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Urteil Verwaltungsgericht (ZH - VB.2015.00628)

Zusammenfassung des Urteils VB.2015.00628: Verwaltungsgericht

A, der seit Juli 2006 von der Asylorganisation Zürich (AOZ) unterstützt wurde, wurde aufgefordert, seine Arbeit im Restaurant `B` wieder aufzunehmen, was er ablehnte. Trotz Einsprachen und Rekursen wurde er verpflichtet, am 26. Oktober 2015 wieder im Restaurant zu arbeiten. A erhob Beschwerde beim Verwaltungsgericht, da er die Arbeit im Restaurant als unzumutbar empfand, jedoch wurde die Beschwerde abgewiesen. Es wurde festgestellt, dass die Auflage zur Arbeit im Restaurant gerechtfertigt war, und A wurde angewiesen, die Arbeit wieder aufzunehmen. Die Gerichtskosten in Höhe von CHF 600 wurden A auferlegt.

Urteilsdetails des Verwaltungsgerichts VB.2015.00628

Kanton:ZH
Fallnummer:VB.2015.00628
Instanz:Verwaltungsgericht
Abteilung:3. Abteilung/Einzelrichter
Verwaltungsgericht Entscheid VB.2015.00628 vom 17.12.2015 (ZH)
Datum:17.12.2015
Rechtskraft:Dieser Entscheid ist rechtskräftig.
Leitsatz/Stichwort:Sozialhilfe: Auflage, die Arbeit in einem Restaurant wieder aufzunehmen.
Schlagwörter: Arbeit; Restaurant; Sozialhilfe; Auflage; Entscheid; Gehör; Hilfe; Vorinstanz; Recht; Leistung; Einsprache; Rekurs; Gehörs; Integration; Beschwerdeführer; Bezirksrat; Arbeitsintegrationsprogramm; Einzelrichter; Verbindung; Richtlinien; Beschwerdeführers; Interesse; Person; Kommentar; Arbeitsmarkt; Verwaltungsgericht; Unterstützungsleistungen
Rechtsnorm:-
Referenz BGE:133 I 201; 137 I 195;
Kommentar:
-

Entscheid des Verwaltungsgerichts VB.2015.00628

Verwaltungsgericht

des Kantons Zürich

3. Abteilung

VB.2015.00628

Urteil

des Einzelrichters

vom 17.Dezember2015

Mitwirkend: Verwaltungsrichter Rudolf Bodmer, Gerichtsschreiber Cyrill Bienz.

In Sachen

gegen


vertreten durch das Sozialdepartement,

betreffend Sozialhilfe,


hat sich ergeben:

I.

A. A wird seit Juli 2006 zusammen mit seiner Ehefrau von der Asylorganisation Zürich (AOZ) mit wirtschaftlicher Hilfe unterstützt. Mit Entscheid vom 9.Juni 2015 verpflichtete ihn die AOZ, die Arbeit im Restaurant "B" wieder aufzunehmen und sich dort zu diesem Zweck am 15.Juni 2015, 8.00 Uhr, zu melden. Am Arbeitsplatz habe er sich gemäss den geltenden Vorschriften zu verhalten. Zugleich wies die AOZ A darauf hin, dass die Unterstützungsleistungen für ihn und seine Familie bei nicht ordnungsgemässer Erfüllung der Auflagen gekürzt würden.

B. A erhob dagegen Einsprache, welche die Sonderfall- und Einsprachekommission der Sozialbehörde der Stadt Zürich (SEK) jedoch mit Entscheid vom 23.Juli 2015 abwies. Zudem verpflichtete sie ihn, die Tätigkeit im Restaurant am 17.August 2015 wieder aufzunehmen.

II.

Daraufhin gelangte A am 6.August 2015 mit Rekurs an den Bezirksrat Zürich und beantragte, der Entscheid der SEK vom 23.Juli 2015 sei aufzuheben, und es sei die Zuteilung zu einem anderen Arbeitsintegrationsprogramm zu prüfen. Mit Beschluss vom 17.September 2015 wies der Bezirksrat den Rekurs ab und verpflichtete A, die Tätigkeit im Restaurant am 26.Oktober 2015 wieder aufzunehmen.

III.

A. In der Folge erhob A am 23.September 2015 Beschwerde beim Verwaltungsgericht und beantragte, der Beschluss des Bezirksrats vom 17.September 2015 sei aufzuheben, und es sei die Zuteilung zu einem anderen Arbeitsintegrationsprogramm zu prüfen.

B. Am 16.Oktober 2015 verwies der Bezirksrat auf die Begründung des angefochtenen Entscheids und verzichtete im Übrigen auf Vernehmlassung. Die Sozialbehörde beantragte am 12.November 2015 die Abweisung der Beschwerde. A liess sich zu diesen Eingaben nicht mehr vernehmen.

Der Einzelrichter erwägt:

1.

1.1 Das Verwaltungsgericht ist zur Behandlung der vorliegenden Beschwerde gemäss §41 Abs.1 in Verbindung mit §19 Abs.1 lit.a des Verwaltungsrechtspflegegesetzes vom 24.Mai 1959 (VRG) zuständig. Der Beschwerdeführer ficht sowohl die Auflage zur Wiederaufnahme der Arbeit im Restaurant als auch die angedrohte Kürzung der wirtschaftlichen Hilfe im Fall der Nichterfüllung an, weshalb es sich um eine streitwertbehaftete Streitigkeit handelt (vgl. VGr, 26.März 2015, VB.2015.00099, E.1.1). Nach Kap.A.8.2 der Richtlinien der Schweizerischen Konferenz für Sozialhilfe (SKOS-Richtlinien), die nach §17 der Verordnung zum Sozialhilfegesetz vom 21.Oktober 1981 (SHV) die Grundlage für die Bemessung der Sozialhilfeleistungen bilden, kann der Grundbedarf für den Lebensunterhalt sanktionsweise für die Dauer von maximal zwölf Monaten um höchstens 15% gekürzt werden. Daneben können auch Leistungen mit Anreizcharakter (etwa Integrationszulagen) gekürzt gestrichen werden. Den Akten kann die Höhe der Unterstützungsleistungen für den Beschwerdeführer zwar nicht entnommen werden, jedoch ist damit ohne Weiteres davon auszugehen, dass sich der Streitwert auf unter Fr.20'000.- beläuft. Da zudem kein Fall von grundsätzlicher Bedeutung vorliegt, ist der Einzelrichter zum Entscheid berufen (§38b Abs.1 lit.c sowie Abs.2 VRG).

1.2 Die Auflage zur Teilnahme am Arbeitsintegrationsprogramm bzw. Wiederaufnahme der Arbeit im Restaurant stellt eine Verhaltensanweisung dar und tangiert die durch Art.10 Abs.2 der Bundesverfassung vom 18.April 1999 (BV) garantierte persönliche Freiheit des Beschwerdeführers. Er hat daher ein schutzwürdiges Interesse, die Rechtmässigkeit dieser Auflage, die prozessual einen Zwischenentscheid darstellt, schon im Anschluss an deren Erlass auf dem Rechtsmittelweg überprüfen zu lassen und nicht erst mittels Einsprache und Rekurs gegen die Kürzungsverfügung, die in der Folge wegen Missachtung der Auflage ergehen könnte. Es liegt somit ein zulässiges Anfechtungsobjekt im Sinn von §41 Abs.3 in Verbindung mit §19a Abs.2 VRG vor.

2.

Der Beschwerdeführer macht geltend, die Vorinstanz habe bei seinem Vorgesetzten im Restaurant, C, Auskünfte bzw. Informationen eingeholt und gestützt darauf "einseitig" entschieden, während sie von ihm selbst nie eine Stellungnahme verlangt habe. Sinngemäss rügt er damit eine Verletzung seines rechtlichen Gehörs.

2.1 Der Anspruch auf rechtliches Gehör gemäss Art.29 Abs.2 BV umfasst unter anderem das Recht einer betroffenen Person, über sämtliche für den Entscheid relevanten Vorgänge und Grundlagen informiert zu werden und sich zu allen bedeutsamen Gesichtspunkten zu äussern (Alain Griffel in: Alain Griffel [Hrsg.], Kommentar zum Verwaltungsrechtspflegegesetz des Kantons Zürich [VRG], 3.A., Zürich etc. 2014 [Kommentar VRG], §8 N.30; René Rhinow/Heinrich Koller/Christina Kiss/Daniela Thurnherr/Denise Brühl-Moser, Öffentliches Prozessrecht, 2.A., Basel 2010, S.318f.; Giovanni Biaggini, Kommentar Bundesverfassung, Zürich 2007, Art.29 N.19f.). Der Anspruch ist formeller Natur und setzt keinen Nachweis eines materiellen Interesses voraus; eine Gehörsverletzung zieht daher grundsätzlich die Aufhebung der angefochtenen Anordnung nach sich, ungeachtet der Erfolgsaussichten des Rechtsmittels in der Sache selbst. Gemäss der Rechtsprechung kann aber eine nicht besonders schwerwiegende Verletzung des rechtlichen Gehörs ausnahmsweise als geheilt gelten, wenn die betroffene Person die Möglichkeit erhält, sich vor einer Beschwerdeinstanz zu äussern, die sowohl den Sachverhalt als auch die Rechtslage frei überprüfen kann. Von einer Rückweisung ist sodann selbst bei einer schwerwiegenden Verletzung des rechtlichen Gehörs dann abzusehen, wenn und soweit die Rückweisung zu einem formalistischen Leerlauf und damit zu unnötigen Verzögerungen führen würde, die mit dem Interesse der betroffenen Partei an einer beförderlichen Beurteilung der Sache nicht zu vereinbaren wären. Für den Entscheid über eine Rückweisung Heilung im Einzelfall ist die konkrete Interessenlage zu berücksichtigen (VGr, 21.Juli 2015, VB.2015.00274, E.5.1, mit Hinweis auf BGE 137 I 195 E.2.2 und BGE 133 I 201 E.2.2; Griffel, §8 N.37f.).

2.2 Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers holte die Vorinstanz keine Auskünfte bei C ein, sondern erkundigte sich lediglich bei der SEK nach einem Beleg für dessen Aussagen in den Akten. Dass C der Beschwerdegegnerin mitgeteilt hatte, der Beschwerdeführer habe ihm nie offenbart, dass er keine schweren Gegenstände heben könne, und lediglich gesagt, er wolle nicht mehr im Restaurant arbeiten, es jedoch möglich sei bzw. gewesen wäre, eine allfällige Behinderung des Beschwerdeführers zu berücksichtigen, ergibt sich tatsächlich bereits aus den Akten bzw. einem E-Mail und den Gesprächsnotizen der Beschwerdegegnerin. Dessen Aussagen werden zudem im Entscheid der SEK vom 23.Juli 2015 wiedergegeben. Für die Vorinstanz bestand damit aber kein Anlass, den Beschwerdeführer zu einer Stellungnahme einzuladen, zumal sich dieser schon in der Rekursschrift zu den Angaben Cs hatte äussern können und er dies wenigstens sinngemäss denn auch tat. Eine Gehörsverletzung seitens der Vorinstanz liegt folglich nicht vor.

2.3 Soweit der Beschwerdeführer wie schon mit Rekurs und Einsprache geltend macht, sein rechtliches Gehör sei dadurch verletzt worden, dass er vor Erlass der Verfügung vom 9.Juni 2015 nicht angehört worden sei, kann in Anwendung von §70 in Verbindung mit §28 Abs.1 VRG auf die zutreffenden Erwägungen der Vorinstanz bzw. diejenigen der Beschwerdegegnerin verwiesen werden. Eine allfällige Gehörsverletzung wäre bereits im Einspracheverfahren geheilt worden.

3.

3.1 Nach §3 des Sozialhilfegesetzes vom 14.Juni 1981 (SHG) soll die Durchführung der Hilfe in Zusammenarbeit mit dem Hilfesuchenden erfolgen und ist die Selbsthilfe zu fördern. Die SKOS-Richtlinien sehen kompensierende Angebote zum Arbeitsmarkt vor, die von der Sozialhilfe bereitgestellt werden sollen, um wirtschaftlichen und sozialen Ausschlussprozessen zu begegnen. Insbesondere sind Integrationsprogramme zu entwickeln, die auf dem Prinzip von Leistung und Gegenleistung basieren, und Anreize fördern, um aus der Sozialhilfeabhängigkeit herauszukommen. Zugleich sind die Programme Ausdruck der dem Hilfsbedürftigen obliegenden Verpflichtung zur Minderung seiner Unterstützungsbedürftigkeit. Als Massnahme zur sozialen und beruflichen Integration gelten berufliche Orientierungsmassnahmen, Integrationshilfen in den ersten Arbeitsmarkt, Einsatz- und Beschäftigungsprogramme, Angebote im zweiten Arbeitsmarkt sowie sozialpädagogische und -therapeutische Angebote (SKOS-Richtlinien Kap.A.3, A.5.2, D.2 und D.3).

3.2 Gemäss §21 SHG können Sozialhilfeleistungen mit Auflagen und Weisungen verbunden werden, die sich auf die richtige Verwendung der Beiträge beziehen geeignet sind, die Lage des Hilfeempfängers und seiner Angehörigen zu verbessern. Insbesondere kann die wirtschaftliche Hilfe mit der Aufnahme einer zumutbaren Arbeit ähnlichen Verhaltensmassregeln verbunden werden (§23 lit.d SHV). Die Auflage, an einem Arbeitsintegrationsprogramm Einsätzen im zweiten Arbeitsmarkt teilzunehmen, muss als zulässig erachtet werden, wenn es sich dabei um eine zumutbare Arbeit handelt und der Betroffene dafür entschädigt wird sich seine Lage durch die Teilnahme (beispielsweise durch Erwerb neuer Fähigkeiten im Hinblick auf eine spätere Arbeitssuche) verbessern kann. Die Zumutbarkeit einer Erwerbstätigkeit ist nach der arbeitslosenversicherungsrechtlichen Umschreibung vorzunehmen (Art.16 Abs.2 des Arbeitslosenversicherungsgesetzes vom 25.Juni 1982). Danach muss eine Arbeit den berufs- und ortsüblichen Bedingungen entsprechen, angemessen Rücksicht auf die Fähigkeiten und bisherigen Tätigkeiten der unterstützten Person nehmen und ihren persönlichen Verhältnissen und dem Gesundheitszustand angemessen sein. Ein Arbeitsangebot kann das Fähigkeits- und Fertigkeitsniveau der betreffenden Person auch unterschreiten; diese darf bloss nicht überfordert werden (VGr, 26.März 2015, VB.2015.00099, E.2.2; 13.Januar 2012, VB.2011.00763, E.2.2).

3.3 Die Sozialhilfeleistungen sind gemäss §24 Abs.1 lit.a und b SHG neben anderem dann angemessen zu kürzen, wenn der Hilfesuchende gegen Anordnungen, Auflagen Weisungen der Fürsorgebehörde verstösst, eine ihm zugewiesene zumutbare Arbeit nicht annimmt die Teilnahme an einem zumutbaren Bildungs- und Beschäftigungsprogramm verweigert und er schriftlich auf die Möglichkeit der Leistungskürzung hingewiesen worden ist.

4.

4.1 Wie bereits mit Einsprache und Rekurs macht der Beschwerdeführer auch mit Beschwerde ausschliesslich geltend, die Tätigkeit im Restaurant sei für ihn unzumutbar gewesen, da er schwere Lasten habe tragen müssen, was ihm körperliche Schmerzen verursacht und zu ungenügendem Schlaf geführt habe. Gestützt auf die Aussagen des Vorgesetzten des Beschwerdeführers erwägt die Vorinstanz allerdings zu Recht, dass die Arbeit nicht zwingend das Tragen von schweren Gegenständen beinhalten muss bzw. auf den Beschwerdeführer abgestimmt werden kann. Ein Einsatz im Restaurant erscheint deswegen nicht unzumutbar, zumal der Beschwerdeführer seine Arbeitsfähigkeit selber grundsätzlich nicht in Abrede stellt. Die Auflage und die Androhung der Kürzung der Unterstützungsleistungen bzw. die Anordnung der Wiederaufnahme der Arbeit im Restaurant sind daher nicht zu beanstanden. Eine Prüfung eines anderen Integrationsprogramms für den Beschwerdeführer ist dementsprechend nicht angezeigt.

4.2 Die Beschwerde ist somit abzuweisen. Der Beschwerdeführer ist, da der von der Vorinstanz festgelegte Termin vom 26.Oktober 2015 mittlerweile verstrichen ist, zu verpflichten, seine Tätigkeit im Restaurant ab sofort wieder aufzunehmen.

5.

Ausgangsgemäss sind die Gerichtskosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (§65a Abs.2 in Verbindung mit §13 Abs.2 VRG). Da er sich offenkundig in einer wirtschaftlich bedrängten Lage befindet, ist die Gerichtsgebühr in angemessen reduziertem Umfang festzusetzen (Kaspar Plüss, Kommentar VRG, §13 N.39). Parteientschädigungen wurden keine beantragt.

Demgemäss erkennt der Einzelrichter:

Fr. 500.--; die übrigen Kosten betragen:
Fr. 100.-- Zustellkosten,
Fr. 600.-- Total der Kosten.

Quelle: https://www.zh.ch/de/gerichte-notariate/verwaltungsgericht.html
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