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Urteil Verwaltungsgericht (ZH)

Kopfdaten
Kanton:ZH
Fallnummer:VB.2007.00098
Instanz:Verwaltungsgericht
Abteilung:3. Abteilung/3. Kammer
Verwaltungsgericht Entscheid VB.2007.00098 vom 21.06.2007 (ZH)
Datum:21.06.2007
Rechtskraft:Dieser Entscheid ist rechtskräftig.
Leitsatz/Stichwort:Abtretungsvertrag (Expropriationsvergleich) mit verjährtem Recht zum Abschluss eines Kaufrechtsvertrags
Schlagwörter: Kaufrecht; Kaufrechts; Gemeinde; Kaufrechtsvertrag; Abschluss; Beschwerde; Kaufrechtsvertrags; Recht; Vertrag; Erben; Vertrags; Abtretung; Ausübung; Partei; Abtretungsvertrag; Grundstück; Frist; Vorvertrag; Anspruch; Parteien; Bezirksrat; Kat-Nr; Beschwerdegegnerin; Klage; Erbengemeinschaft; Gemeinderat; Beschluss; Rechtsmittel; öffentlich; L-Strasse
Rechtsnorm: Art. 130 OR ; Art. 132 OR ; Art. 216 OR ; Art. 216a OR ; Art. 42 BGG ; Art. 72 BGG ;
Referenz BGE:110 II 178; 112 II 107; 119 II 378; 50 II 404;
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
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Entscheid

Verwaltungsgericht

des Kantons Zürich

3. Abteilung

VB.2007.00098

VK.2007.00004

Entscheid

der 3. Kammer

vom 21. Juni 2007

Mitwirkend: Abteilungspräsident i.V. Rudolf Bodmer (Vorsitz), Verwaltungsrichterin Bea Rotach Tomschin, Ersatzrichterin Katharina Sameli, Gerichtssekretär Andreas Conne.

In Sachen

A,

B,

beide vertreten durch RA C,

betreffend Streitigkeit aus öffentlich-rechtlichem Vertrag,

hat sich ergeben:

I.

A. Am 9. April 1996 schlossen die Politische Gemeinde X und die Erbengemeinschaft von D als Eigentümerinnen des Grundstücks Kat.-Nr.01 einen öffentlich beurkundeten Abtretungsvertrag (Expropriationsvergleich), mit welchem die Eigentümerinnen ihr Grundstück zum Preis von Fr.125'460.-, das heisst Fr.180.-/m2, an die Politische Gemeinde zu Eigentum abtraten. Im Rahmen dieses Vertrags vereinbarten die Parteien einen Vorvertrag zum Abschluss eines Kaufrechtsvertrags mit Rückkaufsrecht über ca. 155 m2 Land an der L-Strasse (heute Kat.-Nr.02) zum Preis von Fr.180.-/m2 (nicht indexiert). Dieser Kaufrechtsvertrag konnte gemäss vertraglicher Vereinbarung auch lediglich von einem oder mehreren Erben als Kaufrechtsnehmer abgeschlossen und vollzogen werden. Ziffer 1 und 2 der "Weiteren Bestimmungen zum Kaufsrecht" lauten:

"1. Der Abschluss des Kaufrechtsvertrages kann von den Kaufrechtsberechtigten bis am 31. März 1997 verlangt werden. Nach Ablauf dieser Frist ist das Recht, den Abschluss des Hauptvertrages zu verlangen, verwirkt.

2. Das Kaufrecht ist unübertragbar aber vererblich und wird für die Dauer von 10 Jahren vereinbart. Falls der Kaufrechtsvertrag abgeschlossen wird, sind die Kauf­rechtsberechtigten befugt, das Recht für die Dauer der Vereinbarung im Grundbuch vorzumerken und zwar den im Zeitpunkt der Vormerkung bestehenden Grundbucheinträgen im Range nachgehend.

Das Notariat und Grundbuchamt X weist die Parteien darauf hin, dass die maximale Vertragsverein­barungsdauer von 10 Jahren wahrscheinlich schon mit dem Abschluss dieses Vorvertrags zu laufen beginnt. Sollten die Parteien beim Abschluss des Kaufrechtsvertrages und deren Vormerkung die von heute an bis zu diesem Zeitpunkt bereits verstrichene Zeit den 10Jahren nicht in Abzug bringen, wäre das Grundbuchamt X allenfalls gezwungen eine entsprechende Grundbuchanmeldung abzuweisen. Dies gilt nicht, wenn die Parteien zu diesem Zeitpunkt eine neue Vereinbarung treffen. Eine Verpflichtung zum voraus ist jedoch nicht möglich."

Mit Schreiben vom 17. März 1997 an das Bauamt X mit dem Betreff "Ausübung Kaufsrecht gemäss Abtretungsvertrag" liessen die Erben von D durch ihren Rechtsvertreter unter Hinweis auf die Besprechungen im Hinblick auf den Erwerb der Ersatzparzelle und die am 31.März 1997 ablaufende Frist zur Abgabe der Ausübungserklärung eine Erstreckung dieser Frist einstweilen bis Ende Juni 1997 beantragen. Zur Begründung wurde angefügt, dass noch eine Seite der Erbengemeinschaft über die Einzelheiten der im Rahmen des Erwerbes der Ersatzparzelle vorzunehmenden Anpassungs- und Gestaltungsarbeiten, wofür noch kein verbindlicher Plan vorliege, orientiert werden müsse. Mit Antwortschreiben vom 27.März 1997 bestätigte der Gemeindeingenieur des Bau- und Vermessungsamts der Gemeinde X den "Eingang der Willenserklärung zum Abschluss des Kaufvertrages über ca. 155m2 Land an der L-Strasse gemäss Ziff. 7/IV/1" und gewährte eine "Fristverlängerung für die Ausübungserklärung bis Ende Juni 1997".

Mit Schreiben vom 24. März 1997 an das Bauamt X beantragte der damalige Rechtsvertreter zwecks Wahrung der Erklärungsfrist der Erben namens B, A und E den Abschluss des Kaufrechtsvertrags über ca. 155m2 Land an der L-Strasse im Sinn von Ziff. 7 lit. d der "Weiteren Bestimmungen" des Abtretungsvertrags vom 9. April 1996. Dabei hielt er fest, unter Bezugnahme auf sein Schreiben vom 17. März 1997 gehe er davon aus, dass die Einzelheiten von Anpassung und Gestaltung im Rahmen der Vertragsverhandlungen geregelt werden könnten, habe aber bei der Gemeinde keine Zweifel darüber lassen wollen, dass die interessierten Erben den Kaufsrechtsvertrag mit der Gemeinde abschliessen möchten.

Es folgte eine Korrespondenz zwischen den Vertragsparteien über die im Kaufrechtsvertrag zu regelnden offenen Fragen, wobei auch um eine nochmalige Verlängerung der Frist gemäss Ziffer 1 IV 1. des Abtretungsvertrags zur Abgabe der Willenserklärung bis Ende September 1997 ersucht wurde, worauf die Gemeinde am 7. Juli 1997 antwortete, dass sie vor Eintreten auf eine Verlängerung der Frist die aufgeworfenen Fragen geklärt haben wolle. Am 5. August 1997 stellte der damalige Rechtsvertreter der Erben in Aussicht, aufgrund der mit den Erben und der Gemeinde stattgefundenen Gespräche den Kaufrechtsvertrag zu konzipieren und diesen auch der Gemeinde zur Stellungnahme zu unterbreiten. Am 16.Dezember 1997 richtete die Gemeinde X noch ein Schreiben an den Rechtsvertreter betreffend die Anpassungsarbeiten längs eines anstossenden Grundstücks sowie die Bepflanzung zwischen Strandbad und Realersatzstreifen. Am 4. Mai 1998 erhoben einige Mitglieder der Erbengemeinschaft, darunter die heutigen Beschwerdeführerinnen, Einsprache gegen das Konzessionsgesuch der Gemeinde X für die Errichtung einer Sperrzone für die Schifffahrt beim Strandbad F; dies unter Hinweis auf das ihnen eingeräumte Kaufrecht am Grundstück an der L-Strasse (Kat.-Nr. 02), das ausüben zu wollen sie der Gemeinde gegenüber erklärt hätten. Trotz beruhigender Mitteilung seitens der Gemeinde, dass die ungehinderte Zu- und Wegfahrt weiterhin gewährleistet werden könne, sei diese Einsprache zur Wahrung der Rechtsmittelfrist erhoben worden. Eine weitere Kommunikation zwischen den Parteien gab es nicht; den in Aussicht gestellten Entwurf des Kaufrechtsvertrags erhielt die Gemeinde nie.

B. Mit Schreiben vom 16. März 2006 an den Gemeinderat X verlangten A und B gemeinsam den sofortigen Abschluss des Kaufrechtsvertrags gemäss den Bestimmungen des Expropriationsvertrages vom 9. April 1996, wobei sie das Grundstück je hälftig zu Miteigentum zu erwerben wünschten. Nach langwierigen Verhandlungen habe zwischenzeitlich die Erbteilung vorgenommen werden können, und die Erben hätten sich dahingehend geeinigt, dass Frau A und Frau B das Kaufrecht gemeinsam oder bei Verzicht einer Partei einzeln ausüben könnten. Sodann wurde darauf hingewiesen, dass bei der Erbengemeinschaft bis dahin weder die vom Bauamt der Gemeinde am 23. April 1998 in Aussicht gestellte Bestätigung betreffend ungehinderte Zu- und Wegfahrt zur Kaufrechtsparzelle noch eine Antwort auf die Einsprache gegen das Konzessionsgesuch betreffend Errichtung einer Sperrzone eingetroffen sei.

Mit Beschluss vom 11. Juli 2006 trat der Gemeinderat X auf das Gesuch nicht ein und stimmte dem Verkauf des Grundstücks mit der Kat.-Nr.02 mit einem Landanteil von 157m2 nicht zu; dies mit der Begründung, dass die Gesuchstellerinnen die im Expropriationsvergleich festgelegte Frist bis 31. März 1997, um den Abschluss des Hauptvertrags zu verlangen, verwirkt hätten.

II.

Gegen diesen Beschluss des Gemeinderats X vom 11. Juli 2006 liessen A und B entsprechend der Rechtsmittelbelehrung Rekurs beim Bezirksrat Y erheben, welcher ihn mit Beschluss vom 26. Januar 2007 abwies. Er ging davon aus, dass es um die Auslegung eines öffentlichrechtlichen Vertrags gehe und bejahte seine Zuständigkeit für diesen Rechtsstreit. Zu prüfen sei, ob die Rekurrentinnen das im Expropriationsvertrag vom 9. April 1996 vorgesehene Kaufrecht rechtsgenüglich ausgeübt hätten. Das sei nicht der Fall, was anhand der schriftlichen und sonstigen Äusserungen der Vertragsparteien, die sich beide widersprüchlich verhalten hätten, näher dargelegt werde. Zudem sei die nach Art. 216a OR höchstmögliche Dauer von 10 Jahren für ein Kaufrecht abgelaufen, sodass die Rekurrentinnen das Kaufrecht auch infolge Zeitablaufs nicht mehr ausüben könnten.

III.

Mit Beschwerde vom 2. März 2007 liessen A und B dem Verwaltungsgericht die Aufhebung des Beschlusses des Bezirksrats vom 16. Januar 2007 beantragen. Sodann sei die Beschwerdegegnerin zu verpflichten, die Kosten des Rekurs- und Beschwerdeverfahrens zu tragen, und den Beschwerdeführerinnen seien für beide Rechtsmittelverfahren angemessene Parteientschädigungen zu entrichten.

Der Bezirksrat verzichtete am 14. März 2007 unter Hinweis auf die Begründung im angefochtenen Entscheid auf Vernehmlassung. Mit Beschwerdeantwort vom 5. April 2007 beantragte der Gemeinderat X namens der Politischen Gemeinde X die Abweisung der Beschwerde.

Die Ausführungen zu den Parteistandpunkten werden, soweit nötig, in den nachstehenden Erwägungen wiedergegeben.

Die Kammer zieht in Erwägung:

1.

Das Verwaltungsgericht ist zur Behandlung der vorliegenden Beschwerde gemäss § 41 Abs. 1 in Verbindung mit § 19c Abs. 2 des Verwaltungsrechtspflegegesetzes vom 24. Mai 1959 (VRG) zuständig. Da auch die übrigen Prozessvoraussetzungen erfüllt sind, ist auf die Beschwerde einzutreten.

2.

Bei der im Streit liegenden Frage, ob das im Expropriationsvertrag vom 9. April 1996 vorvertraglich eingeräumte Kaufrecht (Recht auf Abschluss eines Kaufrechtsvertrags) ausgeübt wurde, geht es um die Auslegung eines öffentlichrechtlichen Vertrags. Gemäss §82 lit.k VRG (eingefügt am 8. Juni 1997) beurteilt das Verwaltungsgericht Streitigkeiten aus verwaltungsrechtlichen Verträgen als einzige Instanz; damit ist eine Teilgeneralklausel für die verwaltungsgerichtliche Zuständigkeit zur Beurteilung vertraglicher Streitigkeiten öffentlichrechtlicher Natur im Klageverfahren eingeführt worden. Die Zuständigkeiten des Verwaltungsgerichts in Streitigkeiten aus öffentlichrechtlichen Verträgen im Klageverfahren einerseits und solche aufgrund von Verfügungen im Anfechtungsverfahren andererseits schliessen sich grundsätzlich gegenseitig aus.

2.1 Durch den Abtretungsvertrag (Expropriationsvergleich), den die Beschwerdegegnerin am 9. April 1996 mit der Erbengemeinschaft D abschloss, sollte die Rechtsbeziehung zwischen der Beschwerdegegnerin und der Erbengemeinschaft, deren Grundstück Kat.-Nr. 01 für ein kommunales Werk beansprucht wurde, einvernehmlich geregelt werden. Die Erbengemeinschaft verkaufte der Gemeinde ihre Seeparzelle Kat.-Nr. 01 zum Preis von Fr.180.-/m2 und erhielt mit gleichzeitig abgeschlossenem Vorvertrag das Recht zum Abschluss eines Kaufrechtsvertrags (mit Rückkaufsrecht der Gemeinde) an einem der Gemeinde gehörenden Stück Seeparzelle (ca. 155m2 Land an der L-Strasse, in der Folge als Kat.-Nr.02 mit einem Landanteil von 157m2 ausgeschieden). Mit diesem Vertrag liegt ein Rechtsverhältnis zwischen dem Gemeinwesen und einer privaten Eigentümerschaft vor, das gegenseitige Ansprüche zwischen gleich gestellten Parteien regelt, was durch die Bezeichnung des Abtretungsvertrags als "Expropriationsvergleich" noch herausgestrichen wird. Das bedeutet, dass die Gemeinde nicht einseitig in dieses Vertragsverhältnis eingreifen kann und mithin keine Verfügungsbefugnis hat (VGr, 15. April 2003, VB.2003.00030, E. 3.b; ferner auch VGr, 9. Februar 2000, PK.1999.00006, E. 1.a, mit Hinweisen; 11. Mai 2000, VK 2000.00002, E. 1c; alle unter www.vgrzh.ch).

Die Beschwerdegegnerin war daher nicht befugt, den Abschluss des im Abtretungsvertrag vorgesehenen Kaufrechtsvertrags mittels förmlicher Verfügung zu verweigern.

2.2 Fehlte es der Beschwerdegegnerin an der Kompetenz, mittels Verfügung die streitige Frage der rechtzeitigen Ausübung des Kaufrechts zu entscheiden, so fehlte es auch an der Kompetenz des Bezirksrats als Rechtsmittelbehörde. Der Bezirksrat ist folglich zu Unrecht auf den Rekurs eingetreten. Der im vorinstanzlichen Entscheid erwähnte §10 Abs. 1 des Gesetzes über die Bezirksverwaltung vom 10. März 1985 betrifft bloss die allgemeine Zuständigkeit des Bezirksrats für Rechtsmittel in Gemeindesachen, und die vom Bezirksrat ebenfalls herangezogenen §§21 Abs. 4 und 30 des Gesetzes betreffend die Abtretung von Privatrechten vom 30. November 1879 (AbtrG), welche die Rechtsmittel im Administrativverfahren bei Enteignung regeln, bieten auch keine Grundlage für die Beurteilung von Streitigkeiten aus einem Expropriationsvertrag.

2.3 War der Bezirksrat als Rechtsmittelinstanz für die Beurteilung des streitigen öffentlichrechtlichen Vertrags nicht zuständig und fehlte es der Beschwerdegegnerin schon an der Verfügungskompetenz, so führt das zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses des Bezirksrats vom 26. Januar 2007 und des Beschlusses des Gemeinderats X vom 11.Juli 2006. Im Ergebnis ist die Beschwerde demnach gutzuheissen; dies allerdings nicht aus den von den Beschwerdeführerinnen geltend gemachten materiellen Gründen, sondern wegen der von Amtes wegen zu beachtenden fehlenden Zuständigkeit der Vorinstanzen aufgrund des Verfahrensrechts.

3.

Der Anspruch auf Abschluss eines Kaufrechtsvertrags gemäss Abtretungsvertrag vom 9.April 1996 wäre gestützt auf §82 lit. k VRG mit Klage direkt beim Verwaltungsgericht geltend zu machen. Aus der Tatsache, dass die Beschwerdeführerinnen von den Vorinstanzen auf den falschen Rechtsmittelweg gewiesen wurden, soll ihnen jedoch kein Nachteil entstehen (BGE117 Ia 119 E.3). Die Beschwerdeschrift ist daher vom Verwaltungsgericht als Klage entgegenzunehmen. Die als Klageschrift entgegenzunehmende Beschwerdeeingabe vom 2.März 2007 enthält allerdings nur den formellen Antrag auf Aufhebung des angefochtenen Entscheids. Gemäss Begründung verlangen die Beschwerdeführerinnen jedoch, dass die Beschwerdegegnerin den Kaufrechtsvertrag über das Grundstück
Kat.-Nr.02 gemäss dem im Expropriationsvergleich vom 9. April 1996 enthaltenen Vorvertrag abschliesst. Den Anforderungen an die Klageschrift nach §83 VRG vermag die Beschwerdeschrift daher zu genügen. Die Beschwerdeantwort der Politischen Gemeinde X vom 5. April 2007 genügt den Anforderungen von §84 VRG an die Klageantwort. Entsprechend ist ein Klageverfahren zu eröffnen. Dabei prüft das Verwaltungsgericht die Anträge in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht frei (§85 VRG).

3.1 Verwaltungsrechtliche Verträge entstehen durch übereinstimmende Willenserklärung der Parteien und sind nicht anders als privatrechtliche Verträge nach dem Vertrauensprinzip auszulegen. Einer Willensäusserung ist derjenige Sinn zu geben, den ihr der Empfänger aufgrund der Umstände, die ihm im Zeitpunkt des Empfangs bekannt waren oder hätten bekannt sein müssen, in guten Treuen beilegen durfte oder musste (Ulrich Häfelin/Georg Müller/Felix Uhlmann, Allgemeines Verwaltungsrecht, 5. A., Zürich 2006, Rz. 1102 f.).

4.

Der Abtretungsvertrag (Expropriationsvergleich) vom 9. April 1996 wird hinsichtlich Zustandekommen, Gültigkeit und Inhalt von keiner Seite bestritten. Mit dem unter Ziffer 7 lit.d der "Weitere[n] Bestimmungen" dieses Vertrags gleichzeitig geschlossenen Vorvertrag zum Abschluss eines Kaufrechtsvertrags mit Rückkaufsrecht hat sich die Politische Gemeinde X verpflichtet, mit der Erbengemeinschaft der D oder einzelnen Mitgliedern dieser Erbengemeinschaft einen Kaufrechtsvertrag über das als Ersatzparzelle angebotene Stück Land von ca. 155m2 an der L-Strasse (später als Kat.-Nr.02 mit 157m2 ausgesondert) abzuschliessen.

4.1 Streitig ist, ob die im Vertrag vereinbarte Frist bis 31. März 1997, innert welcher die Kaufrechtsberechtigten den Abschluss des Hauptvertrags verlangen konnten, verwirkt ist. Zur Wahrung dieser Frist bedurfte es einer einseitigen bedingungslosen Erklärung seitens der Kaufrechtsberechtigten, dass der Abschluss des Kaufvertrags verlangt werde. Da die Essentialia des Grundstückkaufs bzw. des Kaufrechtsvertrags, nämlich das Vertragsgrundstück und der Kaufpreis nebst weiteren Bestimmungen , im Vorvertrag bereits festgehalten waren, genügte eine solche einseitige Erklärung der Kaufrechtsnehmer, um die Gemeinde als Grundeigentümerin zu verpflichten, den Kaufrechtsvertrag abzuschliessen (Urs Hess, in Heinrich Honsell/Nedim Peter Vogt/Wolfgang Wiegand [Hrsg.], Basler Kommentar, 2003, Art. 216 OR N.4). Gestützt auf diesen Vorvertrag zum limitierten Kaufsrecht lag die Entscheidungsmacht zum Abschluss des Kaufrechtsvertrags bei der Erbengemeinschaft D, weshalb es nicht auf Willensäusserungen der Vertragspartnerin ankommt. Da es sich bei der Ausübungserklärung um eine einseitige, gestaltende Erklärung handelt, ist auch nicht entscheidend, wie die Vertragspartnerin die entsprechende Ausübungserklärung verstehen konnte oder musste, sondern es kommt nur darauf an, wie diese für sich gesehen nach objektiven Gesichtspunkten zu verstehen ist.

4.2 Das Schreiben vom 17. März 1997, das der damalige Rechtsvertreter namens der Erben von D an das Bauamt zuhanden des Gemeinderats X richtete und worin um Erstreckung der am 31. März 1997 ablaufenden Frist zur Abgabeerklärung bis Ende Juni 1997 gebeten wurde, weil eine Seite seiner Mandantschaft noch über das Ergebnis der Besprechungen mit der Gemeinde hinsichtlich Anpassungs- und Gestaltungsarbeiten zu orientieren war, erfüllt die Anforderungen an eine bedingungslose Ausübungserklärung nicht. Daran ändert nichts, dass seitens der Gemeinde dieses Schreiben ausdrücklich als Willenserklärung zum Abschluss des Kaufvertrags über ca. 155m2 Land an der L-Strasse gemäss Ziffer 7/IV/1 entgegengenommen wurde. Deshalb stellt sich auch die Frage nach der Bedeutung der in deren Antwortschreiben vom 27. März 1997 eingeräumten Fristverlängerung für die Ausübungserklärung bis Ende Juni 1997, die dazu im Widerspruch stand, nicht.

4.3 Mit Schreiben vom 24. März 1997 an die Beschwerdegegnerin dagegen hat der Rechtsvertreter der Erbinnen Frau B, Frau A und Frau E klar und bedingungslos die Ausübungserklärung abgegeben, indem er in deren Auftrag "den Abschluss des Kaufsrechtsvertrages über ca. 155 m2 Land an der L-Strasse im Sinne von Ziffer 7, lit. d der 'weiteren Bestimmungen' des Abtretungsvertrages vom 9. April 1996" beantragte, "um die Erklärungsfrist der Erben zu wahren, soweit diese am Erwerb der Seeparzelle als Teil-Realersatz für die Abtretung von Kat.-Nr. 01 interessiert sind".

Die Ausübungserklärung erfolgte somit innert Frist; der Anspruch der Beschwerdeführerinnen ist nicht verwirkt.

4.4 Wenn in der Folge die Vertragsparteien über weitere Details, wie Gestaltung des Grundstücks und Durchführung der Anpassungsarbeiten, des abzuschliessenden Kaufrechtsvertrags verhandelten und die Kaufrechtsberechtigten dabei zu verstehen gaben, dass sie erst nach einer Einigung in ihrem Sinn den Vertrag abschliessen wollten, so berührte das den Bestand ihrer Forderung auf Abschluss des Kaufrechtsvertrags nicht. Auch wenn sie dabei von weiterer Fristerstreckung zur Abgabe der Willenserklärung auf Abschluss des Kaufrechtsvertrags sprachen, so hatte das nicht die Bedeutung eines Verzichts auf ihren nicht verwirkten Anspruch auf Abschluss des Kaufrechtsvertrags. Mit Schreiben vom 30. Juli 1997 erklärte ihr Rechtsvertreter vielmehr erneut, dass die Erben von D den Abschluss des Kaufrechtsvertrags gemäss Expropriationsvertrag verlangten, und aus dieser erneuten Erklärung lässt sich auch nicht schliessen, dass sie zuvor, nämlich fristgerecht vor dem 31. März 1997, den Abschluss des Kaufrechtsvertrags nicht verlangt hätten. Auch der Umstand, dass der von den Kaufrechtsnehmern mit Schreiben vom 5. August 1997 in Aussicht gestellte definitive Vertragstext nie vorgelegt wurde und diese seit ihrem Schreiben vom 19. November 1997 und ihrer Einsprache vom 4. Mai 1998 betreffend das Konzessionsgesuch der Gemeinde für eine Sperrzone Schifffahrt Strandbad F bis zu ihrem Gesuch vom 16. März 2006 nichts mehr von sich hatten hören lassen, liess ihren Anspruch auf Abschluss des Kaufrechtsvertrags nicht untergehen.

5.

Eine andere Frage ist, ob der nicht verwirkte Anspruch der Klägerinnen auf Abschluss des Kaufrechtsvertrags verjährt ist, was die Beschwerdegegnerin mit ihrem Einwand der Verwirkung sinngemäss geltend macht.

5.1 Der mit dem Vorkaufsrechtsvertrag den Erben D eingeräumte Anspruch auf Abschluss des Kaufrechtsvertrags unterliegt der allgemeinen zehnjährigen Verjährung nach Art.127 OR. Die Verjährung beginnt mit der Fälligkeit der Forderung zu laufen (Art. 130 Abs.1 OR). Gemäss Abtretungsvertrag vom 9. April 1996 bzw. dem darin enthaltenen Vorvertrag zum Abschluss eines Kaufrechtsvertrags konnte der Abschluss dieses Vertrags ohne anfängliche zeitliche Limite, d.h. ab sofort, bis zum 31.März 1997 verlangt werden. Das heisst, dass der Anspruch auf Abschluss des Kaufrechtsvertrags am 9. April 1996 fällig war (BGE 110 II 178, BGE 50 II 404; Robert K. Däppen, in Basler Kommentar, Art.130 OR N. 6; Andreas von Tuhr, Allgemeiner Teil des Schweiz. Obligationenrechts, Tübingen, 1925, II. Halbband, S. 607). Gemäss Art. 132 OR begann die Verjährungsfrist am 10.April 1996 und endete am 9. April 2006 (Art. 132 OR in Verbindung mit Art. 77 Abs. 1 Ziff.3 OR). Eine Unterbrechung der Verjährung seitens der Kaufrechtsberechtigten fand nicht statt. Sie haben ihren Anspruch nicht gerichtlich geltend gemacht, wie dies Art. 135 Ziff.2 OR zur Unterbrechung der Verjährung verlangt. Ihr Schreiben vom 16. März 2006 an den Gemeinderat X, mit welchem die Ausübung des Kaufrechts gemäss Expropriationsvertrag erklärt wurde, hatte keine verjährungsunterbrechende Wirkung.

Ob eine verjährungsunterbrechende Anerkennung des Anspruchs seitens der Gemeinde vorliegt, z. B. mit deren Schreiben betreffend Anpassungsarbeiten und Bepflanzung vom 17. Dezember 1997 (Art. 135 Ziff. 1 OR; BGE 119 II 378), kann offen bleiben. Ebenso kann offen bleiben, ob im Beschluss des Gemeinderats X vom 11. Juli 2006, mit welchem unter unzutreffendem Hinweis auf die Verwirkung des Anspruchs auf das Begehren um Ausübung des Kaufrechts nicht eingetreten wurde, eine Verjährungseinrede gesehen werden kann. Die Klage ist nämlich aus einem anderen Grund abzuweisen.

5.2 Nach Art. 216a OR dürfen Kaufsrechte für höchstens zehn Jahre vereinbart und im Grundbuch vorgemerkt werden. Diese maximale Vertragsdauer beginnt schon mit dem Abschluss des Vorvertrags betreffend Kaufrechtsvertrag. Da der Kaufrechtsnehmer gestützt auf den Vorvertrag durch einseitige Erklärung den Abschluss des Kaufrechtsvertrags erwirken kann, der Kaufrechtsgeber also bereits mit Abschluss des Vorvertrags gebunden ist, würde ein Beginn der zehnjährigen Dauer des Kaufrechts erst mit dem Abschluss des Kaufrechtsvertrags auf eine von vornherein über zehn Jahre hinaus verlängerte Dauer des Kaufrechts hinauslaufen, was Art. 216a OR widerspricht. Ein entsprechender Hinweis des Notariats und Grundbuchamts X ist denn auch im Abtretungsvertrag unter den "Weiteren Bestimmungen" zum Kaufsrecht Ziffer 2 Absatz 2 ausdrücklich festgehalten. Anders verhält es sich, wenn die Parteien nachträglich eine neue Vereinbarung treffen. Im vorliegenden Fall haben die Parteien jedoch keine neue Vereinbarung über eine Verlängerung der Dauer des Kaufrechts, die öffentlich zu beurkunden gewesen wäre, getroffen.

Selbst wenn die Klägerinnen ihren Anspruch auf Abschluss des Kaufrechtsvertrags vor Ablauf der Verjährung gerichtlich geltend gemacht hätten oder dieser Anspruch wegen Anerkennung durch die Gemeinde noch nicht verjährt wäre, hätte der Hauptvertrag, d.h. der Kauf des Grundstücks durch Ausübung eines vorher zustandegekommenen Kaufrechtsvertrags, bis zum 9. April 2006 rechtsverbindlich abgeschlossen sein müssen. Das ist nicht geschehen. Am 9. April 2006 ist das Kaufsrecht, das auszuüben die Klägerinnen aufgrund des Vorvertrags vom 9. April 1996 das Recht hatten, erloschen.

5.3 Die Klage ist daher abzuweisen. Wenn der zwar nicht aus dem von ihm genannten Grund vertraglich nicht mehr gebundene Gemeinderat sich nicht mehr bereit erklärte, den Klä­gerinnen das Grundstück freiwillig zu verkaufen, so hätte diese Erklärung auch ohne förmlichen Beschluss und ohne Begründung abgegeben werden können.

6.

Die Kosten des Rekursverfahrens vor dem Bezirksrat sind der Beschwerdegegnerin/
Beklagten aufzuerlegen, da es ihr an der Kompetenz zur Verweigerung des Vertragsabschlusses durch Verfügung mangelte und sie in ihrem Beschluss eine falsche Rechtsmittelbelehrung anführte.

Die Kosten des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens sind den Klägerinnen unter solida­rischer Haftung einer jeden für das Ganze aufzuerlegen. Eine Parteientschädigung ist ausgangsgemäss nicht zuzusprechen (§ 17 Abs. 2 VRG).

7.

Gegen dieses Urteil ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten nach Art.82ff. des Bundesgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005 (BGG) zulässig. Soweit eine Verletzung von Bundeszivilrecht geltend gemacht wird (vgl. die Rechtsprechung zur zivilrechtlichen Berufung: BGE 112 II 107 E. 1 und VGr, 3. März 2005, VK.2004.00002, E.4.2, www.vgrzh.ch), kann zusätzlich Beschwerde in Zivilsachen nach Art. 72 ff. BGG erhoben werden. Die Beschwerden sind innert 30 Tagen nach Zustellung dieses Urteils beim Bundesgericht einzureichen (Art.100 BGG). Die Anforderungen an die Beschwerdeschrift richten sich nach Art. 42 BGG.

Demgemäss entscheidet die Kammer:

Fr. 3'500.--; die übrigen Kosten betragen:
Fr. 60.-- Zustellungskosten,
Fr. 3'560.-- Total der Kosten.

8. Mitteilung an

Quelle: https://www.zh.ch/de/gerichte-notariate/verwaltungsgericht.html
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