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Bundesstrafgericht Urteil

Kopfdaten
Instanz:Bundesstrafgericht
Abteilung:Strafkammer
Fallnummer:SN.2021.23
Datum:02.12.2021
Leitsatz/Stichwort:
Schlagwörter : Bundes; Verfahrens; Partei; Bundesstrafgericht; Entscheid; Bundesstrafgerichts; Verfahrenssprache; Kammer; Beschwerde; Hauptverhandlung; Privatklägerschaft; Wiedererwägung; öffnen; Entscheide; Hinzufügen; Filter; Parteien; Wiedererwägungsgesuch; Rechtsbeistandschaft; Vorsitz; Deutsch; Praxis; Französisch; Vorsitzende; Gericht; StBOG; Parteivertreter; Eventualiter; Association; Vorsitzenden
Rechtskraft:Kein Weiterzug, rechtskräftig
Rechtsnorm: Art. 138 StGB ; Art. 146 StGB ; Art. 2 BV ; Art. 2 StGB ; Art. 34 StPO ; Art. 346 StPO ; Art. 393 StPO ; Art. 396 StPO ; Art. 65 StPO ; Art. 7 StPO ; Art. 91 StPO ;
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Entscheid

SN.2021.23

Bundesstrafgericht

Tribunal pénal fédéral

Tribunale penale federale

Tribunal penal federal

Geschäftsnummer: SN.2021.23 Entscheide BStGer Als Filter hinzufügen Link öffnen

(Hauptgeschäftsnummer: SK.2021.48 Entscheide BStGer Als Filter hinzufügen Link öffnen)

Verfügung vom 2. Dezember 2021
Strafkammer

Besetzung

Bundesstrafrichter in Joséphine Contu Albrizio, Vorsitz

Gerichtsschreiber Rafael Schoch

Partei

A. Association, vertreten durch Rechtsanwältin Catherine Hohl-Chirazi

Gesuchstellerin

Gegenstand

Verfahrenssprache ( Art. 3 Abs. 5 StBOG); Wiedererwägungsgesuch


In Erwägung, dass:

-              die Bundesanwaltschaft am 29. Oktober 2021 bei der Strafkammer des Bundesstrafgerichts Anklage gegen B. wegen Betrugs ( Art. 146 Abs. 1 StGB), eventualiter Veruntreuung (Art. 138 Ziff. 1 Abs. 2 StGB), subeventualiter ungetreuer Geschäftsbesorgung (Art. 158 Ziff. 1 Abs. 1 und 3 StGB), und Urkundenfälschung (Art. 251 Ziff. 1 Abs. 1 und 2 StGB) sowie gegen C. wegen Betrugs ( Art. 146 Abs. 1 StGB), eventualiter Teilnahme an Veruntreuung (Art. 138 Ziff. 1 Abs. 2 i.V.m. Art. 25 StGB), subeventualiter Teilnahme an ungetreuer Geschäftsbesorgung (Art. 158 Ziff. 1 Abs. 1 und 3 i.V.m. Art. 25 StGB), und Urkundenfälschung (Art. 251 Ziff. 1 Abs. 1 und 2 StGB) erhob;

-              die Parteien mit Schreiben der Vorsitzenden vom 16. November 2021 darauf hingewiesen wurden, dass die Bundesanwaltschaft bei Eröffnung des Strafverfahrens Deutsch als Verfahrenssprache bestimmt hatte, die Hauptverhandlung folglich ausschliesslich in Deutsch durchgeführt werden wird und die Parteivertreter sich – unter Vorbehalt vorliegend nicht relevanter Ausnahmen in Bezug auf schriftliche Eingaben – in dieser Sprache an das Gericht zu wenden haben werden;

-              die Privatklägerschaft A. Association mit Schreiben ihrer Rechtsbeistandschaft vom 24. November 2021 beantragt, den «Entscheid» der Vorsitzenden betreffend Verfahrenssprache in Wiedererwägung zu ziehen und den Parteien zu gestatten, sich an der Hauptverhandlung in einer Landessprache ihrer Wahl (Deutsch oder Französisch) zu äussern;

-              die Privatklägerschaft ihren Antrag im Wesentlichen damit begründet, dass die Verfahrensakten sowohl auf Deutsch als auch Französisch verfasst seien, der Beschuldigte C. französischer Muttersprache sei und sämtliche übrigen Parteien und Parteivertreter Französisch verstehen würden;

-              die Verfahrenssprache bei Eröffnung der Untersuchung durch die Bundesanwaltschaft bestimmt wird und grundsätzlich bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens gilt (Art. 3 Abs. 2-4 StBOG);

-              der erwähnte Teil des Schreibens der Vorsitzenden vom 16. November 2021, auf welchen sich das Wiedererwägungsgesuch bezieht, demnach rein deklaratorischer Natur ist, indem darin lediglich die bereits im Vorverfahren erfolgte Sprachwahl bestätigt wird, ohne damit für die Parteien (neue) verbindliche und erzwingbare Rechtswirkungen zu erzielen (vgl. Beschluss der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts BB.2015.87 Entscheide BStGer Als Filter hinzufügen Link öffnen vom 22. September 2015 E. 3.2);

-              vor der Hauptverhandlung getroffene verfahrensleitende Anordnungen der Verfahrensleitung eines Kollegialgerichts vom Gericht von Amtes wegen oder auf Antrag geändert oder aufgehoben werden können ( Art. 65 Abs. 2 StPO);

-              mit dem Teil des Schreibens der Vorsitzenden vom 16. November 2021, auf welchen sich das Wiedererwägungsgesuch bezieht, aufgrund dessen deklaratorischen Charakters keine verfahrensleitenden Anordnungen getroffen worden sind und der Rechtsbehelf gemäss Art. 65 Abs. 2 StPO folglich keine Anwendung findet;

-              im Übrigen gestützt auf Art. 29 BV auf ein Wiedererwägungsgesuch einzutreten ist, wenn die Umstände sich seit dem ersten Entscheid wesentlich geändert haben oder wenn der Gesuchsteller erhebliche Tatsachen und Beweismittel namhaft macht, die ihm im früheren Stadium nicht bekannt gewesen sind oder die schon damals geltend zu machen für ihn rechtlich oder tatsächlich unmöglich gewesen war oder hierzu keine Veranlassung bestanden hat ( TPF 2005 180 Entscheide der Amtlichen Sammlung Als Filter hinzufügen Link öffnen E. 2.2; Beschluss der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts BB.2018.106 Entscheide BStGer Als Filter hinzufügen Link öffnen vom 29. Oktober 2018 E. 4.2; Guidon, Die Beschwerde gemäss Schweizerischer Strafprozessordnung, 2011, N. 470 ff.);

-              der Teil des Schreibens der Vorsitzenden vom 16. November 2021, auf welchen sich das Wiedererwägungsgesuch bezieht, aufgrund dessen deklaratorischen Charakters kein Entscheid darstellt, welcher gestützt auf Art. 29 BV in Wiedererwägung gezogen werden könnte;

-              sich die Umstände überdies seit dem von der Bundesanwaltschaft am 24. September 2015 getroffenen – und nach Ausdehnung des Verfahrens auf den französischsprachigen Beschuldigten C. am 29. Mai 2020 bestätigten – Entscheid betreffend die Verfahrenssprache (BA 01.100-0001; 01.202-0001) nicht wesentlich geändert haben und die geltend gemachten Umstände (Mehrsprachigkeit der Parteien, Parteivertreter und Akten) keine erheblichen Tatsachen darstellen, aufgrund welcher auf den Entscheid zurückzukommen wäre;

-              auf das Wiedererwägungsgesuch der Privatklägerschaft folglich nicht einzutreten ist;

-              die Privatklägerschaft mit Schreiben ihrer Rechtsbeistandschaft vom 24. November 2021 zudem eventualiter beantragt, ihrer Rechtsbeistandschaft zu gestatten, anlässlich der Hauptverhandlung auf Französisch zu plädieren;

-              die Privatklägerschaft ihren Eventualantrag – in Ergänzung der bereits vorgebrachten Argumente (Mehrsprachigkeit der Parteien, Parteivertreter und Akten) – damit begründet, dass das Halten eines Plädoyers in einer anderen Amtssprache als der Verfahrenssprache zu keiner Erschwerung der Hauptverhandlung führe, da dieses nicht protokolliert werden müsse, weshalb sich am Bundesstrafgericht eine Praxis entwickelt habe, welche den Parteivertretern erlaube, in einer anderen Amtssprache als der Verfahrenssprache zu plädieren;

-              die Hauptverhandlung vor der Strafkammer des Bundesstrafgerichts mündlich und zu protokollieren ist ( Art. 66 i.V.m. Art. 76 StPO), wobei die Protokollierungspflicht namentlich auch die Parteivorträge umfasst ( Fingerhuth/Gut, in: Donatsch/Lieber/Summers/Wohlers [Hrsg.], Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung StPO, 3. Aufl. 2020, Art. 346 StPO N. 1);

-              die mündlichen Verfahrenshandlungen sowie deren Protokollierung in der Verfahrenssprache – vorliegend Deutsch – zu erfolgen haben ( TPF 2015 147 Entscheide der Amtlichen Sammlung Als Filter hinzufügen Link öffnen E. 1.3);

-              die Verfahrensleitung bestimmen kann, dass einzelne Verfahrenshandlungen in einer anderen Amtssprache als der Verfahrenssprache durchgeführt werden ( Art. 3 Abs. 5 StBOG);

-              gemäss der – im Einklang mit den Bestimmungen zur Verfahrenssprache und Protokollierungspflicht stehenden – Praxis des Bundesstrafgerichts die mündlichen Verfahrenshandlungen anlässlich der Hauptverhandlung grundsätzlich in der Verfahrenssprache zu erfolgen haben, da die Hauptverhandlung übermässig erschwert würde, wenn es den Anwälten freistünde, sich in einer anderen Amtssprache als der Verfahrenssprache auszudrücken (ausführlich zur Praxis des Bundesstrafgerichts TPF 2015 147 Entscheide der Amtlichen Sammlung Als Filter hinzufügen Link öffnen E. 1.3; Urteil des Bundesgerichts 6B_1389/2016 Weitere Urteile BGer Als Filter hinzufügen Link öffnen vom 16. Oktober 2017 E. 2.4.2);

-              diese Praxis unter Berücksichtigung der Reihenfolge der Parteivorträge (Art. 346 Abs. 1 Satz 2 StPO) und des Rechts der Parteien auf einen zweiten Parteivortrag ( Art. 346 Abs. 2 StPO) auch für das Plädoyer gilt;

-              Ausnahmen von dieser Praxis angesichts des fortgeschrittenen Verfahrensstadiums das Vorliegen besonderer Gründe bedarf;

-              die Privatklägerschaft ihren Sitz in U. und somit in der Deutschschweiz hat;

-              die Rechtsbeistandschaft der Privatklägerschaft gemäss ihrem Internetauftritt der Deutschen Sprache mächtig ist (siehe <https://gthc.ch/equipe/catherine-hohl-chirazi/>; besucht am 2. Dezember 2021);

-              es in Bundesstrafverfahren üblich ist, dass die Parteien mehrsprachig sind und die Akten in mehreren Sprachen abgefasst sind;

-              dies demnach für sich allein kein besonderer Grund für ein Abweichen von der erwähnten Praxis des Bundesstrafgerichts bildet;

-              besondere Gründe, aufgrund derer von der erwähnten Praxis des Bundesstrafgerichts abzuweichen wäre, somit nicht vorliegen;

-              das Gesuch der Privatklägerschaft, ihrer Rechtsbeistandschaft zu gestatten, anlässlich der Hauptverhandlung auf Französisch zu plädieren, folglich abzuweisen ist;

-              für diese Verfügung keine Kosten zu erheben sind;

verfügt die Verfahrensleitung:

1.              Auf das Wiedererwägungsgesuch der A. Association vom 24. November 2021 wird nicht eingetreten.

2.              Das Gesuch der A. Association vom 24. November 2021, ihrer Rechtsbeistandschaft, Rechtsanwältin Catherine Hohl-Chirazi, zu gestatten, anlässlich der Hauptverhandlung auf Französisch zu plädieren, wird abgewiesen.

3.              Für diese Verfügung werden keine Kosten erhoben.

Im Namen der Strafkammer

des Bundesstrafgerichts

Die Vorsitzende                                                                Der Gerichtsschreiber


Zustellung an (Gerichtsurkunde):

- Frau Rechtsanwältin Catherine Hohl-Chirazi, Rechtsbeistandschaft der A. Association (Privatklägerschaft)

Kopie an (A-Post):

- Bundesanwaltschaft, Herrn Thomas Hildbrand, Staatsanwalt des Bundes und Frau Krisztina Balogh, a. i. Staatsanwältin des Bundes

- Herrn Rechtsanwalt Lorenz Erni, Verteidiger von B. (Beschuldigter)

- Herrn Rechtsanwalt Dominic Nellen, Verteidiger von C. (Beschuldigter)

Rechtsmittelbelehrung

Beschwerde an die Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts

Gegen Verfügungen und Beschlüsse sowie die Verfahrenshandlungen der Strafkammer des Bundesstrafgerichts als erstinstanzliches Gericht, ausgenommen verfahrensleitende Entscheide, kann innert 10 Tagen schriftlich und begründet Beschwerde bei der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts geführt werden (Art. 393 Abs. 1 lit. b und Art. 396 Abs. 1 StPO; Art. 37 Abs. 1 StBOG).

Gegen den Entschädigungsentscheid kann die amtliche Verteidigung innert 10 Tagen schriftlich und begründet Beschwerde bei der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts führen (Art. 135 Abs. 3 lit. a und Art. 396 Abs. 1 StPO; Art. 37 Abs. 1 StBOG).

Mit der Beschwerde können gerügt werden: Rechtsverletzungen, einschliesslich Überschreitung und Missbrauch des Ermessens, Rechtsverweigerung und Rechtsverzögerung; die unvollständige oder unrichtige Feststellung des Sachverhalts sowie Unangemessenheit ( Art. 393 Abs. 2 StPO).

Einhaltung der Fristen

Eingaben müssen spätestens am letzten Tag der Frist bei der Strafbehörde abgegeben oder zu deren Handen der Schweizerischen Post, einer schweizerischen diplomatischen oder konsularischen Vertretung oder, im Falle von inhaftierten Personen, der Anstaltsleitung übergeben werden ( Art. 91 Abs. 2 StPO).

Versand: 2. Dezember 2021

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