E-MailWeiterleiten
LinkedInLinkedIn

Urteil Verwaltungsgericht (ZH - VB.2005.00453)

Zusammenfassung des Urteils VB.2005.00453: Verwaltungsgericht

Das Verwaltungsgericht ist zuständig für Beschwerden im Strassenverkehr gemäss dem Verwaltungsrechtspflegegesetz. Eine Teilrevision des Strassenverkehrsgesetzes wurde 2001 verabschiedet, aber der vorliegende Fall wird nach altem Recht beurteilt. Es wird erklärt, wann der Führerausweis entzogen werden kann und welche Unterschiede es bei den Verkehrsregelverletzungen gibt. Es wird betont, dass Verwaltungs- und Strafverfahren kohärent sein sollten. Die Dauer des Warnungsentzugs richtet sich nach verschiedenen Faktoren, und im konkreten Fall wird dem Beschwerdeführer ein schweres Verschulden vorgeworfen. Die Gerichtskosten betragen insgesamt Fr. 2'060.--.

Urteilsdetails des Verwaltungsgerichts VB.2005.00453

Kanton:ZH
Fallnummer:VB.2005.00453
Instanz:Verwaltungsgericht
Abteilung:1. Abteilung/1. Kammer
Verwaltungsgericht Entscheid VB.2005.00453 vom 14.12.2005 (ZH)
Datum:14.12.2005
Rechtskraft:Dieser Entscheid ist rechtskräftig.
Leitsatz/Stichwort:Warnungsentzug nach Kollision mit zwei Fussgängern, die ihren schweren Verletzungen erlagen. Der Beschwerdeführer lässt eine weitere Reduktion der Entzugsdauer um vier auf zwei Monate beantragen.
Schlagwörter: Recht; Fussgänger; Verkehr; Urteil; Verwaltungs; Verfahren; Strasse; Führer; Richter; Beurteilung; Entscheid; Führerausweis; Sachverhalt; Verhältnisse; Sicht; Verkehrsregelverletzung; Verwaltungsverfahren; Verwaltungsbehörde; Schwere; Umstände; Massnahme; Verhältnissen; Fussgängerstreifen; Verschulden; Beschwerden
Rechtsnorm:-
Referenz BGE:-
Kommentar:
-

Entscheid des Verwaltungsgerichts VB.2005.00453

1.1 Die grundsätzliche Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts zur Beurteilung von Beschwerden gegen administrative Massnahmen im Strassenverkehr findet ihre Grundlage in §41 Abs.1 des Verwaltungsrechtspflegegesetzes vom 24.Mai 1959 (VRG). Die Behandlung entsprechender Beschwerden erfolgt gemäss §38 Abs.2 lit.a VRG durch den Einzelrichter. Nach §38 Abs.3 Satz2 VRG ist die einzelrichterliche Beurteilung indessen ausgeschlossen, wenn Entscheide des Regierungsrats angefochten sind. Nachdem hier Letzteres der Fall ist, hat die Geschäftserledigung in Dreierbesetzung zu erfolgen (vgl. §38 Abs.1 VRG).

1.2 Am 14.Dezember 2001 wurde die Teilrevision des Strassenverkehrsgesetzes vom 19.Dezember 1958 (SVG) verabschiedet. Die revidierten Bestimmungen wurden seither gestaffelt in Kraft gesetzt. Der Entscheid der Beschwerdegegnerin erging noch unter der Herrschaft alten Rechts. In übergangsrechtlicher Sicht gilt, dass nach bisherigem Recht angeordnete Massnahmen nach bisherigem Recht zu beurteilen sind (Ziff.III Abs.2 des Änderungsgesetzes vom 14.Dezember 2001, AS2002, 2767). Damit ist der vorliegende Fall nach altem Recht zu beurteilen.

2.1 Nach Art.16 Abs.2 SVG kann der Führerausweis entzogen werden, wenn der Führer Verkehrsregeln verletzt und dadurch den Verkehr gefährdet andere belästigt hat (Satz1). In leichten Fällen kann eine Verwarnung ausgesprochen werden (Satz2). Der Führerausweis muss entzogen werden, wenn der Führer den Verkehr in schwerer Weise gefährdet hat (Art.16 Abs.3 lit.a SVG). Das Gesetz unterscheidet somit:

Nach der Rechtsprechung stimmen die Regelungen von Art.16 Abs.3 lit.a SVG und Art.90 Ziff.2 SVG inhaltlich überein (BGE120 Ib 285, 123 II 37). Der schwere Fall der Verkehrsregelverletzung beim Führerausweisentzug entspricht somit der groben Verkehrsregelverletzung im Sinn von Art.90 Ziff.2 SVG bei den Strafbestimmungen. Dementsprechend ist bei Vorliegen eines Schuldspruchs wegen Verstosses gegen Art.90 Ziff.2 SVG der obligatorische Ausweisentzug im Sinn von Art.16 Abs.3 lit.a SVG zu verfügen. Umgekehrt bedeutet dies, dass im Fall einer Verurteilung wegen einfacher Verkehrsregelverletzung nur ein fakultativer Ausweisentzug im Sinn von Art.16 Abs.2 SVG in Frage kommt, es sei denn, die Voraussetzungen zum Abweichen vom Strafurteil seien gegeben.

2.2 Im Interesse von einheitlicher Rechtsanwendung und Rechtssicherheit gilt es zu vermeiden, dass derselbe Lebensvorgang zu voneinander abweichenden Sachverhaltsfeststellungen von Verwaltungs- und Justizbehörden führt und die erhobenen Beweise abweichend gewürdigt bzw. rechtlich beurteilt werden. Das Strafverfahren bietet durch die verstärkten Mitwirkungsrechte des Beschuldigten, die umfassenderen persönlichen und sachlichen Ermittlungsinstrumente sowie die weiterreichenden prozessualen Befugnisse besser Gewähr dafür, dass das Ergebnis der Sachverhaltsermittlung näher bei der materiellen Wahrheit liegt als im nicht durchwegs derselben Formstrenge unterliegenden Verwaltungsverfahren. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts hat daher die Verwaltungsbehörde sofern eine Anzeige an den Strafrichter bereits erfolgt mit einer solchen zu rechnen ist grundsätzlich mit ihrem Entscheid zuzuwarten, bis ein rechtskräftiges Strafurteil vorliegt, soweit der Sachverhalt die rechtliche Qualifikation des in Frage stehenden Verhaltens für das Verwaltungsverfahren von Bedeutung sind (BGE119 Ib 158 E.2c/bb). Dies ist vorliegend denn auch geschehen.

Die Verwaltungsbehörde darf von den Feststellungen im Strafurteil nur abweichen, wenn sie Tatsachen feststellt und ihrem Entscheid zu Grunde legt, die dem Strafrichter unbekannt waren, wenn sie zusätzliche Beweise erhebt, sowie wenn der Strafrichter bei der Rechtsanwendung auf den Sachverhalt nicht sämtliche Rechtsfragen abgeklärt hat. Die Verwaltungsbehörde hat vor allem dann auf die Feststellungen im Strafurteil abzustellen, wenn dieses im ordentlichen Verfahren ergangen ist. Sie ist aber unter bestimmten Voraussetzungen auch an einen Strafentscheid gebunden, der im Strafbefehlsverfahren gefällt wurde, selbst wenn er ausschliesslich auf einem Polizeirapport beruht. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Beschuldigte wusste angesichts der Schwere der ihm vorgeworfenen Delikte voraussehen musste, dass gegen ihn ein Führerausweisentzugsverfahren eröffnet würde, und er es trotzdem unterlässt darauf verzichtet, im Rahmen des (summarischen) Strafverfahrens die ihm garantierten Verteidigungsrechte geltend zu machen. Unter diesen Umständen darf der Betroffene nicht das Verwaltungsverfahren abwarten, um allfällige Rügen vorzubringen und Beweisanträge zu stellen, sondern ist nach Treu und Glauben verpflichtet, dies bereits im Rahmen des (summarischen) Strafverfahrens zu tun, sowie allenfalls die nötigen Rechtsmittel zu ergreifen (BGE123 II 97, 121 II 214 E.3a). In reinen Rechtsfragen, wozu die Beurteilung der Schwere eines Falls zählt, ist die Administrativbehörde demgegenüber nicht an die Ansicht des Strafrichters gebunden (BGE115 Ib 163 E.2a, 103 Ib 101 E.2c).

4.1 Die Dauer des Warnungsentzugs richtet sich vor allem nach der Schwere des Verschuldens, dem Leumund als Motorfahrzeugführer sowie nach der beruflichen Notwendigkeit, ein Motorfahrzeug zu führen (Art.33 Abs.2 der Verkehrszulassungsverordnung vom 27.Oktober 1976 [VZV]). Alle Umstände sind dabei gesamthaft zu würdigen, und es ist im Einzelfall die Entzugsdauer so festzusetzen, dass die mit der Massnahme beabsichtigte erzieherische und präventive Wirkung am besten erreicht wird (BGE124 II 44, 128 II 173). Beim Warnungsentzug darf die Sanktion das Mass des Verschuldens daher nicht übersteigen. Bei dessen Beurteilung müssen die objektiven Umstände des Einzelfalls herangezogen werden, doch können diese bei der Bemessung der Entzugsdauer nur soweit berücksichtigt werden, als sie auch verschuldensmässig von Bedeutung sind.

4.2 Der Beschwerdeführer lässt vorbringen, dass im Strafverfahren nicht verbindlich abgeklärt werden konnte, ob die beiden Fussgänger die Strasse auf dem entfernteren Bereich des Fussgängerstreifens kurz danach überquert hätten. Zu Gunsten des Beschwerdeführers sei demnach davon auszugehen, dass er gegenüber den Fussgängern nicht zu erhöhter Aufmerksamkeit verpflichtet war, zumal diese auch dunkel gekleidet gewesen seien und es bereits Nacht war. Dem ist entgegenzuhalten, dass der mit den örtlichen Verhältnissen vertraute Beschwerdeführer gemäss seinen eigenen Angaben unmittelbar vor dem Unfall weder in der eigenen Fahrtrichtung noch auf der Gegenfahrbahn Verkehr auf der Strasse wahrnahm und selbst im aufgrund der örtlichen Verhältnisse sehr unwahrscheinlichen Fall, dass die beiden Fussgänger die Strasse jenseits des Fussgängerstreifens, aber immer noch in dessen direkter Nähe, betreten hätten, genügend Zeit gehabt hätte, auf die Fussgänger aufmerksam zu werden und rechtzeitig zu bremsen und anzuhalten. Unbestrittenermassen hat der Beschwerdeführer die Fussgänger aber erst beim Zusammenstoss und damit vorher überhaupt nicht wahrgenommen. Es vermag ihn bei Berücksichtigung der durchgehenden Strassenbeleuchtung und uneingeschränkten Sichtverhältnisse (Rekursschrift, S.2) auch die dunkle Kleidung der beiden Fussgänger nicht zu entlasten, weshalb ihm eine in hohem Mass ungenügende Aufmerksamkeit vorzuwerfen ist.

4.3 Zusammengefasst wird dem mit den örtlichen Verhältnissen vertrauten Beschwerdeführer nicht eine bloss Sekundenbruchteile beanspruchende Unaufmerksamkeit vorgeworfen, sondern das gänzliche Übersehen der die Strasse auf dem Fussgängerstreifen kurz danach von links betretenden Fussgänger bis zum Kollisionszeitpunkt, und zwar bei durchgehender Strassenbeleuchtung und uneingeschränkten Sichtverhältnissen und fehlenden weiteren Verkehrsbewegungen. Zudem erweist sich die vom Beschwerdeführer eingehaltene Geschwindigkeit bei den gegebenen örtlichen Verhältnissen bzw. der damaligen Witterung klar als unangepasst, so dass mit der Vorinstanz von einem recht schweren Verschulden im Sinn von Art.33 Abs.2 VZV auszugehen ist.

Fr. 2'000.--; die übrigen Kosten betragen:
Fr. 60.-- Zustellungskosten,
Fr. 2'060.-- Total der Kosten.

6. Mitteilung an

Quelle: https://www.zh.ch/de/gerichte-notariate/verwaltungsgericht.html
Wollen Sie werbefrei und mehr Einträge sehen? Hier geht es zur Registrierung.

Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

Hier geht es zurück zur Suchmaschine.