Zusammenfassung des Urteils VB.2013.00468: Verwaltungsgericht
Die AAG reichte eine Beschwerde wegen Verzögerung/Nichtbehandlung einer Baueingabe ein, die an das Baurekursgericht überwiesen wurde. Die Baukommission Zell verweigerte die baurechtliche Bewilligung. Das Baurekursgericht vereinigte die Rechtsmittel und wies sie ab. Die AAG beantragte beim Verwaltungsgericht die Aufhebung des Rekursentscheids und die Erteilung der Bewilligung. Das Baurekursgericht und die Baukommission Zell lehnten den Antrag ab. Das Verwaltungsgericht entschied, dass das Bauvorhaben nicht bewilligungsfähig sei aufgrund von Dachgestaltungs- und anderen Mängeln.
Kanton: | ZH |
Fallnummer: | VB.2013.00468 |
Instanz: | Verwaltungsgericht |
Abteilung: | 1. Abteilung/1. Kammer |
Datum: | 17.12.2013 |
Rechtskraft: | Dieser Entscheid ist rechtskräftig. |
Leitsatz/Stichwort: | Baubewilligung für den Um-/Anbau eines Mehrfamilienhauses: Praxisänderung zur Kognition des Baurekursgerichts in Einordnungsfragen, Übergeschossigkeit, Dachgestaltung. |
Schlagwörter: | Recht; Baurekursgericht; Gemeinde; Gebäude; Bauvorhaben; Einordnung; Attika; Entscheid; Verwaltungsgericht; Rekurs; Gericht; Baubehörde; Attikageschoss; Beurteilung; Überprüfung; Vollgeschoss; Umgebung; Rechtsmittel; Neubau; Gestaltung; Rechtsprechung; Röhl; Kognition; Parteien; Kantons; Baubewilligung |
Rechtsnorm: | - |
Referenz BGE: | 115 Ib 311; 118 Ia 218; 137 I 235; 139 I 16; |
Kommentar: | - |
Verwaltungsgericht des Kantons Zürich 1. Abteilung |
VB.2013.00468
Urteil
der 1. Kammer
vom 17.Dezember2013
Mitwirkend: Abteilungspräsident Lukas Widmer (Vorsitz), Verwaltungsrichterin Maja Schüpbach Schmid, Verwaltungsrichter Martin Kayser, Gerichtsschreiber Robert Lauko.
In Sachen
vertreten durch RAB,
gegen
vertreten durch RAC,
betreffend Baubewilligung,
hat sich ergeben:
I.
A. Mit Eingabe vom 14.August 2012 reichte die AAG beim Bezirksrat Winterthur eine mit "Verzögerung / Nichtbehandlung einer Baueingabe" betitelte Beschwerde betreffend den Umbau des Gebäudes Assek.-Nr.01 sowie die Erstellung eines Anbaus auf den Grundstücken Kat.-Nrn.02, 03 und 04 an der D-Strasse 05/06 in F (Gemeinde Zell) ein. Die Beschwerde wurde zuständigkeitshalber zunächst an die Baudirektion des Kantons Zürich und von dieser am 21.August 2012 als Rechtsverzögerungs- bzw. Rechtsverweigerungsbeschwerde an das Baurekursgericht überwiesen.
B. Mit Entscheid vom 14.August 2012 verweigerte die Baukommission Zell der AAG die baurechtliche Bewilligung für das genannte Bauvorhaben.
II.
Am 11.September 2012 rekurrierte die AAG an das Baurekursgericht. Mit Entscheid vom 16.Mai 2012 vereinigte dieses die beiden Rechtsmittel, schrieb die Rechtsverzögerungsbeschwerde als durch Rückzug erledigt ab und wies den Rekurs ab.
III.
Mit Beschwerde vom 20.Juni 2013 beantragte die AAG dem Verwaltungsgericht, den angefochtenen Rekursentscheid sowie den Beschluss der Baukommission Zell vom 14.August 2012 aufzuheben und die nachgesuchte Bewilligung zu erteilen. Eventualiter sei die Angelegenheit zum Neuentscheid im Sinn der Erwägungen an die Vorinstanz zurückzuweisen; unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zulasten der Beschwerdegegnerin für beide Rechtsmittelverfahren.
In seiner Vernehmlassung vom 4.Juli 2013 beantragte das Baurekursgericht ohne weitere Bemerkungen die Abweisung der Beschwerde. Mit ihrer Beschwerdeantwort vom 9.August 2013 schloss die Baukommission Zell auf Abweisung der Beschwerde, unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zuzüglich Mehrwertsteuer.
Die Kammer erwägt:
1.
Aus der Begründung der Beschwerde wird ersichtlich, dass die Beschwerdeführerin den Entscheid des Baurekursgerichts nur insoweit anficht, als Letzteres in der Sache entschied. Die Abschreibung der Rechtsverzögerungsbeschwerde infolge Rückzugs (vgl. Disp.-Ziff.II des Rekursentscheids vom 16.Mai 2013) entspricht dem von der Beschwerdeführerin im Rekursverfahren gestellten Antrag. Der vorinstanzliche Abschreibungsbeschluss fällt damit bereits mangels Beschwer nicht in die vorliegend zu beurteilende Streitsache.
2.
Auf dem gegenüber dem Bahnhof im Dorfzentrum von F gelegenen und der dreigeschossigen Wohnzone mit Gewerbeerleichterung (WG3) gemäss Bau und Zonenordnung der Gemeinde Zell (BZO) zugeteilten Baugrundstück plant die Beschwerdeführerin einen dreigeschossigen Neubau mit Attikageschoss, der mit dem bestehenden Gebäude des ehemaligen Restaurants Bahnhof zusammengebaut werden soll. Die beiden Gebäude sollen rückwärtig mit einem freistehenden Treppenhaus samt Lift verbunden werden. Ebenfalls rückwärtig zwischen den Bauten und der Parzellengrenze ist ein Parkdeck mit 23 Abstellplätzen vorgesehen; weitere 24 Abstellplätze sollen in einer Unterniveaugarage Platz finden. Strassenseitig wird im erhöhten Erdgeschoss eine Terrasse vorgestellt. Insgesamt sind in den beiden Gebäuden nebst einer Bar im Altbau und Gewerberäumen im Neubau insgesamt 21 Wohnungen (darunter 18 Kleinwohnungen) geplant.
Das Bauvorhaben ging aus der Überarbeitung eines ersten, von der Beschwerdeführerin zurückgezogenen Baugesuchs hervor. Dieses wies baurechtliche Mängel auf, welche mit dem vorliegenden Projekt behoben wurden (vgl. E.4 der Baubewilligung vom 14.August 2012). Gegenstand der vorliegenden Beschwerde bildet allein das überarbeitete Bauvorhaben.
3.
Die Beschwerdegegnerin verweigerte am 14.August 2012 die nachgesuchte Baubewilligung aus Gründen der Einordnung. Unter dem Titel "1.Beziehung des geplanten Neubaus zum Ortsbild und zur baulichen Umgebung" hielt sie fest, dass das Kernstück des Ortsteils F vom traditionellen Haustyp mit zwei Vollgeschossen und einem Schrägdach geprägt werde und das Bauvorhaben schräg gegenüber dem Bahnhof an der Verzweigung nach G prominent situiert sei. Der Neubau setze sich dabei in verschiedener Hinsicht vom bestehenden Restaurantgebäude sowie den weiteren Bauten im massgebenden Strassenraum ab. Ferner lasse der strassenseitig resultierende Vorplatz eine (halb-)öffentliche Funktion erwarten, die aber nicht ausgewiesen und gesichert werde. Die langgezogenen Balkone und Laubengänge betonten neben der Gebäudelänge eine Schichtung des Gebäudes, was dem traditionellen muralen Gebäudetyp gegenüberstehe. Auch das Erdgeschoss des Neubaus mit seinen Fenstertüren analog den bewohnten Obergeschossen sowie seiner leicht erhöhten Lage und der geschlossenen vorderen Verandakante setze sich vom Strassenraum ab.
In der Längsausrichtung und der dynamischen Grundrissform erblickte die Baubehörde zwar eine interessante Thematik, doch hielt sie die horizontalen durchlaufenden Balkonbänder der Nordfassade für problematisch, da diese mit ihren Platten den Gebäudekörper zergliederten und dessen Länge stark betonten; der Ansatz eines spannenden Gegensatzes zwischen Alt und Neu werde verunklärt und überblendet ("2.Kubische Gliederung und architektonischer Ausdruck", auch zum Folgenden). Der von beiden Hauptbauten abgesetzte Treppenhausturm wirke aufgrund seiner Dimensionen recht massig und bilde keinen angemessenen "filigranen" Übergang vom Alt- zum Neubau, während die strassenseitige Schnittstelle abgesehen vom überbetonten Attikageschoss eher belanglos erscheine. Auch "Art und Grad der Ausstattung und Ausrüstung" hält die Beschwerdegegnerin für unbefriedigend: Das Areal der einbezogenen Parzelle werde grösstenteils vom rückwärtigen Parkplatz beansprucht. Durch die knappe Begrünung seien Ausstattung und Ausrüstung als mager und störend zu beurteilen.
4.
Die Beschwerdeführerin macht geltend, das Bauvorhaben ordne sich in rechtsgenügender Weise in die bauliche Umgebung ein. Mit ihrem jetzigen, überarbeiteten Projekt habe sie der Kritik des von der Baubehörde beigezogenen Architekturbüros E Rechnung getragen und insbesondere die Längsbetonung reduziert sowie die als urban kritisierten Elemente eliminiert. Weiter beanstandet die Beschwerdeführerin, dass das Ermessen der Gemeinde in Einordnungsfragen nach der Praxis des Verwaltungsgerichts viel zu weitgehend geschützt werde.
4.1
4.1.1 Nach §238 Abs.1 des Planungs- und Baugesetzes vom 7.September 1975 (PBG) sind Bauten, Anlagen und Umschwung für sich und in ihrem Zusammenhang mit der baulichen und landschaftlichen Umgebung im Ganzen und in ihren einzelnen Teilen so zu gestalten, dass eine befriedigende Gesamtwirkung erreicht wird; diese Anforderung gilt auch für Materialien und Farben. §238 Abs.1 PBG stellt eine positive ästhetische Generalklausel dar, die nicht bloss eine Verunstaltung verbietet, sondern eine positive Gestaltung verlangt (BGr, 16.Mai 2008, 1C_346/2007, E.3.3.1; VGr, 6.Oktober 2010, VB.2009.00604, E.5.3). Die Beurteilung, ob mit einem Bauvorhaben eine befriedigende Gesamtwirkung erreicht wird, hat nicht nach subjektivem Empfinden, sondern nach objektiven Massstäben und mit nachvollziehbarer Begründung zu erfolgen (BGr, 28.Oktober 2002, 1P.280/2002, E.3.5.2; VGr, 18.Juni 1997, BEZ 1997 Nr.23 E.4b/aa). Dabei ist eine umfassende Würdigung aller massgebenden Gesichtspunkte vorzunehmen (VGr, 2.März 2000, BEZ 2000 Nr.17 E.5 und 6b).
4.1.2 Aufgrund des Wortlauts von §20 Abs.1 des Verwaltungsrechtspflegegesetzes vom 24.Mai 1959 (VRG) ist das Baurekursgericht im Gegensatz zum Verwaltungsgericht nicht nur zur Überprüfung der Rechtmässigkeit, sondern auch der Angemessenheit kommunaler Entscheide befugt. Nach der langjährigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts steht der Gemeinde allerdings aufgrund der ihr durch Art.85 Abs.1 der Verfassung des Kantons Zürich vom 27.Februar 2005 (KV) eingeräumten Autonomie bei der Anwendung des kantonalrechtlichen unbestimmten Gesetzesbegriffs "befriedigende Gesamtwirkung" ein besonderer bzw. qualifizierter Beurteilungsspielraum zu, was auch mit relativ erheblicher Entscheidungsfreiheit umschrieben wurde (VGr, 30.Juni 2010, VB.2010.00127, E.4.2 mit Hinweisen; Alfred Kölz/Jürg Bosshart/Martin Röhl, Kommentar zum Verwaltungsrechtspflegegesetz des Kantons Zürich, 2. A., Zürich 1999, §20 N.19). Nach dieser Rechtsprechung hatte sich die Rekursinstanz bei der Überprüfung kommunaler Einordnungsentscheide Zurückhaltung aufzuerlegen. Wenn der Entscheid auf einer vertretbaren Würdigung der massgebenden Sachumstände beruhte, hatte ihn das Baurekursgericht trotz seiner gesetzlichen Pflicht einer Angemessenheitskontrolle zu respektieren und durfte seine eigene Beurteilung nicht an die Stelle derjenigen der örtlichen Baubehörde setzen. Es schritt demnach erst ein, wenn deren ästhetische Würdigung sachlich nicht mehr vertretbar war bzw. wenn sich die vorinstanzliche Ermessensausübung als offensichtlich unvertretbar erwies (vgl. VGr, 26.Juni 2013, VB.2012.00729, E.4.2 Abs.3; 12.Oktober 2011, VB.2011.00417, E.3.1; grundlegend VGr, 30.Juni 2010, VB.2010.00127, E.4.2). Das Verwaltungsgericht prüfte seinerseits, ob das Baurekursgericht die Würdigung der örtlichen Baubehörde als vertretbar bzw., wenn es davon abwich, als offensichtlich nicht mehr haltbar hat beurteilen dürfen (vgl. VGr, 10.Oktober 2012, VB.2012.00251, E.3.2; 27.November 2012, VB.2012.00242, E.2.6.1; BGr, 21.Juni 2005, 1P.678/2004, E.4.3 = ZBl 107/2006, S. 430 ff.).
4.2 Die von der Beschwerdeführerin und in der Literatur geäusserte Kritik (vgl. unter anderen Benjamin Schindler, Die Gemeindeautonomie als Hindernis für einen wirksamen Rechtsschutz, in: Markus Rüssli/Julia Hänni/Reto Häggi Furrer [Hrsg.], Staats- und Verwaltungsrecht auf vier Ebenen, Festschrift für Tobias Jaag, Zürich etc. 2012, S.145ff.; Alain Griffel, Raumplanungs- und Baurecht in a nutshell, Zürich/St. Gallen 2012, S.182; Carmen Walker Späh, PBG aktuell 4/2009, Ermessensspielraum bei Gestaltungsfragen und Rechtsweggarantie, S.5ff., 13ff.; Silvia Pfannkuchen-Heeb, Ermessensspielraum und Willkürgrenze bei Gestaltungsfragen, PBG aktuell 3/2010, S.5ff., 11) rechtfertigt es, die bisherige Rechtsprechung zu überprüfen.
4.2.1 Die dem Baurekursgericht auferlegte Zurückhaltung bei der Überprüfung kommunaler Einordnungsentscheide wurde in erster Linie mit der Gemeindeautonomie begründet (vgl. VGr, 30.Juni 2010, VB.2010.00127, E.4.3 Abs.3, auch zum Folgenden; Kölz/Bosshart/Röhl, §20 N.19). Dieser Auffassung zufolge kommt das Subsidiaritätsprinzip, wie es in Art.85 Abs.1 KV konkretisiert wird, auch dort zum Tragen, wo der Vollzug von kantonalen Gesetzen den Gemeinden übertragen wird; auch dabei ist den Gemeinden nach Art.85 Abs.1 Satz2 KV ein möglichst grosser Handlungsspielraum zu belassen (vgl. Tobias Jaag, in: Isabelle Häner/Markus Rüssli/Evi Schwarzenbach [Hrsg.], Kommentar zur Zürcher Kantonsverfassung, Zürich etc. 2007, Art.85 N.14). Wenn es demgegenüber um die Anwendung offener Formulierungen bzw. unbestimmter Rechtsbegriffe des kantonalen Rechts geht, steht die Entwicklung von Grundsätzen, wie dieser Handlungsspielraum zu füllen ist, jedenfalls grundsätzlich den kantonalen (Rechtsmittel-)Instanzen zu: Im Zusammenhang mit der Anwendung von §238 PBG ist dabei von einer "allgemeinen Konkretisierung" der ästhetischen Generalklausel die Rede (vgl. Arnold Marti, Bemerkungen zum Entscheid des Bundesgerichts vom 21.Juni 2005, ZBl107/2006, S.437ff.). Darunter werden die von der Rechtsprechung entwickelten Regeln verstanden, wie diejenige, dass mit der Einordnungsbestimmung in der Regel nicht die Übernahme von in der baulichen Umgebung bereits vorhandenen Bauformen verlangt werden kann dass §238 PBG grundsätzlich keine Handhabe bietet, die Ausschöpfung der nach der Bau- und Zonenordnung zulässigen Baumöglichkeiten zu untersagen, wenn die in der Umgebung bestehenden Bauten diese nicht voll ausschöpfen (vgl. zu diesen und weiteren solchen Regeln Christoph Fritzsche/Peter Bösch/Thomas Wipf, Zürcher Planungs- und Baurecht, 5.A., Zürich 2011, S.652ff.). Diese Regeln engen jedoch nur den Spielraum für die ästhetische Beurteilung ein, ohne diese ersetzen zu können.
4.2.2 Nun wird mit der Verwendung offener Formulierungen bzw. unbestimmter Gesetzesbegriffe unter anderem gerade bezweckt, den mit der Rechtsanwendung in erster Instanz befassten Verwaltungsbehörden einen gewissen Beurteilungsspielraum einzuräumen (René Rhinow et al., Öffentliches Prozessrecht, 2.A., Basel 2010, Rz.1603; Benjamin Schindler, Verwaltungsermessen, Zürich 2010, Rz.217, 303, 440). Innerhalb dieses Spielraums obliegt es in erster Linie den Gemeinden selbst, die kantonale Einordnungsbestimmung und die darin verwendeten offenen Formulierungen ortsbezogen zu konkretisieren. Mit der Begründung ihres Entscheids berücksichtigt die kommunale Baubehörde die für die Beurteilung relevante bauliche Umgebung und führt die Gesichtspunkte an, an denen sie die Einordnung des Bauprojekts misst.
4.2.3 Dass die Gemeinden bei der Anwendung offen formulierter kantonaler Bestimmungen über einen im Einzelnen noch näher zu definierenden Spielraum verfügen, kann nun jedoch nicht bedeuten, dass das Baurekursgericht erst dann eingreifen darf, wenn sich der Einordnungsentscheid geradezu als "sachlich nicht mehr vertretbar" bzw. als "offensichtlich unvertretbar" erweist (vgl. BGE 137 I 235 E.2.5.2). Ob und wieweit eine Gemeinde in einem bestimmten Bereich autonom ist, richtet sich nach dem kantonalen Verfassungs- und Gesetzesrecht (BGE 118 Ia 218 E.3a). Dabei ist nicht nur den in §238 PBG verwendeten unbestimmten Rechtsbegriffen und dem daran anschliessenden Beurteilungsspielraum Rechnung zu tragen (vgl. vorn E.4.2.1f.), sondern auch der klare Wortlaut von §20 Abs.1 lit.c VRG und dessen verfassungsrechtliche Kontext zu berücksichtigen. Eine im Baurekursverfahren generell erhöhte gerichtliche Eingriffsschwelle vermag diesen Voraussetzungen nicht zu genügen. Denn das Baurekursgericht ist, wie jede Rechtsmittelinstanz, nicht nur berechtigt, sondern grundsätzlich auch verpflichtet, seine gesetzlich festgelegte Überprüfungsbefugnis voll auszuschöpfen (VGr, 8.Februar 2006, VB.2005.00515, E.2). Bei unzulässiger Kognitionsbeschränkung begeht das Gericht eine formelle Rechtsverweigerung im Sinn von Art.29 Abs.1 der Bundesverfassung vom 18.April 1999 (BGr, 21.April 2004, 1P.401/2003, E.2.1; Ulrich Häfelin/Georg Müller/Felix Uhlmann, Allgemeines Verwaltungsrecht, 6.A., Zürich/St. Gallen 2010, Rz.1657). Die bisherige Rechtsprechung kann demnach nicht aufrechterhalten werden.
4.2.4 Zwischen der Gemeindeautonomie und dem verfassungsmässigen Anspruch auf Ausschöpfung der Überprüfungsbefugnis ist im Sinn eines möglichst schonenden Ausgleichs der verschiedenen Verfassungs- und Grundrechtsinteressen praktische Konkordanz herzustellen (Schindler, Gemeindeautonomie, S.152, auch zum Folgenden; vgl. BGE 139 I 16 E.4.2.2). Dabei ist auch dem Interesse an einem effektiven Rechtsschutz Beachtung zu schenken (Art.77 Abs.1 KV). Demnach muss eine wirksame Überprüfung des Einordnungsentscheids durch das Baurekursgericht rechtlich wie faktisch möglich sein.
Aufgrund des Zusammenspiels der hier relevanten Verfassungsnormen ist das Baurekursgericht trotz voller gesetzlicher Kognition gemäss §20 Abs.1 VRG in seiner Angemessenheitskontrolle insofern beschränkt, als es die Einordnung des Bauvorhabens nicht völlig frei und unbesehen des angefochtenen Bauentscheids würdigen darf. Vielmehr muss die Überprüfung unter gebührender Berücksichtigung der Entscheidgründe erfolgen. Das Baurekursgericht hat sich dabei mit den Kriterien auseinanderzusetzen, wie sie von der Baubehörde im Rahmen der ortsbezogenen Konkretisierung der Einordnungsvorschrift entwickelt wurden (vgl. vorn E.4.2.2).
4.3 Abgesehen von der insoweit gebotenen Rücksichtnahme auf die Gemeindeautonomie rechtfertigt sich keine weitergehende Einschränkung der baurekursgerichtlichen Prüfungsbefugnis. Namentlich verlangt die Natur der Streitsache bzw. der Ermessenszweck keine besondere Zurückhaltung bei der Überprüfung der Einordnung (vgl. dazu VGr, 25.Juni 2008, VB.2008.00125, E.2.2 mit Hinweisen; Schindler, Verwaltungsermessen, Rz.420ff.). Beim Baurekursgericht handelt es sich um ein Fachgericht, das über die nötigen Fähigkeiten verfügt, um die Gestaltung eines Bauvorhabens fachmännisch beurteilen zu können. Mit der Durchführung eines Augenscheins können sich die Gerichtsmitglieder ausserdem die für die Beurteilung der Gesamtwirkung erforderliche Ortskenntnis verschaffen (vgl. BGE 115 Ib 311 E.4a). An der grundsätzlich vollen Kognition des Baurekursgerichts ändert auch die Tatsache nichts, dass die Festlegung ästhetischer Kriterien von vornherein schwierig ist, weil diese von subjektiven Meinungen, Vorlieben und Prägungen abhängig sind und einem steten gesellschaftlichen Wandel unterliegen (anders noch VGr, 30.Juni 2010, VB.2010.00127, E.4.3 Abs.5).
4.4 In E.6 Abs.3 des Rekursentscheids vom 16.Mai 2013 hielt das Baurekursgericht in Übereinstimmung mit der bisherigen Gerichtspraxis (vgl. vorn E.4.1.2) zu seiner eigenen Kognition fest, dass es eine noch vertretbare Wertung der Gemeinde nicht durch eine andere Wertung ersetze und dann eingreife, wenn die Unhaltbarkeit des vorinstanzlichen Entscheids offensichtlich sei. Darin liegt nach dem Gesagten eine unzulässige Kognitionsunterschreitung und ein Verstoss gegen §20 Abs.1 VRG sowie Art.29 Abs.1 BV. Der Rekursentscheid erweist sich damit als rechtsfehlerhaft und ist aufzuheben (§50 Abs.1 in Verbindung mit §20 Abs.1 lit.a VRG).
4.5 Hebt das Verwaltungsgericht die angefochtene Anordnung auf, so entscheidet es selbst (§ 63 Abs. 1 VRG) es weist die Sache zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurück, so insbesondere dann, wenn der Tatbestand ungen ¿end festgestellt worden ist (§64 Abs.1 VRG). Vorliegend erübrigt sich eine Rückweisung an das Baurekursgericht, da das streitige Bauvorhaben aus anderen Gründen nicht bewilligungsfähig ist.
5.
Die Beschwerdegegnerin bemängelt in der angefochtenen Baubewilligung und insbesondere in ihren Rechtschriften die Dachgestaltung. Das Attikageschoss trage ein vordachloses Satteldach mit ostseitigem Walm, wobei das strassenseitige flache Vordach über dem südseitigen Attikabalkon den Blick auf das Schrägdach verstelle und in störender Weise das ungünstige Bild eines viertenVollgeschosses erwecke. Auch rechtlich sei das oberste Geschoss bei richtiger Ansetzung des hypothetischen Dachprofils als Vollgeschoss zu betrachten und weise unzulässige, über die Fassade auskragende Vorsprünge auf.
Die Beschwerdeführerin führt demgegenüber ins Feld, in der Wohn- und Gewerbezone WG3 bestünden keinerlei spezielle (Dach-)Gestaltungsvorschriften und es seien auch alle möglichen Dachformen anzutreffen. Das Attikageschoss sei ungeachtet der beiden je 4,3m breiten Vordächer klar als solches erkennbar. Zudem habe die Baubehörde anfänglich zu Recht nicht behauptet, dass das Bauvorhaben rechtlich übergeschossig sei; erst mit der Rekursduplik habe sie diese Behauptung vorgebracht.
5.1 Das Verwaltungsgericht darf gestützt auf den Grundsatz der Rechtsanwendung von Amtes wegen eine im Ergebnis richtige, aber mangelhaft begründete Anordnung mit anderen rechtlichen Überlegungen bestätigen bzw. ergänzen (Motivsubstitution). Voraussetzung bildet dabei, dass der Anspruch der Parteien auf rechtliches Gehör gewahrt bleibt (vgl. Kölz/Bosshart/Röhl, §7 N.81, §8 N.28).
Die Beschwerdegegnerin hatte die (rechtliche) Übergeschossigkeit des geplanten Gebäudes und die Vorsprünge im Bereich der Attika erstmals in Ziff.3.5 der Rekursduplik vom 11.Dezember 2012 beanstandet und die Begründung insofern nachgeschoben (Kölz/Bosshart/Röhl, §10 N.45, auch zum Folgenden). Allerdings hatte die Beschwerdeführerin die Möglichkeit, sich im Rekursverfahren und in ihrer anschliessenden Beschwerde an das Verwaltungsgericht zu den vorgebrachten Bauverweigerungsgründen zu äussern (vgl. Kölz/Bosshart/Röhl, § 7 N. 81, § 8 N.28). Es kann für das vorliegende Urteil somit ohne Gehörsverletzung auf die nachfolgenden Ausführungen abgestellt werden.
5.2 Dachgeschosse (Attikageschosse) sind laut der Definition von §275 Abs.2 PBG Gebäudeabschnitte, welche über der Schnittlinie Fassade/Dachfläche liegen. Bei Flachdächern dürfen sie vorbehältlich der nach §292 lit.b PBG auf einer Länge von maximal 1/3 der Trauffassade zulässigen Dachaufbauten grundsätzlich die für ein entsprechendes Schrägdach zulässigen Ebenen nicht durchstossen, das heisst jene Profillinie, die unter 45° an die Schnittlinie zwischen der tatsächlichen Dachfläche (des obersten Vollgeschosses) und der dazugehörigen Fassade ansetzt (§281 Abs.1 lit.a in Verbindung mit §292 PBG; RB 1993 Nr. 42, auch zum Folgenden).
Ausgangspunkt für die Ansetzung des Dachprofils bilden die hypothetischen Trauffassaden, welche vorliegend der tatsächlichen Staffelung des Gebäudes folgen (vgl. VGr, 6.April 2011, VB.2010.00704, VB.2010.00709, E.7.4.2 = BEZ 2011 Nr.36). Wie die Beschwerdegegnerin zutreffend bemerkt, ist für die Profilansetzung auf der Südwestseite des Bauvorhabens entgegen der Darstellung im Plan "Querschnitt D-D" nicht die Balkonauskragung, sondern die Gebäudefassade massgebend. Somit durchsticht das Attikageschoss das richtig angelegte hypothetische Schrägdachprofil auf einer Länge von 19,69m im mittleren Teil des Gebäudes. Lediglich gegenüber den beiden 3,29m langen seitlichen Vorsprüngen ist die Attika zurückversetzt, womit sie vom "Drittelsprivileg" gemäss §292 lit.b PBG offensichtlich nicht mehr erfasst wird und folglich ein zusätzliches, in der betreffenden ZoneWG3 überzähliges Vollgeschoss darstellt (vgl. Art.17 BZO).
5.3 Das Dachgeschoss muss im Übrigen als solches erkennbar sein und darf nicht den Eindruck eines Vollgeschosses vermitteln (VGr, 21.März 2012, VB.2011.00539f., E.3.1 = BEZ 2012 Nr.19). Auch diese Gestaltungsanforderung ist hier nicht erfüllt: Durch seine südwestseitige Fassadenbündigkeit auf rund drei Vierteln der gesamten Gebäudelänge sowie den auskragenden Balkon setzt sich das Attikageschoss optisch ungenügend von den Vollgeschossen ab und erweckt jedenfalls dem strassenseitigen Betrachter den Eindruck eines weiteren Vollgeschosses.
5.4 Als unzulässig erweisen sich nach der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung ferner die gegenüber der massgebenden Trauffassade auskragenden Balkonvorsprünge im Bereich der Attika (VGr, 21.März 2012, VB.2011.00539f., E.3.2f. = BEZ 2012 Nr.19).
5.5 Eine nebenbestimmungsweise Heilung der aufgezeigten Mängel nach §321 Abs.1 PBG fällt ausser Betracht. Dieses Vorgehen käme nur infrage, wenn die Mängel des Bauvorhabens untergeordneter Natur wären und ohne besondere Schwierigkeiten behoben werden könnten. Nachdem die bestehenden Bauhindernisse eine komplette Überarbeitung des Attikageschosses und damit eine wesentliche Projektänderung erforderlich machen, können sie nicht mittels einer Nebenbestimmung behoben werden (RB 1983 Nr.112 = BEZ 1984 Nr.5; Christian Mäder, Das Baubewilligungsverfahren, Zürich 1991, S.241f.).
6.
6.1 Da sich das Bauvorhaben aus den genannten Gründen als nicht bewilligungsfähig erweist, ist die Beschwerde abzuweisen. Auf die von der Baubehörde ebenfalls beanstandete Umgebungsgestaltung und die von ihr vermisste Begrünung braucht bei diesem Ergebnis nicht eingegangen zu werden.
6.2 Bei der Verteilung der Gerichtskosten ist zu berücksichtigen, dass die Vorinstanz mit der unzulässigen Beschränkung ihrer Kognition der bisherigen Praxis des Verwaltungsgerichts gefolgt ist und die Beschwerdeführerin diese zu Recht rügt. Es rechtfertigt sich daher, ¼ der Gerichtskosten auf die Gerichtskasse zu nehmen. Die restlichen Gerichtskosten sind der Beschwerdeführerin als im Ergebnis unterliegender Partei aufzuerlegen (§65a Abs.2 in Verbindung mit §13 Abs.2 Satz1 VRG). Eine Parteientschädigung steht ihr damit nicht zu (§17 Abs.2 VRG).
6.3 Auch die Beschwerdegegnerin verlangt die Zusprechung einer Parteientschädigung. Gemeinwesen haben in der Regel keinen Anspruch auf Parteientschädigung. Da die Erhebung und Beantwortung von Rechtsmitteln zu ihren angestammten amtlichen Aufgaben gehört, haben sie sich so zu organisieren, dass sie Verwaltungsstreitigkeiten selbst durchfechten können (Kölz/Bosshart/Röhl, §17 Rz.19, auch zum Folgenden). Die Einordnung von Bauprojekten stellt eine Problematik dar, mit der sich Baubehörden regelmässig auseinandersetzen müssen. Der in einem Rechtsmittelverfahren diesbezüglich gebotene Behördenaufwand übersteigt jenen nicht wesentlich, der im vorangehenden nichtstreitigen Verfahren ohnehin erbracht werden musste. Auch wenn es sich vorliegend nicht um einen einfachen Fall handelt, steht der Beschwerdegegnerin somit keine Parteientschädigung zu.
Demgemäss erkennt die Kammer:
Fr. 10'000.--; die übrigen Kosten betragen:
Fr. 80.-- Zustellkosten,
Fr. 10'080.-- Total der Kosten.
Die Gerichtskosten werden zu ¼ auf die Gerichtskasse genommen und im Übrigen der Beschwerdeführerin auferlegt.
Es werden keine Parteientschädigungen zugesprochen.
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