Urteilsdetails des Bundesstrafgerichts
Instanz: | Bundesstrafgericht |
Abteilung: | Beschwerdekammer: Rechtshilfe |
Fallnummer: | RP.2018.65 |
Datum: | 06.12.2018 |
Leitsatz/Stichwort: | Internationale Rechtshilfe in Strafsachen an Griechenland. Beschlagnahme von Vermögenswerten (Art. 80e Abs. 2 lit. a IRSG). Aufschiebende Wirkung (Art. 80l Abs. 3 IRSG). Unentgeltliche Rechtspflege (Art. 65 VwVG). |
Schlagwörter | Recht; Rechtshilfe; Verfügung; Entscheid; Beschwerdekammer; Beschwerden; Verfahren; Gericht; Verfahren; Bundesstrafgericht; Schweiz; Bundesgericht; Sachen; Beschlagnahme; Vermögenswerten; Bundesstrafgerichts; Bundesgerichts; Urteil; Konto; Gesuche; Zwischenentscheid; Tribunal; Rechtsanwalt; Bundesanwaltschaft; Rechtspflege; Eingabe |
Rechtskraft: | Kein Weiterzug, rechtskräftig |
Rechtsgrundlagen des Urteils: | Art. 21 VwVG ;Art. 57 VwVG ;Art. 6 VwVG ;Art. 63 VwVG ;Art. 84 BGG ;Art. 92 BGG ;Art. 93 BGG ; |
Referenz BGE: | 124 II 124; 130 II 329; ; |
Kommentar: | - |
Entscheid des Bundesstrafgerichts
Bundesstrafgericht Tribunal pénal fédéral Tribunale penale federale Tribunal penal federal | |
Geschäftsnummer: RR.2018.314 -315; RR.2018.317 -318 Nebenverfahren: RP.2018.57 -58; RP.2018.59 -60; |
Entscheid vom 6. Dezember 2018 | ||
Besetzung | Bundesstrafrichter Giorgio Bomio-Giovanascini, Vorsitz, Cornelia Cova und Stephan Blättler, Gerichtsschreiberin Inga Leonova | |
Parteien | 1. A. , 2. B. , beide vertreten durch Rechtsanwalt Urs Saal, Beschwerdeführer | |
gegen | ||
Bundesanwaltschaft, Beschwerdegegnerin | ||
Gegenstand | Internationale Rechtshilfe in Strafsachen an Griechenland Beschlagnahme von Vermögenswerten (Art. 80 e Abs. 2 lit. a IRSG ); aufschiebende Wirkung (Art. 80 l Abs. 3 IRSG); unentgeltliche Rechtspflege (Art. 65 VwVG ) |
Die Beschwerdekammer hält fest, dass:
- vor dem Landgericht Athen gegen A., B. und weitere Personen wegen Verbrechen gegen den Staat, aktiver und passiver Bestechung zum Schaden des Staates und Geldwäscherei ein Strafverfahren hängig ist; in diesem Zusammenhang die griechischen Behörden die Schweiz mit Rechtshilfeersuchen vom 23. Februar 2018 unter anderem um Sperrung des auf B. lautenden Kontos Nr. 1 bei der Bank C. ersuchten (nicht bei den Akten; s. RR.2018.314 -315, act. 9.4);
- die Bundesanwaltschaft (nachfolgend BA") dem Rechtshilfeersuchen mit Verfügung vom 6. November 2018 entsprach und die Sperrung des vorgenannten Kontos verfügte ( RR.2018.314 -315, act. 9.4);
- A. und B., vertreten durch Rechtsanwalt Urs Saal (nachfolgend RA Saal"), gegen die Verfügung vom 6. November 2018 bei der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts mit Eingabe vom 26. November 2018 Beschwerde erhoben ( RR.2018.314 -315, act. 1);
- mit Schreiben vom 29. November 2018 die Beschwerdekammer RA Saal und die Post CH AG aufforderte, dem Gericht den genauen Zeitpunkt der Übergabe der Beschwerde vom 26. November 2018 zu Handen des Gerichts zu nennen ( RR.2018.314 -315, act. 4, 5);
- RA Saal und die Post CH AG der Aufforderung des Gerichts mit Schreiben vom 30. November und 4. Dezember 2018 nachkamen ( RR.2018.314 -315, act. 6, 8);
- mit Eingabe vom 3. Dezember 2018 A. und B. gegen die Verfügung vom 6. November 2018 bei der Beschwerdekammer eine weitere Beschwerde erhoben ( RR.2018.317 -318, act. 1).
Die Beschwerdekammer zieht in Erwägung, dass:
- auf Beschwerdeverfahren in internationalen Rechtshilfeangelegenheiten die Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (VwVG; SR 172.021) anwendbar sind, wenn das Bundesgesetz vom 20. März 1981 über internationale Rechtshilfe in Strafsachen (IRSG; SR 351.1) nichts anderes bestimmt (Art. 12 Abs. 1 IRSG );
- die beiden Beschwerden vom 26. November und 3. Dezember 2018 mehrheitlich denselben Wortlaut aufweisen, sich gegen dieselbe Verfügung der Beschwerdegegnerin vom 6. November 2018 richten, dieselben Anträge beinhalten, weshalb es sich rechtfertigt, die Verfahren RR.2018.314 -315 und RR.2018.317 -318 zu vereinigen und mit einem einzigen Entscheid zu beurteilen;
- einer Schlussverfügung in Rechtshilfeangelegenheiten vorangehende Zwischenverfügungen innert 10 Tagen ab der schriftlichen Mitteilung der Verfügung selbständig angefochten werden können, sofern sie unter anderem durch die Beschlagnahme von Vermögenswerten einen unmittelbaren und nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken (Art. 80 e Abs. 2 lit. a und Art. 80 k IRSG );
- diesfalls die beschwerdeführende Person mit konkreten Angaben glaubhaft machen muss, inwiefern die rechtshilfeweise Beschlagnahme von Vermögenswerten zu einem nicht wieder gutzumachenden Nachteil führt, wobei insbesondere drohende Verletzungen von konkreten vertraglichen Verpflichtungen, unmittelbar bevorstehende Betreibungsschritte oder das Entgehen von konkreten Geschäften in Betracht kommen, und die blosse Behauptung eines solchen Nachteils nicht genügt (vgl. zum Ganzen BGE 130 II 329 E. 2 S. 332; 128 II 353 E. 3 S. 354, m.w.H.; Urteile des Bundesgerichts 1B_285/2011 vom 18. November 2011 E. 2.3.2; 1A.183/2006 vom 1. Februar 2007 E. 1.2; 1A.81/2006 vom 21. Juli 2006 E. 2; TPF 2008 7 E. 2.2); zudem erforderlich ist, dass die beschwerdeführende Person über keine anderen, nicht gesperrten Konten verfügt (Urteile des Bundesgerichts 1A.31/2007 vom 16. August 2007 E. 2.2 und 1A.37/2006 vom 3. April 2006 E. 1.2);
- gemäss Art. 80 m Abs. 1 IRSG die ausführende Behörde ihre Verfügungen dem in der Schweiz wohnhaften Berechtigten (lit. a) sowie dem im Ausland ansässigen Berechtigten mit Zustelldomizil in der Schweiz zustellt (lit. b); falls eine Partei oder ihr Rechtsbeistand, die im Ausland wohnen, ein Zustellungsdomizil in der Schweiz nicht bezeichnet, die Zustellung unterbleiben kann (Art. 9 IRSV);
- nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung die Beschwerdefrist gemäss Art. 80 k IRSG grundsätzlich erst in dem Moment zu laufen beginnt, in dem der Berechtigte von der ihn betreffenden Verfügung Kenntnis erlangt hat, d.h. in der Regel im Zeitpunkt, in dem er von der Bank informiert wird ( BGE 124 II 124 E. 2d/aa S. 127 f.; 120 Ib 183 E. 3a S. 186 f.; Urteil des Bundesgerichts 1A.108/200 0 vom 12. September 2000 E. 2);
- wenn der von der Verfügung betroffene Kontoinhaber mit seiner Bank eine banklagernde Korrespondenz vereinbart und den Rechtshilfebehörden keine Zustelladresse in der Schweiz notifiziert hat, die Rechtshilfeverfügung im Zeitpunkt der Entgegennahme durch die Bank grundsätzlich als eröffnet gilt (BGE 124 II 124 E. 2d/aa S. 128; Urteil des Bundesgerichts 1A.212/2003 vom 30. August 2004 E. 7.2; Entscheid des Bundesstrafgerichts RR.2012.238 vom 14. März 2013 E. 2.1);
- schriftliche Eingaben spätestens am letzten Tage der Frist der Behörde eingereicht oder zu deren Handen der schweizerischen Post oder einer schweizerischen diplomatischen oder konsularischen Vertretung zu übergeben sind (Art. 21 Abs. 1 VwVG );
- die angefochtene Verfügung vom 6. November 2018 der Bank C. am 8. November 2018 eröffnet wurde ( RR.2018.314 -315, act. 9.4);
- die Beschwerdeführer in der Beschwerde vom 26. November 2018 ausführen, ihr Rechtsvertreter habe die Verfügung vom 6. November 2018 von der Bank angefragt und eine Kopie der Verfügung am 15. November 2018 erhalten ( RR.2018.314 -315, act. 1, S. 3);
- weder aus den Ausführungen der Beschwerdeführer noch den eingereichten Unterlagen hervorgeht, ob die Beschwerdeführer mit der Bank die banklagernde Korrespondenz vereinbart haben und die Beschwerdefrist diesfalls bereits am 9. November 2018 zu laufen begann;
- selbst unter Annahme, dass die Rechtsmittelfrist erst mit der Kenntnis der angefochtenen Verfügung durch den Rechtsvertreter der Beschwerdeführer, mithin erst am 16. November 2018 zu laufen begann und am 26. November 2018 endete, sich die Beschwerde vom 3. Dezember 2018 gegen die Zwischenverfügung vom 6. November 2018 als verspätet erweist und auf die Beschwerde vom 3. Dezember 2018 bereits aus diesem Grund nicht einzutreten ist;
- laut den Nachforschungen der Post CH AG hinsichtlich der Beschwerde vom 26. November 2018 die Bedienung des Fachs des MyPost24-Automaten am 26. November 2018 um 23.56 Uhr begonnen habe; die Beschwerde indes am 27. November 2018, um 00.00 Uhr, in das Fach des MyPost24-Automaten deponiert worden sei ( RR.2018.314 -315, act. 6);
- RA Saal eine Quittung der Post ins Recht legte, wonach die Briefmarke am 26. November 2018, um 23.58 Uhr, erworben und die Beschwerde vom 26. November 2018, um 23.59 Uhr, deponiert worden sei (act. 8, 8.1);
- aufgrund unterschiedlicher Angaben nicht abschliessend festgestellt werden kann, ob die Beschwerde vom 26. November 2018 der schweizerischen Post zu Handen des Gerichts fristgerecht übergeben wurde;
- das allgemeine Vorbringen der Beschwerdeführer, wonach ihr gesamtes Vermögen in Griechenland und Frankreich beschlagnahmt worden sei und sie ihre Miete, Krankenkasse und Anwaltskosten nicht bezahlen könnten (act. 1, S. 4), zur Glaubhaftmachung des nicht wieder gutzumachenden Nachteils nicht ausreicht;
- auf die Beschwerde vom 26. November 2018 mangels eines wieder gutzumachenden Nachteils nicht einzutreten ist und die Frage der Fristwahrung bei diesem Ergebnis offengelassen werden kann; auf die Beschwerde vom 3. Dezember 2018 im Übrigen auch mangels eines wieder gutzumachenden Nachteils nicht einzutreten wäre;
- aufgrund des Ergebnisses ebenfalls offengelassen werden kann, ob der Beschwerdeführer 1 zur Erhebung der vorliegenden Beschwerden überhaupt legitimiert wäre (vgl. Art. 9 a lit. a IRSV ), zumal das von der Rechtshilfemassnahme betroffene Konto lediglich auf die Beschwerdeführerin 2 lautet ( RR.2018.314 -315, act. 9.4);
- sich die Beschwerden nach dem Gesagten als offensichtlich unzulässig erweisen, weshalb auf die Durchführung eines Schriftenwechsels und den Beizug der betreffenden Akten der Beschwerdegegnerin und des BJ zu verzichten ist (Art. 57 Abs. 1 VwVG e contrario i.V.m. Art. 39 Abs. 2 lit. b StBOG);
- die - im Übrigen nicht ausreichend begründeten - Gesuche um Erteilung der aufschiebenden Wirkung mit dem Entscheid in der Sache gegenstandslos werden, weshalb die Verfahren RP.2018.57 -58 und RP.2018.65 -66 als erledigt abzuschreiben sind;
- bei diesem Ausgang des Verfahrens die Gesuche um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege und Einsetzung von RA Saal als unentgeltlicher Rechtsbeistand infolge Aussichtslosigkeit abzuweisen und die Gerichtskosten den Beschwerdeführern aufzuerlegen sind (Art. 63 Abs. 1 VwVG );
- die Gerichtsgebühr auf insgesamt Fr. 1'000.-- festzusetzen und den Beschwerdeführern unter solidarischer Haftung aufzuerlegen ist (Art. 63 Abs. 5 VwVG i.V.m. Art. 73 StBOG und Art. 5 und 8 Abs. 3 lit. a des Reglements des Bundesstrafgerichts vom 31. August 2010 über die Kosten, Gebühren und Entschädigungen in Bundesstrafverfahren [BStKR; SR 173.713.162]).
Demnach erkennt die Beschwerdekammer:
1. Die Verfahren RR.2018.314 -315 und RR.2018.317 -318 werden vereinigt.
2. Auf die Beschwerden wird nicht eingetreten.
3. Die Gesuche um aufschiebende Wirkung werden zufolge Gegenstandslosigkeit als erledigt abgeschrieben.
4. Die Gesuche um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung werden abgewiesen.
5. Die Gerichtsgebühr von Fr. 1'000.-- wird den Beschwerdeführern unter solidarischer Haftung auferlegt.
Bellinzona, 6. Dezember 2018
Im Namen der Beschwerdekammer
des Bundesstrafgerichts
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin :
Zustellung an
- Rechtsanwalt Urs Saal
- Bundesanwaltschaft, unter Beilage der Beschwerden vom 26. November und 3. Dezember 2018
- Bundesamt für Justiz, Fachbereich Rechtshilfe, unter Beilage der Beschwerden vom 26. November und 3. Dezember 2018
Rechtsmittelbelehrung
Gegen selbständig eröffnete Vor- und Zwischenentscheide über die Zuständigkeit und über Ausstandsbegehren ist die Beschwerde zulässig (Art. 92 Abs. 1 BGG ). Diese Entscheide können später nicht mehr angefochten werden (Art. 92 Abs. 2 BGG).
Auf dem Gebiet der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen sind andere selbständig eröffnete Vor- und Zwischenentscheide nicht anfechtbar. Vorbehalten bleiben Beschwerden gegen Entscheide über die Auslieferungshaft sowie über die Beschlagnahme von Vermögenswerten und Wertgegenständen, sofern sie einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken können, oder wenn die Gutheissung der Beschwerde sofort einen Entscheid herbeiführen und damit einen bedeutenden Aufwand an Zeit oder Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren ersparen würde (vgl. Art. 93 Abs. 1 und 2 BGG ). Ist die Beschwerde gegen einen Vor- oder Zwischenentscheid gemäss Art. 93 Abs. 1 und 2 BGG nicht zulässig oder wurde von ihr kein Gebrauch gemacht, so sind die betreffenden Vor- und Zwischenentscheide durch Beschwerde gegen den Endentscheid anfechtbar, soweit sie sich auf dessen Inhalt auswirken (Art. 93 Abs. 3 BGG ).
Gegen einen Entscheid auf dem Gebiet der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen ist die Beschwerde nur zulässig, wenn es sich um einen besonders bedeutenden Fall handelt (vgl. Art. 84 Abs. 1 BGG ). Ein besonders bedeutender Fall liegt insbesondere vor, wenn Gründe für die Annahme bestehen, dass elementare Verfahrensgrundsätze verletzt worden sind oder das Verfahren im Ausland schwere Mängel aufweist (Art. 84 Abs. 2 BGG ).
Die Beschwerde ist innert zehn Tagen nach der Eröffnung der vollständigen Ausfertigung beim Bundesgericht einzureichen (vgl. Art. 100 Abs. 1 und 2 lit. b BGG).
Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.
Hier geht es zurück zur Suchmaschine.