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Urteil Verwaltungsgericht (ZH - VB.2024.00025)

Zusammenfassung des Urteils VB.2024.00025: Verwaltungsgericht

Eine Vikarin an einer Sekundarschule in der Gemeinde B erstattet Strafanzeige, nachdem Schüler ihr Benutzerkonto bei Youtube gehackt und Videos gelöscht haben. Sie fordert Kostenersatz von der Gemeinde für die Aufklärung des Vorfalls, wird aber abgelehnt. Nach einem Rekurs beim Bezirksrat Uster wird die Entscheidung teilweise aufgehoben und eine Parteientschädigung zugesprochen. In einer Beschwerde beim Verwaltungsgericht wird festgestellt, dass die Zuständigkeit des Bezirksrats Uster nicht gegeben war und die Angelegenheit an die Gemeinde zurückverwiesen wird. Die Gerichtskosten betragen insgesamt Fr. 795.-.

Urteilsdetails des Verwaltungsgerichts VB.2024.00025

Kanton:ZH
Fallnummer:VB.2024.00025
Instanz:Verwaltungsgericht
Abteilung:4. Abteilung/Einzelrichter
Verwaltungsgericht Entscheid VB.2024.00025 vom 14.03.2024 (ZH)
Datum:14.03.2024
Rechtskraft:Dieser Entscheid ist rechtskräftig.
Leitsatz/Stichwort:Die als Vikarin tätig gewesene Beschwerdeführerin verlangt Kostenersatz für ihren Rechtsverfolgungsaufwand, nachdem Schüler sich während des Unterrichts Zugang zum Youtube-Benutzerkonto verschafft und die Videos der Beschwerdeführerin gelöscht hatten. Unabhängig davon, ob die Ausgangsverfügung sich auf das Personalgesetz oder das Haftungsgesetz stützte, standen dagegen die personalrechtlichen Rechtsmittel offen. Zuständig für die Behandlung des Rekurses war demnach nicht der Bezirksrat, sondern die Bildungsdirektion. Der bezirksrätliche Beschluss ist schon aus diesem Grund aufzuheben (E. 2). Verzicht auf eine Überweisung an die Bildungsdirektion, weil die Beschwerdegegnerin das Gesuch der Beschwerdeführerin auf falscher Rechtsgrundlage prüfte, weshalb die Angelegenheit ohnehin an die Beschwerdegegnerin zurückzuweisen ist (E. 3) Teilweise Gutheissung und Rückweisung an die Schulpflege.   Stichworte: KOSTENERSATZ
Schlagwörter: ändig; Rekurs; Bezirksrat; Uster; Schulpflege; Bildung; Gemeinde; Bildungsdirektion; Lehrperson; Verfügung; Verwaltungsgericht; GemeindeB; Begehren; Haftungsgesetz; HaftungsG; Beschluss; Gericht; Beurteilung; Rückweisung; Bezirksrats; Ausgangsverfügung; Entscheid; Personalgesetz; Einzelrichter; Streitwert; Zuständigkeit; Prozessvoraussetzung
Rechtsnorm:-
Referenz BGE:-
Kommentar:
-

Entscheid des Verwaltungsgerichts VB.2024.00025

Verwaltungsgericht

des Kantons Zürich

4. Abteilung

VB.2024.00025

Urteil

des Einzelrichters

vom 14.März2024

Mitwirkend: Verwaltungsrichter Reto Häggi Furrer, Gerichtsschreiberin Sonja Güntert.

In Sachen

gegen

betreffend Kostenersatz,

hat sich ergeben:

I.

A war von Mai bis Juli 2022 als Vikarin an der Sekundarschule C bei der GemeindeB angestellt. Im Juli 2022 informierte sie die Schulleiterin der Sekundarschule C, dass sich jemand Zugang zu ihrem Benutzerkonto bei Youtube verschafft und alle ihre dort hochgeladenen Videos gelöscht habe; sie habe den Verdacht, dass es sich bei den Tätern um Schüler ihrer Klasse gehandelt habe.

Mit Schreiben vom 7.Dezember 2022 gelangte A an den Schulpräsidenten sowie den Leiter Bildung der GemeindeB und teilte mit, dass sie in dieser Sache Strafanzeige erstattet habe. Sodann machte sie geltend, die GemeindeB habe sie als Ausfluss der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers bei der Aufklärung dieser Vorkommnisse zu unterstützen, wobei als Beitrag der Gemeinde angesichts des laufenden Strafverfahrens eine "Beteiligung der [ihr] im Zusammenhang mit dieser Angelegenheit entstehenden Kosten" beantragt werde.

Die Schulpflege B nahm dieses Begehren als ein solches um Schadenersatz gestützt auf das Haftungsgesetz vom 14.September 1969 (HaftungsG, LS170.1) entgegen. Mit Beschluss 17.Januar 2023 hielt sie fest, es fehle an mehreren Haftungsvoraussetzungen, weshalb das Begehren abgelehnt werde. Sofern A damit nicht einverstanden sei, könne sie binnen eines Jahres gestützt auf §24 Abs.2 HaftungsG Klage beim zuständigen Gericht einreichen. Darüber hinaus enthielt die Verfügung eine Rechtsmittelbelehrung, wonach "[g]egen diesen Entscheid der Schulpflege" binnen 30 Tagen Rekurs beim Bezirksrat Uster erhoben werden könne.

II.

A erhob hiergegen am 16.Februar 2023 Rekurs beim Bezirksrat Uster und beantragte, die Verfügung vom 17.Januar 2023 sei aufzuheben und die Angelegenheit an die Schulpflege B zurückzuweisen. Der Bezirksrat Uster hiess den Rekurs mit Beschluss vom 20.Dezember 2023 teilweise gut und hob die Verfügung vom 17.Januar 2023 auf; im Übrigen wies er den Rekurs ab. Zudem sprach er A eine Parteientschädigung von Fr.1'100.- zu. Zur Begründung führte er an, A habe entgegen der Auffassung der Schulpflege kein Schadenersatzbegehren gestützt auf das Haftungsgesetz, sondern ein Begehren um Kostenersatz gestützt auf das Personalgesetz vom 27.September 1998 (PG, LS177.10) gestellt. Für die Beurteilung dieses Gesuchs sei aber gar nicht die Schulpflege, sondern die Bildungsdirektion zuständig, weshalb keine Rückweisung zu erfolgen habe.

III.

A erhob am 19.Januar 2024 Beschwerde beim Verwaltungsgericht und beantragte sinngemäss, sie sei für die ihr entstandenen Rechtsverfolgungskosten im Betrag von Fr.7'906.90 zu entschädigen. Der Bezirksrat Uster verzichtete am 26.Januar 2024 auf Vernehmlassung; die GemeindeB beantragte am 8.Februar 2024, unter Entschädigungsfolge sei die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei.

Der Einzelrichter erwägt:

1.

1.1 Das Verwaltungsgericht ist für Beschwerden gegen Rekursentscheide eines Bezirksrats betreffend Anordnungen einer Gemeinde gestützt auf §§41ff. des Verwaltungsrechtspflegegesetzes vom 24.Mai 1959 (VRG, LS175.2) zuständig.

Weil auch die weiteren Prozessvoraussetzungen erfüllt sind, ist auf die Beschwerde einzutreten.

1.2 Der Streitwert beträgt Fr.7'906.90, weshalb die Angelegenheit in die einzelrichterliche Zuständigkeit fällt (§38b Abs.1 lit.c VRG).

2.

2.1 Das Verwaltungsgericht prüft von Amtes wegen, ob die Prozessvoraussetzungen bei der Vorinstanz gegeben waren. Hat letztere trotz Fehlen einer Prozessvoraussetzung entschieden, ist der angefochtene Entscheid aufzuheben (VGr, 29.Februar 2024, VB.2023.00600, E.2.1 30.November 2023, VB.2022.00759, E.2.1 24.August 2023, VB.2022.00667, E.2.1).

2.2 Streitgegenstand bildet die Frage, ob die Beschwerdegegnerin der Beschwerdeführerin Kosten zu ersetzen habe, die letzterer dadurch entstanden sein sollen, dass Schüler sich während des Unterrichts Zugriff auf ihr Benutzerkonto bei Youtube verschafft und diesen Zugriff hernach dazu verwendet haben sollen, Videos der Beschwerdeführerin zu löschen.

Unabhängig davon, ob dieses Begehren auf das Haftungsgesetz auf das Personalgesetz abgestützt war, hatte die Anstellungsbehörde eine Verfügung zu erlassen und richtete sich deren Anfechtung nach den Bestimmungen des Verwaltungsrechtspflegegesetzes (§19 Abs.3 HaftungsG).

2.3 Die Beschwerdeführerin war als Vikarin der Volksschule für die Beschwerdegegnerin tätig. Auf dieses Anstellungsverhältnis ist das Lehrpersonalgesetz vom 10.Mai 1999 (LPG, LS412.31) anwendbar (§1 Abs.1 LPG, siehe auch §§25ff. LPG). Auch wenn Vikariate durch das Volksschulamt "errichtet" werden (so §30 Abs.1 Satz1 der Lehrpersonalverordnung vom 19.Juli 2000 [LPVO, LS412.311]), entsteht das Anstellungsverhältnis zwischen der Lehrperson und der Gemeinde (§1 Abs.1 Satz2 und §7 Abs.1 LPG); Anstellungsbehörde ist die Schulpflege (§3 Abs.1 LPVO). Gegen Anordnungen der Schulpflege, welche das Arbeitsverhältnis der Lehrperson betreffen, kann gemäss §10LPG Rekurs bei der Bildungsdirektion erhoben werden.

Damit lag die Zuständigkeit zur Beurteilung eines Rekurses gegen die Ausgangsverfügung bei der Bildungsdirektion. Der Bezirksrat Uster war für die Beurteilung des Rekurses der Beschwerdeführerin sachlich unzuständig. Dies führt zur Aufhebung des Beschlusses vom 20.Dezember 2023.

3.

3.1 Eingaben an eine unzuständige Behörde sind nach §5 Abs.2 VRG von Amtes wegen an die zuständige Behörde weiterzuleiten, wobei für die Einhaltung der Fristen der Zeitpunkt der Einreichung bei der unzuständigen Behörde massgebend ist. In diesem Sinn wäre die Rekurseingabe grundsätzlich an die zuständige Bildungsdirektion weiterzuleiten, damit diese über den Rekurs befinde. Wie sich sogleich zeigt, ist hier indes ausnahmsweise auf eine solche Weiterleitung zu verzichten und die Angelegenheit stattdessen unter Aufhebung der Ausgangsverfügung an die Beschwerdegegnerin zurückzuweisen.

3.2 Enthält das Lehrpersonalgesetz keine ausdrückliche Regelung, richtet sich das Arbeitsverhältnis der Lehrpersonen gemäss §2 LPG nach den für das übrige Staatspersonal anwendbaren Bestimmungen. Nach §32 Abs.2 PG in Verbindung mit §20 Abs.1 der Vollzugsverordnung zum Personalgesetz vom 19.Mai 1999 (VVO, LS177.111) übernimmt die Arbeitgeberin mindestens die Kosten des erstinstanzlichen Rechtsschutzes, wenn die Beschreitung des Rechtswegs sich zur Wahrung von Rechten der Angestellten gegenüber Dritten als notwendig erweist. Der Entscheid über die Kostentragung und gegebenenfalls über die Höhe der Kostenübernahme liegt hier entgegen der Auffassung des Bezirksrats Uster nicht bei der Bildungsdirektion, sondern gestützt auf §7 Abs.1 LPG und §3 LPVO bei der Schulpflege.

Die Beschwerdegegnerin hätte das Gesuch der Beschwerdeführerin nicht gestützt auf das Haftungsgesetz, sondern gestützt auf §32 Abs.2 PG in Verbindung mit §20 VVO prüfen müssen. Weil dies bis anhin gänzlich unterblieben ist, könnte die Bildungsdirektion als zuständige Rekursinstanz die Angelegenheit nicht materiell beurteilen, sondern müsste ihrerseits einen Rückweisungsentscheid fällen. Das stellte einen prozessualen Leerlauf dar, was mit Blick auf das Beschleunigungsgebot (Art.29 Abs.1 der Bundesverfassung vom 18.April 1999 [SR101]) zu vermeiden ist. In diesem Sinn ist auch die Ausgangsverfügung aufzuheben und die Angelegenheit zur weiteren Behandlung an die Beschwerdegegnerin zurückzuweisen.

Soweit die Beschwerdeführerin in ihrer Eingabe neu auch noch den Wunsch nach einer Genugtuung äussert, ist zur Beurteilung eines allfälligen Anspruchs ebenfalls die Beschwerdegegnerin zuständig, die den diesbezüglich relevanten Sachverhalt zu erstellen und über den Anspruch auf eine Genugtuung eine Verfügung zu erlassen hat (§19 Abs.3 in Verbindung mit §2 Abs.1 und §11 HaftungsG).

4.

Nach dem Gesagten ist die Beschwerde im Sinn der Erwägungen teilweise gutzuheissen. Der Beschluss des Bezirksrats Usters sowie die Ausgangsverfügung sind aufzuheben und die Angelegenheit ist zur weiteren Behandlung im Sinn der Erwägungen an die Beschwerdegegnerin zurückzuweisen.

5.

5.1 Weil der Streitwert weniger als Fr.30'000.- beträgt, sind die Gerichtskosten auf die Gerichtskasse zu nehmen (§65a Abs.3 VRG).

5.2 Der im vorinstanzlichen Verfahren anwaltlich vertretenen und als obsiegend zu betrachtenden Beschwerdeführerin ist für das Rekursverfahren eine Parteientschädigung von Fr.1'500.- (inklusive Mehrwertsteuer) zuzusprechen (§17 Abs.2 VRG). Für das Beschwerdeverfahren fehlt es hingegen an einem entsprechenden Antrag und ist auch nicht ersichtlich, dass der nicht anwaltlich vertretenen Beschwerdeführerin ein besonderer Aufwand entstanden wäre.

6.

Zur Rechtsmittelbelehrung des nachfolgenden Dispositivs ist Folgendes zu erläutern:

Weil der Streitwert weniger als Fr.15'000.- beträgt, steht die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gemäss Art.82ff. des Bundesgerichtsgesetzes vom 17.Juni 2005 (BGG, SR173.110) nur offen, wenn sich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt (Art.85 Abs.1 lit.b und Abs.2 BGG). Ansonsten kann subsidiäre Verfassungsbeschwerde gemäss Art.113ff. BGG erhoben werden.

Beim vorliegenden Rückweisungsentscheid handelt es sich um einen Zwischenentscheid. Soweit damit über die Zuständigkeit des Bezirksrats Uster entschieden wurde, kann dagegen nach Art.92 Abs.1 BGG Beschwerde ans Bundesgericht erhoben werden; eine spätere Anfechtung mit dem Endentscheid ist ausgeschlossen (Art.92 Abs.2 BGG).

Im Übrigen lässt sich der vorliegende Rückweisungsentscheid nach Art.93 Abs.1 BGG nur anfechten, wenn er einen nicht wiedergutzumachenden Nachteil bewirken kann (lit.a) die Gutheissung der Beschwerde sofort einen Endentscheid herbeiführen und damit einen bedeutenden Aufwand an Zeit und Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren ersparen würde (lit.b).

Demgemäss erkennt der Einzelrichter:

Fr. 700.--; die übrigen Kosten betragen:
Fr. 95.-- Zustellkosten,
Fr. 795.-- Total der Kosten.

a) die Parteien;
b) den Bezirksrat Uster.

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Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

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