Zusammenfassung des Urteils VB.2003.00168: Verwaltungsgericht
Das Amt für Städtebau der Stadt Zürich verweigerte der AAG die baurechtliche Bewilligung für einen Prismenwender mit Fremdwerbung. Die Baurekurskommission hob diese Entscheidung auf und forderte die Erteilung der Baubewilligung. Die Stadt Zürich legte Beschwerde ein, die Baurekurskommission und die AAG beantragten die Abweisung der Beschwerde. Es wurde festgestellt, dass die Plakatwerbestelle die ästhetischen Anforderungen nicht erfüllt. Die Baurekurskommission entschied jedoch zugunsten der AAG, da die Plakatwerbestelle keine Beeinträchtigung darstelle. Die Beschwerde wurde abgewiesen, die Kosten der Beschwerdeführerin auferlegt und eine Parteientschädigung zugesprochen.
Kanton: | ZH |
Fallnummer: | VB.2003.00168 |
Instanz: | Verwaltungsgericht |
Abteilung: | 1. Abteilung/1. Kammer |
Datum: | 03.12.2003 |
Rechtskraft: | Dieser Entscheid ist rechtskräftig. |
Leitsatz/Stichwort: | Einordnung einer Plakatwerbestelle (Prismenwender). Ermessenskontrolle durch die Baurekurskommission |
Schlagwörter: | M-Strasse; Plakatwerbestelle; Gebäude; Einordnung; Stadt; Baurekurskommission; Prismenwender; Ermessen; Geschäftshaus; Städtebau; Bewilligung; Vorinstanz; Umfeld; Qualität; Schutzobjekt; Recht; Häuser; Verhältnis; Kat-Nr; Rekurs; Verhältnisse; Baubehörde; Wohnhäuserzeile; Südfassade; Geschäftshauses; Jahrhundert; Strassenseite |
Rechtsnorm: | - |
Referenz BGE: | - |
Kommentar: | Alfred Kölz, Jürg Bosshart, Martin Röhl, Kommentar zum Verwaltungsrechtspflegegesetz des Kantons Zürich, §60 VRG, 1999 |
Mit Verfügung vom 12. September 2002 verweigerte das Amt für Städtebau der Stadt Zürich der AAG die baurechtliche Bewilligung für einen hinterleuchteten PrisÂmenwender mit wechselnder Fremdwerbung im Format B12 auf dem Grundstück Kat.-Nr.01 an der M-Strasse09 in Zürich.
Den von der AAG hiergegen erhobenen Rekurs hiess die BaurekurskommissionI nach Durchführung eines Kommissionsaugenscheins am 28. März 2003 gut. Demgemäss wurde die Verfügung des Amts für Städtebau der Stadt Zürich vom 12.September 2002 aufgeÂhoben und die Vorinstanz eingeladen, die nachgesuchte Baubewilligung unter den allenÂfalls erforderlichen Nebenbestimmungen zu erteilen.
Mit Beschwerde vom 30. April 2003 beantragte die Stadt Zürich (Amt für Städtebau) die Aufhebung des angefochtenen Entscheids der Baurekurskommission I vom 28. März 2003, soweit sie damit zur Erteilung der Bewilligung für den streitigen Prismenwender eingeÂladen werde.
Die Baurekurskommission I am 20. Mai 2003 und die AAG am 5. Juni 2003 beanÂtragten Abweisung der Beschwerde.
Die Begründung des Rekursentscheids und die Parteivorbringen werden, soweit erforÂderÂlich, im Rahmen der nachfolgenden Erwägungen wiedergegeben.
Die 1. Kammer zieht in Erwägung:
Der von der Beschwerdeführerin beantragte Augenschein ist nicht erforderlich. Die tatÂsächlichen Verhältnisse sind aus den Akten, insbesondere den Plänen und den von der Vorinstanz anlässlich des Augenscheins aufgenommenen und auch von der BeschwerÂdeÂführerin eingereichten Fotografien klar ersichtlich (Alfred Kölz/Jürg Bosshart/Martin Röhl, Kommentar zum Verwaltungsrechtspflegegesetz des Kantons Zürich, 2. A., Zürich 1999, §60 N. 14; RB 1981 Nr. 1).
Der kommunalen Baubehörde steht bei der Anwendung der Ästhetikvorschrift von §238 des Planungs- und Baugesetzes vom 7. September 1975 (PBG) ein erheblicher ErmessensÂspielraum zu. Trotz umfassender Kognition (§20 des VerwaltungsrechtsÂpflegegesetzes vom 24. Mai 1959 [VRG]) hat sich die Baurekurskommission bei der ÜberÂprüfung solcher Ermessensentscheide Zurückhaltung aufzuerlegen. Ist der EinordnungsentÂscheid einer kommunalen Baubehörde nachvollziehbar, das heisst auf einer vertretbaren Würdigung der massgebenden Sachumstände beruhend, so hat sie diesen zu respektieren und darf sie nicht ihr eigenes Ermessen an die Stelle desjenigen der kommunalen Behörde setzen. Die ReÂkursinstanz darf erst dann eingreifen, wenn sich die vorinstanzliche ErmesÂsensausübung als offensichtlich unvertretbar erweist (RB 1981 Nr. 20; Kölz/Bosshart/ Röhl, §20 N. 19).
Es geht also um die Frage, ob die Baurekurskommission die vorinstanzliche ästhetische Würdigung der streitigen Plakatwerbestelle in ihrem baulichen Umfeld, die zur VerweiÂgeÂrung der Bewilligung führte, für offensichtlich nicht mehr vertretbar halten und damit ohne Rechtsverletzung in den Ermessensspielraum des Amts für Städtebau der Stadt Zürich eingreifen durfte.
Nach Auffassung der Bewilligungsbehörde genügt die streitige Plakatwerbestelle den Anforderungen an die Einordnung gemäss §238 Abs. 1 und 2 PBG nicht. Der PrismenÂwender solle auf Stützen am Ende der Vorgartenzone der aus den dreissiger Jahren des 20.Jahrhunderts stammenden Wohnhäuserzeile M-Strasse0919, die eine überdurchÂschnittliche architektonische Qualität aufweise, unmittelbar vor und parallel zu der um 3m über diese Häuserzeile hinausragenden Südfassade des direkt an die Trottoirkante geÂsetzten Geschäftshauses M-Strasse05 erstellt werden. Dieses 1964 erbaute GeschäftsÂhaus trete als präzise geschnittener Kubus mit Aluminiumverkleidung und BrüstungsÂbändern aus grünem Glas in Erscheinung und sei ebenfalls von architektonisch überdurchÂschnittlicher Qualität. Dessen architektonische Erscheinung würde durch die zwar auf der Parzelle der Wohnbaute M-Strasse09 zu stehen kommende Plakatwerbestelle entscheiÂdend beeinträchtigt, da der Prismenwender auf der makellosen Metallfläche der SeitenÂfassade einen Fremdkörper darstelle, der sich auch nicht auf die Fenster- und BrüstungsÂbänder der Hauptfassade dieses Geschäftshauses beziehen könne. Zudem würde die Nähe zum unmittelbar vor dieser Metallfläche vorkragenden Balkon im ersten Obergeschoss des Hauses M-Strasse09 zu unlösbaren architektonischen Konflikten führen. Sodann würde der nachgesuchte Prismenwender auch das Umfeld des auf der gegenüberliegenden StrasÂsenseite befindlichen Landhauses aus dem 18. Jahrhundert mit grossem Umschwung, das im kommunalen Inventar der kunst- und kulturhistorischen Schutzobjekte der Stadt Zürich figuriere, beeinträchtigen. Von einer befriedigenden Gesamtwirkung könne deshalb nicht gesprochen werden. Die Anforderungen von §238 Abs. 1 und 2 PBG seien nicht erfüllt.
Die Baurekurskommission hiess den Rekurs im Wesentlichen mit der Begründung gut, zwischen der in den Gebäudekomplex eingebundenen Reklameanlage und dem invenÂtariÂsierten Gebäude M-Strasse04 jenseits der M-Strasse bestehe kein optischer ZusamÂmenhang. Damit beurteile sich die Einordnung des umstrittenen Bauvorhabens nur nach Massgabe von §238 Abs. 1 PBG. Die strassenseitige Vorplatzzone auf dem BauÂgrundÂstück sei wenig ansprechend gestaltet, indem sie vollständig durch die GaragenÂvorplätze in Anspruch genommen werde und gänzlich unbegrünt sei. Auch wiesen das Baugrundstück (Kat.-Nr.01) sowie das Grundstück M-Strasse05 (Kat.-Nr.02) entlang dessen Grenze die Plakatwerbestelle zu stehen komme, keine VorÂgärten auf. In dieser Umgebung bewirke die Plakatwerbestelle keinerlei Beeinträchtigung des Gesamterscheinungsbilds. Ebenso wenig werde der Gesamteindruck der Gebäude M-Strasse05 und 09, denen unstreitig städteÂbauliche Qualitäten zukämen, beeinÂträchtigt. Mit ihrer Anordnung vor der vorspringenden, metallverkleideten Seitenfassade des Gebäudes M-Strasse05 verfüge die PrismenÂwenderÂanlage über einen homogenen passenden Hintergrund, und sie stehe, wie im Einzelnen näher ausgeführt wird, im Einklang mit den Strukturen der beiden Gebäude, ordne sich mithin durchaus befriedigend in den nächsten Umkreis ihres Standorts ein.
Dass es sich bei der inventarisierten Liegenschaft M-Strasse04, einem Gebäude aus dem 18.Jahrhundert mit grossem unbebautem Umschwung, um ein gut erhaltenes Relikt der ehemals ländlichen Gegend vor der Stadt Zürich handelt, das schutzwürdig ist, steht ausser Frage. Dieses von der Beschwerdeführerin als "innerstädtische Oase" qualifizierte Objekt hat jedoch seine Grenze an der M-Strasse. Das auf der gegenüberliegenden Strassenseite befindliche moderne Geschäftshaus M-Strasse05 und die stadtauswärts anschliessende Häuserzeile M-Strasse0919 dominieren den dortigen Strassenraum dergestalt, dass dieser nicht mehr als optisches Umfeld des Schutzobjekts gelten kann. Schon aus diesem Grund kann das Schutzobjekt M-Strasse04 durch die streitige Plakatwerbestelle nicht tangiert sein. Umgekehrt gesehen vermag deren Positionierung vor der Südfassade des GeschäftsÂhauses M-Strasse05 auch keine die optische Wirkung der Gebäude M-Strasse0519 sprengende Wirkung entfalten, die für das Schutzobjekt von Relevanz sein könnte. Die Annahme der Beschwerdeführerin, die projektierte Plakatwerbestelle tangiere das schützenswerte Objekt M-Strasse04, findet in den tatsächlichen örtlichen Verhältnissen offensichtlich keine Bestätigung. In ÜbereinÂstimmung mit der Vorinstanz ist daher das Bauvorhaben nur nach §238 Abs. 1 PBG zu beurteilen, der eine befriedigende Einordnung in die bauliche Umgebung verlangt.
Mit der Feststellung, dass ein relevanter optischer Bezug der projektierten PlakatÂwerbestelle zu der schützenswerten alten Liegenschaft M-Strasse04 auf der gegenÂüberÂliegenden Strassenseite nicht besteht, ist bereits auch gesagt, dass mit Bezug auf diese LieÂgenschaft jedenfalls eine befriedigende Einordnung offensichtlich nicht verneint werden kann. Zu Recht hat sich die Vorinstanz denn auch nur mit der näheren baulichen UmÂgeÂbung auf der Strassenseite der Häuser M-Strasse0519 eingehend auseinander gesetzt.
Die besondere architektonische Qualität des Geschäftshauses M-Strasse05 und der WohnÂhäuserzeile M-Strasse0919 wird mit Recht von keiner Seite bestritten.
Der nur für stadteinwärts sich bewegende Automobilisten und Fussgänger sichtbare Prismenwender ist für den nördlichen Teil der Wohnhäuserzeile M-Strasse0919 sowie den südlichen Teil des Geschäftsgebäudes M-Strasse05 von optischer Relevanz. Der asphaltierte und unbegrünte Vorplatz des Baugrundstücks sowie des anschliessenden Hauses M-Strasse11 ist als Autoabstellplatz gestaltet, dominiert von 4 Garagentoren. Dass sich der vorgesehene Prismenwender auf diesen öden Nahbereich und von diesem aus auf die gesamte Wohnhäuserzeile M-Strasse0919 unbefriedigend auswirken sollte, ist nicht nachvollziehbar. Immerhin spricht die Beschwerdeführerin selbst nicht auch noch von einer optisch negativen Auswirkung auf den Wohncharakter dieser Häuser. Was den optischen Bezug zum Geschäftshaus M-Strasse05 betrifft, so ist ebenfalls nicht einÂzusehen, wie die im Verhältnis zum Gebäudevolumen kleine Plakatwerbestelle vor dem Hintergrund der mit Aluminiumelementen verkleideten Südfassade das Bild dieses Bereichs sogar des gestalterischen Konzepts des ganzen Gebäudes stören sollte. Im angefochtenen Entscheid wird das mit überzeugenden Erwägungen dargetan, worauf verwiesen werden kann (§28 Abs. 1 Satz 2 in Verbindung mit §70 VRG). Bei den gegebenen Verhältnissen im näheren und, soweit noch relevant, weiteren Umfeld erscheint die Einordnung der projektierten Plakatwerbestelle nicht im Entferntesten als unbefrieÂdigend. Die kommunale Baubehörde hat sich hier an puristischen Massstäben orientiert, die im Gesetz, das mit §238 Abs. 1 PBG mit Rücksicht auf die Eigentums- und WirtÂschaftsfreiheit nicht mehr als eine befriedigende Einordnung verlangt, keine Stütze finden. Die Verweigerung erweist sich damit als offensichtlich nicht mehr vertretbar. Die Baubewilligungsbehörde hat ihr Ermessen überschritten, weshalb die BaurekursÂkomÂmission mit Recht eingeschritten ist. Die Beschwerde ist daher abzuweisen.
Ausgangsgemäss sind die Kosten des Verfahrens der unterliegenden Beschwerdeführerin aufzuerlegen (§ 13 Abs. 2 Satz 1 in Verbindung mit § 70 VRG). Eine Parteientschädigung steht ihr von vornherein nicht zu. Der Beschwerdegegnerin ist zulasten der BeschwerÂdeführerin eine Parteientschädigung von Fr.1'000.- (Mehrwertsteuer inbegriffen) zuzuÂsprechen (§ 17 Abs. 2 VRG).
Demgemäss entscheidet die 1. Kammer:
1. Die Beschwerde wird abgewiesen.
2. Die Gerichtsgebühr wird festgesetzt auf
Fr. 2'000.--; die übrigen Kosten betragen:
Fr. 60.-- Zustellungskosten,
Fr. 2'060.-- Total der Kosten.
3. Die Kosten werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
4. Die Beschwerdeführerin hat der Beschwerdegegnerin eine Parteientschädigung von Fr.1'000.- (Mehrwertsteuer inbegriffen) zu bezahlen.
5.
Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.
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