Zusammenfassung des Urteils VB.2003.00359: Verwaltungsgericht
Die Vormundschafts- und Fürsorgebehörde der Gemeinde X gewährte A wirtschaftliche Hilfe und übernahm Schulden sowie Beiträge. A beantragte rückwirkend mehr Unterstützung, was jedoch abgelehnt wurde. Der Bezirksrat wies den Rekurs von A ab, woraufhin sie Beschwerde beim Verwaltungsgericht einreichte. Das Verwaltungsgericht hob den Beschluss des Bezirksrats auf und wies die Sache zur erneuten Prüfung zurück. Die Gerichtskosten betragen 1'060 CHF, und es wird keine Parteientschädigung gewährt.
Kanton: | ZH |
Fallnummer: | VB.2003.00359 |
Instanz: | Verwaltungsgericht |
Abteilung: | 3. Abteilung/3. Kammer |
Datum: | 18.12.2003 |
Rechtskraft: | Dieser Entscheid ist rechtskräftig. |
Leitsatz/Stichwort: | Schlechterstellung im Rekursverfahren (reformatio in peius) in einer Sozialhilfeangelegenheit |
Schlagwörter: | Bezirksrat; Verfahren; Hilfe; Rechtsbeistand; Verfahrens; Rekurs; Beschluss; Bestellung; Gesuch; Gemeinde; Sinne; Erwägungen; Fürsorgebehörde; Liegenschaft; Anspruch; Rekurrentin; Rechtsbeistandes; Verfahrenskosten; Bezahlung; Buchhaltungsprogramm; Nebenkosten; Unterhalt; Auszahlung; Disp-Ziff; Prozessführung; Kammer |
Rechtsnorm: | - |
Referenz BGE: | - |
Kommentar: | - |
Die Vormundschafts- und Fürsorgebehörde der Gemeinde X beschloss am 12. Februar 2003, A ab 1. Januar 2003 wirtschaftliche Hilfe von monatlich Fr.2'835.- zu leisten. Ferner übernahm sie ausstehende Hypothekarschulden des 4. Quartals 2002 (Fr.3'108.85) und für das Jahr 2002 geschuldete AHV-/IV-Beiträge von Fr.778.60. Sie ordnete an, dass die wirtschaftliche Hilfe jeweils Mitte und Ende des Monats in bar auf der Gemeindeverwaltung ausbezahlt werde.
Am 12. März 2003 beschloss die Fürsorgebehörde, die Kosten für einen Buchhaltungskurs sowie für einen Businessplan-Kurs zu übernehmen, lehnte hingegen die Bezahlung des Kaufpreises für ein Buchhaltungsprogramm ab. Weiter beschloss sie, die öffentlich-rechtlichen Gebühren für die von A bewohnte Liegenschaft L zur Hälfte zu übernehmen und stellte in Aussicht, die Hälfte anstehender Unterhaltskosten nach Vorliegen von Offerten ebenfalls zu übernehmen.
II.
A beantragte mit Rekurs vom 18. März 2003 an den Bezirksrat Y, die wirtschaftliche Hilfe sei ihr rückwirkend ab 1. Oktober 2002 zu gewähren; die Kurskosten für Weiterbildungsmassnahmen seien rückwirkend inklusive der Kaufkosten für das Buchhaltungsprogramm zu übernehmen und weitere Kurse seien gemäss Bedarfsnachweis zu bezahlen; die Nebenkosten (Versicherung und Unterhalt) im Zusammenhang mit ihrer Liegenschaft seien voll zu übernehmen; die Auszahlung der wirtschaftlichen Hilfe sei auf ihr Postcheckkonto und nicht auf dem Gemeindebüro vorzunehmen; alles unter Kosten- und Entschädigungsfolgen.
Der Bezirksrat führte nach Abschluss des Schriftenwechsels eine Parteibefragung durch und wies den Rekurs am 27. August 2003 ab, soweit er darauf eintrat (Disp.-Ziff.1). Unter Aufhebung der angefochtenen Anordnungen vom 12. Februar 2003 und 12. März 2003 stellte er im Sinne der Erwägungen fest, dass kein Anspruch auf wirtschaftliche Hilfe bestehe (Disp.-Ziff.2).
III.
Gegen diesen Beschluss hat A am 28. September 2003 Beschwerde an das Verwaltungsgericht erhoben. Sie beantragt, der angefochtene Beschluss sei aufzuheben und es sei festzustellen, dass die Beschwerdeführerin seit 1. Oktober 2002 die Voraussetzungen für die Ausrichtung wirtschaftlicher Hilfe durch die Gemeinde X erfülle. Ferner wiederholt sie die bereits vor Bezirksrat gestellten Anträge betreffend Weiterbildungskosten, Nebenkosten der Liegenschaft und Auszahlungsmodus. Zudem stellt sie den Antrag, es sei ihr die unentgeltliche Prozessführung zu gewähren und ein unentgeltlicher Rechtsbeistand zu bestellen, unter Ansetzung einer Frist zur Beschwerdeergänzung.
Der Bezirksrat und die Fürsorgebehörde X beantragen die Abweisung der Beschwerde.
Die Kammer zieht in Erwägung:
Die Legitimation der Beschwerdeführerin ist gemäss §21 lit.a VRG offensichtlich gegeben. Auf die rechtzeitig und formrichtig eingereichte Beschwerde ist einzutreten.
Der Bezirksrat hat die Rekurrentin somit nicht darauf hingewiesen, dass sie die Möglichkeit habe, einem ihre Position verschlechternden Rekursentscheid durch einen Rückzug ihres Rechtsmittels zuvorzukommen. Damit hat der Bezirksrat der Rekurrentin nach dem zuvor Ausgeführten das rechtliche Gehör verweigert. Eine Heilung dieses Mangels käme allenfalls in Frage, wenn die Rekurrentin zu erkennen gegeben hätte, dass sie ihren Rekurs auch in Kenntnis der Schlechterstellung nicht zurückgezogen hätte (Kölz/Bosshart/Röhl, §27 N.19). Solche Hinweise liegen indessen nicht vor. Der angefochtene Beschluss ist daher aufzuheben und die Angelegenheit ist an den Bezirksrat zurückzuweisen, damit er die Beschwerdeführerin nicht nur auf die beabsichtigte reformatio in peius, sondern auch auf die Möglichkeit hinweise, den Rekurs zurückzuziehen.
Die Beschwerdeführerin beantragt die unentgeltliche Prozessführung und die Bestellung eines unentgeltlichen Rechtsbeistandes.
Gemäss §70 in Verbindung mit §16 VRG ist Privaten, welchen die nötigen Mittel fehlen und deren Begehren nicht offensichtlich aussichtslos erscheint, auf entsprechendes Ersuchen die Bezahlung von Verfahrenskosten zu erlassen (Abs.1). Sie haben überdies Anspruch auf Bestellung eines unentgeltlichen Rechtsbeistands, wenn sie nicht in der Lage sind, ihre Rechte im Verfahren selbst zu wahren (Abs.2). Für die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege wird damit vorausgesetzt, dass der Gesuchsteller mittellos und sein Begehren nicht offenkundig aussichtslos ist; für die Bestellung eines unentgeltlichen Rechtsbeistands ist zusätzlich erforderlich, dass der Gesuchsteller zur Wahrung seiner Rechte eines solchen bedarf.
Da die Beschwerdeführerin obsiegt, sind ihr keine Verfahrenskosten aufzuerlegen. Das Gesuch um Befreiung von Verfahrenskosten wird damit gegenstandslos.
Weiter ist festzustellen, dies unabhängig vom konkreten Ausgang des Verfahrens, dass die Beschwerdeführerin durchaus in der Lage ist, im hier umstrittenen Bereich der Sozialhilfe ihre Interessen selbst wahrzunehmen. Das Gesuch um Bestellung eines unentgeltlichen Rechtsbeistandes ist daher abzuweisen.
Nach dem Ausgeführten ist der angefochtene Beschluss wegen Verletzung des rechtlichen Gehörs aufzuheben und die Sache zur Weiterbehandlung im Sinne der Erwägungen an den Bezirksrat Y zurückzuweisen. Damit erübrigt es sich, auf die materiellen Vorbringen der Beschwerdeführerin einzutreten.
Gemäss Verursacherprinzip wären die Kosten des vorliegenden Verfahrens dem Bezirksrat aufzuerlegen (§70 in Verbindung mit §13 Abs.2 Satz2 VRG). Indessen dürfen als Rechtsmittelbehörde waltenden Vorinstanzen mit Rücksicht auf ihre lediglich parteiähnliche Stellung und ihre Aufgabe grundsätzlich keine Kosten auferlegt werden. Die Kosten dieses Verfahrens sind daher auf die Gerichtskasse zu nehmen (Kölz/Bosshart/Röhl, §13 N.26f.).
Die anwaltlich nicht vertretene Beschwerdeführerin hat keinen Anspruch auf Parteientschädigung (§17 Abs.2 VRG), ebenso wenig wie die Beschwerdegegnerin.
Demgemäss beschliesst die Kammer:
Das Gesuch um Bestellung eines unentgeltlichen Rechtsbeistandes wird abgewiesen;
und entscheidet:
1. Die Beschwerde wird im Sinne der Erwägungen gutgeheissen. Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben und die Sache zur Weiterbehandlung im Sinne der Erwägungen an den Bezirksrat Y zurückgewiesen.
2. Die Gerichtsgebühr wird festgesetzt auf
Fr. 1'000.--; die übrigen Kosten betragen:
Fr. 60.-- Zustellungskosten,
Fr. 1'060.-- Total der Kosten.
3. Die Gerichtskosten werden auf die Gerichtkasse genommen.
4. Eine Parteientschädigung wird nicht zugesprochen.
5.
Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.
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