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Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH)

Kopfdaten
Kanton:ZH
Fallnummer:VO130131
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:Verwaltungskommission
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid VO130131 vom 03.09.2013 (ZH)
Datum:03.09.2013
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege
Schlagwörter: Gesuch; Gesuchsteller; Unentgeltliche; Pflege; Rechtspflege; Obergericht; Tungsverfahren; Liegenschaft; Schlichtungsverfahren; Beleg; Verfahren; Gericht; Obergerichts; Belege; Unentgeltlichen; Monatlich; Entscheid; Entnehmen; Obergerichtspräsident; Deutschland; Einkommen; Gesuchstellers; Unterhaltsbeiträge; Kantons; Beurteilung; Beschwerde; Partei; Anspruch
Rechtsnorm: Art. 113 ZPO ; Art. 119 ZPO ; Art. 121 ZPO ; Art. 145 ZPO ; Art. 91 ZPO ; Art. 99 ZPO ;
Referenz BGE:120 Ia 179;
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:-
Entscheid

Obergericht des Kantons Zürich

Präsident

Geschäfts-Nr.: VO130131-O/U

Mitwirkend: Der Obergerichtspräsident lic. iur. R. Naef sowie die Gerichtsschreiberin lic. iur. A. Gürber

Urteil vom 3. September 2013

in Sachen

A. ,

Gesuchsteller

betreffend Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege

Erwägungen:

  1. Ausgangslage

    1. A. (nachfolgend: Gesuchsteller) beabsichtigt, gegen die B. AG eine arbeitsrechtliche Forderungsklage anhängig zu machen (vgl. act. 2/1 S. 4 f.). Ob er das entsprechende Schlichtungsbegehren bereits beim Friedensrichteramt C. eingereicht hat, lässt sich seinem Gesuch und den Beilagen nicht mit Sicherheit entnehmen.

    2. Mit Eingabe vom 26. August 2013 stellte der Gesuchsteller beim Präsidenten des Obergerichts des Kantons Zürich den Antrag, es sei ihm für das Schlich-

      tungsverfahren vor dem Friedensrichteramt C.

      die unentgeltliche Rechtspflege zu gewähren (act. 1 und act. 2/1, sinngemäss). Die Bestellung eines unentgeltlichen Rechtsbeistandes wird vom Gesuchsteller nicht beantragt (act. 2/1 S. 4).

    3. Im Schlichtungsverfahren werden gemäss Art. 113 Abs. 1 ZPO keine Parteientschädigungen gesprochen, weshalb auch eine Sicherheit für die Parteientschädigung i.S.v. Art. 99 ZPO nicht zur Frage steht. Die Gegenpartei ist daher gemäss Art. 119 Abs. 3 ZPO e contrario nicht zwingend anzuhören.

  2. Beurteilung des Gesuches

    1. Für die Beurteilung von Gesuchen um unentgeltliche Rechtspflege vor Einreichung der Klage bei Gericht ist gemäss § 128 GOG der Obergerichtspräsident im summarischen Verfahren (Art. 119 Abs. 3 ZPO) zuständig. Die unentgeltliche Rechtspflege ist gemäss Art. 119 Abs. 5 ZPO vor jeder Instanz neu zu beantragen, weshalb der Obergerichtspräsident diese bei Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen nur bis zum Abschluss des Schlichtungsverfahrens bewilligen kann.

    2. Die Bewilligung des Gesuchs um unentgeltliche Rechtspflege hat u.a. zur Folge, dass keine Gerichtskosten erhoben werden. Die Frage der Bewilligung der unentgeltlichen Rechtspflege im Sinne einer Befreiung von den Gerichtskosten

      stellt sich damit nur bei Verfahren, welche nicht ohnehin kostenlos sind. Im Schlichtungsverfahren werden gemäss Art. 113 Abs. 2 lit. d ZPO dann keine Gerichtskosten gesprochen, wenn es sich um eine Streitigkeit aus einem Arbeitsverhältnis bis zu einem Streitwert von Fr. 30'000.- handelt. Vorliegend handelt es sich um eine arbeitsrechtliche Streitigkeit, wobei gemäss dem klägerischen Rechtsbegehren der Streitwert mehr als Fr. 30'000.- beträgt (act. 2/1 S. 4; vgl. Art. 91 Abs. 1 ZPO). Damit wird das Schlichtungsverfahren nicht kostenlos im Sinne von Art. 113 Abs. 2 lit. d ZPO sein, weshalb auf das Gesuch um Gewäh- rung der unentgeltlichen Rechtspflege im Sinne von Art. 118 Abs. 1 lit. a und b ZPO einzutreten ist.

    3. Anspruch auf Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege hat eine Partei dann, wenn sie mittellos ist (Art. 117 lit. a ZPO) und wenn ihr Prozess nicht als aussichtslos erscheint (Art. 117 lit. b ZPO). Bei der Beurteilung von Gesuchen um unentgeltliche Rechtspflege für das Schlichtungsverfahren sind sehr strenge Massstäbe anzulegen. Die in einem Schlichtungsverfahren entstehenden Kosten sind - anders als vor einer Gerichtsinstanz - sehr beschränkt und können deshalb bereits bei relativ wenig Vermögen oder einem geringen Überschuss des Einkommens über den zivilprozessualen Notbedarf bestritten werden.

    4. Die Mittellosigkeit wird gemeinhin dann bejaht, wenn der Aufwand des notwendigen Lebensunterhalts (sog. zivilprozessualer Notbedarf) das massgebliche Einkommen übersteigt bzw. aus der Differenz nur ein kleiner Überschuss resultiert, welcher es dem Gesuchsteller nicht erlauben würde, die Prozesskosten innert nützlicher Frist zu bezahlen. Nebst dem Einkommen ist auch das Vermö- gen zur Bestreitung des Prozessaufwands einzusetzen. Zu berücksichtigen ist vorhandenes Vermögen jeglicher Art, soweit es effektiv verfügbar, realisierbar und sein Verbrauch zumutbar ist. Sind ausreichend liquide Mittel wie bspw. Bankkonten oder Wertpapiere vorhanden, sind diese zur Bezahlung des Prozesses zu verwenden, es sei denn, sie werden mangels ausreichenden Einkommens für den laufenden Lebensunterhalt benötigt. Beim Vermögen sind neben den Barmitteln auch veräusserbare oder hypothekarisch belastbare Sachwerte zu berücksichtigen. Bei Immobilien kann vom Eigentümer verlangt werden, dass er einen Kredit

      auf das Grundstück aufnimmt, soweit er es noch belasten kann und die Belastung für ihn tragbar ist (Rüegg, in: Spühler/Tenchio/Infanger [Hrsg.], Basler Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung, Basel 2010, N 15 f. zu Art. 117 mit Hinweisen). Als Lebensaufwandkosten sind grundsätzlich zu berücksichtigen der Grundbetrag, rechtlich geschuldete Unterhaltsbeiträge, Wohnkosten, obligatorische Versicherungen, Transportkosten zum Arbeitsplatz, Steuern sowie Verpflichtungen gegenüber Dritten, wenn sie tatsächlich erfüllt werden (Emmel, in: SutterSomm/Hasenböhler/Leuenberger [Hrsg.], Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung, Zürich/Basel/Genf 2010, N 9 zu Art. 117). Massgebend sind die wirtschaftlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der Gesuchstellung (Emmel, a.a.O., N 4 zu Art. 117).

    5. Die gesuchstellende Person hat gemäss Art. 119 Abs. 2 ZPO die zur Beurteilung ihres Gesuchs relevanten Einkommensund Vermögensverhältnisse umfassend darzulegen - es trifft sie bei der Abklärung der wirtschaftlichen Verhältnisse eine umfassende Mitwirkungspflicht. Kommt sie dieser Mitwirkungspflicht nicht oder nur ungenügend nach und kann als Folge davon ihre Bedürftigkeit nicht hinreichend beurteilt werden, ist der Anspruch um unentgeltliche Rechtspflege zu verweigern (BGE 120 Ia 179).

    6. Der Gesuchsteller machte geltend, er werde vom Sozialdienst D. unterstützt und erhalte monatlich Fr. 2'386.-. Zudem erziele er monatlich Fr. 820.- aus einer Liegenschaft (act. 2/1 S. 2). Seine monatlichen Auslagen bezifferte er auf insgesamt Fr. 4'107.70 (Mietzins Fr. 2'700.-, Hypothekarzinsen/Liegenschaftenunterhalt Fr. 574.70, Krankenkassenprämie KVG Fr. 270.-, Krankenkassenbeiträge seines Sohnes E. Fr. 138.-, Hausrat-/Haftpflichtversicherung Fr. 25.-, Unterhaltsbeiträge Fr. 400.-). Im Weiteren gab er an, über Vermögenswerte von ca. Fr. 180'350.- zu verfügen, wobei diese im Wesentlichen aus einer ihm gehö- renden Liegenschaft in Deutschland mit einem Wert von ca. Fr. 179'000.- bestün- den (act. 2/1 S. 3). Schliesslich habe er Schulden von Fr. 210'000.- (act. 2/1 S. 4).

    7. Aus den eingereichten Belegen der Gemeindeverwaltung D.

      ergibt

      sich, dass der Gesuchsteller im August 2013 Sozialhilfe in der Höhe von insgesamt Fr. 2'909.25 erhalten hat (act. 2/5). Keine aktuellen Belege wurden eingereicht zu den Erträgen aus der Liegenschaft in Deutschland. Der Steuererklärung 2011 ist einzig zu entnehmen, dass diese Erträge im Jahr 2011 monatlich Fr. 666.- betragen haben (act. 2/8 S. 3). Die Höhe des monatlichen Mietzinses des Gesuchstellers beträgt gemäss dem Kontoauszug des UBS Privatkontos Fr. 2'915.- (act. 2/10). Die Höhe der Krankenkassenprämie KVG des Gesuchstellers lässt sich dem Beleg der Gemeindeverwaltung D. entnehmen und beträgt monatlich Fr. 254.65 (act. 2/5 S. 2). Unbelegt geblieben sind die folgenden geltend gemachten Positionen: Hypothekarzinsen/Liegenschaftsunterhalt von Fr. 574.70, die Krankenkassenprämie KVG des Sohnes des Gesuchstellers von Fr. 138.-, die Prämie der Haushalt-/Haftpflichtversicherung von Fr. 25.- sowie die geltend gemachten Unterhaltsbeiträge von Fr. 400.-, wobei bei Letzteren auch völlig unklar ist, an wen und gestützt auf welche Grundlage diese geleistet werden (der Steuererklärung 2011 lässt sich jedenfalls nicht entnehmen, dass der Gesuchsteller im Jahr 2011 Unterhaltsbeiträge geleistet hat, vgl. act. 2/8 S. 4).

      Bezüglich der Vermögensverhältnisse des Gesuchstellers lässt sich den eingereichten Kontoauszügen entnehmen, dass er auf dem Privatkonto der CS ( ) und dem UBS-Privatkonto ( ) nicht über nennenswerte Mittel verfügt (vgl. act. 2/9- 10). Zu berücksichtigen ist jedoch, dass der Gesuchsteller gemäss Steuererklä- rung 2011 Ende 2011 noch über weitere Konten und mehrere Anlagefonds verfügte, zu welchen im vorliegenden Verfahren keine Ausführungen gemacht und auch keine Belege zu den Akten gereicht wurden (vgl. act. 2/8 S. 17). Sodann ist aufgrund der Belege der Volksbank davon auszugehen, dass die Liegenschaft in Deutschland mit zwei Hypotheken von insgesamt Euro 175'000.- belastet ist (act. 2/6-7). Der Gesuchsteller machte einen Verkehrswert der Liegenschaft von ca. Fr. 179'000.- geltend (act. 2/1 S. 3), er hat es jedoch unterlassen, Belege zum aktuellen Wert der Liegenschaft in Deutschland einzureichen.

    8. Es ist dem Obergerichtspräsidenten unter diesen Umständen nicht möglich, die finanziellen Verhältnisse des Gesuchstellers und insbesondere die Möglichkeit einer weiteren Belastung der Liegenschaft in Deutschland hinreichend zu beurteilen. Eine Fristansetzung zur Nachreichung der fehlenden Unterlagen drängt sich aufgrund des klaren Hinweises im Formular Gesuch um unentgeltliche Rechts-

      pflege für das Schlichtungsverfahren, wonach dem Gesuch insbesondere die letzte Steuererklärung und Belege zu sämtlichen Einkünften, zu allen Vermö- genspositionen und zu den geltend gemachten Auslagenpositionen beizulegen seien und unvollständige Angaben sowie fehlende Belege ohne weitere Nachfrage zur Abweisung des Gesuchs führen könnten (act. 2/1 S. 5), nicht auf (vgl. auch Beschluss und Urteil der II. Zivilkammer des Obergerichts des Kantons Zürich vom 25. April 2013, RU130019, E. 3.4.1). Der Gesuchsteller ist damit seinen Mitwirkungspflichten nicht nachgekommen, weshalb das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege für das Schlichtungsverfahren abzuweisen ist.

    9. Auf eine Prüfung der weiteren Anspruchsvoraussetzung der fehlenden Aussichtslosigkeit des Begehrens in der Hauptsache kann unter diesen Umständen verzichtet werden. Dem Gesuchsteller ist es jedoch unbenommen, bei einem allfälligen Verfahren vor dem zuständigen Gericht erneut um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege zu ersuchen.

  3. Kosten und Rechtsmittel

    1. Gemäss Art. 119 Abs. 6 ZPO ist das Verfahren um unentgeltliche Rechtspflege kostenlos.

    2. Wird die unentgeltliche Rechtspflege ganz oder teilweise abgelehnt oder entzogen, so kann der Gesuchsteller den Entscheid mit Beschwerde gemäss Art. 121 ZPO beim Obergericht anfechten. Dass vorliegend der Obergerichtsprä- sident über das Gesuch befindet, vermag daran nichts zu ändern. Der Obergerichtspräsident fällt in diesem Verfahren einen erstinstanzlichen Entscheid i.S.v. Art. 319 lit. b ZPO und fungiert nicht als obere kantonale Instanz, gegen deren Entscheide lediglich ein Rechtsmittel ans Bundesgericht gegeben wäre.

    3. Die Gegenpartei in der Hauptsache verfügt im vorliegenden Verfahren nicht über Parteistellung. Ihr steht aber gegen den Entscheid betreffend unentgeltliche Rechtspflege die Beschwerde gemäss Art. 319 lit. b Ziff. 2 ZPO offen, sofern ihr ein nicht leicht wieder gutzumachender Nachteil droht.

Es wird erkannt:

  1. Das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege für das

    Schlichtungsverfahren vor dem Friedensrichteramt C. beitsrechtliche Klage gegen die B. AG wird abgewiesen.

  2. Dieses obergerichtliche Verfahren ist kostenlos.

  3. Schriftliche Mitteilung an

    betreffend ar-

    • den Gesuchsteller

    • das Friedensrichteramt C. , [Adresse]

    • die Gegenpartei in der Hauptsache, B. AG, [Adresse] je gegen Empfangsschein.

5. Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid kann innert 10 Tagen von der Zustellung an im Doppel und unter Beilage dieses Entscheids beim Obergericht des Kantons Zürich, Zivilkammern, Postfach 2401, 8021 Zürich, eingereicht werden. In der Beschwerdeschrift sind die Anträge zu stellen und zu begründen. Allfällige Urkunden sind mit zweifachem Verzeichnis beizulegen. Die gesetzlichen Fristenstillstände gelten nicht (Art. 145 Abs. 2 ZPO).

Zürich, 3. September 2013

OBERGERICHT DES KANTONS ZÜRICH

Die Gerichtsschreiberin:

versandt am:

lic. iur. A. Gürber

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