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Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH)

Kopfdaten
Kanton:ZH
Fallnummer:VO120028
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:Verwaltungskommission
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid VO120028 vom 19.03.2012 (ZH)
Datum:19.03.2012
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege
Schlagwörter: Gesuch; Recht; Unentgeltliche; Gesuchsteller; Rechtspflege; Unentgeltlichen; Schlichtungsverfahren; Obergericht; Gericht; Rechtsbeistand; Einkommen; Gewährung; Verfahren; Bestellung; Obergerichts; Obergerichtspräsident; Klage; Entscheid; Rechtsbeistandes; Guthaben; Verhältnisse; Verfügt; Anspruch; Erscheint; Vorprozessual; Bedürftigkeit; Kostenlos; Beurteilung
Rechtsnorm: Art. 113 ZPO ; Art. 117 StPO ; Art. 119 ZPO ; Art. 121 ZPO ; Art. 145 ZPO ; Art. 339c OR ; Art. 99 ZPO ;
Referenz BGE:120 Ia 179;
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:-
Entscheid

Obergericht des Kantons Zürich

Präsident

Geschäfts-Nr.: VO120028-O/U

Mitwirkend: Der Obergerichtspräsident Dr. H.A. Müller sowie die Gerichtsschreiberin lic. iur. A. Leu-Zweifel

Urteil vom 19. März 2012

in Sachen

A.

Gesuchsteller

betreffend Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege

Erwägungen:

  1. Ausgangslage

    1. Mit Eingabe vom 21. Februar 2012 reichte A. (nachfolgend: Gesuchsteller) beim Präsidenten des Obergerichts des Kantons Zürich ein Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege und um Bestellung eines unentgeltlichen Rechtsvertreters ein. Er beabsichtigt die Erhebung einer Klage aus Arbeitsrecht gegen seinen Arbeitgeber (act. 1).

    2. Im Schlichtungsverfahren werden gemäss Art. 113 Abs. 1 ZPO keine Parteientschädigungen gesprochen, weshalb auch eine Sicherheit für die Parteientschädigung i.S.v. Art. 99 ZPO nicht zur Frage steht. Die Gegenpartei ist daher gemäss Art. 119 Abs. 3 ZPO e contrario nicht zwingend anzuhören.

  2. Beurteilung des Gesuchs

    1. Für die Beurteilung von Gesuchen um unentgeltliche Rechtspflege vor der Einreichung der Klage bei Gericht ist gemäss § 128 GOG der Obergerichtspräsident im summarischen Verfahren (Art. 119 Abs. 3 ZPO) zuständig. Die unentgeltliche Rechtspflege ist gemäss Art. 119 Abs. 5 ZPO vor jeder Instanz neu zu beantragen, weshalb der Obergerichtspräsident die unentgeltliche Rechtspflege bei Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen nur bis zum Abschluss des Schlichtungsverfahrens bewilligen kann.

    2. Gemäss Art. 117 StPO hat eine Person Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege, wenn sie einerseits nicht über die erforderlichen Mittel verfügt (sog. Mittellosigkeit oder Bedürftigkeit) und andererseits ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint. Die Bewilligung des Gesuchs um unentgeltliche Rechtspflege hat u.a. zur Folge, dass keine Gerichtskosten erhoben werden. Die Frage der Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege stellt sich damit nur bei Verfahren, welche nicht ohnehin kostenlos sind. Im Schlichtungsverfahren werden gemäss Art. 113 Abs. 2 lit. d ZPO u.a. dann keine Gerichtskosten gesprochen, wenn es sich um eine Streitigkeit aus ei-

      nem Arbeitsverhältnis bis zu einem Streitwert von Fr. 30'000.- handelt. Der Gesuchsteller macht in der Eingabe vom 21. Februar 2012 zu seinem Rechtsbegehren in der Hauptsache geltend, er beantrage eine angemessene Entschädigung der Nominallohnentwicklung, eine Abgangsentschädigung nach Art. 339c OR, eine individuelle Lohnerhöhung sowie Zahlungen der verloren gegangenen Pensionskassenbeiträge und der daraus resultierenden geringen Pensionskassenrente. Der geforderte Betrag betrage über Fr. 70'000.- (act. 1 S. 4). Damit ist ein allfälliges Schlichtungsverfahren nicht mehr kostenlos.

    3. Die Mittellosigkeit wird gemeinhin dann bejaht, wenn der Aufwand des notwendigen Lebensunterhalts (sog. zivilprozessualer Notbedarf) das massgebliche Einkommen übersteigt bzw. aus der Differenz nur ein kleiner Überschuss resultiert, welcher es dem Gesuchsteller nicht erlauben würde, die Prozesskosten innert nützlicher Frist zu bezahlen. Nebst dem Einkommen ist auch das Vermögen zur Bestreitung des Prozessaufwands einzusetzen. Zu berücksichtigen ist vorhandenes Vermögen jeglicher Art, soweit es effektiv verfügbar, realisierbar und sein Verbrauch zumutbar ist. Sind ausreichend liquide Mittel wie bspw. Bankkonten oder Wertpapiere vorhanden, sind diese zur Bezahlung des Prozesses zu verwenden, es sei denn, sie werden mangels ausreichenden Einkommens für den laufenden Lebensunterhalt benö- tigt (BSK ZPO-Rüegg, Art. 117 N 15). Als Lebensaufwandkosten sind grundsätzlich zu berücksichtigen der Grundbetrag, rechtlich geschuldete Unterhaltsbeiträge, Wohnkosten, obligatorische Versicherungen, Transportkosten zum Arbeitsplatz, Steuern sowie Verpflichtungen gegenüber Dritten, wenn sie tatsächlich erfüllt werden (Emmel in: Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung, Sutter-Somm/Hasenböhler/Leuenberger [Hrsg.], Zürich/Basel/Genf 2010, Art. 117 N 9). Massgebend sind die wirtschaftlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der Gesuchstellung (Emmel, a.a.O., Art. 117 N 4).

      Bei der Beurteilung der Bedürftigkeit bei Gesuchen um unentgeltliche Rechtspflege für das Schlichtungsverfahren sind sehr strenge Massstäbe anzulegen: Einerseits sind die in einem Schlichtungsverfahren entstehenden

      Kosten - anders als vor einer Gerichtsinstanz - sehr beschränkt und können deshalb bereits bei einem relativ geringen Überschuss des Einkommens und Vermögens über den zivilprozessualen Notbedarf bestritten werden. Andererseits braucht es ganz besondere Umstände, damit die Bestellung eines Rechtsbeistandes gemäss Art. 118 Abs. 1 lit. c ZPO als notwendig erscheint.

    4. Die gesuchstellende Person hat gemäss Art. 119 Abs. 2 ZPO die zur Beurteilung ihres Gesuchs relevanten Einkommensund Vermögensverhältnisse umfassend darzulegen - es trifft sie bei der Abklärung der wirtschaftlichen Verhältnisse eine umfassende Mitwirkungspflicht. Kommt sie dieser Mitwirkungspflicht nicht oder nur ungenügend nach und kann als Folge davon ihre Bedürftigkeit nicht hinreichend beurteilt werden, ist der Anspruch um unentgeltliche Rechtspflege zu verweigern (BGE 120 Ia 179)

    5. Der Gesuchsteller hat zu seinen finanziellen Verhältnissen zahlreiche Belege ins Recht gelegt. Den Unterlagen zufolge erhält der Gesuchsteller Leistungen aus der Arbeitslosenkasse von Fr. 1'318.- pro Monat (act. 1 S. 2 und act. 2/9), eine AHV/IV-Rente der SVA Zürich von monatlich Fr. 508.-

      (act. 2/7) sowie Rentenleistungen der B.

      von Fr. 513.30 pro Monat

      (act. 2/6). Zudem befindet sich in den Akten ein weiterer Beleg der C. , wonach dem Gesuchsteller für das Jahr 2011 eine Rente von Fr. 2'730.- ausbezahlt worden sei (= Fr. 227.50 pro Monat, act. 2/8). Das Erwerbseinkommen der Ehegattin beträgt gemäss dem Lohnausweis vom 12. Januar 2012 durchschnittlich Fr. 3'246.35 netto pro Monat (act. 2/13). Dies ergibt Einkünfte von insgesamt Fr. 5'813.15. Gemäss der ins Recht gereichten Steuererklärung 2010 verfügten der Gesuchsteller und seine Frau per

      31. Dezember 2010 über Wertschriften und Guthaben von Fr. 37'370.- (act. 2/1 S. 4), wobei es sich um Guthaben auf Konten bei der D. , der E. und der F. handelte (act. 2/1 S. 8). Per 31. Dezember 2011

      bzw. 21. Februar 2012 betrug das Guthaben bei der D.

      und der

      F.

      insgesamt Fr. 15'236.48 (act. 2/10, act. 2/11 und act. 2/14). Hinsichtlich der Guthaben bei der E.

      fehlt es an aktuellen Belegen. Zudem verfügt die Ehefrau des Gesuchstellers den Angaben im Gesuch zufolge über ein Fahrzeug im Wert von Fr. 19'000.- (act. 1 S. 3). Die notwendigen Lebenshaltungskosten für sich und seine Frau beziffert bzw. belegt der Gesuchsteller sodann wie folgt: Mietkosten Fr. 1'890.- pro Monat (act. 1 S. 2), Krankenkasse KVG für den Gesuchsteller und die Ehefrau je Fr. 261.70 pro Monat (act. 2/2), Hausrat-/Haftpflichtversicherung Fr. 30.- pro Monat (act. 2/3), Steuern Fr. 455.- pro Monat (Basis 2010 act. 2/1). Bei diesen finanziellen Verhältnissen (Einkommen Fr. 5'813.15, Notbedarf Fr. 4'598.40, liquides Vermögen von mehreren tausend Franken) ist es dem Gesuchsteller zumutbar, die Kosten des Schlichtungsverfahrens selbst zu begleichen, zumal diese in aller Regel von geringer Höhe sind und lediglich wenige hundert Franken betragen. Damit besteht vorliegend keine Bedürftigkeit des Gesuchstellers und ist das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege abzuweisen. Auf eine Prüfung der weiteren Anspruchsvoraussetzung der fehlenden Aussichtslosigkeit des Begehrens in der Hauptsache kann unter diesen Umständen verzichtet werden. Ebenfalls kann im Hinblick auf das Gesuch um Bestellung eines unentgeltlichen Rechtsbeistandes für das Schlichtungsverfahren von einer näheren Prüfung der weiteren Voraussetzung der Notwendigkeit abgesehen werden. Dieses Erfordernis erscheint aber ebenfalls als nicht gegeben, handelt es sich doch um eine Forderungsklage, welche weder in rechtlicher noch in tatsächlicher Hinsicht besondere Schwierigkeiten aufweist. Der Gesuchsteller vermag denn auch nicht aufzuzeigen, worin diese bestehen sollen. Überdies bestehen keine Hinweise, die Gegenpartei sei (vorprozessual) anwaltlich vertreten, weshalb es für die Wahrung der Rechte des Gesuchstellers jedenfalls für ein allfälliges Schlichtungsverfahren nicht notwendig erscheint, dass er über einen unentgeltlichen Rechtsbeistand verfügt. Soweit der Gesuchsteller darüber hinaus um die Bestellung eines vorprozessualen unentgeltlichen Rechtsbeistands ersucht, so hat es er unterlassen darzulegen, weshalb ihm das Armenrecht schon vorprozessual gewährt werden soll, mithin weshalb sich eine vorprozessuale Vertretung bereits vor der Einreichung der Klage aufdränge bzw. notwendig sei. Damit ist auch das Gesuch um Bestellung eines unentgeltlichen Rechtsbeistandes abzuweisen. Dem Gesuchsteller ist es jedoch unbenommen, bei einem allfälligen Verfahren vor Bezirksgericht erneut um die unentgeltliche Rechtspflege zu ersuchen.

    6. Schliesslich ist anzumerken, dass die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege bzw. die Bestellung eines unentgeltlichen Rechtsbeistandes nur für ein genau umschriebenes Prozessverfahren erfolgt (Frank/Sträu- li/Messmer, Kommentar zur zürcherischen Zivilprozessordnung, 3. Auflage, Zürich 1997, § 88 N 1). Einer gesuchstellenden Person obliegt daher die Pflicht, sich im Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege darüber zu äussern, bei welchem Gericht sie eine allfällige Klage einzureichen beabsichtigt. In den Akten findet sich vorliegend einzig der Hinweis, der Gesuchsteller beantrage die unentgeltliche Rechtspflege in einem Prozess bezüglich Forderung aus Arbeitsrecht (act. 1 S. 4). Darüber, bei welchem Gericht die Klage eingeleitet werden soll, bestehen keine Angaben. Demzufolge kann dem Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege auch mangels ausreichender Konkretisierung, wofür er diese beantragt, nicht entsprochen werden und ist es abzuweisen.

  3. Kosten und Rechtsmittel

    1. Gemäss Art. 119 Abs. 6 ZPO ist das Verfahren um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege kostenlos.

    2. Wird die unentgeltliche Rechtspflege ganz oder teilweise abgelehnt oder entzogen, so kann der Gesuchsteller den Entscheid mit Beschwerde gemäss Art. 121 ZPO beim Obergericht anfechten. Dass vorliegend der Obergerichtspräsident über das Gesuch befindet, vermag daran nichts zu ändern. Der Obergerichtspräsident fällt in diesem Verfahren einen erstinstanzlichen Entscheid i.S.v. Art. 319 lit. b ZPO und fungiert nicht als obere kantonale Instanz, gegen deren Entscheide lediglich ein Rechtsmittel ans Bundesgericht gegeben wäre.

Es wird erkannt:

  1. Das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege wird abgewiesen. Ein unentgeltlicher Rechtsbeistand wird nicht bestellt.

  2. Das obergerichtliche Verfahren ist kostenlos.

  3. Schriftliche Mitteilung an den Gesuchsteller (gegen Empfangsschein).

  4. Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid kann innert 10 Tagen von der Zustellung an im Doppel und unter Beilage dieses Entscheids beim Obergericht des Kantons Zürich, Zivilkammern, Postfach 2401, 8021 Zürich, eingereicht werden. In der Beschwerdeschrift sind die Anträge zu stellen und zu begründen. Allfällige Urkunden sind mit zweifachem Verzeichnis beizulegen. Die gesetzlichen Fristenstillstände gelten nicht (Art. 145 Abs. 2 ZPO).

Zürich, 19. März 2012

OBERGERICHT DES KANTONS ZÜRICH

Die Gerichtsschreiberin:

lic. iur. A. Leu-Zweifel

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