Zusammenfassung des Urteils VB.2008.00404: Verwaltungsgericht
In dem Fall vor dem Verwaltungsgericht des Kantons Zürich ging es um die Bewilligung für den Abbruch eines Wohlfahrtsgebäudes und den Bau einer Wohnüberbauung. Nachdem die Denkmalpflegekommission das Wohlfahrtsgebäude als schutzwürdig eingestuft hatte, wurde die Baubewilligung erteilt. Nach mehreren Rekursen und Beschwerden entschied das Gericht, dass die Baubewilligung aufgehoben und die Sache an die Baubewilligungsbehörde zurückgewiesen werden sollte, da der Verzicht auf Unterschutzstellung nicht korrekt koordiniert wurde. Die Gerichtskosten wurden je zur Hälfte der privaten Beschwerdegegnerin und der Stadt Winterthur auferlegt, und die private Beschwerdegegnerin wurde zu einer Parteientschädigung von insgesamt Fr. 5'000.- verpflichtet.
Kanton: | ZH |
Fallnummer: | VB.2008.00404 |
Instanz: | Verwaltungsgericht |
Abteilung: | 1. Abteilung/1. Kammer |
Datum: | 10.12.2008 |
Rechtskraft: | Dieser Entscheid ist rechtskräftig. |
Leitsatz/Stichwort: | Abbruch eines Schutzobjekts: Rechtsmittellegitimation des Nachbars; Bindungswirkung der Entscheidbehörde an Gutachten einer Sachverständigenkommission; Koordination der Eröffnung von Baubewilligung und Verzicht auf Unterschutzstellung. |
Schlagwörter: | Abbruch; Entscheid; Rekurs; Baubewilligung; Unterschutzstellung; Stadt; Verfügung; Verzicht; Verfahren; Wohlfahrtsgebäude; Gutachten; Stadtrat; Inventar; Beschwerdeführenden; Interesse; Winterthur; Schutzobjekt; Bewilligung; Schutzwürdigkeit; Rechtsmittel; Interessen; Behörde; Koordination; Wohlfahrtsgebäudes; Heimatschutz; Vorinstanz |
Rechtsnorm: | - |
Referenz BGE: | - |
Kommentar: | Alfred Kölz, Jürg Bosshart, Martin Röhl, Kommentar zum Verwaltungsrechtspflegegesetz des Kantons Zürich, 1999 |
Verwaltungsgericht des Kantons Zürich 1. Abteilung |
VB.2008.00404
Entscheid
der 1. Kammer
vom 10. Dezember 2008
Mitwirkend: Abteilungspräsident Andreas Keiser (Vorsitz), Verwaltungsrichter Robert Wolf, Verwaltungsrichter Hans Peter Derksen, Gerichtssekretär Martin Knüsel.
In Sachen
alle vertreten durch RA A,
gegen
B AG, vertreten durch RA C
Bauausschuss der Stadt Winterthur,
Baupolizeiamt Winterthur Rechtsdienst,
2 - 3 vertreten durch RA D,
betreffend Abbruchbewilligung/Baubewilligung,
hat sich ergeben:
I.
A. Am 20. September 2006 verweigerte der Bauausschuss der Stadt Winterthur die baurechtliche Bewilligung für den Abbruch des 1956 erbauten, ehemaligen Wohlfahrtsgebäudes der E AG an der T-Strasse 01 und für die an seiner Stelle geplante Wohnüberbauung. In der Folge beantragten zwei Nachbarn, welche die Zustellung des baurechtlichen Entscheids verlangt hatten, eine Abklärung der Schutzwürdigkeit des Wohlfahrtgebäudes und seiner Umgebung durch die Denkmalpflegekommission des Kantons Zürich. Die Baudirektion unterbreitete in der Folge der Kommission die Fragen, ob es sich beim Wohlfahrtsgebäude um ein Schutzobjekt im Sinn von § 203 lit. c des Planungs- und Baugesetzes vom 7. September 1975 (PBG) handle und ob ihm überkommunale Bedeutung beizumessen sei.
B. Am 8. August 2006 fand im Beisein von Vertretern der Eigentümerin und der Stadt Winterthur eine Begehung statt und am 5. September 2006 erstattete die Kommission ihr Gutachten mit dem Schluss, dass es sich beim Wohlfahrtsgebäude mit seiner parkähnlich gestalteten Nahumgebung um einen wichtigen wirtschafts- und sozialgeschichtlichen Zeugen der 1950er Jahre und daher um ein kommunales Schutzobjekt handle; eine überkommunale Bedeutung komme ihm jedoch nicht zu. Am 8. November 2006 teilte der Stadtrat Winterthur der Baudirektion mit, dass er erst am 22. März 2006 das Inventar der kommunalen Denkmalschutzobjekte nach einer langjährigen und umfangreichen Überarbeitung neu festgesetzt habe; dabei sei das Wohlfahrtsgebäude nicht ins Inventar aufgenommen worden und auch der im Lauf dieses Verfahrens angehörte Zürcher Heimatschutz habe die Inventaraufnahme nicht beantragt; der Stadtrat sehe daher keine Veranlassung, auf den von der Denkmalpflegekommission gestellten Antrag einzutreten, und werde deshalb auch keine vorsorglichen Schutzmassnahmen erlassen; Kopien des Briefes gingen an die kantonale Denkmalpflegekommission, den Zürcher Heimatschutz und die Grundeigentümerin. Mit "in Briefform gekleideter Verfügung" vom 23. März 2007 liess der Bauausschuss der Stadt Winterthur der Grundeigentümerin mitteilen, dass die Abbruchbewilligung erteilt werde, dass mit diesem jedoch erst begonnen werden dürfe, "wenn für ein Bauvorhaben auf dem genannten Grundstück eine erstinstanzliche Bewilligung vorliegt". Kopien dieses Briefes wurden dem Zürcher Heimatschutz und der Baudirektion zugestellt.
C. Am 19. Dezember 2007 bewilligte der Bauausschuss der Stadt Winterthur der B AG, auf der Liegenschaft Kat.Nr. 02 mit dem abzubrechenden Wohlfahrtsgebäude eine Wohnüberbauung mit 81 Wohnungen und einer Tiefgarage mit 120 Einstellplätzen. Einleitend wurde in der Bewilligung festgehalten, der Abbruch des Wohlfahrtshauses sei am 23. März 2007 und mithin vor Eingang des vorliegenden Baugesuchs bereits rechtskräftig bewilligt worden und bilde nicht mehr Bestandteil dieses Bewilligungsverfahrens.
Am 7. Januar 2008 nahm die Bauherrschaft die Abbrucharbeiten auf. Den von den Nachbarn unter Hinweis auf die laufende Rekursfrist gleichentags telefonisch beantragten Baustopp lehnte die Baubehörde ab; in einer Medienmitteilung vom 9. Januar 2007 verbreitete sie ihre Auffassung, dass die Abbrucharbeiten aufgrund einer rechtskräftigen Bewilligung erfolgten.
II.
A. Mit Rekurs vom 7. Januar 2008 liessen P und Q Aufhebung der Abbruchverfügung vom 23. März 2007 beantragen; sodann sei festzustellen, dass dem Rekurs aufschiebende Wirkung zukomme und demgemäss mit den Abbrucharbeiten nicht begonnen werden dürfe bzw. diese sofort einzustellen seien. Im Sinne einer superprovisorischen Verfügung sei der Bauherrschaft und der Grundeigentümerin die sofortige Einstellung der Abbrucharbeiten zu befehlen.
B. Mit einer weiteren Rekurseingabe vom 21. Januar 2008 liessen die vorerwähnten Rekurrenten sowie zahlreiche weitere Nachbarn erneut gegen die Abbruchbewilligung vom 23. März 2007 sowie gegen die Baubewilligung vom 19. Dezember 2007 Rekurs erheben und beantragten beide Anordnungen unter Kosten- und Entschädigungsfolgen aufzuheben.
C. Nachdem die Rekurskommission mit Verfügung vom 8. Januar 2008 festgehalten hatte, dass dem Rekurs vom 7. Januar 2008 aufschiebende Wirkung zukomme, wurden die Abbrucharbeiten eingestellt.
D. Mit Entscheid vom 17. Juli 2008 vereinigte die Baurekurskommission die Rekursverfahren. In Gutheissung der gegen die Abbruchverfügung erhobenen Rekurse stellte sie fest, dass die Abbruchbewilligung vom 23. März 2007 unter der Bedingung erteilt worden sei, dass eine rechtskräftige Baubewilligung vorliege. Den Rekurs gegen die Baubewilligung hiess sie, soweit sie darauf eintrat, teilweise gut, indem sie die Bewilligung mit einer Auflage ergänzte, wonach für die Grenzabstandsunterschreitung auf der Westseite des Baugrundstücks vor Baubeginn ein Näherbaurecht nachzuweisen sei. Im Übrigen wies sie diesen Rekurs ab.
III.
Mit Beschwerde vom 12. September 2008 liess ein Teil der teilweise unterlegenen Nachbarn dem Verwaltungsgericht beantragen, unter Kosten- und Entschädigungsfolgen (einschl. MwSt.) den Rekursentscheid teilweise und die Baubewilligung vom 19. Dezember 2007 vollständig aufzuheben; die Sache sei zu neuer Entscheidung im Sinne der Erwägungen an die Baubewilligungsbehörde zurückzuweisen.
Die Vorinstanz schloss am 25. September 2008 auf Abweisung der Beschwerde. Die Bauherrschaft am 30. Oktober und die Baubehörde am 4. November 2008 beantragten die Beschwerde unter Kosten- und Entschädigungsfolgen abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei.
Die Kammer zieht in Erwägung:
1.
1.1 Die Beschwerdegegner beantragen, die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei, ohne jedoch zu begründen, aus welchen Gründen auf das Rechtsmittel ganz teilweise nicht einzutreten sei. Die Eintretensvoraussetzungen sind denn auch offenkundig vollumfänglich erfüllt, weshalb auf die Beschwerde ohne Einschränkungen einzutreten ist.
1.2 Gegenstand des Beschwerdeverfahrens bildet lediglich noch die Baubewilligung vom 19. Dezember 2007; mit der Feststellung der Vorinstanz, dass der mit Verfügung vom 23.März 2007 bewilligte Abbruch erst vorgenommen werden könne, wenn eine rechtskräftige Baubewilligung vorliege, hat sich die Bauherrschaft abgefunden. Sodann haben die Rekurrenten G, H, I, J und K, L, M und N sowie O den Rekursentscheid nicht angefochten; ihnen gegenüber ist dieser in Rechtskraft erwachsen, was insbesondere bedeutet, dass sie zur Bezahlung der ihnen auferlegten Rekurskosten und des auf sie entfallenden Anteils der von der Vorinstanz festgesetzten Parteientschädigung verpflichtet bleiben.
2.
Die Rekurskommission ist auf die Rüge, der Neubau hätte nicht bewilligt werden dürfen, weil er den Abbruch des schutzwürdigen Wohlfahrtsgebäudes und die Zerstörung der parkartigen Umgebung voraussetze, mit der Begründung nicht eingetreten, diese Rüge könne in der Regel nur bei inventarisierten Schutzobjekten erhoben werden und ein Fall, in dem ausnahmsweise auf diese Voraussetzung verzichtet werden könne, sei hier nicht gegeben. Die Beschwerdeführenden rügen dies als Verweigerung des rechtlichen Gehörs. Jedenfalls hier, wo die Denkmalpflege-Kommission des Kantons Zürich in einem Gutachten die Schutzwürdigkeit bejaht habe, sei auf die Einwände hinsichtlich der Schutzwürdigkeit der abzubrechenden Baute einzugehen, auch wenn dieses Gebäude nicht inventarisiert worden sei.
2.1 Zu Rekurs und Beschwerde ist gemäss § 338a Abs. 1 PBG berechtigt, wer durch die angefochtene Anordnung berührt ist und ein schutzwürdiges Interesse an ihrer Aufhebung Änderung hat. Nach dieser Bestimmung ist die Rechtsmittelbefugnis des Nachbarn gegeben, wenn für ihn einerseits eine hinreichend enge nachbarliche Raumbeziehung zum Baugrundstück besteht, und er andererseits durch die Erteilung der Baubewilligung mehr als irgendein Dritter die Allgemeinheit in eigenen qualifizierten (tatsächlichen rechtlichen) Interessen betroffen ist und er Mängel rügt, deren Behebung diese Betroffenheit zu beseitigen vermag (Alfred Kölz/Jürg Bosshart/Martin Röhl, Kommentar zum Verwaltungsrechtspflegegesetz des Kantons Zürich, 2. A., Zürich 1999, § 21 N. 21 und 34 ff.). Wie das Verwaltungsgericht bereits mehrmals entschieden hat, ist der Nachbar, der durch ein Bauvorhaben in eigenen Interessen betroffen ist und folglich Zugang zum Verfahren gefunden hat, auch zur Rüge befugt, der für ihn nachteilige Neu- Umbau sei deshalb unzulässig, weil er den Abbruch eines Schutzobjekts voraussetze ein solches beeinträchtige (VGr, 22. Oktober 2003, VB.2003.00274 = BEZ 2004 Nr. 7; VGr, 23. Juni 2003, VB.2002.00157 bzw. VB.2002.00158, www.vgrzh.ch). Anders als für die Rechtsmittelbefugnis der Verbände gemäss § 338a Abs. 2 PBG kommt es dabei nicht darauf an, ob das Schutzobjekt inventarisiert ist bei pflichtgemässem Handeln der zuständigen Behörden inventarisiert sein müsste (vgl. RB 1990 Nr.11 = BEZ 1990 Nr.11; RB 1991 Nrn. 3, 9 und 60 = BEZ 1991 Nr. 23 = ZBl 92/1991, S. 495; RB 1996 Nr. 6; RB 1997 Nr. 2; VGr, 10. September 2003, VB.2003.00197, www.vgrzh.ch). Diese Einschränkung hat die Rechtsprechung für das Beschwerderecht der Verbände entwickelt, da diese andernfalls mit der behaupteten Missachtung der Bestimmungen über den Natur- und Heimatschutz von § 238 Abs. 2 PBG praktisch gegen jede Anordnung hätten rekurrieren können, was nicht der Absicht des Gesetzgebers entsprochen hätte. Diese Gefahr besteht bei der Legitimation gemäss § 338a Abs. 1 PBG nicht, wo sich die Einschränkung daraus ergibt, dass der Anfechtende durch die angefochtene Anordnung in eigenen Interessen berührt sein und ein Interesse an ihrer Aufhebung Änderung haben muss. Für weitergehende Einschränkungen der Rechtmittelbefugnis lässt diese Bestimmung keinen Raum.
Es kann deshalb auch nicht darauf ankommen, dass, wie die Vorinstanz erwogen hat, der Grundeigentümer bei fehlendem Inventareintrag soll darauf vertrauen dürfen, dass seinen Überbauungsplänen keine denkmalpflegerischen Aspekte entgegenstehen. Ein Eigentümer, der Anhaltspunkte für eine mögliche Schutzwürdigkeit seiner Liegenschaft hat, was bei einem Gebäude, das wie das streitbetroffene im Architekturführer Winterthur 1925 1997, Bd. 2 (Zürich 1997) verzeichnet ist, ohne weiteres zutrifft, der kann durch ein Provokationsverfahren gemäss § 213 PBG sich Gewissheit über allfällige Schutzmassnahmen verschaffen. Falls der Verzicht auf Unterschutzstellung publiziert wird, müssen sich ihn auch Drittbetroffene entgegenhalten lassen (vgl. nachfolgend E. 3.2).
Entscheidend ist neben der Betroffenheit in schützwürdigen Interessen für die Legitimation der Nachbarn deshalb einzig, ob die behauptete Schutzwürdigkeit zur Aufhebung der angefochtenen Baubewilligung führen kann. Das trifft hier offenkundig zu, wo der Neubau den Abbruch des Wohlfahrtsgebäudes und eine mindestens teilweise Zerstörung der parkartigen Umgebung zur Folge hätte. Die Baurekurskommission hätte deshalb auf den Einwand eintreten müssen, die Bewilligung des Neubaus missachte die Schutzwürdigkeit des Wohlfahrtsgebäudes und seines parkartigen Umschwungs. Der Vorwurf der Gehörsverweigerung erweist sich deshalb als gerechtfertigt.
2.2 Der Anspruch auf rechtliches Gehör ist formeller Natur. Seine Verletzung führt grundsätzlich ungeachtet der Erfolgsaussichten der Beschwerde in der Sache selbst zur Aufhebung des angefochtenen Entscheids. Die Verletzung des rechtlichen Gehörs kann geheilt werden, wenn sie nicht besonders schwer wiegt und die unterlassene Gehörsgewährung in einem Rechtsmittelverfahren nachgeholt wird, das eine Prüfung im gleichen Umfang wie durch die Vorinstanz gestattet (vgl. etwa BGE 126I68 E.2, 126V130 E.2b; vgl.zur Diskussion über die Heilung von Gehörsverletzungen Benjamin Schindler, Die "formelle Natur" von Verfahrensgrundrechten. Verfahrensfehlerfolgen im Verwaltungsrecht ein Abschied von der überflüssigen Figur der "Heilung", ZBl106/2005, S.169ff.; Hansjörg Seiler, Abschied von der formellen Natur des rechtlichen Gehörs, SJZ100/2004, S.377ff.).
Hier ist eine Rückweisung an die Vorinstanz schon deshalb nicht gerechtfertigt, weil faktisch die grundsätzlich zur Ermessensüberprüfung befugte Vorinstanz bei den im Zusammenhang mit der Schutzwürdigkeit des Wohlfahrtsgebäudes zu beurteilenden Fragen über keine weitere Überprüfungsbefugnis verfügt als das Verwaltungsgericht mit seiner gemäss § 50 des Verwaltungsrechtspflegegesetzes vom 24. Mai 1959 (VRG) beschränkten Kognition. Sodann erweist sich bereits das Verfahren vor den Verwaltungsbehörden als fehlerhaft, sodass die Rückweisung direkt an diese zu erfolgen hat (nachfolgend E. 3).
3.
Die Beschwerdeführenden machen geltend, aufgrund des Gutachtens der KDK hätte der dafür zuständige Stadtrat über den Verzicht auf Unterschutzstellung einen förmlichen Entscheid treffen müssen, welcher betroffenen Dritten die Wahrung ihrer Rechte ermöglicht hätte; zudem wäre gemäss Art. 25a des Bundesgesetzes vom 22. Juni 1979 über die Raumplanung (RPG) dieser Entscheid mit der Baubewilligung zu koordinieren gewesen.
3.1 Gemäss § 211 Abs. 2 PBG trifft der Gemeinderat (das heisst hier der Stadtrat) die Schutzmassnahmen von kommunaler Bedeutung. Der Regierungsrat bestellt laut § 216 PBG eine mehrere Kommissionen von Sachverständigen, die das Gemeinwesen in Fragen des Natur- und Heimatschutzes unentgeltlich beraten (Abs. 1); die Kommissionen können von sich aus auf Anregung eines Dritten zu Fragen des Natur- und Heimatschutzes Stellung nehmen (Abs. 3).
3.1.1 Im Zeitpunkt der Abbruchverfügung vom 23. März 2007 und der Baubewilligung vom 19. Dezember 2007 lag der städtischen Baubehörde das Gutachten der KDK vom 5.September 2006 vor, welches das Wohlfahrtsgebäude als Schutzobjekt von kommunaler Bedeutung qualifiziert. Weder in der einen noch der anderen Verfügung wird auf dieses Gutachten und die Frage der Schutzwürdigkeit des Wohlfahrtsgebäudes Bezug genommen. Eine Stellungnahme zum Gutachten findet sich lediglich im Brief des Stadtrats vom 8.November 2006, worin dieser der Baudirektion mitteilt, dass er keine Veranlassung sehe, auf den von der Denkmalpflegekommission gestellten Antrag auf Unterschutzstellung einzutreten.
3.1.2 Wie das Verwaltungsgericht in RB 2005 Nr. 61 = BEZ 2005 Nr. 27 festgehalten hat, ist das Gutachten der KDK formell ein Amtsbericht, der aber inhaltlich einem eigentlichen Gutachten gleich kommt. Das gilt auch dann, wenn wie hier der Anstoss für die Begutachtung von Privatpersonen ausgeht. Zwar sind die kantonalen und kommunalen Behörden und ihre Amtsstellen gemäss § 7 Abs. 4 der Verordnung über die Sachverständigenkommissionen gemäss § 216 PBG vom 12. Januar 2005 (LS 702.111) nicht an die Anträge der Kommission gebunden; insbesondere den dem Gutachten zu Grunde liegenden tatsächlichen Feststellungen kommt jedoch insofern Bindungswirkung zu, als die zum Entscheid über die Unterschutzstellung zuständige Behörde davon nur aus triftigen Gründen abweichen darf etwa wenn das Gutachten Irrtümer, Lücken Widersprüche enthält (RB 2005 Nr. 61 = BEZ 2005 Nr. 27). Wie das Bundesgericht in einem Entscheid vom 22. Juli 1999 festgehalten hat (URP 1999, S. 794, E. 5b), kann es nicht der Sinn einer solchen sachkundigen Spezialbehörde sein, dass sich die rechtsanwendenden Behörden ohne triftige Gründe über die Feststellungen des Gutachtens zu den denkmalpflegerischen Qualitäten des Schutzobjekts hinwegsetzen.
Aus dieser beschränkten Bindungswirkung des Gutachtens folgt, dass sich die städtischen Behörden spätestens bei der Erteilung der Abbruchbewilligung am 23. März 2007 mit den denkmalpflegerischen Qualitäten des zum Abbruch vorgesehenen Schutzobjekts hätten befassen müssen. Diese Auseinandersetzung hätte nur dann unterbleiben können, wenn in jenem Zeitpunkt ein rechtskräftiger Entscheid über die Nichtunterschutzstellung bereits vorgelegen hätte, sei es in Form einer Inventarentlassung eines förmlichen Verzichts auf Unterschutzstellung. Dies ist indessen nicht der Fall. Insbesondere stellt die blosse Nichtaufnahme in ein Inventar ebenso wenig wie die Aufnahme eine anfechtbare Verfügung dar und auch der Brief vom 8. November 2006 an die Baudirektion, wonach der Stadtrat keine Veranlassung habe, auf den Unterschutzstellungsantrag der KDK einzutreten, hat keinen Verfügungscharakter. Abgesehen davon, dass sich der Stadtrat mit dem Gutachten nur oberflächlich auseinandersetzt und die gebotene Interessenabwägung weitgehend fehlt, handelt es sich um eine blosse Meinungsäusserung und wird nicht wie für eine Verfügung vorausgesetzt in verbindlicher Weise ein bestimmtes Rechtsverhältnis festgestellt geregelt (vgl. Ulrich Häfelin/Georg Müller/Felix Uhlmann, Allgemeines Verwaltungsrecht, 5.A., Zürich etc. 2006, Rz. 854).
3.2 Falls dennoch dem Brief des Stadtrats vom 8. November 2006 Verfügungscharakter zugeschrieben würde, wäre die Frage zu beantworten, ob eine solche Verfügung durch die Zustellung von Kopien an die KDK, den Zürcher Heimatschutz und die Grundeigentümerin gehörig mitgeteilt worden ist, was schon wegen des Fehlens der gemäss § 10 Abs. 2 VRG vorgeschriebenen Rechtsmittelbelehrung zu verneinen ist. Darüber hinaus stellt sich die Frage, ob zum Kreis derjenigen, denen gemäss § 10 Abs. 1 lit. a b die Erledigung einer Angelegenheit schriftlich gemäss § 10 Abs. 3 VRG durch amtliche Veröffentlichung mitgeteilt werden muss, nicht weitere Anfechtungsberechtigte gehören. Als solche fallen nicht nur andere zur Beschwerde gemäss § 338a Abs. 2 PBG berechtigte Verbände in Betracht, sondern auch die Beschwerdeführenden, welche ihre Betroffenheit daraus ableiten, dass mit dem Verzicht auf Unterschutzstellung die ihre nachbarlichen Interessen offenkundig tangierende Neuüberbauung des Grundstücks überhaupt erst ermöglicht wird.
3.2.1 Wie das Verwaltungsgericht in VB.2007.00192 und 00193, E. 3 vom 20.Dezember 2007 (www.vgrzh.ch) unter Hinweis auf frühere Entscheide erwogen hat, gelten die von der Rechtsprechung zu §338a Abs. 1 PBG entwickelten Grundsätze auch dort, wo sich eine Drittperson gegen eine Anordnung wehren will, mit welcher ein benachbartes Grundstück entsprechend dem Ersuchen des Eigentümers aus einem Schutzinventar entlassen worden ist. Die für die Legitimation erforderliche Beziehungsnähe des Nachbarn kann sich laut diesem Entscheid daraus ergeben, dass die Entlassung eines Inventarobjekts und die damit geschaffene Möglichkeit der Neuüberbauung des Nachbargrundstücks den Wert seiner Liegenschaft zu beeinträchtigen vermag. An diese Rechtsprechung anknüpfend ist davon auszugehen, dass im vorliegenden Fall die Beschwerdeführenden eine Verfügung betreffend den Verzicht auf Unterschutzstellung des Wohlfahrtgebäudes und seines parkartigen Umschwungs hätten anfechten können. Denn dass die bauordnungsgemässe Neuüberbauung weit grössere Bauvolumen und Nutzungsmöglichkeiten zulässt, als sie mit dem Wohlfahrtsgebäude realisiert sind, ist ebenso offenkundig wie die sich daraus ergebende nachbarliche Betroffenheit.
3.2.2 Daraus folgt, dass ein Verzicht auf Unterschutzstellung, wenn ein solcher verfügt worden wäre, gemäss § 10 Abs. 3 VRG mindestens hätte publiziert werden müssen. Sodann kann man sich fragen, ob nicht die beiden Privatpersonen, welche die Begutachtung der KDK beantragt hatten, gestützt auf § 10 Abs. 1 lit. b VRG Anspruch auf schriftliche Mitteilung gehabt hätten. Keinen Anspruch auf schriftliche Mitteilung hatten gestützt auf § 10 Abs. 1 VRG die (übrigen) Beschwerdeführenden, die ihr Gesuch um Zustellung des baurechtlichen Entscheids im Sinn von § 315 PBG erst nach der öffentlichen Bekanntmachung des Baugesuchs für die Neuüberbauung anfangs September 2007 gestellt haben; ihnen gegenüber hätte, wenn vor der Publikation des Baugesuchs eine Verfügung betreffend den Verzicht auf Unterschutzstellung ergangen wäre, gemäss § 10 Abs. 3 VRG die amtliche Veröffentlichung genügt.
3.3 Die Beschwerdeführenden rügen sodann, der Verzicht auf Unterschutzstellung und die Bewilligung des Abbruchs und der Neuüberbauung müssten gemäss Art. 25a Abs. 1 RPG koordiniert werden.
3.3.1 Nach Art.25a RPG ist eine Behörde zu bezeichnen, die für ausreichende Koordination sorgt, wenn die Errichtung Änderung einer Baute Anlage Verfügungen mehrerer Behörden erfordert (Abs.1). Diese Behörde hat für eine gemeinsame öffentliche Auflage aller Gesuchsunterlagen und für eine inhaltliche Abstimmung sowie möglichst für eine gemeinsame gleichzeitige Eröffnung der Verfügungen zu sorgen (Abs.2 lit.b und d). Die zu koordinierenden Entscheide dürfen keine Widersprüche enthalten (Abs.3). Im Kanton Zürich ist im Regelfall die örtliche Baubehörde die für die Koordination verantwortliche Stelle (§9 Abs.1 lit.a der Bauverfahrensverordnung vom 3.Dezember 1997, BVV). Sie sorgt dafür, dass die kommunalen und kantonalen Entscheide widerspruchsfrei getroffen und mit einheitlicher Rechtsmittelbelehrung versehen werden. Sind mehrere kantonale Entscheide zu treffen, werden diese vorab durch die kantonale Leitstelle koordiniert (§9 Abs.2 und §12 Abs.1 BVV).
Neben eigentlichen Errichtungs- und Änderungsbewilligungen werden vom Koordinationsgebot auch vorbereitende Akte erfasst, namentlich wenn es sich um Entscheide handelt, die mit den Projektbewilligungsentscheiden sachlich rechtlich eng verknüpft sind, beispielsweise denkmalpflegerisch sozialpolitisch motivierte Abbruch- Zweckänderungsbewilligungen, Rodungsbewilligungen Konzessionen (Arnold Marti, Kommentar RPG, Zürich 1999, Art. 25a Rz. 18). Unter Umständen können solche Verfahren jedoch abgetrennt werden, namentlich wenn kein Abstimmungsbedarf mit den übrigen Entscheiden besteht und die Rechte des Baugesuchstellers und Dritter nicht beeinträchtigt werden (Marti, Art. 25a Rz. 17; vgl. auch VGr, 23. März 2006, VB.2005.00580, www.vgrzh.ch).
3.3.2 Zwischen dem Verzicht auf Unterschutzstellung bzw. Inventarentlassung und dem Erlass der Baubewilligung braucht nicht zwingend ein Abstimmungsbedarf zu bestehen; oft liegen die beiden Verfügungen zeitlich weit auseinander und lässt sich im Zeitpunkt der Inventarentlassung noch nicht absehen, wie das Grundstück in Zukunft genutzt werden soll. Hingegen kann sich ein Abstimmungsbedarf beispielsweise daraus ergeben, dass im Rahmen der für eine allfällige Inventarentlassung vorzunehmenden Interessenabwägung dem Situationswert des Schutzobjekts eine Bedeutung zukommt, die es rechtfertigt, den Verzicht auf definitive Unterschutzstellung davon abhängig zu machen, ob der geplante Neubau für sich allein und in Bezug auf das bauliche Umfeld einen adäquaten Beitrag zu leisten vermag. In solchen Fällen lässt sich auch ein wirksamer Rechtsschutz nur durch die Koordination der beiden Verfahren gewährleisten.
Falls kein inhaltlicher Abstimmungsbedarf besteht, so wird eine Abtrennung der Verfahren die Rechte des Grundeigentümers Drittbetroffener in der Regel nicht beeinträchtigen, wenn in beiden Verfahren dafür gesorgt ist, dass diesen die sie möglicherweise betreffenden Verfügungen ordnungsgemäss mitgeteilt werden (vgl. E. 3.2).
3.3.3 Indem der Bauausschuss in der Baubewilligung vom 19. Dezember 2007 einleitend darauf verwiesen hat, dass der Abbruch des Wohlfahrtsgebäudes rechtskräftig bewilligt und somit nicht Gegenstand des Baubewilligungsverfahrens sei, hat er implizit eine Abtrennung der grundsätzlich zu koordinierenden Verfahren vorgenommen. Das war, wenn mit den Beschwerdegegnern von keinem Abstimmungsbedarf auszugehen ist, dann zulässig, wenn die Abtrennung keine Rechte Dritter betraf. Nachdem jedoch wegen des Verzichts auf ein förmliches Verfahren und eine Publikation der Nichtunterschutzstellung den Beschwerdeführenden diesbezüglich keine Rechtsmittelmöglichkeit offen stand, erweist sich diese Voraussetzung als nicht erfüllt. Vielmehr hätte gerade die durch Art.25a Abs.2 lit.d RPG gebotene gemeinsame gleichzeitige Eröffnung von Baubewilligung und Verzicht auf Unterschutzstellung es den Beschwerdeführenden ermöglicht, ihre Einwände gegen den Verzicht auf Unterschutzstellung trotz der unterbliebenen Publikation auch nachträglich noch geltend zu machen.
3.4 Zusammenfassend ist festzuhalten: Aufgrund der Stellungnahme der KDK hätte der Stadtrat einen Verzicht auf Unterschutzstellung förmlich beschliessen und versehen mit Rechtsmittelbelehrung öffentlich bekannt machen müssen. Wäre er so vorgegangen, wäre eine Abtrennung vom späteren Baubewilligungsverfahren zulässig gewesen, sofern nicht wegen der im Zusammenhang mit der Unterschutzstellung gebotenen Interessenabwägung ein Bezug zum neuen Bauvorhaben geschaffen wurde. Da die Verfahren trotz der ungenügenden Beschlussfassung und Eröffnung des Verzichts auf Unterstellung abgetrennt wurden, verstösst die Erteilung der Baubewilligung gegen das bundesrechtliche Koordinationsgebot.
Der Verstoss gegen das Koordinationsgebot lässt sich möglicherweise dadurch korrigieren, dass das vorliegende Verfahren sistiert wird, bis ein förmlicher Entscheid des Stadtrats zur Unterschutzstellung ergangen ist. Dadurch ist in zeitlicher Hinsicht jedoch nichts zu gewinnen, da auch gegen diese Anordnung Rekurs und Beschwerde offen stehen. Zudem kann ein inhaltlicher Abstimmungsbedarf nicht von vornherein ausgeschlossen werden. Die Baubewilligung ist deshalb aufzuheben und die Sache der für die Koordination in erster Linie zuständigen örtlichen Baubehörde zu überweisen. Diese wird den Entscheid des Stadtrats über die Unterschutzstellung des Wohlfahrtshauses abzuwarten und diesen nach der allenfalls gebotenen inhaltlichen Koordination zusammen mit dem Bauentscheid den Parteien neu zu eröffnen haben.
4.
Die Gerichtskosten sowie die Kosten der Rekurskommission, soweit sie auf die Beschwerdeführenden entfallen (vgl. vorn E. 1.2), sind je zur Hälfte der privaten Beschwerdegegnerin und der Stadt Winterthur aufzuerlegen (§ 13 Abs. 2 VRG). Die private Beschwerdegegnerin ist überdies für die Verfahren vor beiden Instanzen zu einer Parteientschädigung von insgesamt Fr. 5'000.- (einschl. MwSt.) an die Beschwerdeführenden 1 13 zu verpflichten (§ 17 Abs. 2 lit. a VRG). Nicht betroffen sind die Anteile an der von der Rekurskommission der Bauherrschaft zugesprochenen Parteientschädigung von Fr. 1'500.-, welche auf diejenigen Rekurrenten entfallen, die nicht Beschwerde erhoben haben (vgl. vorn E. 1.2).
Demgemäss entscheidet die Kammer:
Fr. 5'000.--; die übrigen Kosten betragen:
Fr. 90.-- Zustellungskosten,
Fr. 5'090.-- Total der Kosten.
6. Mitteilung an
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