prozessualen Verhaltens der Beschwerdeführerin, das durch mehrfache Änderungen des Beschwerdeinhalts und ein ständiges Vortragen von neuen Tatsachenbehauptungen gekennzeichnet ist.

    29. Nachdem die Beschwerdeführerin noch in ihrer Beschwerde vom

    13. Januar 2021 die von der Vorinstanz propagierte Farbentbündelung als völlig untaugliche Alternative gegeisselt hatte, reichte sie am 24. März 2021 – einen Tag vor der Instruktionsund Vergleichsverhandlung – einen Schriftsatz ein, mit dem sie nunmehr die Möglichkeit einer Umsetzung der Farbentbündelung einräumte und hierfür mit C-ALO ein Produkt entwarf, welches auf der Farbentbündelung basiert. Darüber hinaus hat Swisscom dieses Produkt auch auf dem Markt eingeführt, ungeachtet dessen, dass an der Instruktionsund Vergleichsverhandlung von allen Parteien übereinstimmend festgestellt worden war, dass die Farbentbündelung jedenfalls zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht massenmarkttauglich sei. Auch der Umstand, dass das Gericht im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes und die Vorinstanz im Rahmen des Hauptverfahrens erst noch über die rechtliche Zulässigkeit der Farbentbündelung als Alternative zum Glasfaserstandard zu entscheiden hatte, spielte dabei offensichtlich keine Rolle.

    194. Einen Monat später am 29. April 2021 informierte die Beschwerdeführerin das Gericht, dass Swisscom am gleichen Tag eine Glasfaserpartnerschaft mit Salt öffentlich bekannt gegeben habe. Darüber hinaus machte sie geltend, dass mit dieser Glasfaserpartnerschaft für die anderen Fernmeldeunternehmen nunmehr eine Zugangsmöglichkeit vorhanden sei, welche die Bedingungen eines Layer 1-Zugangs erfülle, weshalb schon deshalb die vorsorgliche Massnahme aufzuheben sei. Die umfangreiche Dokumentation zur Glasfaserpartnerschaft wurde von ihr aber

    nicht bei Gericht, sondern lediglich mit Schreiben vom 14. Mai 2021 bei der Vorinstanz eingereicht, welche diese Unterlagen dann wiederum am

    18. Mai 2021 an das Gericht weitergeleitet hat. Selbstredend musste der Vorinstanz auch ausreichend Gelegenheit eingeräumt werden, zu dieser Entwicklung inhaltlich Stellung nehmen zu können. Im Übrigen lancierte Swisscom auch mit der Glasfaserpartnerschaft ein Produkt am Markt, über dessen Zulässigkeit erst das Gericht im einstweiligen Rechtsschutzverfahren und die Vorinstanz im Hauptverfahren zu entscheiden hat.

    1. Nachdem die Beschwerdeführerin das Verlangen der Vorinstanz nach konkreten Kostenberechnungen unter Hinweis auf die Notwendigkeit der blossen Glaubhaftmachung in einem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes zunächst mit dem Hinweis auf entsprechend überrissene Anforderungen vehement abgelehnt hatte, wurden von ihr in den weiteren Rechtsschriften diverse Erläuterungen zum Beleg der Unverhältnismässigkeit der anfallenden Kosten einschliesslich einer Darlegung der gesamten Mehrkosten eingereicht. Mit Schriftsatz vom 3. August 2021 wurde von der Beschwerdeführerin schliesslich sogar eine komplett neue Berechnung für die Ermittlung des gesamten Mehraufwands eingereicht, welche sich mit einem Minderbetrag von 24% deutlich von der vorgängig vorgelegten Berechnung unterscheidet.

    2. Die Beschwerdeführerin hat fünf Schriftsätze mit insgesamt 135 Seiten im vorliegenden Verfahren und bislang zwei Schriftsätze mit insgesamt 40 Seiten im Parallelverfahren mit wechselseitiger Bezugnahme auf die jeweiligen Inhalte eingereicht. Dabei waren die Schriftsätze im Gegensatz zu diesem Urteil eng beschrieben und wiesen umfangreiche Beilagen auf. Es ist daher nicht nachvollziehbar, wenn die Beschwerdeführerin im Hinblick auf die Zeitdauer rügt, dass trotz der Dringlichkeit ein mehrfacher Schriftenwechsel durchgeführt worden sei. Denn das Gericht hat weder die Beschwerdeführerin noch die Vorinstanz zur Einreichung von weiteren umfangreichen Schriftsätzen aufgefordert.

    3. Mit jedem Schriftsatz hat die Beschwerdeführerin zudem neue Aspekte für die Beurteilung der Angelegenheit und Einwände gegen die angefochtene Verfügung vorgebracht. Insgesamt wurden über 100 Einwände gegen die angefochtene Verfügung geltend gemacht. Ungeachtet eines Entscheids im Rahmen eines summarischen Verfahrens musste jeder dieser Einwände angesichts der von der Beschwerdeführerin angeführten immensen Bedeutung und des enormen Schadenspotentials für Swisscom und die gesamte schweizerische Volkswirtschaft behandelt

      werden. Die hierfür notwendigen Abklärungen und Würdigungen wurden dabei ganz wesentlich erschwert durch die mehrfache Widersprüchlichkeit der vorgetragenen Behauptungen.

    4. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass von Seiten der Beschwerdeführerin zum einen regelmässig formelle Mängel gerügt werden, wenn ein vorgebrachter Aspekt nicht im Sinne der Beschwerdeführerin beurteilt wird, und zum anderen ausdrücklich die Geltendmachung von Staatshaftungsansprüchen angekündigt wurde. Daher bedurfte es trotz der grundsätzlich nur summarischen Prüfungsdichte sowohl mit Bezug auf die Bedeutung der Angelegenheit als auch im Hinblick auf allfällige Rechtsmittelund Staatshaftungsverfahren grösster Sorgfalt bei der Ausarbeitung der Begründung dieses Urteils.

    5. Vor dem Hintergrund eines derartigen Prozessverhaltens ist die Zeitdauer für den Erlass dieses Urteils auch im Rahmen eines summarischen Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes nicht zu beanstanden, weil die Beschwerdeführerin selbst einräumt, dass vorliegend eine Komplexität technischer und ökonomischer Zusammenhänge gegeben und eine Beantwortung schwieriger und zum Teil präjudizieller Rechtsfragen vorzunehmen ist.

    6. Angesichts aller vorstehend dargelegten Aspekte können auch die von der Beschwerdeführerin mehrfach vorgetragenen Hinweise auf die Geltendmachung von Staatshaftungsansprüchen einschliesslich der hierzu ausdrücklich erklärten Vorbehalte hinsichtlich sämtlicher Rechte keine andere Einschätzung der Rechtslage herbeiführen.

  5. ERFOLGSPROGNOSE

    1. Die angefochtene Verfügung stellt fest, dass ein Marktmachtmissbrauch in Form einer Zugangsverweigerung gemäss Art. 7 Abs. 2 lit. a KG, einer Einschränkung der Erzeugung, des Absatzes und der technischen Entwicklung gemäss Art. 7 Abs. 2 lit. e KG sowie einer Diskriminierung von Handelspartnern gemäss Art. 7 Abs. 2 lit. b KG sehr wahrscheinlich sei, weil die vorhandenen Anhaltspunkte für ein missbräuchliches Verhalten von Swisscom nicht hätten ausgeräumt werden können.

      1. Allgemeines

    2. Für die Erfolgsprognose im Rahmen einer vorsorglichen Massnahme ist eine summarische rechtliche Beurteilung der Hauptsache vorzunehmen. Sie umfasst eine Beurteilung des mutmasslichen Ausgangs des jeweiligen Kartellverfahrens und damit eine Einschätzung der Wettbewerbswidrigkeit des in Frage stehenden wirtschaftlichen Verhaltens.

    3. Die Erfolgsprognose dient als Bezugspunkt bei der Prüfung der weiteren Merkmale einer vorsorglichen Massnahme. Die Erfolgsprognose ist in massgeblicher Weise zu berücksichtigen, wenn sie eindeutig ausfällt (BGE 130 II 149, Sellita, E. 2.2; BGE 129 II 286 E. 3; BGE 127 II 132

      E. 3; BGE 124 V 82 E. 6a; BGE 117 V 185 E. 2b; BGE 110 V 40 E. 5b;

      BGer, 31.8.2009, 1C_88/2009, E. 3.1). Demgegenüber ist bei Vorliegen von tatsächlichen oder rechtlichen Unklarheiten Zurückhaltung geboten, weil die Entscheidgrundlagen erst im Hauptverfahren vollständig zusammengetragen und verbindlich abgeklärt werden können (BGE 130 II 149, Sellita, E. 2.2; BGE 127 II 132, E. 3). Je zweifelhafter der Verfahrensausgang erscheint, desto höhere Anforderungen sind an den für die Verfahrensdauer im öffentlichen Interesse zu beseitigenden Nachteil, die Dringlichkeit und die Verhältnismässigkeit der jeweiligen Anordnung einer vorsorglichen Massnahme zu stellen (BGE 130 II 149, Sellita, E. 2.3; BGer, 2A.142/2003, Cablecom./.Teleclub, E. 3.2).

    4. Im Hinblick auf die nachfolgenden Ausführungen zur Erfolgsprognose ist zunächst allgemein darauf hinzuweisen, dass sämtliche Feststellungen und Einschätzungen im Rahmen eines summarischen Verfahrens auf der Grundlage einer Glaubhaftmachung der Parteien ergehen und ihnen deshalb lediglich ein vorläufiger Charakter zum Zwecke der Beurteilung einer vorläufigen Massnahme der Vorinstanz zukommt. Damit wird weder einer eingehenden Untersuchung im Rahmen des Hauptverfahrens durch die Wettbewerbsbehörden oder einem daran anschliessenden Rechtsmittelverfahren unter Beachtung des Untersuchungsgrundsatzes vorgegriffen noch ein entsprechender Entscheid im Hauptverfahren präjudiziert. Nachfolgend wird aber auf eine ständige Wiederholung dieses Hinweises verzichtet.

    5. Die angefochtene Verfügung zieht als Grundlage eines Marktmissbrauchs verschiedene Missbrauchsformen heran. Für den Erlass einer vorsorglichen Massnahme ist es bereits ausreichend, dass sich die drohende oder eingetretene Verwirklichung eines dieser Tatbestände bele-

      gen lässt. Da das Gericht den Vorwurf einer drohenden Verwirklichung von Art. 7 Abs. 2 lit. e KG in Form einer Technologieeinschränkung als berechtigt qualifiziert, wird die nachfolgende Abklärung der Erfolgsprognose auf diesen Tatbestand beschränkt.

    6. Die Erfolgsprognose fällt dabei nach Ansicht des Gerichts eindeutig aus. Da die Beschwerdeführerin aber eine Vielzahl von Einwänden gegen die rechtliche Beurteilung des komplexen Sachverhalts im Rahmen der angefochtenen Verfügung erhoben hat und hierbei viele Rechtsfragen mit präjudiziellem Charakter aufgeworfen werden, die eine erstmalige Abklärung und Einschätzung erfordern, bedarf es für eine ausreichend transparente Begründung der vorsorglichen Massnahme einer ausführlichen Darlegung der materiellen Beurteilung durch das Gericht. Dies gilt insbesondere unter Berücksichtigung der umfassenden Prüfungszuständigkeit für Sachund Rechtsfragen des Bundesverwaltungsgerichts, deren vollständige Ausübung einschliesslich der Angemessenheitskontrolle von der Beschwerdeführerin auch ausdrücklich eingefordert wurde. Diese ausführliche Darlegung ändert allerdings nichts daran, dass die nachfolgenden Überlegungen auf einer summarischen Beurteilung der Angelegenheit ohne umfassende Beweiserhebung beruhen.

      1. Voraussetzungen der Missbrauchsvariante

    7. Art. 7 Abs. 2 lit. e KG qualifiziert als missbräuchliche Verhaltensweise die Einschränkung der Erzeugung, des Absatzes oder der technischen Entwicklung.

    8. Für die Feststellung einer Technologieeinschränkung als massgebliche Missbrauchsvariante im vorliegenden Fall bedarf es entsprechend den üblichen Anforderungen gemäss Art. 7 KG jedenfalls einer Bestimmung des massgeblichen relevanten Markts mittels einer Marktabgrenzung, der Feststellung der beherrschenden Stellung auf dem relevanten Markt, der Feststellung einer bestimmten technischen Entwicklung, einer Einschränkung derselben durch das marktbeherrschende Unternehmen, des Fehlens von Rechtfertigungsgründen für die vorgenommene Einschränkung sowie der Feststellung eines wettbewerbswidrigen Nachteils im Rahmen der Wettbewerbsverfälschung.

      1. Relevanter Markt

    9. Die angefochtene Verfügung verweist im Rahmen ihrer Erfolgsprognose auf die bisherige Abgrenzung eines sachlich relevanten Markts für den Zugang zur physischen Netzwerkinfrastruktur mit glasfaserbasierten Übertragungsgeschwindigkeiten, auf dem andere Fernmeldeunternehmen ohne eigenes Glasfasernetz das entsprechende Layer 1-Produkt auf Grosshandelsebene nachfragen. Dabei sei im Hinblick auf den räumlichen Markt eine Einschränkung auf die Alleinbaugebiete der Swisscom vorzunehmen, weil hierbei die Auswahlund Substitutionsmöglichkeiten für die Abnehmer nicht in gleicher Weise wie in den Kooperationsbaugebieten, in denen Swisscom und andere Netzbetreiber einschliesslich der Energieversorgungsunternehmen das Netz gemeinsam erstellen oder erstellt haben, gegeben seien.

      1. Vorbringen der Beschwerdeführerin

    10. Die Beschwerdeführerin erhebt verschiedene Einwände gegen die durch die angefochtene Verfügung vorgenommene Marktabgrenzung, ohne allerdings eine Unterscheidung zwischen Marktabgrenzung und Marktbeherrschung vorzunehmen.

    11. Dabei macht die Beschwerdeführerin zunächst in allgemeiner Weise geltend, dass die Vorinstanz sich angesichts der jüngeren technologischen und regulatorischen Entwicklungen nicht auf frühere Marktabgrenzungen berufen könne.

    12. Zudem verweist die Beschwerdeführerin auf neueste Deregulierungstendenzen innerhalb der Europäischen Union. In Umsetzung der im Dezember 2018 in Kraft getretenen Telekommunikationsvorschriften habe die EU-Kommission im Dezember 2020 eine Neufassung und Aktualisierung ihrer Empfehlung für relevante Produktund Dienstmärkte des elektronischen Kommunikationssektors verabschiedet. Als regulierungsbedürftig würden danach nur noch zwei statt anfänglich 18 Teilmärkte eingestuft. Da sich die schweizerische Kartellgesetzgebung gerade in Zusammenhang mit der Anwendung von Art. 7 KG am EU-Wettbewerbsrecht sowie dessen sektorspezifischen Regulierungen orientiere, müssten die entsprechenden Regulierungsentwicklungen in der Europäischen Union auch bei der Marktanalyse und Marktabgrenzung im Rahmen des vorliegenden Untersuchungsverfahrens berücksichtigt werden.

    13. Dann erhebt die Beschwerdeführerin den Einwand, dass das Glasfasernetz und die Koaxialnetze der Kabelnetzbetreiber sich immer mehr angleichen würden, weil es sich bei Letzteren in der aktuellen Ausbaustufe mit Docsis 3.1 ebenfalls um ein Glasfasernetz handle. Bei diesen sog. HFC-Netzen (Hybrid Fiber Coax) handle es sich um ein Hybridnetz, das aus Glasfasern und Koaxialkabeln bestehe, wobei diese Glasfasern in der Leistungsfähigkeit nahezu ebenbürtig seien. Daher seien Bandbreiten von 500 Mbit/sec möglich und es liessen sich Datenraten von bis zu 10 Gbit/sec mit den bereits heute bekannten Verfahren realisieren. Nach Feststellungen des Bundesamts für Kommunikation würden 78,2% aller Haushalte im ländlichen Bereich einen Zugang zu Hochbreitband-HFCKabelnetzen mit Stand Docsis 3.0 aufweisen, was auch durch andere Studien bestätigt würde. Bei einer funktionalen Betrachtung würden sich Glasfaserund HFC-Netze demzufolge praktisch ebenbürtig gegenüberstehen.

    14. Gegenüber der bisherigen Ausgrenzung der Kabelnetze und der Kabelnetzbetreiber als Konkurrenten wegen eines fehlenden Angebots an Grosshandelsprodukten auf Basis der HFC-Netze verweist die Beschwerdeführerin auf Beispiele aus dem Ausland, in denen ein regulierter Netzzugang auch bei HFC-Netzen bestehe, in Fusionskontrollverfahren eine Zugangsgewährung in Form einer Verpflichtungszusage eingeführt worden sei oder entsprechende Angebote auf Vorleistungsstufe freiwillig angeboten würden. Deshalb könne sich eine nationale Regulierungsbehörde nicht nur auf das Fehlen eines Grosshandelsangebotes und die angeblich bestehenden technischen Restriktionen berufen, sondern müsse die allfällig bestehenden Motive dahinter genau abklären. Daher seien im Rahmen des Hauptverfahrens diese Aspekte vertiefter abzuklären.

    15. Darüber hinaus erhebt die Beschwerdeführerin den Einwand, dass die Entwicklung der 5G-Mobilfunktechnologie zu berücksichtigen sei. Mit dieser könnten praktisch gleichwertige Bandbreiten bzw. Geschwindigkeiten wie bei leitungsgebundenen Leitungen erreicht werden.

      1. Vorbringen der Vorinstanz

    16. Die Vorinstanz hält an der Marktabgrenzung fest, die durch die angefochtene Verfügung vorgenommen wird. Die hierfür vorgebrachten Aspekte werden im Rahmen der Würdigung durch das Gericht berücksichtigt.

      1. Würdigung durch das Gericht

    17. Die Feststellung einer marktbeherrschenden Stellung gemäss Art. 7

      i.V.m. Art. 4 Abs. 2 KG erfolgt im Rahmen einer dualen Marktbeherrschungsanalyse mittels einer Festlegung des relevanten Markts, auf dem allenfalls eine besondere Stellung eingenommen wird, sowie daran anschliessend einer Ermittlung der Marktstellung auf diesem Markt (BGE 139 I 72, Publigroupe, E. 9.1; BVGer, B-831/2011, DCC, E. 229; BVGer, B-7633/2008, ADSL II, E. 256).

    18. Nach ständiger Rechtsprechung umfasst die Festlegung des relevanten Markts eine Abgrenzung des sachlich, räumlich und zeitlich relevanten Markts (BGE 139 I 72, Publigroupe, E. 9.1; BVGer, B-831/2011, DCC, E. 230; BVGer, B-7633/2008, ADSL II, E. 257).

    19. Der sachlich relevante Markt umfasst alle Waren oder Dienstleistungen (vorliegend: Produkte), die aufgrund ihrer wechselseitigen Substituierbarkeit eine eigenständige Produktgruppe bilden. Massgebend für die Qualifizierung der jeweiligen Substituierbarkeit ist hierbei eine wertende Beurteilung aller relevanten Aspekte, die im Einzelfall für oder gegen die Zusammenfassung bestimmter Produkte als eigenständige Produktgruppe und die Zuordnung eines einzelnen Produkts hierzu sprechen. Im Rahmen einer derartigen Gesamtanalyse kommt dabei keinem der prinzipiell zu berücksichtigenden Aspekte ein absoluter Vorrang aufgrund allgemeiner Umstände zu (BVGer, B-831/2011, DCC, E. 252; BVGer, B-7633/2009, ADSL II, E. 269). Wesentliche Grundlage dieser Beurteilung bildet in Bezug auf Absatzmärkte das Konzept der Nachfragesubstituierbarkeit (auch sog. Konzept der funktionellen Austauschbarkeit bzw. Bedarfsmarktkonzept), das prinzipiell in Art. 11 Abs. 3 VKU statuiert wird (BVGer, B-831/2011, DCC, E. 253; BVGer, B-7633/2009, ADSL II, E. 270).

    20. Der räumlich relevante Markt umfasst das geographische Gebiet, innerhalb dessen die wechselseitig substituierbaren Produkte der sachlich relevanten Produktgruppe von den jeweiligen Wettbewerbern unter hinreichend gleichwertigen Wettbewerbsbedingungen abgesetzt werden (BVGer, B-831/2011, DCC, E. 319; BVGer, B-7633/2009, ADSL II,

      E. 302). Massgebend für die Qualifizierung einer Gleichwertigkeit der Wettbewerbsbedingungen ist eine wertende Beurteilung aller relevanten Aspekte, die im Einzelfall für oder gegen eine Unterscheidung von bestimmten geographischen Bereichen sprechen. Im Rahmen einer derarti-

      gen Gesamtanalyse kommt keinem der prinzipiell zu berücksichtigenden Aspekte ein absoluter Vorrang aufgrund allgemeiner Überlegungen zu (BVGer, B-831/2011, DCC, E. 320; BVGer, B-7633/2009, ADSL II,

      E. 302). Grundlage für eine entsprechende Beurteilung sind im Einzelfall funktionelle Sachaspekte in Bezug auf das wirtschaftliche Verhalten von Nachfragern und Anbietern der Produkte, welche geographische Auswirkungen nach sich ziehen (ausführlich BVGer, B-831/2011, DCC, E. 322; BVGer, B-7633/2009, ADSL II, E. 303 f.).

    21. Der zeitlich relevante Markt umfasst den Zeitraum, in welchem die Marktgegenseite die substituierbaren Produkte in dem massgeblichen geographischen Gebiet nachfragt oder anbietet (BVGer, B-3618/2013, Hallenstadion, E. 165 f.; BVGer, B-831/2011, DCC, E. 338, BVGer, B-7633/2009, ADSL II, E. 307). Der zeitliche Aspekt der Marktabgrenzung erlangt immer dann Bedeutung, wenn Nachfrage oder Angebot jeweils lediglich während bestimmter Zeitspannen gegeben sind. Vorliegend kommt dem zeitlich relevanten Markt von vornherein keine Bedeutung zu, weil nicht verschiedene Phasen mit einer unterschiedlichen Nutzung von Fernmeldediensten auszumachen sind.

    22. Im Rahmen von Kartellverfahren zur Prüfung von wettbewerbsrechtlichen Sachverhalten bedarf es nicht jeweils einer Durchführung von umfassenden Marktuntersuchungen zur Abgrenzung des relevanten Markts, soweit bereits Ergebnisse von entsprechenden Marktuntersuchungen aus früheren Kartellverfahren vorliegen und der zu prüfende Sachverhalt in den Bereich dieser Marktabgrenzungen fällt (BVGer, B-831/2011, DCC, E. 260). Eine Ausnahme hiervon ergibt sich nur dann und insoweit, als aufgrund von beachtenswerten Abweichungen des Sachverhalts, veränderten tatsächlichen Umständen oder neuen entscheidungsrelevanten Überlegungen zu einzelnen Aspekten eine Neubeurteilung der Marktabgrenzung oder zumindest einzelner Kriterien der Marktabgrenzung erforderlich wird (BVGer, B-831/2011, DCC, E. 260). Dieses Vorgehen der Wettbewerbsbehörden wird bereits durch den Grundsatz der Prozessökonomie vorgegeben, weil dies sowohl in zeitlicher Hinsicht als auch unter Kostenaspekten den Interessen eines betroffenen Unternehmens im Kartellverfahren entspricht (BVGer, B-831/2011, DCC, E. 260).

    23. Im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes lässt sich eine sachgerechte Marktabgrenzung von vornherein nicht durchführen. Die Festlegung des relevanten Markts hat sich demzufolge entweder auf bereits

      bestehende Marktabgrenzungen aus vorgängigen Kartellverfahren oder – falls solche nicht vorliegen – auf eine summarische Einschätzung der sachlich, räumlich und zeitlich relevanten Märkte abzustützen.

    24. Für die vorliegend relevanten Produkte der Zugangsund Nutzungsmöglichkeiten eines Telekommunikationsnetzes zwischen Anschlusszentrale und Teilnehmeranschluss durch andere Fernmeldeunternehmen wurden bereits in mehreren vorgängigen Verfahren verschiedene Marktabgrenzungen vorgenommen, von denen die nachfolgenden Aspekte vorliegend massgebliche Bedeutung erlangen.

    25. Im Verfahren Schneller Bitstrom wurde festgestellt, dass die vollständig entbündelte Teilnehmeranschlussleitung auf Basis des Kupferkabelnetzes (TAL) als reguliertes Layer 1-Produkt nicht mit dem Schnellen Bitstrom als Layer 2-Zugang und damit faktisch auch nicht mit Formen des Layer 3-Zugangs substituierbar sei (BVGer, 12.2.2009, A-109/2008, Swisscom (Schweiz) AG gg. ComCom, E. 8.4.5).

    26. Dementsprechend wurde auch im Verfahren Glasfaserkooperationen (vgl. E. 82) festgestellt, dass die TAL nicht mit Produkten des Layer 3-Zugangs substituiert werden könne (WEKO, RPW 2012/2, 209, Glasfaserkooperationen, Ziff. 326). Dabei wurde festgehalten, dass ein Layer 1- Zugang zum Glasfasernetz kein Substitutionsprodukt zur TAL darstelle, weil Letztere zwar durch einen solchen Zugang ersetzt werden könne, umgekehrt aber eine Ersetzung ausgeschlossen sei (WEKO, RPW 2012/2, 209, Glasfaserkooperationen, Ziff. 325). Demnach würden Layer 3-Produkte auch kein Substitutionsprodukt für einen Layer 1-Zugang zum Glasfasernetz darstellen. Darüber hinaus wurde festgestellt, dass die Koaxialkabelnetze der Kabelnetzbetreiber nicht dem Markt für den Layer 1- Zugang zu einem Kupferkabeloder Glasfasernetz zugeordnet werden könnten, weil aufgrund der Netzwerkarchitektur keine Entbündelung sowie keine Zuordnung von symmetrischen oder festen Bandbreiten vorgenommen werden könne (WEKO, RPW 2012/2, 209, Glasfaserkooperationen, Ziff. 293 ff.).

    27. Im Verfahren ADSL II wurde ein Markt der leitungsgebundenen Grosshandelsprodukte mit dem einzigen Produkt BBCS, welches die anderen Fernmeldeunternehmen von Swisscom beziehen konnten, abgegrenzt (BVGer, B-7633/2009, ADSL II, E. 282). Diesem Markt mit einem Layer 3-Produkt wurde zum einen die TAL als reguliertes Layer 1-Produkt nicht zugeordnet (BVGer, B-7633/2009, ADSL II, E. 282 ff.). Zum anderen

      wurden auch die Koaxialkabelnetze der verschiedenen Kabelnetzbetreiber von diesem Markt abgegrenzt, weil ein Grosshandelsangebot weder technisch möglich war noch ein solches Angebot existiert hatte (BVGer, B-7633/2009, ADSL II, E. 286, 289). Darüber hinaus wurden leitungslose Breitbanddienstleistungen von der Zuordnung zu diesem Markt ausgeschlossen, weil sie nicht die entsprechenden Leistungsmerkmale aufwiesen (BVGer, B-7633/2009, ADSL II, E. 276). Zudem wurde der Grosshandelsmarkt von einem entsprechenden Einzelhandelsmarkt abgegrenzt (BVGer, B-7633/2009, ADSL II, E. 277 ff. m.w.N.).

    28. Im Verfahren WAN-Anbindung wurde wiederum ein Markt des Zugangs zur physischen Netzinfrastruktur für kupferkabelbasierte Übertragungsgeschwindigkeiten und damit für Layer 1-Produkte abgegrenzt, weil sich die Nachfrage nach Layer 1-Produkten wesentlich von einer Nachfrage nach Layer 3-Produkten unterscheiden würde. Denn der unmittelbare physische Zugang zur Teilnehmeranschlussleitung erfordere einerseits grössere Investitionen bei jeder Anschlussstelle für deren Entbündelung durch die jeweiligen Fernmeldeunternehmen, ermögliche andererseits aber völlige Flexibilität bei der Ausgestaltung ihrer Endkundenprodukte. Demgegenüber wäre die Differenzierung von Layer 3-Produkten gegenüber den Endkunden zwar sehr eingeschränkt, doch seien dafür keine entsprechenden Investitionen in den einzelnen Anschlusszentralen für die Entbündelung notwendig. Aufgrund dieser Ausgangslage sei auch eine Kombination von Layer 1- und Layer 3-Produkten wirtschaftlich nicht sinnvoll (WEKO, 21.9.2015, 32-0244, Swisscom WAN-Anbindung, Swisscom AG u.a., publ.: RPW 2016/1, 173, zit. WAN-Anbindung, Ziff.

      302 ff.; die Unterschiedlichkeit wird auch durch BVGer, 24.6.2021, 8386/2015, Swisscom AG u.a. gg. Weko, zit. WAN-Anbindung, E. 6.2.2, bestätigt).

    29. Diese Marktabgrenzungen sind auch für die Beurteilung von FTTHNetzen heranzuziehen, wodurch sich mehrere Einschätzungen für die Marktabgrenzung ergeben.

    30. Im Hinblick auf die jeweils massgeblichen Nachfrager sind Produktmärkte auf Grosshandelsstufe mit Fernmeldeunternehmen als Abnehmer von Grosshandelsprodukten des Netzbetreibers sowie Produktemärkte auf Einzelhandelsstufe mit Endkunden als Abnehmer von Einzelhandelsprodukten der Fernmeldeunternehmen zu unterscheiden.

    31. Der sachlich relevante Markt ist zunächst auf Glasfasernetze unter Ausschluss von Kupferkabelsowie Koaxialund HFC-Kabelnetzen zu beschränken. Die Gleichwertigkeit mit Glasfasernetzen ist bei Kupferkabelnetzen aufgrund ihrer Leistungsfähigkeit und bei Koaxialund HFCKabelnetzen aufgrund ihrer anders gearteten Netzarchitektur und den sich daraus ergebenden Bereitstellungsund Nutzungsmöglichkeiten nicht in ausreichender Weise gegeben, um von einer Substituierbarkeit gleichwertiger Layer 1-Produkte auszugehen.

    32. Der sachlich relevante Markt ist zum einen auf Layer 1-Produkte, die einen unmittelbaren, d.h. eigenständigen Zugang zur Teilnehmeranschlussleitung ermöglichen, und zum anderen auf Layer 3- oder sonstige Produkte, welche lediglich einen mittelbaren Zugang zum Teilnehmeranschluss über die Inanspruchnahme von Produkten des Netzbetreibers ermöglichen, einzugrenzen, weil die deutlich unterschiedlichen Nutzungsmöglichkeiten dieser Produkte (vgl. ausführlich E. 396 ff.) deren Gleichwertigkeit und damit deren Substituierbarkeit ausschliessen.

    33. Anderweitige Umstände, die gegen eine Heranziehung dieser bestehenden Marktabgrenzungen sprechen würden, sind nicht erkennbar und wurden auch nicht in ausreichend substantiierter Weise von den Parteien vorgebracht.

    34. Im Hinblick auf den sachlich relevanten Markt ist daher davon auszugehen, dass eine Abgrenzung von Layer 1-Produkten als Zugang zur physischen Netzinfrastruktur mit glasfaserbasierten Übertragungsgeschwindigkeiten auf Grosshandelsstufe vorzunehmen ist.

    35. Im Hinblick auf den räumlich relevanten Markt kann im Rahmen einer vorläufigen Beurteilung vorliegend dahingestellt bleiben, ob und wenn ja in welcher Weise eine Eingrenzung der geographischen Ausdehnung von FTTH-Netzen vorzunehmen ist und dabei verschiedene örtliche oder sogar die einzelnen Anschlussnetze zwischen Anschlusszentrale und Teilnehmeranschluss zu unterscheiden sind. Einer entsprechenden eingehenden Abklärung bedarf es erst im Hauptsacheverfahren. Allerdings dürfte es für die räumliche Marktabgrenzung entgegen dem Ansatz in der angefochtenen Verfügung unerheblich sein, ob das jeweils massgebliche Netz im Alleinbau oder im Kooperationsbau errichtet wird. Denn massgebend ist die unzureichende sachliche Ausgestaltung des jeweiligen FTTHNetzes und nicht der personale Hintergrund von dessen Betrieb. Zudem wird sowohl einem einzigen Betreiber als auch mehreren gemeinschaftli-

      chen Betreibern eines derartigen Netzes regelmässig eine beherrschende Stellung in Bezug auf die Zugangsund Nutzungsmöglichkeiten dieses Netzes zukommen.

    36. Die Einwände, die von der Beschwerdeführerin gegenüber den Grundlagen dieser vorläufigen Einschätzung vorgebracht werden, sind demgegenüber als unbegründet abzuweisen.

    37. Der Einwand der Beschwerdeführerin (vgl. E. 211 f.), wonach sich die Vorinstanz aufgrund der jüngeren technologischen und regulatorischen Entwicklungen nicht auf frühere Marktabgrenzungen stützen könne, ist unbegründet. Vorliegend ist im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes – wie bereits erwähnt – auf die bestehenden Marktabgrenzungen aus vorgängigen Verfahren zurückzugreifen. Es wäre daher Sache der Beschwerdeführerin gewesen, ausreichend detaillierte Umstände vorzutragen, die eine Abänderung der bestehenden Marktabgrenzungen begründet hätten, wenn sie diese Marktabgrenzung inhaltlich beanstanden will. Entsprechende Umstände hat die Beschwerdeführerin aber nicht oder jedenfalls nicht in ausreichend substantiiertem Ausmass vorgetragen.

    38. Der Einwand der Beschwerdeführerin (vgl. E. 212), wonach die Abgrenzung des relevanten Markts anhand der Regulierungsvorgaben der Europäischen Union, nach der nur noch zwei Dienstund Produktemärkte des elektronischen Kommunikationssektors als regulierungsbedürftig qualifiziert würden, geht schon deswegen fehl, weil die Frage der fernmelderechtlichen Regulierungsbedürftigkeit bestimmter Märkte keine zwingende sachliche Verbindung zur Frage der kartellrechtlichen Abgrenzung von relevanten Märkten aufweist. Wenn überhaupt, müsste eine entsprechend Auswirkung erst im Hauptverfahren vertieft abgeklärt werden.

    39. Der Einwand der Beschwerdeführerin (vgl. E. 213, 214), wonach die HFC-Netze der Kabelnetzbetreiber in den relevanten Markt einzubeziehen seien, hängt nach ihrer eigenen Darstellung von einer vertieften Abklärung dieses Aspekts im Hauptverfahren ab, weshalb dadurch von vornherein keine andere Einschätzung aufgrund der bisher vorliegenden Erkenntnisse möglich ist.

    40. Gleiches gilt auch für den Einwand der Beschwerdeführerin (vgl.

      E. 215), wonach die Entwicklung der 5G-Mobilfunktechnologie zu berück-

      sichtigen sei. Die 5G-Mobilfunktechnologie bildet zum jetzigen Zeitpunkt aus verschiedenen Gründen keine Technologie, die bereits heute allgemein und flächendeckend eingesetzt wird. Swisscom hält in ihrer Medienmitteilung vom 2. Februar 2020 selbst fest, dass die 5G-Mobilfunktechnologie erst in einer Basisversion ausgestaltet sei und dass für eine volle Entfaltung von deren Potenzial neue Antennenstandorte sowie der Umbau bestehender Anlagen unumgänglich seien, weshalb das Leitungsnetz auch weiterhin die Grundlage für den Erfolg des Unternehmens bilden würde. Daher lassen sich allfällige, von der Beschwerdeführerin unterstellte Auswirkungen auf die Ausgestaltung von FTTH-Netzen jedenfalls noch nicht in eindeutiger Weise abschätzen. Demzufolge sind die bloss rudimentären Behauptungen der Beschwerdeführerin auch nicht geeignet, eine massgebliche Einwirkung dieses Aspekts auf die Beurteilung im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes glaubhaft zu machen.

      1. Marktbeherrschung

    41. Die angefochtene Verfügung geht davon aus, dass Swisscom in den als relevanter Markt abzugrenzenden FTTH-Ausbaugebieten eine marktbeherrschende Stellung zukommt.

      1. Vorbringen der Beschwerdeführerin

    42. Die Beschwerdeführerin erhebt verschiedene Einwände gegenüber der summarischen Feststellung einer marktbeherrschenden Stellung von Swisscom, ohne allerdings eine Unterscheidung zwischen Marktabgrenzung und Marktbeherrschung vorzunehmen.

    43. Die Beschwerdeführerin macht zunächst geltend, dass die Kabelnetzbetreiber aufgrund der Nutzung des Koaxialnetzes in der Praxis aufgrund des dadurch bestehenden flächendeckenden Infrastrukturwettbewerbs einen ausreichenden Wettbewerbsdruck erzeugen würden. So würde gerade in ländlichen Bereichen ein hoher Grad an Verfügbarkeit bestehen, was durch verschiedene Studien bestätigt würde. Deshalb könne sich Swisscom nicht unabhängig verhalten.

    44. Die Beschwerdeführerin verweist zudem darauf, dass Kabelnetzbetreiber nicht selbst marktbeherrschend sein müssten, um von den Wettbewerbsbehörden gemäss Art. 7 KG in die Pflicht zur Gewährung eines

      Zugangs zu ihrem HFC-Netz genommen werden zu können. Vielmehr sei es ausreichend, wenn sie allenfalls zusammen mit Swisscom als kollektiv marktbeherrschend zu qualifizieren seien.

    45. Mit Blick auf das Hauptverfahren genüge daher im vorliegenden Verfahren der vorläufigen Massnahme der Hinweis, dass es plausibel erscheine und die Beschwerdeführerin mit den aufgezeigten Überlegungen zur Marktabgrenzung und Marktanalyse glaubhaft machen könne, dass eine marktbeherrschende Stellung von Swisscom im relevanten Markt wahrscheinlich verneint werden müsse.

      1. Vorbringen der Vorinstanz

    46. Die Vorinstanz hält an der Beurteilung der Marktbeherrschung in der angefochtenen Verfügung fest. Die hierfür vorgebrachten Aspekte werden im Rahmen der Würdigung durch das Gericht berücksichtigt.

      1. Würdigung durch das Gericht

    47. Gemäss Art. 4 Abs. 2 KG gilt ein Unternehmen als marktbeherrschend, wenn es in der Lage ist, sich allein oder in Verbindung mit anderen Unternehmen auf einem Markt von anderen Marktteilnehmern (Mitbewerbern, Anbietern oder Nachfragern) in wesentlichem Umfang unabhängig zu verhalten. Die Fähigkeit eines Unternehmens zu einem in wesentlichem Umfang unabhängigen Verhalten äussert sich in einem besonderen Verhaltensspielraum gegenüber anderen Marktteilnehmern, der es ihm zumindest ermöglicht, auf bestehende Wettbewerbsbedingungen keine Rücksicht nehmen zu müssen, um beachtenswerte Nachteile zu vermeiden, oder der es ihm darüber hinausgehend ermöglicht, die Wettbewerbsbedingungen immerhin merklich zu beeinflussen oder sogar zu bestimmen. Ein solch besonderer Verhaltensspielraum besteht hingegen regelmässig nicht, wenn ein Unternehmen durch ausreichenden Wettbewerbsdruck in seinem Verhalten diszipliniert wird (BGE 139 I 72, Publigroupe, E. 9.3.1; BVGer, B-831/2011, DCC, E. 402; BVGer, B-7633/2009, ADSL II, E. 311).

    48. Massgebend für die Beurteilung der Stellung eines Unternehmens auf dem relevanten Markt ist eine wertende Beurteilung aller relevanten Aspekte, die im Einzelfall für oder gegen die Möglichkeit eines unabhän-

      gigen Verhaltens sprechen, ohne dass dabei einem der prinzipiell zu berücksichtigenden Aspekte ein absoluter Vorrang zukäme (BVGer, B-831/2011, DCC, E. 403; BVGer, B-7633/2009, ADSL II, E. 312). Die

      wesentlichen Grundlagen einer Beurteilung der Einzelmarktbeherrschung bilden eine Untersuchung der Marktstruktur, bei der regelmässig die Aspekte des aktuellen und des potenziellen Wettbewerbs unter gesonderter Berücksichtigung der Stellung der Marktgegenseite bzw. des Einflusses eines zusammenhängenden Markts abzuklären sind, der Unternehmensstruktur, mit der spezifische Merkmale und Eigenschaften des jeweiligen Unternehmens für ein unabhängiges Verhalten zu beachten sind, sowie gegebenenfalls eine Berücksichtigung des konkreten Marktverhaltens eines Unternehmens (BVGer, B-831/2011, DCC, E. 404; BVGer, B-7633/2009, ADSL II, E. 312).

    49. Im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes lässt sich eine umfassende Feststellung der tatsächlichen Marktstellung eines Unternehmens nicht vornehmen. Die Festlegung der Marktbeherrschung hat sich demzufolge entweder auf bereits bestehende Marktuntersuchungen aus vorgängigen Kartellverfahren oder – falls solche nicht vorliegen – auf eine summarische Abschätzung der einschlägigen Aspekte abzustützen. Für die Beurteilung der Marktbeherrschung und die Heranziehung von Ergebnissen aus vorgängigen Verfahren gelten die zur Marktabgrenzung aufgeführten Erwägungen entsprechend (vgl. E. 222).

    50. In den vorgängig bezeichneten Verfahren (vgl. E. 225 f.), bei denen TAL oder BBCS das Grosshandelsprodukt auf der Grundlage des Kupferkabelnetzes bildete, wurde jeweils die Marktbeherrschung von Swisscom als Eigentümerin und Betreiberin des einzigen Kupferkabelnetzes aufgrund von deren Alleinstellung festgestellt.

    51. Diese grundlegende Einschätzung ist regelmässig auch für die Beurteilung von FTTH-Netzen massgebend. Der Betreiber eines FTTHNetzes weist gegenüber den anderen Fernmeldeunternehmen eine Alleinstellung auf, weil diese auf den Zugang zum FTTH-Netz auf Grosshandelsstufe als zwingende Grundlage für die Vermarktung eines Angebots auf der Einzelhandelsstufe gegenüber den Endkunden angewiesen sind. Diese Ausgangslage bildete auch den Grund für die Einrichtung des Glasfaserstandards durch den Runden Tisch, um einen wettbewerbsneutralen weil diskriminierungsund monopolisierungsfreien Zugang zu FTTH-Netzen sicherzustellen. Die Alleinstellung des Betreibers ist unabhängig davon gegeben, ob es sich um einen Alleinbau oder einen Koope-

      rationsbau handelt. Daher ist davon auszugehen, dass einem Betreiber oder mehreren Betreibern eines FTTH-Netzes eine marktbeherrschende Stellung auf dem Grosshandelsmarkt für Layer 1-Produkte zukommt.

    52. Ob und wenn ja, unter welchen Voraussetzungen an dieser Einschätzung eine Änderung vorzunehmen ist, falls bei einzelnen Örtlichkeiten ein doppeltes FTTH-Netz vorhanden sein sollte, ist aufgrund detaillierter Abklärungen im Hauptverfahren festzustellen. Doppelte Infrastrukturen sind nach allgemeiner Ansicht wegen der Kosten des Netzbaus zu vermeiden und treten daher auch nicht flächendeckend auf. Soweit Swisscom im Einzelfall lediglich ein örtlich agierender Netzbetreiber gegenübersteht, ist jedenfalls im Rahmen einer vorläufigen Einschätzung nicht davon auszugehen, dass dieser auf der Grosshandelsstufe einen ausreichenden Wettbewerbsdruck auf Swisscom ausüben kann, weil es für die anderen Fernmeldeunternehmen einen eingeschränkten Sinn machen würde, nur an einzelnen Örtlichkeiten mit einem lokalen Netzbetreiber zusammenzuarbeiten. Allfällig verbleibende vereinzelte Sachverhalte, bei denen eine marktbeherrschende Stellung von Swisscom nicht festzustellen wäre, können jedenfalls im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes nicht zu einer anderen Gesamteinschätzung führen.

    53. Bei dieser Ausgangslage hat die Beschwerdeführerin ausreichend detaillierte Umstände darzulegen, warum beim vorliegenden Sachverhalt nicht von einer marktbeherrschenden Stellung seitens Swisscom als Betreiberin eines FTTH-Netzes auszugehen wäre. Entgegen ihrem Einwand (vgl. E. 245) sind hierfür Hinweise, die bloss auf pauschalen Behauptungen beruhen, nicht ausreichend.

    54. Der Einwand der Beschwerdeführerin (vgl. E. 243), wonach von Seiten der Kabelnetzbetreiber ein ausreichender Wettbewerbsdruck ausgehe, weshalb sich Swisscom nicht unabhängig verhalten könne und daher nicht als marktbeherrschend zu qualifizieren sei, ist jedenfalls nicht in ausreichender Weise begründet.

    55. Ein zu beachtender Wettbewerbsdruck könnte sich im Rahmen der vorliegenden Betrachtung nur auf der Einzelhandelsstufe ergeben. Denn vorliegend ist davon auszugehen, dass beim Koaxialkabelnetz kein sachgerechtes Grosshandelsprodukt bereitgestellt werden kann und die Kabelnetzbetreiber daher kein Grosshandelsprodukt anbieten, weshalb den anderen Fernmeldeunternehmen keine Alternative zu einem Grosshandelsprodukt auf Basis eines FTTH-Netzes verbleibt. Eine gegenteilige

      Einschätzung hierzu könnte sich, wie dargelegt, erst aufgrund einer neuen detaillierten Abklärung im Hauptverfahren ergeben.

    56. Die Beschwerdeführerin legt nun allerdings in keiner Weise dar, wie sich ein allfälliger Wettbewerbsdruck von Seiten der Kabelnetzbetreiber auf der Einzelhandelsstufe derart auf der Grosshandelsstufe auswirken sollte, dass dadurch eine missbräuchliche Behinderung oder Ausbeutung der anderen Fernmeldeunternehmen durch Swisscom ausgeschlossen wäre. Vielmehr bestätigt das höchstrichterlich bestätigte Verfahren ADSL II (BGer, 9.12.2019, 2C_985/2015, Swisscom AG u.a. gg. Weko) nachgerade, dass eine Ausbeutung von anderen Fernmeldeunternehmen durch Swisscom als Netzbetreiberin vorgenommen werden kann, obschon ein angeblicher Wettbewerbsdruck von Seiten der Kabelnetzbetreiber auf der Einzelhandelsstufe besteht.

    57. Der Einwand der Beschwerdeführerin (vgl. E. 244), wonach immerhin von einer kollektiven Marktbeherrschung seitens der Kabelnetzbetreiber und Swisscom auszugehen sei, ist für das vorliegende Verfahren irrelevant. Denn auch eine kollektive Marktbeherrschung zusammen mit den Kabelnetzbetreibern führt nicht zu einer anderen Einschätzung hinsichtlich des Bestehens einer marktbeherrschenden Stellung von Swisscom für ihre FTTH-Netze und den sich daraus ergebenden Folgen für die Beurteilung ihres Verhaltens.

      1. Technische Entwicklung

    58. Die angefochtene Verfügung stellt fest, dass der Ausbau eines FTTH-Netzes mit einer P2MP-Topologie zu einer Einschränkung der technischen Entwicklung führe, weil die anderen Fernmeldeunternehmen gezwungen würden, die von Swisscom angebotenen Layer 3-Produkte abzunehmen, und sie mangels eines Layer 1-Zugangs in der Möglichkeit zur Entwicklung eigener innovativer Produkte eingeschränkt würden.

      1. Vorbringen der Beschwerdeführerin

    59. Die Beschwerdeführerin erhebt verschiedene Einwände gegen die Feststellung einer bestimmten technischen Entwicklung.

    60. Die Beschwerdeführerin erhebt zunächst den Einwand, dass der Glasfaserstandard und das sich dabei ergebende Topologiemodell des

      P2P-Netzes nicht für Randregionen zur Anwendung habe gelangen sollen. Vielmehr sei der Glasfaserstandard auf erste Bauund Investitionskooperationen zwischen Swisscom und städtischen Energieversorgungsunternehmen in Stadtgebieten im Rahmen der ersten (Pilot-)Phase beschränkt gewesen, wobei Letztere ein Einfaser-Modell vorab zur Debatte gestellt hätten.

    61. Im Rahmen der Instruktionsverhandlung hat die Beschwerdeführerin diesen Einwand dahingehend konkretisiert, dass das Vierfaser-Modell im Rahmen der Verhandlungen des Runden Tisches nur für die fünf grössten Städte in der Schweiz vorgesehen gewesen sei. Für andere Gebiete in der Schweiz sei dieses Modell hingegen gar nicht in Betracht gezogen worden. Dieser Einwand wurde dabei ausdrücklich unter Verweis auf die persönliche Anwesenheit eines Vertreters der Beschwerdeführerin an den damaligen Verhandlungen erhoben.

    62. Demgegenüber stelle sich die aktuelle Ausgangslage, auf die mit der Netzausbaustrategie 2020 reagiert werde, völlig anders dar. Im Vergleich zum Jahr 2008 würden sich aufgrund der rasanten technologischen Entwicklungen im Bereich der Glasfaserund Lasertechnologie vielfältigere Handlungsoptionen ergeben, um den Forderungen von Politik und Öffentlichkeit nach einer möglichst schnellen Versorgung der Randregionen mit Hochbreitband unter vertretbaren betriebswirtschaftlichen Voraussetzungen entsprechen zu können.

    63. Dementsprechend müssten auch die Aussagen von Swisscom in ihrer Pressemitteilung vom 9. Dezember 2008 vor diesem Hintergrund aufgrund einer kontextbasierten Betrachtungsweise gesehen werden. Daher ergebe sich entgegen der Darstellung in der angefochtenen Verfügung auch kein Widerspruch in der Argumentation der Beschwerdeführerin zwischen dieser damaligen Pressemitteilung und der Netzbaustrategie 2020.

      1. Vorbringen der Vorinstanz

    64. Die Vorinstanz hält an der Feststellung der technischen Entwicklung in der angefochtenen Verfügung fest. Die hierfür vorgebrachten Aspekte werden im Rahmen der Würdigung durch das Gericht berücksichtigt.

      1. Würdigung durch das Gericht

    65. Der Begriff «technische Entwicklung» umfasst jedenfalls alle Aspekte, die den Stand und die Verbesserung des Einsatzes von Produkten, Techniken, Verfahren und Massnahmen in allen Fachbereichen der Industrie, des Gewerbes und des Handwerks sowie der Nutzung von Produkten als Hilfsmittel in sonstigen Fachbereichen umschreiben.

    66. Bei einem Telekommunikationsnetz als komplexe Einrichtung von unterschiedlichen elektronischen Geräten und Kabelleitungen handelt es sich um ein technisches Gebilde. Dessen Ausgestaltung unterliegt gewissen physikalischen Gesetzmässigkeiten und kann je nach Einsatz der verschiedenen Komponenten unterschiedlich ausgestaltet werden. Aufgrund von Innovationen konnte im Laufe der Zeit die Leistungsfähigkeit von Telekommunikationsnetzen gesteigert und dadurch die wachsenden Anforderungen befriedigt werden. Angesichts der bereits erreichten und der zukünftig zu erwartenden Innovationen ergibt sich über den Lauf der Zeit eine technische Entwicklung von Telekommunikationsnetzen und den dabei herausgebildeten Entwicklungsstufen.

    67. Im Rahmen des Runden Tisches wurde zwischen 2008 und 2012 als Rahmenbedingung für den Bau des Glasfasernetzes in der Schweiz, wie dargelegt (vgl. E. 66 ff.), ein Glasfaserstandard aufgrund einer behördlich initiierten freiwilligen Selbstbindung der massgeblichen Industrieunternehmen unter Einschluss von Swisscom hergestellt. Dieser Glasfaserstandard dient dazu, kostenträchtige und ineffiziente Doppelspurigkeiten zu vermeiden und mittels einer offenen Wettbewerbsmatrix eine diskriminierungsfreie Nutzung des Glasfasernetzes zu ermöglichen, um eine Monopolisierung durch einzelne Unternehmen auszuschliessen und zu vermeiden, dass der spätere Zugang für andere Fernmeldeunternehmen erschwert und infolgedessen der Wettbewerb behindert werden kann. Die Festlegung der Herstellung eines FTTH-Netzes als Vierfaser-Modell mit einer P2P-Topologie zur Gewährleistung einer offenen Wettbewerbsmatrix stellt demzufolge eine bestimmte technische Entwicklungsstufe für Telekommunikationsnetze dar.

    68. Von der Beschwerdeführerin wird ausdrücklich anerkannt, dass der Glasfaserstandard dazu dient, unerwünschte Doppelspurigkeiten beim Netzausbau und die Möglichkeit einer Monopolisierung zu vermeiden und eine gewisse Koordination im Bereich der notwendigen Standardisierung und Normierung sicherzustellen.

    69. Der Glasfaserstandard ist demnach ohne Weiteres als eine bestimmte technische Entwicklung im Sinne der Missbrauchsvariante einer Technologieeinschränkung zu qualifizieren.

    70. Der Anwendungsbereich des Glasfaserstandards umfasst dabei den landesweiten Ausbau in der gesamten Schweiz.

    71. Entgegen dem Einwand der Beschwerdeführerin (vgl. E. 260 f.) ist der Anwendungsbereich des Glasfaserstandards nicht auf den Ausbau des Glasfasernetzes in den fünf grössten Städten beschränkt. Die öffentlichen Verlautbarungen der Eidgenössischen Kommunikationskommission zum Runden Tisch und dessen Vereinbarungen (vgl. www.comcom. admin.ch/de/home/themen/festnetz/ftth.html; Anm.: nachfolgende Hervorhebungen angefügt) weisen keine ausdrückliche Einschränkung auf. Aus den jeweiligen Erklärungen lässt sich auch keine entsprechende Einschränkung ableiten. Vielmehr ergibt sich aus verschiedenen Aussagen eindeutig, dass sich die Vereinbarungen des Runden Tischs und damit auch der Glasfaserstandard auf den Ausbau im gesamten Landesgebiet erstrecken. So wird ausdrücklich festgestellt, das Bundesamt für Kommunikation habe in Zusammenarbeit mit der Industrie Arbeitsgruppen organisiert, um den «Ausbau von Glasfasernetzen in der Schweiz» zu koordinieren (COMCOM, 6.10.2009, Runder Tisch Glasfasernetze bis in die Haushalte – eine erste Bilanz). Nach der dritten Sitzung wurde bekannt gegeben, dass «sich gewisse allgemeine Grundsätze beim Glasfaserausbau in der Schweiz durchzusetzen beginnen» (COMCOM, 1.5.2009, Glasfasernetze bis in die Haushalte – Dritter Runder Tisch). Danach wurde in einer weiteren Mitteilung zur Einrichtung von einheitlichen Bestellplattformen ausdrücklich festgestellt, dass dadurch eine «Grundlage für einen schweizweiten FTTH-Wettbewerb geschaffen» werde, «der allen Anbietern offen steht» (COMCOM, 26.8.2010, Glasfasernetze bis in die Haushalte: weitere Fortschritte). In einem weiteren Zwischenbericht wurde die «Notwendigkeit eines Breitbandausbaus auch in Gebieten mit geringer Bevölkerungsdichte voll anerkannt», wobei ausdrücklich auf den flächendeckenden Glasfaserausbau im Kanton Obwalden hingewiesen und damit offensichtlich der Ausbau ausserhalb einer schweizerischen Grossstadt angesprochen wurde (COMCOM, 14.1.2011, Die Basis für den Ausbau von Datennetzen mit sehr grosser Bandbreite ist gelegt). Der Präsident der Eidgenössichen Kommunikationskommission hatte in einem Interview ebenfalls das gesamte Landesgebiet angesprochen, in dem er ausführte, Swisscom solle nicht dort, wo keine Konkurrenz herr-

      sche, einen viel höheren Preis verlangen dürfen als z.B. in der Stadt (COMCOM, 9.11.2009, Das Glasfasernetz kostet höchstens 20% mehr).

    72. Darüber hinaus ist auch kein Grund ersichtlich, warum der Zweck des Glasfaserstandards, eine offene Wettbewerbsmatrix mit einem diskriminierungsund monopolfreien Zugang zu FTTH-Netzen für Fernmeldeunternehmen zu gewährleisten, zwar in den Städten, nicht aber in allen anderen Landesteilen zur Anwendung gelangen sollte. Auch die Beschwerdeführerin benennt keinen derartigen Grund. Der blosse Verweis auf eine zwischenzeitlich geänderte technologische Ausgangslage (vgl.

      E. 259, 260) ist hierfür jedenfalls nicht ausreichend und inhaltlich auch unzutreffend (vgl. E. 345 ff.).

    73. Die Möglichkeit einer Abweichung vom Glasfaserstandard wäre daher – wenn überhaupt – nur aufgrund einer Rechtfertigung angesichts der besonderen Umstände bestimmter Sachverhaltskonstellationen denkbar.

      1. Einschränkung

    74. Die angefochtene Verfügung qualifiziert den Ausbau von FTTHNetzen mit einem Einfaser-Modell mit P2MP-Topologie als Einschränkung, weil den anderen Fernmeldeunternehmen dadurch verwehrt werde, durch einen Layer 1-Zugang innovative eigene Fernmeldeprodukte zu entwickeln und gegenüber den Endkunden anzubieten, weshalb sie auf die blosse Abnahme von durch Swisscom vorkonfigurierte Layer 3- Produkte begrenzt würden.

    75. Voraussetzung für die Verwirklichung des Tatbestands einer Technologieeinschränkung bildet das tatsächliche Vorliegen einer aktuellen oder potentiellen Limitierung einer technischen Entwicklung.

    76. Die Ausgestaltung eines FTTH-Netzes als Einfaser-Modell mit P2MP-Topologie stellt eine Limitierung gegenüber dem Glasfaserstandard mit einem Vierfaser-Modell und einer P2P-Topologie dar. Denn dadurch werden die Möglichkeit zur Zuweisung einer unbeleuchteten Glasfaser zwischen Anschlusszentrale und Teilnehmeranschlussleitung an ein bestimmtes Fernmeldeunternehmen in Umsetzung einer vom Endkunden ausgewählten Dienstleistungsbeziehung mit diesem Fernmeldeunternehmen und damit ein vorbehaltloser unmittelbarer physischer Zugang zum FTTH-Netz ausgeschlossen. Demnach kann das Layer 1- Produkt ALO oder ein entsprechendes Layer 1-Zugangsprodukt nicht

      mehr angeboten werden. Wie noch aufzuzeigen sein wird, bildet auch das Produkt C-ALO aus verschiedenen Gründen kein gleichwertiges Layer 1-Produkt.

    77. Die Beschwerdeführerin hat nicht bestritten, dass ihr Verhalten eine Einschränkung des Glasfaserstandards darstellt. Vielmehr räumt sie selbst ein, dass die Netzbaustrategie 2020 mit der Herstellung eines Einfaser-Modells mit P2MP-Topologie Veränderungen auf Seiten der Vorleistungsprodukte mit sich bringe. Dabei werde das Layer 1-Produkt ALO – und damit eine durchgehende unbeleuchtete Glasfaser zwischen der Anschlusszentrale und einem Teilnehmeranschluss – in den zukünftigen Neubaugebieten nicht mehr verfügbar sein.

    78. Die Netzbaustrategie 2020 stellt damit unzweifelhaft eine Einschränkung der technischen Entwicklung dar.

      1. Rechtfertigung

    79. Die angefochtene Verfügung hat das Fehlen eines ausreichenden Grunds für eine Rechtfertigung der Einschränkung der technischen Entwicklung festgestellt.

      1. Vorbringen der Beschwerdeführerin

    80. Die Beschwerdeführerin erhebt eine Vielzahl von verschiedenen Einwänden gegen die Verwirklichung einer Technologieeinschränkung, indem sie entsprechende Aspekte als Rechtfertigung für eine Einschränkung des Glasfaserstandards anführt.

    81. Zunächst verwahrt sich die Beschwerdeführerin gegen den Vorwurf, bei ihrer Netzbaustrategie 2020 handle es sich um einen technischen Winkelzug, um mittels eines angeblichen Technologiemonopols und im Sinne einer Verdrängungsstrategie gegenüber den Mitbewerbern auf eine gezielte und dauerhafte Verschlechterung der Wettbewerbsbedingungen ihrer Konkurrenten hinzuwirken und künstliche Marktzutrittsschranken durch eine entsprechende Vereitelung der Zugangsgewährung zu bewerkstelligen.

    82. Die Beschwerdeführerin erhebt vielmehr den grundlegenden Einwand, dass ihre strategischen Entscheide in Zusammenhang mit dem

      Glasfasernetzausbau auf sachbezogenen Gründen der betriebswirtschaftlichen Kosteneffizienz und der unternehmerischen Investitionsrisiken beruhen würden, welche anerkanntermassen bei der Verhaltenskontrolle gemäss Art. 7 KG zu berücksichtigen seien. Die gewählte Netzbaustrategie 2020 mit dem Einsatz eines Einfaser-Modells mit P2P-Topologie würde daher das Ergebnis einer effizienten, objektiv notwendigen und sachlich legitimierten Geschäftsführung darstellen.

    83. Die Beschwerdeführerin erhebt den Einwand, dass zum Zeitpunkt der Verfügung Ende 2020 der Wettbewerb nicht eingeschränkt werde, weil von den bereits bestehenden FTTH-Netzen im Umfang von rund 1,67 Mio. Anschlüssen lediglich eine sehr geringe Anzahl von {xxxxx} Mio. FTTH-Anschlüssen mit P2MP-Topologie, bei denen Swisscom keinen Layer 1-Zugang mehr anbieten könne, hergestellt worden sei, während bei den übrigen, im Rahmen von Baukooperationen mit einer P2PTopologie hergestellten über 1,5 Mio. Glasfaseranschlüssen ein Layer 1- Zugang vorhanden sei und dies auch in Zukunft der Fall sein werde. Daher liege überhaupt kein schweizweites wettbewerbsrechtliches Grundsatzproblem vor. Dies werde von der Vorinstanz völlig verkannt und auch nicht thematisiert.

    84. Daher würden für die Anzeigerin und für vergleichbare Fernmeldeunternehmen die geltend gemachten Nachteile infolge der Umsetzung der Netzbaustrategie 2020 nicht existieren oder sie wären nur gering vorhanden.

    85. So sei die Anzeigerin bei insgesamt {100-[xxx]-130} Anschlusszentralen von Swisscom präsent, wobei die Anzeigerin hiervon lediglich bei

      {20-[xx]-30} Anschlusszentralen aufgrund der P2MP-Topologie keinen Layer 1-Zugang in Form einer ALO, sondern nur noch das günstigere Produkt BBCS beziehen könne. Zudem habe die Anzeigerin in den übrigen Anschlusszentralen das Potential an möglichen Layer 1-Zugängen für Endkundenbeziehungen bei weitem noch nicht ausgeschöpft.

    86. Die Beschwerdeführerin erhebt den wesentlichen Einwand, dass die Kosteneinsparungen im Vergleich eines Netzausbaus mit einem Einfaser-Modell mit P2MP-Topologie gegenüber einem solchen mit VierfaserModell mit P2P-Topologie ganz beträchtlich seien.

    87. Hierfür verweist sie zunächst auf den Ausbau des Glasfasernetzes im Kanton Appenzell Innerrhoden. Denn ein kantonsweiter Ausbau mit ei-

      nem Vierfaser-Modell mit P2P-Topologie hätte Ausgaben in Höhe von

      {40-[xx]-60} Mio. CHF erfordert. Demgegenüber würden bei einem Ausbau mit einem Einfaser-Modell mit P2MP-Topologie lediglich Kosten in Höhe von {10-[xx]-25} Mio. CHF anfallen, wodurch sich eine Einsparung in Höhe von [xx] Mio. CHF ergebe.

    88. Zudem führt sie die Errichtung eines FTTH-Netzes in der Gemeinde Bregaglia im Kanton Graubünden gemäss Neubaustrategie 2020 an, bei dem ein Ausbau gemäss Glasfaserstandard zu {25-[xx]-35}% Mehrkosten gegenüber einem Ausbau gemäss Netzbaustrategie 2020 führen würde.

    89. Im Parallelverfahren verweist die Beschwerdeführerin auf einen Kostenvergleich für den Glasfaserausbau in der Gemeinde Mammern TG, der von einer Drittfirma im Mai 2021 durchgeführt worden war. Bei dieser Gemeinde handle es sich um eine ländliche Gemeinde mit wenigen Nutzungseinheiten und ohne eigene Anschlusszentrale. Danach würde eine Erschliessung dieser Gemeinde mit einer P2P-Topologie insgesamt {30- [xx]-40}% mehr kosten als ein Ausbau mit einer P2MP-Topologie, wobei die Mehrkosten für das Stammnetz {70-[xx]-80}% und für das Verteilnetz

      {10-[xx]-20}% betragen würden. Grundlage des Kostenvergleichs bilde dabei das vorhandene FTTS-Netz, das jeweils ausgebaut werde.

    90. Zur Begründung der anfallenden Kosteneinsparungen führt die Beschwerdeführerin aus, dass bei Verwendung einer P2MP-Topologie durch den Einsatz von Splittern erheblich weniger Glasfaserleitungen, Spleissungen und Stromleitungen sowie Platz in Zentralen, Schächten und Rohranlagen benötigt würden. Dadurch könnten bereits vorhandene Einrichtungen in Form von unterirdischen Kabelkanalisationen und Kanalschächten Verwendung finden und es müssten keine neuen Flächen zum Bau von oberirdischen Kabelverteilerkästen erworben werden.

    91. Im Parallelverfahren weist die Beschwerdeführerin anhand eines Berechnungsbeispiels darauf hin, dass die Kosten für die Glasfasern des Stammnetzes bei einem Ausbau mit P2P-Topologie um den Faktor 10 höher ausfallen würden als bei einem Ausbau mit P2MP-Topologie. Auch der Platzbedarf in den bestehenden Kabelkanalisationen sei dabei mindestens sechs Mal höher, wodurch zusätzliche Kosten für die Erstellung neuer Kabelkanalisationen anfallen würden.

    92. Die Grundlage für den Einwand der Kosteneinsparung bildet dabei der zentrale Einwand einer Berücksichtigung des bestehenden FTTS-

      Netzes. Denn die Wettbewerbskommission verkenne in Zusammenhang mit der Kostenbeurteilung insbesondere die Möglichkeit, die durch Swisscom in den vergangenen Jahren getätigten Investitionen in das FTTS-Netz für den Ausbau des FTTH-Netzes mit einer P2MP-Topologie nutzen zu können.

    93. Im Gegensatz zur P2P-Topologie könne nämlich bei der P2MPTopologie auf die bereits im Rahmen des FTTS-Ausbau errichtete Glasfaserinfrastruktur aufgesetzt und dadurch die getätigten Investitionen mit der damit kompatiblen und zukunftssicheren P2MP-Topologie verknüpft werden. Durch die Ausnutzung der vorhandenen FTTS-Netze bei einer P2MP-Topologie würden sich gegenüber der Herstellung einer P2PTopologie auch wesentliche Zeitgewinne erzielen lassen, weil durch die Nutzung der FTTS-Netzstruktur die entsprechenden FTTH-Netze wesentlich schneller realisiert werden könnten.

    94. Hierzu führt die Beschwerdeführerin aus, dass bei einem Kostenvergleich zwischen einem P2Pund einem P2MP-Ausbau daher nicht ein

      «Greenfield»-Ansatz zu Grunde zu legen sei, bei dem davon ausgegangen werde, dass jeweils alles neu gebaut werden müsse. Dies führe nämlich dazu, dass für beide Technologievarianten nur eine geringe Kostendifferenz anfallen würde, weil ihre Ausgestaltung grundsätzlich keine grossen Unterschiede aufweise. So müsse unabhängig von der Technologie zum Beispiel derselbe Grabaushub für die Errichtung der Kabelkanalisation gemacht werden. Für einen sachgerechten Kostenvergleich müssten vielmehr bestehende und vorhandene Infrastrukturen sowie dabei vorhandene Restriktionen mitberücksichtigt werden. Daher sei ein Greenfield-Ansatz per se falsch, weil er reale Restriktionen nicht berücksichtige.

    95. Im Parallelverfahren hat die Beschwerdeführerin hierzu konkret mitgeteilt, dass im Rahmen eines Vierfaser-Modells mit P2P-Topologie das ganze Stammnetz für insgesamt {xxx} Mio. Nutzungseinheiten an FTTS/FTTBsowie den übrigen Anschlüssen komplett neu gebaut werden müsste, wodurch für Swisscom massive Kostenfolgen in Höhe von

      {xxx} Milliarden CHF und zeitliche Verzögerungen resultieren würden. Zudem müsste die im Rahmen einer Realisierung der FTTSund FTTBNetze bereits erstellte (Feeder-)Infrastruktur als versunkene Kosten betrachtet und abgeschrieben werden. Demgegenüber würde der Ausbau der bestehenden (Feeder)Infrastruktur für die heute noch nicht mit FTTHoder FTTS/B-Glasfasernetzen erschlossenen Nutzungseinheiten rund

      {xxx} Milliarden CHF betragen. Im Ergebnis würde dies bedeuten, dass bei einer Änderung der Architektur von P2MP auf P2P für Swisscom zusätzliche Investitionen für die (Feeder)Infrastruktur in Höhe von {xxx} Milliarden CHF anfallen würden.

    96. Die erheblichen Mehrkosten, die Ausbauverzögerungen, der Verzicht auf die Erzielung von Skalenvorteilen sowie die gleichzeitig zu tragenden Investitionsrisiken würden einen schweizweiten Ausbau eines FTTH-Netzes mit Vierfaser-Modell und P2P-Topologie durch Swisscom als alleinige Infrastrukturinvestorin weder betriebsnoch volkswirtschaftlich rechtfertigen.

    97. Selbst unter Zugrundelegung der falschen Annahme in der angefochtenen Verfügung, wonach der Ausbau einer P2P-Architektur nur relativ geringe Mehrkosten im einstelligen Prozentbereich zur Folge hätte, würden sich bei Kosten von mehreren Milliarden durch den Ausbau des Glasfasernetzes mit einem Einfaser-Modell mit P2MP-Topologie erhebliche Kosten einsparen lassen. Allein dieser Aspekt stelle schon einen sachbezogenen und damit legitimen Rechtfertigungsgrund dar.

    98. Die Beschwerdeführerin macht im Übrigen geltend, dass die entsprechenden Angaben zu den Grössenordnungen der Kosteneinsparungen plausibel und glaubwürdig seien. Das Verlangen nach weitergehenden, detaillierteren Angaben qualifiziert sie unter Berücksichtigung des Beweismasses der Glaubhaftmachung im Verfahren einer vorsorglichen Massnahme als eine überrissene Anforderung.

    99. In diesem Zusammenhang verweist sie im Parallelverfahren darauf, dass die Aufwendungen für den Aufbau eines Stammnetzes insbesondere von folgenden Faktoren abhängig seien: – gewählte Netztopologie; – Anschlussdichte im jeweiligen Anschlussgebiet, wobei in dicht besiedelten Gebieten die Strecken, Kabel und Kabelkanalisationen eher kürzer ausfielen, weil das zu erschliessende Gebiet kompakter und damit kleiner sei; – den verfügbaren Kapazitäten in den Kabelkanalisationen; – den Bauvorhaben in den Gemeinden wie Kanalisationsoder Strassenerneuerungen; – die jeweiligen Materialund Arbeitskosten zum Zeitpunkt des Ausbaus; – dem jeweiligen Verhältnis zwischen Gebäude und Nutzungseinheiten, so könnten zum Beispiel die Kosten bei einem Doppeleinfamilienhaus im Vergleich zu einem Einfamilienhaus auf zwei Nutzungseinheiten aufgeteilt werden. Aufgrund der stark variablen Faktoren würden demzufolge sehr grosse Spannweiten bestehen, woraus sich massiv un-

      terschiedliche Aufwendungen je Nutzungseinheit ergeben könnten. Eine Auswertung der bislang von Swisscom bisher beauftragten und umgesetzten Ausbauprojekte gemäss Netzbaustrategie 2020 würde dies bestätigen.

    100. Die Beschwerdeführerin erhebt den Einwand, dass die Herstellung eines FTTH-Netzes mit P2MP-Topologie auch notwendig sei, um an verschiedenen Standorten mit rund {xxxxx} Kunden veraltete oder störanfällige Ausrüstungen zu sanieren. Denn die Kunden müssten dort täglich mehrere kurze Unterbrüche und wesentlich geringere Verbindungsgeschwindigkeiten als vertraglich zugesichert erdulden. Zur Behebung dieser Mängel müssten die Kupferleitungen innerhalb eines Hauses durch Glasfasern ersetzt werden. Da bei diesen Standorten, wie z.B. in

      {xxxxxxx}, bereits zu einem früheren Zeitpunkt einzelne Glasfasern bis zum MicroCan innerhalb des Hauses gelegt worden seien, könne die Erschliessung sinnvollerweise nur mittels P2MP-Topologie erfolgen. Aufgrund der vorsorglichen Massnahme müssten die betroffenen Kunden nun jedoch weiterhin mit den bestehenden Störungen und Qualitätseinbussen leben. Zudem sehe sich Swisscom mit stetig steigenden Kosten konfrontiert, die durch die Notwendigkeit von wiederholten Störungsbehebungen entstehen würden.

    101. Auch ohne Layer 1-Zugang würde den anderen Fernmeldeunternehmen bei einem P2MP-Netz mit dem Layer 3-Produkt BBCS eine technisch valable Alternative und damit ein adäquates Substitutionsprodukt zur ALO von Seiten Swisscom zur Verfügung gestellt werden.

    102. Dass BBCS auch eine kommerziell valable Alternative darstelle, werde dadurch belegt, dass das Produkt von anderen Fernmeldeunternehmen rege nachgefragt werde. Dabei sei die Nachfrage sogar in bereits bestehenden FTTH-Netzen teilweise höher als die Nachfrage nach dem Produkt ALO.

    103. Angesichts der politischen, insbesondere der regionalpolitischen und verbandsmässigen Forderungen sowie der strategischen Vorgaben des Mehrheitsaktionärs sei es im Interesse der Gesamtbevölkerung und der Unternehmen des Wirtschaftsstandorts Schweiz, innerhalb kürzest möglicher Zeit mit einem Hochbreitbandanschluss versorgt zu werden. Dies gelte auch für die anderen Fernmeldeunternehmen, die dank des rascheren und umfassenderen Infrastrukturausbaus in ihrer Wettbewerbsfähigkeit gestärkt würden.

    104. Als Beleg für die sachliche Begründetheit ihrer Netzbaustrategie 2020 verweist die Beschwerdeführerin auf ausländische Telekommunikationsunternehmen, welche sich in einer vergleichbaren Situation befänden und sich gleich wie Swisscom verhalten würden. So hätten bspw. Telekommunikationsunternehmen in den Niederlanden in einer Initialphase zunächst Glasfasernetze mit einer P2P-Architektur gebaut, um aber zu einem späteren Zeitpunkt auf einen Ausbau der Glasfasernetze mit einer P2MP-Architektur zu wechseln. Dementsprechend würden heute weltweit 90% der Glasfasernetze eine P2M-Topologie und nur noch 10% eine P2P-Topologie aufweisen.

    105. Der Ausbau der Glasfasernetze mit einem Einfaser-Modell mit P2MP-Topologie sei im Ergebnis auch in technologischer Hinsicht alternativlos, weil es für Swisscom ein erhebliches Risiko darstellen würde, auf die heute weltweit führende P2MP-Topologie bzw. PON-Technologie mit ihrer Investitionsdynamik und den erzielbaren Skalenvorteilen zu verzichten. Andere theoretisch denkbaren technischen Varianten würden nämlich keine praxistauglichen Alternativen zur Netzbaustrategie von Swisscom darstellen.

    106. Bei der von der Vorinstanz propagierten Variante der Farbentbündelung handle es sich entgegen den Verlautbarungen der Vorinstanz zumindest zum aktuellen Zeitpunkt nicht um eine technisch ausgereifte, attraktive und massenmarktfähige Realisierungsvariante für das Anschlussnetz, weil die technischen und kommerziellen Rahmenbedingungen sowie die Marktakzeptanz dieses Zugangsprodukts nicht in ausreichendem Masse gegeben seien und die Markttauglichkeit eines Einsatzes nicht vorliege. Dementsprechend würde es sich hierbei auch international um einen einmaligen Sonderfall handeln. Zum Beleg für diese Einschätzung verweist die Beschwerdeführerin auf Aussagen der deutschen Regulierungsbehörden und auf ihre eigenen Nachfragen bei ausländischen Fernmeldeunternehmen einschliesslich der in der angefochtenen Verfügung genannten, welche den Einsatz der Farbentbündelung alle nicht bestätigen würden.

    107. Unter Berücksichtigung des heutigen technologischen Entwicklungsstands sowie der substantiellen Vorbehalte und offenen Fragen hinsichtlich der Massenmarkttauglichkeit eines entsprechenden Grosshandelsprodukts einschliesslich der hohen Kosten für die notwendigen aktiven Ausrüstungen könne Swisscom jedenfalls nicht der Vorwurf gemacht werden, mit der Umsetzung der Netzbaustrategie 2020 nicht auch umge-

      hend ein «Layer 1-äquivalentes»-Farbentbündelungsprodukt auf Grosshandelsstufe angeboten und ermöglicht zu haben.

    108. Die kartellrechtliche Massnahme ergehe im Bereich von erst entstehenden neuen Märkten und sich erst im Aufbau befindlichen Netzen. Bei derartigen Konstellationen müssten die Aspekte des Investitionsschutzes und des Wegfallens von Investitionsanreizen bei der Bejahung der sachlichen Rechtfertigungsgründe miteinbezogen werden.

    109. Die Beschwerdeführerin erhebt den Einwand, das mehrfache Nachschieben von technologischen Alternativen durch die Vorinstanz belege zum einen, dass diese versuche, die angefochtene Verfügung zu retten und das eigene Gesicht zu wahren. Zum anderen mache dies deutlich, dass die Vorinstanz über keine ausreichenden Kenntnisse für eine kompetente Beurteilung dieser Technologien verfüge. In Verbindung mit den ungenügenden, oberflächlichen Sachverhaltsabklärungen, die überwiegend auf theoretischen und teilweise nicht relevanten Verweisen auf angeblich relevante Studien und Berichte sowie Anwendungsfälle im Ausland beruhen würden, stelle dies einen Verstoss gegen den Untersuchungsgrundsatz dar. Daher hätte die Vorinstanz auch nicht mit der vorsorglichen Massnahme in die verfassungsrechtlich verbürgte Stellung von Swisscom eingreifen dürfen. Zudem habe die Farbentbündelung im Vorfeld des Erlasses der vorsorglichen Massnahme keinen Gegenstand der Diskussionen gebildet, weshalb mit dem überraschenden Verweis auf die Möglichkeit der Farbentbündelung in der angefochtenen Verfügung der Gehörsanspruch von Swisscom verletzt worden sei.

    110. Die Beschwerdeführerin erhebt den Einwand, dass die Vorinstanz das Verfahren der vorsorglichen Massnahme instrumentalisieren und zweckentfremden würde. Denn mit der Durchführung von Marktbefragungen zur detaillierten Abklärung von verschiedensten Aspekten während des summarischen Verfahrens würden das Hauptverfahren und dessen Entscheid vorweggenommen. Zudem würden die von der Vorinstanz durchgeführten Marktbefragungen zu den alternativen Technologien kein repräsentatives und umfassendes Bild abgeben, weil nur eine selektive und keine objektive Auswahl der angefragten Unternehmen vorgenommen worden sei.

    111. Die Beschwerdeführerin erhebt den Einwand, dass sie nicht verpflichtet sei, durch die technische Ausgestaltung ihres Glasfasernetzes jedes singuläre und individuell beliebige Geschäftsmodell eines einzelnen

      Fernmeldeunternehmens wie der Anzeigerin oder sonstiger einzelner Fernmeldeunternehmen zu unterstützen. Daher handle es sich bei der Forderung nach einer unbedingten Bereitstellung einer ALO um eine völlig unangemessene Forderung.

    112. Am 29. April 2021 informierte die Beschwerdeführerin über die Glasfaserpartnerschaft von Swisscom und Salt, die gleichentags auch öffentlich publik gemacht wurde. Im Rahmen dieser Glasfaserpartnerschaft investiere Salt in ein langfristiges Nutzungsrecht an Glasfaseranschlüssen und Netzwerkbestandteilen von Swisscom, wodurch Salt über einen physischen Layer 1-Zugang zu den Glasfasernetzen verfüge, die von Swisscom mit der P2MP-Topologie realisiert würden. Durch diese Glasfaserpartnerschaft würden Investitionen gebündelt, eine optimale Nutzung von Netzkapazitäten sichergestellt und Mitbewerbern attraktive Alternativen und erweiterte Netzzugangsmöglichkeiten zur Verfügung gestellt. Gegenstand und Umfang der Partnerschaft würden im Wesentlichen die langfristige Nutzung eines bestimmten PON-Baumes bilden, der eine Glasfaser von der Anschlusszentrale bis zum Strassenschacht, einen Splitter im Schacht und die Glasfasern im Verteilund Gebäudenetz umfasse.

    113. Dieses Partnerschaftsmodell würde im Rahmen der Verfügbarkeit sowie unter Beachtung der vorgegebenen technischen Bedingungen auch weiteren Marktakteuren zu vergleichbaren Bedingungen offenstehen.

    114. Mit dem Layer 1-Zugang auf bestimmte ganze PON-Bäume im P2MP-Netz bestünde somit für interessierte Marktakteure eine weitere attraktive Zugangsmöglichkeit zum Netz von Swisscom, womit gleichzeitig der bereits bestehende wirksame Wettbewerb auf zielführende und nachhaltige Weise fortgesetzt werde. Investitionsbereite Unternehmen könnten sich somit auch in der P2MP-Glasfaserarchitektur einen Layer 1-Zugang sichern.

    115. Im Hinblick auf die den anderen Fernmeldeunternehmen zustehenden alternativen Möglichkeiten erhebt die Beschwerdeführerin den Einwand, dass durch bestimmte erweiterte Zugangsmöglichkeiten, die gesetzlich vorgesehen wären, die Marktzutrittsbarrieren insbesondere auch für kleinere Fernmeldeunternehmen, welche gezielt Investitionen basierend auf ihren konkreten Geschäftsmodellen anstreben würden, ohne

      aber flächendeckende Infrastrukturen verantworten zu können oder zu wollen, weiter gesenkt worden seien.

    116. So würde Fernmeldeunternehmen seit der am 1. April 2007 in Kraft getretenen fernmelderechtlichen Zugangsregulierung die Möglichkeit zustehen, bei entsprechend frei verfügbaren Rohrkapazitäten Zugang zu den Kabelkanalisationen von Swisscom zu kostenorientierten Preisen zu verlangen, um den Einzug eines eigenen Kabels einzufordern. Dadurch könnten Mitbewerber zwischen einer Anschlusszentrale von Swisscom und einem Gebäudeeingangspunkt – oder zwischen sonstigen Zugangspunkten – eine bestimmte Anzahl eigener Kabel für die Erbringung von eigenen Fernmeldediensten verlegen. Diese Möglichkeit werde von anderen Fernmeldeunternehmen rege nachgefragt und zeichne sich durch ein exponentielles Wachstum aus. Die steigende Nachfrage belege, dass diese Möglichkeit für die Mitbewerber durchaus kommerziell interessant sei.

    117. Darüber hinaus könnte aufgrund des im Rahmen der jüngsten Revision des Fernmeldegesetzes eingeführten Anspruchs zur Mitbenutzung von freien Kapazitäten bei bereits vorhandenen Infrastrukturen im Bereich der Gebäudeeinführung sowie der gebäudeinternen Anlagen Synergien genutzt und Duplizierungen vermieden werden.

    118. Im Ergebnis könne deshalb festgehalten werden, dass es für andere Fernmeldeunternehmen zumutbar sei, für ihre punktuellen Bedürfnisse bestehende Kabelkanalisationen zur Verlegung eigener Kabel in Anspruch zu nehmen, weil für die Mitbewerber dadurch überschaubare und ohne weiteres vertretbare Kosten anfallen würden.

    119. Zum Beleg hierfür macht die Beschwerdeführerin geltend, dass bestimmte kleinere und regional tätige Fernmeldeunternehmen erhebliche Beträge in den Ausbau eigener Glasfasernetze investieren würden, weshalb sie gar nicht mehr auf einen Layer 1-Zugang zum Netz von Swisscom angewiesen seien.

    120. Abschliessend erhebt die Beschwerdeführerin den Einwand, dass die Gemeinden mit den geplanten und durchgeführten FTTH-Ausbauten mit Einfaser-Modell und P2MP-Topologie praktisch durchwegs sehr zufrieden seien und keine Beanstandungen auftreten würden. Hierzu verweist sie auf verschiedene Erklärungen von Gemeindevertretern.

      1. Vorbringen der Vorinstanz

    121. Die Vorinstanz qualifiziert keinen der von der Beschwerdeführerin vorgebrachten Sachpunkte als ausreichenden Grund für eine objektive Rechtfertigung der vorgenommenen Einschränkung des Glasfaserstandards. Die hierfür vorgebrachten Aspekte werden im Rahmen der Würdigung durch das Gericht berücksichtigt.

      1. Würdigung durch das Gericht

    122. Zur Feststellung der Erfüllung eines marktmissbräuchlichen Verhaltens ist zu prüfen, ob die Beschwerdeführerin für den Wechsel vom Vierfaser-Modell mit P2P-Topologie auf das Einfaser-Modell mit P2PTopologie einen ausreichenden Sachgrund als Rechtfertigung geltend machen kann.

    123. Grundsätzlich ist anerkannt, dass ein eigentlich wettbewerbswidriges Verhalten bei Vorliegen einer sachlichen Rechtfertigung im Einzelfall als zulässig erachtet werden kann. Voraussetzung hierfür sind das Vorliegen eines ausreichenden Sachgrunds und die Einhaltung des Grundsatzes der Verhältnismässigkeit. Im vorliegenden Fall stehen die nachfolgend abgehandelten Sachpunkte als Rechtfertigung zur Diskussion.

      1. Differenzierung zwischen Alleinbau und Baukooperationen

    124. Der Einwand der Beschwerdeführerin (vgl. E. 283), wonach kein schweizweites wettbewerbsrechtliches Grundsatzproblem vorliege, weil von den insgesamt über 1,6 Mio. FTTH-Anschlüssen nur eine sehr geringe Anzahl von {xxxx} Mio. FTTH-Anschlüssen – was einen Anteil von lediglich {4-[x]-10}% entspricht – vom Ausbau mit einer P2MP-Topologie betroffen sei, während die bereits errichteten über 1,5 Mio. FTTHAnschlüsse mit P2P-Topologie auch weiterhin einen Layer 1-Zugang bereitstellen würden, ist irrelevant.

    125. Zunächst ist hierzu festzustellen, dass nach den eigenen Verlautbarungen von Swisscom gemäss ihren Medienmitteilungen vom 4. Februar 2021 und vom 6. Februar 2020 die in Baukooperationen errichteten über 1,5 Mio. FTTH-Anschlüsse mit P2P-Topologie einen Anteil von rund 32% aller Anschlüsse in der Schweiz ausmachen. Mit der Netzbaustrategie 2020 soll dieser Anteil bis zum Jahr 2025 um rund 1,5 Mio. FTTH-

      Anschlüsse mit P2MP-Topologie auf einen Anteil von rund 60% aller Anschlüsse annähernd verdoppelt werden. Swisscom will daher im Zeitraum der nächsten fünf Jahre die gleiche Anzahl an FTTH-Anschlüssen herstellen wie in den vorangegangenen zehn Jahren. Darüber hinaus ist davon auszugehen, dass bei einem Ausbau der restlichen Anschlüsse in der Schweiz zu einem FTTH-Anschluss wiederum zu einem wesentlichen Teil auf die P2MP-Topologie zurückgegriffen würde.

    126. Angesichts dessen ist klarzustellen, dass ein wettbewerbswidriges Verhalten nicht bereits deshalb bedeutungslos ist und berechtigterweise durchgeführt werden kann, weil es nicht schweizweit ausgeübt, sondern aus welchen Gründen auch immer in einem Drittel des Landes unterlassen wird. Vielmehr ist das wettbewerbswidrige Verhalten eines marktbeherrschenden Unternehmens, von dem 2/3 der Endkunden aktuell oder potentiell betroffen sind, durch die Wettbewerbsbehörden ausnahmslos zu verfolgen und gegebenenfalls zu sanktionieren. Denn die Anwendung von Art. 7 KG setzt weder die Erfüllung eines Erheblichkeitsmerkmals noch die Verwirklichung einer sonstigen Anwendungsschwelle voraus (vgl. E. 590).

    127. Auch der Verweis der Beschwerdeführerin auf die Anzeigerin (vgl.

      E. 285) verdeutlicht, dass diese bereits nach einer Umsetzung der Netzbaustrategie von nur zehn Monaten in {20-[xx]-30} der {100-[xxx]-130} Anschlusszentralen und damit in einem Umfang von 22% von dem Wegfall eines Layer 1-Zugangs betroffen ist. Demzufolge ist die Behauptung der Beschwerdeführerin (vgl. E. 284), wonach für die Anzeigerin und vergleichbare Fernmeldeunternehmen keine oder zumindest keine relevanten Nachteile durch die Netzbaustrategie 2020 entstehen würden, unzutreffend und nicht nachvollziehbar. Dabei ist es für die Beurteilung eines Layer 1-Zugangs zu den Teilnehmeranschlussleitungen für andere Fernmeldeunternehmen in den jeweiligen Anschlusszentralen entgegen dem Einwand der Beschwerdeführerin (vgl. E. 285) irrelevant, ob diese ihr Kundenpotential in anderen Anschlusszentralen schon ausgeschöpft haben oder nicht.

    128. Letztlich ist ein Verweis auf den Stand der FTTH-Anschlüsse mit P2MP-Topologie auf Ende 2020 für die Beurteilung der Rechtslage offensichtlich bedeutungslos, wenn in den nächsten Jahren die rund 20-fache Anzahl an entsprechenden Anschlüssen hergestellt werden soll. Die Zahlenspielerei der Beschwerdeführerin verdeutlicht vielmehr, dass hiermit

      ausschliesslich der Versuch unternommen wird, die Bedeutung des nachteiligen Eingriffs auf den Wettbewerb zu verschleiern.

    129. Zu Gunsten der Beschwerdeführerin liesse sich allenfalls die Frage stellen, ob die Differenzierung zwischen einem Alleinbau und einer Baukooperation nicht zumindest eine implizite Grundlage für sämtliche Aspekte darstellen könnte, die von der Beschwerdeführerin als Rechtfertigung für eine Abweichung vom Glasfaserstandard geltend gemacht werden. Hierfür müsste diese Differenzierung allerdings notwendigerweise wiederum selbst bereits eine Rechtfertigung für eine Abweichung darstellen, um Berücksichtigung finden zu können. Ansonsten können Sachaspekte nur dann als Rechtfertigung dienen, wenn sie gleichermassen sowohl bei einem Alleinbau als auch bei einer Baukooperation für eine Abweichung vom Glasfaserstandard sprechen.

    130. Der Glasfaserstandard weist keine Differenzierung danach auf, ob der Bau des FTTH-Netzes im Alleinbau durch ein Fernmeldeunternehmen oder im Rahmen einer Baukooperation zwischen zwei Fernmeldeunternehmen erfolgt. Vielmehr ergibt sich aus den öffentlichen Verlautbarungen des Runden Tisches, dass solch einer Differenzierung keine Bedeutung zukommen kann.

    131. Eine Berücksichtigung dieser Differenzierung ist schon deshalb ausgeschlossen, weil der Zweck des Runden Tisches in der Errichtung eines schweizweiten FTTH-Netzes mit einer offenen Wettbewerbsmatrix durch die Anwendung des Glasfaserstandards besteht. Die Verwirklichung dieses Zwecks würde offensichtlich unmöglich gemacht, wenn der Glasfaserstandard nur im Rahmen einer Baukooperation, nicht aber bei einem Alleinbau eingehalten werden müsste. Denn in diesem Fall könnten sich die Unternehmen einer Einhaltung des Glasfaserstandards einfach dadurch entziehen, dass sie das jeweilige FTTH-Netz im Alleinbau errichten.

    132. Zudem könnte ein FTTH-Netz mit offener Wettbewerbsmatrix von vornherein nicht schweizweit errichtet werden, wenn jedes Fernmeldeunternehmen sein im Alleinbau errichtetes Netz nach eigenem Ermessen technisch ausgestalten könnte. Vielmehr würde dabei ein Flickenteppich aus unterschiedlich ausgestalteten FTTH-Netzen resultieren. Diesem drohenden Zustand widerspricht überdies die Einrichtung einer einheitlichen Bestellplattform im Rahmen des Runden Tischs, die einen einfachen Wechsel der Anschlussteilnehmer ermöglichen soll.

    133. Aus wettbewerblicher Sicht sind auch keine Gründe ersichtlich, warum eine entsprechende Differenzierung vorzunehmen wäre. Entsprechende Gründe werden von der Beschwerdeführerin jedenfalls nicht vorgebracht.

    134. Die einzigen Gründe für eine solche Differenzierung, die von der Beschwerdeführerin angeführt werden, bestehen zum einen im Aspekt der Mehrkosten für die Errichtung eines FTTH-Netzes gemäss Glasfaserstandard und zum anderen in den politischen Anforderungen an einen landesweiten Ausbau von FTTH-Netzen.

    135. Die Mehrkosten für die Herstellung eines FTTH-Netzes gemäss Glasfaserstandard gegenüber einem anderen Ausgestaltungsmodell einschliesslich der Netzbaustrategie 2020 sind jedoch bereits im Kostenmassstab des Glasfaserstandards berücksichtigt. Denn im Rahmen des Runden Tisches wurden für die Umsetzung des Glasfaserstandards bei einem schweizweiten Ausbau Mehrkosten in Höhe von durchschnittlich 20% ausgewiesen und von den Fernmeldeunternehmen mit ihrer Zustimmung anerkannt (vgl. E. 480 ff.). Dabei hatte Swisscom diese Mehrkosten sogar ausdrücklich als marginal bezeichnet (vgl. E. 483). Dementsprechend stellen derartige Mehrkosten von vornherein keinen ausreichenden Sachgrund für die Rechtfertigung einer Abweichung vom Glasfaserstandard dar, weshalb sie prinzipiell auch als Grundlage für eine Differenzierung zwischen Alleinbau und Baukooperation ausscheiden.

    136. Eine Heranziehung wäre nur für diejenigen Sachverhaltskonstellationen denkbar, bei denen die Mehrkosten tatsächlich über den Kostenmassstab des Glasfaserstandards hinausgehen und im Ergebnis eine Rechtfertigung für eine Abweichung bieten würden. In diesen Fällen müsste dann zusätzlich dargelegt und im Hauptverfahren nachgewiesen werden, warum die Mehrkosten zwar bei einem Alleinbau, nicht aber bei einer Baukooperation zu berücksichtigen wären. Denn nur dann wäre eine Differenzierung zwischen Alleinbau und Baukooperation vorzunehmen. Anhaltspunkte für das Vorliegen solcher Umstände liegen aber nicht vor und werden von der Beschwerdeführerin auch nicht in konkreter Weise vorgebracht.

    137. Die politischen Anforderungen an einen landesweiten Ausbau stellen einen versorgungsund regionalpolitischen Aspekt dar, der im Rahmen einer wettbewerblichen Betrachtung keine Berücksichtigung findet

      (vgl. E. 339 f.) und daher auch keine Grundlage für eine Differenzierung zwischen Alleinbau und Baukooperation bildet.

    138. Der Verweis der Beschwerdeführerin auf einen Alleinbau durch Swisscom stellt somit keine Rechtfertigung der durch die Umsetzung der Netzbaustrategie 2020 vorgenommenen Einschränkung der technologischen Entwicklung dar.

      1. Berücksichtigung (regional-)politischer Forderungen

    139. Die Beschwerdeführerin begründet ihr Vorgehen im Rahmen der Netzbaustrategie 2020 unter anderem mit der Erwartungshaltung und den

      • primär regionalpolitisch motivierten – Forderungen von Politik und Öffentlichkeit sowie mit den entsprechenden strategischen Vorgaben der Schweizerischen Eidgenossenschaft als Mehrheitsaktionär von Swisscom, möglichst rasch eine flächendeckende Versorgung der Bevölkerung mit Hochbreitbandnetzen sicherzustellen (vgl. E. 303).

    140. Wie bereits dargelegt (vgl. E. 58 ff.), ist eine materielle Prüfung der Wettbewerbsmässigkeit eines bestimmten wirtschaftlichen Verhaltens gemäss Art. 7 KG auf die Beurteilung der für den Wettbewerb massgeblichen Umstände beschränkt. Demgegenüber sind darüber hinausgehende sonstige gesellschaftspolitische Aspekte, wie etwa die regionale Versorgung mit bestimmten Produkten, Gegenstand der bundesrätlichen Ausnahmezulassung gemäss Art. 8 und 11 KG. Daher kommt weder (regional-)politischen Forderungen noch etwaigen Vorgaben des Mehrheitsaktionärs von Swisscom eine relevante Bedeutung für die wettbewerbsrechtliche Beurteilung des vorliegenden Sachverhalts zu. Insbesondere bilden diese Forderungen oder Vorgaben von vornherein keinen Grund für die Rechtfertigung einer Einschränkung der technologischen Entwicklung.

    141. Der Einwand der Beschwerdeführerin einer Berücksichtigung von (regional-)politischen Forderungen ist daher irrelevant.

      1. Internationale Entwicklung

    142. Die Beschwerdeführerin verweist zur Rechtfertigung ihrer Netzbaustrategie 2020 auf der Grundlage einer P2MP-Topologie unter anderem auf die internationale Entwicklung bei der Netzarchitektur. Danach habe sich die P2MP-Topologie als führendes Topologiemodell sowohl in

      den Staaten der Europäischen Union als auch weltweit mit grossem Abstand gegenüber der P2P-Topologie durchgesetzt (vgl. E. 304).

    143. Die Beschwerdeführerin hat allerdings in keiner Weise darlegt, dass im Ausland ebenfalls ein Glasfaserstandard für den Ausbau und die Nutzung des Glasfasernetzes in Form eines Vierfaser-Modells mit P2PTopologie geschaffen worden war, welcher aufgrund der technischen Entwicklung zu Gunsten einer P2MP-Topologie aufgegeben wurde. Auch legt die Beschwerdeführerin nicht dar, dass in den genannten Staaten überhaupt eine Vereinbarung zwischen den massgeblichen Fernmeldeund Netzbauunternehmen über den Ausbau und die diskriminierungsund monopolisierungsfreie Nutzung von FTTH-Netzen bestehen würde. Es ist daher davon auszugehen, dass im Ausland jedes Fernmeldeund Netzbauunternehmen nach eigenem Ermessen über die Ausgestaltung seines eigenen Glasfasernetzes entscheiden kann und auch entscheidet. Mangels eines geeigneten Instrumentariums ist der Ausbau der FTTHNetze im Ausland demnach von vornherein nicht darauf ausgerichtet, Doppelspurigkeiten und Einschränkungen in der Nutzung von Glasfasernetzen durch dritte Fernmeldeunternehmen zu vermeiden.

    144. Demnach wird der durch die angefochtene Verfügung erhobene Vorwurf, dass mit dem Einsatz einer P2MP-Topologie eine potentielle Monopolisierung der Fernmeldedienste durch den jeweiligen Netzbetreiber verbunden ist, mit einem Verweis auf die ausländische Entwicklung gerade nicht widerlegt, weil er angesichts der tatsächlichen Verhältnisse auch gegenüber den jeweiligen ausländischen Fernmeldeunternehmen erhoben werden kann.

    145. Es ist daher davon auszugehen, dass in den übrigen Staaten der Europäischen Union und sonstigen Drittstaaten keine vergleichbare Ausgangslage wie in der Schweiz besteht. Deshalb ist eine Berücksichtigung der Entwicklungen im Ausland weder sachdienlich noch sachlich möglich.

    146. Darüber hinaus ist im Hinblick auf die Mitgliedstaaten der Europäischen Union ein besonderer Aspekt zu berücksichtigen. Soweit Ausbauprojekte von FTTH-Netzen mit öffentlichen Mitteln subventioniert werden, ist beim Ausbau von FTTH-Netzen ein Open Access für andere Fernmeldeunternehmen durch die Sicherstellung eines Layer 1-Zugangs sicherzustellen. Da bei Ausbauprojekten von Swisscom nicht selten Investitionszuschüsse von Gemeinden und anderen öffentlich-rechtlichen Körperschaften geleistet werden (vgl. E. 539 ff.), müssten diese FTTH-Netze

      demnach in jedem Fall mit einem Layer 1-Zugang ausgestaltet werden, wenn ein entsprechender Rechtsvergleich massgeblich wäre.

    147. Der Verweis der Beschwerdeführerin auf die internationale Entwicklung bei der Netzarchitektur ist daher für die Beurteilung einer ausreichenden Rechtfertigung für ihr Vorgehen irrelevant.

      1. Berücksichtigung des FTTS-Netzes von Swisscom

    148. Die ganz zentrale und wesentliche Argumentation der Beschwerdeführerin für eine vorrangige Umsetzung des Einfaser-Modells mit P2MPTopologie besteht darin, dass für den Bau neuer FTTH-Netze die bereits bestehenden FTTS-Netze von Swisscom im Bereich zwischen Anschlusszentrale und Strassenverteiler genutzt werden könnten. Die Nutzung dieser FTTS-Netze bilde auch die Grundlage für das Einsparungspotential, das sich in Bezug auf die Kosten und die Herstellungszeit gegenüber dem Vierfaser-Modell mit P2P-Topologie ergeben würde, weil bei diesem eine entsprechende Nutzungsmöglichkeit der FTTS-Netze nicht vorhanden sei (vgl. E. 292 f.).

    149. Vor einer inhaltlichen Prüfung des Einwands eines tatsächlich vorhandenen Einsparungspotentials (vgl. E. 473) stellt sich allerdings zunächst die grundlegende Frage, ob eine Berücksichtigung des bestehenden FTTS-Netzes als möglicher Rechtfertigungsgrund für eine Einschränkung des Glasfaserstandards überhaupt zu beachten ist. Diese Frage ist aus mehreren Gründen zu verneinen, wie nachfolgend aufgezeigt wird.

      1. Grundlage

    150. Der Grund für die unterschiedliche Verwendungsmöglichkeit des bestehenden FTTS-Netzes für den Ausbau eines P2MP-Netzes oder eines P2P-Netzes besteht im Wesentlichen darin, dass die Leitung für jeden Teilnehmeranschluss zwischen Anschlusszentrale und Gebietsverteiler nur eine Glasfaser umfasst. Mit dieser einen Glasfaser kann das Einfaser-Modell mit P2MP-Topologie einschliesslich einer PON-Struktur aufgebaut werden, weil in den Gebietsverteilern lediglich die passiven Splitter zur Aufteilung der unterschiedlichen Signale installiert und keine zusätzlichen Glasfasern verlegt werden müssen. Für die Herstellung des

      Vierfaser-Modells mit P2P-Topologie müssten allerdings für jeden Teilnehmeranschluss weitere drei Glasfasern verlegt sowie aktive Übertragungskomponenten samt Stromanschluss im Anschlussnetz installiert werden.

    151. Im FTTS-Netz ist zwar auch eine gewisse Anzahl an Reservefasern vorhanden. Entgegen dem Vorhalt der Vorinstanz erhebt die Beschwerdeführerin allerdings den Einwand, dass diese Anzahl nicht ausreiche, um ein Vierfaser-Modell mit vier unabhängigen Glasfasern für jeden Teilnehmeranschluss herzustellen, weil die Reservefasern durchschnittlich weniger als 10% der Teilnehmeranschlussleitungen einer Anschlusszentrale ausmachen würden.

    152. Darüber hinaus erhebt die Beschwerdeführerin den Einwand, dass weitere praktische Erschwerungsgründe einer Umsetzung eines Vierfaser-Modells mit P2P-Topologie entgegenstehen würden (vgl. E. 290). Zum einen seien Kapazitätsengpässe in den bestehenden Rohrleitungen vorhanden, welche eine Aufnahme der notwendigen Anzahl an Glasfasern bei Einbau von vier Glasfasern für jeden Teilnehmeranschluss ausschliessen. Zum anderen bestünden die Gebietsverteiler vielfach nicht aus oberirdischen Kabelverteilerkästen, sondern aus unterirdischen Kanalschächten, welche von Swisscom bereits für das Kupferkabelnetz genutzt worden seien. Diese Kanalschächte würden aufgrund ihrer räumlichen Ausgestaltung die notwendigen aktiven Übertragungskomponenten vielfach nicht aufnehmen können. Zudem würde die für aktive Komponenten notwendige Stromversorgung mit grossem Aufwand gegenüber einer wiederkehrenden Überflutung dieser Schächte abgesichert werden müssen. Der Umzug der technischen Anlagen von den unterirdischen Kanalschächten in oberirdische Kabelverteilerkästen würde wiederum voraussetzen, dass die notwendigen Grundstücke oder Grundstücksrechte zur Aufstellung dieser Kabelverteilerkästen erworben werden müssten. Bei insgesamt mehr als 70'000 Kanalschächten handle es sich hierbei um einen enormen Aufwand, weshalb eine Umrüstung der FTTS-Netze auf ein Vierfaser-Modell mit P2P-Topologie wesentlich höhere Kosten verursachen würde.

    153. Im Parallelverfahren macht die Beschwerdeführerin dementsprechend geltend, dass bei einer Einhaltung des Glasfaserstandards die Aufwendungen für die Herstellung der FTTS-Netze vollständig verloren seien, weil dessen Ausbau zum Vierfaser-Modell mit P2P-Topologie aufgrund der physischen Ausgestaltung ausgeschlossen sei. Vielmehr müss-

      te hierfür das Leitungssystem vollständig neu gebaut werden mit der Folge von ganz erheblichen Mehrkosten.

      1. Widersprüchlichkeit des Einwands

    154. Der geltend gemachte Einwand einer Berücksichtigung des FTTSNetzes steht von vornherein in einem unauflösbaren Widerspruch zum Einwand der Beschwerdeführerin einer Überlassung von Kabelkanalisationen. Danach soll keine Notwendigkeit zur Verfügungstellung eines Layer 1-Zugangs für andere Fernmeldeunternehmen gegeben sein, weil diesen die Möglichkeit einer erweiterten Zugangsmöglichkeit als Substitutionsprodukt offenstehen würde, indem sie von dem gesetzlich vorgesehenen Anspruch auf Überlassung von freien Kabelkanalisationen Gebrauch machen und eigene Glasfaserleitungen im Leitungsnetz von Swisscom ziehen könnten (vgl. E. 315 f., 406 ff.).

    155. Im Rahmen der Instruktionsund Vergleichsverhandlung wurde festgestellt, dass in den Anschlusszentralen jedenfalls bis zu 12 Fernmeldeunternehmen präsent sind. Der Einwand einer Überlassung von Kabelkanalisationen setzt demnach voraus, dass mindestens bis zu 12 Glasfasern in die bestehende Kabelkanalisation des FTTS-Netzes eingezogen werden, weil bis zu 12 Fernmeldeunternehmen mindestens eine Glasfaser für jeden Teilnehmeranschluss einrichten könnten. Demzufolge müsste es auch ohne Schwierigkeiten möglich sein, dass Swisscom zur Erfüllung des Glasfaserstandards vier Glasfasern für jeden Teilnehmeranschluss in seine bestehende Kabelkanalisation des FTTS-Netzes einziehen kann. Wenn dies aber der Fall wäre, dann bedarf es offensichtlich keiner Anpassung der Kabelkanalisation für die Herstellung eines FTTHNetzes gemäss Glasfaserstandard. Demzufolge würde der Einwand der Berücksichtigung des bestehenden FTTS-Netzes gar keine Relevanz erlangen.

    156. Dieser Widerspruch führt dazu, dass beide Einwände der Beschwerdeführerin als unglaubwürdig zu qualifizieren sind. Dies hat zur Folge, dass beide Einwände für die Beurteilung der Rechtslage irrelevant sind.

    157. Die weiteren Ausführungen zum Einwand einer Berücksichtigung des FTTS-Netzes erfolgen daher nur der Vollständigkeit halber, um auf-

      zuzeigen, dass auch keine sachliche Begründung für diesen Einwand vorhanden ist.

      1. Gleichheitswidrigkeit des Einwands

    158. Der Einwand der Beschwerdeführerin einer Berücksichtigung des bestehenden FTTS-Netzes korreliert mit der Sachfrage, ob und allenfalls inwieweit ein Kostenvergleich zwischen dem Glasfaserstandard und einer abweichenden Technologievariante entweder – entsprechend der Ansicht der Vorinstanz – auf der Grundlage eines sog. Greenfield-Ansatzes durchzuführen und für die Beurteilung ein allgemein-gültiger Kostenvergleich unabhängig von der konkreten Netzlage eines Fernmeldeunternehmens zu berücksichtigen ist, oder ob die konkrete Netzlage eines Fernmeldeunternehmens – entsprechend der Ansicht der Beschwerdeführerin (vgl. E. 294) – als massgebliche Ausgangslage heranzuziehen ist, weil nur dann die tatsächlich vorhandenen Restriktionen der jeweiligen Infrastruktur auch Berücksichtigung finden.

    159. Die Netzlage umfasst dabei den jeweils vorhandenen oder fehlenden Vorbestand eines Telekommunikationsnetzes sowie dessen allfälligen Ausbauzustand als Ausgangspunkt für die Herstellung eines FTTHNetzes.

    160. Für einen Kostenvergleich zwischen einem Vierfaser-Modell mit P2P-Topologie und einem Einfaser-Modell mit P2MP-Topologie ergeben sich bei einer allgemeinen Kostenbeurteilung aufgrund eines GreenfieldAnsatzes keine massgeblichen Differenzen, die eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen würden, weil die meisten Kostenfaktoren einschliesslich der Erdarbeiten in gleicher Weise anfallen. Dies wird von der Beschwerdeführerin ausdrücklich selbst eingeräumt (vgl. E. 294).

    161. Der Einwand der Beschwerdeführerin würde aus Gründen einer Gleichbehandlung voraussetzen, dass nicht nur im vorliegenden Einzelfall das von Swisscom erstellte FTTS-Netz, sondern darüber hinaus bei jedem Fernmeldeunternehmen, welches ein FTTH-Netz errichtet, die jeweils vorhandene konkrete Netzlage für die Durchführung eines Kostenvergleichs zwischen Glasfaserstandard und abweichender Technologievariante zu berücksichtigen wäre. Der Einwand der Beschwerdeführerin ist daher von vornherein nur dann beachtlich, wenn diese Berücksichti-

      gung der Netzlage auch für alle Sachverhaltskonstellationen einer Herstellung von FTTH-Netzen Geltung beanspruchen könnte.

    162. Würde man die jeweilige Netzlage für die Herstellung eines FTTHNetzes berücksichtigen, hätte dies offensichtlich zur Folge, dass nicht ein allgemeingültiger, genereller Kostenvergleich für die Beurteilung der Zulässigkeit einer Abweichung vom Glasfaserstandard mittels einer Technologievariante massgebend wäre, sondern jeweils ein individueller Kostenvergleich aufgrund des jeweils vorhandenen oder fehlenden Vorbestands eines Kommunikationsnetzes.

    163. Individuelle Kostenvergleiche würden wiederum zwangsläufig die weitere Folge nach sich ziehen, dass bei dem einen Fernmeldeunternehmen die Beurteilung zur Anerkennung einer bestimmten Technologievariante als zulässige Abweichung vom Glasfaserstandard führt, während bei dem anderen Fernmeldeunternehmen keine Anerkennung der Abweichung erfolgt. Deshalb könnten die einen Fernmeldeunternehmen eine Abweichung vom Glasfaserstandard vornehmen, während die anderen auch weiterhin verpflichtet wären, den Glasfaserstandard umzusetzen. Dieses Ergebnis könnte sogar für die Herstellung des gleichen FTTHNetzes am selben Ort auftreten.

    164. Das Ergebnis von individuellen Kostenvergleichen würde in der Praxis demnach in eine unterschiedliche Ausgestaltung von FTTH-Netzen münden.

    165. Dabei würde sich dies zu Ungunsten von Fernmeldeunternehmen auswirken, die noch über kein Netz verfügen und daher in den Markt der Netzbetreiber eintreten wollen, weil bei einem vollständigen Neubau des Netzes keine relevanten Kostenunterschiede zwischen den beiden Netzarchitekturen bestehen. In gleicher Weise wären Fernmeldeunternehmen benachteiligt, die bereits zu einem früheren Zeitpunkt wesentliche Vorleistungen für die Herstellung eines standardmässigen FTTH-Netzes vorgenommen haben, weil dann die geringeren notwendigen Restinvestitionen zur Verwirklichung des Glasfaserstandards verpflichten würden. Demgegenüber würde dies Fernmeldeunternehmen begünstigen, die umgekehrt noch gar keine oder keine ordnungsgemässen Investitionen in ein FTTHNetz vorgenommen haben oder deren bereits bestehendes Netz nicht ohne Weiteres zu einem FTTH-Netz ausgebaut werden kann.

    166. Dies gilt insbesondere für Swisscom, wenn ihr bestehendes FTTSNetz, wie von der Beschwerdeführerin behauptet, nur einen Ausbau zu einem FTTH-Netz mit erheblichen Mehrkosten zulässt. Demzufolge würde Swisscom offensichtlich gegenüber örtlichen oder regionalen Fernmeldeunternehmen, welche mittels eines Neubaus ein FTTH-Netz errichten wollen, begünstigt.

    167. Umgekehrt macht die Beschwerdeführerin im Hinblick auf das «Modell SFN» – das von der Vorinstanz als mögliche Technologievariante qualifiziert wird und bei der SFN Layer 1-Grosshandelsprodukte vermarktet – gerade geltend, dass für die Netzpartner der SFN eine ganz andere Ausgangslage beim Glasfaserausbau bestehen würde. Da diese nur regional oder lokal tätig seien, könnten diese den Netzausbau von Grund auf so planen, dass sie über viele Glasfasern verfügen, die ein Layer 1- Angebot erst ermöglichen würden. Deren oberirdische Kabelverteilerkästen und Trafostationen seien einfacher zugänglich und würden in der Regel mehr Platz aufweisen. Diese Faktoren würden SFN begünstigen und ihr ein Geschäftsmodell ermöglichen, das auf Grosshandelsangebote mit einem Layer 1-Zug ausgerichtet sei.

    168. Ganz offensichtlich widerspricht es der Gewährleistung einer offenen Wettbewerbsmatrix mit einem diskriminierungsund monopolisierungsfreien Zugang zum FTTH-Netz als Zweck des Glasfaserstandards im Vorfeld Ungleichheiten zwischen den Fernmeldeunternehmen durch die Berücksichtigung von individuellen Netzlagen herbeizuführen, die eine unterschiedliche Ausgestaltung des jeweiligen FTTH-Netzes ermöglichen würden. So wurde von der Kommunikationskommisson z.B. öffentlich bekannt gegeben, dass alle Anbieter zu gleichen Bedingungen und auf verschiedenen Netzebenen Zugang zum Glasfasernetz erhalten müssen (COMCOM, 6.10.2009, Zwischenbericht 1). Diese Gleichheit des Zugangs setzt auch eine Gleichheit bei der Errichtung eines eigenen FTTH-Netzes als primären Zugang zum Glasfasernetz voraus. Daher sind sowohl beim Zugang als auch bei der Errichtung eines Glasfasernetzes keine individuellen, sondern nur allgemeingültige, d.h. aus der Sicht eines unabhängigen Dritten sachgerechte objektive Vorstellungen und Ansprüche zu berücksichtigen.

    169. Dementsprechend ist es auch widersprüchlich, wenn die Beschwerdeführerin für die rechtliche Beurteilung eines Zugangs zu ihrem Netz einerseits geltend macht, dass individuelle Vorstellungen und Geschäftsmodelle anderer Fernmeldeunternehmen keine Berücksichtigung

      finden dürfen, während sie andererseits beim Ausbau ihres Netzes geltend macht, dass ihre spezifische individuelle Netzlage gegenüber derjenigen von anderen Fernmeldeunternehmen für die Kostenbeurteilung massgebend sein soll.

    170. Darüber hinaus ist aber auch kein sachlicher Grund ersichtlich, warum in die Durchführung eines Kostenvergleichs zwischen Glasfaserstandard und abweichender Technologievariante ein Bonusbzw. Malusfaktor wegen der individuellen Netzlage eines Fernmeldeunternehmens einzustellen wäre. Insbesondere besteht keine sachgerechte Erklärung dafür, warum Unternehmen, die auf eine ordnungsgemässe Erstellung von FTTH-Netzen hinarbeiten, letztlich auf eine Umsetzung des Glasfaserstandards zu verpflichten wären, während Fernmeldeunternehmen, die überhaupt keine Vorleistungen vorgenommen oder die den Glasfaserstandard bei allfälligen Vorleistungen nicht berücksichtigt haben, gerade in den Genuss einer Möglichkeit zur Abweichung von diesem Glasfaserstandard kommen sollten. Auch die Beschwerdeführerin hat keinen derartigen allgemeinen Grund angeführt.

    171. In diesem Zusammenhang ist gleichfalls auch nicht ersichtlich, warum ein Fernmeldeunternehmen, das höhere Kosten für den Ausbau eines FTTH-Netzes aufbringen muss, weil seine bestehende Netzlage weniger geeignet ist für einen derartigen Ausbau, mit einer kostengünstigen Abweichung vom Glasfaserstandard belohnt werden sollte gegenüber einem Fernmeldeunternehmen, das weniger Kosten für den Ausbau eines FTTH-Netzes benötigt, weil seine Netzlage hierfür besser geeignet wäre. Denn massgeblich für eine Umsetzung des Glasfaserstandards ist im Interesse der Endkunden die möglichst kostengünstige Herstellung eines FTTH-Netzes bei guter Netzlage und nicht ein kostenträchtiger Ausbau bei schlechter Netzlage und schon gar nicht ein mehrfacher Ausbau bei schlechter Netzlage.

    172. So ist z.B. nicht ersichtlich, warum Swisscom noch mit der Möglichkeit für eine kostengünstige Abweichung vom Glasfaserstandard belohnt werden sollte, wenn sie mit einem höheren Aufwand ihr nicht geeignetes FTTS-Netz in den Bereichen der Netzpartner von SFN, deren Netze sogar nach Angaben der Beschwerdeführerin wesentlich besser für einen Layer 1-Zugang geeignet sind, ausbauen würde.

    173. Entgegen dem Einwand der Beschwerdeführerin (vgl. E. 294) ist daher ein Greenfield-Ansatz für einen Kostenvergleich zu Grunde zu le-

      gen und im Rahmen einer Beurteilung ein allgemein-gültiger Kostenvergleich zwischen Glasfaserstandard und abweichender Technologievariante anzuwenden. Dadurch wird auch der Einwand der Beschwerdeführerin einer Berücksichtigung des bestehenden FTTS-Netzes zwangsläufig irrelevant.

      1. Vorsätzliche Ignorierung des Glasfaserstandards

    174. Aufgrund der von der Beschwerdeführerin selbst vorgebrachten Tatsachen ist festzustellen, dass Swisscom ihr FTTS-Netz nicht entsprechend den Vorgaben des vereinbarten Glasfaserstandards als VierfaserModell mit P2P-Topologie zwischen Anschlusszentrale und Strassenverteiler ausgestaltet, sondern in Abweichung hiervon derartig ausgebaut hat, dass es nach eigener Darstellung in keiner Weise für die Errichtung eines FTTH-Netzes Verwendung finden kann.

    175. Im Parallelverfahren wird von der Beschwerdeführerin dabei bestätigt, dass diese Abweichung vorsätzlich erfolgt ist. Danach sei das Stammnetz für den FTTS/FTTB-Rollout dimensioniert und gebaut worden. Bei der Dimensionierung sei sowohl die Erschliessung der MicroCans für FTTS/FTTB als auch der «spätere Ausbau auf FTTH P2MP berücksichtigt» worden (Anm.: Hervorhebung angefügt). In anderem Zusammenhang wird geltend gemacht, dass der Netzausbau in Sissach mit einem FTTSbzw. FTTB-Netz die Vorinvestitionen für einen späteren FTTH-Ausbau darstellen, welcher von Swisscom nunmehr umgesetzt werde. Da der FTTS-Ausbau nicht für die Herstellung des Glasfaserstandards genutzt werden kann, erfolgte auch der Ausbau in Sissach daher ebenfalls als Vorinvestition in ein FTTH-Netz mit P2MP-Topologie und nicht als Vorinvestition in ein FTTH-Netz gemäss Glasfaserstandard.

    176. Aufgrund des eigenen Vorbringens der Beschwerdeführerin ist demzufolge davon auszugehen, dass Swisscom im Hinblick auf die Errichtung eines FTTH-Netzes – entgegen ihrer ausdrücklichen und öffentlich erklärten Zustimmung zu den Vereinbarungen des Runden Tischs – zu keinem Zeitpunkt die Absicht hatte, den Glasfaserstandard mit Vierfaser-Modell und P2P-Topologie ausserhalb von Baukooperationen zu erfüllen.

    177. Im vorliegenden Zusammenhang einer summarischen Beurteilung der angeordneten vorsorglichen Massnahme kann dahingestellt bleiben,

      ob es sich bereits bei dieser Ausgestaltung des FTTS-Netzes um einen Verstoss gegen den vereinbarten Glasfaserstandard und damit um eine Einschränkung der technischen Entwicklung gemäss Art. 7 KG gehandelt hat oder ob Swisscom ungeachtet ihrer ausdrücklichen Zustimmung zum Glasfaserstandard die Entscheidungsfreiheit und damit die Möglichkeit zukam, vorgängig zur Errichtung eines ordnungsgemässen FTTH-Netzes noch ein anderes unterschiedliches Glasfasernetz mit abweichender Netzarchitektur aufzubauen.

    178. Jedenfalls ist das bestehende FTTS-Netz aufgrund der fehlenden standardgemässen technischen Ausgestaltung weder als ordnungsgemässe Vorstufe noch als ordnungsgemässer Bestandteil des gemäss Glasfaserstandard herzustellenden FTTH-Netzes zu qualifizieren.

    179. Dementsprechend lassen sich entgegen dem Einwand der Beschwerdeführerin (vgl. E. 293) allfällige Kostenund Zeiteinsparungen nicht mit dem Hinweis darauf begründen, dass sich diese nur bei einem Ausbau des FTTS-Netzes zu einem Glasfasernetz mit Einfaser-Modell und P2MP-Topologie, nicht aber bei einem Ausbau gemäss Glasfaserstandard ergeben.

    180. Vielmehr hat Swisscom ganz bewusst und gewollt ihr FTTS-Netz in Abweichung vom Glasfaserstandard und in Kenntnis der fehlenden Nutzbarkeit dieser Abweichung für einen Ausbau gemäss Glasfaserstandard hergestellt. Demzufolge hat Swisscom auch die Folgen eines solchen unterschiedlichen Ausbaus bewusst in Kauf genommen. Wenn Swisscom es daher aus irgendwelchen Gründen für angebracht gehalten hat, zunächst ein Glasfasernetz aufzubauen, das aufgrund seiner konkreten Ausgestaltung später gar keine Verwendung für die Herstellung eines ordnungsgemässen FTTH-Netzes gemäss Glasfaserstandard findet, so kann sie sich später nicht auf einen Mehraufwand berufen, weil das FTTS-Netz hierfür gerade nicht genutzt werden kann.

    181. Aus dem gleichen Grunde ist es entgegen dem Einwand der Beschwerdeführerin (vgl. E. 295) auch unerheblich, ob es sich bei den Kosten für die Herstellung des FTTS-Netzes um sog. versunkene, d.h. nicht wieder amortisierbare Kosten handelt, weil die Investitionen für das FTTS-Netz durch die Notwendigkeit zur Herstellung eines ordnungsgemässen FTTH-Netzes gemäss Glasfaserstandard vollständig verloren sind. Denn mit dem vorsätzlichen Ausbau des FTTS-Netzes in vollständiger Abweichung vom Glasfaserstandard ohne spätere Möglichkeit eines

      weiteren Ausbaus hat Swisscom diese Folge offensichtlich bewusst in Kauf genommen.

    182. Der Einwand der Beschwerdeführerin einer Berücksichtigung des bestehenden FTTS-Netzes ist daher auch aufgrund der vorsätzlichen Ignorierung des Glasfaserstandards beim vorgängigen Ausbau des früheren Kupferkabelnetzes durch Swisscom irrelevant.

      1. Widersprüchlichkeit der Sachgründe

    183. Darüber hinaus ergibt sich angesichts der geltend gemachten Ursachen auch aus sachlichen Gründen ein sachlogischer Widerspruch im Vorbringen der Beschwerdeführerin, der den Einwand einer Berücksichtigung des bestehenden FTTS-Netzes ausschliesst.

    184. Die von der Beschwerdeführerin aufgeführten Sachpunkte der fehlenden Platzkapazitäten für den Einzug zusätzlicher Glasfasern, der Notwendigkeit zur Herstellung von Stromleitungen und zur Absicherung gegen Überflutung hinsichtlich der Kanalschächte sowie die Probleme zur alternativen Herstellung von oberirdischen Kabelverteilerkästen, die heute gegen einen Ausbau des FTTS-Netzes mit einer P2P-Topologie geltend gemacht werden (vgl. E. 352), waren offensichtlich bereits bei Abschluss der Vereinbarungen zum Runden Tisch vorhanden. Denn die Beschwerdeführerin verweist darauf, dass die Kanalschächte seit der Zeit des Kupferkabelnetzes und damit vor Abschluss des Glasfaserstandards bestanden hätten; dabei kann im Rahmen einer summarischen Betrachtung dahingestellt bleiben, ob alle der genannten Kanalschächte bereits früher bestanden oder auch in Kenntnis von deren Unzulänglichkeit erst später errichtet wurden und ob sich die gesamte Anzahl auf den Bau der verbleibenden Glasfasernetze bezieht oder das bereits erstellte FTTH-Netz mit einbezieht. Demnach waren Swisscom die aufgeführten Probleme des FTTS-Netzes für den Ausbau zu einem FTTH-Netz mit VierfaserModell und P2P-Topologie bereits bei Abschluss des Glasfaserstandards und völlig unabhängig von späteren Technologievarianten bekannt. Deshalb musste Swisscom zum Zeitpunkt ihrer ausdrücklichen Zustimmung zum Glasfaserstandard davon ausgegangen sein, dass entweder (1) dem Mehraufwand für eine Verlegung von vier Glasfasern mit einer Stromversorgung in unterirdischen Kanalschächten und Kabelkanalisationen keine relevante tatsächliche Bedeutung zukommt, oder (2) dass eine sachgerechte und ausreichend kosteneffiziente Möglichkeit zur Behebung der

      nunmehr vorgetragenen Probleme besteht, oder (3) dass allfällige Mehrkosten für den Ausbau der eigenen Kanalschächteund Kabelkanalisationen durch die Möglichkeit ausgeglichen wird, aufgrund des Glasfaserstandards mittels Anmietung oder durch Betreiberkooperationen den Zugang zur Infrastruktur der Energieversorgungsunternehmen in den städtischen Gebieten zu erlangen.

    185. Letztlich wird dies auch durch die konkreten Kostenaussagen ihrer eigenen Kostenanalyse bestätigt, die Swisscom anlässlich ihrer Zustimmung zum Glasfaserstandard abgegeben hat. So wurde der gesamte Mehraufwand für die Verlegung von vier Glasfasern für jeden Teilnehmeranschluss von Swisscom sogar ausdrücklich als marginal bezeichnet und damit als unbedeutender Aspekt ausgewiesen (vgl. E. 483). Die Kosten des Stammnetzes wurden nur mit 15% der Gesamtkosten für die Herstellung eines FTTH-Netzes mit Vierfaser-Modell und P2P-Topologie qualifiziert (vgl. E. 497). Dieser Kostenanalyse muss zwangsläufig entweder eine komplette Neuerstellung des Stammnetzes oder eine Verwendung des bisherigen Leitungsnetzes einschliesslich der bestehenden unterirdischen Kanalschächte und Kabelkanalisationen zu Grunde gelegt worden sein. Jedenfalls lässt sie keinen Rückschluss darauf zu, dass Zusatzkosten für die Beseitigung von unzureichenden Kanalschächten oder Kabelkanalisationen ein grösseres Problem dargestellt haben können. Zudem ist zu berücksichtigen, dass auch bei einer Umgestaltung des FTTS-Netzes zu einem Einfaser-Modell mit P2MP-Topologie zusätzliche Trassenarbeiten im Stammnetz erforderlich werden können, was durch eine von der Beschwerdeführerin selbst eingereichten Kostenanalyse für ein Glasfasernetz in Mammern TG bestätigt wird (vgl. E. 521). Daher stehen die nunmehr erhobenen Einwände eines substantiellen und unverhältnismässigen Mehraufwands für die Herstellung eines FTTH-Netzes gemäss Glasfaserstandard durch die Beschwerdeführerin in einem offensichtlichen Widerspruch zu den früheren Feststellungen von Swisscom zum gleichen Thema. Deshalb sind die Vorbringen der Beschwerdeführerin auch nicht glaubhaft.

    186. Jedenfalls umfasst die von Swisscom vorgenommen Zustimmung zu den Vereinbarungen des Runden Tischs für den Ausbau des FTTHNetzes gemäss Glasfaserstandard demzufolge auch allfällige individuelle Zusatzkosten auf Seiten von Swisscom, die sich bei ihr aufgrund von besonderen Problemen beim Einsatz von bereits vorhandenen Kanalschächten und Kabelkanalisationen für die Erstellung eines FTTH-Netzes ergeben sollten.

    187. Überdies ist es angesichts dieser ausdrücklich erklärten Zustimmung widersprüchlich und damit rechtmissbräuchlich, nunmehr diese Zusatzkosten als Begründung für eine Abweichung vom Glasfaserstandard geltend zu machen.

    188. Der Einwand der Beschwerdeführerin einer Berücksichtigung des bestehenden FTTS-Netzes ist daher auch im Hinblick auf die geltend gemachten sachlichen Ursachen irrelevant.

      1. Unterlaufen von allgemeinen Industriestandards

    189. Des Weiteren steht die Ausgangslage schon aus grundsätzlichen Erwägungen dem Einwand einer Berücksichtigung des bestehenden FTTS-Netzes entgegen.

    190. Würde ein derartiges Vorgehen nämlich anerkannt werden, käme dem Glasfaserstandard wie auch allen sonstigen Industriestandards einschliesslich von freiwilligen Selbstbindungen der Industrie keinerlei Bedeutung mehr zu, weil deren Inhalte ohne Weiteres umgangen werden könnten. Denn entgegen den jeweiligen offiziellen Zusagen könnte ein beteiligtes Unternehmen eine beliebige, ihm genehme inhaltlich abweichende Variante umsetzen, um zu einem späteren Zeitpunkt einfach geltend zu machen, dass die Umsetzung des vereinbarten Industriestandards nun nicht mehr möglich sei, weil dies einen höheren Aufwand gegenüber einer Ausgestaltung unter Heranziehung des tatsächlich hergestellten standardwidrigen Zustands erfordere.

    191. Zudem widerspricht das Vorgehen eines Unternehmens, bei dem in Widerspruch zu einer ausdrücklich erklärten Zustimmung zu einem anerkannten Industriestandard dennoch eine abweichende individuelle technische Umsetzung vorgenommen und anschliessend eine Unmöglichkeit der korrekten Umsetzung dieses Industriestandards unter Verweis auf allfällige Mehrkosten geltend gemacht wird, Treu und Glauben im Geschäftsverkehr und ist demzufolge als rechtsmissbräuchlich zu qualifizieren.

    192. Diese Überlegungen gelten insbesondere auch im vorliegenden Zusammenhang. Swisscom hat sich ausdrücklich öffentlich für eine Umsetzung des Vierfaser-Modells mit P2P-Topologie ausgesprochen, wie sich unzweifelhaft aus ihrer Pressemitteilung vom 9. Dezember 2008 ergibt.

      Im Übrigen hat Swisscom die Umsetzung des Vierfaser-Modells mit P2PTopologie im Rahmen der Verhandlungen des Runden Tisches sogar gegenüber dem von den Energieversorgungsunternehmen zunächst favorisierten Einfaser-Modell unterstützt. Ungeachtet dessen hat Swisscom selbst einen Ausbau seines bestehenden Leitungsnetzes zu einem FTTSNetz vorsätzlich so vorgenommen, dass dadurch gleichzeitig eine Umsetzung des Glasfaserstandards verunmöglicht wurde. Denn damit wurde, wie die Beschwerdeführerin selbst dargelegt hat (vgl. E. 375), letztlich die Ausrichtung auf eine spätere Umwandlung in ein Einfaser-Modell mit P2MP-Topologie verfolgt.

    193. Der Einwand der Beschwerdeführerin einer Berücksichtigung des bestehenden FTTS-Netzes ist daher auch wegen des damit verbundenen Unterlaufens eines Industriestandards irrelevant.

      1. Fazit Berücksichtigung des FTTS-Netzes

    194. Der von der Beschwerdeführerin geltend gemachte Einwand, wonach für die Beurteilung der Herstellung eines FTTH-Netzes das bestehende FTTS-Netz im Hinblick auf das dabei zu erzielende Einsparungspotential zu berücksichtigen sei, ist aufgrund der summarischen Prüfung von vornherein irrelevant, weil dieser Aspekt aus verschiedenen sachlichen Gründen jedenfalls nicht als möglicher Rechtfertigungsgrund für eine Einschränkung des Glasfaserstandards herangezogen werden kann.

    195. Zudem ist das Vorbringen der Beschwerdeführerin zur Notwendigkeit einer Berücksichtigung des bestehenden FTTS-Netzes für die Herstellung eines FTTH-Netzes aus Kostenund Effizienzgründen auch als rechtsmissbräuchlich zu qualifizieren und daher auch deswegen irrelevant.

      1. Substitutionsprodukte

    196. Von der Beschwerdeführerin wird der Einwand erhoben, dass verschiedene Substitutionsprodukte als adäquate, sachlich gleichwertige Produkte für einen Layer 1-Zugang zu einem FTTH-Netz vorhanden seien.

      1. BBCS

    197. Die Beschwerdeführerin macht geltend (vgl. E. 301), dass auf Grosshandelsebene mit dem Layer 3-Produkt «BBCS» ein für andere Fernmeldeunternehmen valables Produkt vorhanden sei, welches das Layer 1-Produkt «ALO» gleichwertig ersetzen könne. BBCS werde daher auch von vielen Fernmeldeunternehmen genutzt.

    198. Die Beschwerdeführerin räumt allerdings auch ein, dass die anderen Fernmeldeunternehmen für BBCS mehr als für ALO bezahlen und sogar einige Vorgaben in technischer Hinsicht in Kauf nehmen müssten.

    199. Für die Gegenüberstellung von BBCS und ALO sind verschiedene Aspekte von massgeblicher Bedeutung.

    200. Bei ALO nutzt das andere Fernmeldeunternehmen eine einzelne Glasfaser zwischen der jeweiligen Anschlusszentrale und dem Teilnehmeranschluss. Die Übergabe der Glasfaser in der Anschlusszentrale von Swisscom auf das andere Fernmeldeunternehmen ermöglicht diesem, eigene, originär konzipierte Dienstleistungen auf der Teilnehmeranschlussleitung zu erbringen, die zudem individuell auf den jeweiligen Anschlussteilnehmer zugeschnitten werden können. Dadurch ist es einem anderen Fernmeldeunternehmen möglich, die massgeblichen Leistungsdaten einer Glasfasernutzung durch den jeweiligen Kunden (Geschwindigkeit, Menge, Preis, Bereitstellungsdauer und Servicequalität), welche wiederum die massgeblichen Wettbewerbsparameter der Fernmeldedienste darstellen, eigenständig zu definieren. Infolgedessen kann ein anderes Fernmeldeunternehmen den Kunden des jeweiligen Markts auch bessere Leistungsdaten als Swisscom anbieten. Den anderen Fernmeldeunternehmen wird daher auf den Märkten der Fernmeldedienste eine Produktdifferenzierung gegenüber Swisscom als konkurrierende Anbieterin von gleichen Fernmeldediensten ermöglicht, die letztlich die massgebliche Grundlage für wirksamen Wettbewerb bildet. Um diese Gestaltungsfreiheit wahrnehmen zu können, muss ein anderes Fernmeldeunternehmen allerdings auch die technische Ausrüstung in den jeweiligen Anschlusszentralen selbst einrichten und die damit verbundenen höheren Kosten aufwenden.

    201. Demgegenüber kann das andere Fernmeldeunternehmen bei der Nutzung von BBCS lediglich die Leistungskriterien der jeweils von Swisscom ausgestalteten Produktvarianten von BBCS anbieten. Insbe-

      sondere kann es einem Kunden keine besseren Leistungsdaten anbieten als Swisscom mit den eigenen Produkten. Denn beim Bezug von BBCS dockt ein Fernmeldeunternehmen an einem nationalen Serviceübergabepunkt an das Transitnetz von Swisscom an und bezieht eine fertig konfigurierte Dienstleistung, mit der eine Leitung von Swisscom vermittelt wird, mittels der die Fernmeldedienste vom anderen Fernmeldeunternehmen gegenüber seinem jeweiligen Kunden erbracht wird. Das andere Fernmeldeunternehmen handelt daher in gewissem Sinne als Wiederverkäufer der Produkte von Swisscom. Dementsprechend muss das Fernmeldeunternehmen aber auch nicht in jeder Anschlusszentrale, sondern nur an einem nationalen Serviceübergabepunkt eingerichtet werden, wodurch sich wiederum Kosteneinsparungen bei der eigenen technischen Infrastruktur ergeben.

    202. Vor diesem Hintergrund ist BBCS entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin nicht als Substitutionsprodukt für ALO zu qualifizieren. Im Übrigen entspricht dies auch der gleichen Beurteilung, die bereits im Rahmen der Abgrenzung des relevanten Markts vorgenommen wurde (vgl. E. 217 ff.).

    203. Dabei können auch die zwischen den Parteien strittigen Aspekte dahingestellt bleiben, welche Preisgestaltung für ALO und BBCS massgeblich ist, ob die massgebliche Preisgestaltung sachgerecht ist oder nicht, und ob die massgebliche Preisgestaltung auf die Einwirkung des Preisüberwachers zurückzuführen ist oder nicht. Denn zum einen steht die Preisgestaltung ohnehin immer unter dem Vorbehalt einer Überprüfung ihrer Angemessenheit aufgrund des Kartellgesetzes oder des Preisüberwachungsgesetzes. Zum anderen kann auch eine angemessene Preisgestaltung die Einschränkung nicht kompensieren, dass einem Fernmeldeunternehmen die Möglichkeit genommen wird, bessere Leistungsdaten auf dem Markt anzubieten und damit in einen echten Wettbewerb mit Swisscom einzutreten. Denn gerade dieser Aspekt soll im Rahmen des Glasfaserstandards durch die Festlegung des Vierfaser-Modells mit P2P-Topologie gewährleistet werden. So bleibt es anderen Fernmeldeunternehmen bei BBCS schon verwehrt, für den Kunden günstigere Dienstleistungen zu einem früheren Zeitpunkt als Swisscom anzubieten.

    204. Der Einwand der Beschwerdeführerin, wonach BBCS als Layer 3- Produkt ein Substitutionsprodukt für ALO als Layer 1-Produkt darstelle, ist daher unbegründet.

    205. Entgegen dem Einwand der Beschwerdeführerin (vgl. E. 302) ist es im vorliegenden Zusammenhang zudem irrelevant, ob gewisse Fernmeldeunternehmen von Swisscom statt einer ALO lediglich BBCS-Produkte beziehen. Die Auswahl zwischen einem Bezug von ALO oder einem Bezug von BBCS beruht auf einer individuellen Entscheidung eines Unternehmens, die es unter Berücksichtigung seiner konkreten wirtschaftlichen Lage, Tätigkeiten und Ziele vorzunehmen hat. Dabei kann durchaus auch eine sachliche Begründung für den Bezug von BBCS vorliegen. Das Vorhandensein derartiger individueller Entscheidungen zu Gunsten von BBCS stellt allerdings von vornherein keinen Nachweis dafür dar, dass die zu treffenden Entscheidungen immer zu Gunsten von BBCS ausfallen würden und daher ein Bezug von ALO ausgeschlossen werden könnte.

      1. Freie Kabelkanalisationen

    206. Die Beschwerdeführerin erhebt den Einwand (vgl. E. 315 ff.), dass den anderen Fernmeldeunternehmen aufgrund des gesetzlich vorgesehenen Anspruchs auf den Einzug von eigenen Kabeln im Leitungsnetz von Swisscom gemäss Art. 11 Abs. 1 lit. f FMG erweiterte Zugangsmöglichkeiten zustehen würden, weshalb die Bereitstellung eines Layer 1- Zugangs zum FTTH-Netz von Swisscom gar nicht notwendig sei.

    207. Dieser Aspekt stellt von vornherein keine sachliche Begründung für eine Abweichung vom Glasfaserstandard dar, weil diese erweiterte Zugangsmöglichkeit aus verschiedenen Gründen kein Substitutionsprodukt für einen Layer 1-Zugang darstellt.

    208. Wie die Wettbewerbskommission zutreffend festgehalten hat, ergibt sich bereits ein unauflösbarer Widerspruch zwischen diesem Einwand und einem anderen zentralen Einwand der Beschwerdeführerin. Danach soll der zentrale Grund für die Notwendigkeit einer Abweichung vom Glasfaserstandard gerade darin bestehen, dass die vorhandenen Rohrleitungen keine ausreichenden Platzkapazitäten für die Aufnahme der Vielzahl an Glasfasern aufweisen würden, die für ein Vierfaser-Modell mit P2P-Topologie notwendig seien (vgl. E. 352). Wenn es allerdings bereits Swisscom unmöglich sein sollte, aufgrund der eingeschränkten Platzverhältnisse ein Topologiemodell mit vier Glasfasern für jeden Teilnehmeranschluss zu verwirklichen, dann ist es von vornherein ausgeschlossen, dass alle anderen Fernmeldeunternehmen eine eigene Leitung im Rohrleitungsnetz von Swisscom verlegen können. Denn wie anlässlich der In-

      struktionsund Vergleichsverhandlung festgestellt wurde, sind die einzelnen Anschlusszentralen jeweils von bis zu 12 anderen Fernmeldeunternehmen besetzt. Wenn demnach bereits keine vier Glasfasern für jeden Teilnehmeranschluss in die vorhandenen Kabelkanalisationen eingezogen werden können, dann ist es offensichtlich ausgeschlossen, dass dies für bis zu 12 Glasfasern bewerkstelligt werden kann.

    209. Dieser Widerspruch führt dazu, dass beide Einwände der Beschwerdeführerin als unglaubwürdig zu qualifizieren sind mit der Folge, dass beide für die Beurteilung der Rechtslage irrelevant sind. Die weiteren Ausführungen erfolgen daher nur der Vollständigkeit halber.

    210. Die erweiterte Zugangsmöglichkeit zur Kabelkanalisation steht in Widerspruch zum Zweck des Glasfaserstandards, durch die Gewährleistung einer offenen Wettbewerbsmatrix mit einer diskriminierungs- und monopolisierungsfreien Zugangsmöglichkeit zum Glasfasernetz eine kostenintensive Duplizierung von Infrastrukturen zu vermeiden. Selbst wenn man unterstellt, dass für alle am Markt tätigen Fernmeldeunternehmen ausreichende Rohrleistungskapazitäten vorhanden wären, würden durch die Verlegung eigener Leitungen weitere Glasfasernetze und damit eine Duplizierung der Infrastruktur erfolgen. Die erweiterten Zugangsmöglichkeiten würden daher gesamthaft zu einer Kostenvervielfachung und nicht zu einer Kostenreduzierung führen, weshalb sie unter Effizienzaspekten mangels notwendiger Erforderlichkeit von vornherein nicht als Rechtfertigungsgrund zu berücksichtigen sind.

    211. Demzufolge ist auch der Einwand der Beschwerdeführerin (vgl.

      E. 319), wonach auch kleinere und regional tätige Fernmeldeunternehmen erhebliche Beträge in den Ausbau einer eigenen Netzinfrastruktur investieren könnten und dies auch täten, weshalb ein Layer 1-Zugang zum Netz von Swisscom nicht erforderlich wäre, irrelevant.

    212. Etwas Anderes würde nur dann gelten, wenn Swisscom in derartigen Fällen auf den Ausbau eines eigenen FTTH-Netzes verzichten würde. Anhaltspunkte für ein derartiges Vorgehen liegen jedoch nicht vor und die Beschwerdeführerin hat keine entsprechenden Erklärungen abgegeben. Vielmehr ist davon auszugehen, dass gegebenenfalls eher Doppelspurigkeiten in Kauf genommen werden. Dies belegt zum Beispiel der jüngst publik gewordene Sachverhalt in der Gemeinde Sissach (Basellandschaftliche Zeitung, 22.05.2021, www.bzbasel.ch/basel/baselland/ swisscom-und-elektra–sissach-am-sissacher-Glasfasernetz-scheiden-

      sich-die-Geister-ld.2140 595). Bereits in den parlamentarischen Beratungen zur letzten Revision des Fernmeldegesetzes wurde angemerkt, dass in den Gemeinden, in denen aufgrund von lokalen Initiativen FTTH-Netze geplant werden, Swisscom dann auch mit eigenen Ausbauplänen in Erscheinung tritt und dies zu einer Duplizierung der Infrastruktur führt.

    213. Darüber hinaus setzt der Anspruch der anderen Fernmeldeunternehmen zur Nutzung von Rohrleitungen des Netzbetreibers voraus, dass überhaupt entsprechende Rohrleitungskapazitäten tatsächlich frei sind. Dabei geht es aber nicht nur um freie Kapazitäten in punktuellen Einzelfällen, sondern auch um die Möglichkeit für ein anderes Fernmeldeunternehmen, ein regionales, überregionales oder sogar landesweites Angebot gegenüber den Endkunden auf den Weg zu bringen. Daher geht der Hinweis der Beschwerdeführerin auf die punktuellen Bedürfnisse der anderen Fernmeldeunternehmen (vgl. E. 318) auch von vornherein fehl. Jedenfalls ist unter Berücksichtigung der vorgenannten Aspekte nicht davon auszugehen, dass entsprechende Kapazitäten frei verfügbar sind. Die Beschwerdeführerin hat auch keine gegenteiligen konkreten Darlegungen vorgebracht.

    214. Die erweiterte Zugangsmöglichkeit zur Kabelkanalisation stellt daher von vornherein keine sachgerechte Alternative zum Glasfaserstandard dar, sondern ist nur eine Ausweichmöglichkeit für besondere Einzelfälle. Deshalb ist die allgemeine Rechtfertigung einer Abweichung vom Glasfaserstandard mittels der erweiterten Zugangsmöglichkeit von vornherein ausgeschlossen.

    215. Entgegen dem Einwand der Beschwerdeführerin (vgl. E. 316) ist es demzufolge auch irrelevant, ob und inwieweit dieses Angebot durch andere Fernmeldeunternehmen genutzt wird.

      1. Zugang zum Hausnetz

    216. Die Beschwerdeführerin erhebt den Einwand (vgl. E. 315 ff.), dass den anderen Fernmeldeunternehmen aufgrund der gesetzlich vorgesehenen Ansprüche gegenüber den Liegenschaftseigentümern und den Netzbetreibern auf Zugang zum Gebäudeeinführungspunkt sowie auf Mitbenutzung der für die fernmeldetechnische Übertragung bestimmten gebäudeinternen Anlagen gemäss Art. 35b FMG erweiterte Zugangsmög-

      lichkeiten zustehen würden, weshalb die Bereitstellung eines Layer 1- Zugangs zum FTTH-Netz von Swisscom gar nicht notwendig sei.

    217. Auch dieser Aspekt stellt aus verschiedenen Gründen von vornherein keine sachliche Begründung für eine Abweichung vom Glasfaserstandard dar.

    218. Streitgegenstand dieses Verfahrens bildet die Abweichung vom Glasfaserstandard durch Swisscom aufgrund ihrer Netzbaustrategie 2020. Die Netzbaustrategie weist gegenüber dem Glasfaserstandard für den Ausbau des Stammnetzes zwischen Anschlusszentrale und Gebietsverteiler eine andere Netzarchitektur auf. Für das Verteilnetz zwischen Gebietsverteiler und Gebäudeeinführungspunkt hat Swisscom ausdrücklich bestätigt, dass dieses entsprechend dem Glasfaserstandard mit dem Vierfaser-Modell und P2P-Topologie ausgebaut wird (vgl. E. 498). Für das Hausnetz bestehen keinerlei Hinweise, dass eine Abweichung vom Glasfaserstandard erfolgen soll. Aufgrund des Umstands, dass mit dem Verteilnetz vier Glasfasern an ein Gebäude herangeführt werden, ist davon auszugehen, dass diese dann auch im Hausnetz fortgeführt werden. Ansonsten würde die Verlegung von vier Glasfasern im Verteilnetz von vornherein keinen Sinn machen.

    219. Für die Beurteilung, ob ein Layer 1-Zugang für andere Fernmeldeunternehmen innerhalb des Stammnetzes besteht oder nicht, weist der Aspekt, ob anderen Fernmeldeunternehmen ein gesetzlich vorgesehener oder sonstiger Zugang zum Hausnetz ab Gebäudeeinführungspunkt offensteht, keine Bedeutung auf. Daher ist der Einwand der Beschwerdeführerin irrelevant.

      1. Technologieanpassung

    220. Die Beschwerdeführerin erhebt den Einwand (vgl. E. 305), dass eine Ausgestaltung des Glasfasernetzes mit einer P2MP-Topologie auf Grundlage ihrer Netzbaustrategie 2020 der neuesten und anerkannten technologischen Entwicklung entsprechen würde. Deshalb sei ein entsprechender Wechsel der Netzarchitektur mit einer Abweichung vom Glasfaserstandard sachgerecht.

      1. Voraussetzung

    221. Zur Rechtfertigung für ein Abweichen von einem bestehenden Industriestandard ist es grundsätzlich denkbar, auf eine technologische Entwicklung abzustellen, die erst nach seiner Festlegung eingetreten ist.

    222. Denn aufgrund von technischen Neuerungen können sich im Laufe der Zeit Alternativen zu einem allgemeinen Industriestandard ergeben, die zum Zeitpunkt von dessen Festlegung entweder noch gar nicht bekannt waren oder deren konkrete Anwendung zumindest nicht bekannt oder absehbar war. Deshalb konnte eine Umsetzung dieser Alternativen mit der Festlegung des allgemeinen Industriestandards auch nicht ausgeschlossen werden. Dies gilt unabhängig davon, ob sich die Neuerungen auf neu entwickelte Verfahren, Geräte oder einzelne Gerätekomponenten beziehen.

    223. Im Sinne einer Technologieanpassung kann daher auch eine adäquate technologische Alternative als sachgerechte Technologievariante einen inhaltlichen Rechtfertigungsgrund für eine formale Einschränkung eines festgelegten allgemeinen Industriestandards darstellen.

    224. Als Voraussetzungen für die Qualifizierung einer technischen Neuerung als Technologieanpassung haben die folgenden grundlegenden Kriterien zu gelten: (i) Zweckbindung: Der Zweck des Standards muss auch durch die Alternative erfüllt werden; (ii) Einsatzbindung: die Einsatzmöglichkeiten für die Abnehmer der jeweiligen Alternative müssen mit denjenigen des allgemeinen Standards übereinstimmen; (iii) Kompatibilitätsbindung: die Kompatibilität zum allgemeinen Standard muss gewährleistet sein, um einen problemlosen industrieweiten Einsatz der Alternative neben dem allgemeinen Standard gewährleisten zu können; (iv) Vorteilsbindung: soweit die Alternative gewisse Nachteile im Hinblick auf deren Zweck, Einsatz oder Kompatibilität gegenüber dem allgemeinen Standard aufweist, muss sie für die anderen Marktteilnehmer zwingend solche Vorteile aufweisen, welche diese Nachteile deutlich überwiegen. Ansonsten bedarf es keines Abweichens von dem festgelegten allgemeinen Standard. Denn allein der Eintritt gewisser individueller Vorteile für ein marktbeherrschendes Unternehmen durch die Umsetzung einer technologischen Alternative stellt keine ausreichende Begründung dafür dar, dass die übrigen Marktteilnehmer in Abkehr vom allgemeinen Standard eine insgesamt nachteilige Änderung der Bedingungen ihrer Marktteilnahme hinnehmen müssen.

    225. Die Festlegung des Glasfaserstandards wurde durch den Runden Tisch vorgenommen, um durch eine sachgerechte Ausgestaltung des Glasfasernetzes dessen wettbewerbsneutrale, d.h. nicht monopolisierende und diskriminierungsfreie Nutzung durch alle aktuellen und potentiellen Fernmeldeunternehmen für einen langen Zeitraum von 30 bis 50 Jahren sicherzustellen. Dabei wurde das Vierfaser-Modell mit P2P-Topologie als massgebliche Netzarchitektur gerade deswegen ausgewählt, um auch in Zukunft allfälligen technischen Neuerungen gerecht werden zu können.

    226. Dieser Ansatz umfasst entsprechend des ihm innewohnenden Zwecks allerdings nicht nur gewisse inhaltliche Detailanpassungen des Vierfaser-Modells mit P2P-Topologie als massgebliches Architekturmodell, sondern auch eine grundsätzliche Abänderung des massgeblichen Architekturmodells selbst. Die Festlegung eines bestimmten Architekturmodells im Rahmen des Glasfaserstandards für den Ausbau und die Nutzung von Glasfasernetzen kann deshalb selbst auch keine absolute Geltung für den vom Runden Tisch vorgesehenen Zeitraum von 30 bis 50 Jahren beanspruchen. Soweit daher ein neues Architekturmodell entwickelt wird, welches die vorstehend genannten Voraussetzungen einer Technologieanpassung erfüllt, kann das bisher bestehende Architekturmodell auch um ein neues Modell erweitert und letztlich durch dieses ersetzt werden.

    227. Bei einem Vierfaser-Modell mit P2P-Topologie lassen sich konkrete einzelne Glasfasern zwischen Anschlusszentrale und dem jeweiligen Teilnehmeranschluss systembedingt physisch identifizieren und dementsprechend auch einer Nutzung durch unterschiedliche Fernmeldeunternehmen zuordnen. Dieser Aspekt bildet gerade die massgebliche Grundlage für die Sicherstellung eines uneingeschränkten Wettbewerbs zwischen den Fernmeldeunternehmen, weil für jeden Teilnehmeranschluss durch dessen Inhaber eine individuelle Auswahl des Dienstleisters im Telekommunikationsbereich vorgenommen werden kann. Dadurch ergibt sich eine offene Wettbewerbsmatrix für alle aktuell und potentiell vorhandenen Konkurrenten in diesem Wirtschaftsbereich (vgl. E. 69).

    228. Diesem Ansatz einer offenen Wettbewerbsmatrix im Bereich der Glasfasernetzinfrastruktur liegt die Vereinbarung des Runden Tischs zu Grunde. Entgegen der Ansicht und Darstellung der Beschwerdeführerin (vgl. E. 311) handelt es sich hierbei demnach nicht um das singuläre und individuell beliebige Geschäftsmodell eines einzelnen Fernmeldeunternehmens wie der Anzeigerin oder sonstiger einzelner Fernmeldeunter-

      nehmen. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin (vgl. E. 311) kann der Zugang zum Glasfasernetz durch die Bereitstellung eines Layer 1-Zugangs oder zumindest einer adäquaten Alternative für ein Fernmeldeunternehmen daher auch nicht einfach als unangemessene Forderung qualifiziert werden.

    229. Von einer zulässigen Technologieanpassung im Bereich der Ausgestaltung des Glasfasernetzes ist demzufolge nur dann auszugehen, wenn durch die technischen Neuerungen auch der Ansatz einer offenen Wettbewerbsmatrix erhalten bleibt.

    230. Demnach stellt sich im vorliegenden Zusammenhang die Frage, ob die unterschiedlichen Technologievarianten, deren Einsatz bei einer Umsetzung der Netzbaustrategie 2020 von der Beschwerdeführerin im Rahmen des vorliegenden Verfahrens vorgestellt wurden, als adäquate Technologieanpassung zum bestehenden Vierfaser-Modell des Glasfaserstandards zu qualifizieren sind. Dies ist nur dann der Fall, wenn eine dieser Technologievarianten dem Ansatz einer offenen Wettbewerbsmatrix entspricht.

      1. Einfaser-Modell mit P2MP-Topologie

    231. Das von Swisscom ursprünglich vorgesehene einfache EinfaserModell mit P2MP-Topologie bietet keine derartige offene Wettbewerbsmatrix für die entsprechend errichteten Glasfasernetze. Denn bei dieser Netzarchitektur hätten die anderen Fernmeldeunternehmen mit BBCS lediglich ein Layer 3-Produkt und nicht mehr ein Layer 1-Produkt beziehen können. Dies wird von der Beschwerdeführerin ausdrücklich selbst eingeräumt.

    232. Wie vorstehend dargestellt wurde (vgl. E. 397 ff.), stellt BBCS auch kein Substitutionsprodukt, sondern ein anderes, nicht gleichwertiges Ersatzprodukt im Verhältnis zu einer ALO dar. Die übrigen Fernmeldeunternehmen sind daher von vornherein nicht in der Lage, ihre Fernmeldeprodukte eigenständig zu definieren und zu konfigurieren sowie gegenüber den Endkunden anzubieten.

      1. Farbentbündelung / C-ALO

    233. Auch die von Swisscom im Laufe des Verfahrens vorgestellte Anpassung des Einfaser-Modells mit P2PM-Topologie durch den Einsatz der sog. Farbentbündelung – bei der mit Hilfe des WellenlängenMultiplexverfahrens verschiedene Datenströme in Abhängigkeit der Wellenlänge bzw. der Farbe des Laserlichts erzeugt werden – und der Einführung des sich daraus ergebenden Produkts «C-ALO» führt nicht zur Herstellung einer offenen Wettbewerbsmatrix.

    234. Beim Einfaser-Modell mit P2MP-Topologie führt der Einsatz der Farbentbündelung mittels einer Aufteilung der unterschiedlichen Übertragungsspektren des Glasfaserkabels zur Herstellung verschiedener sog. PON-Bäume im Bereich des Stammnetzes zwischen Anschlusszentrale und Strassenverteiler. In den Strassenverteilern, die in oberirdischen Verteilkästen oder unterirdischen Kanalschächten untergebracht sind, werden die Teilnehmeranschlussleitungen des Verteilnetzes mittels Splittern den verschiedenen Übertragungsspektren und damit den einzelnen PONBäumen zugeordnet. Die einzelnen Farbspektren bzw. PON-Bäume können in der Anschlusszentrale wiederum unterschiedlichen Fernmeldeunternehmen zugewiesen werden. Dadurch ergeben sich durchgehende Teilnehmeranschlussleitungen, die je nach Belegung des PON-Baums und des damit verbundenen Farbspektrums unterschiedlichen Fernmeldeunternehmen zugewiesen werden können. In einem PON-Baum werden bis zu 64 Teilnehmeranschlussleitungen zusammengefasst.

    235. Zunächst wurde die Farbentbündelung in der angefochtenen Verfügung als valable technologische Alternative zur Herstellung eines sachgerechten Layer 1-Zugangs dargestellt. Aufgrund von weiteren Marktabklärungen im Laufe des Verfahrens qualifiziert die Wettbewerbskommission diese Technologievariante mittlerweile allerdings nicht mehr als taugliche Alternative zur Gewährleistung eines Layer 1-Zugangs für andere Fernmeldeunternehmen.

    236. Demgegenüber hat die Beschwerdeführerin diese Technologievariante zunächst im Rahmen ihrer Beschwerdeschrift als sachlich untaugliche Technologievariante qualifiziert, weil sie eine technisch noch nicht marktfähige und kommerziell nicht massenmarktfähige Netzarchitektur aufweise, und deren Einsatz infolgedessen vehement abgelehnt (vgl.

      E. 306). Im Laufe des Verfahrens hat sie ihre Ansicht hierzu jedoch in gewissem Umfang geändert. Dabei hat sie auf Grundlage der Farbent-

      bündelung das Produkt C-ALO entworfen und dies seit Mai 2021 auch am Markt angeboten. Nach Ansicht der Beschwerdeführerin sei die Farbentbündelung trotz weiterbestehender Vorbehalte gegenüber einer sachgerechten Umsetzung die einzige Technologievariante, welche unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten überhaupt als Alternative zum einfachen Einfaser-Modell in Betracht zu ziehen wäre. Ungeachtet dessen hält die Beschwerdeführerin zusammenfassend ausdrücklich fest, dass es sich hierbei zumindest «um eine prüfensund weiter verfolgenswerte Lösungsmöglichkeit» handle. Im Parallelverfahren wurde das Produkt C-ALO von der Beschwerdeführerin als «zurzeit erst teilweise marktreif» qualifiziert. Allerdings liege es letztendlich in der Natur der Sache, dass

      «die weiteren Marktgegebenheiten sowie die technologische Entwicklung nur bedingt vorhersehbar seien». Angesichts der unsicheren weiteren technologischen Entwicklungsschritte müssten daher «gewisse Vorbehalte gegenüber einer sachgerechten Umsetzung» eingeräumt werden.

    237. Bei der Farbentbündelung und dem Produkt C-ALO besteht für andere Fernmeldeunternehmen grundsätzlich die Möglichkeit eines unmittelbaren Zugangs zur Teilnehmeranschlussleitung zwischen Anschlusszentrale und Teilnehmeranschluss.

    238. Allerdings ergeben sich wesentliche Einschränkungen in der tatsächlichen Nutzung dieses Topologiemodells durch andere Fernmeldeunternehmen.

    239. Zunächst bestehen bereits wesentliche Einschränkungen auf der Ebene der Zuordnung zu einem einzelnen Fernmeldeunternehmen. Denn ein einzelnes Farbspektrum bzw. ein einzelner PON-Baum kann nur einheitlich einem einzigen Fernmeldeunternehmen zugewiesen werden. Im Gegensatz zum Vierfaser-Modell mit P2P-Topologie kann daher keine individuelle Zuordnung jeder einzelnen Teilnehmeranschlussleitung vorgenommen werden, sondern nur eine gruppenweise Zuordnung aller Teilnehmeranschlussleitungen, die durch den Splitter im Gebietsverteiler in einem PON-Baum zusammengefasst sind. Diese Netzarchitektur führt dazu, dass ein Fernmeldeunternehmen jeweils ein gesamtes Farbspektrum bzw. einen gesamten PON-Baum anmieten muss, um eine Teilnehmeranschlussleitung im jeweiligen Anschlussgebiet der Anschlusszentrale für einen Endkunden benutzen zu können.

    240. Die bei einer P2MP-Topologie mit Farbentbündelung notwendige Anmietung eines ganzen PON-Baumes mit Zugang zu allen Teilnehmer-

      anschlussleitungen eines Strassenverteilers führt bei der hierbei notwendigerweise zu berücksichtigenden wirtschaftlichen Ausgestaltung für die Anbieter von Fernmeldediensten zu völlig unterschiedlichen Ergebnissen als die Möglichkeit einer Anmietung einer einzigen Teilnehmeranschlussleitung innerhalb eines Gebietsverteilers beim Vierfaser-Modell mit P2PTopologie. Dabei ist davon auszugehen, dass letztlich nur ein grosses Fernmeldeunternehmen aufgrund seiner finanziellen Mittel eine Anmietung von ganzen Farbspektren bzw. PON-Bäumen vornehmen kann. Dies steht dem vorgegebenen Ansatz einer offenen Wettbewerbsmatrix entgegen, weil anderen Fernmeldeunternehmen die Möglichkeit zu einem Einstieg und der mittelfristigen Vergrösserung ihres Marktanteils durch den Einsatz von besseren Produkten und Innovationen verbaut wird und demnach kein ausreichender Wettbewerbsdruck für die Entstehung und Beibehaltung von wirksamem Wettbewerb vorhanden ist. Eine Auflösung dieser Sachproblematik wurde von der Beschwerdeführerin nicht aufgezeigt.

    241. Eine weitere Einschränkung besteht auf der Ebene der Zuordnung der Farbspektren bzw. PON-Bäume unter den Fernmeldeunternehmen.

    242. Denn eine Anmietung von einzelnen Farbspektren bzw. PONBäumen durch dritte Fernmeldeunternehmen ist nur in einer sehr begrenzten Anzahl möglich, weil auf einer einzelnen Leitung nicht beliebig viele Farbspektren bzw. PON-Bäume eingerichtet werden können. Aufgrund der übereinstimmenden Angaben der Parteien ist davon auszugehen, dass lediglich eine Aufteilung in vier Farbspektren bzw. PON-Bäume und damit eine Zuweisung an maximal vier Fernmeldeunternehmen möglich sind. Ob und inwieweit in Zukunft eine grössere Anzahl von PONBäumen errichtet werden kann, ist zum jetzigen Zeitpunkt nicht absehbar.

    243. Es ist daher ersichtlich, dass lediglich eine geringe Anzahl von Fernmeldeunternehmen überhaupt Berücksichtigung für eine Nutzung der Farbspektren bzw. PON-Bäume einer Anschlusszentrale finden kann. Auch dabei ist davon auszugehen, dass letztlich nur ein grosses Fernmeldeunternehmen, das eine flächendeckende Abdeckung anstrebt und auch bereits über einen entsprechenden potentiellen Kundenstamm verfügt, aufgrund seiner finanziellen Mittel vorgreifend in allen Anschlusszentralen eine Anmietung von Farbspektren bzw. PON-Bäumen vornehmen könnte. Demgegenüber wäre ein solches Vorgehen den meisten anderen Fernmeldeunternehmen verwehrt. Da ihnen aufgrund der beschränkten Verfügbarkeit von Farbspektren bzw. PON-Bäumen eine spä-

      tere Ausdehnung der Geschäftstätigkeit verwehrt bliebe, könnten sie nur beschränkt auf gewissen Anschlusszentralen tätig sein. Zukünftige potentielle Konkurrenten könnten sogar überhaupt keinen Marktzugang mehr erwarten.

    244. Im Rahmen der Instruktionsund Vergleichsverhandlung wurde von den Parteien übereinstimmend festgehalten, dass bei FTTH-Netzen auf der Basis des Vierfaser-Modells mit P2P-Topologie in den jeweiligen Anschlusszentralen eine unterschiedliche Anzahl von Fernmeldeunternehmen angeschlossen sind. Dabei reicht die Anzahl von einigen wenigen bis jedenfalls 12 Fernmeldeunternehmen. Demnach lassen sich bei Einsatz einer einzigen Glasfaser die notwendigen Farbspektren bzw. PONBäume für eine ausreichende Sicherstellung der bereits bestehenden Nachfrage von dritten Fernmeldeunternehmen gar nicht bereitstellen.

    245. Damit wäre dieser Netzarchitektur das Prinzip «first come, first served» inhärent, wie es die Beschwerdeführerin im Parallelverfahren für die Technologievariante ALO on demand selbst formuliert hat. Da die Beschwerdeführerin bei dieser Alternative ausdrücklich festgestellt hat, dass deswegen die nachfolgenden Nachfrager zwangsläufig schlechter gestellt und diskriminiert würden, hat diese Einschätzung auch für die Netzbaustrategie 2020 mit Einsatz der Farbentbündelung zu gelten. Demzufolge kann diese Technologievariante die offene Wettbewerbsmatrix mit einem Layer 1-Zugang des Glasfaserstandards nicht ersetzen.

    246. Zudem sind weitere nachteilige Aspekte der Farbentbündelung gegenüber dem Glasfaserstandard zu beachten.

    247. Sobald vier Fernmeldeunternehmen jeweils einen PON-Baum angemietet haben, um gegenüber einem einzelnen Endkunden ihre eigenen Dienstleistungen erbringen zu können, werden sämtliche in einem PONBaum zusammengefassten Teilnehmeranschlussleitungen für eine Anmietung durch andere Fernmeldeunternehmen blockiert. Dadurch besteht für jeweils bis zu 60 weitere Endkunden schon aus technischen Gründen überhaupt keine Möglichkeit mehr, eine eigenständige Auswahl des von ihnen bevorzugten Fernmeldeunternehmens und der von diesem angebotenen Telekommunikationsprodukte ausserhalb dieser vier Fernmeldeunternehmen vorzunehmen. Dies gilt letztlich für alle Endkunden, deren Teilnehmeranschlussleitung durch ein Einfaser-Modell mit P2MPTopologie statt ein Vierfaser-Modell mit P2P-Topologie gemäss Glasfaserstandard an eine Anschlusszentrale angebunden sind. Ein wirksamer

      Wettbewerb auf dem Markt von Telekommunikationsprodukten für Endkunden wird durch die Farbentbündelung demnach wesentlich eingeschränkt. Insbesondere wird es einem Endkunden auch nicht möglich sein, einen neuen Anbieter, der seinen Markteintritt mit günstigen Angeboten gegenüber den Endkunden versehen würde, auszuwählen.

    248. Im Rahmen des Verfahrens wurde von den Parteien übereinstimmend festgestellt, dass die für eine Anmietung und Überlassung von PON-Bäumen im Rahmen einer P2MP-Topologie notwendigen Übermittlungsgeräte zum jetzigen Zeitpunkt nicht massenmarkttauglich sind, weil sie bislang zu teuer seien. Zwar ist davon auszugehen, dass sich diesbezüglich eine Preisverringerung einstellt, falls sich diese Technologie international durchsetzen sollte und daher aufgrund von Skaleneffekten die notwendigen Übermittlungsgeräte in höheren Stückzahlen hergestellt würden. Ob und inwieweit sich eine wesentliche Veränderung des Preisaspekts aufgrund einer entsprechenden Entwicklung der Praxis einstellen wird, konnte von den Parteien aber nicht abgeschätzt werden. Daher ist jedenfalls eine sachgerechte, zeitnahe Umsetzung der Farbentbündelung nicht gewährleistet.

    249. Für alle in einem PON-Baum zusammengefassten Anschlussleitungen entfällt die Möglichkeit zu einer individuellen technischen Ausgestaltung. Die Erbringung von einzelnen spezifischen Endkundenangeboten wird im Gegensatz zum Glasfaserstandard daher ausgeschlossen. Die Gesamtkapazität der einzelnen Glasfaser im Stammnetz wird durch eine Farbentbündelung ebenfalls nicht erhöht, weshalb den in einem PONBaum zusammengefassten Anschlussleitungen faktisch jeweils eine geringere Bandbreite zukommt als beim Glasfaserstandard.

    250. Aufgrund dieser mehrfachen wesentlichen Einschränkungen kann auch das um den Aspekt der Farbentbündelung ergänzte Einfaser-Modell mit P2MP-Topologie die offene Wettbewerbsmatrix des Vierfaser-Modells mit P2P-Topologie nicht sachgerecht ersetzen.

      1. Glasfaserpartnerschaft

    251. Die von der Beschwerdeführerin vorgestellte Glasfaserpartnerschaft, die bislang mit Salt als Kooperationspartner abgeschlossen wurde, kann entgegen dem Einwand der Beschwerdeführerin (vgl. E. 312 f.)

      ebenfalls nicht als sachgerechte Technologievariante für einen Ersatz des Glasfaserstandards qualifiziert werden.

    252. Im Gegensatz zur vorstehend abgehandelten Variante der Farbentbündelung weist diese Technologievariante zwar den Unterschied auf, dass die jeweiligen Kooperationspartner von Swisscom im Rahmen des Gesamtpakets der wechselseitigen Kooperation ein langfristiges Nutzungsrecht an einer farbentbündelten Teilnehmeranschlussleitung erwerben, statt diese nur für einen kürzeren Zeitraum anzumieten. Die Möglichkeit einer langfristigen Anmietung von Glasfaserleitungen kann gegebenenfalls auch positive Wirkungen auf den Wettbewerb ausüben. Dies setzt allerdings voraus, dass alle anderen Fernmeldeunternehmen von dieser Möglichkeit ebenfalls diskriminierungsfrei Gebrauch machen können. Denn ansonsten wird bereits dadurch der Zugang zum FTTH-Netz faktisch einschränkt.

    253. Das für die Glasfaserpartnerschaft verwendete Topologiemodell unterscheidet sich in technischer Hinsicht allerdings nicht von der Netzbaustrategie 2020 in der Adaption der Farbentbündelung. Vielmehr sieht es ebenfalls das Konzept der Anmietung ganzer PON-Bäume als Grundlage des Netzzugangs für die Kooperationspartner von Swisscom vor. Daher bestehen auch bei dieser Technologievariante die entsprechenden wesentlichen Einschränkungen der begrenzten Anzahl an Fernmeldeunternehmen, welchen dadurch der Zugang ermöglicht wird, und der Notwendigkeit zur Anmietung ganzer PON-Bäume.

    254. In der Dokumentation zur Glasfaserpartnerschaft von Swisscom wird nämlich ausdrücklich festgehalten, dass in einem Gebiet maximal vier Fernmeldeunternehmen einschliesslich von Swisscom Zugang zum FTTH-Netz gemäss Netzbaustrategie 2020 erhalten könnten, weil nur vier PON-Bäume bestünden. Im Gegensatz zur ALO könnten auch keine einzelnen Anschlüsse überlassen werden. Die maximale Kapazität sei dabei erreicht, wenn neben Swisscom zwei landesweite Partnerschaften und jeweils noch eine regionale Partnerschaft eingerichtet würde. Die regionale Partnerschaft müsse sich typischerweise über mindestens ein Gemeindegebiet erstrecken und ein zusammenhängendes Gebiet definieren. Um eine effiziente Nutzung dieser Infrastruktur sicherzustellen, müsste die Nutzung koordiniert und langfristig geplant werden. Diese Anforderung würde wiederum eine langjährige Partnerschaft und entsprechende Projektverträge bedingen. Der Kooperationsvertrag, den Swisscom bislang abgeschlossen hat, weist eine sehr lange Mindestver-

      tragslaufzeit von {14-[xx]-31} Jahren sowie die Möglichkeit einer optionalen Laufzeitverlängerung auf.

    255. Damit können auch beim Zugang aufgrund einer Glasfaserpartnerschaft im jeweiligen FTTH-Netz neben Swisscom nur drei andere Fernmeldeunternehmen Berücksichtigung finden, was einer wesentlichen Einschränkung gleichkommt. Diese Einschränkung wurde bereits von der Wettbewerbskommission im laufenden Verfahren ausdrücklich moniert. Die Beschwerdeführerin ist diesem Einwand zwar mit weitschweifigen Ausführungen zur Richtigstellung mittels einer «Kontextklarstellung» begegnet, sie hat aber in der Sache gerade keine gegenteilige Erklärung abgegeben, dass an einer Anschlusszentrale mehr als drei weitere Kooperationspartner angeschlossen werden können.

    256. Letztlich bedeutet diese Einschränkung, dass die Glasfaserpartnerschaft noch stärkere nachteilige Einwirkungen auf die Stellung der anderen Fernmeldeunternehmen aufweist als die Technologievariante der Farbentbündelung. Da in den Anschlusszentralen, wie dargelegt, bereits heute bis zu 12 Fernmeldeunternehmen präsent sind, würden von vornherein jeweils 2/3 dieser Wettbewerber bei einer Umsetzung der Glaspartnerschaften verdrängt werden, weil sie schon aus technischen Gründen überhaupt keinen Zugang mehr erhalten könnten. Da aber darüber hinaus zwei von den drei zu vergebenden Zugängen für landesweit tätige Fernmeldeunternehmen reserviert sind, verbleibt infolgedessen in jeder Anschlusszentrale nur ein einziger Zugang für einen regionalen Anbieter. Demnach führt die Glasfaserpartnerschaft noch zu einer Verschärfung der Konkurrenzsituation für alle regionalen Anbieter. Auch die Beschwerdeführerin führt ausdrücklich an, dass die Glasfaserpartnerschaft vorab für grössere Marktakteure in Frage kommen dürfte.

    257. Darüber hinaus ist der Zugang zu den einzelnen FTTH-Netzen für potentielle Konkurrenten aufgrund der sehr langen Laufzeiten faktisch ausgeschlossen. Die Technologievariante der Glasfaserpartnerschaft dürfte daher in jedem Fall zu einer Marktverschliessung führen.

    258. Aufgrund dieser wesentlichen Einschränkungen kann auch die von Swisscom eingeführte Glasfaserpartnerschaft die offene Wettbewerbsmatrix des Vierfaser-Modells mit P2P-Architektur nicht sachgerecht ersetzen. Letztlich widerspricht eine Glasfaserpartnerschaft daher dem Zweck des Glasfaserstandards, ein schweizweites FTTH-Netz mit einer offenen

      Wettbewerbsmatrix zur Gewährleistung eines diskriminierungsfreien Zugangs für alle aktuellen und potentiellen Wettbewerber.

    259. Im Übrigen ist angesichts der vorgesehenen Rahmenbedingungen mit der Einräumung eines Nutzungsrechts an den Glasfasern, der vereinbarten Vergütung – mit der offensichtlich eine Amortisation des Netzbaus verbunden ist – und der sehr langen Laufzeit mit Verlängerungsoption auch nicht ersichtlich, welcher sachlich bedeutsame Unterschied eine rechtliche Differenzierung zwischen einer Glasfaserpartnerschaft und einer Baukooperation rechtfertigen würde. Die Beschwerdeführerin gibt selbst an, dass trotz des Fehlens von eigenen Assets eine Investition in die vollständige Netzinfrastruktur erfolgt und dabei nur ein etwas geringeres Geschäftsrisiko als gegenüber einer Baukooperation besteht.

    260. Bei einer Baukooperation müsste ein FTTH-Netz gemäss Glasfaserstandard mit Vierfaser-Modell und P2P-Topologie errichtet werden. Diese Ausführung der Netzwerkarchitektur würde nach ausdrücklicher Erklärung der Beschwerdeführerin bei Baukooperationen auch in Zukunft von Swisscom eingehalten werden. Dadurch hätten alle anderen Fernmeldeunternehmen im Rahmen einer offenen Wettbewerbsmatrix einen Layer 1-Zugang zum FTTH-Netz, mit dem unmittelbar jede Leitung für einen einzelnen Teilnehmeranschluss dem Wettbewerb ausgesetzt ist.

    261. Demgegenüber sollte nach Ansicht von Swisscom ein FTTH-Netz für eine Glasfaserpartnerschaft gemäss Netzbaustrategie 2020 mit Einfaser-Modell und P2MP-Topologie errichtet werden können. Dadurch würde es ermöglicht, dass ein Grossteil der regionalen Anbieter vom Zugang zu den jeweiligen regionalen FTTH-Netzen ausgeschlossen werden könnten. Denn aus technischen Gründen könnte neben Swisscom und zwei weiteren grösseren, landesweit operierenden Fernmeldeunternehmen nur noch jeweils ein regionales oder lokales Fernmeldeunternehmen in einer Anschlusszentrale angeschlossen werden. Dabei würde dieser Anschluss auch noch langfristig erfolgen. Unter diesen Umständen ist es offensichtlich, dass von den lokalen und regionalen Anbietern kein Wettbewerbsdruck auf die grösseren, landesweit operierenden Fernmeldeunternehmen ausgeübt werden könnte.

    262. Demnach entsteht im Rahmen eines summarischen Verfahrens der Eindruck, dass der wesentliche Unterschied zwischen den beiden Kooperationsvarianten darin besteht, dass bei den Glasfaserpartnerschaften drei grössere Fernmeldeunternehmen sich eines wirksamen Wettbewerbs

      von Seiten lokaler und regionaler Fernmeldeunternehmen entledigen könnten, was ihnen im Rahmen einer Baukooperation in derselben Weise von vornherein gar nicht möglich wäre.

    263. Die Glasfaserpartnerschaft stellt unter Berücksichtigung aller vorstehend genannten Aspekte demzufolge keinen Rechtfertigungsgrund für die Anwendung der Netzbaustrategie 2020 und die damit verbundene Abweichung vom Glasfaserstandard dar.

      1. Sonstige Technologievarianten

    264. Da die Netzbaustrategie 2020 einschliesslich der von Swisscom im Laufe des Verfahrens vorgenommenen Adaptionen keine tauglichen technologischen Varianten im Sinne einer Technologieanpassung darstellen, könnten demnach allenfalls die von der Wettbewerbskommission bezeichneten Alternativen als entsprechende Varianten zu qualifizieren sein.

    265. Die Beschwerdeführerin macht allerdings ausdrücklich geltend, dass kein anderes technologisches Verfahren ein technisches und wirtschaftliches Konzept anbieten würde, welches der ebenfalls mit gewissen Nachteilen behafteten Farbentbündelung vorzuziehen wäre.

    266. Insbesondere seien die von der Wettbewerbskommission angeführten Verfahren «Entbündelung ab Schacht», «Modell SFN» und «PONTrees» jeweils aus unterschiedlichen Gründen als untaugliche Lösungen zu qualifizieren. Gleiches gelte im Ergebnis auch für die von der Wettbewerbskommission angeführten ausländischen Varianten «Open Fiber Italy» und «Openreach GB». Die von der Anzeigerin vorgebrachte Variante des «ALO on demand», bei der auf individuellen Antrag hin einzelne vorhandene Reservefasern zur Bereitstellung einer durchgehenden Teilnehmeranschlussleitung verwendet würden, liesse sich angesichts der begrenzten Anzahl an Reservefasern von vornherein nicht umsetzen. Zudem wäre diese Technologievariante unter anderem mit einem unvertretbaren hohen Aufwand in der praktischen Abwicklung verbunden, der allein zu Lasten von Swisscom ausfallen würde.

    267. Vielmehr würden keine vertretbaren, verhältnismässigen und zielführenden sonstigen Umsetzungsvarianten zur Verfügung stehen, mit denen Swisscom der angeordneten vorsorglichen Massnahme zur Bereitstellung eines Layer 1-Angebots nachkommen könnte.

    268. Demnach scheiden bereits aufgrund der eigenen Darstellung der Beschwerdeführerin sonstige Technologievarianten als eine anerkannte oder anzuerkennende Technologieanpassung aus.

    269. Demzufolge bedarf es im Rahmen des vorliegenden summarischen Verfahrens, mit dem sich die Beschwerdeführerin gegen die Bereitstellung eines Layer 1-Zugangs gemäss Glasfaserstandard wehrt, – im Gegensatz zum Parallelverfahren, mit dem die Anzeigerin die Feststellung einer bestimmten technischen Ausgestaltung als massgebliche Technologievariante begehrt – keiner weiteren Abklärungen und Einschätzungen, ob die von der Wettbewerbskommission angeführten Aspekte zur Umsetzung und zum praktischen Einsatz dieser Technologievarianten überhaupt glaubwürdig sind oder nicht.

    270. Entgegen dem Einwand der Beschwerdeführerin (vgl. E. 309) ist es deshalb irrelevant, ob die Vorinstanz mit dem Nachschieben von potentiellen technologischen Alternativen im Verfahren den Versuch unternimmt, die angefochtene Verfügung zu retten. Auch dem Einwand (vgl. E. 309), dass aufgrund der fehlenden Sachkompetenz der Vorinstanz zur Beurteilung von technologischen Alternativen eine Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes und mangels Befassung mit der Farbentbündelung vor Erlass der angefochtenen Verfügung eine Verletzung des Gehörsanspruchs vorgelegen habe, kommt daher keine Bedeutung zu.

    271. Da zum einen das vorliegende Urteil nicht auf die von der Wettbewerbskommission durchgeführten Marktbefragungen im Verlaufe dieses Verfahrens abstellt und zum anderen die Zeitdauer für den Erlass des Urteils nicht in einem Zusammenhang mit der Durchführung dieser Marktbefragungen steht, liegt entgegen dem Einwand der Beschwerdeführerin (vgl. E. 310) weder eine Instrumentalisierung dieses Verfahrens noch dadurch eine Vorwegnahme des Hauptverfahrens vor. Infolgedessen ist es entgegen dem Einwand der Beschwerdeführerin (vgl. E. 310) auch irrelevant, falls die von der Vorinstanz durchgeführten Marktbefragungen zu den alternativen Technologien kein repräsentatives und umfassendes Bild abgeben sollten.

      1. Fazit Technologieanpassung

    272. Aufgrund des Fehlens einer Technologievariante, die einen sachgerechten Layer 1-Zugang zum FTTH-Netz gewährleistet, stellen die von

      Swisscom angekündigte und umgesetzte Netzbaustrategie 2020 sowie die von Swisscom vorgenommenen Adaptionen keine Technologieanpassungen dar, die eine Abweichung vom Glasfaserstandard rechtfertigen würden.

      1. Einsparungspotential

    273. Die Beschwerdeführerin erhebt den Einwand (vgl. E. 286 ff.), dass der Ausbau des Glasfasernetzes entsprechend ihrer Netzbaustrategie 2020 auf der Grundlage einer P2MP-Topologie angesichts der dabei unstrittig zu erzielenden Einsparungen an Kosten und Zeit gegenüber dem Ausbau als Vierfaser-Modell mit einer P2P-Topologie gemäss Glasfaserstandard eine ausreichende sachliche Rechtfertigung darstelle, weil es sich aus betriebswirtschaftlichen Gründen um eine sachlich angemessene Geschäftsführung handle. Nach Darstellung der Beschwerdeführerin ergibt sich dabei angesichts der substantiellen unverhältnismässigen Mehrkosten ein sehr grosses Einsparungspotential, weshalb die Umsetzung der Netzbaustrategie 2020 alternativlos sei.

      1. Grundlage

    274. Die betriebswirtschaftlichen Effizienzgewinne eines marktbeherrschenden Unternehmens bilden allein grundsätzlich keine ausreichende Rechtfertigung für ein eigentlich wettbewerbswidriges Verhalten.

    275. Grundsätzlich wäre es allerdings denkbar, dass bei der Herstellung eines Glasfasernetzes in die Beurteilung, welche der möglichen tauglichen Alternativen für die Ausgestaltung des jeweiligen Netzes aus sachlichen Gründen vorzuziehen ist, potentielle Zeitund Kosteneinsparungen einfliessen. Denn auch die anderen Fernmeldeunternehmen könnten von allfälligen Zeitgewinnen und Kosteneinsparungen profitieren.

    276. Voraussetzung für eine Berücksichtigung wäre allerdings, dass die betriebswirtschaftlichen Effizienzgewinne auch tatsächlich an die Abnehmer der Leistungen weitergegeben werden. Hierfür wäre es wiederum notwendig, dass die anderen Fernmeldeunternehmen einen sachgerechten Zugang zum Netz erhalten. Damit korrelieren die Anforderungen an eine Berücksichtigung des Einsparungspotentials mit den Anforderungen an die Berücksichtigung einer Technologievariante.

    277. Denn soweit mit dem Verweis auf das Einsparungspotential eine Abweichung von einem bereits bestehenden allgemeinen Industriestandard begründet werden soll, ist zu berücksichtigen, dass, wie dargelegt, die grundlegende Tauglichkeit der jeweiligen Alternative als Technologieanpassung gegeben sein muss. Gewisse Nachteile der Zweck-, Einsatzund Kompatibilitätsbindung können im Rahmen der Vorteilsbindung durch ein allfällig bestehendes Einsparungspotential ausgeglichen werden. Hierfür muss ein relevantes Einsparungspotential diese Nachteile der jeweiligen Technologievariante deutlich übersteigen.

    278. Vorliegend ist zu beachten, dass die Netzbaustrategie 2020 mit Anwendung der vorgesehenen P2MP-Topologie, wie dargelegt, keine Technologieanpassung des Glasfaserstandards darstellt, weil sie bereits die Voraussetzung der Zweckbindung nicht erfüllt. Daher stellt der Aspekt der Kosteneinsparung im vorliegenden Fall von vornherein keinen tauglichen Rechtfertigungsgrund dar.

    279. Die nachfolgenden Ausführungen zum Einsparungspotential ergehen daher nur der Vollständigkeit halber im Hinblick auf die Durchführung eines allfälligen Rechtsmittelverfahrens, um eine unnötige, weil bloss formale Rückweisung durch das Bundesgericht zwecks Behandlung dieses Sachaspekts als Rechtfertigungsgrund durch das Bundesverwaltungsgericht zu vermeiden.

      1. Kostenmassstab

    280. Für eine Beurteilung des jeweiligen Einsparungspotentials ist zunächst der Kostenmassstab zu bestimmen. Hierbei handelt es sich um generelle oder spezifische Vorgaben, die in den massgeblichen Industriestandard eingeflossen sind.

    281. Vorliegend ist zu berücksichtigen, dass der Runde Tisch auch im Hinblick auf die Kosten, die bei einer P2P-Topologie anfallen, eine ausdrückliche Beurteilung vorgenommen hat. Danach ist bei einer Umsetzung des Vierfaser-Modells mit P2P-Topologie in der Schweiz von Mehrkosten in Höhe von 20% auszugehen. Dies wurde vom Präsidenten der Eidgenössischen Kommunikationskommission in einem Interview ausdrücklich festgehalten (vgl. COMCOM, 9.11.2009, Interview). Dabei wurde auch angesprochen, dass Swisscom zumindest ursprünglich sogar von einem Mehraufwand von 30% ausgegangen war.

    282. Demzufolge haben die am Runden Tisch beteiligten Unternehmen einschliesslich von Swisscom jedenfalls eine Mehrbelastung in Höhe von 20% der Gesamtkosten als akzeptabel qualifiziert, um die Vorteile des Glasfaserstandards sicherstellen zu können. Es ist ohne Weiteres davon auszugehen, dass eine entsprechende Entscheidung im Kreis der Industrieunternehmen mit ausgewiesener Expertise augenscheinlich nicht hätte getroffen werden können, wenn sie nicht den tatsächlichen Gegebenheiten entsprochen hätte.

    283. Hierzu hat Swisscom in ihrer Pressemitteilung vom 9. Dezember 2008 ausdrücklich festgestellt, dass die Ausführung eines Breitbandnetzes als Mehrfasermodell nur marginal höhere Kosten verursache. Ein Mehraufwand von 20% wurde von Swisscom demzufolge nicht als relevanter, sondern als unbedeutender Aspekt im Hinblick auf die Verwirklichung eines Vierfaser-Modells mit einer P2P-Topologie qualifiziert.

    284. Angesichts dieser Ausgangslage ist jedenfalls ein Mehraufwand von bis zu 20% für die Herstellung eines Glasfasernetzes als Vierfaser-Modell mit einer P2P-Topologie im Unterschied zu einem Einfaser-Modell mit einer P2MP-Topologie oder einer sonstigen Netzarchitektur, mit der ebenfalls keine offene Wettbewerbsmatrix sichergestellt wird, von vornherein irrelevant und rechtfertigt keine Abweichung vom Glasfaserstandard, weil ein entsprechender Mehraufwand im Rahmen des Glasfaserstandards bereits enthalten ist.

    285. Da der Mehraufwand für die Herstellung eines entsprechenden Glasfasernetzes in der ganzen Schweiz mit dem Wert von 20% angegeben wurde, ist davon auszugehen, dass es sich hierbei um einen Durchschnittswert handelt, weil die Herstellungsbedingungen offensichtlich nicht für alle Orte in der Schweiz identisch sind. Dies bestätigt die Beschwerdeführerin selbst mit ihrem Verweis darauf, dass der Aufwand für die Herstellung eines FTTH-Netzes massgeblich davon abhänge, wie viele Nutzungseinheiten jeweils mit kurzen Verbindungen angeschlossen werden könnten.

    286. Dabei ist davon auszugehen, dass die Herstellungskosten in grösseren Städten am geringsten und in Randregionen am höchsten sind. Auch die Beschwerdeführerin führt im Vergleich zwischen den Orten Basel-Stadt und Mammern TG aus, dass nicht von den Herstellungskosten an einem Ort auf eine landesweite Herstellung geschlossen werden kön-

      ne, weil daraus ansonsten völlig unzutreffende, weil jeweils viel zu hohe oder viel zu tiefe Beträge resultieren würden.

    287. Demzufolge ist davon auszugehen, dass der Mehrbetrag für die Umsetzung des Glasfaserstandards bei Orten mit den günstigsten Herstellungsbedingungen unter dem Durchschnittswert von 20% liegt und bei Orten mit den ungünstigsten Herstellungsbedingungen darüber. Für Randregionen ist demnach aufgrund einer summarischen Beurteilung davon auszugehen, dass die Mehrkosten für eine Umsetzung des Industriestandards wiederum im Durchschnitt wohl mindestens 30% betragen dürften.

    288. Die Beschwerdeführerin hätte im vorliegenden Verfahren zur Rechtfertigung für eine Abweichung vom Glasfaserstandard aus wirtschaftlichen Gründen daher zumindest glaubhaft zu machen, dass das Einsparungspotential bei einem direkten Vergleich der Herstellungsvarianten in Randregionen über Werte von rund 30% hinausgeht und im Landesdurchschnitt dadurch mehr als 20% beträgt.

    289. Demzufolge ist jedenfalls der Einwand der Beschwerdeführerin (vgl.

      E. 297), wonach in jedem Fall eine sachliche Rechtfertigung für die Umsetzung der Netzbaustrategie 2020 vorliegen würde, weil auch die angefochtene Verfügung feststelle, dass bei Herstellung eines VierfaserModells immerhin ein Mehraufwand im einstelligen Prozentbereich anfalle, von vornherein unbegründet.

      1. Kostenabschätzung

    290. Aufgrund verschiedener Informationen, die von der Wettbewerbskommission und der Anzeigerin vorgelegt wurden, lässt sich eine grundlegende Kostenabschätzung im Hinblick auf die Herstellung eines Glasfasernetzes mit P2P-Topologie oder P2MP-Topologie vornehmen. Diese Kostenabschätzung stimmt auch mit den Angaben von Swisscom zu den anfallenden Kosten beim Glasfasernetzbau überein.

    291. Im Planungsleitfaden Breitband, einer Studie des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie von Österreich vom März 2018 zur Planung und Errichtung von Glasfaserzugangsnetzen, werden die Kosten für die Herstellung eines Glasfasernetzes im Anschlussbereich in folgender Weise aufgeschlüsselt: (1) Tiefbau: 60%; (2) Ortszentrale:

      13%; (3) Lehrrohrsystem: 10%; (4) Faserverteiler: 5%; (5) Kabel: 4%; (6)

      Hausverkabelung: 6%; (7) Endgerät: 2%. Die Kostenverteilung beruht dabei auf der Annahme einer ungünstigen Ausbaukonstellation mit einer geringen Anschlussrate von 40% der Teilnehmeranschlüsse sowie einer vollständigen Tragung der Tiefbaukosten für den Bau des Glasfasernetzes (www.bmirt.gv.at/planungsleitfaden–outdoor_ua.pdf, zit. Planungsleitfaden, S. 27).

    292. Der ganz wesentliche Teil der gesamten Herstellungskosten entfällt somit auf die Tiefbauarbeiten, worauf bereits BR LEUTHARD im Rahmen der parlamentarischen Beratungen hingewiesen hat (AB 2018 SR 13). Diese sind unabhängig von dem gewählten Topologiemodell prinzipiell in gleicher Weise auszuführen; dies wird durch die Beschwerdeführerin im Parallelverfahren ausdrücklich bestätigt. Der Planungsleitfaden bezeichnet daher auch die enormen Tiefbaukosten als Haupthindernis für einen flächendeckenden Glasfaserausbau. Deswegen spricht er die Empfehlung aus, die Tiefbauarbeiten jeweils im Verbund mit anderen Infrastrukturmassnahmen umzusetzen, um dadurch die Investitionskosten erheblich zu senken. Auch die Herstellungskosten für die Ortszentrale, die Hausverkabelung und die Endgeräte im Umfang von 21% der Gesamtkosten fallen unabhängig vom jeweiligen Topologiemodell an. Demgegenüber machen die Kostenkomponenten in Form der Faserverteiler, Leerrohre und Kabel, bei denen sich Glasfasernetze mit verschiedenen Topologiemodellen unterscheiden können, den geringsten Teil des Aufwands in Höhe von 19% der Gesamtkosten aus. Da auch die Herstellung eines Glasfasernetzes mit Einfaser-Modell und einer P2MP-Topologie hinsichtlich dieser Kostenkomponenten nicht unentgeltlich erfolgen kann, führt eine allfällige Kosteneinsparung durch die Ausführung einer P2MPTopologie von vornherein nicht zu einem Minderaufwand von über 20% der Gesamtkosten. Dementsprechend sieht der Planungsleitfaden auch vor, dass üblicherweise vier Fasern pro Teilnehmeranschluss verlegt werden sollten, weil die Faserkosten nur einen geringen Anteil an den Gesamtkosten eines Projekts ausmachen und dadurch ein diskriminierungsfreier Open Access-Ansatz unterstützt wird (BMVIT, Planungsleitfaden, 21). Der Planungsleitfaden empfiehlt daher als Glasfaserausbau ebenfalls das in der Schweiz als Glasfaserstandard festgelegte Vierfaser-Modell mit P2P-Topologie.

    293. Eine Vergleichsstudie zum Ausbau von Glasfasernetzen des Landratsamts Ostalbkreis in Zusammenarbeit mit der TKI Tele-KabelIngenieursgesellschaft mbH aus dem Jahr 2015 (Glasfasernetzstrukturen,

      ein Vergleich zwischen PON und P2P, www.clearingstellebw.de/download/Studie/GPON.pdf, zit. Vergleichsstudie Ostalbkreis) veranschlagt die Kosteneinsparungen bei einem Ausbau im ländlichen Raum mit einer P2MP-Topologie statt einer P2P-Topologie mit 6,9% der Gesamtkosten. Diese Einsparung steige auf 10,4%, soweit eine bereits vorhandene Infrastruktur wie ein FTTS-Netz genutzt werden kann. Auch diese Vergleichsstudie bestätigt, dass die Kosteneinsparung durch eine Abweichung vom Glasfaserstandard deutlich unter 20% der Gesamtkosten zu veranschlagen ist.

    294. Aufgrund dieser Angaben ist ohne Weiteres davon auszugehen, dass in der Schweiz ein Mehraufwand von über 20% für die Verwirklichung eines Glasfasernetzes mit Vierfaser-Modell und P2P-Topologie und umgekehrt ein Minderaufwand von über 20% für die Verwirklichung eines Glasfasernetzes mit einem Einfaser-Modell und P2MP-Topologie weder im Durchschnitt für alle Landesgebiete noch allein für Randregionen angenommen werden kann.

    295. Die Wettbewerbskommission macht geltend, dass aufgrund der Auskünfte von anderen Fernmeldeunternehmen und insbesondere der Erkenntnisse aus dem Verfahren Glasfaserkooperationen (WEKO, RPW 20212/2, 209, Glasfaserkooperationen, Ziff. 206, Tabelle 7) davon auszugehen sei, dass der Mehrbzw. Minderaufwand deutlich unter 20% liegt. Danach würden die tatsächlichen Kosten für die Herstellung des Stammnetzes sogar unterhalb der von der Beschwerdeführerin geltend gemachten Einsparungen liegen.

    296. Diese Einschätzungen werden auch durch die Angaben von Swisscom aufgrund einer eigenen Kostenanalyse bestätigt.

    297. Swisscom hatte in den Unterlagen ihrer Pressemitteilung vom

    9. Dezember 2008 mitgeteilt, dass die Kosten für die Herstellung eines FTTH-Netzes mit Vierfaser-Modell und P2P-Topologie im Anschlussbereich, d.h. von der Anschlusszentrale bis zur Netzwerkeinheit beim Teilnehmeranschluss, in folgender Weise aufzuteilen seien: (1) Stammnetz: 15%; (2) Verteilnetz: 42%; (3) Hausnetz: 43%.

    1. Eine Differenzierung der Herstellungskosten wegen einer unterschiedlichen Netzarchitektur ist dabei ausschliesslich für das Stammnetz vorzunehmen. Denn die Netzbaustrategie 2020 sieht auch für den Bereich des Verteilnetzes die Verwendung von vier unabhängigen Glasfa-

      sern und damit die Einhaltung des Glasfaserstandards vor. Dies wird von der Beschwerdeführerin in ihrer Stellungnahme vom 19. März 2020 zum Fragebogen der Wettbewerbskommission ausdrücklich bestätigt. Auch im Rahmen des Hausnetzes ergibt sich keine unterschiedliche Ausgestaltung.

    2. Die Kosten für die Herstellung des Stammnetzes beanspruchen somit auch nach Ansicht von Swisscom lediglich einen untergeordneten Teil in Höhe von 15% der Gesamtkosten für die Herstellung eines FTTHNetzes. Es ist nicht ersichtlich, warum diese Feststellung zum heutigen Zeitpunkt keine Geltung mehr beanspruchen sollte. Die Beschwerdeführerin hat jedenfalls keine entsprechenden konkreten Umstände vorgetragen. Insbesondere ist auch der Hinweis auf eine angebliche Beschränkung des Glasfaserstandards auf Stadtgebiete, wie dargelegt, unzutreffend (vgl. E. 270 f.).

    3. Da die Herstellung des Stammnetzes auch bei Ausführung mit einer P2MP-Topologie nicht unentgeltlich erfolgen kann und hierbei die Tiefbaukosten, die gemäss den eigenen Angaben der Beschwerdeführerin unabhängig vom Topologiestandard in gleicher Höhe anfallen, den wesentlichen Teil der anfallenden Herstellungskosten ausmachen, ergibt eine Kostenabschätzung, dass das Einsparungspotential bei einer Abweichung vom Glasfaserstandard mit einem Wert von unter 10% anzusetzen ist.

    4. Die Beschwerdeführerin bestätigt im Rahmen des Parallelverfahrens denn auch ausdrücklich, dass bei einem Kostenvergleich zwischen einem Vierfaser-Modell mit P2P-Topologie und einem Einfaser-Modell mit P2P-Topologie unter Berücksichtigung eines Greenfield-Ansatzes – der hierfür wie darlegt massgebend ist (vgl. E. 358 ff.) – nur geringe Kostenunterschiede vorhanden sind (vgl. E. 360).

    5. Es ist daher bereits aufgrund der eigenen Kostenanalyse von Swisscom ausgeschlossen, dass die Kosteneinsparung für die Herstellung eines Einfaser-Modells mit P2MP-Topologie entsprechend ihrer Netzbaustrategie 2020 einen Wert von 20% der Gesamtkosten eines Vierfaser-Modells mit P2P-Topologie übersteigt.

    6. Aufgrund allgemeiner Informationen und eigener Kostenanalyse von Swisscom zu den anfallenden Kosten bei der Herstellung von Glasfasernetzen im Anschlussbereich ergeben sich demzufolge keinerlei An-

      haltspunkte für die Behauptung der Beschwerdeführerin, wonach die Umsetzung ihrer Netzbaustrategie 2020 mit dem Einsatz einer P2MPTopologie statt des Glasfaserstandards zu einer erheblichen Kosteneinsparung führen würde. Vielmehr ist im Gegenteil davon auszugehen, dass sich diese Behauptung auch bei einer eingehenden Untersuchung gerade nicht belegen lässt.

    7. Dieses Ergebnis gilt auch unter Berücksichtigung des Einwands der Beschwerdeführerin (vgl. 292 ff.), wonach die Möglichkeit zum Ausbau des bestehenden FTTS-Netzes einer Kostenanalyse der beiden Technologievarianten zu Grunde zu legen sei, ungeachtet dessen, dass dieser Einwand, wie dargelegt (vgl. 348 ff.), bereits aus grundlegenden Aspekten irrelevant ist. Denn im Rahmen der Vergleichsstudie Ostalbkreis wird ausdrücklich festgehalten, dass sich auch im Fall einer Nutzung von vorbestehenden Kabelkanalisationen keine wesentlichen Veränderungen am allgemein festgestellten Kostenverhältnis der beiden Technologievarianten ergeben.

    8. Daher kommt auch dem Einwand der Beschwerdeführerin (vgl.

      E. 294), wonach die Anwendung eines Greenfield-Ansatzes im Rahmen eines Kostenvergleichs ausgeschlossen sei, weil er aufgrund einer Ausserachtlassung der jeweils bestehenden Gegebenheiten und dabei auftretender realer Restriktionen zu völlig falschen Ergebnissen führen würde, bereits aus diesem Grund keine relevante Bedeutung zu.

    9. Darüber hinaus widerspricht die Feststellung der Vergleichsstudie Ostalbkreis auch der Behauptung der Beschwerdeführerin (vgl. E. 292 f.), wonach nur eine P2MP-Topologie mit einer Glasfaser, nicht aber eine P2P-Topologie mit vier Glasfasern in ihr bestehendes Leitungssystem integriert werden könnte. Denn die entsprechende Feststellung in der Vergleichsstudie kann in dieser allgemeinen Weise offensichtlich nur deshalb getroffen werden, weil auch der Unterschied einer Verlegung von vier Glasfasern statt einer einzelnen Glasfaser in ein bestehendes Leitungssystem weder räumlich noch daraus folgend auch preislich einen derartigen Unterschied ausmachen kann, dass sich daraus mehr als eine geringe Differenz hinsichtlich der Gesamtkosten für die Herstellung eines FTTH-Netzes ergibt.

    10. Aufgrund der vorstehend aufgeführten Aspekte ist auch die Relevanz der von der Beschwerdeführerin im Parallelverfahren eingereichten Kostenberechnung der Glasfaserverlegung in ihrem bereits bestehenden

      Leitungssystem, wonach allein die Kosten einer Verlegung des VierfaserModells mit P2P-Topologie um den Faktor 10 höher wären als für die Verlegung des Einfaser-Modells mit P2MP-Topologie (vgl. E. 291), für die Gesamtkosten nicht gegeben.

    11. Denn bei dem von der Beschwerdeführerin angegebenen Verhältnis könnte der Planungsleitfaden nicht ausdrücklich empfehlen, gleich vier Glasfasern statt einer Glasfaser zu verlegen, weil dies angesichts des geringen Anteils der Faserkosten nur eine unbedeutende Auswirkung auf die Gesamtkosten eines Glasfaserprojekts habe. Bei einem vom Planungsleitfaden festgestellten Anteil der Faserkosten von 4% an den Gesamtkosten eines Glasfaserprojekts würde ein entsprechender Faktor auch ganz andere Auswirkungen auf die Gesamtkosten aufweisen. Wenn ein Ausbau gemäss Glasfaserstandard um den Faktor 10 teurer wäre, dann würden sich allein die Kosten für die Glasfasern auf 40% der Gesamtkosten belaufen und die gesamte Darstellung der Gesamtkosten für ein FTTH-Projekt sowohl durch den Planungsleitfaden als auch durch Swisscom selbst wäre unrichtig. Da hiervon nicht auszugehen ist, kann die Behauptung der Beschwerdeführerin nicht korrekt sein. Soweit ein Ausbau gemäss Netzbaustrategie 2020 um den Faktor 10 günstiger wäre, würden sich die Faserkosten von 4% auf 0,4% verringern, was zu einer Einsparung von 3,6% führen würde. Eine entsprechende Einsparung wäre im Hinblick auf die Gesamtkosten nicht von massgeblicher Bedeutung, weshalb dies mit der Kostendarstellung im Planungsleitfaden und durch Swisscom in Einklang stehen würde. Allerdings ist auch diese Kosteneinsparung im Hinblick auf den massgeblichen Kostenmassstab, wonach die landesweiten durchschnittlichen Mehrkosten von 20% für eine Umsetzung des Glasfaserstandards anerkannt sind, nicht von Bedeutung.

      1. Kostendarlegung

    12. Zum Beleg ihres Einwands hat die Beschwerdeführerin mit konkreten Angaben auf das Ausbauprojekt Appenzell-Innerrhoden und Bregaglia sowie in allgemeiner Weise auf die erschwerenden und kostenerhöhenden Umstände bei der Umsetzung einer P2P-Topologie verwiesen. Ansonsten hat die Beschwerdeführerin im vorliegenden Verfahren keine detaillierteren Angaben zum Einsparungspotential gemacht. Erst im Parallelverfahren hat die Beschwerdeführerin konkretere Angaben zu den Mehrkosten einer Umsetzung des Glasfaserstandards einschliesslich von weiteren Projektdaten vorgelegt.

    13. Die Wettbewerbskommission monierte bereits im Rahmen der angefochtenen Verfügung wie auch im Rahmen des Beschwerdeverfahrens, dass die Beschwerdeführerin keine konkreten Angaben zu den Kosteneinsparungen gemacht hat. Sowohl im Kartellverwaltungsverfahren als auch im Beschwerdeverfahren hat die Beschwerdeführerin den Einwand erhoben (vgl. E. 298), dass dadurch überrissene Anforderungen aufgestellt würden, weil sie zur Glaubhaftmachung im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes keine darüber hinaus gehenden Angaben zu machen brauche.

    14. Die wiederkehrend geltend gemachten unterschiedlichen Einwände der Parteien im vorliegenden und im Parallelverfahren, welche prozessbeteiligte Partei in welcher Weise und mit welchem Detaillierungsgrad zur Erfüllung des Beweismasses der Glaubhaftmachung Angaben zu machen habe, bedürfen im vorliegenden Rahmen unter Berücksichtigung der Beweiswürdigung durch das Gericht keiner detaillierten Auflösung. Allerdings ist grundsätzlich festzuhalten, dass das Beweismass der Glaubhaftmachung nicht erfüllt wird durch Angaben einer Partei, die keinen Bezug zu objektiven Tatsachen oder Referenzwerten aufweisen. Vielmehr handelt es sich hierbei auch im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes lediglich um blosse, nicht substantiierte Behauptungen. Diese können zwar im Rahmen der freien Beweiswürdigung durch das Gericht zur Glaubhaftmachung beitragen, sie müssen aber keinesfalls zwingend als glaubhafte Aussagen im Rahmen der Entscheidungsfindung Berücksichtigung finden.

    15. Vor diesem Hintergrund liegt das Risiko einer ausreichenden Glaubhaftmachung des Einsparungspotentials auf Seiten der Beschwerdeführerin, weil sie die notwendigen Umstände darzulegen hat, welche eine Abweichung vom Glasfaserstandard rechtfertigen. Soweit die Beschwerdeführerin das Einsparungspotential als Rechtfertigungsgrund geltend macht, hat sie demzufolge bereits im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ausreichend detaillierte Angaben zu den anfallenden Kosten einzureichen, die in nachvollziehbarer Weise eine tatsächlich vorhandene Einsparung nahelegen, und die im Hauptverfahren aufgrund einer Beweiserhebung im Rahmen des Untersuchungsgrundsatzes überprüft und bestätigt werden können. Ohne eine entsprechende Darlegung liegt von vornherein keine Glaubhaftmachung eines Einsparungspotentials vor.

    16. Beim Projekt Appenzell-Innerrhoden macht die Beschwerdeführerin geltend, dass die Gesamtkosten durch den Einsatz des Einfaser-Modells mit P2MP-Topologie lediglich einen Betrag in Höhe von {10-[xx]-25} Mio. CHF statt eines solchen in Höhe von {45-[xx]-60} Mio. CHF bei Umsetzung eines Vierfaser-Modells mit P2P-Technologie betragen würden (vgl.

      E. 287). Damit wird ein Einsparungsbetrag in Höhe von {xx} Mio. CHF und damit eine Kosteneinsparung von 68% der Gesamtkosten behauptet. Konkrete Ausführungen dazu, aus welchen Gründen sich diese Einsparung ergibt, werden von der Beschwerdeführerin jedoch nicht vorgebracht.

    17. Die von der Beschwerdeführerin behauptete Kosteneinsparung lässt sich mit den vorstehend dargestellten Informationen zur Kostenabschätzung im Glasfaserbau in keiner Weise erklären. Da sich zum einen der Aufwand für die Herstellung des Stammnetzes nach der eigenen Kostenanalyse von Swisscom lediglich auf 15% der Gesamtkosten beläuft und der geltend gemachte Mehrbetrag zum anderen sogar über die Kosten der Tiefbauarbeiten hinausgeht, ist ein entsprechender Minderaufwand nur aufgrund des unterschiedlichen Topologiemodells offensichtlich ausgeschlossen. Soweit man die offiziellen Verlautbarungen zu diesem Projekt näher konsultiert, ergeben sich zudem weitere offene Fragen, weil das Projekt z.B. auch den Einsatz von Funktechnik und den Ausbau der 5G-Mobiltechnik umfasst. Selbst die Ausführungen der Beschwerdeführerin weisen die unbestimmte und relativierende Formulierung auf, «unter anderem kann auch die Wahl einer P2MP-Architektur einen Teil dazu beitragen [...]», weshalb bereits deswegen kein konkreter, aussagekräftiger Kostenvergleich vorliegt. Daher ergibt sich allein aus der Gegenüberstellung von zwei angeblichen Gesamtkosten keine sachlich nachvollziehbare Darlegung, welcher Umfang der Einsparung sich ausschliesslich auf einen Vergleich zwischen einem Vierfaser-Modell mit P2P-Topologie und einem Einfaser-Modell mit P2MP-Topologie stützt.

    18. Die Angaben der Beschwerdeführerin zum Projekt AppenzellInnerrhoden stellen daher blosse Behauptungen dar, die angesichts der relevanten Grundlagen der Kostenabschätzung sachlich unglaubwürdig sind. Eine Glaubhaftmachung eines zu berücksichtigenden Einsparungspotentials gegenüber einer Umsetzung des Glasfaserstandards liegt damit nicht vor.

    19. Für die Errichtung eines FTTH-Netzes in der Gemeinde Bregaglia im Kanton Graubünden gemäss Neubaustrategie 2020 verweist die Be-

      schwerdeführerin darauf (vgl. E. 288), dass eine Ausführung gemäss Glasfaserstandard zu {25-[xx]-35}% Mehrkosten gegenüber einer Ausführung gemäss Netzbaustrategie 2020 führen würde. Bei der Gemeinde Bregaglia handelt es sich um einen Ort mit 1'551 Einwohnern und einer Bevölkerungsdichte von 6 Einwohnern/km2, die im Jahr 2010 aus einer Fusion der zuvor selbständigen Gemeinden Bondo, Castasegna, Soglio, Stampa und Vicosoprano hervorgegangen ist. Bregaglia stellt somit unzweifelhaft eine Randregion im Sinne der vorliegenden Definition dar (vgl.

      E. 92 ff.). Die Beschwerdeführerin macht allgemein geltend, dass gerade in den Randregionen der Ausbau eines FTTH-Netzes gemäss Glasfaserstandard besonders hohe Mehrkosten verursache und daher unverhältnismässig sei, weshalb ein derartiger Ausbau auch nicht mit städtischen Gebieten, wie z.B. der Stadt Basel, verglichen werden könne.

    20. Der auch von Swisscom anerkannte und daher relevante Kostenmassstab weist Mehrkosten für eine landesweite Umsetzung des Glasfaserstandards von durchschnittlich 20% auf (vgl. E. 480 f.). Entsprechend dem Vorbringen der Beschwerdeführerin ist daher davon auszugehen, dass die Mehrkosten für den Ausbau in Randregionen deutlich über diesen Betrag hinausgehen und dabei durchaus auch {25-[xx]-35}% erreichen können. Dies gilt insbesondere für Gemeinden wie Bregaglia, bei der die Ausbauschwierigkeiten am oberen Rand der Skala liegen dürften. Daher wird von der Beschwerdeführerin mit dem Verweis auf das Ausbauprojekt Bregaglia nicht glaubhaft gemacht, dass beim Ausbau des FTTH-Netzes gemäss Glasfaserstandard die anerkannten Mehrkosten in jedem Fall in solcher Weise überschritten werden, dass ein Festhalten am Glasfaserstandard unverhältnismässig und ein Abweichen durch die Netzbaustrategie geboten seien.

    21. Im Übrigen gilt dies umso mehr unter Berücksichtigung des Umstands, dass auch die Kostenangaben zum Projekt Bregaglia auf der Grundlage eines Ausbaus des bisherigen FTTS-Netzes beruhen. Ein entsprechender Kostenvergleich ist deshalb in jedem Fall nicht vollständig, wie anschliessend zum Ausbauprojekt Mammern TG detailliert aufgezeigt wird. Ohnehin ist ein derartiger Kostenvergleich aus grundsätzlichen Überlegungen irrelevant (vgl. E. 394 f.).

    22. Für die Erstellung eines FTTH-Netzes in der Gemeinde Mammern TG hat die Beschwerdeführerin eine Projektstudie eingereicht, welche von einem externen Planungsbüro erstellt wurde (vgl. E. 289). Das Planungsbüro erbringt im Rahmen einer langjährigen Zusammenarbeit ent-

      sprechende Planungsarbeiten für Swisscom. Die Gemeinde Mammern TG wird von der Beschwerdeführerin als kleine ländliche Gemeinde mit wenigen Nutzungseinheiten und ohne eigene Anschlusszentrale dargestellt. Sie hat 659 Einwohner bei einer Einwohnerdichte von 121 Einwohnern/km2, weshalb sie jedenfalls eine unterdurchschnittliche Gemeinde im Landesvergleich darstellt (vgl. E. 101 f.). Die Projektstudie stellt Mehrkosten für eine Umsetzung des Glasfaserstandards gegenüber einer Umsetzung der Netzbaustrategie 2020 in Höhe von insgesamt {30-[xx]-40}% auf, wobei der Unterschied für die Erstellung des Stammnetzes sogar

      {70-[xx]-80}% betragen soll, während sich für die Erstellung des Verteilnetzes Mehrkosten von {5-[xx]-15}% ergeben würden.

    23. Die Projektstudie weist eine Aufstellung der einzelnen Kostenpositionen auf, wodurch vordergründig zunächst der Eindruck einer sachlich ausreichenden Begründung vermittelt wird. Allerdings wird bei näherer Betrachtung offenkundig, dass die Darlegung wesentliche Lücken für eine ausreichende Glaubhaftmachung aufweist.

    24. Die gesamte Projektstudie steht hinsichtlich einer Umsetzung der Netzbaustrategie 2020 unter dem Vorbehalt, dass die Trasse ab der Anschlusszentrale auch nachzugfähig ist. Soweit dies nicht der Fall sein sollte, würden zusätzliche Kosten für einen eventuellen Trassenneubau entstehen. Die Berechnung der Kosten für ein Einfaser-Modell mit P2MPTopologie ist demzufolge offensichtlich nicht abgeschlossen und weist damit auch keine sachdienliche Gesamtsumme auf. Gleichzeitig wird durch diese Feststellung in allgemeiner Weise bestätigt, dass entgegen der Darstellung der Beschwerdeführerin (vgl. E. 352 f.) auch bei einer Umsetzung der Netzbaustrategie 2020 Trassenarbeiten im Stammnetz erforderlich werden können.

    25. Die Projektstudie weist auch für das Verteilnetz Mehrkosten in Höhe von {5-[xx]-15}% aus. Da die Beschwerdeführerin bereits gegenüber der Wettbewerbskommission bestätigt hat, dass das Verteilnetz auch im Rahmen der Netzausbaustrategie mit vier Glasfasern entsprechend dem Glasfaserstandard ausgebaut wird (vgl. E. 498), ist nicht ersichtlich, warum in diesem Bereich Mehrkosten anfallen sollten. Eine entsprechende Begründung wird von der Beschwerdeführerin nicht angegeben.

    26. Auch diese Projektstudie beruht auf der Grundlage eines Ausbaus des bestehenden FTTS-Netzes, wie in dem Gutachten ausdrücklich festgehalten wird. In der Projektstudie werden die Kosten, die für die Erstel-

      lung des FTTS-Netzes angefallen sind, allerdings nicht ausgewiesen. Daher lässt sich der Darlegung keine Aussage zu den tatsächlich anfallenden Gesamtkosten eines FTTH-Netzes gemäss Netzbaustrategie 2020 entnehmen. Zudem bleibt völlig offen, welche Kosten tatsächlich angefallen wären, wenn ein ordnungsgemässes FTTH-Netz gemäss Glasfaserstandard direkt erstellt worden wäre, statt es erst zu einem späteren Zeitpunkt auf ein ohnehin nicht sachgerechtes FTTS-Netz aufzusetzen, weil entsprechende Kostenangaben hierzu ebenfalls völlig fehlen. Angesichts dieser fehlenden Angaben auf beiden Seiten eines Kostenvergleiches zwischen einem FTTH-Netz gemäss Glasfaserstandard und einem solchen gemäss Netzbaustrategie 2020 lassen sich keine sachdienlichen inhaltlichen Aussagen ableiten. Dies gilt insbesondere unter Berücksichtigung des Umstands, dass nach der Darlegung der Beschwerdeführerin bei einem weiteren Ausbau gemäss Glasfaserstandard zwingend die kostenintensiven Tiefbauarbeiten zur Anpassung des Leitungsnetzes erforderlich seien, während derartige Arbeiten bei einem weiteren Ausbau gemäss Netzbaustrategie 2020 nicht berücksichtigt werden. Daher kann dahingestellt bleiben, dass bei einem Kostenvergleich der Ausbau eines FTTS-Netzes, wie dargelegt (vgl. E. 394), gar nicht zu berücksichtigen ist.

    27. Darüber hinaus widersprechen die in der Kostenanalyse dargelegten Ergebnisse deutlich den vorstehend dargestellten Grundlagen der Kostenabschätzung zu den anfallenden Mehrkosten einer Umsetzung des Glasfaserstandards.

    28. Die Angaben der Beschwerdeführerin zum Glasfaserprojekt Mammern TG sind daher bei einer näheren Prüfung weder im Allgemeinen noch für dieses Ausbauprojekt im Speziellen als Nachweis für relevante Mehrkosten bei der Erstellung eines FTTH-Netzes gemäss Glasfaserstandard zu qualifizieren. Vielmehr vermitteln auch sie keine Glaubhaftmachung der geltend gemachten substantiellen unverhältnismässigen Mehrkosten eines Ausbaus gemäss Glasfaserstandard.

    29. Die Darlegung der anfallenden Kosten für die notwendigen Glasfasern durch die Beschwerdeführerin (vgl. E. 291), wonach diese Kosten für die Umsetzung des Glasfaserstandards um den Faktor 10 höher seien als bei einer Umsetzung der Netzbaustrategie 2020, ist, wie bereits dargelegt wurde (vgl. E. 507 f.), nicht glaubwürdig und belegt ebenfalls keine substantiellen unverhältnismässigen Mehrkosten.

    30. Überdies bestehen auch in Bezug auf die Kriterien, die von der Beschwerdeführerin zur Erstellung eines Kostenvergleichs herangezogen werden, gewisse sachliche Vorbehalte. Die Beschwerdeführerin macht geltend, dass Bauvorhaben innerhalb einer Gemeinde wie Kanalisationsoder Strassenerneuerungsarbeiten einen bedeutsamen Einfluss auf die Ausbaukosten eines Netzes haben würden und deshalb bei der Ermittlung der Herstellungskosten und damit bei einem Kostenvergleich zu berücksichtigen seien. Da die Tiefbauarbeiten den weitaus grössten Anteil an den Gesamtkosten ausmachen, ist es zwar zutreffend, dass die Möglichkeit zum Ausbau eines Netzes anlässlich sonstiger Tiefbaumassnahmen einen erheblichen Einfluss auf die tatsächlich anfallenden Kosten hat. Dennoch ist dieser Aspekt bei einem Kostenvergleich nur einheitlich zu berücksichtigen. Denn die Einsparungen aufgrund von weiteren Tiefbaumassnahmen fallen ungeachtet dessen an, ob der Ausbau mit einem Vierfaser-Modell mit P2P-Topologie oder einem Einfaser-Modell mit P2MP-Topologie erfolgt. Bei beiden technischen Varianten sollte ein Ausbau erst zu einem Zeitpunkt erfolgen, in dem auch sonstige Tiefbaumassnahmen stattfinden, um einen Einsparungseffekt erzielen zu können. Soweit dies im Einzelfall gelingt, handelt es sich um einen Zufallseffekt, der für die Beurteilung der unterschiedlichen Netzarchitektur keine Bedeutung erlangt.

    31. Für die Beurteilung der von der Beschwerdeführerin im Parallelverfahren geltend gemachten gesamthaften Mehrkosten in Höhe von {2- [xxx]-3} Milliarden CHF, die durch die Umsetzung des Glasfaserstandards gegenüber einer Umsetzung der Netzbaustrategie 2020 anfallen würden (vgl. E. 295), sind verschiedene Aspekte zu beachten.

    32. Die Beschwerdeführerin hat mitgeteilt, dass der von ihr vorgelegte Kostenvergleich auf näherungsweisen Ableitungen beruhe, weil buchhalterisch keine Zahlen verfügbar seien, welche einen direkten Vergleich der Herstellungskosten für den Stammbereich jeweils für die beiden Netzarchitekturen zulassen würden. Die Gesamtsumme ergibt sich demnach aufgrund einer von Swisscom intern durchgeführten Berechnung anhand aller von Swisscom noch durchzuführenden FTTH-Ausbauprojekte unter Berücksichtigung der relevanten Kriterien. Die Darlegung durch die Beschwerdeführerin weist allerdings keine für das Gericht nachvollziehbare Berechnung unter Einbeziehung von objektiven Faktoren auf. Denn die Beschwerdeführerin legt nicht genau dar, wie sich die verschiedenen Einzelsummen, die von ihr aufund gegenübergestellt werden, zustande gekommen sind.

    33. Dies gilt umso mehr, als die Beschwerdeführerin selbst angibt, dass die Kosten für die einzelnen Glasfaserprojekte von verschiedenen variablen Faktoren als relevante Kriterien abhängig sind, die zu ganz unterschiedlichen Ergebnissen führen würden (vgl. E. 299). Bei rund 2'000 zu erschliessenden Gemeinden mit jeweils geographischen, topologischen, baulichen und populationsmässigen Eigenheiten liege es nach Ansicht der Beschwerdeführerin in der Natur der Sache, dass bei jeder dieser Gemeinden die Kosten unterschiedlich hoch ausfallen würden. Dies sei auch durch eine Berechnung der bereits durchgeführten FTTHAusbauprojekte bestätigt worden, bei der sich eine grosse Bandbreite der anfallenden Kosten pro Nutzungseinheit ergeben habe, wofür von der Beschwerdeführerin auch eine abstrakte Darstellung eingereicht wurde.

    34. Wie sich aus den Verweisen der Beschwerdeführerin auf die Ausbauprojekte Bregaglia und Mammern TG ergibt, ist allerdings davon auszugehen, dass Swisscom sowohl den relevanten Kostenmassstab als auch die Investitionszuschüsse Dritter (vgl. E. 539 ff.) im Rahmen ihrer Berechnung nicht berücksichtigt hat. Deshalb steht von vornherein in Frage, ob überhaupt bei allen Ausbauprojekten berücksichtigungsfähige Mehrkosten anfallen würden. Zudem widersprechen die angegebenen Gesamtkosten auch den Grundlagen der massgeblichen Kostenabschätzung und damit sogar der eigenen Kostenanalyse von Swisscom. Darüber hinaus bestehen gegen die von der Beschwerdeführerin vorgelegten individuellen Kostenaussagen erhebliche sachliche Vorbehalte, die bereits vorstehend aufgezeigt wurden.

    35. Im vorliegenden Verfahren hat die Beschwerdeführerin schliesslich nach Durchführung einer weiteren Modellrechnung mitgeteilt, dass sich durch den Einsatz der P2MP-Technologie ein Gesamtbetrag in Höhe von rund {1,4-[xxx]-2,4} Milliarden CHF gegenüber der P2P-Technologie einsparen lasse.

    36. Bereits diese erhebliche Differenz der behaupteten Mehrkosten in Höhe von 24% bei den von der Beschwerdeführerin selbst vorgelegten Berechnungen zeigt auf, dass eine seriöse Einschätzung der Mehrkosten aufgrund einer Umsetzung des Glasfaserstandards im Rahmen dieses summarischen Verfahrens nicht vorgenommen werden kann.

    37. Die geltend gemachte Gesamtsumme der Mehrkosten für einen Ausbau der FTTH-Netze gemäss Glasfaserstandard wurde von der Beschwerdeführerin demzufolge ebenfalls nicht glaubhaft gemacht.

    38. Bei den übrigen Vorbringen der Beschwerdeführerin zum Einsparungspotential handelt es sich letztlich nur um nicht substantiierte allgemeine Behauptungen über eine angeblich substantielle und unverhältnismässige Kosteneinsparung, mit denen eine ausreichende Glaubhaftmachung nicht erzielt wird.

    39. Die Beschwerdeführerin hat somit das Vorliegen des von ihr behaupteten substantiellen und unverhältnismässigen Einsparungspotentials sogar im Rahmen einer blossen Glaubhaftmachung nicht in ausreichender Weise dargelegt.

      1. Kostenqualifizierung

    40. Da der Kostenmassstab des Glasfaserstandards die akzeptierten Mehrkosten für den Ausbau von FTTH-Netzen mit einem Vierfaser-Modell und P2P-Topologie im Landesdurchschnitt vorsieht, bedarf es eines Umrechnungsfaktors, um für FTTH-Netze in bestimmten Ausbaukonstellationen diejenigen Mehrkosten zu bestimmen, die noch vom Glasfaserstandard abgedeckt sind.

    41. Hinsichtlich dieses Aspekts haben die Parteien keine Erläuterungen vorgenommen. Im Hauptverfahren wird dieser Aspekt abzuklären sein.

      1. Investitionszuschüsse

    42. Im Hinblick auf die anfallenden Kosten bei der Herstellung eines FTTH-Netzes sind nicht nur Kosteneinsparungen, welche aufgrund einer technologischen Anpassung anfallen, unter dem Gesichtspunkt des Einsparungspotentials zu berücksichtigen, sondern umgekehrt auch Kostenminderungen, die sich aufgrund von Investitionszuschüssen, d.h. von Leistungen Dritter, im Rahmen eines Netzausbaus ergeben.

    43. Während die Kosteneinsparungen im Rahmen einer Beurteilung des Einsparungspotentials als Rechtfertigungsgrund dabei zu Lasten des Glasfaserstandards Eingang finden, wirken sich die Kostenminderungen demgegenüber zu Gunsten des Glasfaserstandards aus.

    44. Wie bereits dargelegt (vgl. E. 481 ff.), weist der Glasfaserstandard einen von den beteiligten Fernmeldeunternehmen anerkannten Kostenmassstab auf, wonach bei einem landesweiten Ausbau des FTTH-Netzes

      mit Vierfaser-Modell und P2P-Topologie durchschnittliche Mehrkosten in Höhe von 20% anfallen und diese für die Umsetzung irrelevant sind. Für Randregionen mit den dort herrschenden ungünstigeren Herstellungsbedingungen liegt dieser Wert der Mehrkosten noch darüber.

    45. Da die Vereinbarung des Runden Tischs eine privatwirtschaftliche Erschliessung der Schweiz mit FTTH-Netzen vorsieht, betrifft der Kostenmassstab demnach auch allein die von den jeweiligen Fernmeldeunternehmen aufzubringenden Mittel.

    46. Daraus folgt, dass jedenfalls Investitionszuschüsse, die von Seiten öffentlich-rechtlicher Körperschaften als Auftraggeber oder Dritte gegenüber einem Netzbetreiber für die Herstellung eines FTTH-Netzes zusätzlich geleistet werden, für die Beurteilung des tatsächlich vorhandenen Einsparungspotentials Berücksichtigung finden müssen. Massgeblich ist daher nur dasjenige Einsparungspotential, welches nach Abzug eines allfällig vereinbarten Investitionszuschusses als tatsächlich vorhandene Kosteneinsparung verbleibt.

    47. Dieser Aspekt erlangt auch im vorliegenden Verfahren eine relevante Bedeutung.

    48. Denn zumindest die Herstellung eines FTTH-Netzes in den Randregionen erfolgt nicht selten mit der zusätzlichen Leistung von Finanzbeiträgen durch die jeweils betroffenen Gemeinden oder sonstigen öffentlichrechtlichen Körperschaften. Diese Investitionszuschüsse werden zu dem Zweck geleistet, dass Swisscom die Errichtung des jeweiligen FTTHNetzes überhaupt vornimmt oder zumindest förderlich behandelt und dessen Umsetzung in zeitlicher Hinsicht vorzieht. Dies wird von der Beschwerdeführerin ausdrücklich bestätigt. Zu diesem Zweck schliesst Swisscom mit den jeweiligen Körperschaften besondere schriftliche Verträge über die Zahlung eines Baukostenzuschusses als Investitionsbeteiligung ab.

    49. So beträgt zum Beispiel der Investitionszuschuss der Gemeinde Bregaglia im Kanton Graubünden in Höhe von {xxxxxx} CHF für die Errichtung eines Glasfasernetzes gemäss Netzbaustrategie 2020 annähernd die Hälfte der hierfür angesetzten Kosten in Höhe von {xxxxxx} CHF, während Swisscom mit einem Betrag in Höhe von {xxxxxx} CHF etwas mehr als die Hälfte dieser Kosten übernimmt. Die Ausführung des FTTH-Netzes gemäss Glasfaserstandard hätte dabei nach Angaben der

      Beschwerdeführerin rund {25-[xx]-35}% Mehrkosten in Höhe von {xxxxxx} CHF verursacht. Der Investitionszuschuss der Gemeinde Bregaglia liegt somit nach den eigenen Angaben der Beschwerdeführerin über den durch einen Ausbau gemäss Glasfaserstandard hervorgerufenen Mehrkosten.

    50. Dies bedeutet, dass für den Bau eines FTTH-Netzes gemäss Glasfaserstandard in der Gemeinde Bregaglia nach dem relevanten Kostenmassstab tatsächlich überhaupt keine Mehrkosten auf Seiten von Swisscom anfallen, sondern ihr sogar noch eine Reduktion der anfallenden Kosten aufgrund des überschiessenden Investitionsbetrags zu Gute kommt. Die Ausgangslage für einen Ausbau des FTTH-Netzes gemäss Glasfaserstandard in der Gemeinde Bregaglia stellt sich somit günstiger dar, als dies aufgrund des relevanten Kostenmassstabs des Runden Tischs zu erwarten war.

    51. Bei dieser Ausgangslage ist kein Grund ersichtlich, warum sich Swisscom zur Rechtfertigung einer Abweichung vom Glasfaserstandard auf Mehrkosten in Höhe von 30% berufen können sollte.

    52. Im Hauptverfahren werden daher die Investitionszuschüsse, die im Rahmen der einzelnen Ausbauprojekte durch die Gemeinden und sonstigen öffentlich-rechtlichen Körperschaften geleistet werden, genau festzustellen und bei der Ermittlung des Einsparungspotentials zu berücksichtigen sein.

    53. Ob und inwieweit der Abschluss und der Inhalt derartiger Investitionsvereinbarungen entsprechend dem Einwand der Wettbewerbskommission auch ein missbräuchliches Verhalten in Form eines Konditionenmissbrauchs oder einer Preisdiskriminierung darstellt, bedarf im Rahmen des vorliegenden summarischen Verfahrens dagegen keiner näheren Beurteilung.

    54. In diesem Zusammenhang ist allerdings darauf hinzuweisen, dass allfällige Investitionszuschüsse auch bei einer kartellrechtlichen Berechnung der angemessenen Vergütung für die Nutzung von Fernmeldeprodukten eines Netzbetreibers zu berücksichtigen sind. Denn ein Netzbetreiber kann sich nicht für Kosten entschädigen lassen, die von ihm nicht aufgewendet wurden.

      1. Relevanz des Einsparungspotentials

    55. Im Übrigen stellt sich im Hinblick auf die Relevanz des Einsparungspotentials abschliessend eine grundlegende Sachfrage, zu der die Parteien keine näheren Ausführungen vorgebracht haben.

    56. Die Beschwerdeführerin behauptet einerseits, der erhebliche Mehraufwand für die Ausgestaltung einer P2P-Topologie sei betriebswirtschaftlich völlig sachwidrig und unverhältnismässig. Zudem würde durch die Umsetzung des Glasfaserstandards anderen Fernmeldeunternehmen die Möglichkeit der Trittbrettfahrerei eröffnet, um in Randregionen auch ohne eigene Investitionen in ein Glasfasernetz originäre Fernmeldedienste anbieten zu können, was nicht akzeptabel und im Bereich des Fernmelderechts ausdrücklich unerwünscht sei. Andererseits macht sie zum einen geltend, dass das Layer 3-Produkt BBCS stark und sogar mehr als das Layer 1-Produkt ALO nachgefragt werde. Zum anderen bringt sie vor, dass die sonstigen Fernmeldeunternehmen auch dann hinsichtlich ihrer Tätigkeit in den Randregionen nicht eingeschränkt würden, wenn sie aufgrund der Netzbaustrategie 2020 zukünftig nur noch BBCS beziehen könnten. Zudem könnten die sonstigen Fernmeldeunternehmen dann allenfalls auch C-ALO zu einem vorteilhaften angemessenen Preis beziehen.

    57. Nach Ansicht der Beschwerdeführerin stellen die von Swisscom angebotenen Dienstleistungen BBCS und C-ALO daher erfolgreiche Produkte dar, deren Rentabilität in ausreichender Weise gegeben sei, um die Investitionen in ein FTTH-Netz auch in Randregionen zu begründen. Die prinzipielle Amortisationsfähigkeit eines FTTH-Netzes ist demnach auch in Randregionen gegeben. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass das Bundesamt für Kommunikation in einem Zusatzbericht ausdrücklich festgestellt hatte, dass eine Regulierung nicht zu einem Investitionshindernis beim Ausbau des Glasfasernetzes in Randregionen führt (vgl. E. 119).

    58. Wie dargelegt, ist unstrittig, dass die Nutzung eines von Swisscom errichteten Glasfasernetzes durch ein anderes Fernmeldeunternehmen die Zahlung einer Nutzungsentschädigung voraussetzt (vgl. E. 124). Die Nutzungsvergütung kann bei Fehlen einer anderen regulatorischen Regelung bis zur Grenze einer missbräuchlichen Preisgestaltung festgelegt werden. Die Preisberechnung umfasst dabei die tatsächlichen Kosten für die Herstellung des jeweiligen Glasfasernetzes unter Ausschluss von In-

      vestitionszuschüssen. Dementsprechend umfasst der Preis bei einem FTTH-Netz mit Vierfasermodell und P2P-Topologie auch den Mehraufwand gegenüber einem Ausbau des FTTH-Netzes mit Einfaser-Modell und P2MP-Topologie. Dieses Ergebnis besteht auch bislang für die von Swisscom schon errichteten Glasfasernetze mit Vierfaser-Modell und P2P-Topologie in den städtischen Gebieten.

    59. Wenn also Swisscom die tatsächlichen Kosten für den Ausbau eines Glasfasernetzes einschliesslich eines hierfür bedingten Mehraufwands sowohl an die anderen Fernmeldeunternehmen als Grossabnehmer als auch an die Einzelkunden zulässigerweise weitergeben kann, ist nicht ersichtlich, welche konkrete Beeinträchtigung sich für Swisscom bei der standardgemässen Herstellung eines FTTH-Netzes mit VierfaserModell und P2P-Topologie in Randregionen ergeben soll.

    60. Denn für die anderen Fernmeldeunternehmen ohne eigenes Netz, welche auf eine Abnahme der Produkte ALO oder BBCS bzw. C-ALO angewiesen sind, ergibt sich dadurch kein Vorteil, weil sie auch den Mehraufwand für ein standardmässig hergestelltes FTTH-Netz im Rahmen des Nutzungsentgelts zu entrichten haben. Dies gilt selbst dann, wenn ein anderes Fernmeldeunternehmen nur BBCS oder C-ALO und gar kein ALO beziehen will. Und auch die Endkunden müssen diesen Mehraufwand im Rahmen des jeweiligen Nutzungsentgelts gegenüber ihrem Dienstleistungsanbieter unmittelbar oder mittelbar vergüten, unabhängig davon, ob es sich hierbei um Swisscom oder ein anderes Fernmeldeunternehmen handelt.

    61. Wenn die Beschwerdeführerin demnach kein beachtenswertes Investitionsrisiko für den Ausbau von Glasfasernetzen in Randregionen mittels einer P2MP-Topologie ausmacht, weil den anderen Fernmeldeunternehmen Produkte auf der Grundlage von BBCS zur Verfügung stehen und diese auch in einem ausreichenden Mass nachgefragt werden, ist nicht ersichtlich, warum sich ein erheblich anderes Investitionsrisiko bei einem Ausbau mit P2P-Topologie einstellen sollte, wenn die anderen Fernmeldeunternehmen dann nicht nur BBCS, sondern darüber hinaus sogar das Produkt ALO beziehen könnten, was ihnen nach Ansicht der Beschwerdeführerin ja noch mehr Möglichkeiten im Wettbewerb eröffnen und sie deshalb zur Trittbrettfahrerei anregen würde. Denn in jedem Fall sind die gesamten tatsächlichen Kosten des jeweiligen Netzausbaus abzüglich allfälliger Investitionszuschüsse zu erstatten.

    62. Ohne den entsprechenden Nachweis einer relevanten Bedeutung des Mehraufwands für einen verringerte Amortisationsfähigkeit des jeweiligen FTTH-Netzes aufgrund eines verringerten Absatzes der hierdurch vermittelten Produkte stellt ein tatsächlich bestehendes Einsparungspotential demnach auch aus grundlegenden Aspekten keinen ausreichenden Rechtfertigungsgrund für eine Abweichung vom Glasfaserstandard dar.

      1. Fazit Einsparungspotential

    63. Zur Anerkennung des Einsparungspotentials als Rechtfertigungsgrund für ein Abweichen vom Glasfaserstandard müssen mehrere Voraussetzungen gegeben sein. Bei der Abweichung muss es sich um eine Technologieanpassung handeln, für deren Beurteilung allfälliger Nachteile gegenüber dem Glasfaserstandard die Mehrkosten für dessen Umsetzung zu berücksichtigen sind. Der Kostenvergleich ist mittels einer allgemeinen Kostenbeurteilung auf der Grundlage eines Greenfield-Ansatzes durchzuführen. Die durchschnittlichen Mehrkosten für die schweizweite Erstellung der FTTH-Netze müssen über den im Rahmen des Runden Tischs anerkannten Wert von 20% hinausgehen. Für die Erstellung von FTTH-Netzen in Randregionen müssten demzufolge Mehrkosten dargelegt werden, die deutlich über diesem Wert liegen. Zur Herstellung der Vergleichbarkeit mit dem Durchschnittswert bedarf es eines Umrechnungsfaktors, um für FTTH-Netze in bestimmten Ausbaukonstellationen die massgeblichen Mehrkosten zu bestimmen. Zudem sind im Rahmen einer Berechnung der Mehrkosten im Einzelfall jedenfalls Investitionszuschüsse, die von öffentlich-rechtlichen Körperschaften zur Herstellung eines FTTH-Netzes geleistet werden, von den tatsächlich anfallenden Kosten abzuziehen. Bei relevanten Mehrkosten bedarf es abschliessend der Feststellung, dass die Amortisation des FTTH-Netzes bei einer Umsetzung des Glasfaserstandards nicht gewährleistet wäre. Diese Anforderungen müssten sowohl bei einem Alleinbau als auch bei einer Baukooperation gegeben sein.

    64. Eine Glaubhaftmachung dieser Voraussetzungen liegt nicht vor, weil die Beschwerdeführerin keine sachlich ausreichenden Umstände und Fakten für deren Erfüllung vorgetragen hat.

    65. Der Aspekt des Einsparungspotentials stellt somit ebenfalls keinen sachlichen Grund für eine Rechtfertigung zum Abweichen vom Glasfaserstandard mittels der Netzbaustrategie 2020 dar.

      1. Standortsanierung

    66. Der Aspekt der Standortsanierung stellt entgegen dem Einwand der Beschwerdeführerin (vgl. E. 300), wonach an verschiedenen Standorten auf eine P2MP-Topologie zurückgegriffen werden müsse, um veraltete und störanfällige Ausrüstungen in Mehrfamilienhäusern auf ein FTTHNetz umstellen zu können, auch keinen Rechtfertigungsgrund für eine Umsetzung der Netzbaustrategie 2020 dar.

    67. Zunächst bestehen die beschriebenen Mängel an den verschiedenen Standorten nicht erst seit Erlass der vorsorglichen Massnahme durch die Vorinstanz. Es ist daher nicht ersichtlich, warum die Durchführung von Sanierungsmassnahmen nunmehr unaufschiebbar sein sollte, wenn die Mängel nicht bereits vorher beseitigt wurden.

    68. Zudem ist kein sachlicher Grund ersichtlich, warum die Notwendigkeit zu einer Sanierung von einzelnen Standorten mit einer bestimmten Netzarchitektur an Glasfasern die Möglichkeit für ein Fernmeldeunternehmen eröffnen sollte, den verbleibenden Ausbau von 2/3 des FTTHNetzes in der Schweiz ebenfalls mit dieser bestimmten Netzarchitektur durchzuführen.

    69. Darüber hinaus steht die geltend gemachte Sanierung in keinem sachlichen Zusammenhang mit der hier fraglichen Umsetzung des Glasfaserstandards im Bereich des Stammnetzes. Zum einen hat die Beschwerdeführerin selbst ausgeführt, dass das Verteilund das Hausnetz auch in Zukunft entsprechend dem Industriestandard mit Vierfaser-Modell und P2P-Topologie ausgeführt werden (vgl. E. 498). Daher ist die bisherige Zuleitung zu den Mehrfamilienhäusern im Verteilnetz ohnehin durch eine Ausgestaltung gemäss Industriestandard zu ersetzen, weshalb ein Verweis auf den Einsatz einer P2MP-Topologie von vornherein irrelevant ist. Zum anderen ist die Berufung auf die vorgängig durchgeführte Ausführung des Netzes an diesen Standorten mit einem Einfaser-Modell auch grundsätzlich irrelevant, wie dies bereits allgemein für den Einwand der Beschwerdeführerin zur Berücksichtigung des FTTS-Netzes dargelegt wurde (vgl. E. 348 ff.).

    70. Da die Beschwerdeführerin darauf verweist, dass die Glasfaserkabel schon bis zu den Micro-Cans im Gebäude, mit denen die Überführung der Glasfaserkabel auf die Kupferverkabelung bewerkstelligt wird, verlegt seien, entsteht durch den Ersatz der Kupferkabelleitungen zumindest eine singuläre durchgehende Teilnehmeranschlussleitung auf Glasfaserbasis von der Anschlusszentrale bis zum Teilnehmeranschluss. Diese könnte von Swisscom bis zur endgültigen Herstellung eines Vierfaser-Modells im Hausund Verteilnetz sowie dem Stammnetz wie die vierte Leitung im Glasfaserstandard auch anderen Fernmeldeunternehmen zugänglich gemacht werden, wodurch für die anderen Fernmeldeunternehmen immerhin ein ähnlicher Zustand wie beim Glasfaserstandard entsteht. Daher sollte es kein Problem darstellen, aufgrund einer genauen Darstellung der Sachlage von der Vorinstanz ungeachtet der weiteren allgemeinen Gültigkeit der vorsorglichen Massnahme eine ausdrückliche Zustimmung zu einer Sanierung dieser Standorte im Rahmen einer Wiedererwägung zu erhalten.

    71. Der Einwand der Beschwerdeführerin einer Standortsanierung zur Rechtfertigung einer Abweichung vom Glasfaserstandard ist daher irrelevant.

      1. Kundenzufriedenheit

    72. Der Einwand der Beschwerdeführerin (vgl. E. 320), wonach die Gemeinden mit den geplanten und durchgeführten FTTH-Ausbauten mit Einfaser-Modell und P2MP-Topologie praktisch durchwegs sehr zufrieden seien, stellt jedenfalls im vorliegenden Zusammenhang keinen sachlichen Rechtfertigungsgrund dar.

    73. Selbstverständlich ist davon auszugehen, dass in den Gemeinden, bei denen bereits ein FTTH-Ausbau stattgefunden hat, regelmässig Zufriedenheit herrschen wird, weil in jedem Fall eine Verbesserung der Versorgung mit Hochbreitbandnetzen erfolgt. Dabei ist es zunächst auch unerheblich, ob der Ausbau auf Grundlage des Glasfaserstandards oder der Netzbaustrategie 2020 stattgefunden hat.

    74. Im vorliegenden Verfahren bildet allerdings nicht eine missbräuchliche Ausbeutung der Endkunden den zentralen Gegenstand der gerichtlichen Beurteilung, sondern eine Behinderung der Konkurrenten. Bei den Missbrauchstatbeständen, denen eine Behinderung der Konkurrenten zu

      Grunde liegt, können durchaus Vorteile zu Gunsten der anderen Marktteilnehmer auftreten. So führt z.B. ein unzulässiges Kampfpreisverhalten selbstverständlich zur Zufriedenheit der Kunden, weil sie die jeweiligen Produkte zu unschlagbar günstigen Preisen erwerben können. Massstab für die wettbewerbsrechtliche Beurteilung bildet daher bei diesen Missbrauchsformen die Einwirkung auf den Wettbewerb zu Lasten der jeweiligen Konkurrenten, während der Zufriedenheit der Abnehmer keine entscheidungserhebliche Bedeutung zukommt. Dies gilt auch für die Missbrauchsform der Technologieeinschränkung.

    75. Demzufolge ist der Einwand der Beschwerdeführerin einer festzustellenden Kundenzufriedenheit irrelevant.

      1. Zusammenfassung

    76. Aufgrund der im Verfahren von den Parteien vorgetragenen Umstände und der dabei aufgeworfenen Aspekte ist festzustellen, dass kein ausreichender Sachgrund für eine Rechtfertigung der vorgenommenen Einschränkung der technischen Entwicklung vorliegt und deshalb die Umsetzung der Netzbaustrategie 2020 von Swisscom entgegen dem Einwand der Beschwerdeführerin (vgl. E. 282) nicht als Ergebnis einer effizienten, objektiv notwendigen und sachlich legitimierten Geschäftsführung, sondern als missbräuchliche Verhaltensweise zu qualifizieren ist.

    77. Dabei kann jedenfalls im vorliegenden Rahmen dahingestellt bleiben, ob es sich hierbei um einen technischen Winkelzug von Swisscom handelt, um mittels eines Technologiemonopols und im Sinne einer Verdrängungsstrategie gegenüber Mitbewerbern eine gezielte und dauerhafte Verschlechterung der Wettbewerbsbedingungen ihrer Konkurrenten zu bewerkstelligen, weil eine entsprechende subjektive Haltung auf Seiten eines Unternehmens keine Voraussetzung für die Verwirklichung des Tatbestands der Technologieeinschränkung darstellt (vgl. E. 591). Daher ist auch der entsprechende Einwand der Beschwerdeführerin (vgl. E. 281) irrelevant.

      1. Wettbewerbsverfälschung

    78. Die angefochtene Verfügung stellt fest, dass durch die Änderung der Netzarchitektur eine Beeinträchtigung der anderen Fernmeldeunter-

      nehmen erfolgt bzw. erfolgen würde, weil diese in der Aufnahme und Ausübung ihrer Tätigkeit auf dem Endkundenmarkt für Breitbanddienstleistungen behindert werden.

      1. Vorbringen der Beschwerdeführerin

    79. Die Beschwerdeführerin macht verschiedene grundlegende Einwände gegenüber einer Anwendung von Art. 7 KG geltend, die in Zusammenhang mit dem Vorliegen einer Wettbewerbsverfälschung stehen und hierbei abzuhandeln sind.

    80. Die Beschwerdeführerin erhebt zunächst den Einwand, dass es sich beim Vorgehen der Vorinstanz im Ergebnis um eine unzulässige staatliche Investitionslenkung und einen strukturpolitisch nicht legitimierten Eingriff der Wettbewerbsbehörden handle, der de facto einem verkappten Technologiezwang gleichkomme.

    81. Hierzu macht sie geltend, dass im System der Marktwirtschaft auch einem potenziell marktbeherrschenden Unternehmen unternehmerische Entscheidungsfreiheit zustehe und dieses in seiner Disposition über eigene Vermögenswerte sowie die strategischen Weiterentwicklungen seiner Einrichtungen und Infrastrukturen grundsätzlich nicht eingeschränkt sei. Auch einem marktbeherrschenden Unternehmen sei es gestattet, seine eigenen Geschäftsinteressen in vernünftigem Mass zu wahren, seine Stellung unter Anwendung sachgerechter, kaufmännischer Grundsätze zu behaupten und angemessen auf das dynamische Marktumfeld zu reagieren.

    82. Daher lasse sich aus einer marktbeherrschenden Stellung keine generelle Pflicht ableiten, den Marktzugang von Wettbewerbern zu fördern und diesen Zugang zu Einrichtungen und Netzinfrastrukturen mit der gewünschten Konfiguration sowie in einer Form und mit Leistungsmerkmalen zu gewährleisten, damit jegliches singuläre und individuelle Geschäftsmodell von Fernmeldeunternehmen, welche sich selber nicht substantiell an den Investitionen in die physische Netzinfrastruktur beteiligen, erfolgreich sein könne.

    83. Demnach sei Swisscom rechtlich nicht verpflichtet, die eigenen Infrastrukturen auf eine bestimmte Art und Weise entsprechend den Partikularinteressen und einem bestimmten Geschäftsmodell eines einzelnen

      Wettbewerbsteilnehmers auszubauen. Swisscom könne daher nicht durch substantielle, nicht gerechtfertigte Eingriffe in ihre grundrechtlich geschützten Positionen der Eigentumsgarantie sowie der Wirtschaftsfreiheit verpflichtet werden, ihre Netzbaustrategie auf Individualbedürfnisse auszurichten.

    84. Zudem erhebt die Beschwerdeführerin den Einwand, dass Art. 7 KG keine präventive Verhaltenskontrolle im Sinne einer «Ex anteRegulierung» vorsehe. Die kartellrechtliche Massnahme ergehe im Bereich von erst entstehenden neuen Märkten bzw. sich erst im Aufbau befindlichen Netzen. Bereits aufgrund des klaren gesetzgeberischen Willens in der Botschaft KG 1995 (BBl 1995 I 575) könne die kartellrechtliche Missbrauchskontrolle aber nicht dazu verwendet werden, den marktbeherrschenden Unternehmen die technische Entwicklung vorzuschreiben.

    85. Die Wettbewerbskommission gebe aber zumindest indirekt eine technologische Entwicklung vor, wenn sie den Eingriff mittels der angeordneten Massnahmen unter Verhältnismässigkeitsgesichtspunkten zu rechtfertigen versuche und dabei auf die aktuell noch kaum marktfähige, teure Farbentbündelung verweise. Dabei handle es sich entgegen der angefochtenen Verfügung nicht um eine Basistechnologie, welche für Innovationen unersetzbar sei.

    86. Überdies werde ein Layer 1-Zugang in einem P2MP-FTTH-Netz durch die «Hintertür» des Wettbewerbsrechts mittels der allgemeinen kartellrechtlichen Instrumente und nicht über eine sektorspezifische Regelung regulatorisch erzwungen. Dies widerspreche zum einen dem Fernmelderecht, welches keine Verpflichtungen eines Fernmeldeunternehmens hinsichtlich des Ausbaus und der strategischen Weiterentwicklung der Netzinfrastruktur gemäss gewissen technologischen Leistungsmerkmalen oder einer ganz bestimmten Netzarchitektur statuiere, weshalb es keine hinreichende rechtliche Grundlage für entsprechende Eingriffsmöglichkeiten des Regulators biete. Zum anderen sei eine solche Regulierung vom Gesetzgeber gerade erst abgelehnt worden.

    87. Aufgrund dieser grundsätzlichen Überlegungen bestünden keine Eingriffskompetenz der Wettbewerbsbehörden und keine rechtsgenüglichen Grundlagen, um die Verhaltensweise von Swisscom im Rahmen der Erfolgsprognose für das Hauptsacheverfahren als mutmasslich missbräuchlich und mit der Vorgabe der Verhaltenslenkung gemäss Art. 7 KG

      nicht vereinbar zu bezeichnen und gestützt darauf einschneidende vorsorgliche Massnahmen zu verfügen.

    88. Darüber hinaus erhebt die Beschwerdeführerin den Einwand, dass die Tatbestandsmässigkeit eines missbräuchlichen Verhaltens auch deshalb zu verneinen sei, weil Swisscom mit ihren strategischen Entscheiden in Zusammenhang mit dem Glasfasernetzausbau keine Wettbewerbsbehinderung bezweckt oder eine Behinderungsabsicht verfolgt habe.

      1. Vorbringen der Vorinstanz

    89. Die von der Beschwerdeführerin vorgetragenen Einwände werden von der Vorinstanz in anderem Zusammenhang abgelehnt.

      1. Würdigung durch das Gericht

    90. Die angefochtene Verfügung hält unter Verweis auf die Wettbewerbspraxis (WEKO, 2014, Preispolitik und andere Verhaltensweisen der SDA, RPW 2014/4, 668, Ziff. 134) sowie Ansichten in der Literatur (STÄUBLE LUCA/SCHRANER FELIX, in: Zäch u.a. [Hrsg.], Kartellgesetz, 2018, zit. Dike-KG, Art. 7 Rn. 473 f.) fest, dass neben einer Einschränkung der technischen Entwicklung auch eine Wettbewerbsbehinderung gegeben sein müsse. Diese liege vor, wenn durch die Verhaltensweise andere Unternehmen in der Aufnahme oder Ausübung des Wettbewerbs behindert werden oder die Marktgegenseite benachteiligt wird.

      (a) Grundlage

    91. Das Merkmal der Wettbewerbsverfälschung im Rahmen eines Marktmachtmissbrauchs weist den Inhalt auf, dass das jeweilige tatbestandsmässige Verhalten auch zu einer Behinderung oder Benachteiligung im Wettbewerb führen muss. Dieser Inhalt umfasst sowohl die allgemeinen Anforderungen an das Vorliegen einer Wettbewerbsverfälschung als auch die Feststellung eines wettbewerbswidrigen Nachteils,

      d.h. einer nachteiligen Einwirkung auf den Wettbewerb zu Lasten der Marktteilnehmer, der sich aus dem zu prüfenden wirtschaftlichen Verhalten ergibt.

      1. Allgemeine Anforderungen

    92. In allgemeiner Hinsicht wird durch das Merkmal der Wettbewerbsverfälschung das Ausmass der nachteiligen Auswirkungen vorgegeben (ausführlich BVGer, B-831/2011, DCC, E. 1115 ff.). Dabei lassen sich verschiedene grundlegende Prämissen zusammenfassen.

    93. Das Vorliegen einer Wettbewerbsverfälschung setzt weder die Erfüllung eines Erheblichkeitsmerkmals noch die Verwirklichung einer sonstigen Anwendungsschwelle voraus (BVGer, B-831/2011, DCC, E. 1133 ff.). Für das Vorliegen einer Wettbewerbsverfälschung ist grundsätzlich auch keine Wettbewerbsbeseitigung erforderlich, sondern eine blosse Wettbewerbsbeeinträchtigung ausreichend; Ausnahmen können sich bei einzelnen Missbrauchsformen aufgrund der jeweiligen Sachverhaltskonstellation ergeben (BVGer, B-831/2011, DCC, E. 1148 ff.). Das Vorliegen einer Wettbewerbsverfälschung setzt zudem weder einen Marktaustritt eines anderen Marktteilnehmers noch dessen Existenzbedrohung voraus (BVGer, B-831/2011, DCC, E. 1181 ff. m.w.N.).

    94. Darüber hinaus setzt das Vorliegen einer Wettbewerbsverfälschung auch keine Feststellung eines bestimmten subjektiven Tatbestandsmerkmals voraus. Subjektive Beweggründe einer Zuwiderhandlung auf Seiten des marktbeherrschenden Unternehmens sind für die Beurteilung des jeweiligen wirtschaftlichen Verhaltens für die Beurteilung nicht massgeblich. Ihnen kommt allenfalls eine indikative Bedeutung zu; sie bilden aber keine allgemeine konstitutive Voraussetzung für die Verwirklichung einer Wettbewerbsverfälschung (BVGer, B-831/2011, DCC, E. 1194 m.w.N.).

    95. Für die Feststellung einer Wettbewerbsverfälschung bedarf es schliesslich keines Nachweises eines Eintritts von tatsächlichen Auswirkungen (BVGer, B-831/2011, DCC, E. 1207 m.w.N.). Ausreichend ist bereits die Möglichkeit einer nachteiligen Einwirkung auf den Wettbewerb, soweit sie nicht nur rein hypothetischer Natur ist (BVGer, B-831/2011, DCC, E. 1203 f.). Gleichfalls unerheblich ist der Aspekt, ob ein von dem missbräuchlichen Verhalten betroffenes Unternehmen dem dadurch entstehenden wirtschaftlichen oder sonstigen Druck standhält, hätte standhalten können oder nachgibt (BVGer, B-831/2011, DCC, E. 1208 m.w.N.). Aus diesem Grund stellt bereits die Androhung eines missbräuchlichen Verhaltens ein tatbestandliches Verhalten dar (BVGer, B-831/2011, DCC, E. 1208 m.w.N.).

      1. Nachteilige Einwirkung

    96. Bei Missbrauchsformen, die von der Generalklausel des Art. 7 Abs. 1 KG erfasst werden, sind die Kriterien der Behinderung und/oder der Benachteiligung ausdrücklich zu prüfen, weil sie die massgeblichen Anknüpfungspunkte für das jeweilige tatbestandliche Verhalten bilden. Hierbei bildet die positive Feststellung eines wettbewerbswidrigen Nachteils die notwendige Grundlage für die Verwirklichung des jeweiligen Missbrauchstatbestands.

    97. Bei den Missbrauchsformen der Regelbeispiele von Art. 7 Abs. 2 KG bilden die von diesen Regelungen aufgestellten Tatbestandsmerkmale die massgeblichen Anknüpfungspunkte für das jeweilige tatbestandliche Verhalten dieser Missbrauchstatbestände. Mit der Erfüllung dieser Tatbestandsmerkmale ist daher auch der jeweilige Missbrauchstatbestand grundsätzlich verwirklicht. Denn durch die Statuierung der Regelbeispiele hat der Gesetzgeber klargestellt, dass bei diesen Verhaltensweisen eine nachteilige Einwirkung auf den Wettbewerb vorliegt (BVGer, B-831/2011, DCC, E. 1126). Eine darüber hinausgehende, ausdrückliche positive Feststellung eines wettbewerbswidrigen Nachteils ist daher nicht erforderlich. Allerdings bedarf es zumindest einer negativen Feststellung, dass keine Anhaltspunkte vorhanden sind, die den Eintritt eines wettbewerbswidrigen Nachteils im jeweiligen Einzelfall ausschliessen (BVGer, B-831/2011, DCC, E. 1401).

    98. Diese grundlegende Einschätzung gilt auch für eine Technologieeinschränkung. Soweit ein anerkannter bzw. anzuerkennender Industriestandard besteht, der durch eine bestimmte Massnahme eines marktbeherrschenden Unternehmens eingeschränkt wird, welche nicht durch einen ausreichenden Sachgrund gerechtfertigt ist, wird der Tatbestand grundsätzlich erfüllt, weshalb ohne Weiteres vom Vorliegen einer Wettbewerbsfälschung auszugehen ist, soweit im Einzelfall keine besonderen Anhaltspunkte bestehen, dass trotz der Einschränkung keine nachteilige Einwirkung auf den Wettbewerb gegeben ist. Sind derartige Anhaltspunkte gegeben, bedürfen sie einer gesonderten Überprüfung, um das Vorliegen oder das Fehlen einer Wettbewerbsverfälschung nachzuweisen.

      1. Allgemeine Einwände

    99. Die Einwände, die von der Beschwerdeführerin in allgemeiner Weise gegen das Vorliegen eines wettbewerbswidrigen Verhaltens vorgebracht werden, sind irrelevant.

    100. Der Einwand der Beschwerdeführerin (vgl. E. 578 f.), wonach sie nicht durch Eingriffe in die ihr zukommenden Grundrechte der Wirtschaftsund Eigentumsfreiheit dazu verpflichtet werden könne, die eigenen Infrastrukturen entsprechend den Geschäftsmodellen und Partikularinteressen von Wettbewerbern auszugestalten, weil auch einem potentiell marktbeherrschenden Unternehmen die Freiheit zustehe, seine eigenen Geschäftsinteressen in vernünftigem Mass zu wahren, geht bereits grundsätzlich fehl und ist daher irrelevant. Denn es ist in Rechtsprechung und Lehre unstrittig, dass ein marktbeherrschendes Unternehmen bei bestimmten Sachverhaltskonstellationen Einschränkungen im Hinblick auf eine Ausgestaltung von gewissen Infrastrukturen hinzunehmen hat, weshalb bereits die Ausgangshypothese der Beschwerdeführerin unzutreffend ist.

    101. Darüber hinaus steht im Zentrum der vorliegenden rechtlichen Beurteilung die Sachverhaltskonstellation einer Technologieeinschränkung, weil Swisscom in Zukunft von einem Glasfaserstandard für den Ausbau von Infrastrukturen in Form von FTTH-Netzen abweichen will, den sie selbst massgeblich mitbegründet hat. Hierbei geht es nicht primär um die Festlegung einer generellen Zugangsverpflichtung zu einem FTTH-Netz als Infrastruktureinrichtung, sondern um die konkrete Ausgestaltung eines FTTH-Netzes in Umsetzung des Glasfaserstandards oder zumindest einer Verwirklichung von dessen Zweck.

    102. Aus diesem Grund ist auch der Einwand der Beschwerdeführerin (vgl. E. 581 f.), wonach mittels des Kartellrechts keine ex anteRegulierung einer technologischen Entwicklung vorgegeben werden könne und dürfe, irrelevant. Zentraler Sachaspekt ist nicht die Zulässigkeit der Vorgabe einer technischen Ausgestaltung von FTTH-Netzen durch die Wettbewerbskommission, sondern die Zulässigkeit einer Abweichung von einem Glasfaserstandard für die Ausgestaltung von FTTH-Netzen durch Swisscom.

    103. Der Einwand der Beschwerdeführerin (vgl. E. 583), wonach ein Layer 1-Zugang zum FTTH-Netz nicht in Widerspruch zum Fernmelde-

      recht und dem Willen des Gesetzgebers durch die Hintertür des Kartellrechts eingeführt werden kann, ist schon deshalb irrelevant, weil dieser Aspekt bereits im Rahmen der Prüfung der Anwendbarkeit des Kartellrechts als sachlich unzutreffend zu qualifizieren war und ihm deshalb im Rahmen der materiellen Beurteilung keine Bedeutung mehr zukommt (vgl. E. 135 f.). Im Übrigen wurde das Erfordernis eines Layer 1-Zugangs nicht durch die Hintertüre des Kartellrechts, sondern durch die Vereinbarung des Runden Tischs unter Zustimmung von Swisscom eingeführt.

    104. Dementsprechend ist auch der Einwand der Beschwerdeführerin (vgl. E. 584), wonach keine Rechtsgrundlage für einen Eingriff der Wettbewerbskommission in die Ausgestaltung von FTTH-Netzen durch die Swisscom bestünde, unzutreffend und irrelevant.

    105. Schliesslich ist auch der Einwand der Beschwerdeführerin (vgl.

      E. 585), wonach die Tatbestandsmässigkeit eines missbräuchlichen Verhaltens in jedem Fall zu verneinen sei, weil Swisscom mit ihren strategischen Entscheiden in Zusammenhang mit dem Glasfasernetzausbau keine Wettbewerbsbehinderung bezwecke oder eine Behinderungsabsicht verfolgt habe, irrelevant, weil die Verwirklichung sowohl einer Technologieeinschränkung als auch von weiteren Missbrauchstatbeständen gemäss Art. 7 KG keine entsprechenden Absichten auf Seiten des marktbeherrschenden Unternehmens voraussetzt.

      1. Sachverhalt

    106. Die Erfüllung der Tatbestandsmerkmale der technischen Entwicklung und deren Einschränkung führt grundsätzlich zu einer nachteiligen Einwirkung auf den Wettbewerb. Im Einzelfall müssten Anhaltspunkte dargelegt werden, dass sich aufgrund der jeweiligen konkreten Umstände keine derartigen Einwirkungen ergeben.

    107. Vorliegend sind keine Anhaltspunkte für entsprechende besondere Umstände ersichtlich. Die von der Beschwerdeführerin vorgebrachten Einwände sind, wie dargelegt, irrelevant oder unbegründet. Vielmehr wurde bereits in Zusammenhang mit der Prüfung der Tatbestandsmerkmale und einer allfälligen Rechtfertigung der Einschränkung festgestellt, dass sich eine nachteilige Einwirkung auf den Wettbewerb ergibt.

    108. Der Vollständigkeit halber werden die nachteiligen Einwirkungen unter dem Prüfungselement der Nachteilsprognose konkret aufgezeigt, um die von der Beschwerdeführerin hiergegen vorgebrachten Einwände zu behandeln (vgl. E. 611 ff.).

      1. Verschulden

    109. Gemäss ständiger Rechtsprechung setzt die Verwirklichung eines wettbewerbswidrigen Verhaltens auch dessen Vorwerfbarkeit auf Seiten des jeweiligen Unternehmens voraus. Die Vorwerfbarkeit ist dabei sowohl bei einer vorsätzlich oder fahrlässig begangenen Sorgfaltspflichtverletzung in Form eines aktiven Handelns oder Unterlassens als auch bei einem Sorgfaltsmangel im Sinne eines Organisationsverschuldens gegeben (ausführlich BVGer, B-831/2011, DCC, E. 1488 ff., m.w.N.).

    110. Vorliegend steht ausser Frage, dass Swisscom die Einschränkung der technologischen Entwicklung wissentlich und willentlich vorgenommen hat. Denn nach den eigenen Angaben der Beschwerdeführerin war es bekannt und gewollt, dass mit einer Umsetzung der Netzbaustrategie 2020 eine Abweichung vom Glasfaserstandard stattfindet und dadurch die Mitbewerber keinen sachgerechten Layer 1-Zugang mehr erhalten. Die von der Beschwerdeführerin hierfür als Begründung angeführten Sachgründe sind nicht geeignet, das Vorgehen zu rechtfertigen. Hierüber konnten auf Seiten von Swisscom auch keine Fehlvorstellungen bestehen.

    111. Die vielen widersprüchlichen und sachlich unzulänglichen Vorbringen vermitteln zudem den Eindruck, dass damit der Versuch unternommen wird, nachträglich eine ausreichende Begründung für das unzulässige Verhalten zu konstruieren.

    112. Das Verschulden ist daher gegeben.

      1. Ergebnis

    113. Die Erfolgsprognose fällt eindeutig und zu Lasten der Beschwerdeführerin aus. Angesichts einer anzunehmenden marktmissbräuchlichen Verhaltensweise in Gestalt einer Technologieeinschränkung bestätigt sie die Notwendigkeit einer Anordnung von Massnahmen durch die Wettbe-

      werbskommission, mit denen Swisscom die Umsetzung ihrer Netzbaustrategie 2020 vorläufig untersagt wird.

  6. NACHTEILSPROGNOSE

    1. Die angefochtene Verfügung bejaht das Vorliegen eines nicht leicht wieder gut zu machenden Nachteils mit dem Hinweis auf die Auswirkungen auf den Wettbewerb und die anderen Fernmeldeunternehmen, die sich bei einem Ausbau der Netzinfrastruktur mit der von Swisscom intendierten Netzarchitektur in Abweichung vom Glasfaserstandard ergeben.

      1. Vorbringen der Beschwerdeführerin

    2. Gegen das Vorliegen einer ausreichenden Nachteilsprognose erhebt die Beschwerdeführerin verschiedene Einwände.

    3. Zunächst erhebt die Beschwerdeführerin den grundlegenden Einwand, dass der erforderliche Nachteil sich auf den funktionierenden Wettbewerb und nicht auf private Interessen der beteiligten Parteien beziehen müsse. Daher sei auf einen objektiven Nachteil für den wirksamen Wettbewerb abzustellen, während ein allfälliger subjektiver Nachteil der Anzeigerin für sich alleine nicht entscheidend sei. Letztlich würden durch die vorgenommene Anordnung lediglich private Interessen von dritten Fernmeldeunternehmen verfolgt, welche durch vorsorgliche Massnahmen im Kartellverwaltungsverfahren aber nicht geschützt werden könnten. Vielmehr seien diese Fernmeldeunternehmen auf den Zivilrechtsweg zu verweisen.

    4. Zudem erhebt die Beschwerdeführerin den allgemeinen Einwand, das die Nachteilsprognose für den Wettbewerb nur dann gegeben sei, wenn gravierende und irreversible Strukturveränderungen des betroffenen Markts drohen würden, wenn die wirtschaftliche Existenz der betroffenen Unternehmen ernsthaft in Frage gestellt sei oder ein anderweitiger schwerer Nachteil für den Wettbewerb als dem vom Kartellgesetz geschützten Rechtsgut zur Diskussion stehe.

    5. Mit Bezug auf den vorliegenden Sachverhalt erhebt die Beschwerdeführerin den Einwand, dass die Vorinstanz in Widerspruch zur regionalen Marktabgrenzung dem nicht leicht wieder gut zu machenden Nachteil für den Wettbewerb in räumlicher Hinsicht dadurch Gewicht verschaffen

      wolle, indem sie von einer landesweiten Marktabgrenzung auszugehen scheine. Diese Sachverhaltserhebung sei falsch und aktenwidrig, denn die Beschwerdeführerin habe im Rahmen ihrer Stellungnahme stets darauf hingewiesen, dass Fernmeldeunternehmen das Layer 1-Angebot von Swisscom in Gebieten mit einer P2P-Netzarchitektur, d.h. den bisherigen Gebieten mit Baukooperationen, mindestens im bisherigen Umfang weiter beziehen könnten.

    6. Darüber hinaus erhebt die Beschwerdeführerin den Einwand, dass der von der Wettbewerbspraxis vorausgesetzte nicht leicht wieder gut zu machende Nachteil vorliegend nicht bejaht werden könne.

    7. Denn zum einen seien die anderen Fernmeldeunternehmen in den massgeblichen Gebieten aufgrund von ausreichenden Handlungsalternativen allenfalls marginal davon betroffen, dass aufgrund der eingesetzten P2MP-Technologie kein klassisches Layer 1-Angebot ermöglicht werden könne. So würden auch in den bereits bestehenden FTTH-Netzen trotz des vorhandenen Angebots eines Layer 1-Zugangs gewisse Fernmeldeunternehmen dennoch andere Layer 3-Produkte beziehen.

    8. Vielmehr hätten gewisse Fernmeldeunternehmen durch ein faktisches Technologieverbot für eine P2MP-Topologie sogar unmittelbar negative Auswirkungen zu gewärtigen.

    9. Zum anderen drohe schon deshalb kein Nachteil für den Wettbewerb, weil keine ausreichenden Nachweise für das Bestehen eines strukturellen Marktverschlusses oder einer akuten Existenzbedrohung für andere Fernmeldeunternehmen einschliesslich der Anzeigerin oder eines sonstigen schwerwiegenden Nachteils vorgebracht worden seien.

      1. Vorbringen der Vorinstanz

    10. Die Vorinstanz hält an der Nachteilsprognose der angefochtenen Verfügung fest. Die hierfür vorgebrachten Aspekte werden im Rahmen der Würdigung durch das Gericht berücksichtigt.

      1. Würdigung durch das Gericht

    11. Die Nachteilsprognose erfordert unter Berücksichtigung des Schutzzwecks des Kartellgesetzes (vgl. E. 168) die Feststellung, dass der

      Verzicht auf die vorsorgliche Massnahme einen nicht leicht wieder gut zu machenden Nachteil für einen Betroffenen im Wettbewerb bewirken könnte bzw. würde. Teilweise wird dieses Kriterium in der Rechtspraxis auch als Anordnungsgrund bezeichnet (BVGer, 8.10.2007, A-6043/2007, E. 5.3).

      1. Betroffene

    12. Als Betroffene eines Verzichts auf die vorsorgliche Massnahme haben die anderen Marktteilnehmer zu gelten, die dem in Frage stehenden, potentiell wettbewerbswidrigen Verhalten ausgesetzt sind. Dabei werden jedenfalls sowohl Konkurrenten als auch Lieferanten oder Kunden der potentiell wettbewerbswidrig handelnden Unternehmen erfasst.

    13. Auch in anderen Rechtsgebieten wurde bislang auf die individuelle Betroffenheit eines einzelnen Unternehmens abgestellt, wie z.B. im Fernmelderecht (BGE 127 II 132, Swisscom/TDC – vorsorgliche Massnahmen, E. 4a).

    14. Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin (vgl. E. 613) sind für eine Beurteilung der Nachteilsprognose auch die privaten Interessen anderer Marktteilnehmer zu berücksichtigen (vgl. E. 168). Denn die neuere Rechtsprechung hat bestätigt, dass der Schutzzweck des Kartellgesetzes nicht nur als Institutionenschutz den Wettbewerb in seiner Funktion umfasst, sondern darüber hinaus gleichrangig auch als Individualschutz den Schutz der wirtschaftlichen Handlungsfreiheit der einzelnen Marktteilnehmer (BGE 139 I 72, Publigroupe, E. 10.1.2). Dieser umfassende Schutzzweck ist auch für das Kartellverwaltungsverfahren massgebend (anders noch BGer, 2A.142/2003, Cablecom/Teleclub, E. 3.1). Es ist weder ein Grund ersichtlich noch wird ein solcher von der Beschwerdeführerin vorgetragen, warum diese duale Ausrichtung im Rahmen eines Kartellverfahrens zwar für den Endentscheid, nicht aber für den Erlass einer vorsorglichen Massnahme zu berücksichtigen wäre.

    15. Eine entsprechende Beschränkung wäre sachlich auch nicht umsetzbar, weil im Rahmen der Beurteilung von Wettbewerbsbeschränkungen allein die individuelle Beeinträchtigung eines einzelnen Unternehmens massgebend sein kann, ohne dass hierbei die Feststellung einer darüber hinaus gehenden gesonderten Beschränkung des wirksamen Wettbewerbs erforderlich ist. So ist der wirksame Wettbewerb in seiner

      Funktion allein durch das Vorhandensein eines marktbeherrschenden Unternehmens bereits so stark gestört, dass jede weitere unangemessene Beeinträchtigung eines einzelnen Unternehmens in Gestalt eines Marktmachtmissbrauchs als wettbewerbsschädigend zu qualifizieren ist, unabhängig davon, inwieweit dadurch sonstige Marktteilnehmer beeinträchtigt werden. Auch die Wettbewerbswidrigkeit von Wettbewerbsabreden in Form von Kernbeschränkungen ist vorbehaltlich einer allfälligen Rechtfertigung gegeben, ohne dass hierfür die Betroffenheit einer bestimmten Anzahl an Unternehmen als quantitative Erheblichkeit erforderlich wäre, wie dies bei anderen Wettbewerbsabreden der Fall ist. Das materielle Kartellrecht lässt demnach allein die individuelle Betroffenheit eines Unternehmens zur Feststellung einer Wettbewerbsbeschränkung genügen, weil dies für eine unzulässige Einschränkung des wirksamen Wettbewerbs ausreichend ist. Daher kann im Rahmen des Verfahrens zur Abwendung eines sich daraus ergebenden Nachteils für einen Betroffenen der Individualschutz nicht einfach ausgeblendet werden.

    16. Eine Beschränkung der Nachteilsprognose auf das ausschliessliche Vorliegen eines allfälligen Nachteils für den wirksamen Wettbewerb, insbesondere in Form einer irreversiblen Strukturveränderung des relevanten Markts, ist demnach aufgrund des umfassenden Schutzzwecks des Kartellgesetzes ausgeschlossen.

    17. Im Übrigen steht der von der Beschwerdeführerin geltend gemachte Einwand in einem grundlegenden Widerspruch zu einem anderen von ihr vorgebrachten Einwand gegen die Anordnung von vorsorglichen Massnahmen. Denn einerseits macht die Beschwerdeführerin geltend, die privaten Interessen einzelner Marktteilnehmer seien nicht zu berücksichtigen. Andererseits verlangt sie, dass der Nachteil – wenn schon nicht in einer irreversiblen Änderung der Marktstruktur – zumindest in einer Existenzbedrohung oder einem Marktaustritt eines betroffenen Unternehmens bestehen müsse. Wenn ein Unternehmen zur Begründung einer Beantragung von vorsorglichen Massnahmen aber das Vorliegen der eigenen Existenzbedrohung oder des eigenen Marktaustritts glaubhaft zu machen hätte, müsste es hierfür zwangsläufig die eigenen privaten Interessen an der Vermeidung dieser Gefahren darlegen und belegen. Die beiden von der Beschwerdeführerin geltend gemachten Anforderungen an eine vorsorgliche Massnahme schliessen sich demzufolge inhaltlich aus. Die beiden Einwände sind daher irrelevant.

    18. Vorliegend sind durch die Abweichung vom Glasfaserstandard jedenfalls alle Fernmeldeunternehmen betroffen, die als aktuelle oder potentielle Marktteilnehmer bereits jetzt oder in Zukunft Fernmeldedienste gegenüber Endkunden anbieten wollen und hierfür auf das Angebot an FTTH-Netzen zurückgreifen müssen.

    19. Da allen anderen Fernmeldeunternehmen aufgrund der Abweichung vom Glasfaserstandard die Möglichkeit verwehrt wird, eigenständige Fernmeldedienste gegenüber den Endkunden erbringen zu können, wird in jedem Fall auch der wirksame Wettbewerb auf dem Markt der Fernmeldedienste funktional beeinträchtigt.

    20. Daher ist der Einwand der Beschwerdeführerin (vgl. E. 613), mit der vorsorglichen Massnahme würden nur die privaten Interessen anderer Fernmeldeunternehmen geschützt, offensichtlich unbegründet.

      1. Nachteil

    21. Als Ausgangspunkt einer inhaltlichen Feststellung des Nachteils für einen Betroffenen ist zunächst zu beachten, dass für diesen Nachteil keine anderen Anforderungen gestellt werden können, als an eine Feststellung des Nachteils für das wettbewerbswidrig handelnde Unternehmen, der diesem durch die Anordnung einer vorsorglichen Massnahme entsteht. Denn für die Feststellung der Zumutbarkeit müssen die widerstreitenden Interessen zunächst unvoreingenommen und gleichrangig gegenübergestellt werden, um eine sachgerechte Interessenabwägung vornehmen zu können. Daher können keine unterschiedlichen Anforderungen an eine Feststellung dieser Interessen in Abhängigkeit von der jeweiligen Parteistellung gestellt werden.

    22. Dies gilt aus verfahrensrechtlicher Sicht im Übrigen schon deshalb, weil im Einzelfall auch das wettbewerbswidrig handelnde Unternehmen einen Antrag auf Erlass einer vorsorglichen Massnahme zur modifizierten Weiterführung des fraglichen Verhaltens bis zu einem Endentscheid stellen kann und sich mit dem Wechsel der verfahrensrechtlichen Stellung der beteiligten Parteien auch die Betrachtungsweise umkehrt.

    23. Als Grundlage für einen nicht leicht wieder gut zu machenden Nachteil eines Betroffenen ist nach ständiger Rechtsprechung ein rechtliches oder tatsächliches Interesse zu qualifizieren, wobei insbesondere

      ein wirtschaftliches Interesse ausreichend sein kann (BGer, 2A.142/2003, Cablecom/Teleclub, E. 3.1; BGer, 1.12.2004, 2A.439/2004, Sport-TotoGesellschaft gg. SpielbankenKom, zit. Tactilo, E. 2.3; BVGer, A-359/2018, Inclusion, E. 4.2). Dabei werden keine besonderen Anforderungen an den Nachteil gestellt (BGE 127 II 132, Swisscom/TDC – Vorsorgliche Massnahmen, E. 4a; BVGer, A-359/2018, Inclusion, E. 5.1). Der Nachteil darf nicht leicht wieder gut zu machen sein, wodurch sich eine mildernde Abweichung gegenüber der Anforderung für den Nachweis der Beschwerdelegitimation ergibt. Ungeachtet dessen wird er teilweise auch als «schwerer Nachteil» bezeichnet (BVGer, 8.10.2007, A-6043/2002, E. 5.3).

    24. Diese inhaltliche Einschätzung korrespondiert mit dem Umstand, dass auch für eine Beurteilung der aufschiebenden Wirkung, die den gleichen Anforderungen untersteht (vgl. E. 179), die jeweiligen Gründe für deren Entzug lediglich diejenigen Gründe für die Regelanwendung bzw. die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung überwiegen müssen (BGE 129 II 286 E. 3.3; BVGer, A-359/2018, Inclusion, E. 8.2) und keine ganz aussergewöhnlichen Umstände vorausgesetzt werden (BGE 129 II 286 E. 3.1; BGE 99 Ib 215 E. 5).

    25. In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, dass sogar für den nicht wieder gut zu machenden Nachteil als Voraussetzung der Beschwerdelegitimation bereits die Gefahr des Verlusts von Aufträgen als eine Einschränkung der wettbewerbswirtschaftlichen Entfaltung und damit als ausreichender Nachteil qualifiziert wird. Denn im Rahmen eines Konkurrenzverhältnisses gegenüber einem allfällig marktbeherrschenden Unternehmen besteht die Gefahr, beim Bezug von dessen Produkten wegen allenfalls überhöhter Preise Aufträge von Kunden nicht zu erhalten und dadurch eine bleibende Behinderung zu erleiden (BGer, 17.12.1999, Commcare AG gg. Swisscom AG und ComCom, publ. BGE 125 II 613, zit. Commcare I, E. 6b). Darüber hinaus wird auch eine finanzielle Einbusse, die sich aufgrund allfällig überhöhter Preise ergibt, als ausreichender Nachteil angesehen, soweit eine rückwirkende Rückforderung nach Erlass der Endentscheidung nicht gesichert ist (BGE 125 II 613, Commcare I, E. 4a).

    26. Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin (vgl. E. 616 f.) setzt die Nachteilsprognose demzufolge insbesondere nicht voraus, dass der Nachteil in einer Existenzbedrohung oder einem allfälligen Marktaustritt der Mitbewerber als betroffene Marktteilnehmer besteht. Ein entsprechendes Verständnis würde sowohl dem Wortlaut und dem Zweck des

      Merkmals als auch der Systematik des einstweiligen Rechtsschutzes widersprechen. Dasselbe gilt aus den gleichen Gründen ebenfalls für den Aspekt einer allfälligen irreversiblen Strukturveränderung des relevanten Markts.

    27. Die Formulierung «nicht leicht wieder gut zu machender Nachteil» grenzt Beeinträchtigungen gegenüber solchen ab, die «leicht wieder gut zu machen» sind. Massgeblicher Aspekt der Beurteilung ist aus sprachlicher Sicht daher die Möglichkeit zu einer leichten Wiedergutmachung und nicht eine besonders geartete, abstrakte Schwere eines Nachteils. Als leichte Wiedergutmachung ist die Aussicht zu qualifizieren, dass die bis zum Zeitpunkt des Endentscheids allfällig eintretenden Beeinträchtigungen von einem Betroffenen danach ohne nennenswerte grössere Schwierigkeiten und demnach mit einem geringen Aufwand innerhalb eines kurzen überschaubaren Zeitraums wieder ausgeglichen werden können. Demzufolge ist die Nachteilsprognose umgekehrt bereits dann zu bejahen, wenn aufgrund der konkreten Umstände davon auszugehen ist, dass ein betroffener Marktteilnehmer die Beeinträchtigungen nach Erlass des Endentscheids nicht mit geringem Aufwand innerhalb eines kurzen überschaubaren Zeitraums ausgleichen kann.

    28. Demgegenüber lässt sich die Formulierung des nicht leicht wieder gut zu machenden Nachteils jedenfalls nicht auf das Vorliegen von schwerwiegendsten Beeinträchtigungen begrenzen, weshalb eine Einschränkung auf die Notwendigkeit einer Existenzbedrohung oder eines Marktaustritts bereits aus sprachlichen Gründen ausscheidet.

    29. Bei einer teleologischen Betrachtung lässt sich eine entsprechende allgemeine Anforderung der Existenzbedrohung oder des Marktaustritts schon deshalb nicht begründen, weil sie im Einzelfall regelmässig zu sachwidrigen Ergebnissen führen würde. So wäre es dadurch sogar ausgeschlossen, dass die Wettbewerbsbehörden die Fortführung eines unzweifelhaft wettbewerbswidrigen Verhaltens durch ein marktbeherrschendes Unternehmen mittels einer vorsorglichen Massnahme sofort unterbinden könnten, weil der jeweilige Behinderungsoder Ausbeutungsmissbrauch nicht in einer vollständigen Existenzvernichtung bestehen oder nicht zumindest zu einem Marktaustritt eines Mitbewerbers führen würde. Mit der Statuierung einer entsprechenden Anforderung würde demzufolge der Zweck einer Anordnung von vorsorglichen Massnahmen durch die Wettbewerbsbehörden – zum Schutz eines bestehenden Zustands oder

      von bedrohten Interessen durch Massnahmen des vorläufigen Rechtsschutzes eingreifen zu können (vgl. E. 165) – geradezu konterkariert.

    30. Diese sprachliche und teleologische Auslegung und Einschätzung wird durch eine systematische Betrachtung bestätigt.

    31. So wurde durch die Rechtspraxis auch für die Berücksichtigung des Nachteils eines wettbewerbswidrig handelnden Unternehmens im Rahmen der erforderlichen Interessenabwägung keine entsprechende Anforderung der Existenzbedrohung oder des Marktaustritts aufgestellt. Vielmehr wurde auch das blosse Interesse anerkannt, einen Aufwand während des Zeitraums bis zum Endentscheid zu vermeiden, der sich danach als unnütz erweisen könnte, ohne dass hierfür eine Gefahr der Existenzbedrohung oder des Marktaustritts für das marktbeherrschende Unternehmen erforderlich war (BGE 127 II 139, Swisscom/TDC, E. 4b). Es ist kein Grund ersichtlich, warum den Aspekten der Existenzbedrohung und des Marktaustritts nur eine Bedeutung bei der Beurteilung des Nachteils der von einem wettbewerbswidrigen Verhalten betroffenen Marktteilnehmer, nicht aber bei der Beurteilung des Nachteils für das wettbewerbswidrig handelnde Unternehmen zukommen soll.

    32. Auch für die Feststellung einer Technologieeinschränkung und anderer Marktmachtmissbräuche in der Hauptsache ist das Vorliegen einer Existenzvernichtung oder eines Marktaustritts von anderen Marktteilnehmern nicht erforderlich (vgl. E. 590).

    33. Die Aspekte der Existenzvernichtung und des Marktaustritts bilden denn auch in anderen Rechtsgebieten keine zwingenden Voraussetzungen für die Anordnung von vorsorglichen Massnahmen. Es ist kein Grund ersichtlich und von der Beschwerdeführerin ist auch kein solcher Grund angeführt worden, warum im Kartellrecht die Anforderungen an eine grundsätzliche Anordnung in derartiger Weise erhöht werden müssten.

    34. Zudem finden für den Entzug oder die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung einer (allgemeinen) Verfügung die gleichen Kriterien Anwendung wie für die Beurteilung einer Verfügung von vorsorglichen Massnahmen (vgl. E. 179). Folgerichtig wäre die aufschiebende Wirkung einer Verfügung demnach nur noch in den Fällen wiederherzustellen, in denen das von der Verfügung betroffene und die Wiederherstellung beantragende Unternehmen andernfalls in seiner Existenz bedroht wäre oder zumindest einen Marktaustritt zu befürchten hätte. In diesem

      Fall hätte auch die Beschwerdeführerin für ihren Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung darlegen müssen, dass sie bei dessen Ablehnung in ihrer Existenz bedroht wäre oder aus dem Markt austreten müsste, was sie aber offensichtlich unterlassen hat, weil eine entsprechende Voraussetzung nicht besteht. Denn es ist nicht ersichtlich, dass durch die Rechtspraxis bislang eine entsprechende Voraussetzung für das Kartellrecht oder ein anderes Rechtsgebiet aufgestellt wurde oder die Statuierung einer entsprechenden Voraussetzung als sachlich angemessen zu qualifizieren wäre.

    35. Darüber hinaus korrespondiert der vorliegend festgestellte Inhalt des Merkmals eines nicht leicht wieder gut zu machenden Nachteils auch eher mit dem Inhalt des Merkmals des nicht wieder gut zu machenden Nachteils als Voraussetzung der Beschwerdelegitimation eines Beschwerdeführers bei der Beschwerde gegen eine Zwischenverfügung (vgl. E. 6). Denn es wäre widersprüchlich, wenn an die Voraussetzung der Nicht-leichten-Wiedergutmachung, der bloss eine relative Bezugnahme zu Grunde liegt, die höheren sachlichen Anforderungen gestellt werden würden als an die Voraussetzung der Nicht-Wiedergutmachung, der eine absolute Bezugnahme zu Grunde liegt. Auch letztere setzt nur voraus, dass die bis zum Erlass des Endentscheids allfällig eintretende Beeinträchtigung nachträglich nicht mehr ausgeglichen werden kann und nicht, dass darüber hinaus ein betroffenes Unternehmen deshalb auch noch seine Existenz verliert oder aus dem Markt austreten muss. Dies gilt ungeachtet des Umstands, dass auch zwischen den beiden unterschiedlichen Anforderungen der Zulässigkeit und der materiellen Beurteilung eine grundlegende Abweichung verbleibt.

    36. Im Ergebnis ist daher festzuhalten, dass das Vorliegen eines nicht leicht wieder gut zu machenden Nachteils weder eine Existenzbedrohung noch einen allfälligen Marktaustritt eines betroffenen Marktteilnehmers noch eine irreversible Strukturveränderung des relevanten Markts voraussetzt, um die Nachteilsprognose als Grundlage einer vorsorglichen Massnahme zu erfüllen.

      1. Berücksichtigung des Nachteils

    37. Bei der Berücksichtigung des Nachteils ist zwischen dessen Feststellung im Rahmen der Nachteilsprognose und dessen Bedeutung im Rahmen der Zumutbarkeit zu unterscheiden, weil es sich hierbei um un-

      terschiedliche Voraussetzungen für die Anordnung einer vorsorglichen Massnahme handelt.

    38. Für die Feststellung des Nachteils im Rahmen der Nachteilsprognose ist das Vorliegen eines nicht leicht wieder gut zu machenden Nachteils ausreichend. Damit ist allerdings noch keine Bewertung des Nachteils im Rahmen der Prüfung der Zumutbarkeit verbunden. Denn für die Interessenabwägung sind die wiederstreitenden Interessen unter Berücksichtigung der Erfolgsprognose einander gegenüberzustellen. Dabei muss der mit der angeordneten Massnahme abzuwendende Nachteil umso gewichtiger zu beurteilen sein, je geringer die Erfolgsprognose ausfällt, um gegenüber einem anerkennenswerten Interesse des Wettbewerbsstörers Vorrang zu erhalten.

    39. Die Aspekte einer Existenzvernichtung und eines Marktaustritts können demnach dann eine massgebliche Bedeutung erlangen, wenn im Einzelfall die Erfolgsprognose in Bezug auf die Bejahung eines wettbewerbswidrigen Verhaltens eher zweifelhaft ist und dementsprechend die Möglichkeit einer immensen Schädigung anderer Marktteilnehmer gegeben sein müsste, um die Anordnung einer vorsorglichen Massnahme überhaupt begründen zu können.

    40. In diesem Sinne sind auch die Ausführungen zur Nachteilsprognose in der bisherigen Wettbewerbspraxis (BGE 130 II 149, Sellita, E. 2.4 und 3.4.1; BGE 127 II 132, Swisscom/TDC – Vorsorgliche Massnahmen,

      E. 4b; WEKO, Eishockey im Pay-TV, RPW 2017/3, 419, Ziff. 87; WEKO, Sport im Pay-TV – vorsorgliche Massnahmen, RPW 2014/2, 389, Ziff. 18 m.w.H.) zu verstehen, auf welche die Beschwerdeführerin verweist. Auch die angefochtene Verfügung stellt hierzu in Übereinstimmung mit früheren Entscheiden bereits fest, dass es sich bei derartigen Sachverhaltskonstellationen nur um «den klarsten Fall» einer Nachteilsprognose handelt.

      1. Sachverhalt

    41. Im vorliegenden Fall ist aufgrund der Erfolgsprognose von der Verwirklichung einer Technologieeinschränkung zu Lasten der Beschwerdeführerin auszugehen. Daher besteht von vornherein keine Notwendigkeit zur Einschränkung der Nachteilsprognose auf die Feststellung einer Existenzvernichtung oder eines Marktaustritts. Deshalb bedürfen diese As-

      pekte auch keiner weiteren inhaltlichen Erörterung im Rahmen der Nachteilsprognose.

    42. Das Abweichen vom Glasfaserstandard beim Ausbau eines FTTHNetzes mit dem intendierten Einfaser-Modell mit P2MP-Topologie durch Swisscom führt dazu, dass die übrigen Fernmeldeteilnehmer keinen Layer 1-Zugang zu diesem Glasfasernetz erhalten, sondern nur Layer 3- Produkte von Swisscom als Ersatzprodukte beziehen müssen. Dadurch ist es ausgeschlossen, dass die anderen Fernmeldeunternehmen eigenständige Fernmeldedienste auf dem Markt anbieten können. Dieser Umstand ist unstrittig und wird von der Beschwerdeführerin selbst eingeräumt (vgl. E. 277). Soweit andere Fernmeldeunternehmen im Rahmen der erweiterten Netzbaustrategie einen gewissen unmittelbaren Zugang zu einer Teilnehmeranschlussleitung erhalten, ist zum einen deren Anzahl auf vier Unternehmen je Anschlusszentrale bzw. Strassenverteiler beschränkt und zum anderen kann ein solcher Zugang nicht individuell für einzelne Teilnehmeranschlüsse hergestellt, sondern nur für sämtliche Teilnehmeranschlüsse der jeweiligen Anschlusszentrale bzw. des jeweiligen Strassenverteilers zugewiesen werden, weshalb er nicht als Layer 1- Zugang zur Sicherstellung einer offenen Wettbewerbsmatrix zu qualifizieren ist (vgl. E. 433 ff.).

    43. Wie bereits im Rahmen der Erfolgsprognose dargelegt, ergibt sich dadurch eine schwerwiegende Einschränkung sowohl der wirtschaftlichen Freiheiten der übrigen Fernmeldeunternehmen und der Endkunden als auch des Wettbewerbs auf den Grossund Einzelhandelsmärkten für Fernmeldedienste.

    44. Zum einen sind die übrigen Fernmeldeunternehmen aufgrund der Einschränkung ihrer wirtschaftlichen Handlungsfreiheit nicht in der Lage, auf der Einzelhandelsebene mit originären Produkten einen umfassenden Wettbewerbsdruck sowohl im Leistungsbereich als auch im Preisbereich gegenüber den Produkten von Swisscom zu erzeugen. Insbesondere könnten die übrigen Fernmeldeunternehmen keinen Vorsprung im Wettbewerb durch die zeitlich frühere Bereitstellung eines verbesserten Angebots erzielen. Vielmehr wären sie ausschliesslich darauf beschränkt, im Rahmen des Wiederverkaufs der Ersatzprodukte von Swisscom den Endkunden Preisvorteile gegenüber den leistungsmässig identischen Produkten von Swisscom einzuräumen. Damit kämen den Endkunden auch keine umfassenden Wahlmöglichkeiten hinsichtlich des Leistungs-

      bereichs und des Preisbereichs der von den verschiedenen Fernmeldeunternehmen angebotenen Produkte zu.

    45. Zum anderen ergeben sich Kapazitätsprobleme für andere Fernmeldeunternehmen, weshalb der Markteintritt von neuen Fernmeldeunternehmen und die Expansionsbestrebungen der bestehenden Fernmeldeunternehmen beeinträchtigt werden.

    46. Diese schwerwiegenden Einschränkungen würden ohne vorsorgliche Massnahme durch den Ausbau des unzulässigen FTTH-Netzes bis zum Erlass einer rechtsverbindlichen Entscheidung in der Hauptsache zementiert. Dabei ist davon auszugehen, dass der potentiell rechtswidrige Ausbau angesichts der in Kartellverfahren üblichen Zeitdauer und dem Umstand, dass Wettbewerbsentscheide regelmässig über mehrere Instanzen angefochten werden, für viele Jahre fortgesetzt werden könnte. Swisscom will in den nächsten drei Jahren bis 2025 einen weiteren Anteil von annähernd 33% des FTTH-Netzes erstellen. Ein allfälliger Rückbau eines unzulässigen FTTH-Netzes – wenn er überhaupt in Betracht zu ziehen wäre – würde wiederum einige Jahre beanspruchen.

    47. Demzufolge wären die anderen Wettbewerber während eines Zeitraums von vielen Jahren in der Aufnahme ihrer Tätigkeit und der eigenständigen Ausgestaltung ihrer Dienstleistungen eingeschränkt. Infolgedessen würden sich mit hoher Wahrscheinlichkeit die Möglichkeit zu einer geringeren Kundenakquisition und damit auch finanzielle Einbussen ergeben. Aufgrund der fehlenden Möglichkeit zur wettbewerbswirtschaftlichen Entfaltung wäre zudem die Wettbewerbsfähigkeit gegenüber Swisscom eingeschränkt.

    48. Die Nachteilsprognose ist aufgrund dieser Ausgangslage ohne Weiteres erfüllt.

    49. Die von der Beschwerdeführerin hiergegen vorgebrachten weiteren Einwände sind unbegründet oder irrelevant.

    50. Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin (vgl. E. 617) stellen die bislang vorhanden Ersatzprodukte von Swisscom, wie bereits darlegt, keine valable Alternative für einen Layer 1-Zugang auf Grundlage des Glasfaserstandards dar. Diese Einschätzung vermag auch der Umstand, dass gewisse Fernmeldeunternehmen diese Ersatzprodukte in den bereits vorhandenen FTTH-Netzen beziehen, nicht aufzuheben.

    51. Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin (vgl. E. 617) steht der vorstehenden Bewertung im Rahmen der Nachteilsprognose nicht entgegen, dass auch bei einem Ausbau gemäss Glasfaserstandard in Zukunft einzelne Fernmeldeunternehmen nur Ersatzprodukte beziehen und auf den Bezug eines Layer 1-Angebots verzichten werden. Denn genau mit einer derartigen Auswahlentscheidung machen diese Unternehmen von der ihnen tatsächlich zukommenden wirtschaftlichen Handlungsfreiheit Gebrauch, die den anderen Unternehmen umgekehrt verwehrt werden würde.

    52. Im Übrigen legt die Beschwerdeführerin entgegen ihrem Einwand (vgl. E. 618) in diesem Zusammenhang nicht dar, in welcher Weise andere Fernmeldeunternehmen bei einem Ausbau eines FTTH-Netzes gemäss Glasfaserstandard gegenüber einem Einfaser-Modell mit P2MPTopologie negative Auswirkungen zu gewärtigen hätten. Denn nach den eigenen Angaben der Beschwerdeführerin können die anderen Fernmeldeunternehmen bei den bestehenden, gemäss Glasfaserstandard ausgebauten FTTH-Netzen die Ersatzprodukte von Swisscom uneingeschränkt beziehen, weshalb sich kein Unterschied zu dem von Swisscom intendierten Netzausbau ergibt. Ihre Behauptung ist daher widersprüchlich und irrelevant.

    53. Der Einwand der Beschwerdeführerin (vgl. E. 615), wonach die notwendige Nachteilsprognose erst durch eine räumliche Ausdehnung auf das gesamte Landesgebiet in der angefochtenen Verfügung nachgewiesen werde, ist unbegründet, weil es für die Nachteilsprognose ausreichend ist, dass ein entsprechender Nachteil für die Mitbewerber und den Wettbewerb für die Neubaugebiete, in denen ein FTTH-Netz erst noch hergestellt werden muss, festzustellen ist. Daher bedarf es keiner darüber hinaus gehenden Abklärung, ob dieser Einwand angesichts der Ausführungen in der angefochtenen Verfügung überhaupt zutreffend ist.

      1. Kausalzusammenhang

    54. In der Wettbewerbspraxis wird zusätzlich das Bestehen eines Kausalzusammenhangs zwischen der Wettbewerbsbeschränkung und dem allfällig eintretenden Nachteil verlangt.

    55. Dieser Kausalzusammenhang ist vorliegend offensichtlich gegeben.

  7. DRINGLICHKEIT

    1. Die angefochtene Verfügung bejaht die Dringlichkeit einer Anordnung der vorsorglichen Massnahmen mit dem Verweis auf den laufenden und forcierten Ausbau von Glasfasernetzen durch Swisscom mit der von ihr angestrebten Netzarchitektur in Abweichung vom Glasfaserstandard.

      1. Vorbringen der Beschwerdeführerin

    2. Die Beschwerdeführerin bringt verschiedene Einwände gegen das Vorliegen der Dringlichkeit vor.

    3. Zunächst erhebt die Beschwerdeführerin den Einwand, dass sowohl aus dem Verhalten der Anzeigerin als auch demjenigen der Vorinstanz keine unmittelbare zeitliche Dringlichkeit abgeleitet werden könne.

    4. Die Anzeigerin habe bereits im Jahr 2018 Kenntnis von der Netzbaustrategie 2020 erlangt. Dass in einer ersten Phase noch Unklarheiten über den Umfang und die Reichweite des Einsatzgebiets für die P2MPNetzarchitektur bestanden habe, würde daran nichts ändern. Vor diesem Hintergrund habe die Anzeigerin mit der Anzeige und dem Gesuch auf Erlass einer vorsorglichen Massnahme zu lange zugewartet, als dass noch von zeitlicher Dringlichkeit gesprochen werden könne. Entsprechende Anträge auf einstweiligen Rechtsschutz wären bereits früher möglich und ohne Weiteres zumutbar gewesen. Die Anzeigerin habe es auch unterlassen, plausibel und glaubhaft darzulegen, weshalb nun gerade in der aktuellen Situation umgehender Handlungsbedarf bestehen soll.

    5. Nachdem die Vorinstanz bereits ab März 2020 Sachverhaltsabklärungen vorgenommen und sich nach Eingang der Anzeige vom 9. September 2020 noch drei Monate Zeit bis zum Erlass der angefochtenen Verfügung gelassen habe, sei es nicht nachvollziehbar und glaubwürdig, dass Ende 2020 plötzlich unmittelbarer Handlungsbedarf bestanden haben soll.

    6. Zudem erhebt die Beschwerdeführerin den Einwand, dass eine zeitliche Dringlichkeit auch nicht durch den Hinweis der Vorinstanz nachgewiesen werde, wonach Swisscom derzeit den Netzausbau forciere und damit die Gefahr eines fait accompli bestehe, weil Swisscom mit jedem Ausbau ihrer Infrastruktur täglich Fakten schaffe und nachträgliche Umrüstungen sowie bauliche Anpassungen zudem mit grossen Kosten ver-

      bunden seien. Vielmehr sei dies eine widersprüchliche und inkonsequente Argumentation der Vorinstanz. Denn dabei werde für die Begründung der zeitlichen Dringlichkeit in Widerspruch zur Begründung der angeblichen Verhältnismässigkeit der vorsorglichen Massnahme, wonach der angeordnete Eingriff angesichts der Möglichkeit eines Layer 1- Entbündelungsangebots massvoll und zumutbar sei, offenbar von der Prämisse eines (zumindest de facto) Baustopps bzw. einer Technologievorgabe (Verbot P2MP-Netzarchitektur) ausgegangen.

      1. Vorbringen der Vorinstanz

    7. Die Vorinstanz hält an der angefochtenen Verfügung fest. Die hierfür vorgebrachten Aspekte werden im Rahmen der Würdigung durch das Gericht berücksichtigt.

      1. Würdigung durch das Gericht

    8. Dringlichkeit setzt voraus, dass die Erhaltung des bestehenden Zustands oder die Sicherstellung bedrohter Interessen unmittelbar gefährdet ist und daher zu deren Schutz die Notwendigkeit besteht, die vorsorgliche Massnahme sofort anzuordnen (BGE 130 II 149, Sellita, E. 2.2; BGE 127

      II 132, Swisscom/TDC, E. 3; BVGer, 31.3.2016, A-1703/2016, E. 3.2; SEILER, WW-VwVG, Art. 55 Rn. 94; WEISSENBERGER PHILIPPE/HIRZEL AST-

      RID, Der Suspensiveffekt und andere vorsorgliche Massnahmen, in: Häner/Waldmann [Hrsg.], Brennpunkte im Verwaltungsprozess, Zürich 2013, zit. Suspensiveffekt, 73). Erscheint es hingegen zumutbar, auf die Anordnung vorsorglicher Massnahmen während des Rechtsmittelverfahrens zu verzichten, ist keine Dringlichkeit gegeben (BGer, 15.2.2002, 1A.6/2002 u. 1A.7/2002, E. 4.3). Für die Beurteilung im Einzelfall ist dabei zu beachten, dass zur Begründung der Dringlichkeit einerseits nicht nur ganz aussergewöhnliche Umstände vorliegen müssen und andererseits allgemeine Lebensrisiken nicht ausreichen (BGE 129 II 286 E. 3.2; BGE 105 V 266 E. 2; SEILER, WW-VwVG, Art. 55 Rn. 94).

    9. Bei Schutzobjekten wie Infrastrukturnetzen einschliesslich von Telekommunikationsund Glasfasernetzen, bei denen ein Dauerzustand hergestellt wird oder fortbesteht, nimmt die Dringlichkeit einer Sicherstellung des bisherigen Zustands oder der gefährdeten Interessen mit dem zu-

      nehmenden Umfang eines unrechtmässigen Neuoder Ausbaus fortlaufend zu.

    10. Dies wurde für andere Rechtsbereiche bereits festgestellt (BGE 127 II 132, Swisscom/TDC – Vorsorgliche Massnahmen, E. 4a).

    11. Die Dringlichkeit endet bei solchen Schutzobjekten dann, wenn zwischen dem angestrebten und dem bereits erreichten Zustand kein wesentlicher Unterschied mehr besteht, weil der Endzustand bereist vollständig oder zumindest annähernd erreicht ist, und eine bestimmte angeordnete oder in Betracht zu ziehende Massnahme, die auf eine Vermeidung des Endzustands ausgerichtet ist, daher ihren Zweck nicht mehr erfüllen kann. In diesem Fall ist allerdings auch die Geeignetheit der Massnahme im Rahmen der Verhältnismässigkeitsprüfung nicht gegeben, weil der Sicherungszweck nur durch den Erlass einer anderen vorsorglichen Massnahme, mit der die Aufhebung des Endzustands herbeigeführt wird, erreicht werden könnte.

    12. Ansonsten endet die Dringlichkeit nur dann, wenn nach allgemeinen Grundsätzen von der Erlangung einer unanfechtbaren Rechtsposition durch das wettbewerbswidrig handelnde Unternehmen oder von einer Verwirkung der Rechtsposition des Anspruchstellers bzw. der Wettbewerbsbehörden auszugehen wäre.

    13. Die Anordnung, beim Bau von FTTH-Glasfasernetzen einen Layer 1-Zugang für andere Fernmeldeunternehmen bereitzustellen, war im Dezember 2020 geboten, weil ein weiteres Zuwarten dazu geführt hätte, dass der Ausbau des wettbewerbswidrigen FTTH-Netzes mit jedem Tag fortlaufend erweitert und damit auch die Wiederherstellung eines ordnungsgemässen Zustands durch einen Rückbau des wettbewerbswidrigen FTTH-Netzes nur noch weiter hinausgezögert und erschwert worden wäre.

    14. Swisscom hatte im Rahmen ihrer Neubaustrategie im Februar 2020 angekündigt, innerhalb von fünf Jahren bis zum Jahr 2025 weitere annähernd 33% des FTTH-Netzes herzustellen und damit ihr FTTH-Netz in der Schweiz zu verdoppeln. Damit wurde entsprechend der Einschätzung in der angefochtenen Verfügung und entgegen dem Einwand der Beschwerdeführerin (vgl. E. 671) ein forcierter Ausbau des FTTH-Netzes eingeleitet, nachdem für die Herstellung der zu diesem Zeitraum bereits bestehenden ersten rund 33% des FTTH-Netzes ein wesentlich längerer

      Zeitraum von rund zehn Jahren beansprucht worden war. Angesichts der notwendigen Dauer von Kartellverwaltungsverfahren und der üblicherweise durchgeführten Rechtsmittelverfahren war daher davon auszugehen, dass der vorgesehene Ausbau des FTTH-Netzes durch Swisscom noch vor Erlass einer letztinstanzlichen Entscheidung hätte beendet werden können. In dem vorgesehenen Zeitraum wäre somit ein wesentlicher Anteil des FTTH-Netzes vollständig ausgebaut und dabei vom Glasfaserstandard abgewichen worden.

    15. Bereits für den Zeitraum zwischen Januar 2021 und Januar 2022 war vorgesehen, eine Vielzahl von Ausbauprojekten im ganzen Land einschliesslich von grossen Orten mit urbanen Verhältnissen (vgl. E. 108) durchzuführen. Dies ergibt sich eindeutig aus der von der Beschwerdeführerin eingereichten Liste der Ausbauprojekte, die insgesamt {550– [xxx]–600} Gemeinden der in der Schweiz vorhandenen 2002 Gemeinden (vgl. E. 102) umfasst. Der Erlass der vorsorglichen Massnahme war demnach geboten, um einen ungehinderten forcierten Ausbau von wettbewerbswidrigen FTTH-Netzen zu unterbinden und die Einhaltung des Glasfaserstandards sicherzustellen.

    16. Die Erlangung einer unanfechtbaren Rechtsposition durch Swisscom war zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Verfügung im Dezember 2020 jedenfalls weder bereits eingetreten noch überhaupt absehbar. Gleiches gilt für eine Verwirkung des Durchsetzungsanspruchs der Wettbewerbsbehörden aufgrund ihres bisherigen Untersuchungsverhaltens.

    17. Die Rechtspraxis hat die Dringlichkeit bereits bei weniger einschneidenden Auswirkungen angenommen. So wurde z.B. das behördliche Verbot einer einstweiligen Aufstellung von Lotteriegeräten bis nach Beendigung von deren notwendiger fachtechnischer Untersuchung bestätigt, weil sich bis dahin ein breites System von Lotterieapparaten hätte entwickeln können, die im Falle ihrer Untersagung wieder zu beseitigen gewesen wären (BGer, 2A.439/2004, Tactilo, E. 3.2.2).

    18. Die Dringlichkeit der angeordneten vorsorglichen Massnahme ist daher gegeben.

    19. Die von der Beschwerdeführerin hiergegen vorgebrachten Einwände sind irrelevant oder unbegründet.

    20. Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin (vgl. E. 668 ff.) setzt die Dringlichkeit einer Massnahme insbesondere keine sofortige oder unverzügliche Anordnung durch die Wettbewerbsbehörden voraus. Denn die Dringlichkeit der angeordneten Massnahme besteht in Bezug auf das Schutzobjekt und nicht hinsichtlich der Aktivität der Wettbewerbsbehörden oder dritter Unternehmen. Deshalb ist sie auch nur im Hinblick auf das Schutzobjekt festzustellen. Die Dringlichkeit entfällt demzufolge nicht deshalb, weil eine Behörde keine sofortige oder unverzügliche Anordnung der vorsorglichen Massnahme vorgenommen hat. Gleiches gilt für allfällige Anzeigen von betroffenen Unternehmen. Daher bedarf es vorliegend entgegen dem Einwand der Beschwerdeführerin (vgl. E. 669) von vornherein auch keiner Abklärung, wann und unter welchen Umständen die Anzeigerin oder die Wettbewerbskommission bereits vor der öffentlichen Verkündung der Netzbaustrategie 2020 durch Swisscom von deren entsprechenden Plänen Kenntnis hätte erlangen können, ungeachtet dessen, dass sich allein aus der Bekanntgabe eines allfälligen zukünftigen Verhaltens auch keine Handlungsverpflichtungen für Konkurrenten oder die Wettbewerbsbehörden ergeben.

    21. Im Übrigen stellt der von den Wettbewerbsbehörden beanspruchte Zeitrahmen zwischen dem Beginn der Marktabklärungen und dem Erlass der vorsorglichen Massnahme auch sachlich keine unangemessene Zeitdauer dar. Denn die behördliche Untersuchung eines hochkomplexen technischen Sachgebiets und einer sachgerechten rechtlichen Würdigung bedarf auch bei einer Hilfeleistung durch Branchenunternehmen und Sachverständige einer gewissen Zeitdauer, die ohne Weiteres den Zeitraum von zehn Monaten deutlich übersteigen kann. Dies gilt umso mehr, wenn das betreffende Unternehmen eine Vielzahl von Stellungnahmen zu sämtlichen tatsächlichen und rechtlichen Aspekten der jeweiligen Sachumstände abgibt, die allesamt einer eingehenden Abklärung zugeführt werden müssen.

    22. Entgegen dem Einwand der Beschwerdeführerin (vgl. E. 671) ist angesichts der dargelegten Ausbauintentionen sowohl von einem forcierten Ausbau des FTTH-Netzes als auch von einem kostenund zeitintensiven Rückbau auszugehen, wobei sich aus diesen Aspekten kein Widerspruch zur vorgenommenen Interessenabwägung ergibt, sondern diese dadurch vielmehr gerade gestützt wird.

  8. GEEIGNETHEIT

    1. Die angefochtene Verfügung bejaht die Geeignetheit der vorsorglichen Massnahme zur Gewährleistung der bestehenden Marktstruktur mit einem Layer 1-Angebot beim weiteren Ausbau des FTTH-Netzes.

      1. Vorbringen der Beschwerdeführerin

    2. Die Beschwerdeführerin bringt verschiedene Einwände gegen das Vorliegen der Geeignetheit der vorsorglichen Massnahme vor.

    3. Zunächst erhebt die Beschwerdeführerin den Einwand, die Vorinstanz habe im Rahmen der angefochtenen Verfügung in keiner Weise dargelegt und nachgewiesen, dass ein Layer 1-Zugang eine notwendige Voraussetzung für die Herstellung von wirksamem Wettbewerb darstelle.

    4. Hierzu verweist die Beschwerdeführerin auf die Bekanntmachung von Sunrise, nach der diese auch ohne Layer 1-Zugang ein solides Jahresumsatzplus von 11,3% und damit einen erheblichen Kundenund Marktanteilsgewinn erzielt habe.

    5. Zudem erhebt die Beschwerdeführerin den Einwand, dass weder die Farbentbündelung noch andere mögliche Layer 1-Zugangsvarianten massenmarkttauglich seien, sondern erst noch entwickelt, getestet und eingeführt werden müssten. Daher sei es fraglich, ob die angeordneten Massnahmen während des Hauptsacheverfahrens überhaupt verbindlich umgesetzt werden könnten. Im Laufe des Verfahrens hat die Beschwerdeführerin dann ausgeführt, dass eine Umsetzung der Farbentbündelung möglich sei und auch immerhin eine gewisse Möglichkeit für deren Durchsetzung am Markt bestünde.

    6. Darüber hinaus erhebt die Beschwerdeführerin den Einwand, dass die angefochtene Verfügung die verbotene Verhaltensweise entgegen den allgemeinen verfahrensrechtlichen Grundsätzen nur ungenügend bestimme und das gebotene Verhalten nicht klar umschreibe und eingrenze, was in Zusammenhang mit der Verhältnismässigkeit der angeordneten vorsorglichen Massnahme zu berücksichtigen sei.

    7. Danach bestehe die Unbestimmtheit und die sich daraus ergebende Rechtsunsicherheit insbesondere in Bezug auf die Frage, unter welchen Bedingungen und mit welchem Zeithorizont von einer direkt sanktionsbe-

      drohten Verletzung der Anordnung auszugehen sei. Denn es bliebe sowohl sachlich unklar, inwieweit die von der Vorinstanz stark in den Vordergrund gerückte Variante der Farbentbündelung angesichts der bestehenden Vorbehalte tatsächlich mit befreiender Wirkung für Swisscom angewendet werden könne, als auch völlig unbestimmt, in welchen Zeitraum die angeordneten Massnahmen umzusetzen seien, weil die Verfügung keine Umsetzungsoder Übergangsfristen aufweisen würde, innerhalb deren die vorsorgliche Massnahme umgesetzt hätte werden müssen.

    8. Diese Unbestimmtheit sei trotz eines formalen Erläuterungsgesuchs der Beschwerdeführerin nicht beseitigt, sondern nur mit weiteren ausweichend-unverbindlichen Aussagen durch das Sekretariat der Wettbewerbskommission verstärkt worden.

    9. Im Übrigen sei die Differenzierung zwischen der Zulässigkeit eines Baus und der Unzulässigkeit einer Inbetriebnahme der jeweiligen Netze nicht nachvollziehbar. Dies sei auch auf grosses Unverständnis in den vom Ausbaustopp betroffenen Gemeinden gestossen. Dies gelte insbesondere für diejenigen Orte, in denen der physische Anschluss des jeweiligen Glasfasernetzes bereits erfolgt ist, die Inbetriebnahme und die effektive Nutzung des Netzes aufgrund der zwischenzeitlich ergangenen vorsorglichen Massnahme aber nunmehr nicht mehr möglich sein soll.

    10. Des Weiteren erhebt die Beschwerdeführerin den Einwand, dass die vorsorgliche Massnahme ungeeignet sei, weil damit auch die Bereitstellung des Produkts FTTH on demand untersagt werde. Denn bei diesem Produkt erfolge die Ausführung auf ausdrückliches Verlangen der jeweiligen Liegenschaftseigentümer. Diese hätten mit Swisscom einen Vertrag zur Herstellung eines FTTH-Netzanschlusses abgeschlossen und würden nunmehr auch dessen Erfüllung durch Swisscom verlangen.

    11. Schliesslich erhebt die Beschwerdeführerin den Einwand, dass die Geeignetheit schon deshalb nicht gegeben sei, weil die vorsorgliche Massnahme wesentliche Nachteile für die Mitbewerber zur Folge habe, weil diese ebenfalls keine höherwertigen Breitbandprodukte auf Basis des Produkts BBCS von Swisscom beziehen und gegenüber den Endkunden anbieten könnten.

      1. Vorbringen der Vorinstanz

    12. Die Vorinstanz hält an der angefochtenen Verfügung fest. Die hierfür vorgebrachten Aspekte werden im Rahmen der Würdigung durch das Gericht berücksichtigt.

      1. Würdigung durch das Gericht

    13. Das Merkmal der Geeignetheit im Rahmen der Verhältnismässigkeitsprüfung setzt voraus, dass der mit der Massnahme verbundene Zweck auch tatsächlich erreicht werden kann. Vorliegend muss mit der vorsorglichen Massnahme demnach erreicht werden können, dass trotz einer Abweichung vom Glasfaserstandard beim weiteren Ausbau des FTTH-Netzes dritten Fernmeldeunternehmen die Möglichkeit eines Layer 1-Zugangs verbleibt, um einen wettbewerbsneutralen weil diskriminierungsund monopolfreien Zugang zum jeweiligen Netz und damit wirksamen Wettbewerb zu gewährleisten.

    14. Die Anordnung, beim Bau von FTTH-Glasfasernetzen einen Layer 1-Zugang für andere Fernmeldeunternehmen bereitzustellen, ist ohne Weiteres geeignet, die mittels des Glasfaserstandards angestrebten Zwecke einer diskriminierungsfreien Nutzung von FTTH-Netzinfrastrukturen und der Verhinderung einer Monopolisierung eines FTTH-Netzes sowie insgesamt einer Sicherstellung von wirksamem Wettbewerb auf FTTHGlasfasernetzen zu gewährleisten.

    15. Mit dem blossen Verweis auf die Zurverfügungstellung eines Layer 1-Zugangs ohne Anordnung einer bestimmten technologischen Grundlage wird zudem der Möglichkeit einer allfälligen technologischen Entwicklung seit Festlegung des Vierfaser-Modells mit P2P-Topologie Rechnung getragen. Denn Swisscom wird dadurch nicht verpflichtet, den Glasfaserstandard trotz allfällig vorhandener technologischer Entwicklungen eins zu eins umzusetzen, sondern nur angehalten, die mit dem Glasfaserstandard verbundenen Zwecke und die daraus abzuleitenden Ergebnisse zu gewährleisten. Dies gilt insbesondere für die Herstellung einer offenen Wettbewerbsmatrix. Swisscom verbleibt dadurch die Möglichkeit einer eigenverantwortlichen Auswahl aus den hierfür geeigneten Technologien zum Ausbau ihres eigenen FTTH-Netzes.

    16. Soweit bislang – wie von der Beschwerdeführerin selbst vorgetragen wird (vgl. E. 692) – allerdings gar keine alternative massenmarkttaugliche technologische Variante zur Herstellung eines Layer 1-Zugangs vorhanden ist, um das Vierfaser-Modell mit P2P-Topologie des Glasfaserstandards zu ersetzen, kann von vornherein auch keine Abweichung hiervon stattfinden. Auch deshalb ist die vorsorgliche Massnahme zur Einhaltung der notwendigen technologischen Ausgestaltung unzweifelhaft geeignet.

    17. Die von der Beschwerdeführerin gegen die Geeignetheit der vorsorglichen Massnahme vorgebrachten Einwände sind unbegründet oder irrelevant.

    18. Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin (vgl. E. 693 f.) sind weder der sachliche Inhalt und der zeitliche Rahmen der vorsorglichen Massnahme noch die Sanktionierung im Falle einer Widerhandlung unklar.

    19. Die Anordnung der Sicherstellung eines Layer 1-Zugangs weist keine sachliche Unbestimmtheit auf. Denn in sämtlichen Rechtsschriften der Beschwerdeführerin findet sich keine einzige Passage, bei welcher in Frage gestellt wird, was sachlich-inhaltlich unter einem Layer 1-Zugang zu verstehen sei. Auch anlässlich der Instruktionsverhandlung bedurfte dieser Aspekt keiner näheren Erläuterung, Abklärung oder Abstimmung zwischen den Parteien. Swisscom war und ist daher offensichtlich bewusst, was unter einem Layer 1-Zugang zu verstehen ist und welche Anforderungen an eine Umsetzung zu stellen sind. Da Swisscom mit ihrer Netzbaustrategie 2020 vom bestehenden Glasfaserstandard aber abweichen will, obliegt es ihrer Verantwortung sicherzustellen, dass dieses Abweichen wettbewerbskonform erfolgt und ein Layer 1-Zugang für die anderen Fernmeldeunternehmen gewährleistet wird. Daher hat sie auch die möglichen Technologien einer entsprechenden Abklärung zuzuführen.

    20. Die vorsorgliche Massnahme stellt auch ausdrücklich klar, dass die Untersagung der Erstellung eines FTTH-Netzes ohne Layer 1-Zugang sowohl die Variante einer originären Herstellung eines entsprechenden Leitungsnetzes durch Swisscom als auch in der Variante einer Anpassung von bereits bestehenden Leitungsnetzen von Swisscom erfasst. Deshalb bestehen auch im Hinblick auf den sachlichen Umfang der Untersagung keine Unklarheiten.

    21. Dementsprechend ist auch eine Differenzierung zwischen einem zulässigen (Aus-)Bau eines solchen Netzes und dessen unzulässiger Inbetriebnahme entgegen dem Einwand der Beschwerdeführerin (vgl.

      E. 696) ausgeschlossen. Auch der Hinweis der Beschwerdeführerin, wonach diese Differenzierung auf Unverständnis in den betroffenen Gemeinden gestossen sei, vermag keine andere Einschätzung herbeizuführen. Das Unverständnis in diesen Gemeinden wäre zweifellos noch viel grösser, wenn die Nutzung eines bereits in Betrieb genommenen Glasfasernetzes wieder eingestellt werden müsste.

    22. Die mit der vorsorglichen Massnahme getroffene Anordnung weist auch keine zeitliche Unklarheit auf. Selbstredend gilt die Anordnung unmittelbar mit Erlass der vorsorglichen Massnahme, weshalb Swisscom auch seit Dezember 2020 verpflichtet ist, einen weiteren Ausbau des FTTH-Netzes ohne Gewährleistung eines Layer 1-Zugangs vollständig zu unterlassen. Für die Anordnung der Einstellung eines wettbewerbswidrigen Verhaltens bedarf es keiner Ansetzung von Umsetzungsoder Übergangsfristen, wie dies von der Beschwerdeführerin zu Unrecht moniert wird. Dies gilt umso mehr, als Swisscom die Prüfung ihrer Netzbaustrategie 2020 durch die Wettbewerbsbehörden bereits seit Februar 2020 bekannt war.

    23. Dementsprechend bestehen auch keine Unklarheiten hinsichtlich einer Sanktionierung. Denn ein Verstoss gegen eine vorsorgliche Massnahme untersteht dem Anwendungsbereich von Art. 50 KG (BVGer, 3.10.2007, B-2157/2006, Flughafen Zürich AG (Unique) gg. Weko, zit. Unique, E. 4.1.2). Die Unternehmen tragen dementsprechend das Sanktionsrisiko, wenn sie sofort vollziehbare vorsorgliche Massnahmen nicht befolgen und diese in der Folge rechtskräftig werden (BVGer, B-2157/2006, Unique, E. 4.1.3). Aus diesem Grund sind auch alle Massnahmen zur Herstellung und Inbetriebnahme eines FTTH-Netzes ohne Layer 1-Zugang, die nach Dezember 2020 bis zu einem Entscheid in der Hauptsache unternommen werden und gegen die Anordnung der vorsorglichen Massnahme verstossen, zu sanktionieren.

    24. Dies gilt im Übrigen auch für einen Ausbau des FTTH-Netzes aufgrund der mit Salt abgeschlossenen Kooperationsvereinbarung. Denn Swisscom kann eine bestimmte Anordnung der Wettbewerbskommission zum Ausbau ihres Glasfasernetzes nicht dadurch unterlaufen, dass der Ausbau nicht mehr eigenständig, sondern in einer Baukooperation oder

      aufgrund einer sonstigen Zusammenarbeitsvereinbarung mit einem Dritten erfolgt.

    25. Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin (vgl. E. 695) bedarf die Anordnung daher auch keiner inhaltlichen Erläuterung, weshalb sowohl das Erläuterungsgesuch der Beschwerdeführerin als auch die Antwort der Vorinstanz für eine Beurteilung der angeordneten Massnahme und deren tatsächliche und rechtliche Wirkungen irrelevant sind.

    26. Der von der Beschwerdeführerin geltend gemachte Einwand (vgl.

      E. 690), wonach die Vorinstanz die Notwendigkeit eines Layer 1-Zugangs als Voraussetzung für wirksamen Wettbewerb weder dargelegt noch nachgewiesen habe, steht in einem offensichtlichen Widerspruch zu den eigenen Erklärungen von Swisscom, weshalb der Einwand irrelevant ist. Denn Swisscom hat mit ihrer Medienmitteilung zum Runden Tisch den Layer 1-Zugang als notwendige Grundlage für Marktdynamik und technologische Innovation in der Telekommunikationsindustrie für die nächsten 30 bis 50 Jahre selbst anerkannt (vgl. E. 71). Die Notwendigkeit eines Layer 1-Zugangs als Grundlage von wirksamem Wettbewerb kommt daher bereits durch den Glasfaserstandard zum Ausdruck, weshalb von Seiten der Vorinstanz hierzu überhaupt keine Darlegung und kein Nachweis anzubringen ist. Vielmehr wäre es Sache der Beschwerdeführerin, im Rahmen des von ihr beantragten einstweiligen Rechtsschutzes gewesen, glaubhaft zu machen und später im Hauptverfahren nachzuweisen, warum eine bestimmte und von ihr angestrebte Abweichung vom Glasfaserstandard dennoch wirksamen Wettbewerb ermöglichen würde. Hierzu fehlt allerdings die notwendige sachdienliche Darlegung durch die Beschwerdeführerin. Der blosse Verweis auf das eigene BBCS als Ersatzprodukt, mit dem, wie bereits dargelegt (vgl. E. 397 ff.), keine Substitution eines Layer 1-Zugangs erfolgen kann, oder ein gewisses Jahresumsatzplus anderer Fernmeldeunternehmen (vgl. E. 691), das sich letztlich aus beliebigen Gründen ergeben kann, stellt entgegen den Ausführungen der Beschwerdeführerin jedenfalls keine Glaubhaftmachung einer entsprechenden Tatsache dar.

    27. Entgegen dem Vorbringen der Beschwerdeführerin (vgl. E. 697) ist auch das Produkt «FTTH on demand» für die Beurteilung der Geeignetheit der angeordneten vorsorglichen Massnahme aus mehreren Gründen nicht von Bedeutung.

    28. Wie die Beschwerdeführerin selbst vorträgt, führt eine entsprechende Vertragsbeziehung zwischen Swisscom und einem Kunden nicht dazu, dass sich an der Qualifizierung von Swisscom als Betreiber und Eigentümer der jeweiligen Glasfaserverbindungen zwischen Gebäudeübergabepunkt und Anschlusszentrale oder zumindest Strassenverteiler etwas ändert. Als Netzbetreiber untersteht Swisscom daher unzweifelhaft der vorsorglichen Massnahme.

    29. Selbst wenn davon auszugehen wäre, dass im Hauptverfahren das Produkt FTTH on demand nach einer eingehenden Prüfung von dessen technischer Realisierung als Ausnahmekonstellation zu qualifizieren ist, kann dieser Umstand nicht zu einer anderen rechtlichen Beurteilung der angeordneten Massnahme im Allgemeinen führen. Im Rahmen einer vorläufigen und summarischen Beurteilung lässt sich eine hierfür notwendige, ausreichend detaillierte und verbindliche Abklärung ohnehin nicht vornehmen.

    30. Denn dabei ist darauf hinzuweisen, dass die Ausführungen der Beschwerdeführerin nicht konsistent sind. Einerseits behauptet sie, dass die jeweiligen Kunden völlig frei in der Wahl ihres Anbieters seien, von dem sie über den FTTH on demand-Anschluss die Fernmeldedienste zukünftig beziehen wollen, weshalb der Wettbewerb auf dem Markt für Endkunden dadurch keinerlei Einschränkungen erfahre. Demnach müsste die Teilnehmeranschlussleitung bei einem FTTH on demand-Ausbau eine singuläre durchgehende Glasfaser von der Anschlusszentrale bis zum Teilnehmeranschluss aufweisen. Diese Aussage korrespondiert mit der Stellungnahme der Beschwerdeführerin, dass das Verteilund das Gebäudenetz in jedem Fall entsprechend dem Glasfaserstandard mit VierfaserModell und P2P-Topologie ausgestaltet würden. Andererseits macht die Beschwerdeführerin aber geltend, dass bei FTTH on demand gerade kein P2P-Ausbau erfolge, sondern der Ausbau mittels eines P2MP-Netzes verwirklicht werde. Demzufolge bleibt unklar, ob dem Produkt FTTH on demand tatsächlich ein Layer 1-Zugang im Sinne des Glasfaserstandards zugrunde liegt und eine Umsetzung auch unter Beachtung der vorläufigen Massnahme möglich wäre, oder ob ein entsprechender Layer 1-Zugang nicht gegeben ist und daher eine Umsetzung ebenfalls ausscheidet.

    31. Soweit die Vorinstanz im Rahmen des Hauptverfahrens feststellen sollte, dass eine Umsetzung des Produkts FTTH on demand in wettbewerbsrechtlich zulässiger Weise möglich und auch nicht als besondere Form des Marktmissbrauchs zu qualifizieren sei (vgl. E. 550), könnte dies

      allenfalls im Rahmen einer teilweisen Wiedererwägung der vorsorglichen Massnahme Berücksichtigung finden.

    32. Die Geeignetheit der Massnahme wird entgegen dem Einwand der Beschwerdeführerin (vgl. E. 698) auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass andere Fernmeldeunternehmen keine höherwertigen Breitbandprodukte auf Basis des Swisscom-Produkts BBCS beziehen können. Denn das Produkt BBCS stellt gar kein Substitutionsprodukt für einen Layer 1- Zugang dar (vgl. E. 397 ff.), weshalb auch der Aspekt, in welcher Bandbreite dieses Produkt bezogen werden kann, für die Beurteilung der vorsorglichen Massnahme irrelevant ist.

  9. ERFORDERLICHKEIT

    1. Die angefochtene Verfügung bejaht die Erforderlichkeit der vorsorglichen Massnahme, weil Swisscom nur die Beibehaltung eines Layer 1- Angebots, nicht aber die sonstigen technischen Grundlagen für den Ausbau ihres FTTH-Netzes vorgegeben werden.

    2. Weitergehende inhaltliche Anordnungen, die von Seiten der Anzeigerin beantragt worden waren, wurden von der Vorinstanz wegen der nicht dargelegten Erforderlichkeit der beantragten Massnahmen abgelehnt. Die entsprechenden Anträge der Anzeigerin lauteten:

      «[...]

      1. Die Angezeigte sei zu verpflichten, den Netzzugang zu ihren FTTH-Netzen den Whosesale-Kunden weiterhin überall auf Layer 1 bzw. als ALO anzubieten. Ortszentralen müssen dabei ein Versorgungsgebiet von mindestens 3'000 Anschlüssen erfassen.

      2. Die Angezeigte sei zu verpflichten, die eigene Einführung und Vermarktung von auf XGS-PON (NG.PON) basierenden Diensten und Produkten im Endkundenmarkt (Retail) derart zu gestalten, dass die Wholesale-Kunden nicht unverschuldet benachteiligt werden. Dabei hat sie namentlich sicherzustellen, dass ihre Retail-Vermarktung erst dann erfolgt, wenn die Verpflichtung gemäss Rechtsbegehren 3 erfüllt ist.»

    3. Mit ihrer Beschwerde vom 3. März 2021 verfolgt die Anzeigerin den inhaltlich über die angefochtene Verfügung hinausgehenden Antrag der Ziff. 3 ihrer Anzeige auf Gewährung eines Layer 1-Zugangs in modifizierter Form weiter, wobei als Layer 1-Zugang ausschliesslich das Produkt ALO zu verstehen sei.

      1. Vorbringen der Beschwerdeführerin

    4. Hinsichtlich des Kriteriums der Erforderlichkeit erhebt die Beschwerdeführerin keine konkreten Einwände. Allerdings macht sie geltend, dass die Vorinstanz den weitergehenden Antrag der Anzeigerin zu Recht als nicht erforderlich abgelehnt habe.

      1. Vorbringen der Vorinstanz

    5. Die Vorinstanz hält an der angefochtenen Verfügung fest. Die hierfür vorgebrachten Aspekte werden im Rahmen der Würdigung durch das Gericht berücksichtigt.

      1. Würdigung durch das Gericht

    6. Die Erforderlichkeit im Rahmen einer Verhältnismässigkeitsprüfung setzt voraus, dass kein milderes Mittel zur Verfügung steht, um den Zweck, der mit der behördlichen Massnahme angestrebt wird, zu erreichen.

    7. Die Anordnung der angefochtenen Verfügung, beim Bau von FTTHGlasfasernetzen einen Layer 1-Zugang für andere Fernmeldeunternehmen bereitzustellen, ist in der Sache erforderlich, weil zumindest zum jetzigen Zeitpunkt kein milderes Mittel zur Verfügung steht, um die Beachtung eines durch den Glasfaserstandard festgelegten diskriminierungsfreien und nicht monopolisierten Zugangs zum FTTH-Netz für dritte Fernmeldeunternehmen und damit eine offene Wettbewerbsmatrix sicherzustellen.

    8. Die Beschwerdeführerin bestätigt zum einen ausdrücklich, dass ihre Netzbaustrategie 2020 keinen Layer 1-Zugang bietet und zum anderen legt sie nicht dar, welche Massnahme als milderes Mittel zu qualifizieren wäre. Vielmehr bringt sie gerade vor, dass keine tauglichen technologischen Varianten als Technologieanpassung vorhanden seien (vgl. E. 464 f.). Die von ihr ansonsten vorgebrachten Einwände mit einem gewissen Bezug zur Erforderlichkeit sind irrelevant. So stellt das von ihr als valables Alternativprodukt bezeichnete BBCS kein Substitutionsprodukt zu einem Layer 1-Zugang dar, wie bereits im Rahmen der Erfolgsprognose festgestellt wurde (vgl. E. 396 ff.). Gleiches gilt auch für die von ihr er-

      wähnten Möglichkeiten des gesetzlich vorgesehenen Zugangs zur Kabelkanalisation und dem Hausnetz für dritte Fernmeldeunternehmen.

    9. Dass sich die angefochtene Verfügung mit allfälligen Möglichkeiten alternativer Topologien beschäftigt, die über die Netzbaustrategie 2020 von Swisscom hinausgehen, ist aus der Sicht einer ermittelnden Behörde verständlich, weil dies in einem engen Zusammenhang mit der Behandlung und dem Verständnis der Angelegenheit steht. Gleiches gilt umgekehrt für die von der Beschwerdeführerin im Laufe des Verfahrens vorgenommenen Anpassungen ihrer Netzbaustrategie 2020 mit der Farbentbündelung und der Glasfaserpartnerschaft. Allerdings ist dies aus Sicht der Rechtsmittelinstanz für die Beurteilung der Rechtslage im Ergebnis irrelevant. Massgebend ist allein, dass die Netzbaustrategie 2020 von Swisscom einschliesslich der im Rahmen des vorliegenden Verfahrens vorgenommenen Anpassungen keine wettbewerbsrechtlich zulässigen Abweichungen vom Glasfaserstandard darstellen (vgl. E. 420 ff.). Es ist daher Sache der Beschwerdeführerin, im Rahmen des Hauptverfahrens eine taugliche Variante zur Sicherstellung eines Layer 1-Zugangs zu ihrem FTTH-Netz vorzustellen und es ist Sache der Vorinstanz, eine allfällig vorgestellte Variante auf ihre wettbewerbsrechtliche Zulässigkeit hin zu prüfen. Auf die Beurteilung der Erforderlichkeit der angeordneten vorsorglichen Massnahme zum jetzigen Zeitpunkt hat dies jedenfalls keinen Einfluss.

    10. Zutreffend ist allerdings die vorgenommene Einschränkung der vorsorglichen Massnahme durch die angefochtene Verfügung auf die Anordnung der Sicherstellung eines Layer 1-Zugangs, während der weitergehende inhaltliche Antrag der Anzeigerin mit Blick auf die Erforderlichkeit der Massnahme aus verschiedenen Gründen offensichtlich abzulehnen war.

    11. Die Feststellung, dass eine bestimmte technologische Variante keine taugliche Alternative zum Glasfaserstandard darstellt, ist wesentlich einfacher und mit geringerem Aufwand zu treffen, als die Feststellung, dass eine bestimmte technologische Variante die einzige taugliche Alternative zum Glasfaserstandard bildet. Nur bei letzterer Feststellung könnte eine vorsorgliche Massnahme aber inhaltlich überhaupt auf eine bestimmte technologische Variante als einzige Alternative eingeschränkt werden.

    12. Wie bereits dargelegt, bezeichnet der Begriff ALO das Produkt von Swisscom, mit dem bislang ein Layer 1-Zugang im FTTH-Netz angeboten wird. ALO basiert dabei auf einem Vierfasermodell mit P2P-Topologie gemäss Glasfaserstandard. Soweit eine taugliche Alternative zum Glasfaserstandard mit Sicherstellung eines Layer 1-Zugangs im Rahmen eines neuen FTTH-Netzes hergestellt werden würde, besteht keine Verpflichtung von Swisscom, das Produkt ALO für dieses neue FTTH-Netz anzubieten. Denn es steht schon aufgrund der unterschiedlichen technischen Ausgestaltung im freien Ermessen von Swisscom, den entsprechenden Layer 1-Zugang unter dem gleichen oder einem anderen Produktnamen anzubieten.

    13. Ungeachtet dessen, ob eine taugliche Alternative zum Glasfaserstandard gefunden wird oder nicht, umfasst die Anordnung zur Gewährleistung eines Layer 1-Zugangs das Vorhandensein eines diskriminierungsfreien und nicht monopolisierten Zugangs zu einem FTTH-Netz. Dabei würde der Anordnung durch eine formale Erweiterung auf das Produkt ALO inhaltlich keine sachdienliche Spezifizierung beigefügt. Soweit keine taugliche technologische Alternative zum Glasfaserstandard existiert, entspricht einem Layer 1-Zugang ohnehin ausschliesslich das Produkt ALO. Soweit allerdings taugliche technologische Alternativen zum Glasfaserstandard geschaffen würden, würde eine Beschränkung auf das Produkt ALO faktisch den Ausschluss einer tatsächlichen Nutzung dieser Alternativen darstellen und somit den Anforderungen an die Erforderlichkeit nicht genügen.

    14. Bei dieser Ausgangslage ist insbesondere unter Berücksichtigung des Verhältnismässigkeitsgrundsatzes demnach nicht ersichtlich, aus welchem Grund eine entsprechende ausdrückliche Anordnung mittels einer erweiterten vorsorglichen Massnahme gerade für den Zeitraum bis zu einem Entscheid in der Hauptsache vorgenommen werden müsste.

    15. Da im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes angesichts der Anforderung der Dringlichkeit eine möglichst rasche Entscheidung zu treffen ist, sind sachlich abgesicherte Anordnungen grundsätzlich auch zeitnah zu verfügen und nicht bis zur vollständigen Abklärung von darüber hinaus gehenden theoretisch möglichen Alternativen aufzuschieben. Dies gilt auch bei Schutzobjekten, die einen Dauerzustand herbeiführen, ungeachtet dessen, dass die Dringlichkeit in diesen Fällen kontinuierlich ansteigt. Die Vorinstanz hat demzufolge mit der Anordnung der Gewährleistung eines Layer 1-Zugangs und ohne das endgültige Ergebnis umfas-

      sender Abklärungen zu technischen Alternativen abzuwarten, eine korrekte Ermessensentscheidung getroffen.

    16. Die weitergehenden Anträge der Anzeigerin weisen angesichts der tatsächlich vorgenommenen Anordnung durch die angefochtene Verfügung daher keine entscheidungserhebliche Bedeutung für den Erlass von vorsorglichen Massnahmen durch die Vorinstanz im Hinblick auf den gegenteiligen Antrag der Beschwerdeführerin auf.

    17. Die vorstehend dargestellten Aspekte des einstweiligen Rechtsschutzes gelten nicht nur für das Kartellverwaltungsverfahren, sondern auch für das vorliegende Rechtsmittelverfahren. Das Gericht hat so rasch als möglich, d.h. soweit dies angesichts der sich stellenden komplexen und erstmaligen Sachund Rechtsfragen in einem summarischen Prüfungsverfahren möglich ist, über die vorliegende Beschwerde der Beschwerdeführerin zu entscheiden. Gleiches gilt im Parallelverfahren der Beschwerde der Anzeigerin gegenüber der angefochtenen Verfügung, welches wegen deren erforderlicher Anonymisierung erst deutlich später eingeleitet wurde. Daher ist ungeachtet der grundsätzlich bestehenden Möglichkeit einer Vereinigung dieser beiden Verfahren zunächst über die aufgrund der inhaltlich beschränkten Anträge mit einem geringeren Aufwand zu befindende vorliegende Beschwerde der Beschwerdeführerin und erst danach unter Erbringung des höheren notwendigen Aufwands über die Beschwerde der Anzeigerin mit inhaltlich weitergehenden Anträgen zu entscheiden.

    18. Aus diesen Gründen hat das Gericht auf eine Vereinigung der beiden Beschwerdeverfahren verzichtet.

  10. ZUMUTBARKEIT

    1. Die angefochtene Verfügung geht davon aus, dass die Anordnung der vorsorglichen Massnahme aufgrund des gewichtigeren öffentlichen Sicherungsinteresses an einem Schutz des Wettbewerbs im Bereich des Zugangs zur physischen Netzinfrastruktur mit glasfaserbasierten Übertragungsgeschwindigkeiten durch die Bereitstellung eines Layer 1-Zugangs gerechtfertigt sei. Dadurch würden über Jahre und Jahrzehnte Wettbewerb und Innovationen zu Gunsten der Endkunden gewährleistet, während das Interesse von Swisscom an einem individuellen Ausbau des Glasfasernetzes geringer zu gewichten sei.

      1. Vorbringen der Beschwerdeführerinnen

    2. Die Beschwerdeführerin erhebt verschiedene Einwände gegen die Feststellung der Zumutbarkeit der angeordneten vorsorglichen Massnahme und macht deren Unzumutbarkeit geltend. Dabei wiederholt sie im Wesentlichen die Einwände, die sie bereits in Zusammenhang mit anderen Elementen einer Prüfung von vorsorglichen Massnahmen vorgebracht hat.

    3. Zunächst erhebt die Beschwerdeführerin den grundsätzlichen Einwand, dass die Vorinstanz ihre Abwägung auf unzutreffende Annahmen hinsichtlich des Infrastrukturwettbewerbs stütze.

    4. So stehe vorliegend gar nicht der Infrastrukturwettbewerb zur Diskussion. Durch die Netzbautätigkeit und die hohen Investitionsausgaben von Swisscom werde der Infrastrukturwettbewerb nicht in Frage gestellt oder gefährdet. Vielmehr werde sichergestellt, dass die Bevölkerung und die Wirtschaft möglichst rasch und flächendeckend mit Hochbreitbandinfrastruktur und -diensten versorgt würden. Daher gehe es höchstens darum, ob anderen Fernmeldeunternehmen, die gerade nicht gewillt seien, in einem nennenswerten Umfang in eine eigene Glasfaserinfrastruktur zu investieren, mit Hilfe des Wettbewerbsrechts auf Kosten der Infrastrukturanbieter jedes denkbare Geschäftsmodell im Rahmen des Dienstewettbewerbs zu ermöglichen.

    5. Würden darüber hinaus auch die Kabelnetzbetreiber mit ihren Kabelnetzen einbezogen werden, müsste festgestellt werden, dass ausreichender Infrastrukturwettbewerb herrsche und damit für wettbewerbsrechtliche Interventionen kein Platz bestehe.

    6. Zudem sei ein Layer 1-Zugang entgegen der Annahme der Vorinstanz nicht unabdingbar für den Erhalt des Infrastrukturwettbewerbs. Denn alle anderen Fernmeldeunternehmen könnten ihre Angebote statt mit einem Layer 1-Zugang ebenso gut auf Basis des weiterhin völlig uneingeschränkt erhältlichen Swisscom-Produkts BBCS realisieren und anbieten. Die Vorinstanz habe auch weder untersucht noch belegt, weshalb ein Layer 1-Zugang für funktionierenden Wettbewerb unabdingbar sei.

    7. Die Beschwerdeführerin erhebt den Einwand, dass der Wettbewerb bei den bereits bestehenden FTTH-Netzen, die im Rahmen von Baukooperationen erstellt worden seien und die insgesamt {xxx} Mio. Glasfa-

      seranschlüsse ausmachten, nicht eingeschränkt werde, weil bisher ein Layer 1-Zugang vorhanden sei und dies auch in Zukunft der Fall sein werde. Daher liege überhaupt kein schweizweites wettbewerbsrechtliches Grundsatzproblem vor.

    8. Die Beschwerdeführerin erhebt den Einwand, dass der Nutzen aus der vorsorglichen Massnahme – wenn überhaupt – nur sehr gering sei, weil andere Fernmeldeunternehmen kaum tangiert würden.

    9. Denn zum einen sei das Layer 1-Produkt ALO in allen Gebieten, in denen Glasfasernetze mit Kooperationspartnern erstellt worden seien oder in Zukunft erstellt würden, weiterhin verfügbar. Demgegenüber seien per Ende 2020 erst sehr wenige Anschlüsse mittels P2MP-Topologie erstellt worden.

    10. Zum anderen seien die Anzeigerin und andere Fernmeldeunternehmen gar nicht in allen Anschlusszentralen präsent. So sei die Anzeigerin nur an rund {20%-{xx%}-30%] ihrer Standorte von einem Ausbau mit P2MP betroffen. Und selbst an diesen Standorten sei die Mehrheit der Teilnehmeranschlüsse bereits mit einem Vierfaser-Modell mit P2PTopologie angeschlossen.

    11. Darüber hinaus würden sich die Mehrkosten für BBCS gegenüber einer ALO in einem sehr engen Rahmen bewegen und sich letztlich kaum spürbar auswirken.

    12. Zusammenfassend ergäben sich daher angesichts der allerhöchstens sehr geringen Mehrkosten, der frühzeitigen Information über die Netzbaustrategie 2020, der Ausweichmöglichkeiten auf BBCS und der Möglichkeit, ALO im bisherigen Umfang auch weiterhin zu nutzen, kein gravierender Wettbewerbsnachteil und schon gar keine existenzgefährdende Bedrohung für andere Fernmeldeunternehmen.

    13. Die Beschwerdeführerin erhebt den Einwand, dass die konkrete Betroffenheit sonstiger Fernmeldeunternehmen durch die Umsetzung der vorsorglichen Massnahme nicht berücksichtigt würde. Denn von einem Ausbau des FTTH-Netzes entsprechend der Netzbaustrategie 2020 würden diejenigen Fernmeldeunternehmen profitieren, die basierend auf BBCS bereits heute hochwertige Dienste anbieten würden. Daher würden sich Verzögerungen und höhere Investitionen infolge der vorsorglichen Massnahme zwangsläufig negativ auf diese Fernmeldeunternehmen auswirken.

    14. Die Beschwerdeführerin erhebt den Einwand, dass mit der vorsorglichen Massnahme eine unzulässige Technologielenkung betrieben werde. Denn dadurch werde eine bestimmte technologische Entwicklung vorgegeben, welche sachlich nicht vertretbar und deswegen unverhältnismässig sei.

    15. Die Beschwerdeführerin erhebt den Einwand, dass keine Markteintritte verhindert oder Marktaustritte forciert würden. Mit ihren Ausführungen habe sie belegt, dass durch die Netzbaustrategie 2020 und den P2MP-Glasfaserausbau andere Fernmeldeunternehmen weder am Markteintritt gehindert noch aus dem Markt gedrängt würden.

    16. Mit Verweis auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung (BGE 127 II 32 E. 4c, 4f) erhebt die Beschwerdeführerin den Einwand, dass die vorgesehenen Massnahmen nicht vorsorglich angeordnet werden könnten, weil Endkundenangebote nicht in Frage gestellt oder gefährdet seien. In einem vergleichbaren Fall sei ausdrücklich festgehalten worden, dass eine Marktöffnung unverhältnismässig sei. Vorliegend seien Endkundenangebote durch die Netzbaustrategie von Swisscom nicht in Frage gestellt oder gefährdet. Im Gegenteil würden auch alle anderen Fernmeldeunternehmen und insbesondere auch die Allgemeinheit und der gesamte Wirtschaftsstandort Schweiz von einem möglichst raschen und flächendeckenden Glasfaserausbau profitieren.

    17. Die Beschwerdeführerin erhebt den Einwand, dass sowohl Swisscom als auch die Volkswirtschaft einen massiven Schaden erleiden würde, der einen allfälligen Nutzen der vorsorglichen Massnahme um das x-fache übersteige. Denn alle laufenden und geplanten Netzausbauarbeiten müssten gestoppt und geändert werden, was mit erheblichen Verzögerungen und enormen Kosten für alle Fernmeldeunternehmen und die übrigen Unternehmen verbunden wäre. Zudem sei Swisscom von weitreichenden Schadenersatzansprüchen ihrer Kunden und Lieferanten betroffen. Daher sei die vorsorgliche Massnahme weder wirtschaftlich vertretbar noch für Swisscom unter Verhältnismässigkeitsgesichtspunkten zumutbar.

    18. Die Beschwerdeführerin erhebt den Einwand, dass die Vorinstanz sich stark und einseitig auf das öffentliche Interesse an einem funktionierenden Wettbewerb fokussiert und dieses lediglich gegenüber dem Interesse von Swisscom an dem gewünschten Netzausbau abgewogen habe. Alle anderen rechtserheblichen Sachverhaltselemente und insofern

      entscheidungsrelevanten Aspekte seien demgegenüber konsequent ausgeklammert worden.

    19. Die übergeordneten volkswirtschaftlichen sowie regionalund versorgungspolitischen Interessen seien aber massgeblich und beachtlich. In der Politik, der Wirtschaft und der Bevölkerung bestünde nämlich die Erwartungshaltung, dass die Schweiz durch Swisscom rasch und kosteneffizient mit Hochbreitbandanschlüssen versorgt werde. Daher habe Swisscom auch ein ganz anderes und breiteres Geschäftsmodell als andere Fernmeldeunternehmen zu verfolgen. Die Bedeutung des Ausbaus zeige sich schon daran, dass Swisscom bei einem bekannt gegebenen jährlichen Investitionsvolumen von rund 1,7 Milliarden CHF rund {xxx} Milliarden CHF in den Ausbau des Glasfasernetzes investiere.

    20. Aus einer gesamtbzw. volkswirtschaftlichen Optik bilde die P2MPTechnologie ein Kernelement für eine flächendeckende Versorgung mit immer höheren Bandbreiten, weshalb dies für den Wirtschafts-, Technologieund Bildungsstandort Schweiz und nicht zuletzt auch im internationalen Wettbewerbskontext ohne Alternative und unabdingbar sei. Denn diese Technologie sei der Garant dafür, dass der erforderliche Ausbau rasch, effizient und Ressourcen schonend erfolgen könne.

    21. Diese Argumente habe die Vorinstanz mit keinem Wort und insbesondere auch nicht im Rahmen der Zumutbarkeit gewürdigt, weshalb bereits dadurch der Gehörsanspruch von Swisscom verletzt worden sei.

    22. Die Ungewissheit und der Schwebezustand, unter denen die Gemeinden und Kunden zu leiden hätten, wären daher nicht einem strategischen Entscheid von Swisscom anzulasten, sondern würden auf dem Erlass der vorsorglichen Massnahme sowie der Durchführung eines Hauptverfahrens aufgrund der bloss eigennützigen Anzeige eines anderen Fernmeldeunternehmens beruhen.

    23. Die Beschwerdeführerin erhebt unter Verweis auf die Botschaft (BBl 1999 500) den Einwand, dass das Kartellrecht sich nicht bloss von Effizienzüberlegungen und marktwirtschaftlichen Aspekten zu leiten lassen habe, sondern auch soziale Aspekte eine zentrale Rolle spielen würden und eine auf das Gemeinwohl verpflichtete staatliche Wettbewerbspolitik zu verfolgen sei, weshalb insbesondere auch Konsumentenund Verbraucherinteressen zu berücksichtigen seien.

    24. Die Beschwerdeführerin erhebt den Einwand, dass mit der verfügten vorsorglichen Massnahme weitreichende Handlungspflichten zu Lasten von Swisscom angeordnet würden, weil sie angehalten werde, ihre Netzbaustrategie anzupassen. Dabei handle es sich um substantielle Eingriffe in ihre Rechtsstellung. Dadurch würden irreversible Strukturen und Fakten zu Lasten von Swisscom geschaffen und das Hauptsacheverfahren sowie der Endentscheid quasi vorweggenommen.

    25. Überdies würden ihr die aus rechtsstaatlicher Sicht garantierten Rechtsschutzmöglichkeiten nicht eingeräumt.

    26. Die vorsorgliche Massnahme würde letztlich gegen die Rechtsprechung des Bundesgerichts verstossen, das bereits mehrfach eine klare Absage gegenüber dem Versuch erteilt hat, Zugangsgewährungen zu Infrastrukturen auf dem Wege von vorsorglichen Massnahmen zu erwirken und damit faktische Gegebenheiten zu schaffen.

      1. Vorbringen der Vorinstanz

    27. Die Vorinstanz hält an der angefochtenen Verfügung fest. Die hierfür vorgebrachten Aspekte werden im Rahmen der Würdigung durch das Gericht berücksichtigt.

      1. Würdigung durch das Gericht

    28. Auch im Rahmen einer summarischen Prüfung des einstweiligen Rechtsschutzes zur Anordnung von vorsorglichen Massnahmen bedarf es einer Interessenabwägung, mit der die Zumutbarkeit der jeweiligen Massnahme festzustellen ist. Dabei ist eine an der Komplexität der Rechtsfragen und der Betroffenheit der involvierten Personen ausgerichtete angemessene Begründungstiefe herzustellen (BGE 133 I 270, 281 ff.; HÄFELIN ULRICH/MÜLLER GEORG/UHLMANN FELIX, Allgemeines Verwaltungsrecht,

    8. Aufl. 2020, zit. Verwaltungsrecht, Rn. 555).

    1. Allgemeines

      1. Das Element der Zumutbarkeit umfasst den Vorrang des öffentlichen Sicherungsinteresses sowie die Angemessenheit des Eingriffs aufgrund der Zweck-Mittel-Relation.

      2. Der Vorrang des öffentlichen Sicherungsinteresses setzt ein sachlich-inhaltliches Übergewicht des mit der vorsorglichen Massnahme jeweils unterstützten Interesses gegenüber dem privaten Verwirklichungsinteresse des von der Massnahme Betroffenen voraus (BGE 130 II 149, Sellita, E. 2.2; BGE 127 II 132 E. 3; HÄFELIN/MÜLLER/UHLMANN, Verwal-

        tungsrecht, Rn. 557; 1167; MOSER/BEUSCH/KNEUBÜHLER, Prozessieren,

        Rn. 3.24; Rn. 24.76; SEILER, WW-VwVG, Art. 55 Rn. 92; WEISSENBER-

        GER/HIRZEL, Suspensiveffekt, 74).

      3. Die Angemessenheit der Zweck-Mittel-Relation setzt voraus, dass das angewendete Mittel und damit der Eingriff in die jeweiligen privaten Interessen in einem vernünftigen Verhältnis zum angestrebten Zweck und damit der Verfolgung des öffentlichen Sicherungsinteresses steht (HÄFELIN/MÜLLER/UHLMANN, Verwaltungsrecht, Rn. 558). Bedeutung und Gewicht des öffentlichen Sicherungsinteresses müssen den Eingriff in das private Verwirklichungsinteresse angesichts von dessen Bedeutung und Gewicht rechtfertigen. Denn bei Erlass von vorsorglichen Massnahmen wie auch bei allen anderen staatlichen Handlungen heiligt nicht bereits der Zweck die Mittel.

      4. Für die Feststellung der Zumutbarkeit ist eine wertende Beurteilung vorzunehmen, wobei die konkreten Umstände des Einzelfalls massgebliche Bedeutung erlangen (BGE 144 II 16, 19; BGE 140 II 194, 199 ff.; HÄ-

        FELIN/MÜLLER/UHLMANN, Verwaltungsrecht, Rn. 521, 558).

      5. Im Rahmen einer wertenden Beurteilung von vorsorglichen Massnahmen sind dementsprechend die folgenden Aspekte zu berücksichtigen: (1) Schwere des drohenden Nachteils: Bedeutung und Gewicht des öffentlichen Sicherungsinteresses; (2) Schwere des Eingriffs: Bedeutung und Gewicht des privaten Verwirklichungsinteresses; (3) inhaltlichsachliches Übergewicht des öffentlichen Sicherungsinteresses; (4) Korrelation zwischen der Schwere des Nachteils und der Schwere des Eingriffs, insbesondere unter Berücksichtigung der Kriterien Wahrscheinlichkeit eines Eintritts des Nachteils, Erfolgsprognose, Irreversibilität und Sachverhaltskomplexität.

      6. Für die Korrelation von Schutzzweck und Eingriff ist angesichts der allfälligen Zeitdauer einer provisorischen Regelung zudem zu beachten, welcher Partei der entstehende Nachteil am ehesten zugemutet werden kann (KIENER, AMS-VwVG, Art. 55 Rn. 16; SEILER, WW-VwVG, Art. 55 Rn. 96 m.w.N.).

      7. Für die Korrelation von Schutzzweck und Eingriff sind die grundlegenden Aspekte der Irreversibilität und der Sachverhaltskomplexität von wesentlicher Bedeutung.

      8. Die Irreversibilität eines Zustands, der mittels des einstweiligen Rechtsschutzes hergestellt oder verhindert wird, erfasst dabei Sachverhaltskonstellationen, bei denen die Rückgängigmachung eines herbeigeführten Zustands aus technischen, wirtschaftlichen oder sonstigen Gründen ausgeschlossen oder angesichts des hierfür notwendigen zeitlichen und sachlichen Aufwands wenig wahrscheinlich ist oder nicht innerhalb eines überschaubaren Zeitraums durchgeführt werden kann. Denn diese Irreversibilität untergräbt die Wirksamkeit des Endentscheids, weil dessen Umund Durchsetzung faktisch verunmöglicht werden, falls die im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes angenommene Rechtslage nicht bestätigt wird. Irreversible Zustände können daher nur dann einstweilig hergestellt werden, wenn die Erfolgsprognose eindeutig ist. Soweit hingegen Zweifel am Ausgang des Hauptverfahrens bestehen, ist von der Herbeiführung eines irreversiblen Zustands trotz Vorliegens der Dringlichkeit sowie eines ausreichend schwerwiegenden Nachteils abzusehen (BGer, 2A.142/2003, Cablecom/Teleclub, 5.2.1; KIENER, AMS-VwVG, Art. 55 Rn. 18; SEILER, WW-VwVG, Art. 55 Rn. 97 m.w.N.).

      9. In der Rechtspraxis wurde bereits das einstweilige Aufstellen eines noch nicht geprüften Typs von Spielund Lotterieautomaten mit der Begründung versagt, dass eine Beseitigung der Geräte bei einem allfälligen definitiven Betriebsverbot für alle Beteiligten einen relativ grossen Aufwand nach sich ziehen und schwerer in die Rechtsstellung der Lotteriegesellschaften eingreifen würde als ein vorübergehend angeordnetes präventives Verbot, die entsprechenden Apparate aufzustellen (BGer, 2A.439/2004, Tactilo, E. 3.2.2).

      10. Der eigentliche Gegenstand des jeweiligen Sachverhalts bildet ebenfalls einen gewichtigen Aspekt der Interessenabwägung. Denn je komplexer eine zu beurteilende Sachlage sich darstellt, insbesondere aufgrund der zugrundeliegenden technischen Implikationen, umso eher sind partielle oder eingeschränkte gegenüber umfassenden oder weitreichenden Massnahmen vorzuziehen. Denn es ist zu vermeiden, dass im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes aufgrund einer unzureichenden Aufklärung der technischen und sonstigen Details eine massgebliche Entwicklung eingeleitet wird, die angesichts des Endentscheids wieder aufgehoben werden müsste (BGer, 2A.142/2003, Cablecom/Teleclub,

        E. 5.2.3: «Es wird mit der umstrittenen Massnahme ein technisch schwierig abschätzbarer Prozess vorweggenommen, der einer vertieften Abklärung in einem Untersuchungsverfahren bedarf und nicht vor einer solchen eingeleitet werden sollte»).

      11. Allerdings finden die Aspekte der Irreversibilität und der Komplexität je nach Sachverhaltskonstellation nicht nur zu Lasten, sondern auch zu Gunsten der Anordnung einer vorsorglichen Massnahme Anwendung. Soweit mit einer vorsorglichen Massnahme die Veränderung eines bislang akzeptierten oder tolerierten Zustands im öffentlichen Sicherungsinteresse herbeigeführt werden soll, verlangt die bisherige Gewährung der jeweiligen wirtschaftlichen Verhaltensweise nach einer entsprechend sicheren Erfolgsprognose, um einer Komplexität der Sachverhaltskonstellation oder einer Irreversibilität der angeordneten Massnahmen ausreichend gerecht zu werden. Umgekehrt verlangt allerdings der Schutz eines bislang anerkannten Zustands vor einer intendierten oder vorgenommenen Veränderung durch eine neue wirtschaftliche Verhaltensweise in gleicher Weise eine entsprechend sichere Erfolgsprognose zu Gunsten dieser Veränderung, um einer bestehenden Komplexität der Sachverhaltskonstellation oder einer Irreversibilität der Veränderung gerecht zu werden.

    2. Sachverhalt

    1. Vor diesem Hintergrund sind vorliegend verschiedene Aspekte für die Abwägung eines Vorrangs des öffentlichen Sicherungsinteresses gegenüber dem privaten Verwirklichungsinteresse von Swisscom massgebend.

      1. Gegenüberstellung der jeweils drohenden Nachteile

    2. Der Zweck der angeordneten vorläufigen Massnahme besteht in der Sicherstellung eines Layer 1-Zugangs und damit einer offenen Wettbewerbsmatrix durch einen diskriminierungsund monopolfreien Zugang von dritten Fernmeldeunternehmen zum FTTH-Netz. Diesem Zweck kommt generell eine überragende Bedeutung für die Sicherstellung eines wirksamen Wettbewerbs im Bereich der Fernmeldedienste zu. Dies ergibt sich bereits aus dem Umstand, dass im Rahmen des Runden Tisches gerade die Ausgestaltung des Netzes mit einem Vierfaser-Modell und P2P-

      Topologie als Glasfaserstandard festgelegt worden war. Auch Swisscom hat diese überragende Bedeutung für den Wettbewerb im Bereich der Telekommunikation mit ihrer eigenen Medienmitteilung vom 9. Dezember 2008 (vgl. E. 71) bestätigt.

    3. Der Eingriff durch die vorsorgliche Massnahme betrifft das private Verwirklichungsinteresse von Swisscom an einer selbstbestimmten technischen Ausgestaltung ihres eigenen FTTH-Netzes. Diesem Gestaltungsinteresse kommt generell ein sehr hohes Gewicht zu. Denn die regelmässig hohen Investitionen in den Ausbau einer Infrastruktur verlangen nach einem entsprechenden Entscheidungsspielraum, um einen möglichst hohen Eigennutzen und eine damit einhergehende Rentabilität sicherstellen zu können. Allerdings kommt diesem Interesse von Swisscom von vornherein keine Alleinstellung zu. Denn zum einen will Swisscom das FTTHNetz auch gegenüber anderen Fernmeldeunternehmen öffnen, um eine bessere Amortisation der Infrastrukturkosten zu gewährleisten. Zum anderen hat Swisscom umgekehrt auch ein Interesse daran, gegebenenfalls den Zugang zu einem FTTH-Netz eines Dritten zu erhalten. Dementsprechend hat Swisscom selbst massgeblich an einer Standardisierung der technischen Ausgestaltung von FTTH-Netzen mitgewirkt. Daher hat sie einer Beschränkung ihrer Gestaltungsbefugnis für die Ausgestaltung ihrer FTTH-Netze sogar ausdrücklich zugestimmt. Ihr Gestaltungsinteresse ist demnach in ein Bündel von zum Teil gegenteiligen Interessen eingebettet (worden), die zu einem Ausgleich gebracht werden müssen.

    4. Bereits aufgrund der generellen Ausgangslage kommt dem öffentlichen Sicherungsinteresse an der Gewährleistung eines Layer 1-Zugangs für FTTH-Netze daher eine höhere Bedeutung und somit ein Übergewicht gegenüber dem privaten Gestaltungsinteresse von Swisscom zu.

    5. Mit der angefochtenen Verfügung soll der bislang bestehende Zustand erhalten werden, weil der vereinbarte und bislang angewendete Glasfaserstandard für den Ausbau von FTTH-Netzen weiterhin Verwendung findet, damit ein Layer 1-Zugang für dritte Fernmeldeunternehmen gewährleistet wird. Demgegenüber will Swisscom mit ihrer Netzbaustrategie 2020 von diesem Glasfaserstandard, den sie selbst massgeblich propagiert und dem sie ausdrücklich zugestimmt hat, mit Verweis auf Kostenund technische Ausbauaspekte abweichen und beim Ausbau neuer FTTH-Netze einen Layer 1-Zugang gar nicht mehr oder nur noch in nicht praxisgerechter Weise gewährleisten.

    6. Auch die konkrete Ausgangslage spricht daher für den Vorrang des öffentlichen Sicherungsinteresses.

      1. Vorrangaspekte

    7. Bei dieser Ausgangslage müssten sonstige schwerwiegende Gründe in Gestalt bestimmter Sachaspekte vorhanden sein, welche dem privaten Verwirklichungsinteresse von Swisscom dennoch einen Vorrang vor dem öffentlichen Sicherungsinteresse verschaffen würden. Derartige Gründe sind allerdings nicht ersichtlich. Vielmehr sprechen auch weitere gewichtige Sachaspekte des vorliegenden Sachverhalts für den sich dadurch noch verstärkenden Vorrang des öffentlichen Sicherungsinteresses.

    8. Der Entscheid über den einstweiligen Rechtsschutz erfasst nicht nur einen geringfügigen Teil, sondern rund 1/3 des FTTH-Netzes in der Schweiz. Denn Swisscom könnte ihre Ausbaupläne gemäss Netzbaustrategie 2020 bis zum Jahr 2025 angesichts der gerade in komplexen Fällen längeren Dauer von Kartellverfahren bis zum Erlass einer rechtsverbindlichen Entscheidung vollständig umsetzen. Der nachteiligen Einwirkung des wettbewerbswidrigen Verhaltens auf den Wettbewerb kommt daher eine beachtliche Bedeutung zu, die ganz massgeblich für den Vorrang des Sicherungsinteresses spricht.

    9. Wenn entsprechend der Behauptung der Beschwerdeführerin bereits die Herstellung eines FTTH-Netzes gemäss Glasfaserstandard wegen der anfallenden höheren Kosten gegenüber einem Ausbau mit Einfaser-Modell und P2MP-Topologie unzumutbar wäre, so würde ein Rückbau des allfällig zunächst rechtswidrig gebauten FTTH-Netzes mit P2MPTopologie und die anschliessende Herstellung des FTTH-Netzes gemäss Glasfaserstandard noch viel höhere Kosten verursachen, wodurch die und geltend gemachte Unzumutbarkeit noch stärker ins Gewicht fallen würde. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob die höheren Kosten allein durch einen höheren Aufwand an Material und Arbeitsleistung oder zusätzlich auch durch allfällig vorhandene technische Unmöglichkeiten – wie den Einbau der notwendigen Technik für eine Vierfaser-Topologie in die vorhandenen unterirdischen Kanalschächte und die Notwendigkeit zum Erwerb von Grundflächen für den Aufbau von oberirdischen Gebietsverteilern – hervorgerufen wird. Ein Rückbau des gemäss Netzbaustrategie 2020 ausgestalteten FTTH-Netzes wäre daher mit einer gewissen

      Wahrscheinlichkeit wegen einer Unzumutbarkeit aus wirtschaftlichen Gründen praktisch ausgeschlossen.

    10. Selbst wenn ein Rückbau des gemäss Netzbaustrategie 2020 ausgestalteten FTTH-Netzes als möglich und zumutbar zu qualifizieren wäre, ist davon auszugehen, dass die Herstellung eines ordnungsgemässen Zustands nicht in beliebig kurzer Zeit vorgenommen werden könnte. Denn nach Abschluss einer rechtsverbindlichen Entscheidung im Wettbewerbsverfahren müsste sowohl der Rückbau des rechtswidrigen als auch der Neubau des ordnungsgemässen FTTH-Netzes durchgeführt werden. Dabei ist davon auszugehen, dass hierfür wohl nicht nur der gleiche, sondern sogar ein längerer Zeitraum als derjenige für den erstmaligen Ausbau beansprucht würde. Mit der Wiederherstellung eines rechtmässigen Zustands wäre demnach erst nach einem Zeitraum von vielen Jahren zu rechnen.

    11. Demzufolge würde bei einer einstweiligen Zulassung der vorgesehenen Herstellung eines FTTH-Netzes gemäss Netzbaustrategie 2020 tatsächlich oder angesichts des überlangen Zeithorizonts zumindest praktisch ein irreversibler Zustand für 1/3 des FTTH-Netzes in der Schweiz hergestellt. Dabei würde den anderen Fernmeldeteilnehmern ein praxisgerechter Layer 1-Zugang für einen sehr langen Zeitraum und damit faktisch endgültig verwehrt. Demgegenüber wird durch die Beibehaltung des Glasfaserstandards als Ausbauvoraussetzung auch weiterhin ein Layer 1- Zugang für FTT-Netze aufrechterhalten.

    12. Die Irreversibilität der technologischen Ausgestaltung spricht demnach ebenfalls eindeutig für das öffentliche Sicherstellungsinteresse und gegen das private Verwirklichungsinteresse von Swisscom.

    13. Daher ist der gegenteilige Einwand der Beschwerdeführerin (vgl.

      E. 761) unbegründet. Denn nicht mit der Anordnung zur Befolgung des Glasfaserstandards, wie von der Beschwerdeführerin behauptet, sondern mit der von Swisscom vorgesehenen Netzbaustrategie 2020 und der damit verbundenen Abweichung ohne Gewährleistung der mit dem Glasfaserstandard verfolgten Zwecke würde ein faktisch irreversibler Zustand herbeigeführt werden.

    14. Überdies stellt die technische Ausgestaltung eines FTTH-Netzes eine äusserst komplexe Materie dar. Mit dem Glasfaserstandard haben die Fernmeldeunternehmen selbst eine bestimmte grundlegende Ausgestal-

      tung festgelegt. Soweit Varianten gegenüber dieser Normierung entwickelt werden, bedürfen die sich daraus ergebenden Folgen für die spätere Nutzung eines FTTH-Netzes einer eingehenden vertieften Abklärung, um sicherzustellen, dass die Zwecke des Glasfaserstandards auch mit der jeweiligen Variante erreicht werden. Bereits die gegensätzlichen Annahmen und Vorbringen von Beschwerdeführerin und Vorinstanz im Verlaufe des vorliegenden Verfahrens, mit denen bestimmte in Frage stehende Alternativen entweder zunächst als untaugliche und danach als valable Alternative bzw. umgekehrt zunächst als valable und danach als untaugliche Alternative dargestellt wurden, belegen, dass im Rahmen dieses einstweiligen Rechtsschutzverfahrens keine ausreichende Beurteilung in positiver Weise vorgenommen werden kann, welche technischen Varianten zur Sicherstellung der mit dem Glasfaserstandard verfolgten Zwecke mit Sicherheit eingesetzt und daher als Technologieanpassung qualifiziert werden können. Vielmehr kann allenfalls nur umgekehrt mit ausreichender Sicherheit festgestellt werden, ob eine bestimmte technische Variante diese Zwecke aus bestimmten Gründen von vornherein nicht erfüllt bzw. nicht erfüllen kann.

    15. Die Komplexität der Sachmaterie spricht somit ebenfalls eindeutig gegen die kurzfristige Zulassung einer bestimmten technischen Variante als Technologieanpassung des Glasfaserstandards und damit für das öffentliche Sicherungsinteresse sowie gegen das private Verwirklichungsinteresse von Swisscom.

    16. Als Zwischenergebnis ist daher festzustellen, dass dem öffentlichen Sicherungsinteresse an der Gewährleistung einer offenen Wettbewerbsmatrix mit einem diskriminierungsund monopolisierungsfreien Zugang zu FTTH-Netzen für andere Fernmeldeunternehmen eindeutig ein deutliches und massgebliches Übergewicht gegenüber dem privaten Verwirklichungsinteresse von Swisscom an der konkreten technischen Ausgestaltung eines vom Glasfaserstandard abweichenden FTTH-Netzes zukommt.

      1. Zweck-Mittel-Relation

    17. Die vorsorgliche Massnahme zur Erfüllung dieses eindeutig und deutlich vorrangigen Sicherungsinteresses ist auch unter Berücksichtigung der Zweck-Mittel-Relation für Swisscom zumutbar.

    18. Der Aspekt der Zumutbarkeit könnte durch den Aspekt der wirtschaftlichen Einbussen, die Swisscom durch den Abbruch der vorgesehenen Ausbaumassnahmen bis zum Abschluss der Untersuchung erleidet, in Frage gestellt werden.

    19. Der Umfang der wirtschaftlichen Einbussen wird von der Beschwerdeführerin als enormer Schaden im dreistelligen Millionenbereich angegeben (vgl. E. 754). Demgegenüber macht die Vorinstanz geltend, dass die Einbussen aufgrund von verschiedenen Gründen lediglich einen geringen und überschaubaren Umfang aufweisen würden.

    20. Bei diesen wirtschaftlichen Einbussen handelt es sich sowohl um die unmittelbaren Kosten, die infolge der notwendigen Einstellung der bereits begonnenen Arbeiten und der nicht mehr umsetzbaren Projektarbeiten entstanden sind, als auch um die entgangenen Gewinne, die mangels Abschlusses der jeweiligen Glasfaserprojekte durch die entgangenen Kundenbeziehungen aufgrund einer Abwanderung zu anderen Anbietern sowie der nicht vollständig ausgeschöpften Kundenbeziehungen aufgrund des notwendigen Verzichts auf die Bestellung höherwertiger Bandbreiten angefallen wären. Im Hinblick auf die Kundenbeziehungen ist nach Ansicht der Beschwerdeführerin davon auszugehen, dass die Kunden grossmehrheitlich auf ein höherwertiges Produkt von Swisscom mit mehr Bandbreite gewechselt hätten.

    21. Im Hinblick auf die Einstellung von Projektarbeiten ist entsprechend dem Einwand der Wettbewerbskommission darauf hinzuweisen, dass die Weiterführung der Arbeiten in den jeweiligen Verteilund Gebäudenetzen durch die vorsorglichen Massnahmen nicht eingeschränkt werden, weil diese Netzabschnitte auch nach der Netzbaustrategie 2020 gemäss Glasfaserstandard mit Vierfaser-Modell und P2P-Topologie ausgeführt werden. Daher können sich in diesen Bereichen keine wesentlichen Einschränkungen ergeben. Da die Bereiche Verteilund Hausnetz nach der Kostenanalyse von Swisscom zusammen 85% der Gesamtkosten ausmachen, beschränken sich die wirtschaftlichen Einbussen aufgrund einer notwendigen Einstellung einzelner Projekte auf jeweils 15% von deren Gesamtkosten.

    22. Im Hinblick auf einen geltend gemachten Schaden wegen entgangener Kundenbeziehungen wird zu berücksichtigen sein, dass in den jeweiligen Orten der Glasfaserprojekte eine Möglichkeit bestehen muss, Breitbanddienstleistungen entsprechend einem FTTH-Netz von einem

      anderen Anbieter erlangen zu können, damit eine Abwanderung zu Lasten von Swisscom überhaupt stattfinden kann. Da Swisscom geltend macht, dass in ihren Alleinbaugebieten gar keine Investitionsbereitschaft anderer Fernmeldeunternehmen zum Bau eines FTTH-Netzes bestehe, ist nicht ersichtlich, dass die Möglichkeiten einer Abwanderung zahlreich sind. Im Hinblick auf den geltend gemachten Schaden wegen der nicht vollständig ausgeschöpften Kundenbeziehungen wird zu berücksichtigen sein, dass dem Mehrbetrag an Einnahmen aufgrund der höherwertigen Dienstleistungen auch die höheren Ausgaben für den FTTN-Netzausbau gegenüberzustellen sind, weshalb das Ausmass der dabei tatsächlich zu erzielenden Gewinne erst noch abzuklären sein wird.

    23. Ob überhaupt und inwieweit die von Swisscom geltend gemachte Schadenersatzpflicht wegen Nichterfüllung gegenüber Auftraggebern und Auftragnehmern (vgl. E. 754) tatsächlich besteht – weil z.B. nur Schadenersatzansprüche wegen des unnötigen Aufwands für den Abschluss von wettbewerbswidrigen Verträgen anfallen, deren Umfang deutlich niedriger anzusetzen wäre –, kann vorliegend dahingestellt bleiben.

    24. Ungeachtet der divergierenden Ansichten der Parteien ist entgegen dem Einwand der Vorinstanz zweifelsohne davon auszugehen, dass jedenfalls ein nicht völlig unerheblicher Betrag als unnötig aufgewendete Kosten und entgangener Gewinn zu Lasten von Swisscom anzusetzen wäre.

    25. Vorliegend ist eine genauere Abschätzung dieser wirtschaftlichen Einbussen allerdings nicht erforderlich. Denn letztlich kann eine Ermittlung des genauen Betrags mangels Entscheidungserheblichkeit, die sich aufgrund von mehreren Aspekten ergibt, unterbleiben.

    26. Zunächst ist eine einstweilige Tolerierung des weiteren Ausbaus von FTTH-Netzen gemäss Netzbaustrategie 2020 angesichts von deren Wettbewerbswidrigkeit in Form einer Technologieeinschränkung gemäss Art. 7 Abs. 2 lit. g KG aufgrund einer eindeutigen Erfolgsprognose sowie der Irreversibilität des dadurch herbeigeführten Zustands für rund 1/3 des gesamten Glasfasernetzes in der Schweiz ausgeschlossen. Vielmehr verlangt diese Irreversibilität gerade nach einem einstweiligen Eingriff zur Sicherstellung des bislang bestehenden Zustands, weil dieser allgemein anerkannt ist.

    27. Zudem sind die tatsächlich anfallenden wirtschaftlichen Einbussen von Swisscom, die für einen gewissen Zeitraum aufgrund des nunmehr aufgeschobenen Ausbaus von FTTH-Netzen gemäss der Netzbaustrategie 2020 anfallen, jedenfalls nicht höher als diejenigen Kosten, die bei einem Rückbau dieses als wettbewerbswidrig festgestellten FTTH-Netzes zu Lasten von Swisscom anfallen würden. Den geltend gemachten wirtschaftlichen Einbussen kommt daher bei einem Vergleich mit den sich jeweils ergebenden Folgen keine massgebliche Bedeutung zu.

    28. Darüber hinaus ist eine entsprechende Berücksichtigung auch bereits aus grundsätzlichen Erwägungen ausgeschlossen.

    29. Würde dieser Einwand der Beschwerdeführerin zugelassen, könnte er im Übrigen auch nach Abschluss des Hauptverfahrens in gleicher Weise geltend gemacht werden. Die Beurteilung dieses Einwands hat daher nicht nur das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes, sondern auch das Hauptverfahren zu berücksichtigen.

    30. Ein marktbeherrschendes Unternehmen kann die Weiterführung eines eindeutigen wettbewerbswidrigen Verhaltens nicht dadurch erzwingen, dass es sich bei Manifestierung der Rechtswidrigkeit aufgrund einer behördlichen Verfügung auf die eintretenden wirtschaftlichen Einbussen bei einer Einstellung dieser Verhaltensweise beruft. Dies gilt umso mehr, wenn es trotz der Möglichkeit zur Kenntnis von der Rechtswidrigkeit eines bestimmten wirtschaftlichen Verhaltens und der Einleitung eines entsprechenden Kartellverwaltungsverfahrens durch die Wettbewerbsbehörden dennoch mit dessen Umsetzung begonnen hatte.

    31. Insbesondere kann die Fortführung eines wettbewerbswidrigen Netzausbaus nicht toleriert werden, wenn ein marktbeherrschendes Unternehmen das Vorhandensein und die Anwendung eines von ihm selbst anerkannten Glasfaserstandards negiert und eine eigenwillige Umsetzungsstrategie verkündet und vorantreibt, um bei einem Eingreifen der Wettbewerbsbehörden eine Weiterführung des rechtswidrigen Verhaltens wegen allfälliger wirtschaftlicher Einbussen geltend zu machen.

    32. Dass eine Berücksichtigung des Einwands ausgeschlossen ist, wird auch durch die Anwendung des Art. 50 KG auf vorsorgliche Massnahmen bestätigt (vgl. E. 710). Danach ist die Weiterführung eines wettbewerbswidrigen Verhaltens entgegen einer vorsorglichen Anordnung durch die Wettbewerbsbehörden zu sanktionieren.

    33. Im Übrigen hat Swisscom die nun eingetretene Sachund Rechtslage entgegen ihrer Darstellung selbst zu verantworten.

    34. Swisscom wusste, dass mit einer Umsetzung der Netzbaustrategie 2020 eine Abweichung von dem von ihr anerkannten Glasfaserstandard vorgenommen wird. Denn die Beschwerdeführerin führt noch im Januar 2021 aus, dass zum einen kein Layer 1-Zugang mehr angeboten werden kann und zum anderen keine taugliche Technologievariante zur Verfügung steht, mit der ein Layer 1-Zugang und die offene Wettbewerbsmatrix des Glasfaserstandards hergestellt werden konnte. Swisscom musste daher davon ausgehen, dass dieser Abweichung vom bestehenden und allseits anerkannten Glasfaserstandard keine kartellrechtliche Zulässigkeit zukommt.

    35. Angesichts dessen ist es nicht nachvollziehbar, dass Swisscom vor Verkündung und Umsetzung ihrer Netzbaustrategie 2020 mit den Wettbewerbsbehörden keine Abklärung von deren Rechtmässigkeit und der Möglichkeit von allfälligen Alternativlösungen vorgenommen hat.

    36. Unmittelbar nach Verkündung der Netzbaustrategie 2020 haben die Wettbewerbsbehörden eine kartellrechtliche Untersuchung eingeleitet. Dies war Swisscom schon aufgrund des entsprechenden Auskunftsverlangens der Wettbewerbsbehörden bekannt.

    37. Swisscom hat daher im Jahr 2020 trotz Kenntnis des kartellrechtlichen Untersuchungsverfahrens mit dem Ausbau ihres FTTH-Netzes gemäss Netzbaustrategie 2020 begonnen und die weitere Fortsetzung dieses Ausbaus für die weiteren Jahre geplant und vorbereitet. Auch die ausdrückliche Anzeige eines Konkurrenten im September 2020 und die weiteren Untersuchungshandlungen durch die Wettbewerbsbehörden konnten Swisscom von diesem Vorhaben nicht abbringen. Demzufolge hat Swisscom die Umsetzung ihrer Netzbaustrategie 2020 in voller Kenntnis des Risikos eines Erlasses von vorsorglichen Massnahmen vorgenommen.

    38. Entgegen der Behauptung der Beschwerdeführerin (vgl. E. 754) sind die Ungewissheit und der Schwebezustand, unter denen die Gemeinden und Kunden zu leiden haben, demzufolge dem strategischen Entscheid von Swisscom anzulasten, die Netzbaustrategie 2020 in Widerspruch zum Glasfaserstandard ohne jegliche vorherige Abstimmung mit den Wettbewerbsbehörden und in Kenntnis des bereits eingeleiteten

      Kartellverwaltungsverfahrens umzusetzen, und nicht dem Erlass einer vorsorglichen Massnahme oder der Durchführung des Hauptverfahrens.

    39. Die von der Beschwerdeführerin geltend gemachten wirtschaftlichen Einbussen von Swisscom vermögen die Feststellung der Zumutbarkeit der angeordneten vorsorglichen Massnahmen demzufolge nicht zu verhindern.

    40. Gleiches gilt im Ergebnis für die von der Beschwerdeführerin geltend gemachten volkswirtschaftlichen Schäden, die aufgrund der Einbussen von Unternehmen und Gemeinden infolge einer nicht zum jetzigen Zeitpunkt aufgrund der Netzbaustrategie 2020 verfügbaren Glasfaserinfrastruktur eintreten (vgl. E. 754). Zudem führt die Untersagung eines wettbewerbswidrigen Verhaltens regelmässig auch zu gewissen Einbussen von anderen Unternehmen und sonstigen Wirtschaftsteilnehmern, die infolge der Untersagung gezwungen sind, eigene Geschäftsmodelle abzuändern oder andere Massnahmen zu ergreifen. Die Fortführung eines eindeutigen und irreversiblen wettbewerbswidrigen Verhaltens kann daher im Rahmen eines behördlichen oder gerichtlichen Kartellverfahrens nicht deshalb angeordnet oder geduldet werden, weil dadurch auch gewisse volkswirtschaftliche Schäden eintreten. Daher ist der Einwand der Beschwerdeführerin (vgl. E. 754), dass ein volkswirtschaftlicher Schaden infolge der fehlenden Umsetzung der Netzbaustrategie 2020 eintrete, irrelevant.

    41. Auch die von der Beschwerdeführerin vorgebrachten weiteren Einwände gegen die Zumutbarkeit der vorsorglichen Massnahme zu Lasten von Swisscom sind irrelevant oder unbegründet.

    42. Die grundlegenden Einwände der Beschwerdeführerin mit Bezug auf eine unzutreffende Beurteilung des Infrastrukturwettbewerbs wegen der Berücksichtigung von Geschäftsmodellen anderer Fernmeldeunternehmen (vgl. E. 741) und der fehlenden Einbeziehung der Kabelnetzbetreiber (vgl. E. 742 f.) und des Vorhandenseins ausreichender Ersatzprodukte (vgl. E. 743), der fehlenden gesamtschweizerischen Bedeutung für den Wettbewerb (vgl. E. 744), der Marginalität der Betroffenheit anderer Fernmeldeunternehmen (vgl. E. 745) sowie der fehlenden Verhinderung von Markteintritten und der fehlenden Bewirkung von Marktaustritten (vgl.

      E. 752) wurden bereits im Rahmen der Erfolgsprognose bei den einschlägigen materiellen Tatbestandsmerkmalen berücksichtigt und dort als

      irrelevant oder unbegründet widerlegt. Ihnen kann daher von vornherein keine Bedeutung im Rahmen der Interessenabwägung zukommen.

    43. Der Einwand der Beschwerdeführerin (vgl. E. 753), wonach die Anordnung von vorsorglichen Massnahmen infolge des Fortbestands eines Endkundenangebots unverhältnismässig sei, ist unbegründet. Dabei ist bereits die von der Beschwerdeführerin aufgestellte Ausgangshypothese unzutreffend, weil der vom Bundesgericht (BGE 127 II 32 E. 4c, 4f) entschiedene Sachverhalt offensichtlich nicht dem vorliegenden Sachverhalt entspricht. Denn im Gegensatz zu Ersterem, bei dem über die einstweilige Öffnung eines bislang nicht vorgesehenen Marktzugangs durch die Eidgenössische Kommunikationskommission zu entscheiden war, ist bei Letzterem die Untersagung der Abweichung von einem bestehenden und allseits anerkannten Glasfaserstandard durch die Wettbewerbskommission zu beurteilen. Hierbei stellt der Umstand des blossen Fortbestands eines Endkundenangebots von vornherein kein taugliches Kriterium zur Beurteilung von wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen in Form von Wettbewerbsabreden oder Marktmachtmissbräuchen und damit auch von entsprechenden vorsorglichen Massnahmen dar. Denn ungeachtet dessen, ob ein kollusives Verhalten von Marktteilnehmern oder eine Ausbeutung der Vertragspartner bzw. eine Behinderung von Konkurrenten vorliegt, verbleibt in jedem Fall ein Produktangebot für den Endkunden. Würde dieses Kriterium daher als zwingende Voraussetzung zur Anwendung gelangen, wäre die Anordnung von vorsorglichen Massnahmen im Kartellrecht von vornherein gänzlich ausgeschlossen. Die Anerkennung eines entsprechenden Beurteilungskriteriums steht demnach im Widerspruch zu der unstrittig anerkannten Möglichkeit zum Erlass entsprechender Massnahmen (vgl. E. 163 ff.).

    44. Der von der Beschwerdeführerin geltend gemachte Einwand (vgl.

      E. 755), wonach die übergeordneten volkswirtschaftlichen sowie regionalund versorgungspolitischen Interessen keine formale und inhaltliche Berücksichtigung gefunden hätten, ist irrelevant. Wie vorstehend bereits dargelegt (vgl. E. 58 ff.), umfasst die materielle Beurteilung eines Sachverhalts durch die Wettbewerbsbehörden wie auch der Rechtsmittelinstanzen ausschliesslich eine wettbewerbsrechtliche Prüfung. Konsumentenund Verbraucherinteressen sind dabei ausschliesslich unter dem Gesichtspunkt eines wirksamen Wettbewerbs und nicht unter versorgungs-, regional-, sozial- oder sonstigen gesellschaftspolitischen Zwecken zu berücksichtigen. Für derartige Beurteilungen ist der Bundesrat im Rahmen des Rechtsinstituts der ausnahmsweisen Zulassung zuständig.

      Daher hatte die Vorinstanz von vornherein weder eine Veranlassung noch eine Verpflichtung, diese Aspekte in der angefochtenen Verfügung zu berücksichtigen und zu behandeln, weshalb entgegen dem Einwand der Beschwerdeführerin (vgl. E. 758) auch keine Verletzung ihres Gehörsanspruchs vorliegt.

    45. Der von der Beschwerdeführerin erhobene Einwand (vgl. E. 760), wonach bei Anwendung des Kartellrechts eine auf das Gemeinwohl verpflichtete staatliche Wettbewerbspolitik zu verfolgen sei, weshalb auch Konsumentenund Verbraucherinteressen einschliesslich der Versorgung von Randregionen mit Breitbandleistungen zu berücksichtigen seien, ist schon deshalb nicht massgeblich, weil er sich auf eine Ausführung in der Botschaft KG 1995 (BBl 1999 500) stützt, mit der die vorgenommene Ableitung gar nicht begründbar ist. Vielmehr wird in der Botschaft KG 1995 ausdrücklich festgehalten, dass das Konzept des wirksamen Wettbewerbs gemäss neuem Kartellgesetz den weitgehenden Verzicht auf eine instrumentalistisch ausgerichtete Wettbewerbspolitik aufweist und sich stattdessen auf die Sicherung der allokativen und dynamischen Effizienz der Märkte konzentriert (Botschaft KG 1995, 513). Mithin entspricht die Intention der vorliegend strittigen vorsorglichen Massnahme, einen wettbewerbsneutralen weil diskriminierungsund monopolisierungsfreien Zugang zu den FTTH-Netzen auch für die Zukunft sicherzustellen, um dadurch den Wettbewerb zwischen allen Fernmeldeunternehmen ohne Berücksichtigung von versorgungsund regionalpolitischen sowie sonstigen vorgegebenen Ausrichtungen zu gewährleisten, gerade diesem allgemeinen Ansatz der Wettbewerbspolitik.

    46. Der Einwand der Beschwerdeführerin (vgl. E. 761), wonach mit der verfügten vorsorglichen Massnahme weitreichende Handlungspflichten zu Lasten von Swisscom angeordnet würden, weil diese angehalten werde, ihre Netzbaustrategie anzupassen, weshalb es sich um einen substantiellen Eingriff in ihre Rechtsstellung handle, ist zwar zutreffend. Allerdings stellt allein das Vorliegen eines gewichtigen privaten Verwirklichungsinteresses kein Ausschlussgrund für eine behördliche Anordnung von vorsorglichen Massnahmen dar. Vielmehr kann zum Schutz eines öffentlichen Sicherungsinteresses auch ein substantieller Eingriff in die Rechtsstellung von Unternehmen vorgenommen werden, soweit die Kriterien der Verhältnismässigkeit hierfür gegeben sind, was vorliegend zu bejahen ist.

    47. Der Einwand der Beschwerdeführerin (vgl. E. 762), wonach ihr die aus rechtsstaatlicher Sicht garantierten Rechtsschutzmöglichkeiten nicht

      bzw. nicht genügend eingeräumt worden seien, ist angesichts des vorliegenden Verfahrens, in dem sie ihre inhaltlich-sachliche Position sogar noch hinsichtlich verschiedener technischer Einschätzungen durch das Einreichen mehrerer Schriftsätze abgeändert hat, sowohl unverständlich als auch unzutreffend.

    48. Der Einwand der Beschwerdeführerin (vgl. E. 763), wonach die Rechtsprechung des Bundesgerichts bereits mehrfach die faktische Eröffnung eines Zugangs zu Infrastrukturen mittels vorsorglicher Massnahmen abgelehnt habe und die vorliegende Massnahme für Swisscom daher unzumutbar sei, ist ebenfalls irrelevant. Gleiches gilt für den Einwand der staatlichen Technologielenkung (vgl. E. 751).

    49. Denn auch gegenüber diesen Einwänden ist nochmals darauf hinzuweisen, dass Swisscom mir ihrer Netzbaustrategie 2020 vom bestehenden und allseits anerkannten Glasfaserstandard abweichen will und die Beschwerdeführerin entgegen der früheren Zustimmung von Swisscom zu diesem Glasfaserstandard weder darlegen konnte, dass ihre Netzbaustrategie 2020 als Technologieanpassung eine ausreichend sachgerechte Technologievariante zum Glasfaserstandard darstellt noch ein Grund dafür besteht, von einem erheblichen Einsparungspotential auszugehen, das deutlich über die zu erwartenden und akzeptierten Mehrkosten eines Ausbaus gemäss Glasfaserstandard hinausgeht.

    50. Massgebend ist daher vorliegend primär der dargestellte Sachverhalt einer Technologieeinschränkung und nur sekundär der vorliegend nicht abgehandelte Sachverhalt einer Zugangsgewährung. Bereits aus diesem Grund ist die bisherige Rechtsprechung des Bundesgerichts zur Zugangsgewährung bei öffentlichen Telekommunikationsnetzen von vornherein nicht einschlägig.

    51. An der eindeutigen Beurteilungslage im vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes vermögen im Übrigen auch die von der Beschwerdeführerin zur Unterstützung ihrer Vorbringen vorgelegten vielgestaltigen Erklärungen von Dritten, die durch die Einstellung des Netzausbaus gemäss Netzbaustrategie 2020 betroffen sind, etwas zu ändern. Auch wenn deren grosser Unmut über Verzögerungen beim Glasfaserausbau durchaus nachvollziehbar ist, so kommt diesen negativen Erklärungen – wie umgekehrt auch positiven Erklärungen von Gemeinden oder Unternehmen (vgl. E. 569 ff.) – keine entscheidungserhebliche Bedeutung zu. Im Übrigen setzen sich diese Erklärungen auch nicht mit den

      massgeblichen rechtlichen Aspekten für die Beurteilung eines Glasfasernetzausbaus auseinander; insbesondere werden das Bestehen des Glasfaserstandards und die sich daraus ergebenden Folgen für eine Kostenbeurteilung völlig ausgeblendet. Dies gilt sowohl für die Erklärungen des Volkswirtschaftsdepartements des Kantons Appenzell Innerrhoden und des Projektleiters für das Projekt «Hochbreitbanderschliessung Appenzell-Innerrhoden» gegenüber der Wettbewerbskommission sowie für die unaufgefordert eingereichte Stellungnahme des Projektleiters gegenüber dem Bundesverwaltungsgericht als auch die von der Beschwerdeführerin vorgelegten diversen Erklärungen von betroffenen Gemeinden und Unternehmen gegenüber dem Bundesrat und einzelnen Parlamentariern.

    52. Ungeachtet dessen wird durch das vorliegende Urteil das Hauptverfahren entgegen dem Einwand der Beschwerdeführerin (vgl. E. 761), wie bereits dargelegt (vgl. E. 204), nicht vorweggenommen. Denn im Hauptsacheverfahren haben die Wettbewerbsbehörden aufgrund einer umfassenden Abklärung auf der Grundlage des Untersuchungsgrundsatzes eine eigenständige Entscheidung zu treffen. Soweit das Ergebnis des vorliegenden Urteils im Hauptverfahren bestätigt werden sollte, würde dies allein darauf beruhen, dass sich die im Rahmen des vorliegenden Verfahrens aufgrund einer blossen Glaubhaftmachung vorgenommene Einschätzung des Sachverhalts als zutreffend erweisen würde und die Beschwerdeführerin auch im Hauptverfahren insbesondere weder eine sachgerechte Technologievariante als zulässige Technologieanpassung zum Ersatz des Glasfaserstandards präsentieren noch den Anfall von Mehrkosten, die über den anerkannten Kostenmassstab des Glasfaserstandards hinausgehen, nachweisen könnte.

  11. BEZEICHNUNG VON GESCHÄFTSGEHEIMNISSEN

    1. Mit ihrem Beschwerdeantrag Ziff. 4 macht die Beschwerdeführerin geltend, ihr sei das Recht einzuräumen, die in der Beschwerdeschrift enthaltenen Geschäftsgeheimnisse zu bezeichnen, bevor diese allfälligen anderen Parteien oder Drittbeteiligten im Verfahren Netzbaustrategie Swisscom (Weko-Dossier 31-0598) offengelegt werden.

    2. Auf Anordnung des Gerichts hat die Beschwerdeführerin eine um die geltend gemachten Geschäftsgeheimnisse bereinigte Fassung der Beschwerdeschrift eingereicht. Die von der Beschwerdeführerin bezeich-

      neten Geschäftsgeheimnisse wurden im Rahmen des Verfahrens gewahrt.

    3. Der Beschwerdeantrag Ziff. 4 ist damit gegenstandslos geworden und als gegenstandslos geworden abzuschreiben.

  12. ZUSAMMENFASSUNG

    1. Die summarische Prüfung der angefochtenen Verfügung aufgrund der von der Beschwerdeführerin eingereichten Beschwerde hat ergeben, dass die Umsetzung der Netzbaustrategie 2020 durch Swisscom eine Technologieeinschränkung gemäss Art. 7 Abs. 2 lit. e KG darstellt. Die Einschränkung des anerkannten Glasfaserstandards für den Ausbau von FTTH-Netzen mit einem Vierfaser-Modell und P2P-Topologie lässt sich auch nicht durch einen der vielfältigen Aspekte rechtfertigen, die von der Beschwerdeführerin für die Abweichung vom Glasfaserstandard geltend gemacht werden.

    2. Daher ist die von der Vorinstanz durch die angefochtene Verfügung angeordnete vorsorgliche Massnahme zur Sicherstellung eines Layer 1- Zugangs beim Ausbau des FTTH-Netzes durch Swisscom rechtmässig.

    3. Dementsprechend ist der Antrag Ziff. 1 der Beschwerde auf Aufhebung der durch die angefochtene Verfügung angeordneten vorsorglichen Massnahme abzuweisen.

    4. Infolgedessen ist auch der Antrag Ziff. 2 der Beschwerde auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung gegenstandslos geworden und als gegenstandslos geworden abzuschreiben.

    5. Der Antrag Ziff. 3 der Beschwerde auf einen unverzüglichen Entscheid ohne vorherige Anhörung der Vorinstanz war bereits unmittelbar nach Einreichung der Beschwerde durch Verfügung des Gerichts abgelehnt worden.

    6. Der Antrag Ziff. 4 der Beschwerde auf Durchsicht der Beschwerdeschrift zur Bezeichnung von Geschäftsgeheimnissen vor Weitergabe an Dritte wurde durch die Einreichung einer bereinigten Beschwerdeschrift auf Anordnung des Gerichts gegenstandslos. Daher ist er als gegenstandslos geworden abzuschreiben.

    7. Die Beschwerde ist daher abzuweisen, soweit sie nicht als gegenstandslos geworden abzuschreiben ist.

  13. VERFAHRENSKOSTEN UND PARTEIENTSCHÄDIGUNG

  1. Die Auferlegung der Verfahrenskosten – die sich aus Gerichtsgebühr und Auslagen zusammensetzen – sowie die Zusprechung einer Parteientschädigung richten sich nach den allgemeinen Bestimmungen von Art. 63 und 64 VwVG sowie den Bestimmungen des Reglements des Bundesverwaltungsgerichts vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht (VGKE, SR 173.320.2).

  2. Gemäss Art. 2 Abs. 1 VGKE bemisst sich die Gerichtsgebühr nach Umfang und Schwere der Streitigkeit, der Art der Prozessführung und der finanziellen Lage der Parteien, wobei Art. 3 und 4 VGKE Rahmengebühren für bestimmte Angelegenheiten vorgeben. Unter Berücksichtigung dieser Umstände sind die Verfahrenskosten vorliegend auf 50'000.– CHF festzusetzen.

  3. Die Verfahrenskosten sind gemäss Art. 63 Abs. 1 VwVG der Beschwerdeführerin als unterliegende Partei aufzuerlegen. Hierauf wird der bereits geleistete Kostenvorschuss in Höhe von 15'000.– CHF angerechnet.

  4. Eine Parteientschädigung gemäss Art. 64 Abs. 1 VwVG für die den obsiegenden Parteien erwachsenen notwendigen und verhältnismässig hohen Kosten ist vorliegend nicht zuzusprechen. Der Vorinstanz steht als Bundesbehörde gemäss Art. 7 Abs. 3 VGKE kein Anspruch auf eine Parteientschädigung zu. Dasselbe gilt für die Anzeigerin, die zur Aufklärung des technischen Sachverhalts anlässlich der Instruktionsverhandlung beigeladen wurde. Sie hat im vorliegenden Verfahren keine eigenen Anträge gestellt, weshalb sie nicht als obsiegende Partei gilt.

Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:

1.

Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit sie nicht als gegenstandslos geworden abzuschreiben ist.

2.

Der Beschwerdeführerin werden die Verfahrenskosten in Höhe von 50'000.– CHF auferlegt. Hierauf wird der bereits geleistete Kostenvorschuss in Höhe von 15'000.– CHF angerechnet.

3.

Eine Parteientschädigung zu Gunsten der Vorinstanz und der Init7 (Schweiz) AG wird nicht ausgerichtet.

Dieses Urteil geht an:

  • die Beschwerdeführerinnen (per Gerichtsurkunde);

  • die Vorinstanz (Ref-Nr. 31-0598; per Gerichtsurkunde);

  • die Beigeladene (per Gerichtsurkunde).

Für die Rechtsmittelbelehrung wird auf die nächste Seite verwiesen.

Der vorsitzende Richter: Der Gerichtsschreiber:

Stephan Breitenmoser Ralf Straub

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen nach Eröffnung beim Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten geführt werden, sofern die Voraussetzungen gemäss Art. 82 ff., 90 ff. und 100 des Bundesgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005 (BGG, SR 173.110) dies vorsehen. Die Rechtsschrift hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten. Der angefochtene Entscheid und die Beweismittel sind, soweit sie der Beschwerdeführer in Händen hat, beizulegen (Art. 42 BGG).

Versand: 5. Oktober 2021

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Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

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