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Urteil Verwaltungsgericht (ZH)

Kopfdaten
Kanton:ZH
Fallnummer:VB.2012.00306
Instanz:Verwaltungsgericht
Abteilung:4. Abteilung/4. Kammer
Verwaltungsgericht Entscheid VB.2012.00306 vom 14.06.2012 (ZH)
Datum:14.06.2012
Rechtskraft:Dieser Entscheid ist rechtskräftig.
Leitsatz/Stichwort:Zuständigkeit (E. 1). Die zuständigen Behörden erlassen eine ordentliche Wegweisungsverfügung, wenn ein Ausländer eine erforderliche Bewilligung nicht besitzt, die Einreisevoraussetzungen nicht oder nicht mehr erfüllt oder wenn einem Ausländer eine Bewilligung verweigert oder nach bewilligtem Aufenthalt widerrufen oder nicht verlängert wird (E. 3.1). Ersucht eine Person um die benötigte Bewilligung, fällt sie unter Art. 64 Abs. 1 lit. c AuG (E. 3.1.2). Der Beschwerdeführer verfügt weder über die notwendige Bewilligung noch erfüllt er die Einreisevoraussetzungen (E. 3.2). Ein sofortiger Vollzug der Wegweisung ist möglich, wenn die betroffene Person im Zeitpung der Eröffnung der Wegweisungsverfügung eine aktuell bestehende Gefahr für die öffentliche Sicherheit darstellt (E. 3.3.1) oder wenn sich die betroffene Person einer Ausschaffung entziehen will (E. 3.3.2). Der Beschwerdegegener verfügte zu Recht die sofortige Ausschaffung des Beschwerdeführers (E. 3.4.7). Vollzugshindernisse nach Art. 83 AuG sind nicht ersichtlich (E. 4).
Schlagwörter: Beschwerde; Beschwerdeführer; Wegweisung; Schweiz; Aufenthalt; Beschwerdeführers; Recht; Massnahme; Verfügung; Ausländer; Mutter; Vollzug; Person; Sicherheit; Recht; Bewilligung; Aufenthalts; Klinik; Stationäre; Wegweisungsverfügung; Ausreise; Medikamente; Kanton; Unentgeltliche; Entlassung; Ausreisefrist; Migrationsamt; Verbindung; Rekurs
Rechtsnorm: Art. 116 BGG ; Art. 42 BGG ;
Referenz BGE:130 II 176; 137 II 233;
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
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Entscheid

Verwaltungsgericht

des Kantons Zürich

4. Abteilung

VB.2012.00306

Urteil

der 4. Kammer

vom 14.Juni2012

Mitwirkend: Abteilungspräsident Jso Schumacher (Vorsitz), Verwaltungsrichter Peter Sprenger, Verwaltungsrichterin Maja Schüpbach Schmid, Gerichtsschreiberin Janine Waser.

In Sachen

gegen

betreffend Wegweisung,

hat sich ergeben:

I.

A. A, ein 1983 geborener Staatsangehöriger von Y, reiste am 22. Dezember 2000 als Tourist in die Schweiz ein und hielt sich ab dem 21.März 2001 illegal in der Schweiz auf. Seine Mutter hatte bereits im Juni 2000 um Bewilligung des Aufenthalts von A ersucht. Nachdem sie der Aufforderung des Migrationsamtes des Kantons Zürichs vom 17.November 2000, weitere Unterlagen einzureichen, nicht nachgekommen war, wurde das Gesuch aber als gegenstandslos abgeschrieben.

Mit Strafbefehl der Bezirksanwaltschaft Z vom 18. April 2002 wurde A wegen rechtswidrigen Aufenthaltes mit 40 Tagen Haft bestraft. Mit Verfügung vom 19. April 2002 wurde er aus der Schweiz weggewiesen und angehalten, die Schweiz unverzüglich zu verlassen, woraufhin er am 20. April 2002 ausgeschafft wurde.

B. A reiste dann zu einem nicht mehr genau bestimmbaren Zeitpunkt im Jahr 2005 mit einem für drei Monate gültigen Touristenvisum erneut in die Schweiz ein. Nach Ablauf des Visums verblieb er weiterhin bei seiner im Kanton Zürich lebenden Mutter.

C. Am 10. November 2005 legte A mittels angezündeten Papiers in der in einem Mehrfamilienhaus gelegenen Dreizimmerwohnung seiner Mutter zwei Brandherde, was zu einem Vollbrand der Wohnung, hohem Sachschaden und einer Gemeingefahr für die Bewohner der Liegenschaft führte.

Mit Beschluss des Bezirksgerichts T vom 21. November 2006 wurde festgestellt, dass A die Tatbestände der Brandstiftung sowie der Widerhandlung gegen das Bundesgesetz über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer vom 26. März 1931 (BS1, 121ff.) im Zustand der nicht selbst verschuldeten Zurechnungsunfähigkeit verwirklicht habe. Ferner wurde eine stationäre Massnahme zur Behandlung seiner paranoiden Schizophrenie angeordnet.

D. Am 12. Februar 2007 wurde A zum Vollzug der stationären Massnahme aus der Sicherheitshaft entlassen und in die Klinik O eingewiesen. Nachdem er per 30.Mai 2007 wegen eines vorübergehenden Ausschlusses durch die Klinik wieder in Sicherheitshaft versetzt worden war, wurde er am 2. Juli 2007 erneut eingewiesen. Nachdem A am 19. Juli 2007 aus der Klinik entwichen und gleichentags von der Polizei verhaftet und wiederum in Sicherheitshaft versetzt worden war, wurde er per 6.September 2007 in die Klinik X eingewiesen, wo er für die folgenden Jahre blieb.

E. Das Migrationsamt des Kantons Zürich ordnete mit Verfügung vom 6.März 2012 an, A werde nach der Entlassung aus der stationären Massnahme aus der Schweiz weggewiesen.

F. Mit Verfügung des Kantonalzürcher Amtes für Justizvollzug vom 27. März 2012 wurde die stationäre Massnahme aufgehoben.

G. Die für den 2. April 2012 vorgesehene Rückführung nach Y musste abgebrochen werden, da sich der zuvor reisewillige A nach einem Telefongespräch mit seiner Mutter der Rückführung plötzlich wiedersetzte.

H. Am 2. April 2012 liess A an die Sicherheitsdirektion Rekurs gegen die Wegweisungsverfügung vom 6. März 2012 erheben. Es wurde unter anderem vorgebracht, die Wegweisungsverfügung sei nur A, nicht aber seinem Rechtsvertreter zugestellt worden, obwohl jener sein Mandat mit Schreiben vom 9. Februar 2012 angezeigt habe. Der Rechtsvertreter sei erst am 30. März 2012 durch die Mutter von A in Kenntnis gesetzt worden, weshalb der Rekurs als rechtzeitig zu betrachten sei.

I. Nach Gewährung des rechtlichen Gehörs verfügte das Migrationsamt am 4. April 2012, die Verfügung vom 6. März 2012 werde aufgehoben, und ordnete mittels Standardformular an, A werde nach der Entlassung aus dem Strafvollzug (recte: Massnahmevollzug) aus der Schweiz weggewiesen. Mit Verfügung desselben Datums ordnete das Migrationsamt sodann an, A verbleibe bis am 1. Juli 2012 in Haft, und beantragte dem Bezirksgericht Zürich die Bestätigung der Ausschaffungshaft. Diese erfolgte mit Verfügung des Bezirksgerichts Zürich vom 5.April 2012.

II.

Am 13. April 2012 erhob A gegen die Wegweisungsverfügung vom 4.April 2012 Rekurs an die Sicherheitsdirektion. Diese wies den Rekurs, soweit sie darauf eintrat, mit Entscheid vom 30. April 2012 in der Hauptsache ab.

III.

A liess am 10./11.Mai 2012 Beschwerde ans Verwaltungsgericht erheben und folgende Anträge stellen:

Mit Präsidialverfügung vom 14. Mai 2012 wurde daraufhin festgehalten, dass eine Vollstreckung der Wegweisung bis auf weiteres zu unterbleiben habe. Ausserdem wurde dem Migrationsamt und der Sicherheitsdirektion eine Frist von neun Tagen angesetzt, um eine Beschwerdeantwort beziehungsweise die Akten und eine freigestellte Vernehmlassung einzureichen.

Die Sicherheitsdirektion beantragte am 24. Mai 2012 die Abweisung der Beschwerde und verwies zur Begründung auf die Akten und Darlegungen im angefochtenen Entscheid. Das Migrationsamt stellte in der Beschwerdeantwort vom 18./24. Mai 2012 den gleichen Antrag.

Die Kammer erwägt:

1.

Gemäss §70 in Verbindung mit §5 Abs.1 des Verwaltungsrechtspflegegesetzes vom 24.Mai 1959 (VRG, LS 175.2) prüft das Verwaltungsgericht seine Zuständigkeit von Amtes wegen. Gemäss § 41 Abs. 1 in Verbindung mit § 19 Abs. 1 lit. a VRG ist das Verwaltungsgericht bei Beschwerden gegen erstinstanzliche Rekursentscheide über Anordnungen etwa betreffend das Aufenthaltsrecht zuständig (vgl. auch §§ 4144 in Verbindung mit §19 Abs.3 Satz 1 VRG).

Da auch die übrigen Prozessvoraussetzungen erfüllt sind, ist auf die Beschwerde einzutreten.

2.

2.1 Eine Beschwerde gegen Verfügungen nach Art. 64 Abs. 1 lit. a und b des Ausländergesetzes vom 16. Dezember 2005 (AuG, SR 142.20) um eine solche handelt es sich vorliegend (vgl. unten 3.1 f.) hat keine aufschiebende Wirkung (Art. 64 Abs. 3 Satz 2 AuG). Die Beschwerdeinstanz entscheidet innerhalb von zehn Tagen über deren Wiederherstellung (Satz 3).

2.2 Mit Präsidialverfügung vom 14. Mai 2012 wurde angeordnet, dass die Vollstreckung der Wegweisung gegenüber dem Beschwerdeführer bis auf weiteres zu unterbleiben habe. Damit wird das Begehren um Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung spätestens mit vorliegendem Entscheid gegenstandslos.

3.

3.1 Die zuständigen Behörden erlassen eine ordentliche Wegweisungsverfügung, wenn eine Ausländerin oder ein Ausländer eine erforderliche Bewilligung nicht besitzt, die Einreisevoraussetzungen (Art. 5 AuG) nicht oder nicht mehr erfüllt (Art.64 Abs.1 lit.a und b AuG) oder wenn einer Ausländerin oder einem Ausländer eine Bewilligung verweigert oder nach bewilligtem Aufenthalt widerrufen oder nicht verlängert wird (lit. c).

3.1.1 Art.64 AuG wurde neu formuliert; die Änderungen sind per 1. Januar 2011 in Kraft getreten (AS2010 5925). Die Gründe, die nach Abs. 1 lit. a und b zum Erlass einer Wegweisungsverfügung führen, entsprechen den bisher geltenden Bestimmungen von Art. 64 Abs. 1 lit.a und b AuG. Die neue lit. c entspricht dem bisherigen Wegweisungsgrund nach Art. 66 Abs. 1 AuG (BBl 2009 8881, 8890).

3.1.2 Unter Art. 64 Abs. 1 lit. a AuG fallen ausländische Personen, die sich mehr als drei Monate in der Schweiz aufhalten oder/und die hier arbeiten und deshalb eigentlich im Besitz einer Kurz-, Aufenthalts- oder Niederlassungsbewilligung oder einer Bewilligung zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit sein müssten, also Personen, die sich illegal in der Schweiz aufhalten (Dania Tremp in: Martina Caroni/Thomas Gächter/Daniela Thurnherr, Bundesgesetz über die Ausländerinnen und Ausländer [AuG], Bern 2010, Art.64 N.11, auch zum Folgenden). Allerdings gelangt diese Norm nur dann zur Anwendung, wenn die betroffene ausländische Person gesetzwidrig kein Bewilligungsgesuch gestellt hat. Sobald die Person um Erteilung der benötigten Bewilligung nachsucht, fällt sie nicht unter Art.64 Abs. 1 lit. a oder b AuG, sondern vielmehr unter lit. c, welche Bestimmung greift, wenn eine Bewilligung verweigert oder die Bewilligung widerrufen wird.

3.1.3 Nach Art. 64 Abs. 1 lit. b AuG können in Fällen von bewilligungsfreien Aufenthalten Personen weggewiesen werden, wenn sie die Einreisevoraussetzungen nicht oder nicht mehr erfüllen. Ausländische Personen, die sich für maximal drei Monate innert eines Zeitraums von sechs Monaten im Schengenraum aufhalten, brauchen für ihre Einreise in die Schweiz keine Kurzaufenthaltsbewilligung, sofern sie nicht arbeiten wollen (Art. 10 Abs. 1 AuG, vgl.auch Art. 9 der Verordnung vom 24. Oktober 2007 über Zulassung, Aufenthalt und Erwerbstätigkeit [SR 142.201]). Einreisevoraussetzung ist unter anderem, dass die ausländische Person für die gesicherte Wiederausreise Gewähr bietet, wenn nur ein vorübergehender Aufenthalt vorgesehen ist (Art. 5 Abs. 2 AuG). Bleibt sie nach Ablauf ihres Visums oder der bewilligungsfreien Aufenthaltsdauer in der Schweiz, kann sie nach Art.64 Abs. 1 lit. b AuG weggewiesen werden (vgl. Tremp, N. 13).

3.2 Der Beschwerdeführer reiste als Besucher in die Schweiz ein und kehrte nach Ablauf von 90 Tagen nicht in sein Heimatland zurück, sondern blieb weiterhin bei seiner Mutter wohnhaft. Ein Gesuch um Aufenthaltsbewilligung stellt er jedoch nicht. Es handelt sich beim Beschwerdeführer folglich um eine ausländische Person, die nicht die erforderliche (Aufenthalts-)Bewilligung besitzt (vgl. Art. 64 Abs. 1 lit. a AuG). Aufgrund seines bisherigen Verhaltens ist offensichtlich, dass er für die gesicherte Wiederausreise keine Gewähr mehr bietet und folglich die Einreisevoraussetzungen verletzt. Der Beschwerdegegner verfügte somit zu Recht die Wegweisung des Beschwerdeführers.

3.3 Mit der Wegweisungsverfügung ist eine angemessene Ausreisefrist zwischen sieben und dreissig Tagen anzusetzen (Art. 64d Abs. 1 Satz 1 AuG). Eine längere Ausreisefrist ist anzusetzen oder die Ausreisefrist wird verlängert, wenn besondere Umstände wie die familiäre Situation, gesundheitliche Probleme oder eine lange Aufenthaltsdauer dies erfordern (Satz 2). Es kann jedoch auch eine Wegweisung sofort vollstreckbar sein oder eine Ausreisefrist von weniger als sieben Tagen angesetzt werden (Art. 64d Abs. 2 AuG).

3.3.1 Dies ist beispielsweise der Fall, wenn die betroffene Person eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung oder die innere oder die äussere Sicherheit darstellt (Art.64d Abs. 2 lit. a AuG). Ein sofortiger Vollzug der Wegweisung ist somit möglich, wenn die betroffene Person zum Zeitpunkt der Eröffnung der Wegweisungsverfügung eine aktuell bestehende Gefahr darstellt (BBl 2009 8881, 8894).

3.3.2 Nach Art. 64d Abs. 2 lit. b AuG ist eine Wegweisung ausserdem sofort vollstreckbar oder kann eine Ausreisefrist von weniger als sieben Tagen angesetzt werden, wenn konkrete Anzeichen befürchten lassen, dass sich die betroffene Person der Ausschaffung entziehen will. Das trifft namentlich zu, wenn der Ausländer bereits einmal untergetaucht ist, behördlichen Anordnungen keine Folge leistet, durch erkennbar unglaubwürdige und widersprüchliche Angaben die Vollzugsbemühungen der Behörden erschwert oder sonst wie klar zu erkennen gibt, keinesfalls in sein Herkunftsland zurückkehren zu wollen (BGE130II56 E.3.1, 128II 241, E.2.1, 125 II 369 E.3b/aa; Thomas Hugi Yar, Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht, in: Peter Uebersax et al. [Hrsg.], Ausländerrecht, 2. A., Basel 2009, S.417 ff., N.10.92).

3.4

3.4.1 Wie in der Verfügung des Zwangsmassnahmengerichts des Bezirksgerichts Zürich vom 5.April 2012 festgehalten wird, kann aus dem Umstand, dass sich der Beschwerdeführer am 2. April 2012 geweigert hat, den Rückflug in sein Heimatland anzutreten, und er noch immer keine Bereitschaft signalisiert, nach Y zurückzukehren, sowie daraus, dass er sich über lange Zeit illegal in der Schweiz aufgehalten hat, gefolgert werden, dass er sich einer Ausschaffung entziehen möchte.

3.4.2 Dazu, inwieweit der im Sinne von Art. 10 des Strafgesetzbuchs (in der bis Ende 2006 gültigen Fassung) für schuldunfähig befundene Beschwerdeführer eine aktuelle Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellt, ist Folgendes zu erwägen:

Mit Beschluss des Bezirksgerichts T vom 21. November 2006 wurde festgestellt, dass der Beschwerdeführer durch das Legen von Brandherden in der mütterlichen Wohnung den Tatbestand der Brandstiftung erfüllt habe. Diese Tat habe zu einer Gemeingefahr für die Bewohner des Mehrfamilienhauses und deren Habe geführt. Ein psychiatrisches Gutachten habe beim Beschwerdeführer eine paranoide Schizophrenie sowie eine Cannabisabhängigkeit diagnostiziert, aufgrund deren er die Bedingung des diagnostischen Elements "Geisteskrankheit" erfülle und er seine Handlungen im Zustand der nicht selbst verschuldeten Zurechnungsunfähigkeit begangen habe. Der Beschwerdeführer blieb deshalb straflos und es wurde eine stationäre Massnahme zur Behandlung seiner Krankheit angeordnet.

3.4.3 Mit Verfügung des Amtes für Justizvollzug vom 27. März 2012 wurde der Beschwerdeführer nach Erreichung der Maximaldauer von fünf Jahren aus der stationären Massnahme entlassen (vgl. aArt. 43 Ziff.1 Abs. StGB). Auf die Anordnung von Probezeit und Weisungen oder eine Verlängerung der stationären Massnahme wurde verzichtet, da dies als sinnlos zu betrachten sei. Die Verfügung hält ferner fest, dass von Anfang an klar gewesen sei, dass der Beschwerdeführer nach Beendigung der gerichtlich angeordneten Massnahme keine Möglichkeit mehr haben werde, sich in der Schweiz aufzuhalten. Auch wenn er nunmehr die Voraussetzungen für eine bedingte Entlassung erfüllen würde, ergebe dies aufgrund seines ausländerrechtlichen Status keinen Sinn, weshalb die Massnahme aufgehoben werde.

Die wohl verbesserte Legalprognose bei der Entlassung aus dem Massnahmevollzug bei regelmässiger Einnahme seiner Medikamente , schliesst nicht aus, dass im Rahmen des ausländerrechtlichen Verfahrens die vom Beschwerdeführer ausgehende Gefahr dennoch als zu hoch eingeschätzt wird. Strafrecht und Ausländerrecht verfolgen unterschiedliche Ziele und sind unabhängig voneinander anzuwenden. Der Straf- und Massnahmevollzug hat nebst der Sicherheitsfunktion eine resozialisierende bzw. therapeutische Zielsetzung; für die Fremdenpolizeibehörden steht demgegenüber das Interesse der öffentliche Ordnung und Sicherheit im Vordergrund, woraus sich ein im Vergleich mit den Straf- und Strafvollzugsbehörden strengerer Beurteilungsmassstab ergibt (BGE 137 II 233 E.5.2.2, 120Ib129 E.5b, BGr, 4. August 2005, 2A.103/2005, E.4.2.2; Caterina Nägeli/Nik Schoch, Ausländische Personen als Straftäter und Straftäterinnen, in: Uebersax et al. S.1099 ff., N.22.192). So kann aus dem Umstand, dass ein Straftäter bedingt aus dem Strafvollzug entlassen wurde, nicht bereits geschlossen werden, es gehe keine Gefahr (im fremdenpolizeilichen Sinne) mehr von ihm aus (BGE 130 II 176 E.4.3.3). Auch eine aus der Sicht des Massnahmevollzugs positive Entwicklung oder ein klagloses Verhalten im Strafvollzug schliessen eine Rückfallgefahr und eine fremdenpolizeiliche Ausweisung nicht aus (BGE125 II 521 E.4a/bb; BGr, 29. Juni 2010, 2C_832/2009, E.4.3, und 4. April 2006, 2A.688/2005, E.3.1.3).

3.4.4 Die Fallverantwortliche des Amtes für Justizvollzug sowie zwei der für den Beschwerdeführer in der Klinik X zuständigen Ärzte teilten am 3. April 2012 mit, dass die Mutter des Beschwerdeführers sich noch immer um eine gemeinsame Lebensführung bemühe und zu erwarten sei, dass der Beschwerdeführer bei einer Entlassung seinen Aufenthaltsort bei ihr suchen würde. Dies sei aus psychiatrischer Sicht eine ungünstige und riskante Situation, da beim Anlassdelikt der Brandstiftung neben der schizophrenen Erkrankung des Beschwerdeführers auch die Dynamik der gemeinsamen Lebenssituation mit der Mutter eine pathogene und deliktsbegünstigende Rolle gespielt habe. Die Mutter habe hinsichtlich der Behandlung des Beschwerdeführers mehrfach wenn auch nicht in jüngster Vergangenheit eine antipsychiatrische, deliktbagatellisierende Position und Einflussnahme gezeigt. So habe ein Telefonat mit ihr auch die Rückkehr des bis dahin rückkehrwilligen Beschwerdeführers zu verhindern vermocht. Es werde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass eine Medikamenteneinnahme unter der Aufsicht der Mutter nicht sicher sei und daher von einer erneuten Psychose ausgegangen werden müsse, die mit hohem Risiko mit erneuter Delinquenz verbunden wäre. Denn es sei davon auszugehen, dass in einer psychodynamisch und situativ ähnlich gestalteten Situation wie beim Anlassdelikt vergleichbare psychopathologische Mechanismen mit erhöhtem Rückfall- und Redelinquenzrisiko reaktiviert werden könnten, weshalb das Rückfallrisiko in der gegenwärtig hochgradigen kontextuellen Anspannungssituation von Mutter und Sohn als deutlich höher angesehen werden könne.

Nach dem Dargelegten ist bei einem weiteren Verbleib des Beschwerdeführers in der Schweiz von einer deutlichen Erhöhung der Rückfallgefahr auszugehen, da die notwendige Medikamenteneinnahme unter Aufsicht der Mutter des Beschwerdeführers entgegen dessen Ausführungen eben gerade nicht sichergestellt ist.

3.4.5 Entgegen den Ausführungen des Beschwerdeführers erscheint ein weiterer Aufenthalt in der Schweiz aus medizinischen Gründen nicht erforderlich. Entsprechend ist keine längere Ausreisefrist anzusetzen. Die weitere antipsychotische Medikation wird zwar aus psychiatrischer Sicht als unerlässlich betrachtet, kann jedoch auch in Y sichergestellt werden. In der Verfügung des Amtes für Justizvollzug vom 27. März 2012 wird hierzu festgehalten, dass man den Beschwerdeführer über mehrere Monate mit Unterstützung der Klinik X auf seine Ausreise nach Y vorbereitet habe. Es seien ihm von Seiten des Bewährungs- und Vollzugsdienstes und der Klinik Kontakte zu Hilfsorganisationen hinsichtlich Wohnens, Arbeit und medizinischer Betreuung zur Verfügung gestellt worden. Sodann wurde ein Arztbericht für einen nachbehandelnden Psychiater in Y erstellt, übersetzt und beglaubigt. Des Weiteren wurden dem Beschwerdeführer Medikamente für einen Monat ausgehändigt.

3.4.6 Sodann ist festzuhalten, dass der Beschwerdeführer bis zu seinem 22. Altersjahr in Y lebte und er mit den Gepflogenheiten dort nach wie vor vertraut sein wird. Dass der ihn früher betreuende Grossvater nicht mehr lebt, wurde nicht belegt. Ohnehin erscheint es nicht glaubhaft, dass er über keine weiteren Bekannten und Verwandten in Y mehr verfügt.

3.4.7 Zusammenfassend ergibt sich, dass der Beschwerdegegner gestützt auf Art. 64 Abs. 1 lit. a und b in Verbindung mit Art. 64d Abs. 2 lit. a und b AuG die sofortige Wegweisung des Beschwerdeführers zu Recht verfügte. Eine Rückkehr nach Y ist für den Beschwerdeführer zumutbar.

4.

auch im Heimatland des Beschwerdeführers sichergestellt werden. Kontakte zu Hilfsorganisationen wurden ihm vermittelt und Medikamente für eine erste Zeit mitgegeben. Ausserdem wurde Geld sichergestellt, welches in Y garantieren solle, dass der Beschwerdeführer eine Krankenversicherung abschliessen oder zumindest die erforderlichen Medikamente weiterhin beziehen könne. Der Beschwerdeführer substantiiert auch nicht näher, dass die medizinische Versorgung in seinem Heimatland nicht ausreichend sei. Folglich kann die Vollstreckung der Wegweisung nach Entlassung des Beschwerdeführers an die Hand genommen werden.

5.

Nach dem Gesagten ist die Beschwerde abzuweisen.

6.

6.1 Als unterliegende Partei wird der Beschwerdeführer grundsätzlich kostenpflichtig und es muss ihm eine Parteientschädigung versagt bleiben (§ 65a Abs. 2 in Verbindung mit §13 Abs. 2 Satz 1 und § 17 Abs. 2 VRG). Zu prüfen bleibt jedoch sein Gesuch um Gewährung unentgeltlicher Prozessführung und unentgeltlichen Rechtsbeistands.

6.2 Nach § 16 Abs. 1 VRG ist Privaten, welchen die nötigen Mittel fehlen und deren Begehren nicht offensichtlich aussichtslos erscheint, auf entsprechendes Ersuchen die Bezahlung von Verfahrenskosten und Kostenvorschüssen zu erlassen. Sie haben nach Abs. 2 derselben Bestimmung Anspruch auf die Bestellung eines unentgeltlichen Rechtsbeistandes, wenn sie nicht in der Lage sind, ihre Rechte im Verfahren selbst zu wahren. Mittellos ist, wer nicht in der Lage ist, die Gerichtskosten aus seinem Einkommen nach Abzug der Lebenshaltungskosten innert angemessener Frist zu bezahlen (Alfred Kölz/Jürg Bosshart/Martin Röhl, Kommentar zum Verwaltungsrechtspflegegesetz des Kantons Zürich, 2.A., Zürich 1999, §16 N.24). Offensichtlich aussichtslos sind Begehren, deren Aussichten auf Gutheissung um derart viel kleiner als jene auf Abweisung erscheinen, dass sie kaum als ernsthaft bezeichnet werden können (Kölz/Bosshart/Röhl, §16 N.32).

6.3 Die Mittellosigkeit des zurzeit in Ausschaffungshaft befindlichen Beschwerdeführers wird nicht in Frage gestellt. Angesichts der Beurteilungen seiner Rückfallgefahr und seinem verweigernden Verhalten anlässlich der Ausschaffung muss die Beschwerde aber als aussichtslos bezeichnet werden. Das Gesuch des Beschwerdeführers um unentgeltliche Prozessführung und unentgeltlichen Rechtsbeistand ist abzuweisen.

7.

Zur Rechtsmittelbelehrung im nachstehenden Urteilsdispositiv ist Folgendes zu erläutern:

Der vorliegende Entscheid betreffend eine Wegweisung kann lediglich mit subsidiärer Verfassungsbeschwerde angefochten werden (Art.83 lit.c Ziff. 4 des Bundesgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005 [BGG, SR 173.110]). Mit diesem Rechtsmittel könnte allein die Verletzung von verfassungsmässigen Rechten gerügt werden (Art. 116 BGG), wobei die Verletzung solcher Rechte konkret dargetan werden muss (Art. 106 Abs. 2 und Art. 42 Abs. 2 BGG). Ob für die Beschwerde ans Bundesgericht die dreissigtägige Beschwerdefrist gemäss Art.100 Abs.1 BGG gilt oder die Frist von fünf Arbeitstagen gemäss Art.64 Abs.3 AuG zur Anwendung gelangt, wäre gegebenenfalls vom Bundesgericht zu entscheiden (vgl. VGr, 14. Dezember 2011, VB.2011.00506, E.5; BGr, 22. März 2012, 2D_9/2012, welches Urteil sich nicht zur Beschwerdefrist äussert, ebenso wenig wie BGr, 14. März 2012, 2D_14/2012).

Demgemäss beschliesst die Kammer:

Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und -vertretung wird abgewiesen;

und erkennt:

Fr. 2'000.--; die übrigen Kosten betragen:
Fr. 100.-- Zustellkosten,
Fr. 2'100.-- Total der Kosten.

Quelle: https://www.zh.ch/de/gerichte-notariate/verwaltungsgericht.html
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