Zusammenfassung des Urteils VO120177: Obergericht des Kantons Zürich
Das Obergericht des Kantons Zürich hat über ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege in einem Schlichtungsverfahren entschieden. Der Gesuchsteller hat jedoch versäumt, ausreichende Informationen zu seinen finanziellen Verhältnissen vorzulegen, weshalb das Gesuch abgewiesen wurde. Das Verfahren um unentgeltliche Rechtspflege ist kostenlos. Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid kann innerhalb von 10 Tagen beim Obergericht des Kantons Zürich eingereicht werden.
Kanton: | ZH |
Fallnummer: | VO120177 |
Instanz: | Obergericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | Verwaltungskommission |
Datum: | 19.12.2012 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege |
Schlagwörter: | Recht; Gesuch; Rechtspflege; Gesuchs; Obergericht; Gesuchsteller; Schlichtungsverfahren; Entscheid; Gericht; Verfahren; Einkommen; Obergerichtspräsident; Rechtsanwältin; Friedensrichteramt; Frist; Beurteilung; Person; Bedürftigkeit; Verhältnisse; Kantons; Anspruch; Einkommens; Hauptsache; Mitwirkung; Gerichtsschreiberin; Urteil; Eingabe; Verfügung; Bestellung |
Rechtsnorm: | Art. 113 ZPO ;Art. 117 StPO ;Art. 119 ZPO ;Art. 121 ZPO ;Art. 145 ZPO ;Art. 99 ZPO ; |
Referenz BGE: | 120 Ia 179; |
Kommentar: | - |
Obergericht des Kantons Zürich
Präsident
Geschäfts-Nr.: VO120177-O/U
Mitwirkend: der Obergerichtspräsident lic. iur. R. Naef sowie die Gerichtsschreiberin lic. iur A. Leu
Urteil vom 19. Dezember 2012
in Sachen
Gesuchsteller
vertreten durch Rechtsanwältin lic. iur. X.
betreffend Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege
Erwägungen:
Ausgangslage
Mit Eingabe vom 28. November 2012 überwies das Friedensrichteramt B. dem Obergericht des Kantons Zürich ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege von A. für ein durchgeführtes Schlichtungsverfahren gegen C.
betreffend Zuteilung der alleinigen elterlichen Sorge/Obhut/Besuchsrecht (act. 1).
Mit Verfügung vom 4. Dezember 2012 wurde dem anwaltlich vertretenen Gesuchsteller Frist angesetzt, um sein Begehren mittels Dokumenten zu belegen (act. 3). Mit Eingabe vom 15. Dezember 2012 teilte Rechtsanwältin lic. iur. X. mit, sie verzichte auf ihre Bestellung als unentgeltliche Rechtsbeiständin (act. 5). Damit bleibt im Folgenden nur noch über das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege im Sinne einer Kostenbefreiung zu entscheiden.
Im Schlichtungsverfahren werden gemäss Art. 113 Abs. 1 ZPO keine Parteientschädigungen gesprochen, weshalb auch eine Sicherheit für die Parteientschädigung i.S.v. Art. 99 ZPO nicht zur Frage steht. Die Gegenpartei ist daher gemäss Art. 119 Abs. 3 ZPO e contrario nicht zwingend anzuhören.
Beurteilung des Gesuchs
Für die Beurteilung von Gesuchen um unentgeltliche Rechtspflege vor Einreichung der Klage bei Gericht ist gemäss § 128 GOG der Obergerichtsprä- sident im summarischen Verfahren (Art. 119 Abs. 3 ZPO) zuständig. Die unentgeltliche Rechtspflege ist gemäss Art. 119 Abs. 5 ZPO vor jeder Instanz neu zu beantragen, weshalb der Obergerichtspräsident diese bei Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen nur bis zum Abschluss des Schlichtungsverfahrens bewilligen kann.
Gemäss Art. 117 StPO hat eine Person Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege, wenn sie einerseits nicht über die erforderlichen Mittel verfügt
(sog. Mittellosigkeit Bedürftigkeit) und andererseits ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint.
Die Mittellosigkeit wird gemeinhin dann bejaht, wenn der Aufwand des notwendigen Lebensunterhalts (sog. zivilprozessualer Notbedarf) das massgebliche Einkommen übersteigt bzw. aus der Differenz nur ein kleiner Überschuss resultiert, welcher es der gesuchstellenden Person nicht erlauben würde, die Prozesskosten innert nützlicher Frist zu bezahlen. Nebst dem Einkommen ist auch das Vermögen zur Bestreitung des Prozessaufwands einzusetzen. Als Lebensaufwandkosten sind zu berücksichtigen der Grundbetrag, rechtlich geschuldete Unterhaltsbeiträge, Wohnkosten, obligatorische Versicherungen, Transportkosten zum Arbeitsplatz, Steuern sowie Verpflichtungen gegenüber Dritten, wenn sie tatsächlich erfüllt werden (Emmel in: Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung, SutterSomm/Hasenböhler/Leuenberger [Hrsg.], Zürich/Basel/Genf 2010, Art. 117 N 9). Massgebend sind die wirtschaftlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der Gesuchstellung (Emmel, a.a.O., Art. 117 N 4).
Bei der Beurteilung der Bedürftigkeit bei Gesuchen um unentgeltliche Rechtspflege für das Schlichtungsverfahren sind sehr strenge Massstäbe anzulegen. Die in einem Schlichtungsverfahren entstehenden Kosten sind - anders als vor einer Gerichtsinstanz - sehr beschränkt und können deshalb bereits bei einem relativ geringen Überschuss des Einkommens und Vermö- gens über den zivilprozessualen Notbedarf bestritten werden.
Die gesuchstellende Person hat gemäss Art. 119 Abs. 2 ZPO die zur Beurteilung ihres Gesuchs relevanten Einkommensund Vermögensverhältnisse umfassend darzulegen - es trifft sie bei der Abklärung der wirtschaftlichen Verhältnisse eine umfassende Mitwirkungspflicht. Kommt sie dieser Mitwirkungspflicht nicht nur ungenügend nach und kann als Folge davon ihre Bedürftigkeit nicht hinreichend beurteilt werden, ist der Anspruch um unentgeltliche Rechtspflege zu verweigern (BGE 120 Ia 179).
Der Gesuchsteller lässt ausführen, bis Oktober 2012 sei er zu 100 Prozent arbeitstätig gewesen und habe dabei monatlich Fr. 5'064.10 verdient. Seit Oktober 2012 arbeite er zu 80 Prozent und erhalte damit einen Lohn von Fr. 4'042.20 (act. 2/1 S. 8). Seine notwendigen Lebenshaltungskosten beziffert er sodann mit Fr. 6'089.30 (act. 2/1 S. 9). Trotz Fristansetzung zur Einreichung von Belegen für den Nachweis des Einkommens, der allfälligen Vermögenswerte sowie der notwendigen Lebenshaltungskosten hat es der Gesuchsteller unterlassen, seine finanziellen Verhältnisse zu dokumentieren. Ebenso wenig hat er Belege zum weiteren Erfordernis der fehlenden Aussichtslosigkeit der Klage in der Hauptsache ins Recht gereicht. Infolge der unterlassenen Mitwirkung betreffend den Nachweis seiner finanziellen Verhältnisse und der fehlenden Aussichtslosigkeit ist es dem Gericht nicht möglich, die Bedürftigkeit des Gesuchstellers abschliessend zu beurteilen. Entsprechend der Androhung in der Verfügung vom 4. Dezember 2012 ist das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege daher abzuweisen.
Kosten und Rechtsmittel
Gemäss Art. 119 Abs. 6 ZPO ist das Verfahren um unentgeltliche Rechtspflege kostenlos.
Wird die unentgeltliche Rechtspflege ganz teilweise abgelehnt entzogen, so kann die gesuchstellende Person den Entscheid mit Beschwerde gemäss Art. 121 ZPO beim Obergericht anfechten. Dass vorliegend der Obergerichtspräsident über das Gesuch befindet, vermag daran nichts zu ändern. Der Obergerichtspräsident fällt in diesem Verfahren einen erstinstanzlichen Entscheid i.S.v. Art. 319 lit. b ZPO und fungiert nicht als obere kantonale Instanz, gegen deren Entscheide lediglich ein Rechtsmittel ans Bundesgericht gegeben wäre.
Die Gegenpartei in der Hauptsache verfügt im vorliegenden Verfahren nicht über Parteistellung. Ihr steht aber gegen den Entscheid betreffend unentgelt-
liche Rechtspflege die Beschwerde gemäss Art. 319 lit. b Ziff. 2 ZPO offen, sofern ihr ein nicht leicht wieder gutzumachender Nachteil droht.
Es wird verfügt:
Das Gesuch um Bestellung von Rechtsanwältin lic. iur. X. als unentgeltliche Rechtsbeiständin für das beim Friedensrichteramt B. durchgeführte Schlichtungsverfahren Nr. wird als durch Rückzug des Gesuchs erledigt abgeschrieben.
Schriftliche Mitteilung mit nachfolgendem Urteil.
Sodann wird erkannt:
Das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege für das beim Friedensrichteramt B. durchgeführte Schlichtungsverfahren Nr. wird abgewiesen.
Das obergerichtliche Verfahren ist kostenlos.
Schriftliche Mitteilung, je gegen Empfangsschein, an:
die Rechtsvertreterin des Gesuchstellers, zweifach, für sich und den Gesuchsteller,
das Friedensrichteramt B. ,
die Gegenpartei in der Hauptsache, Rechtsanwältin Dr. Y. , [Adresse], zweifach, für sich und C. .
5. Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid kann innert 10 Tagen von der Zustellung an im Doppel und unter Beilage dieses Entscheids beim Obergericht des Kantons Zürich, Zivilkammern, Postfach 2401, 8021 Zürich, eingereicht werden. In der Beschwerdeschrift sind die Anträge zu stellen und zu begründen. Allfällige Urkunden sind mit zweifachem Verzeichnis beizulegen.
OBERGERICHT DES KANTONS ZÜRICH
Die Gerichtsschreiberin:
lic. iur. A. Leu
versandt am:
Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.
Hier geht es zurück zur Suchmaschine.