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Urteil Verwaltungsgericht (ZH - VB.2016.00337)

Zusammenfassung des Urteils VB.2016.00337: Verwaltungsgericht

Das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich hat in einem Urteil vom 21. Dezember 2016 über eine Verkehrsanordnung entschieden, die von verschiedenen Vereinen und einer Person angefochten wurde. Es ging dabei um die Einführung einer Tempo-30-Zone auf einem bestimmten Strassenabschnitt in Zürich. Das Gericht prüfte die gesetzlichen Voraussetzungen für die Anordnung, darunter die Überschreitung von Immissionsgrenzwerten und die Zweckmässigkeit der Massnahme. Es stellte fest, dass die Anordnung gerechtfertigt war und wies die Beschwerde ab. Die Gerichtskosten wurden den Beschwerdeführern zu einem Teil aufgelegt.

Urteilsdetails des Verwaltungsgerichts VB.2016.00337

Kanton:ZH
Fallnummer:VB.2016.00337
Instanz:Verwaltungsgericht
Abteilung:3. Abteilung/3. Kammer
Verwaltungsgericht Entscheid VB.2016.00337 vom 21.12.2016 (ZH)
Datum:21.12.2016
Rechtskraft:Dieser Entscheid ist rechtskräftig.
Leitsatz/Stichwort:Verkehrsanordnung: Neue Tempo-30-Zonen
Schlagwörter: Strasse; Strassen; Tempo; Verkehr; Lärm; Verkehrs; Gutachten; Stadt; Tempo-; -Zone; Massnahme; Mitglieder; Geschwindigkeit; -Zonen; F-Strasse; Anordnung; Massnahmen; Umwelt; Höchstgeschwindigkeit; Lärmsanierung; Verwaltungsgericht; Sanierung; Verkehrsanordnung; Stadtrat; Verbindung
Rechtsnorm:-
Referenz BGE:136 II 145; 136 II 539; 139 II 145;
Kommentar:
-

Entscheid des Verwaltungsgerichts VB.2016.00337

Verwaltungsgericht

des Kantons Zürich

3. Abteilung

VB.2016.00337

Urteil

der 3. Kammer

vom 21.Dezember2016

Mitwirkend: Abteilungspräsident Rudolf Bodmer (Vorsitz), Verwaltungsrichterin Tamara Nüssle, Verwaltungsrichterin Silvia Hunziker, Gerichtsschreiberin Rahel Zehnder.

In Sachen

VereinA,

VereinB,

C,

alle vertreten durch RAD,

gegen

betreffend Verkehrsanordnung,

I.

A. Mit Verfügung vom 22.August 2013, publiziert im Amtsblatt der Stadt Zürich vom 28.August 2013, hat der Vorsteher des Polizeidepartements der Stadt Zürich Verkehrsvorschriften betreffend diverse Strassen in verschiedenen Stadtkreisen erlassen:

B. Gegen diese Verfügung erhoben u.a. der VereinA, der VereinB und C Einsprache beim Stadtrat. Dieser trat am 19.November 2014 auf die Einsprache des VereinsA und des VereinsB nicht ein und wies sie betreffend C ab.

II.

Am 5.Januar 2015 erhoben der VereinA, der VereinB und C hiergegen Rekurs beim Statthalteramt Bezirk Zürich. Am 3.Mai 2016 wies der Statthalter den Rekurs von C ab und trat auf jenen des VereinsA und des VereinsB nicht ein.

III.

Am 10.Juni 2016 beantragten der VereinA, der VereinB und C dem Verwaltungsgericht mit Beschwerde, die Verfügung des Polizeivorstands der Stadt Zürich vom 22.August 2013 sei ersatzlos aufzuheben, als damit die F-Strasse bzw. deren Abschnitt zwischen G-Strasse und Stadtgrenze neu in eine Tempo-30-Zone "H" einbezogen wird. Eventuell sei durch das Verwaltungsgericht ein unabhängiges Gutachten einzuholen. Subeventuell sei der angefochtene Rekursentscheid des Statthalters aufzuheben und die Sache zur Einholung eines Gutachtens und zu neuer Entscheidung an den Statthalter zurückzuweisen. Sie verlangten sodann, dass die Kosten des Gerichtsverfahrens dem Beschwerdegegner aufzuerlegen und ihnen eine Entschädigung zuzusprechen sei.

Mit Beschwerdeantwort vom 7.Juli 2016 beantragte die Stadt Zürich, vertreten durch das Polizeidepartement, die Abweisung der Beschwerde unter Kosten- und Entschädigungsfolge zulasten der Beschwerdeführer. Am 23.September 2016 reichten die Beschwerdeführer ihre Replik ein. Am 6.Oktober 2016 antwortete der Stadtrat mit Beschwerdeduplik. Am 10.November 2016 reichten die Beschwerdeführer eine weitere Stellungnahme ein. Am 18.November 2016 verzichtete der Stadtrat explizit auf eine weitere Äusserung.

Die Kammer erwägt:

1.

1.1 Das Verwaltungsgericht ist zur Behandlung der vorliegenden Beschwerde gemäss §41 Abs.1 in Verbindung mit §19Abs.1 lit.a des Verwaltungsrechtspflegegesetzes vom 24.Mai 1959 (VRG) sachlich und funktionell zuständig.

1.2 Zur Beschwerde ist berechtigt, wer durch die Anordnung berührt ist und ein schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung Änderung hat (§49 in Verbindung mit §21 Abs.1 VRG).

1.2.1 In Zusammenhang mit lokalen Verkehrsanordnungen auf Strassen (gemäss Art.3 Abs.4 des Strassenverkehrsgesetzes vom 19.Dezember 1958 [SVG]) steht die Beschwerdebefugnis nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung allen Verkehrsteilnehmern zu, welche die mit einer Beschränkung belegte Strasse mehr weniger regelmässig benützen, wie das bei Anwohnern Pendlern der Fall ist, während bloss gelegentliches Befahren der Strasse nicht genügt (BGE 136 II 539 E.1.1 S.542f. mit Hinweisen).

1.2.2 Der Beschwerdeführer3 ist als Anwohner vorliegend zur Erhebung der Beschwerde betreffend die Anordnung der Tempo-30-Zone legitimiert (§49 in Verbindung mit §21 Abs.1 VRG; Martin Bertschi in: Alain Griffel [Hrsg.], Kommentar zum Verwaltungsrechtspflegegesetz des Kantons Zürich [VRG], 3.A., Zürich etc. 2014 [Kommentar VRG], §21 N.48f.). Auf die Beschwerde ist den Beschwerdeführer3 betreffend einzutreten.

1.2.3 Die Beschwerdeführer1 und 2 berufen sich als Verbände auf die Interessen ihrer Mitglieder.

Praxisgemäss kann ein Verband, der als juristische Person konstituiert ist, die Interessen der Mehrheit einer Grosszahl seiner Mitglieder mit Beschwerde geltend machen, soweit deren Wahrung zu seinen statutarischen Aufgaben gehört und die einzelnen Mitglieder ihrerseits beschwerdebefugt wären (sog. egoistische Verbandsbeschwerde; BGE 131I198 E.2.1 S.200 mit Hinweisen; Martin Bertschi, Kommentar VRG, §21 N.93ff.). Verlangt wird ein enger, unmittelbarer Zusammenhang zwischen dem statutarischen Vereinszweck und dem Sachgebiet, in welchem die fragliche Anordnung erlassen worden ist (BGE 136 II 539 E.1.1 S.542f. mit Hinweis; BGr, 10.Dezember 2012, 1C_160/2012, E.1.1 [nicht publiziert in BGE 139 II 145]).

Die Beschwerdeführer1 und 2 bezwecken beide gemäss ihren Statuten die Wahrung der Rechte und Interessen ihrer Mitglieder im Strassenverkehr bzw. fördern den Individualverkehr. Beim Beschwerdeführer1 wohnen gemäss seinen Angaben 40'000 von 220'000 Mitgliedern in der Stadt Zürich, beim Beschwerdeführer2 sollen es 4'500 von 20'000 Mitgliedern sein, die in der Stadt Zürich Wohnsitz haben. Was die Beschwerdebefugnis der einzelnen Mitglieder anbelangt, steht sie wie oben angeführt allen Verkehrsteilnehmern zu, welche die mit einer Beschränkung belegte Strasse mehr weniger regelmässig benützen, wie das bei Anwohnern Pendlern der Fall ist. Die Beschwerdeführer1 und 2 machen diesbezüglich geltend, eine grosse Zahl von Mitgliedern ihres Vereins sei von der angeordneten funktionellen Verkehrsbeschränkung betroffen. Die Vorinstanzen sind auf ihre Rechtsmittel mangels hinreichend nachgewiesener Betroffenheit nicht eingetreten. Nachdem der Statthalter auf den Rekurs der Beschwerdeführer1 und 2 nicht eingetreten ist, beschränkt sich der Streitgegenstand vor Verwaltungsgericht auf die Frage, ob er auf den Rekurs hätte eintreten müssen. Soweit die Beschwerdeführer1 und 2 materielle Anträge bezüglich der Verkehrsanordnung stellen und entsprechende Ausführungen machen, ist darauf von vorneherein nicht einzutreten.

Vorliegend geht es um einen kurzen kommunalen Strassenabschnitt, der neu in eine Tempo-30-Zone einbezogen werden soll. Es kann deshalb nicht davon ausgegangen werden, dass eine genügend grosse Zahl von Mitgliedern der Beschwerdeführer1 und 2 den mit der umstrittenen Beschränkung belegten Strassenabschnitt der F-Strasse mehr weniger regelmässig benutzt und damit zur Beschwerde berechtigt wäre. Zumal die Beschwerdeführer1 und 2 keinerlei Angaben machen, wie viele ihrer Mitglieder im entsprechenden Quartier wohnen und von der konkreten Temporeduktion betroffen wären. Die Legitimation der Beschwerdeführer1 und 2 wurde von den Vorinstanzen deshalb zu Recht verneint. Somit ist die Beschwerde betreffend die Beschwerdeführer1 und 2 insofern abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist.

2.

Bei dem vorliegend im Streit liegenden Strassenabschnitt handelt es sich um bestehende ortsfeste Anlagen im Sinn von Art.7 Abs.7 des Umweltschutzgesetzes vom 7.Oktober 1983 (USG) und Art.2 Abs.1 der Lärmschutz-Verordnung vom 15.Dezember 1986 (LSV). Führt deren Betrieb und Nutzung zu Überschreitungen der Immissionsgrenzwerte, müssen sie saniert werden (Art.16 Abs.1 USG; Art.13 Abs.1 LSV). Nach Art.13 Abs.2 LSV und Art.11 Abs.2 USG müssen diese Anlagen so weit saniert werden, als dies technisch und betrieblich möglich sowie wirtschaftlich tragbar ist. Das Ziel der Sanierung besteht in der Beseitigung bzw. Verringerung übermässiger Immissionen. Grundsätzlich sind Luftverunreinigungen, Lärm, Erschütterungen und Strahlen durch Massnahmen an der Quelle zu begrenzen (vgl. Regula Hunger, Die Sanierungspflicht im Umweltschutz- und im Gewässerschutzgesetz, Diss. Zürich 2010, S.55ff.).

Als Sanierungsmassnahme hat der Stadtrat eine Temporeduktion von 50km/h auf 30km/h angeordnet.

3.

3.1 Nach Art.32 Abs.2 des Strassenverkehrsgesetzes vom 19.Dezember 1958 (SVG) beschränkt der Bundesrat die Geschwindigkeit der Motorfahrzeuge auf allen Strassen. Die allgemeine Höchstgeschwindigkeit für Fahrzeuge in Ortschaften ist mit Art.4a Abs.1 lit.a der Verkehrsregelnverordnung vom 13.November 1962 (VRV) vom Bundesrat auf 50km/h festgelegt worden. In Art.108 Abs.5 der Signalisationsverordnung vom 5.September 1979 (SSV) werden für jede Strassenkategorie die zulässigen abweichenden Höchstgeschwindigkeiten genannt. Innerorts ist nach Art.108 Abs.5 lit.d SSV Tempo30 möglich, auch Tempo-30-Zonen sind zulässig (Art.108 Abs.5 lit.e SSV). Einzelheiten zu den Anforderungen hat das Eidgenössische Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) in der Verordnung vom 28.September 2001 über die Tempo-30-Zonen und die Begegnungszonen geregelt.

Die Gründe, welche eine Herabsetzung der allgemeinen Höchstgeschwindigkeit erforderlich machen können, werden in Art.108 Abs.2 SSV abschliessend aufgezählt: Eine Gefahr ist nur schwer nicht rechtzeitig erkennbar und anders nicht zu beheben (lit.a); bestimmte Strassenbenützer bedürfen eines besonderen, nicht anders zu erreichenden Schutzes (lit.b); es kann auf Strecken mit grosser Verkehrsbelastung der Verkehrsablauf verbessert (lit.c) es kann eine im Sinne der Umweltschutzgesetzgebung übermässige Umweltbelastung (Lärm, Schadstoffe) vermindert werden (lit.d). Einschränkend sieht Art.32 Abs.3 SVG vor, dass die vom Bundesrat festgesetzte Höchstgeschwindigkeit für bestimmte Strassenstrecken von der zuständigen Behörde nur aufgrund eines Gutachtens herab- heraufgesetzt werden darf. Art.108 Abs.4 SSV nimmt darauf Bezug und präzisiert, dass vor der Festlegung von abweichenden Höchstgeschwindigkeiten durch ein Gutachten (Art.32 Abs.3 SVG) abgeklärt wird, ob die Massnahme nötig (Abs.2), zweck- und verhältnismässig ist ob andere Massnahmen vorzuziehen sind.

3.2 Solche funktionellen Verkehrsanordnungen zur Gestaltung des Strassenraums liegen an der Schnittstelle zwischen bundesrechtlicher Verkehrsregelungskompetenz und kantonaler Strassen(bau)hoheit (vgl. auch zum Folgenden BGr, 22.Dezember 2008, 1C_276/2008, E.2.1.2 mit Hinweisen). Dass das SVG und seine Ausführungserlasse die Kantone bzw. bei entsprechender Kompetenzübertragung nach Art.3 Abs.2 Satz2 SVG die Gemeinden zur Anordnung solcher spezifischer Massnahmen zum Schutz von Quartierbewohnern, anderen Betroffenen Umweltinteressen nach Art.108 Abs.2 SSV und Art.3 und 5 VO Tempo-30-Zonen in Verbindung mit Art.3 Abs.4 SVG ermächtigt, führt entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers3 nicht dazu, dass die generelle Höchstgeschwindigkeit innerorts ausgehebelt wird. Hingegen vergrössert dieses bundesrechtliche Instrumentarium die Möglichkeiten der kantonalen bzw. kommunalen Behörden, aus eigener Initiative zur Wahrung der in Art.3 Abs.4 SVG und Art.108 Abs.2 SSV genannten öffentlichen Interessen Massnahmen zu treffen. In allen Fällen sind dabei aber die strengen Anforderungen an den Nachweis der Notwendigkeit, Zweck- und Verhältnismässigkeit solcher Massnahmen gemäss Art.108 Abs.2, 4 und 5 SSV und Art.3 und 5 der VO Tempo-30-Zonen in Verbindung mit Art.32 Abs.3 SVG einzuhalten. Dieser Nachweis muss wie erwähnt durch ein Gutachten erbracht werden. Art.3 der VO Tempo-30-Zonen nennt in lit.ag Anforderungen an dieses Gutachten. Nach lit.g dieser Bestimmung muss das Gutachten insbesondere eine Aufzählung und Umschreibung der Massnahmen enthalten, die erforderlich sind, um die angestrebten Ziele zu erreichen. In diesem Rahmen lassen sich Abweichungen von kantonalen strassenrechtlichen Vorschriften auf Bundesrecht stützen. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, ist die Herabsetzung der Geschwindigkeit gesetzeskonform. Es sind darüber hinaus keine besonderen örtlichen Verhältnisse wie sie der Beschwerdeführer3 fordert notwendig, damit eine Tempo-30-Zone angeordnet werden kann.

Dass Temporeduktionen grundsätzlich zweckmässige Lärmsanierungsmöglichkeiten sind, ergibt sich damit bereits aus dem Bundesrecht. Es besteht deshalb vorliegend kein Anlass, darüber Beweis zu führen, ob Geschwindigkeitsreduktionen grundsätzlich zu Lärmsanierungen taugen.

3.3 Der Beschwerdeführer3 bemängelt, dass kein verwaltungsunabhängiges Gutachten vorliege. Die beauftragten Beamten seien nicht unabhängig und hätten nur die Begründung zur bereits feststehenden politischen Strategie des Stadtrats geliefert. Sodann sei die Temporeduktion weder notwendig, noch zweck- und verhältnismässig.

3.4 Es ist daher im Folgenden zu prüfen, ob die Gutachten und die weiteren Erhebungen der Stadt Zürich im Hinblick auf den Zweck der Lärmsanierung den Anforderungen genügen. Dabei ist zu beachten, dass das Verwaltungsgericht zwar mit freier Kognition prüft, seine Prüfung jedoch auf die Rechtskontrolle beschränkt ist (§50 VRG). Verkehrsanordnungen der hier infrage stehenden Art sind zudem regelmässig mit komplexen Interessenabwägungen verbunden. Die kommunalen Behörden besitzen dabei einen erheblichen Ge­staltungsspielraum (vgl. VGr, 9.April 2015, VB.2014.00510).

3.5 Vorliegend geht es um die Installierung einer Tempo-30-Zone. Art.3 der VO Tempo-30-Zonen umschreibt den Inhalt des zu erstellenden Gutachtens näher, wobei der Inhalt und der Umfang des Gutachtens auch vom Zweck der Geschwindigkeitsbeschränkung und von den örtlichen Gegebenheiten abhängt. Danach handelt es sich nicht um ein unabhängiges Sachverständigengutachten, sondern um einen Kurzbericht (VGr, 9.April 2015, VB.2014.00510, E.5). Auch vom Bundesgericht wird kein verwaltungsunabhängiges Gutachten verlangt; es lässt regelmässig Untersuchungsberichte und Gutachten von Verwaltungsstellen zu (vgl. BGr, 9.Dezember 2011, 1C_370/2011, E.2.6; BGE 136 II 539 E.3.2). Der Kurzbericht muss gemäss Art.3 der VO Tempo-30-Zonen namentlich folgende Punkte umfassen: Die Umschreibung der Ziele, die mit der Anordnung der Zone erreicht werden sollen (lit.a); einen Übersichtsplan mit der auf Grund des Raumplanungsrechts festgelegten Hierarchie der Strassen einer Ortschaft Teilen einer Ortschaft (lit.b); eine Beurteilung bestehender und absehbarer Sicherheitsdefizite sowie Vorschläge für Massnahmen zu deren Behebung (lit.c); Angaben zum vorhandenen Geschwindigkeitsniveau (50-Prozent-Geschwindigkeit V50 und 85-Prozent-Geschwindigkeit V85, lit.d); Angaben zur bestehenden und angestrebten Qualität als Wohn-, Lebens- und Wirtschaftsraum, einschliesslich der Nutzungsansprüche (lit.e); Überlegungen zu möglichen Auswirkungen der geplanten Massnahme auf die ganze Ortschaft auf Teile der Ortschaft sowie Vorschläge zur Vermeidung allfälliger negativer Folgen (lit.f); eine Aufzählung und Umschreibung der Massnahmen, die erforderlich sind, um die angestrebten Ziele zu erreichen (lit.g).

Im Grundsatz sind Tempo-30-Zonen nur auf Nebenstrassen mit möglichst gleichartigem Charakter zulässig (Art.2a Abs.5 SSV). Umfangreiche Untersuchungen können beispielsweise bei verkehrsreichen Kantonsstrassen nötig sein. Bei Nebenstrassen ist ein weniger strenger Massstab anzulegen als bei einer Temporeduktion auf einer Haupt- Durchgangsstrasse (BGE 136 II 145 E.5). Das geforderte Gutachten ist zudem nicht isoliert zu betrachten. Zur Ergänzung und Konkretisierung der im Gutachten enthaltenen Informationen kann auch auf andere Erhebungen zurückgegriffen werden. Entscheidend ist, dass die zuständige Behörde die erforderlichen Informationen besitzt, um zu beurteilen, ob eine der Voraussetzungen von Art.108 Abs.2 SSV erfüllt ist und ob die Massnahme zweck- und verhältnismässig ist ob andere Massnahmen vorzuziehen sind (Art.108 Abs.4 SSV; vgl. zum Ganzen BGE 136 II 539 E.3.2).

In der Stadt Zürich sind gemäss Beschwerdegegner 230 Strassenkilometer betroffen. Er hat deshalb ein Lärmsanierungskonzept aufgestellt. Das städtische Konzept Strassenlärmsanierung durch Geschwindigkeitsreduktion vom 30.Mai 2012 beruht auf den Ergebnissen des im Jahre 2009 durchgeführten Pilotversuchs an der Kalchbühlstrasse im Kreis2, dem akustischen Bericht mit Erleichterungsanträgen im Kreis2 vom 15.Oktober 2011 sowie auf weiteren bereits vorhandenen Daten und Studien (Strassenlärmkataster, Leitfaden Strassenlärm des Bundesamts für Umwelt und des Bundesamts für Strassen, Vollzugsdatenbank Strassenlärmsanierung, bisherige Strassenlärmsanierung in der Stadt Zürich, Kostenschätzungen der Lärmsanierungsmassnahmen, Lärmbelastungswerte und Anzahl betroffene Personen, Strassenhierarchie und Verkehrsfunktion der Strasse, Simulationen und Erhebungen betreffend die Verlustzeiten des öffentlichen Verkehrs, Einbettung in bestehende Tempo-30-Zonen). Es diente zwar als Grundlage und Vorbereitung für die umstrittenen Lärmsanierungsprojekte und die entsprechenden Lärm- und Verkehrsgutachten, der Stadtrat hat damit aber erst allgemeine Grundsätze für die gesetzlich vorgeschriebene Lärmsanierung definiert. Da noch keine Entscheide über den konkreten Streckenabschnitt der F-Strasse getroffen wurden, ist dieses Vorgehen nicht zu beanstanden.

Das vorliegende Gutachten wurde vom zuständigen Projektleiter der Dienstabteilung Verkehr unter Einbezug der diversen anderen Fachleute der Stadtverwaltung (Umwelt- und Gesundheitsschutz Zürich, Tiefbauamt und VBZ) erarbeitet und per 31.Juli 2013 abgeschlossen. Es basiert auf den konkreten örtlichen Lärmbelastungen mit den Immissionsgrenzwertüberschreitungen gemäss Lärmbelastungskataster, der Unfallstatistik, der richtplanerischen Einordnung und Klassierung der Strasse, dem Ausbaustandard der Strasse, sowie den Auswertungen der vor Ort vorgenommenen Geschwindigkeitsmessungen und Fahrzeugfrequenzen unter Einbezug des öffentlichen Verkehrs. Sodann ergeben sich aus dem Gutachten die raumplanungsrechtlichen Nutzungen in den von den Lärmeinwirkungen betroffenen Gebieten, sowie welchen Lärmempfindlichkeitsstufen diese Grundstücke zugeteilt sind. Die notwendigen Verkehrsmessungen und die Analyse der Lärmsituation für die einzelnen Nutzungen liegen vor. Von einer pauschalen Anordnung einer Tempo-30-Zone ohne Prüfung der konkreten Situation auf dem Streckenabschnitt der F-Strasse kann demnach keine Rede sein. Das Gutachten enthält alle für die Ermittlung des Sanierungsbedarfs notwendigen Informationen (vgl. Beatrice Wagner Pfeifer, Umweltrecht I, 3.A., Zürich 2009, S.174ff.) und ist schlüssig. Es entspricht damit den Anforderungen von Art.3 VO Tempo-30-Zonen. Zumal es sich vorliegend nicht um eine verkehrsreiche Hauptstrasse, sondern um eine kommunale Erschliessungsstrasse mit Nebenstrassencharakter handelt. Die Einholung eines weiteren Gutachtens ist daher nicht geboten.

3.7 Der Beschwerdeführer3 bestreitet, dass die Grenzwerte im fraglichen Strassenabschnitt überschritten werden. Da keine Lärmmessungen, sondern lediglich Berechnungen vorliegen würden, sei nicht bewiesen, dass die Immissionsgrenzwerte tatsächlich überschritten seien und überhaupt eine Sanierungspflicht bestehe.

Gemäss Art.38 LSV in Verbindung mit Anhang2 der LSV können Lärmimmissionen sowohl durch Berechnungen als auch durch Messungen ermittelt werden. Die beiden Methoden gelten als gleichwertig, keiner der beiden Methoden kommt Vorrang zu. Der Verzicht auf Messungen erweist sich damit nicht als rechtswidrig. Dass die Berechnungen nicht zutreffen bzw. dass das von der EMPA entwickelte und schweizweit verwendete Berechnungsmodell StL-86+ keine zuverlässigen Ergebnisse liefere, bringt der Beschwerdeführer3 vor Verwaltungsgericht nicht mehr vor. Es liegen auch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Berechnungen nicht korrekt durchgeführt worden sind. Zumal auch der Beschwerdeführer3 keine Angaben macht, welche Werte konkret zu beanstanden wären. Er substanziiert seine pauschalen Rügen nicht. Der Beschwerdeführer3 vermag deshalb nicht darzutun, dass das Gutachten auf falschen Sachverhaltsannahmen beruht. Es ist damit gestützt auf die Berechnungen in den Akten festzustellen, dass auf dem strittigen Streckenabschnitt der F-Strasse die Immissionsgrenzwerte überschritten werden.

Sind die Grenzwerte überschritten, besteht gemäss Art.16 Abs.1 USG und Art.13 Abs.1 LSV eine Sanierungspflicht. Damit liegen die gesetzlichen Voraussetzungen für die Herabsetzung der Höchstgeschwindigkeit nach Art.108 Abs.1 und 2 lit.d SSV vor. Da die geplante Massnahme gemäss dem rechtsgenüglichen Gutachten zu wahrnehmbaren Lärmreduktionen führt, erweist sie sich als im Sinn von Art.13 Abs.2 LSV und Art.11 Abs.2 USG zweckmässig, wonach eine Sanierung mindestens eine Senkung der Immissionsgrenzwerte bewirken muss. Der Beschwerdeführer3 macht auch nicht geltend, weshalb die Anordnung nicht zweckmässig wäre. Seine Vorbringen sind nur allgemein gehalten. Dass eine andere Massnahme als eine Temporeduktion vorliegend zweckdienlicher wäre, bringt der Beschwerdeführer3 ebenso wenig vor. Insbesondere nicht mehr umstritten ist, dass ein sog. Flüsterbelag für den vorliegenden Strassenabschnitt gegenwärtig keine geeignete und fristgerechte Möglichkeit der Lärmsanierung darstellt. Die Anordnung erweist sich damit notwendig und zweckdienlich.

3.8 Der Beschwerdeführer3 erblickt in der Fahrzeitverlängerung des öffentlichen Verkehrs, der Fahrplananpassung und dem vermehrten Einsatz des Wechselklanghorns durch Blaulichtfahrzeuge pauschal erhebliche Nachteile der Anordnung, weshalb sich diese als unverhältnismässig erweise.

Wie bereits die Vorinstanzen zutreffend dargelegt haben, führt eine Geschwindigkeitsreduktion nicht zu einem vermehrten Einsatz des Wechselklanghorns bei Blaulichtfahrten. Die Benützung des Wechselklanghorns ist von der Dringlichkeit der Fahrt abhängig, nicht von der erlaubten Höchstgeschwindigkeit. Ist die Fahrt dringlich, d.h. besteht eine unmittelbare Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung bzw. sind Menschenleben akut gefährdet, wird das Cis-Gis-Horn eingesetzt. Durch eine Tempo-30-Zone wird die Dringlichkeit nicht erhöht. Sodann handelt es sich bei der F-Strasse im betroffenen Abschnitt nicht um eine Durchgangsstrasse, sondern um eine kommunale Erschliessungsstrasse. Mit vermehrtem Einsatz ist nicht zu rechnen, weshalb die Massnahme deshalb nicht unverhältnismässig ist.

Zwar trifft es zu, dass die vorgesehene Massnahme zu einer Fahrzeitverlängerung der Buslinie70 und damit zu Anschlussproblemen an die S4 führen wird. Diese Angelegenheit kann jedoch durch eine kleine Anpassung des Fahrplans mit den Abfahrtszeiten ab der Endhaltestelle I gelöst werden, sodass der Anschluss der Buspassagiere an die S4 am Bahnhof H weiterhin gewährleistet bleibt. Damit führt diese Beeinträchtigung des öffentlichen Verkehrs nicht zur Unverhältnismässigkeit der strittigen Verkehrsanordnung.

Andere Nachteile bringt der Beschwerdeführer3 nicht vor. Er setzt sich auch nicht mit den örtlichen Verhältnissen an der F-Strasse auseinander, insbesondere verkennt er, dass es sich vorliegend nicht um eine Hauptstrasse, sondern eine Nebenstrasse, welche ausschliesslich der Quartiererschliessung dient, handelt. Durch die vorgesehene Massnahme wird deshalb der Berufs- und Pendlerverkehr vom Sihltal nicht behindert, weil dieser über die G-Strasse führt. Da in den umliegenden, heute bereits verkehrsberuhigten Quartieren ebenfalls nicht schneller als 30km/h gefahren werden darf sowie kaum durchgängige und kürzere Ausweichrouten vorhanden sind, ist auch kein Verlagerungseffekt in andere Quartiere zu erwarten bzw. ein solcher würde willkommenerweise den Verkehr auf die kantonal klassierte, überregionale G-Strasse führen. Die Netzhierarchie wird durch den Einbezug der F-Strasse in die Tempo-30-Zone daher gerade nicht beeinträchtigt.

Damit überwiegen vorliegend die positiven Effekte der Massnahme, indem neben der wahrnehmbaren Lärmreduktion zugleich eine verbesserte Verkehrssicherheit im besagten Strassenabschnitt der F-Strasse erreicht werden kann.

Die Beschwerde ist nach dem Gesagten als unbegründet abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist.

4.

Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind die Gerichtskosten dem Beschwerdeführer3 zu ¾ und den Beschwerdeführern 1 und 2 zu je 1/8 unter solidarischer Haftung für den ganzen Betrag aufzuerlegen. Parteientschädigungen werden keine zugesprochen. Der Aufwand des Beschwerdegegners übersteigt den üblichen Aufwand für seine Amtstätigkeit, wozu auch die Führung von Rechtsmittelprozessen gehört, nicht.

Demgemäss erkennt die Kammer:

Fr. 4'000.--; die übrigen Kosten betragen:
Fr. 200.-- Zustellkosten,
Fr. 4'200.-- Total der Kosten.

1/8, je unter solidarischer Haftung für die gesamten Kosten auferlegt.

Quelle: https://www.zh.ch/de/gerichte-notariate/verwaltungsgericht.html
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