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Bundesstrafgericht Urteil

Kopfdaten
Instanz:Bundesstrafgericht
Abteilung:Beschwerdekammer: Strafverfahren
Fallnummer:BB.2021.51
Datum:02.02.2022
Leitsatz/Stichwort:
Schlagwörter : Beschwerde; Bundes; Hinzufügen; öffnen; Filter; Beschwerdeführer; Urteil; Urteile; Beschlagnahme; Verfahren; Entscheid; Verfahrens; Hausdurchsuchung; Beschlagnahmt; Chemikalien; Recht; Beschlagnahmebefehl; Bundesanwaltschaft; Konsulat; Verfahrensakten; Drohung; Beschlagnahmte; Entscheide; Beweismittel; Beschwerdegegnerin; Bundesstrafgericht; Bundesgericht; Beschlagnahmten; Beschwerdekammer; Beschwerdeführers
Rechtskraft:Kein Weiterzug, rechtskräftig
Rechtsnorm: Art. 10 BGG ; Art. 105 StPO ; Art. 18 StGB ; Art. 180 StGB ; Art. 197 StPO ; Art. 24 StPO ; Art. 245 StPO ; Art. 26 StPO ; Art. 263 StPO ; Art. 36 BV ; Art. 385 StPO ; Art. 393 StPO ; Art. 396 StPO ; Art. 423 StPO ; Art. 429 StPO ; Art. 47 StGB ; Art. 48 BGG ;
Referenz BGE:124 IV 313; 137 IV 122; 142 IV 299; ;
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Entscheid

BB.2021.51

Bundesstrafgericht

Tribunal pénal fédéral

Tribunale penale federale

Tribunal penal federal

Geschäftsnummer: BB.2021.51 Entscheide BStGer Als Filter hinzufügen Link öffnen

 

Beschluss vom 2. Februar 2022
Beschwerdekammer

Besetzung

Bundesstrafrichter

Roy Garré, Vorsitz,

Daniel Kipfer Fasciati und Cornelia Cova,

Gerichtsschreiberin Chantal Blättler Grivet Fojaja

Parteien

A. ,

Beschwerdeführer

gegen

Bundesanwaltschaft,

Beschwerdegegnerin

Gegenstand

Beschlagnahme ( Art. 263 ff. StPO)


Sachverhalt:

A.      Gegen A. wird seit dem 2. September 2020 eine Strafuntersuchung wegen Drohung ( Art. 180 StGB) geführt (zunächst durch die Staatsanwaltschaft Zürich-Limmat, seit dem 15. September 2020 durch die Bundesanwaltschaft; Verfahrensakten Urk. BA-01-00-0001; BA-02-00-0007). A. wird vorgeworfen, am 2. September 2020, ca. um 11.04 Uhr, gegenüber dem Konsulat von Belarus in Zürich telefonisch gedroht zu haben, eine Bombe hochgehen zu lassen (Verfahrensakten Urk. BA-10-01-0001 ff.).

B.      Gestützt auf den Hausdurchsuchungs- und Durchsuchungsbefehl der Staatsanwaltschaft Zürich-Limmat vom 3. September 2020 wurde am Wohnort von A., am Z.-Weg, Y./AG, eine Hausdurchsuchung durchgeführt. Dabei wurden mehrere Schusswaffen, Munition, diverse Chemikalien sowie Fläschchen und Behältnisse mit unbekanntem Inhalt sichergestellt (Verfahrensakten Bundesanwaltschaft Urk. 10-03-0001 ff.).

C.      Mit Beschlagnahmebefehl vom 15. Februar 2021 beschlagnahmte die Bundesanwaltschaft die anlässlich der Hausdurchsuchung vom 3. September 2020 sichergestellten Waffen (inkl. Munition) und diverse Chemikalien (Verfahrensakten Bundesanwaltschaft Urk. 08-01-0067 ff.).

D.      Dagegen gelangte A. mit Eingabe vom 25. Februar 2021 an die Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts. Er beantragt sinngemäss die Aufhebung der angeordneten Beschlagnahme (act. 1).

E.      Die Bundesanwaltschaft beantragt in ihrer Beschwerdeantwort, auf die Beschwerde sei nicht einzutreten; eventualiter sei sie abzuweisen (act. 3, S. 2). A. hält in seiner Replik vom 17. März 2021 an der sinngemäss beantragten Aufhebung des Beschlagnahmebefehls fest (act. 6), was der Bundesanwaltschaft am 23. März 2021 zur Kenntnis gebracht wurde (act. 7).

F.      In der Folge reichte A. der Beschwerdekammer weitere, vom 30. März, 29. April, 1. Mai, 9. Juli und 8. September 2021 datierte, nicht entscheidrelevante Stellungnahmen ein (act. 9, 11, 12, 13 und 16). Soweit diese der Bundesanwaltschaft noch nicht zur Kenntnis zugestellt worden sind, geschieht dies mit dem vorliegenden Beschluss.

          Auf die Ausführungen der Parteien und die eingereichten Akten wird, soweit erforderlich, in den nachfolgenden Erwägungen eingegangen.

Die Beschwerdekammer zieht in Erwägung:

1.

1.1    

1.1.1 Gegen Verfügungen und Verfahrenshandlungen der Bundesanwaltschaft kann bei der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts Beschwerde erhoben werden ( Art. 393 Abs. 1 lit. a StPO i.V.m. Art. 37 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die Organisation der Strafbehörde des Bundes [Strafbehördenorganisationsgesetz, StBOG; SR 173.71]). Die Beschwerde gegen schriftlich oder mündlich eröffnete Entscheide ist innert zehn Tagen schriftlich und begründet einzureichen ( Art. 396 Abs. 1 StPO). Dabei hat die Person, die das Rechtsmittel ergreift, gestützt auf Art. 396 Abs. 1 i.V.m. Art. 385 Abs. 1 StPO genau anzugeben, welche Punkte des Entscheides sie anficht (lit. a); welche Gründe einen anderen Entscheid nahe legen (lit. b) sowie welche Beweismittel sie anruft (lit. c). Bei sogenannten Laienbeschwerden dürfen die Anforderungen an die Begründungspflicht nicht allzu hoch angesetzt werden. Dennoch kann auch von einem Laien erwartet werden, bereits mit der Beschwerdeschrift und ohne zusätzliche Aufforderung zur Verbesserung auf die Erwägungen im angefochtenen Entscheid konkret einzugehen ( BGE 142 IV 299 E. 1.2.4 BGE Als Filter hinzufügen Link öffnen; Urteile des Bundesgerichts 6B_319/2021 Weitere Urteile BGer Als Filter hinzufügen Link öffnen vom 15. Juli 2021 E. 7; 6B_1039/2020 Weitere Urteile BGer Als Filter hinzufügen Link öffnen vom 20. April 2021 E. 1.5. mit weiteren Hinweisen). Zudem setzt jede Beschwerde – obschon im Gesetz nicht ausdrücklich genannt – einen Beschwerdewillen voraus. Diese Willensäusserung hat bedingungslos und zweifelsfrei zu erfolgen. Es genügt nicht, dass der Betroffene mit einem Entscheid nicht zufrieden ist oder diesen kritisiert. Der Beschwerdewille kann auch aus Sinn und Gehalt der Beschwerdeschrift hervorgehen. Der Beschwerdeführer muss in der Beschwerde deutlich zum Ausdruck bringen, dass er den betreffenden Entscheid durch eine höhere Instanz überprüfen lassen will (vgl. Beschluss des Bundesstrafgerichts BV.2016.26 Entscheide BStGer Als Filter hinzufügen Link öffnen vom 4. Januar 2017 E. 2.2 m.w.H.; Guidon, Die Beschwerde gemäss Schweizerischer Strafprozessordnung, 2011, N. 387).

1.1.2  Zur Beschwerde berechtigt ist ferner jede Partei oder jeder andere Verfahrensbeteiligte mit einem rechtlich geschützten Interesse an der Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Entscheides ( Art. 382 Abs. 1 i.V.m. Art. 105 Abs. 2 StPO). Mit der Beschwerde gerügt werden können gemäss Art. 393 Abs. 2 StPO Rechtsverletzungen, einschliesslich Überschreitung und Missbrauch des Ermessens, Rechtsverweigerung und Rechtsverzögerung (lit. a), die unvollständige oder unrichtige Feststellung des Sachverhalts (lit. b) sowie die Unangemessenheit (lit. c).

1.2     Vorliegend ist zunächst festzuhalten, dass sich der Wille des Beschwerdeführers, den Beschlagnahmebefehl vom 15. Februar 2021 anfechten zu wollen, klar aus seiner Eingabe vom 25. Februar 2021 an die Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts ergibt, indem er mitteilt, dass er gegen den Beschlagnahmebefehl «Einsprache» erhebe. Dass er neun Tage zuvor gegenüber der Beschwerdegegnerin mit Schreiben vom 16. Februar 2021 noch erklärt hat, die ganze Angelegenheit sei über alle Massen aufgebläht, so dass er davon absehe, beim Bundesstrafgericht Bellinzona Beschwerde einzureichen (vgl. Verfahrensakten Urk. BA-16-01-0017), vermag an dieser Beurteilung – entgegen der Ansicht der Beschwerdegegnerin – nichts zu ändern.

          Was die Begründung der Beschwerde anbelangt, geht aus der Eingabe des Beschwerdeführers hervor, dass er unter anderem die Verhältnismässigkeit der Beschlagnahme, zumindest soweit sich diese auf die Waffen bezieht, rügt. Mit Bezug auf die beschlagnahmten Chemikalien macht der Beschwerdeführer geltend, dass er diese für die Ausübung seines Berufes brauche. Weiter rügt der Beschwerdeführer die Unrechtmässigkeit der Hausdurchsuchung. Er ist der Ansicht, dass diese nur in seiner Anwesenheit hätte durchgeführt werden dürfen (act. 1). Da der Beschwerdeführer vorliegend nicht anwaltlich vertreten ist, vermag die Beschwerdebegründung den herabgesetzten Anforderungen an die Begründungspflicht von nicht anwaltlich vertretenen juristischen Laien knapp zu genügen (vgl. supra E. 1.1.1). Dies gilt umso mehr, als auch der angefochtene Beschlagnahmebefehl nur sehr rudimentär begründet ist.                                

1.3     Was die Beschwerdelegitimation des Beschwerdeführers anbelangt, so ist dieser als beschuldigter Inhaber (Eigentümer oder Besitzer) der an seinem Wohnort sichergestellten und alsdann beschlagnahmten Gegenstände (Chemikalien und Waffen) ohne Weiteres zur Beschwerdeerhebung gegen den Beschlagnahmebefehl vom 15. Februar 2021 legitimiert. Soweit er die Rechtmässigkeit der Hausdurchsuchung vom 2. September 2020 kritisiert, stellt sich die Beschwerdegegnerin auf den Standpunkt, er hätte seine Kritik bereits im Rahmen einer gegen den Hausdurchsuchungs- und Durchsuchungsbefehl gerichteten Beschwerde vorbringen müssen (act. 3 S. 2 f.). Diese Argumentation ist schon im Lichte der nur eingeschränkten Eintretens-praxis (vgl. hierzu das Urteil des Bundesgerichts 1B_310/2012 Weitere Urteile BGer Als Filter hinzufügen Link öffnen vom 22. August 2012 E. 2) auf Beschwerden gegen Hausdurchsuchungen – im Regelfall dann kein Eintreten wegen fehlender Aktualität des Rechtsschutzinteresses – nicht stichhaltig. Im Übrigen verkennt die Beschwerdegegnerin, dass Rügen betreffend die Zulässigkeit der Hausdurchsuchung im Beschwerdeverfahren gegen die Beschlagnahmeverfügung vorgebracht und einer Überprüfung auf ihre Rechtmässigkeit unterzogen werden können (Beschluss des Bundesstrafgerichts BV.2019.46 Entscheide BStGer Als Filter hinzufügen Link öffnen-47 vom 14. November 2019 E. 3.3.3; Keller, Zürcher Kommentar, 3. Aufl. 2020, N. 16 zu Art. 244 StPO). 

1.4.    Auf die im Übrigen fristgerecht erhobene Beschwerde ist damit einzutreten.

2.       Soweit der Beschwerdeführer zunächst zusammen mit der Anfechtung des Beschlagnahmebefehls geltend macht, er hätte an der Hausdurchsuchung anwesend sein müssen, ist er darauf hinzuweisen, dass ein Recht bzw. eine Pflicht des Inhabers zur Präsenz während der Hausdurchsuchung nur dann besteht, wenn sich dieser im Durchsuchungsobjekt bzw. in der Nähe befindet ( Art. 245 Abs. 1 StPO). Ist dies nicht der Fall, ist ein volljähriges Familienmitglied oder eine andere geeignete Person beizuziehen ( Art. 245 Abs. 2 StPO). Die Hausdurchsuchung am Wohnort des Beschwerdeführers fand am 2. September 2020 von 14:20 bis 16:45 Uhr statt. Der Beschwerdeführer war zuvor vorläufig festgenommen worden und befand sich zum Zeitpunkt der Hausdurchsuchung in Gewahrsam der Kantonspolizei Aargau auf dem Stützpunkt Y. (Verfahrensakten Urk. BA-06-01-0001 ff.). An der Hausdurchsuchung anwesend war gemäss Durchsuchungs- und Untersuchungsprotokoll der Kantonspolizei Aargau vom 2. September 2020 die Ehefrau des Beschwerdeführers (Verfahrensakten Urk. BA-08-01-0001 ff.), was mit Blick auf Art. 245 StPO nicht zu beanstanden ist. Die entsprechende Rüge des Beschwerdeführers geht damit fehl.

3.

3.1     Gemäss Art. 263 Abs. 1 lit. a und lit. d StPO können Gegenstände und Vermögenswerte einer beschuldigten Person oder einer Drittperson beschlagnahmt werden, wenn diese voraussichtlich als Beweismittel gebraucht werden (sog. Beweismittelbeschlagnahme) oder voraussichtlich einzuziehen sind (sog. Einziehungsbeschlagnahme). Die Beschlagnahme gemäss Art. 263 ff. StPO ist eine provisorische (konservatorische) strafprozessuale Zwangsmassnahme, die zur vorläufigen Sicherung der Beweismittel bzw. der allenfalls der Einziehung unterliegenden Gegenstände und Vermögenswerte dient. Als solche greift sie in die verfassungsmässigen Individualrechte ein (vgl. Art. 36 Abs. 1 bis 3 BV) und darf nur ergriffen werden, wenn die angestrebten Ziele nicht durch mildere Massnahmen erreicht werden können ( Art. 197 Abs. 1 lit. c StPO) und wenn die Bedeutung der Straftat die Massnahmen rechtfertigt ( Art. 197 Abs. 1 lit. d StPO). Zudem wird ein hinreichender, objektiv begründeter konkreter Tatverdacht gegenüber dem Inhaber des Gegenstandes bzw. Vermögenswertes oder einem Dritten vorausgesetzt ( Art. 197 Abs. 1 lit. b StPO), an den am Anfang der Untersuchung noch weniger hohe Anforderungen gestellt werden ( BGE 124 IV 313 E. 4 BGE Als Filter hinzufügen Link öffnen; 122 IV 91 E. 4 BGE Als Filter hinzufügen Link öffnen; Urteile des Bundesgerichts 1S.16/2005 Weitere Urteile BGer Als Filter hinzufügen Link öffnen vom 7. Juni 2005 E. 5.2 und 8G.73/2002 Weitere Urteile BGer Als Filter hinzufügen Link öffnen vom 3. September 2002 E. 3 und 4). Im Gegensatz zum Strafrichter hat die Beschwerdeinstanz bei der Überprüfung des Tatverdachts keine erschöpfende Abwägung der in Betracht fallenden Tat- und Rechtsfragen vorzunehmen ( BGE 137 IV 122 E. 3.2 BGE Als Filter hinzufügen Link öffnen; 124 IV 313 E. 4 BGE Als Filter hinzufügen Link öffnen; Urteil des Bundesgerichts 1B_212/2010 Weitere Urteile BGer Als Filter hinzufügen Link öffnen vom 22. September 2010 E. 3.2). Der hinreichende Tatverdacht setzt – in Abgrenzung zum dringenden – nicht voraus, dass Beweise und Indizien bereits für eine erhebliche oder hohe Wahrscheinlichkeit einer Verurteilung sprechen ( BGE 137 IV 122 E. 3.2 BGE Als Filter hinzufügen Link öffnen; 124 IV 313 E. 4 BGE Als Filter hinzufügen Link öffnen; Urteil des Bundesgerichts 1B_588/2011 Weitere Urteile BGer Als Filter hinzufügen Link öffnen vom 23. Februar 2012 E. 6.1); allerdings muss er sich im Verlaufe der Ermittlungen weiter verdichten. Die Verdachtslage unterliegt mit anderen Worten einer umso strengeren Prüfung, je weiter das Verfahren fortgeschritten ist ( TPF 2010 22 Entscheide der Amtlichen Sammlung Als Filter hinzufügen Link öffnen E. 2.1; Beschluss des Bundesstrafgerichts BB.2011.25 Entscheide BStGer Als Filter hinzufügen Link öffnen vom 30. Mai 2011 E. 3.2).

3.2    

3.2.1  Der angefochtene Beschlagnahmebefehl äussert sich nicht zum Tatverdacht. Es wird darin einzig auf den Straftatbestand der Drohung im Sinne von Art. 180 StGB hingewiesen. Den in der Beschwerdeantwort zum Tatvorwurf gemachten, knappen Ausführungen lässt sich entnehmen, dass dem Beschwerdeführer vorgeworfen wird, am 2. September 2020 gegenüber dem belarussischen Konsulat gedroht zu haben, er lasse eine Bombe hochgehen, wenn das Konsulat nicht geräumt werde. Ein detaillierteres Bild zum Tatvorwurf ergibt sich aus den Verfahrensakten, wie dem Bericht der Stadtpolizei Zürich vom 2. September 2020, dem Einvernahmeprotokoll der Stadtpolizei Zürich vom 2. September 2020 betreffend die Einvernahme des Honorarkonsuls des Konsulats von Belarus in Zürich, B., den Einvernahmeprotokollen der Kantonspolizei Aargau vom 3. September 2020 betreffend die Einvernahme des Beschwerdeführers sowie dem Erhebungsbericht der Kantonspolizei Aargau vom 16. November 2020 (Verfahrensakten, pag. BA-10-01-0001 ff.; BA-12-01-0001 ff.; BA-13-01-0001 ff.; BA-10-03-0001 ff.). Den Akten zufolge ist am 2. September 2020, um ca. 11.06 Uhr, bei der Einsatzzentrale der Stadt Polizei Zürich ein Telefonanruf von B. eingegangen. Dieser habe angegeben, um 11.04 Uhr, einen Anruf von der Rufnummer 1 entgegengenommen zu haben, bei welchem ihm eine männliche Stimme auf Hochdeutsch mit Schweizer Akzent folgendes gesagt habe: «Verdammte C.-Schweine, räumt sofort das Konsulat, sonst geht eine Bombe hoch». Bei der genannten Rufnummer habe es sich um die Festnetznummer, welche auf A., Z.-Weg, Y./AG registriert sei, gehandelt. Der Anruf habe insgesamt 11 Sekunden gedauert. Der Beschwerdeführer räumte in den Einvernahmen vom 3. September 2020 ein, am 2. September 2020 kurz nach den 11-Uhr-Radionachrichten das Weissrussische Konsulat in Zürich angerufen zu haben. Er habe in den Nachrichten von den unzumutbaren Umständen bezüglich der Menschenrechte in Weissrussland gehört, insbesondere, dass die weiss-russische Regierung gegen Männer, Frauen und Kinder massiv und unmenschlich vorgehe. Das habe ihn sehr wütend gemacht, weshalb er seinem Ärger mit dem Telefonanruf Luft gemacht habe. Er habe nur kurz telefoniert und anschliessend wieder aufgelegt. Dabei habe er nicht mit einer Bombe gedroht, sondern habe gesagt, sie sollten das Konsulat räumen, sonst sprenge er es in die Luft. Dies sei eine Warnung gewesen. Er habe mitteilen wollen, dass die Weissrussen in der Schweiz nicht nur Freunde hätten.

3.2.2  Nach Art. 180 Abs. 1 StGB wird bestraft, wer jemanden durch schwere Drohung in Schrecken oder Angst versetzt. Der objektive Tatbestand setzt voraus, dass der Drohende seinem Opfer ein künftiges Übel ankündigt oder in Aussicht stellt. Erforderlich ist ein Verhalten, das geeignet ist, die geschädigte Person in Schrecken oder Angst zu versetzen. Dabei ist grundsätzlich ein objektiver Massstab anzulegen, wobei in der Regel auf das Empfinden eines vernünftigen Menschen mit einigermassen normaler psychischer Belastbarkeit abzustellen ist. Zudem ist erforderlich, dass die betroffene Person durch das Verhalten des Täters tatsächlich in Schrecken oder Angst versetzt wird (Urteile 6B_1338/2015 Weitere Urteile BGer Als Filter hinzufügen Link öffnen vom 11. Oktober 2016 E. 2.3; 6B_98/2016 Weitere Urteile BGer Als Filter hinzufügen Link öffnen vom 9. September 2016 E. 5.3; 6B_871/2014 Weitere Urteile BGer Als Filter hinzufügen Link öffnen vom 24. August 2015 E. 2.2.1; 6B_1121/2013 Weitere Urteile BGer Als Filter hinzufügen Link öffnen vom 6. Mai 2014 E. 6.3; 6B_192/2012 Weitere Urteile BGer Als Filter hinzufügen Link öffnen vom 10. September 2012 E. 1.1; je mit Hinweisen). Die Androhung des Übels kann auch gegen die Rechtsgüter Dritter oder gar des Drohenden selber gerichtet sein, sofern sie geeignet ist, das Opfer in Schrecken oder Angst zu versetzen (Urteile 6B_1283/2016 Weitere Urteile BGer Als Filter hinzufügen Link öffnen vom 19. April 2017 E. 2.3; 6B_1338/2015 Weitere Urteile BGer Als Filter hinzufügen Link öffnen vom 11. Oktober 2016 E. 1.4; Delnon/Rüdy, Basler Kommentar, 4. Aufl. 2019, N. 17 zu Art. 180 StGB). Der subjektive Tatbestand verlangt Vorsatz, mindestens Eventualvorsatz. Zur Erfüllung des Tatbestandes ist nicht erforderlich, dass der Täter das Opfer mit dem Tode bedroht oder das in Aussicht gestellte Übel genau beschreibt (Urteile 6B_871/2014 Weitere Urteile BGer Als Filter hinzufügen Link öffnen vom 24. August 2015 E. 2.2.1; 6B_1121/2013 Weitere Urteile BGer Als Filter hinzufügen Link öffnen vom 6. Mai 2014 E. 6.3; 6B_192/2012 Weitere Urteile BGer Als Filter hinzufügen Link öffnen vom 10. September 2012 E. 1.1; je mit Hinweisen).

3.2.3   Vorliegend ist der hinreichende Tatverdacht betreffend Drohung im Sinne von Art. 180 StGB zu bejahen: Der Geschädigte, B., führte aus, der Anruf des Beschwerdeführers habe bei ihm Verunsicherung und Angst ausgelöst. Die Drohung sei sehr extrem gewesen. Der Beschwerdeführer räumt ein, anlässlich des Telefonats sehr wutentbrannt reagiert zu haben. Ob er dabei mit einer Bombe gedroht hat oder gesagt hat, er werde das Konsulat in die Luft sprengen, spielt für die Bejahung der Schwere der Drohung keine Rolle; das angedrohte Übel ist in beiden Fällen darauf gerichtet, letztlich eine Explosion im Konsulat herbeizuführen. Der Beschwerdeführer bestreitet in objektiver Hinsicht die Tathandlung somit nicht und in subjektiver Hinsicht darf vorliegend zumindest von einem eventualvorsätzlichen Handeln ausgegangen werden: Eigenen Angaben zufolge äusserte sich der Beschwerdeführer dem Geschädigten gegenüber sehr wutentbrannt und er wollte seine Drohung als Warnung verstanden wissen, weshalb er zumindest in Kauf nahm, dass der Geschädigte dadurch in Angst und Schrecken versetzt würde. Daran ändert auch nichts, dass sich der Beschwerdeführer zu einem späteren Zeitpunkt beim Geschädigten brieflich entschuldigt hat (vgl. act. 1.4).

3.2.4   Im Beschlagnahmebefehl wird festgehalten, dass die sichergestellten Gegenstände primär unter dem Titel der Beweismittelbeschlagnahme und allenfalls teilweise unter dem Titel der Sicherungseinziehungsbeschlagnahme beschlagnahmt würden.

          Für die Beweismittelbeschlagnahme kommen grundsätzlich alle Objekte in Betracht, die beweisrelevante Informationen enthalten können. Ein Gegenstand oder Vermögenswert ist dann beweisrelevant, wenn er in einem direkten oder indirekten Zusammenhang mit der inkriminierten Tat stehen könne ( Heimgartner, Zürcher Kommentar, 3. Aufl. 2020, N. 15 zu Art. 263 StPO). Zulässige Objekte einer Beweismittelbeschlagnahme nach Art. 263 Abs. 1 lit. a StPO können ferner grundsätzlich auch Unterlagen und Gegenstände sein, die über unklare persönliche bzw. finanzielle Verhältnisse ( Art. 34 Abs. 2, Art. 47 Abs. 1 StGB) des Beschuldigten Aufschluss geben (Urteil des Bundesgerichts 1B_273/2015 Weitere Urteile BGer Als Filter hinzufügen Link öffnen vom 21. Januar 2016 E. 5.1 m.w.H.). Vorliegend ist nicht ersichtlich, inwiefern die beschlagnahmten Gegenstände (Waffen und Chemikalien) als Beweismittel für die dem Beschwerdeführer konkret und einzig vorgeworfene Tat der Drohung im Sinne von Art. 180 StGB dienen könnten. Wie dargelegt, bestreitet der Beschwerdeführer die Tathandlung nicht. Die Drohung ist sodann mit dem In-Angst-Oder-Schrecken-Versetzen des Opfers – was vorliegend mit dem Telefonat geschehen ist – vollendet. Dem Beschwerdeführer wird nicht vorgeworfen, er hätte den Geschädigten mit einer Waffe bedroht oder er hätte einen Sprengkörper zur Hand gehabt oder hätte beabsichtigt, einen solchen herzustellen und zu zünden. Gemäss Ausführungen der Beschwerdegegnerin in der Beschwerdeantwort liegt der hinreichende Tatverdacht der Drohung einzig im Anruf an das belarussische Konsulat begründet. Damit fehlt es aber am nötigen Erfordernis der Wahrscheinlichkeit, dass die beschlagnahmten Objekte im Verlaufe des Strafverfahrens als Beweismittel für die dem Beschwerdeführer vorgeworfene Tat gebraucht werden (vgl. Art. 263 Abs. 1 lit. a StPO). Es wird von Seiten der Beschwerdegegnerin auch nicht geltend gemacht, die beschlagnahmten Gegenstände würden benötigt, um über allenfalls u nklare persönliche bzw. finanzielle Verhältnisse Aufschluss zu erhalten.

          Schliesslich rechtfertigt sich die Beschlagnahme auch nicht unter dem Titel der Sicherungseinziehung, da ein mutmasslicher Bezug zur Tat auch bei dieser Beschlagnahmeart vorausgesetzt wird, und dieser vorliegend – wie dargelegt – gerade fehlt. Ist ein Bezug zur Tat nicht gegeben, fällt eine Sicherungseinziehungsbeschlagnahme ausser Betracht, selbst wenn die bei einem Tatverdächtigen aufgefundenen Gegenstände grundsätzlich als Tatmittel geeignet wären ( Heimgartner, a.a.O., N. 16 zu Art. 263 StPO).

4.       Nach dem Gesagten ist die Beschwerde gutzuheissen und der Beschlagnahmebefehl vom 15. Februar 2021 aufzuheben.

5.      

5.1     Gemäss Bericht des Amtes für Verbraucherschutz des Kantons Aargau vom 14. Oktober 2020 handle es sich bei den beschlagnahmten Chemikalien teilweise um sehr gefährliche Chemikalien, die vom Beschwerdeführer nicht sachgerecht gelagert worden seien. Das Amt beantragte daher in seinem Bericht, dass eine allfällige Rückgabe der beschlagnahmten Chemikalien nur in Rücksprache mit demselben erfolgen dürfe. Für gewisse im Bericht aufgeführte Chemikalien sei gestützt auf das Bundesgesetz über den Schutz vor gefährlichen Stoffen und Zubereitungen vom 15. Dezember 2000 (Chemikaliengesetz, ChemG; SR 813.1) eine Rückgabe in jedem Falle ausgeschlossen (Verfahrensakten Urk. BA-11-01-0001 ff.).

5.2     Vor diesem Hintergrund darf die Freigabe der beschlagnahmten Chemikalien nur unter Beizug des Amtes für Verbraucherschutz des Kantons Aargau erfolgen, damit dieses allenfalls erforderliche Massnahmen im Sinne von Art. 42 ChemG treffen kann.

6.      

6.1     Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind keine Gerichtkosten zu erheben ( Art. 423 Abs. 1 StPO).

6.2     Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend hat der Beschwerdeführer Anspruch auf Entschädigung für seine Aufwendungen im vorliegenden Beschwerdeverfahren ( Art. 436 Abs. 1 i.V.m. Art. 429 Abs. 1 lit. a StPO). Dabei erscheint eine Entschädigung in der Höhe von Fr. 200.-- als angemessen (vgl. Art. 10 und 12 Abs. 2 BStKR), welche durch die Beschwerdegegnerin auszurichten ist.


Demnach erkennt die Beschwerdekammer:

1. Die Beschwerde wird gutgeheissen und der Beschlagnahmebefehl vom 15. Februar 2021 wird aufgehoben.

2. Die beschlagnahmten Chemikalien werden zuhanden des Amtes für Verbraucherschutz des Kantons Aargau freigegeben.

3. Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

4. Die Beschwerdegegnerin hat dem Beschwerdeführer für das vorliegende Verfahren eine Parteientschädigung von Fr. 200.-- auszurichten.

Bellinzona, 3. Februar 2022

Im Namen der Beschwerdekammer
des Bundesstrafgerichts

Der Präsident:                                                             Die Gerichtsschreiberin :

Zustellung an

-              A.

-              Bundesanwaltschaft

Rechtsmittelbelehrung

Gegen Entscheide der Beschwerdekammer über Zwangsmassnahmen kann innert 30 Tagen nach der Eröffnung der vollständigen Ausfertigung beim Bundesgericht Beschwerde geführt werden (Art. 79 und 100 Abs. 1 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht vom 17. Juni 2005; BGG). Eingaben müssen spätestens am letzten Tag der Frist beim Bundesgericht eingereicht oder zu dessen Handen der Schweizerischen Post oder einer schweizerischen diplomatischen oder konsularischen Vertretung übergeben werden ( Art. 48 Abs. 1 BGG). Im Falle der elektronischen Einreichung ist für die Wahrung einer Frist der Zeitpunkt massgebend, in dem die Quittung ausgestellt wird, die bestätigt, dass alle Schritte abgeschlossen sind, die auf der Seite der Partei für die Übermittlung notwendig sind ( Art. 48 Abs. 2 BGG).

Das Verfahren richtet sich nach den Artikeln 90 ff. BGG.

Eine Beschwerde hemmt den Vollzug des angefochtenen Entscheides nur, wenn der Instruktionsrichter oder die Instruktionsrichterin es anordnet ( Art. 103 BGG).

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