Zusammenfassung des Urteils VB.2017.00633: Verwaltungsgericht
Der Beschwerdeführer A erhielt seit Dezember 2016 wirtschaftliche Hilfe von der Gemeinde C, nachdem er im März 2017 eine Arbeitsstelle in Deutschland antrat, stellte die Gemeinde die Hilfe ab April 2017 ein. A legte erfolglos Rekurs ein, da er die Rekursfrist versäumte. Das Verwaltungsgericht wies die Beschwerde von A ab und legte die Kosten von insgesamt Fr. 660.-- dem Beschwerdeführer auf.
Kanton: | ZH |
Fallnummer: | VB.2017.00633 |
Instanz: | Verwaltungsgericht |
Abteilung: | 3. Abteilung/Einzelrichter |
Datum: | 27.12.2017 |
Rechtskraft: | Das Bundesgericht ist auf eine Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gegen diesen Entscheid am 16.02.2018 nicht eingetreten. |
Leitsatz/Stichwort: | Sozialhilfe. |
Schlagwörter: | Zustellung; Rekurs; Beschluss; Gemeinde; E-Mail; Ausland; Verwaltungsgericht; Deutschland; Anordnung; Frist; Schweiz; Einzelrichter; Rekursfrist; Gemeinderat; Hilfe; Deutschen; Unterlagen; Zustellungsdomizil; Akten; Verfahrensbeteiligte; Vertrag; Verwaltungsrecht; Mitteilung; Kommentar; Verfügung; Kantons |
Rechtsnorm: | - |
Referenz BGE: | - |
Kommentar: | - |
Verwaltungsgericht des Kantons Zürich 3. Abteilung |
VB.2017.00633
Urteil
des Einzelrichters
vom 27.Dezember2017
Mitwirkend: Verwaltungsrichter Matthias Hauser, Gerichtsschreiber Cyrill Bienz.
In Sachen
A,
Zustelladresse: Rechtsanwalt B,
Beschwerdeführer,
gegen
Gemeinde C, Gemeindeverwaltung,
vertreten durch den Gemeinderat,
Beschwerdegegnerin,
betreffend Sozialhilfe,
hat sich ergeben:
I.
A erhielt seit Dezember 2016 von der Gemeinde C wirtschaftliche Hilfe. Per 1.März 2017 trat er eine Arbeitsstelle in Deutschland an. Am 11.Juli 2017 stellte daher der Gemeinderat C die wirtschaftliche Hilfe für A mit Wirkung ab 1.April 2017 mangels Bedürftigkeit ein. In den Erwägungen hielt der Gemeinderat fest, dass das Gesuch von A vom 15.Mai 2017, wonach er bis zum Ablauf der Probezeit seiner neuen Stelle Ende September 2017 weiterhin zu unterstützen sei, um seine Lebenshaltungskosten in der Schweiz decken zu können, abgewiesen werde.
II.
Mit Schreiben vom 21.August 2017 (Poststempel der Deutschen Post vom 23.August 2017, Eingang am 28.August 2017) erhob A unter Beilage des Beschlusses vom 11.Juli 2017 und eines weiteren Dokuments Rekurs beim Bezirksrat E. Dabei verwies er auf die später erfolgende Zustellung weiterer Unterlagen, die er in den folgenden Tagen per E-Mail nachreichte. Am 13.September 2017 trat der Bezirksrat wegen Verspätung auf den Rekurs nicht ein, ohne Verfahrenskosten zu erheben.
III.
A. Mit zwei Eingaben vom 21.September 2017 (Poststempel der Deutschen Post vom 21.und 22.September 2017, gleichzeitiger Eingang am 25.September 2017) erhob A Beschwerde gegen den Beschluss vom 11.Juli 2017 und beantragte sinngemäss dessen Aufhebung.
B. Mit Schreiben vom 26.September 2017 forderte das Verwaltungsgericht A aufgrund seines Wohnsitzes in Deutschland auf, ein Zustellungsdomizil einen Vertreter in der Schweiz anzugeben. A kam dieser Aufforderung mit Schreiben vom 3.Oktober 2017 nach.
C. Mit Präsidialverfügung vom 10.Oktober 2017 holte das Verwaltungsgericht daraufhin die Akten ein.
Der Einzelrichter erwägt:
1.
1.1 Das Verwaltungsgericht ist nach §41 Abs.1 in Verbindung mit §19 Abs.1 lit.a des Verwaltungsrechtspflegegesetzes vom 24.Mai 1959 (VRG) für die Beurteilung der vorliegenden Beschwerde zuständig.
1.2 Der Beschwerdeführer bringt vor, er habe entgegen der Beschwerdegegnerin nicht erst am 15.Mai 2017, sondern bereits im Februar 2017 um weitergehende Unterstützung bis zum Ablauf der Probezeit in Deutschland Ende August 2017 ersucht, und beanstandet, dass die Beschwerdegegnerin ihm bis dahin keine wirtschaftliche Hilfe mehr zukommen lassen wolle. Gemäss der Kostenaufstellung des Beschwerdeführers ("Gesamte geschätzte beantragte Summe") stehen dabei Leistungen von weniger als Fr.20'000.- infrage. Demgemäss, und da kein Fall von grundsätzlicher Bedeutung vorliegt, ist der Einzelrichter zum Entscheid berufen (§38b Abs.1 lit.c und Abs.2 VRG).
2.
2.1 Gemäss §6b Abs.1 VRG haben Verfahrensbeteiligte mit Sitz Wohnsitz im Ausland ein Zustellungsdomizil einen Vertreter in der Schweiz anzugeben (vgl. vorn III.B.). Hintergrund dieser Bestimmung ist das völkerrechtliche Prinzip der staatlichen Souveränität, das zur Folge hat, dass allein den Territorialstaaten die Ausübung der Herrschaft in ihrem jeweiligen Gebiet zukommt. Das Völkerrecht schliesst schweizerisches Verwaltungshandeln im Ausland somit grundsätzlich aus. Prinzipiell unzulässig ist deshalb die direkte Regelung öffentlich-rechtlicher Rechtsbeziehungen mit Personen im Ausland, insbesondere die direkte Zustellung von Verwaltungsakten durch die Post sowie die Vornahme verwaltungsbehördlicher verwaltungsgerichtlicher Vorbereitungs- und Vollzugshandlungen, die damit im Zusammenhang stehen. Die direkte postalische Zustellung von Verwaltungsakten mit rechtsgestaltender Wirkung an einem ausländischen Ort kommt nur dann infrage, wenn dies so in einem völkerrechtlichen Vertrag vorgesehen ist. Im Verwaltungsrecht existieren allerdings kaum entsprechende Staatsverträge, namentlich auch nicht im Bereich der Sozialhilfe. Besteht kein völkerrechtlicher Vertrag, so muss die Zustellung von Verfügungen ins Ausland grundsätzlich auf dem Rechtshilfeweg bzw. auf dem diplomatischen konsularischen Weg erfolgen. Als zulässig gilt die direkte postalische Zustellung lediglich, wenn es sich um eine Mitteilung ohne rechtsgestaltende Wirkung, also mit bloss informativem Charakter handelt, wie vorliegend die Aufforderung des Verwaltungsgerichts an den Beschwerdeführer zur Angabe eines inländischen Zustellungsdomizils (vorn III.B.).
Wird eine Anordnung mit rechtsgestaltender Wirkung direkt per Post ins Ausland zugestellt, ohne dass dies in einem völkerrechtlichen Vertrag vorgesehen ist, so liegt eine völkerrechtswidrige und somit mangelhafte Eröffnung vor. Entsprechende Anordnungen sind in der Regel nichtig. Blosse Anfechtbarkeit einer auf dem direkten postalischen Weg im Ausland eröffneten Anordnung kann dann vorliegen, wenn der betreffende Verfahrensbeteiligte durch die fehlerhafte Zustellung keinen Nachteil etwa in Form von Fristversäumnissen erleidet (Kaspar Plüss in: Alain Griffel [Hrsg.], Kommentar zum Verwaltungsrechtspflegegesetz des Kantons Zürich [VRG], 3.A., Zürich etc. 2014 [Kommentar VRG], §6b N.4ff.).
2.2 Der Beschluss vom 13.September 2017 wurde dem Beschwerdeführer per Einschreiben an seinen Wohnort in Deutschland gesandt und damit nach dem Gesagten mangelhaft eröffnet. Dass der Beschwerdeführer dadurch einen Nachteil erlitten hätte, ist aber weder ersichtlich, noch macht er einen solchen geltend. Jedenfalls war er in der Lage, rechtzeitig Beschwerde zu erheben. Der angefochtene Beschluss ist daher nicht nichtig, und die fehlerhafte Zustellung bleibt ohne Folgen.
3.
3.1 Gemäss §22 Abs.1 Satz1 VRG ist ein Rekurs innert 30Tagen seit Mitteilung der angefochtenen Anordnung bei der Rekursinstanz schriftlich einzureichen. Der Tag der Eröffnung der angefochtenen Verfügung ist bei der Fristberechnung nicht zu berücksichtigen. Ist der letzte Tag der Frist ein Samstag ein staatlich anerkannter Feiertag, so endigt sie am nächsten Werktag. Samstage und öffentliche Ruhetage im Lauf der Frist werden mitgezählt (§11 Abs.1 VRG). Der Rekurs muss spätestens am letzten Tag der Frist bei der Behörde eintreffen zu deren Handen der schweizerischen Post übergeben sein (§11 Abs.2 Satz1 VRG). Die Rekursfrist ist eine gesetzliche Verwirkungsfrist; wird sie nicht eingehalten, ist auf das Rechtsmittel nicht einzutreten (Alain Griffel, Kommentar VRG, §22 N.13).
3.2 Die Vorinstanz erwog, der Beschluss der Beschwerdegegnerin vom 11.Juli 2017 sei dem Beschwerdeführer am 21.Juli 2017 am Postschalter in D zugestellt worden. Demgemäss habe die Rekursfrist am 22.Juli 2017 zu laufen begonnen und am Montag, 21.Juli 2017, geendet. Da der Rekurs vom Beschwerdeführer erst am 23.August 2017 der Deutschen Post übergeben worden sei, sei er folglich verspätet erhoben worden.
3.3 Der Beschwerdeführer macht dagegen geltend, seine bevollmächtigte Freundin habe den Beschluss am 21.Juli 2017 in D entgegengenommen und anschliessend per Post zu ihm nach Deutschland weitergeleitet. Er selbst habe den Beschluss erst am Freitag, 28.Juli 2017, erhalten, weshalb er die Rekursfrist eingehalten habe. Im Übrigen habe er die Beschwerdegegnerin gebeten, alle wichtigen Schreiben und Unterlagen vorab per E-Mail zukommen zu lassen, was sie in Bezug auf den Beschluss vom 11.Juli 2017 in Abweichung von "anderen nachweislichen Fällen (Abrechnungen, Nachweisbelege)" indessen nicht getan habe.
3.4 Gemäss §10 Abs.3 lit.a VRG werden schriftliche Anordnungen den Verfahrensbeteiligten mitgeteilt. Die Entgegennahme einer Sendung durch eine diesbezüglich bevollmächtigte Person ist dabei dem Vollmachtgeber vorbehaltlos zuzurechnen (Plüss, §10 N.66). Der Beschluss vom 11.Juli 2017 gilt dem Beschwerdeführer somit (bereits) als am 21.Juli 2017 zugestellt, weshalb sich die Berechnung des Endes der Rekursfrist durch die Vorinstanz als korrekt erweist und der Rekurs tatsächlich verspätet eingereicht wurde.
3.5 Den Akten lässt sich zwar entnehmen, dass der Beschwerdeführer und die Beschwerdegegnerin regelmässig per E-Mail miteinander kommunizierten und jenem auf diesem Weg teilweise auch Unterlagen zugestellt wurden. Die monatlichen Abrechnungen wurden dem Beschwerdeführer aber jedenfalls ebenso per Post zugestellt. Dass zwischen dem Beschwerdeführer und der Beschwerdegegnerin gleichsam eine "Vereinbarung" betreffend eine vorgängige Zustellung des Beschlusses vom 11.Juli 2017 per E-Mail bestanden hätte, worauf er hätte vertrauen dürfen, geht aus den Akten indes nicht hervor. Auch sonst kann in den zwischen dem Beschwerdeführer und der Beschwerdegegnerin ausgetauschten E-Mails keine Grundlage gesehen werden, die ein gerechtfertigtes und schützenswertes Vertrauen des Beschwerdeführers begründen könnte, dass ihm eine formelle Verfügung nicht ohne solche Vorankündigung zugestellt würde. Der Beschwerdeführer kann damit aus dem E-Mail-Verkehr mit der Beschwerdegegnerin nichts zu seinen Gunsten ableiten.
3.6 Die Beschwerde ist nach dem Gesagten abzuweisen.
4.
Ausgangsgemäss sind die Verfahrenskosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (§65a Abs.2 in Verbindung mit §13 Abs.2 VRG). Eine Parteientschädigung hat er nicht beantragt und stünde ihm auch nicht zu.
Demgemäss erkennt der Einzelrichter:
1. Die Beschwerde wird abgewiesen.
2. Die Gerichtsgebühr wird festgesetzt auf
Fr. 600.--; die übrigen Kosten betragen:
Fr. 60.-- Zustellkosten,
Fr. 660.-- Total der Kosten.
3. Die Gerichtskosten werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
4. Gegen dieses Urteil kann Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten nach Art.82ff. des Bundesgerichtsgesetzes erhoben werden. Die Beschwerde ist innert 30Tagen, von der Zustellung an gerechnet, beim Bundesgericht, Schweizerhofquai6, 6004Luzern, einzureichen.
5. Mitteilung an
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