Zusammenfassung des Urteils VK.2004.00002: Verwaltungsgericht
I. Die B AG baute auf Kosten der Land der B AG eine Strasse und stellte Land für ein Trottoir zur Verfügung. Die Schätzungskommission entschied, dass die Klägerin keine Kosten für den Strassenbau und das Land zahlen muss. Die Gemeinde X klagte, um den Deckbelag auf der L-Strasse einzubauen. Die Beklagte bestritt das Zustandekommen eines öffentlichrechtlichen Vertrags. Die Kammer entschied, dass die Richter nicht wegen Befangenheit in den Ausstand treten müssen.
Kanton: | ZH |
Fallnummer: | VK.2004.00002 |
Instanz: | Verwaltungsgericht |
Abteilung: | 1. Abteilung/1. Kammer |
Datum: | 08.12.2004 |
Rechtskraft: | Das Bundesgericht hat eine staatsrechtliche Beschwerde gegen diesen Entscheid am 18.05.2006 abgewiesen. |
Leitsatz/Stichwort: | Ausstandsbegehren der Beklagten |
Schlagwörter: | Verfahren; Beklagten; Entscheid; Strassen; L-Strasse; Ausstand; Richter; Vertrag; Trottoir; Gericht; Verfahren; M-Strasse; Verwaltungsgericht; Klage; Parteien; Über; Bundes; Röhl; Strassenbau; Erwägungen; Kanalisation; Strassenbaus; Fertigstellung; Eigentum; Verwaltungsgerichts; Kammer; Ausstandsbegehren |
Rechtsnorm: | - |
Referenz BGE: | - |
Kommentar: | - |
I.
2 Land der B AG auf deren Kosten gebaut. Im gleichen Zug wurde auch die für die Groberschliessung notwendige M-Strasse erstellt, für deren Trottoir die B AG damals 314 m2 Land zur Verfügung stellte. Sowohl die L-Strasse wie auch die M-Strasse werden seit ihrer Erstellung von der Öffentlichkeit benutzt.
2 zu entschädigen sowie Kostenersatz für die Kanalisation und den Bau der L-Strasse zu leisten.
Die Schätzungskommission 3 stellte am 26.September 2000 fest, dass die Klägerin der Beklagten weder die Kosten des Strassenbaus und der Kanalisation der L-Strasse noch die Landkosten der L- und M-Strasse zu bezahlen habe. Auf die Anträge betreffend die formelle Enteignung des Strassen- und Trottoirlandes der Beklagten und betreffend Fertigstellung der L-Strasse trat die Schätzungskommission nicht ein.
II.
Am 29.April 2004 liess die Gemeinde X beim Verwaltungsgericht Klage erheben mit dem Antrag, die Beklagte sei zu verpflichten, den Deckbelag auf der Fahrbahn der L-Strasse innert 90 Tagen einzubauen, wobei bestehende Schäden an der Tragschicht vorgängig zu beheben seien. Der im Eigentum der Beklagten stehende Teil der L-Strasse (Fahrbahn und Gehweg) auf dem Grundstück Kat.-Nr.1 im Halte von 942m2 und das im Eigentum der Beklagten stehende Trottoir auf dem Grundstück Kat.-Nr.2 im Halte von 314m2 seien der Gemeinde zuzusprechen, eventuell sei die Beklagte zur Eigentumsübertragung der genannten Flächen zu verpflichten, alles unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zulasten der Beklagten. Zur Begründung der Klage stützt sich die Klägerin ausschliesslich auf den öffentlichrechtlichen Vertrag zwischen den Parteien.
Die B AG verlangte in ihrer Klageantwort vom 29.Juli 2004 die Klageabweisung und bestritt das Zustandekommen eines öffentlichrechtlichen Vertrags. In ihrer Replik vom 29.September 2004 und der Duplik vom 19.Oktober 2004 hielten die Parteien an ihren Anträgen fest. Die Beklagte verlangte zusätzlich, dass alle mit dem Urteil des Verwaltungsgerichts vom 20.September 2001 befassten Justizpersonen wegen Befangenheit in den Ausstand treten müssten.
Die Kammer zieht in Erwägung:
Über Ausstandsbegehren gegen Mitglieder einer Kollegialbehörde entscheidet diese Behörde unter Ausschluss der betreffenden Mitglieder (§5a Abs.2 in Verbindung mit §86 des Verwaltungsrechtspflegegesetzes vom 24.Mai 1959 [VRG]). Zum Entscheid ist die Kammer berufen (§21 lit.b der Verordnung über die Organisation und den Geschäftsgang des Verwaltungsgerichts vom 26. Juni 1997).
Gemäss §5a VRG in Verbindung mit §86 VRG treten Personen, die eine Anordnung zu treffen, dabei mitzuwirken sie vorzubereiten haben, in den Ausstand, wenn sie in der Sache persönlich befangen erscheinen. Der Anschein der Befangenheit im Sinn dieser Generalklausel kann sich unter anderem daraus ergeben, dass sich die Entscheidungsbefugten durch die Mitwirkung an früheren Entscheiden in Bezug auf einzelne Fragen bereits derart festgelegt haben, dass sie nicht mehr als unvoreingenommen gelten können (vgl. BGE114 Ia 50 E.3d; Regina Kiener, Richterliche Unabhängigkeit, Bern 2001, S.135ff.; Alfred Kölz/Isabelle Häner, Verwaltungsverfahren und Verwaltungsrechtspflege des Bundes, 2.A., Zürich 1998, N.254; Alfred Kölz/Jürg Bosshart/Martin Röhl, Kommentar zum Verwaltungsrechtspflegegesetz des Kantons Zürich, 2.A., Zürich 1999, §5a N.12; René Rhinow/Heinrich Koller/Christina Kiss, Öffentliches Prozessrecht und Justizverfassungsrecht des Bundes, Basel/ Frankfurt am Main 1996, Rz.161ff.; alle auch zum Folgenden).
Die vorliegende Streitigkeit betrifft die gleichen Parteien wie in den Rekursverfahren VR.2001.00001 und VR.2001.00002 und basiert auf dem identischen Sachverhalt, namentlich dem privat finanzierten Bau der L-Strasse 3.Etappe und der M-Strasse. Ebenso wie im Verfahren VR.2001.00001 ist heute unter anderem die Frage zu beantworten, ob zwischen den Parteien ein Vertrag über den vorzeitigen Strassenbau zustande gekommen sei, ob dieser allenfalls widerrechtlich sei und ob daraus noch Ansprüche der einen anderen Vertragspartei abgeleitet werden können. Im damaligen Verfahren ging es darum, ob die Klägerin der Beklagten die für den Strassen- und Kanalisationsbau entstandenen Kosten zu ersetzen habe und ob das für den Strassen- und Trottoirbau von der Beklagten eingebrachte Land formell zu enteignen und entschädigen sei. Demgegenüber liegt heute der Anspruch der Klägerin auf Fertigstellung des Strassenbaus und die direkte Übereignung der Strassen- und Trottoirfläche durch die Beklagte im Streit.
Die Frage einer Vorbefassung stellt sich insoweit nicht, als der verwaltungsgerichtliche Rekursentscheid vom 20.September 2001 (VR.2001.00001) materiell rechtskräftig ist, da die Rechtskraft alle im vorliegenden Verfahren mitwirkenden Entscheidträger unabhängig von einer allfälligen Mitwirkung am Rekursentscheid bindet. Die materielle Rechtskraft erstreckt sich jedoch nur auf die im Rekursverfahren beurteilten Ansprüche, nicht auf die in den Erwägungen getroffenen Feststellungen über das Vorliegen eines verwaltungsrechtlichen Vertrages, selbst wenn diese Frage für die Beurteilung des Rekurses unerlässlich war (vgl. Kölz/Bosshart/Röhl, Vorbem. zu §§86a-86d N.5, §66 N.2f.; Sträuli/Messmer, Kommentar zur zürcherischen Zivilprozessordnung, 3. A., Zürich 1997, §191 N.11 mit Hinweisen). Soweit keine Bindungswirkung besteht, bleibt Raum für die Befürchtung der Beklagten, dass sich die am damaligen Entscheid beteiligten Personen stärker von den damals angestellten Erwägungen leiten lassen, als dies bei anderen, nicht vorbefassten Mitwirkenden der Fall wäre.
wenn der Richter, der ein Abwesenheitsurteil gefällt hat, später bei der Neubeurteilung der Strafsache im ordentlichen Verfahren mitwirkt (BGE116 Ia 32);
wenn sich das Gericht nach der Rückweisung durch eine obere Instanz erneut mit derselben Sache befasst (vgl. Kölz/Bosshart/Röhl, §5a N.12);
wenn das Gericht eine Sache an die Vorinstanz zurückgewiesen hat und gegen deren Entscheid anschliessend erneut Beschwerde erhoben wird. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts ist dieses im zweiten Beschwerdeverfahren nicht an die Erwägungen des eigenen Rückweisungsentscheids gebunden (vgl. RB1984 Nr.16; 1981 Nr.23);
wenn das Gericht über ein Revisionsbegehren gegen einen von ihm gefällten Entscheid zu befinden hat (vgl. Kölz/Bosshart/Röhl, §5a N.12);
wenn der Haftrichter (BGE116 Ia 387 E.2) der Richter, der einen Angeklagten verurteilt hat (BGE119 Ia 221 E.3), später über dessen Begehren um Haftentschädigung entscheidet;
wenn ein Richter in einem früheren Strafverfahren gegen andere Personen mitgewirkt hat, dem z.T. derselbe Lebenssachverhalt zugrunde lag (BGE115 Ia 34; das Bundesgericht führt dazu aus, dass der Richter sich im früheren Prozess zwar zu Lebensvorgängen geäussert habe, die auch dem neuen Verfahren zugrunde lägen. Zum Delikt, das dem Angeklagten des neuen Verfahrens vorgeworfen werde, habe er sich aber noch nicht festgelegt [E.2c/bb, S.39]).
Vorfragen Stellung genommen hat, die sich im neuen Verfahren wiederum stellen, noch keinen Ausstandsgrund dar. Auch in Fällen, in denen die Rechtsprechung eine unzulässige Vorbefassung verneinte, hatten die Richter anlässlich ihrer früheren Befassung bereits zu Vorfragen rechtlicher tatsächlicher Art Stellung genommen. Aufgrund der Erwägungen des Bundesgerichts in den zitierten Entscheiden muss lediglich die Beurteilung der "konkreten Rechtsfrage" noch offen sein; darunter ist offenbar vor allem der Entscheid über die im neuen Verfahren angestrebte Rechtsfolge zu verstehen.
Vertrag vorliegt, in den Verfahren betreffend Kostenersatz, Fertigstellung des Strassenbaus, Enteignung und Entschädigung unterschiedlich beantwortet, so kann dies insgesamt zu einem widersprüchlichen bzw. lückenhaften Ergebnis führen. Aus dieser Sicht erscheint die Mitwirkung derselben Richter nicht nur als zulässig, sondern als erwünscht. Zum selben Ergebnis führt die Überlegung, dass es bei rechtzeitiger Einleitung aller in Frage stehenden Verfahren ohne weiteres möglich und zulässig gewesen wäre, diese gleichzeitig und in der Besetzung mit denselben Gerichtspersonen zu behandeln. Aus der Tatsache allein, dass eines der Verfahren erst nachträglich durchgeführt wird, kann keine unzulässige Vorbefassung abgeleitet werden.
Der Einwand der Beklagten, die mit dem Urteil vom 20.September 2001 (VR.2001.00001) befassten Gerichtsangehörigen seien wegen ihrer Beteiligung an jenem Verfahren befangen, ist nach dem Gesagten nicht begründet. Weitere Ausstandsgründe wurden von der Beklagten nicht geltend gemacht. Ihr Ausstandsbegehren ist daher abzuweisen.
Demgemäss beschliesst die Kammer:
1. Das Ausstandsbegehren wird abgewiesen.
2. Über die Kosten wird im Endentscheid befunden.
3. Mitteilung an
Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.
Hier geht es zurück zur Suchmaschine.