Zusammenfassung des Urteils VB.2003.00362: Verwaltungsgericht
A bezog bis September 2002 Sozialhilfe von der Behörde X, die jedoch ab Oktober 2002 eingestellt wurde. Nachdem ihr Rekurs abgelehnt wurde, beantragte A rückwirkend ab Oktober 2002 Sozialhilfeleistungen in angemessener Höhe. Der Bezirksrat wies den Rekurs ab, woraufhin A Beschwerde beim Verwaltungsgericht einreichte. Das Gericht entschied, dass die Beschwerde teilweise gutgeheissen wird und die Sache zur Neubeurteilung an den Bezirksrat zurückverwiesen wird. Die Gerichtskosten werden zur Hälfte der Behörde auferlegt.
Kanton: | ZH |
Fallnummer: | VB.2003.00362 |
Instanz: | Verwaltungsgericht |
Abteilung: | 3. Abteilung/Einzelrichter |
Datum: | 15.12.2003 |
Rechtskraft: | Dieser Entscheid ist rechtskräftig. |
Leitsatz/Stichwort: | Sozialhilfe: Entschädigung für Haushaltführung; Lebensmittel |
Schlagwörter: | Bezirksrat; Betrag; Haushalt; Sozialbehörde; Rekurs; Röhl; Richtlinien; Merkblatt; Bedarfs; Haushalts; Unterstützung; Gesuch; GrundbedarfI; Berechnung; Beschwerdeschrift; Person; Verbindung; Begehren; Kölz/Bosshart/; Hilfe; Medikamente; Überschuss; Zusatzversicherung; Prozessführung; Einzelrichter; Antrag |
Rechtsnorm: | - |
Referenz BGE: | - |
Kommentar: | Alfred Kölz, Jürg Bosshart, Martin Röhl, Kommentar zum Verwaltungsrechtspflegegesetz des Kantons Zürich, §54 N.3, 2000 |
A bezog bis September 2002 von der Sozialbehörde X wirtschaftliche Hilfe von monatlich Fr.166.60. Ab Oktober 2002 stellte die Sozialbehörde die Unterstützung ein. Ein Gesuch um Wiederaufnahme der Unterstützung lehnte sie am 2.April 2003 aufgrund folgender für den Monat März 2003 angestellter Bedarfsberechnung ab:
Mietzins ½ von Fr.1'090.- Fr. 545.-
GrundbedarfI ½ von Fr.1'576.- Fr. 788.-
GrundbedarfII ½ von Fr.158.- Fr. 79.-
Medikamente (nicht kassenpflichtig) Fr. 420.80
Diätkosten Fr. 404.-
Zusatzversicherungen SWICA Fr. 30.20
Total Bedarf Fr. 2'267.-
./. IV-Rente Fr. 1'439.-
./. Zusatzleistungen (EL) Fr. 1'210.- Fr. 2'469.-
Überschuss 1 Fr. 382.-
Krankenkassenprämie (KVG) Fr. 232.10
Überschuss 2 Fr. 149.90
Dagegen erhob A am 10. April 2003 Rekurs an den Bezirksrat Y. Sie machte geltend, nach ihrer Berechnung ergebe sich ein monatliches Defizit von Fr.113.90. Allein die HIV-Medikamente kosteten monatlich Fr.1'340.75, wovon sie jeweils 10 %, also Fr.135.- bis zur Rückerstattung im Rahmen der Ergänzungsleistungen bevorschussen müsse. In Anbetracht ihrer gesundheitlichen Probleme würde ihr ein Betrag von monatlich Fr.300.- bis Fr.500.- sehr helfen.
Der Bezirksrat Y wies den Rekurs am 3. September 2003 ab. Er stellte im Wesentlichen die gleiche Bedarfsberechnung wie die Sozialbehörde an, berücksichtigte aber zusätzlich einen Betrag von Fr.125.- für Franchise und Selbstbehalt bei der Zusatzversicherung.
III.
Mit Beschwerde vom 7. Oktober 2003 beantragte A dem Verwaltungsgericht, die Sozialbehörde X sei zu verpflichten, ihr rückwirkend ab Oktober 2002 Sozialhilfeleistungen in angemessener Höhe zu erbringen. Ferner ersuchte sie um Gewährung der unentgeltlichen Prozessführung.
Der Bezirksrat Y verzichtete auf eine Stellungnahme. Die Sozialhilfebehörde X ersuchte am 3. November 2003 um Abweisung der Beschwerde.
Der Einzelrichter zieht in Erwägung:
betragsmässig bestimmt bestimmbar sein (Alfred Kölz/Jürg Bosshart/Martin Röhl, Kommentar zum Verwaltungsrechtspflegegesetz des Kantons Zürich, 2. A., Zürich 1999, §54 N.3). Das gilt auch in Sozialhilfestreitigkeiten (RB 2000 Nr.25). Der vorliegenden Beschwerdeschrift kann ein ziffernmässig bestimmter bestimmbarer Antrag nicht entnommen werden. Ob der nunmehr durch eine rechtskundige Person vertretenen Beschwerdeführerin gestützt auf §56 Abs.1 VRG in Verbindung mit §23 Abs.2 VRG eine Nachfrist zur Einreichung einer verbesserten Beschwerdeschrift anzusetzen wäre, ist fraglich, denn diese Vorschrift will in erster Linie sicherstellen, dass auf Eingaben rechtsunkundiger Personen nicht eingetreten wird, ohne dass ihnen zuvor Gelegenheit zur Abfassung einer formgültigen Beschwerdeschrift geboten wird (Kölz/Bosshart/Röhl, §56 N.6). Obwohl ein ziffernmässig bestimmter bestimmbarer Antrag fehlt, kann jedoch im vorliegenden Fall von einer formgültigen Beschwerde ausgegangen werden, weil sich der Streitgegenstand aufgrund der Beschwerdebegründung wenn auch betragsmässig nicht genau, so doch gleichwohl hinreichend eingrenzen lässt.
Wer für seinen Lebensunterhalt und den seiner Familienangehörigen nicht hinreichend nicht rechtzeitig aus eigenen Mitteln aufkommen kann, hat nach §14 des Sozialhilfegesetzes vom 14. Juni 1981 (SHG) Anspruch auf wirtschaftliche Hilfe. Diese soll das soziale Existenzminimum gewährleisten, das neben den üblichen Aufwendungen für den Lebensunterhalt auch individuelle Bedürfnisse angemessen berücksichtigt (§15 Abs.1 SHG). Grundlage der Bemessung bilden gemäss §17 der Verordnung zum Sozialhilfegesetz vom 21. Oktober 1981 (SHV) die Richtlinien der schweizerischen Konferenz für Sozialhilfe in der Fassung vom Dezember 2002 (SKOS-Richtlinien), wobei begründete Abweichungen im Einzelfall vorbehalten bleiben.
Nach den genannten Richtlinien setzt sich das individuelle Unterstützungsbudget aus der materiellen Grundsicherung, bestehend aus dem GrundbedarfI undII für den Lebensunterhalt, den Wohnkosten und der medizinischen Grundversorgung einerseits und aus situationsbedingten Leistungen anderseits zusammen (SKOS-Richtlinien, Ziff.A.6).
Wohnkosten verlangte die Beschwerdeführerin in ihrem Rekurs an den Bezirksrat gemäss (erneut) beigelegter Aufstellung nicht mehr als die Anrechnung des "Mietanteils" von Fr.545.-, welchen bereits die Beschwerdegegnerin in deren Bedarfsrechnung berücksichtigt hatte. Mit der Beschwerde verlangt sie erstmals, unter diesem Titel einen zusätzlichen Betrag zwischen Fr.90.- und Fr.120.- für Wohnnebenkosten zu berücksichtigen. Sie beruft sich dabei auf die Ansätze gemäss beigelegtem "Merkblatt für unverheiratete Paare" der Arbeitsgemeinschaft Schweizerischer Budgetberatungsstellen (Merkblatt ASB). - Im Beschwerdeverfahren sind neue Begehren unzulässig, soweit damit der Streitgegenstand verändert wird (Kölz/Bosshart/Röhl, §52 N.3; zur differenzierteren Handhabung dieses Grundsatzes im erstinstanzlichen Rekursverfahren vgl. Kölz/Bosshart/ Röhl, §20 N.37). Letzteres trifft hier zu; auf das neue Begehren ist daher nicht einzutreten. Wie angemerkt werden kann, ist das von der Beschwerdeführerin eingereichte Merkblatt ASB für die Berechnung des sozialhilferechtlichen Bedarfs nicht massgebend (vgl. nachstehend E.3.3).
Entschädigung für deren Haushaltsführung bezahlen müsse.
Die Beschwerdeführerin macht geltend, infolge ihrer Krankheiten sei sie nicht in der Lage, bei der Führung des Haushalts wesentlich mitzuhelfen. Bei der Berechnung der diesbezüglichen Entschädigung sei vom beigelegten Merkblatt ASB auszugehen. Danach habe bei ungleicher Belastung mit Haushaltsarbeiten der stärker belastete Partner mit einem Arbeitsaufwand von täglich 1 bis 1,5 Stunden zu rechnen, was bei einem Stundenansatz von Fr.20.- bis Fr.25.- monatlich Fr.560.- bis Fr.1'050.- ausmache. Weil die Mutter der Beschwerdeführerin nicht nur stärker, sondern praktisch ausschliesslich mit der Haushaltsführung belastet sei, rechtfertige sich die Anrechnung des maximalen Betrags von monatlich Fr.1050.-.
Einkommen anrechnen lassen muss, wenn sie den Haushalt auch für andere, nicht unterstützte Personen führt (vgl. VGr, 11. Mai 2000, VB.2000.00072 E.2b; 20. März 2003, VB.2003.00048 E.5a; beide unter www.vgrzh.ch); empfohlen wird diesbezüglich die Anrechnung eines Betrags von Fr.550.- bis Fr.900.-.
Die Beschwerdeführerin ersucht um die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege. Gemäss §70 in Verbindung mit §16 Abs.1 VRG ist privaten Prozessparteien, welchen die nötigen Mittel fehlen und deren Begehren nicht offensichtlich aussichtslos erscheinen, auf entsprechendes Ersuchen die Bezahlung von Verfahrenskosten zu erlassen. Diese Voraussetzungen sind hier aufgrund der vorliegenden Akten und gestützt auf die vorstehenden Erwägungen erfüllt. Dem Gesuch ist daher zu entsprechen. Ein Gesuch um Bestellung eines unentgeltlichen Rechtsbeistandes hat die Beschwerdeführerin nicht gestellt; die dazu erforderlichen zusätzlichen Voraussetzungen (§16 Abs.2 VRG) wären denn auch nicht ohne Weiteres gegeben.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind die Gerichtskosten zur Hälfte der Beschwerdegegnerin aufzuerlegen und zur Hälfte auf die Gerichtskasse zu nehmen (§70 in Verfbindung mit §13 Abs.2 in Verbindung mit §16 Abs.1 VRG).
Demgemäss verfügt der Einzelrichter:
Der Beschwerdeführerin wird die unentgeltliche Prozessführung gewährt;
und entscheidet:
1. Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen, soweit darauf eingetreten wird. Die Sache wird zur Neubeurteilung im Sinn der Erwägungen an den Bezirksrat Y zurückgewiesen.
2. Die Gerichtsgebühr wird festgesetzt auf
Fr. 600.--; die übrigen Kosten betragen:
Fr. 60.-- Zustellungskosten,
Fr. 660.-- Total der Kosten.
3. Die Gerichtskosten werden zur Hälfte der Beschwerdegegnerin auferlegt und zur Hälfte auf die Gerichtskasse genommen.
4.
Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.
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