Zusammenfassung des Urteils VB.2005.00345: Verwaltungsgericht
Der Kläger A hat gegen die Ablehnung seines Gesuchs Beschwerde eingelegt, um ohne ärztliche Verschreibung eine tödliche Dosis Natrium-Pentobarbital zu erhalten. Das Verwaltungsgericht entscheidet, dass die gesetzliche Regelung, die den Bezug des Stoffes nur mit ärztlichem Rezept erlaubt, nicht gegen das Recht auf Privatleben verstösst. Die Gerichtskosten von CHF 1'060.- werden dem Kläger auferlegt.
Kanton: | ZH |
Fallnummer: | VB.2005.00345 |
Instanz: | Verwaltungsgericht |
Abteilung: | 3. Abteilung/3. Kammer |
Datum: | 17.11.2005 |
Rechtskraft: | Das Bundesgericht hat eine Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen diesen Entscheid am 03.11.2006 abgewiesen. |
Leitsatz/Stichwort: | Bezug von 15 Gramm Natrium-Pentobarbital zwecks Suizid ohne Vorlage eines ärztlichen Rezepts: |
Schlagwörter: | ärztlich; Suizid; Recht; Rezept; Natrium-Pentobarbital; Sterbehilfe; Anspruch; Urteil; Patienten; Gesundheit; Selbsttötung; Betäubungsmittel; Staat; Beihilfe; Verfügung; Suizidbeihilfe; Bezug; Gesuch; Schweiz; Freiheit; Gesundheitsdirektion; Dosis; Auffassung |
Rechtsnorm: | - |
Referenz BGE: | - |
Kommentar: | Alfred Kölz, Jürg Bosshart, Martin Röhl, Kommentar zum Verwaltungsrechtspflegegesetz des Kantons Zürich, §17 N.19 VRG, 1999 |
I.
A leidet seit Jahren an einer psychischen Krankheit und musste deswegen schon mehrfach psychiatrisch interniert werden. Da er sein Leben aufgrund der schwer behandelbaren Erkrankung, welche zur Gewährung einer Invalidenrente führte, als nicht mehr menschenwürdig erachtet, möchte er diesem mithilfe des Vereins "Dignitas Menschenwürdig leben Menschenwürdig sterben" durch Einnahme von 15 Gramm Natrium-Pentobarbital ein Ende setzen. Für die Substanz hat er aber kein ärztliches Rezept erhältlich machen können, weshalb er mit Schreiben vom 8.Juni 2005 beim Kantonsarzt und Kantonsapotheker Gesuche zum Bezug des Stoffes ohne Vorlage einer ärztlichen Verschreibung bei der Apotheke C über die Organisation Dignitas stellte. In der Folge wurde die Sache von der Gesundheitsdirektion übernommen. Mit Verfügung vom 3.August 2005 wurde das Gesuch abgewiesen.
II.
Gegen die ablehnende Verfügung der Gesundheitsdirektion erhob A am 1.September 2005 Beschwerde an das Verwaltungsgericht mit den Anträgen um Aufhebung der angefochtenen Verfügung sowie es sei seinem Gesuch zum Bezug einer tödlichen Dosis Natrium-Pentobarbital ohne ärztliche Verschreibung zu entsprechen, unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zulasten der Gesundheitsdirektion. Die Beschwerdegegnerin beantragte mit Eingabe vom 5.Oktober 2005 die Abweisung der Beschwerde, unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zulasten des Beschwerdeführers. Am 19.Oktober 2005 reichte der Beschwerdeführer eine Tagungsdokumentation der Universität St. Gallen vom 13.Oktober 2005 zum Thema "Sterbehilfe Grundsätzliche und praktische Fragen" ins Recht.
Die Kammer zieht in Erwägung:
1.
1.1 Das Verwaltungsgericht ist zur Behandlung der gegen die Verfügung der Gesundheitsdirektion vom 3.August 2005 erhobenen Beschwerde sachlich und funktionell zuständig (§41 in Verbindung mit §19a Abs.2 Ziff.3 des Verwaltungsrechtspflegegesetzes vom 24.Mai 1959 [VRG]). Dies gilt unabhängig vom Umstand, dass der Beschwerdeführer in Italien wohnhaft ist, will er doch die 15 Gramm Natrium-Pentobarbital über den im Kanton Zürich domizilierten Verein Dignitas bei der Apotheke C in der Stadt Zürich beziehen. Aufgrund des Territorialitätsprinzips ist die Zuständigkeit der hiesigen Behörden sowie die Anwendbarkeit des schweizerischen öffentlichen Rechts gegeben (Ulrich Häfelin/Georg Müller, Allgemeines Verwaltungsrecht, 4.A., Zürich 2002, Rz.357, 359ff.). Weil auch die übrigen Voraussetzungen erfüllt sind, ist auf die Beschwerde einzutreten.
1.2 Der Beschwerdeführer wirft der Gesundheitsdirektion eine Verletzung des rechtlichen Gehörs vor, weil sich diese mit den Ausführungen in seinem Gesuch nicht "argumentativ" auseinander gesetzt und den geltend gemachten Anspruch "lapidar" verneint habe. Die Rüge ist unbegründet. Es trifft zwar zu, dass die Ablehnung des Gesuchs nur kurz begründet wurde; zu berücksichtigen ist indessen, dass die Gesundheitsdirektion nicht als Rechtsmittelinstanz, sondern als Bewilligungsbehörde verfügt hat; eine eingehendere Auseinandersetzung mit den vom Beschwerdeführer vorgebrachten Argumenten durfte daher einem allfälligen Rechtsmittelverfahren, wie es nunmehr vor Verwaltungsgericht durchzuführen ist, vorbehalten bleiben.
2.
2.1 Die Vorinstanz stellt sich auf den Standpunkt, Natrium-Pentobarbital sei ein abhängigkeitserzeugender psychotroper Stoff im Sinn von Art.1 Abs.3 lit.c des Betäubungsmittelsgesetzes vom 3.Oktober 1951 (BetmG, SR 812.121), der den Betäubungsmitteln gleichgestellt sei (vgl. auch Art.1 Abs.4 BetmG in Verbindung mit Art.1 und Anhang a der Verordnung vom 12.Dezember 1996 des Schweizerischen Heilmittelinstituts über die Betäubungsmittel und psychotropen Stoffe vom 12.Dezember 1996, SR 812.121.2). Zum Verordnen von Betäubungsmitteln seien nach Art.10 Abs.1 BetmG diejenigen Ärztinnen und Ärzte befugt, die nach Art.9 Abs.1 BetmG über die Bewilligung zur selbstständigen Ausübung ihres Berufes verfügten. In den Apotheken dürfe die Abgabe von Betäubungsmitteln an das Publikum nur auf ärztliche tierärztliche Verordnung hin erfolgen (Art.13 BetmG in Verbindung mit Art.9 Ziff.1 des Übereinkommens vom 21.Februar 1971 über psychotrope Stoffe, SR 0.812.121.02). Da der Beschwerdeführer über kein ärztliches Rezept verfüge, sei es ihm aufgrund der klaren gesetzlichen Rechtslage verwehrt, diesen Stoff bei der betreffenden Apotheke zu beziehen. Auch lasse sich aus Art.8 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) keine solche positive Leistungspflicht des Staates ableiten.
2.2 Der Beschwerdeführer macht demgegenüber geltend, der Staat habe den Entschluss eines Menschen, sein eigenes Leben beenden zu wollen, nicht nur zu respektieren, sondern dürfe es ihm auch nicht unmöglich machen, dies ohne unangemessene Risiken und ohne Schmerzen tun zu können. Letzteres wäre über die Einnahme von Natrium-Pentobarbital gewährleistet. Das von Art.8 Abs.1 EMRK garantierte Recht, seinem eigenen Leben ein Ende bereiten zu können, sei jedoch illusorisch, da der Bezug des Stoffes nur über ein ärztliches Rezept möglich sei. Ein solches zu erhalten sei aber beim Vorliegen einer psychischen Erkrankung unmöglich, würde doch einem das Rezept ausstellenden Arzt vom Kantonsarzt die Praxisbewilligung entzogen, weshalb kein Arzt dazu bereit sei. Werde aber die Durchsetzung eines von der EMRK garantierten Rechts verunmöglicht, habe der Staat dafür zu sorgen, dass das Freiheitsrecht gleichwohl ausgeübt werden könne, nötigenfalls über eine Einzelfall-Verfügung, wenn sich die Gesetzgebung nicht innert nützlicher Frist ändern lasse.
3.
3.1 Suizidhandlungen, verstanden als Verhaltensweisen, die sich wissentlich und willentlich auf die Herbeiführung des eigenen Todes richten, sind als solche in der Schweiz nicht strafbar. Nach Art.115 des Strafgesetzbuchs (StGB) wird, wer aus selbstsüchtigen Beweggründen jemanden zum Suizid verleitet ihm dazu Hilfe leistet, mit Freiheitsstrafe zwischen drei Tagen und fünf Jahren bestraft, sofern der Suizid ausgeführt versucht wurde. Beihilfe zum Suizid liegt vor, wenn jemand einen Menschen bei der Verwirklichung eines bereits gefassten Entschlusses zur Selbsttötung unterstützt. Die Strafbarkeit des Beteiligten beschränkt sich auf die aus selbstsüchtigen Beweggründen geleistete Hilfe. Straflos bleibt insbesondere der Fall, dass jemand einem Patienten mit infauster Prognose die nötigen Mittel verschafft und die erforderlichen Instruktionen erteilt, damit dieser sich selber das Leben zu nehmen vermag, was denn auch tatsächlich geschieht (Jörg Rehberg in: Heinrich Honsell [Hrsg.], Handbuch des Arztrechts, Zürich 1994, S.316, 322ff.).
Der Ausdruck "Sterbehilfe" schliesst nach der Wortbedeutung jede Art von Erleichterung der Beendigung des Lebens eines an einer irreversiblen Krankheit traumatischen Schädigung leidenden Menschen in sich. In juristischer Hinsicht wird zwischen "aktiver" und "passiver" Sterbehilfe unterschieden. Unter Ersterer wird verstanden, dass jemand auf irgendeine Art (zum Beispiel durch Injektion eines Giftes) in die körperliche Integrität des Patienten eingreift, um den Eintritt seines Todes zu beschleunigen. Nicht dazu gehört aber der schon erwähnte Fall, dass man ihm Mittel zur Verfügung stellt, die er selber dazu verwenden will, um sich damit das Leben zu nehmen; rechtlich gesehen handelt es sich hierbei um Beihilfe zum Selbstmord. Passive Sterbehilfe kennzeichnet sich dadurch, dass die ärztlichen Betreuenden bzw. Pflegenden des Sterbenden keine Massnahmen treffen, durch welche der Eintritt des Todes hinausgezögert werden könnte. Die passive Natur der Sterbehilfe ist dadurch charakterisiert, dass dem natürlichen Krankheitsgeschehen und Sterbeprozess freier Lauf gelassen wird (Rehberg, S.315f.).
3.2 Wie sich aus den in der angefochtenen Verfügung zutreffend zitierten Bestimmungen der Betäubungsmittelgesetzgebung ergibt, stützt sich die Ablehnung des Gesuchs des Beschwerdeführers, ohne Vorlage eines ärztlichen Rezeptes in einer Apotheke 15 Gramm Natrium-Pentobarbital beziehen zu können, auf eine klare (bundesrechtliche) gesetzliche Grundlage, welche dem vom Beschwerdeführer gewünschten Vorgehen entgegensteht. Nach Auffassung des Beschwerdeführers verstösst diese Regelung gegen Art.8 Abs.1 EMRK, weil sie dazu führe, dass er seinen sich aus dieser konventionsrechtlichen Bestimmung abzuleitenden Anspruch, seinem eigenen Leben ohne unangemessene Risiken und ohne Schmerzen ein Ende bereiten zu können, nicht wirksam wahrnehmen könne.
3.3 Gemäss Art.8 Abs.1 EMRK hat jedermann Anspruch unter anderem auf Achtung seines "Privatlebens". Art.8 Abs.2 EMRK umschreibt die Voraussetzungen, unter denen dieser Anspruch eingeschränkt werden kann. Der Eingriff muss gesetzlich vorgesehen sein und eine Massnahme darstellen, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral und zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist. Eine ähnliche Garantie wie Art.8 Abs.1 EMRK enthält der dieser Bestimmung nachgebildete Art.13 Abs.1 der Bundesverfassung vom 8.April 1999 (BV), wonach jede Person unter anderem Anspruch auf Achtung ihres Privatlebens hat. Gemäss Art.191 BV sind Bundesgesetze und Völkerrecht für die rechtsanwendenden Behörden massgebend. Sollte sich der vom Beschwerdeführer geltend gemachte Anspruch entsprechend dessen Auffassung aus Art.8 Abs.1 EMRK ableiten lassen, läge ein Widerspruch zwischen dieser konventionsrechtlichen Bestimmung und dem Betäubungsmittelgesetz vor. Aufgrund der neueren bundesgerichtlichen Rechtsprechung ist davon auszugehen, dass diesfalls das Konventionsrecht Vorrang hätte (Yvo Hangartner in: Bernhard Ehrenzeller et al. [Hrsg.], Die Schweizerische Bundesverfassung, Zürich etc. 2002, Art.191 Rz.28; Ulrich Häfelin/Walter Haller, Schweizerisches Bundesstaatsrecht, 6.A., Zürich etc. 2005, N.1925f., je mit Hinweisen). Da die Betäubungsmittelgesetzgebung für sich allein betrachtet (ohne Einbezug von Art.8 Abs.1 EMRK) gestützt auf Art.191 BV unabhängig von einer allfälligen Verfassungswidrigkeit anzuwenden wäre (vgl. Häfelin/Haller, N.2086), ist im Folgenden in erster Linie zu prüfen, ob sich der vom Beschwerdeführer behauptete Anspruch tatsächlich aus Art.8 Abs.1 EMRK ableiten lasse.
3.4 In Lehre und Rechtsprechung wird allgemein davon ausgegangen, dass dem Einzelnen die Freiheit zukommt, über Art und Zeitpunkt der Beendigung seines eigenen Lebens zu befinden, was aus dem Recht auf persönliche Freiheit gemäss Art.10 Abs.2 BV sowie aus dem Recht auf Achtung des Privatlebens gemäss Art.13 Abs.1 BV, Art.8 Abs.1 EMRK und Art.17 des Internationalen Pakts vom 16.Dezember 1966 über bürgerliche und politische Rechte (UNO-Pakt II) abgeleitet wird. Über diesen anerkannten Anspruch hinaus führt jedoch die Frage, ob dem Suizidwilligen ein Anspruch zustehe, dass ihm Beihilfe bei einer Selbsttötung aktive Sterbehilfe geleistet wird, wenn er sich ausserstande sieht, selber seinem Leben ohne eine solche Beihilfe Hilfe ein Ende zu bereiten. Art.8 Abs.1 EMRK beinhaltet nach dem heutigen Stand der Rechtsprechung keinen solchen Anspruch (Tobias Jaag/Markus Rüssli, Sterbehilfe in staatlichen Spitälern, Kranken- und Altersheimen, ZBl 102/2001, S.113ff., insbesondere S.120 mit Hinweisen). Auch der Drittperson, welche diese Beihilfe leisten will, steht dementsprechend kein Anspruch in dem Sinne zu, dass sie, sofern sie ohne selbstsüchtigen Beweggrund und damit ohne strafrechtliche Verantwortlichkeit nach Art.115 StGB handelt, diese Beihilfe unter Missachtung der Bestimmungen des Betäubungsmittelgesetzes leisten dürfte. Weder der Beschwerdeführer selbst noch die nach seinem Willen einzubeziehende Organisation Dignitas kann daher gestützt auf Art.8 EMRK die tödlich wirkende Dosis Natrium-Pentobarbital ohne Vorliegen eines ärztlichen Rezeptes in einer Apotheke beziehen. Aus den in der Beschwerdeschrift zitierten Entscheiden der Europäischen Menschenrechtskommission und des Europäischen Gerichtshofes lässt sich nichts anderes ableiten, tangieren diese doch das Recht, den Freitod zu wählen, ohne aber einen diesbezüglichen Anspruch gegenüber Dritten auf Suizidbeihilfe aktive Sterbehilfe zu begründen. Ebenso wenig führen die vom Beschwerdeführer zitierten Lehrmeinungen (Luzius Wildhaber in: Internationaler Kommentar zur Europäischen Menschenrechtskonvention, Köln etc. 1992, Art.8 N.267-269 mit Hinweisen auf weitere Autoren) zu einem anderen Schluss. Die Erforderlichkeit einer ärztlichen Verschreibung für den Bezug von Natrium-Pentobarbital und damit einhergehend die Voraussetzung einer medizinischen Indikation hierfür stellen aber keine Konventionswidrigkeiten dar. Der Vollständigkeit halber sei an dieser Stelle angemerkt, dass der Europarat am 27.April 2005 einen Resolutionsentwurf betreffend Sterbehilfe als legitimes Mittel zur Beendigung des Lebens bei schwerer Erkrankung zurückgewiesen hat.
3.5 Wie erwähnt, macht der Beschwerdeführer geltend, Art.8 Abs.1 EMRK werde jedenfalls mittelbar durch die Ablehnung seines Gesuchs gleichwohl verletzt, weil es ihm nicht möglich sei, mittels eines ärztlichen Rezeptes die benötigte Dosis Natrium-Pentobarbital zu beziehen. Es müsse nämlich berücksichtigt werden, dass Ärzte, welche bei Vorliegen einer psychischen Erkrankung ein solches Rezept ausstellten, Gefahr liefen, dass ihnen die Praxisbewilligung entzogen werde (Beschwerdeschrift Ziff.16 und 17). Werde aber die Durchsetzung eines von der EMRK garantierten Rechts verunmöglicht, habe der Staat dafür zu sorgen, dass das Freiheitsrecht gleichwohl ausgeübt werden könne, nötigenfalls über eine Einzelfall-Verfügung, wenn sich die Gesetzgebung nicht innert nützlicher Frist ändern lasse (Beschwerdeschrift Ziff.18). Der Beschwerdeführer hat dies bereits in seinem Gesuch vom 8.Juni 2005 an den Kantonsarzt als einen ihm bei der geschilderten Sach- und Rechtslage zustehenden "Anspruch auf eine positive Leistung des Staates" bezeichnet, was die Gesundheitsdirektion veranlasste, ihre ablehnende Verfügung vom 3.August 2005 in erster Linie damit zu begründen, dass sich eine derartige positive Leistungspflicht aus Art.8 Abs.1 EMRK nicht ableiten lasse. In der Beschwerdeschrift bezeichnet der Beschwerdeführer den von ihm angestrebten Bezug von Natrium-Pentobarbital ohne ärztliches Rezept erneut als positive Leistung des Staates, auf welche ihm unter den geschilderten Umständen ein Anspruch zustehe.
Dabei geht es allerdings, was vorab klarzustellen ist, nicht um positive Leistungspflichten des Staates, wie sie sich aus den sozialen Grundrechten (etwa dem Recht auf Nothilfe nach Art.12 BV dem Anspruch auf Grundschulunterricht nach Art.19 BV) ergeben können. Vielmehr beruft sich der Beschwerdeführer richtig verstanden damit darauf, dass den Freiheitsrechten, wenngleich sie primär Abwehrrechte gegenüber dem Staat darstellten, auch ein konstitutiv-institutioneller Charakter zukomme, was auch für die hier in Frage stehende Garantie (Schutz der Privatsphäre nach Art.8 Abs.1 EMRK und Art.13 BV) zu gelten habe (zum konstitutiv-institutionellen Charakter von primär als Abwehrrechte konzipierten Freiheitsrechten vgl. Häfelin/Haller, N.261ff.; im besonderen bezüglich der EMRK-Garantien vgl. Mark Villiger, Handbuch der Europäischen Menschenrechtskonvention, 2.A., Zürich 1999, N.174ff.).
3.6 Die mit der Suizidbeihilfe (wie auch mit der Sterbehilfe) verbundenen Fragen sind aus ethischer und rechtlicher Sicht ausserordentlich komplex. Die gesetzlichen Einschränkungen und faktischen Behinderungen, welche dem vom Beschwerdeführer mit seinem Gesuch angestrebten Vorgehen entgegenstehen, ihm jedoch nach seiner Auffassung angesichts des konstitutiv-institutionellen Gehalts von Art.8 Abs.1 EMRK nicht entgegengehalten werden dürfen, berühren in erster Linie zwei Aspekte im ganzen Problemfeld der Suizidbeihilfe, nämlich die Rolle des Arztes bei der Sterbeassistenz sowie die besondere Problematik der Suizidbeihilfe bei suizidwilligen Menschen mit psychischen Störungen.
3.6.1 Mit beiden Aspekten hatte sich das Verwaltungsgericht in einem Urteil vom 15.Juli 1999 (VB.99.00145, abgedruckt in: ZBl 101/2000, S.489ff.; AJP 2000, S.474ff.) zu befassen. Zu beurteilen war die Beschwerde eines Arztes, dem gestützt auf die §§8ff. des Gesundheitsgesetzes vom 4.November 1962 (GesundheitsG) die Praxisbewilligung auf präventivmedizinische Tätigkeiten eingeschränkt worden war, weil er einer psychisch kranken 29-jährigen Frau eine tödliche Dosis Natrium-Pentobarbital verschrieben hatte. In der Urteilsbegründung wurden die unterschiedlichen Standpunkte bezüglich der Stellung der Arztperson aufgeführt, nämlich die aus ethischen Gründen wenn überhaupt nur unter eingeschränkten Voraussetzungen akzeptierte Sterbehilfe (die Bedingungen sind in den mittlerweile überarbeiteten "Medizinisch-ethischen Richtlinien für die ärztliche Betreuung von zerebral schwerst geschädigten Langzeit-Patienten der Schweizerischen Akademie der medizinischen Wissenschaften [SAMV] aufgeführt, www.samw.ch; vgl. auch das Thesenpapier der Schweizerischen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie zum Problem der Beihilfe zum Suizid, www.psychiatrie.ch) bis hin zur Forderung anderer, welche das Recht auf einen würdevollen Tod als Teil des Anspruchs auf ein menschenwürdiges Leben und somit als Element der persönlichen Freiheit des Patienten sehen. Gestützt auf die damaligen Unterlagen wurde darauf hingewiesen, in der Ärzteschaft habe in den letzten Jahren ein gewisser Sinneswandel stattgefunden, seien doch nach Angaben von "EXIT, Vereinigung für humanes Sterben" offenbar sieben von zehn Ärzten bereit, ihren sterbewilligen Patienten mit infauster Prognose das fragliche Rezept auszustellen. Die Gesundheitsdirektion selber scheine ihre Argumentation, wonach die Verabreichung eines Betäubungsmittels in tödlich wirkender Dosis gegen die anerkannten Regeln der medizinischen Wissenschaft verstosse und eine Verletzung der Sorgfaltspflicht darstelle, nicht in letzter Konsequenz anwenden zu wollen, hätte sie doch bei dieser Betrachtungsweise dem betreffenden Arzt, welcher schon früher wiederholt Rezepte für Natrium-Pentobarbital in tödlicher Dosis verschrieben hatte, auferlegen müssen, auf die Rezeptierung der Substanz ganz zu verzichten und nicht lediglich zu verlangen, dass er die Patienten vor der Rezeptierung persönlich untersuche. Die Frage brauche aber nicht abschliessend erörtert zu werden, da sich die verfügte Praxisbeschränkung auch dann als rechtens erweise, wenn zu Gunsten des Beschwerdeführers von der grundsätzlichen Zulässigkeit der Rezeptierung von Natrium-Pentobarbital ausgegangen werde (VB.99.00145, E.6a). Es sei unklar, ob die straflose Beihilfe zum Selbstmord voraussetze, dass der zur Selbsttötung Entschlossene mit Bezug auf seinen Selbsttötungswunsch zurechnungs- bzw. urteilsfähig gewesen sei. Der Suizidwunsch eines Patienten könne daher für einen Arzt jedenfalls nur dann massgebend sein, wenn sich dieser von der Urteilsfähigkeit des Patienten überzeugt habe. Bei Patienten mit geistiger Beeinträchtigung sei diesbezüglich besondere Vorsicht am Platz (E.6b). Auch wenn von der strafrechtlichen Schuldlosigkeit des Arztes, das heisse insbesondere von der Uneigennützigkeit seiner Motive und der Urteilsfähigkeit des Patienten auszugehen sei, setze die Medikation eines tödlich wirkenden Betäubungsmittels sodann jedenfalls eine nach den Regeln der Kunst vorgenommene Untersuchung und eine ebensolche Diagnose voraus. Dies entspreche Art.11 BetmG, welche Bestimmung die Ärzte verpflichte, Betäubungsmittel nur in dem Umfang zu verordnen, wie dies nach den anerkannten Regeln der medizinischen Wissenschaft notwendig sei. Eine aus medizinischer Sicht notwendige Minimalvoraussetzung für die Beihilfe zur Selbsttötung sei daher in jedem Fall eine medizinische Indikation. Sowenig für den Arzt der Wunsch eines Patienten nach einem bestimmten Medikament im Allgemeinen den Ausschlag für dessen Rezeptierung geben dürfe, sowenig könne bei der Sterbehilfe der mängelfreie Selbsttötungswunsch des Patienten allein für die Verabreichung des fraglichen Mittels genügen. Aufgrund der besonderen Stellung des Arztes, namentlich seiner Verantwortung gegenüber dem Leben und der öffentlichen Gesundheit im Allgemeinen sowie dem gesundheitlichen Wohlergehen des Einzelnen im Besonderen, welche auch seine Unterstellung unter die staatliche Kontrolle rechtfertige, gehöre es zu seiner Aufgabe, rezeptpflichtige Medikamente Betäubungsmittel nur soweit einzusetzen, als dies aus medizinischer Sicht erforderlich sei. Das bedeute, dass sich der behandelnde Arzt nicht nur über die Urteilsfähigkeit eines Sterbewilligen, sondern auch darüber Gewissheit zu verschaffen habe, dass im Sinn der SAMW-Richtlinien ein Leiden vorliege, das unabwendbar zum Tod führe (E.6c). Ob als Leiden in diesem Sinn auch eine Geisteskrankheit gelten könne, sei bereits äusserst fraglich. Die Todesprognose erstrecke sich bei diesen Krankheiten im Gegensatz zu den somatischen Erkrankungen regelmässig nicht auf den eigentlichen Krankheitsverlauf, sondern allein auf das Risiko der Selbsttötung. Unter diesen Umständen könne schwerlich von einem Sterbenden im Sinn der SAMW-Richtlinien gesprochen werden. Anderseits sei nicht zu verkennen, dass psychische Erkrankungen in gleichem Mass wie somatische ein Leiden begründen können, das dem Patienten sein Leben als nicht mehr weiter lebenswert erscheinen lasse. Eine dermassen motivierte Selbsttötung vermöge daher unter Umständen in der Gesellschaft Akzeptanz zu finden. Aber auch diese Frage brauche nicht weiter erörtert zu werden, da sich die zu beurteilende Einschränkung der Praxisbewilligung zufolge Sorgfaltspflichtverletzungen auch dann rechtfertige, wenn man zu Gunsten des betreffenden Arztes annehmen wollte, die nahe Selbsttötungswahrscheinlichkeit eines Geisteskranken könne grundsätzlich die ärztliche Sterbehilfe rechtfertigen (E.6c). Die eine bestimmte ärztliche Massnahme indizierende Untersuchung und Diagnose habe den anerkannten Regeln der medizinischen Wissenschaft zu genügen. Ziehe ein Arzt wie im Fall der Sterbehilfe eine Massnahme mit tödlicher und damit irreversibler Folge für den Patienten in Betracht, seien sowohl bei der Untersuchung als auch bei der Diagnose höchste Anforderungen an die ärztliche Sorgfaltspflicht zu stellen (E.6d).
3.6.2 Das verwaltungsgerichtliche Urteil vom 15.Juli 1999 ist von Ludwig A. Minelli, Generalsekretär des Vereins Dignitas, kritisiert worden. So würden unter anderem keinerlei Überlegungen darüber angestellt, inwieweit der liberale Staat Rechtsunterworfenen, welche ihres Lebens überdrüssig geworden seien, gewissermassen eine "Pflicht zum Weiterleben" auferlegen dürfe. Hingegen scheine das Urteil antönen zu wollen, ein ärztlich ermöglichter Freitod dürfe nur dort akzeptiert werden, wenn ein Leiden vorliege, das nach Auffassung der von der SAMW erlassenen Richtlinien "unabwendbar zum Tod führe". Die Europäische Menschenrechtskommission habe angedeutet, die Selbsttötung könnte zur Privatsphäre des Einzelnen im Sinn von Art.8 Abs.1 EMRK gehören. Letztlich bedeute dies, dass die Achtung vor dem Selbstbestimmungsrecht des Menschen auch bezüglich dessen Selbsttötung vom Staat verlange, dass er den begleiteten Freitod nicht behindere, sondern unter eindeutigen Bedingungen ermögliche. Der ganze Bereich könnte ohne weiteres aus dem medizinischen Kontext ausgegliedert werden, sei doch ein Sterbewilliger, der den begleiteten Freitod beabsichtige, entschlossen, nicht nur auf seine Gesundheit, sondern auch auf sein Leben zu verzichten. Das einzige wesentliche Interesse der Gesellschaft in einem solchen Falle könne nur sein, dass die Selbsttötung ohne Gefahr des verkrüppelten Weiterlebens des gescheiterten Suizidenten der Schädigung Dritter erfolge und dass mit dem dazu zur Verfügung gestellten Barbiturat keine Schädigungen von Personen erfolgen, die ihrerseits nicht sterbewillig seien. Um diese Ziele zu verfolgen, bedürfe es keiner ärztlichen Kenntnisse. Die Missbrauchsverhütung erfolge schon jetzt praktisch ausschliesslich dadurch, dass nur spezialisierte Organisationen im Bereich der Freitodhilfe tätig seien und somit aufgrund ärztlichen Rezepts in den Besitz des letalen Mittels gelangten. Der Arzt werde derzeit nur deswegen benötigt, weil er allein berechtigt sei, das für den begleiteten Freitod benötigte Barbiturat überhaupt zu verschreiben. Bezüglich des Freitodwunsches aus psychischen Gründen hält der Autor fest, sorgfältig arbeitende Organisationen seien damit äusserst zurückhaltend und würden ihre Abklärungen umso umfassender vornehmen, je jünger die Person sei (AJP 2000, S.474, insbesondere "Bemerkungen", S.478ff.). Im gleichen Sinn und in vertiefter Weise äussert sich Minelli in einem späteren Aufsatz (Die EMRK schützt die Suizidfreiheit, AJP 2004, S.491ff.).
Yvo Hangartner hält in seinen "Zusätzliche Bemerkungen" zu diesem Urteil (AJP 2000, S.482) den Ausführungen von Minelli entgegen, nach verbreiteter Auffassung beinhalte das Recht, auf sein eigenes Leben zu verzichten, nicht auch den grundrechtlichen Anspruch, Beihilfe zur Selbsttötung zu erhalten beziehungsweise vom Staat verlangen zu können, dass er Beihilfe zur Selbsttötung nicht verbiete; würde nur auf das Selbstbestimmungsrecht des Einzelnen abgestellt, müsste konsequenterweise auch die Tötung auf Verlangen (Art.114 StGB) grundsätzlich freigegeben werden. Angesichts der Rechtslage in Europa sei nicht anzunehmen, dass sich die Praxis des Europäischen Gerichtshofes in absehbarer Zeit in diese Richtung entwickle. Im fraglichen Urteil habe das Verwaltungsgericht die Einschränkung der Praxisbewilligung des mitwirkenden Arztes deswegen bestätigt, weil dieser das rezeptpflichtige Barbiturat verschrieben habe, ohne die sterbewillige Patientin vorher gesehen und untersucht zu haben. Ein Arzt, der so vorgehe, handle in Missachtung seiner gesetzlich gebotenen Sorgfaltspflicht, und zwar entgegen den Ausführungen von Minelli nicht nur dann, wenn es um Heilung Schmerzlinderung gehe, sondern erst recht dann, wenn das Leben selbst auf dem Spiele stehe.
Georg Bosshard/Walter Bär (beides Rechtsmediziner) behandeln in ihrem Aufsatz "Sterbeassistenz und die Rolle des Arztes, Überlegungen zur aktuellen Debatte um die Regelung von Suizidbeihilfe und aktiver Sterbehilfe in der Schweiz" (AJP 2002, S.407) die aktuellen parlamentarischen Vorstösse zu diesem Thema (insbesondere die abgelehnten parlamentarischen Initiativen Cavalli und Vallender) und gehen sodann auf die Frage ein, ob und inwiefern der ärztlichen Mitwirkung bei einer künftigen Regelung der Suizidhilfe eine Funktion zukommen solle. Sie sind der Auffassung, die Sterbeassistenz lasse sich ohne Mitverantwortung von Ärzten nicht sinnvoll regeln, die aufgeworfenen Fragen sollten aber nicht ausschliesslich über die Verknüpfung mit einer ärztlichen Mitwirkung gelöst werden. Bezugnehmend auf das verwaltungsgerichtliche Urteil vom 15.Juli 1999 stellen sie infrage, wie sich die Beschränkung der Indikation auf (suizidwillige) Sterbende ethisch begründen lasse. Künftige Regulierungen der Suizidbeihilfetätigkeit von Sterbehilfeorganisationen sollten aber eine ärztliche Mitwirkung zumindest insoweit sicherstellen, als der Arzt bei den Vorabklärungen zu einer Suizidbeihilfe so gut als möglich auszuschliessen habe, dass der Sterbewunsch im Zusammenhang mit therapierbaren und/oder selbstlimitierten medizinischen Krankheitsbildern stehe.
In ihrem interdisziplinären Beitrag "Urteilsfähigkeit von Menschen mit psychischen Störungen und Suizidbeihilfe" (SJZ 101/2005, S.53ff.; überarbeitete Fassung eines Gutachtens, das die Sterbehilfeorganisation EXIT als Reaktion auf den im verwaltungsgerichtlichen Urteil vom 15.Juli 1999 beurteilten Fall hatte erstellen lassen) vergleichen Klaus Peter Rippe/Christian Schwarzenegger/Georg Bosshard/Martin Kiesewetter die Rechtslage in der Schweiz mit jener im Ausland. Anschliessend gehen sie aus ethischer Sicht näher auf zwei Positionen zur Zulässigkeit der Suizidhilfe ein, nämlich die Ausnahmesituation terminal Kranker, welche Betrachtungsweise die Zulässigkeit der Suizidhilfe auf Sterbende beschränken wolle, sowie das Recht auf Selbstbestimmung, von welcher Position aus sich zwar keine Verpflichtung von Mitmenschen zur Suizidhilfe, jedoch die Frage ergebe, ob der Staat die Verpflichtung habe, solche Handlungen zuzulassen. Aus rechtlicher Sicht befassen sich die Autoren unter anderem mit der Frage, inwieweit die ärztliche Rezeptierung von Natrium-Pentobarbital zwecks Suizidbeihilfe für Menschen mit psychischen Störungen zu Sanktionen gegen den Arzt (Entzug Teilentzug der Praxisbewilligung) führen könne. Sie nehmen dabei Bezug auf das verwaltungsgerichtliche Urteil vom 15.Juli 1999 sowie auf ein als Folge dieses Urteils erlassenes Kreisschreiben des Zürcher Kantonsarztes, in dem erläutert wird, wie nach Auffassung der zürcherischen Gesundheitsbehörde ein rezeptierender Arzt vorgehen muss, um einem psychisch Kranken Sterbehilfe zu leisten, ohne straf-, zivil- und gesundheitsrechtliche Konsequenzen fürchten zu müssen. In ihrer eigenen Würdigung (welche Aspekte berücksichtigt, zu denen im genannten Urteil nicht nicht abschliessend Stellung genommen wurde) gelangen sie zum Schluss, dass eine ärztliche Verschreibung von Natrium-Pentobarbital in den zahlenmässig seltenen Fällen urteilsfähiger Personen mit psychischer Störung nicht von vornherein als kontraindiziert und somit als Verletzung der ärztlichen Sorgfaltspflichten anzusehen sei. Vielmehr könnte ähnlich wie dies bei Patienten in einem chronisch-vegetativen Zustand ohne Todesnähe zur Rechtfertigung des Abbruchs lebenserhaltender Massnahmen herangezogen werde eine Medikation von Natrium-Pentobarbital in tödlicher Dosis als statthaft angesehen werden, sofern sie auf einer sorgfältigen Abklärung beruhe, welche der negativen Verlaufsprognose der psychischen Krankheit, dem Leidenszustand des Patienten und der Dauerhaftigkeit dieses Leidens Rechnung trage. Eine Schwierigkeit liege dabei allerdings darin, Suizidwünsche, die in erster Linie als Ausdruck der psychischen Störung zu interpretieren und dementsprechend zu behandeln seien, von Suizidwünschen zu unterscheiden, die als autonom, dauerhaft und wohlerwogen einzustufen seien, weil sie nicht direkt im krankheitsbedingten Geschehen des Betroffenen verwurzelt seien, sondern sich indirekt als dessen Reflexion auf sein Leid, die Prognose und seine Gesamtsituation darauf bezögen. Diese Unterscheidung könne im Einzelfall nicht ohne psychiatrisches Expertenwissen getroffen werden, weshalb ein psychiatrisches Gutachten unumgänglich sei (vgl. auch Frank Th. Petermann, Der Entwurf eines Gesetzes zur Suizid-Prävention, AJP 2004, S.1111ff., insbesondere S.1119f.). Rippe/Schwarzenegger/Bosshard/Kiesewetter setzen demnach mit ihren Schlussfolgerungen klarerweise voraus, dass bei Suizidwilligen mit psychischen Störungen eine gründliche ärztliche Mitwirkung erforderlich ist, was umso mehr ein Festhalten an der ärztlichen Rezeptpflicht für den Bezug von Natrium-Pentobarbital impliziert.
3.7 Wie sich aus den vorstehend wiedergegebenen Fachbeiträgen ergibt, sind die mit der Suizidbeihilfe verbundenen Fragen aus rechtlicher, ethischer und psychiatrischer Sicht komplex und die dabei vertretenen Auffassungen äusserst kontrovers. Das liegt in der Natur der Sache, weil damit grundlegende ethische Fragen berührt werden (vgl. auch Nationale Ethikkommission im Bereich Humanmedizin, "Beihilfe zum Suizid", Stellungnahme Nr.9/2005 vom 27.April2005, www.nek-cne.ch). Bei dieser komplexen und kontroversen Sach- und Rechtslage (E.3.6) sowie angesichts der klaren gesetzlichen Grundlage (E.3.2) und des heutigen Standes der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes zu Art.8 Abs.1 EMRK (E.3.4) bietet auch die vom Beschwerdeführer verfochtene Anknüpfung an den konstitutiv-institutionellen Charakter dieser von ihm angerufenen Garantie (E.3.5) keine hinreichende Grundlage, um hieraus einen Anspruch darauf abzuleiten, dass ein Suizidwilliger unter Beizug einer Sterbehilfeorganisation ohne ärztliches Rezept und ohne ärztliche Untersuchung eine tödliche Dosis von Natrium-Pentobarbital beziehen darf. Der Entscheid zu dieser Frage muss vielmehr dem Gesetzgeber vorbehalten bleiben. Inwieweit die einer Rezeptierung vorausgehende ärztliche Untersuchung gehen muss, damit die ärztliche Sorgfaltspflicht (§12 Abs.1 GesundheitsG) als gewahrt erscheint, muss hier anders als im verwaltungsgerichtlichen Urteil vom 15.Juli 1999 (wo hingegen anders als hier die Rezeptpflicht nicht direkt infrage stand) nicht näher erörtert werden. Wie in jenem Urteil festgehalten, sind jedenfalls für die Beurteilung der Einhaltung der ärztlichen Sorgfaltspflicht jeweils auch die eher ethisch motivierten Empfehlungen der SAMW als Auslegungshilfe zu berücksichtigen (zur Auslegungshilfe rechtlich unverbindlicher Vorschriften privater Vereinigungen vgl. auch Max Imboden/René Rhinow, Schweizerische Verwaltungsrechtsprechung, Bd.I, 6.A., Basel/Frankfurt a.M. 1986, Nr.5 B III/b).
4.
Zusammenfassend ergibt sich, dass die Beschwerde abzuweisen ist, weil die gesetzliche Regelung, wonach das vom Beschwerdeführer gewünschte Natrium-Pentobarbital nur aufgrund eines ärztlichen Rezeptes bezogen werden kann, nicht gegen die Garantie von Art.8 Abs.1 EMRK (Achtung des Privatlebens) verstösst. Es kann überdies angemerkt werden, dass sich aus dem Arztzeugnis von Dr. med. D vom 9.September2004 keine medizinische Indikation für den vom Beschwerdeführer angestrebten terminalen Schritt ergibt, wird doch darin lediglich summarisch festgehalten, dass die diagnostizierte bipolare affektive Störung aufgrund von Verlauf und bisherigen Behandlungsmöglichkeiten bzw. Behandlungsergebnissen einen deutlichen (neuro-)biologischen Ursprung habe, entsprechend schwer behandelbar sei und zu Rückfällen (auch ohne äussere belastende Ereignisse) neige.
5.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind die Gerichtskosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (§70 in Verbindung mit §13 Abs.2 VRG) und es steht ihm keine Parteientschädigung zu (§17 Abs.2 VRG). Der Beschwerdegegnerin ist ebenfalls keine Parteientschädigung zuzusprechen, gehört doch die Beantwortung von Rechtsmitteln zu ihrem angestammten Aufgabenbereich, weshalb nur bei ausserordentlich hohen Umtrieben eine Prozesskostenvergütung beansprucht werden könnte (Alfred Kölz/Jürg Bosshart/Martin Röhl, Kommentar zum Verwaltungsrechtspflegegesetz des Kantons Zürich, 2.A., Zürich 1999, §17 N.19).
Demgemäss entscheidet die Kammer:
Fr. 1'000.--; die übrigen Kosten betragen:
Fr. 60.-- Zustellungskosten,
Fr. 1'060.-- Total der Kosten.
5. Mitteilung an
Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.
Hier geht es zurück zur Suchmaschine.