Zusammenfassung des Urteils SR.2021.00021: Verwaltungsgericht
Das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich hat in einem Fall von Steuerschulden aus den Jahren 2010, 2020 und 2021 entschieden, dass eine Sicherstellungsverfügung rechtmässig ist, um die offene Steuerforderung zu sichern. Die betroffene Person, A, hatte gegen die Sicherstellungsverfügung Rekurs eingelegt, der jedoch abgewiesen wurde. Das Gericht entschied, dass A die Gerichtskosten tragen muss und ihr Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege abgelehnt wird. Richter Andreas Frei hat das Urteil gefällt, die Gerichtskosten betragen insgesamt Fr. 1'260.--.
Kanton: | ZH |
Fallnummer: | SR.2021.00021 |
Instanz: | Verwaltungsgericht |
Abteilung: | 2. Abteilung/Einzelrichter |
Datum: | 22.12.2021 |
Rechtskraft: | Dieser Entscheid ist noch nicht rechtskräftig. |
Leitsatz/Stichwort: | Die Rekurrentin wehrt sich gegen die Sicherstellungsverfügung, da sie kein Vermögen habe, ihr Pensionskassenguthaben nicht zu Tilgung ihrer Steuerschulden verwendet werden dürfe und sie die Schweiz nun dennoch nicht definitiv verlassen möchte. |
Schlagwörter: | Steuer; Steuer; Rekurrentin; Sicherstellung; Verlustschein; Steuerschuld; Staats; Gemeindesteuern; Sicherstellungsverfügung; Arrest; Schweiz; Steuergefährdung; Gemeindesteueramt; Steuerforderung; Gefährdung; Verwaltungsgericht; Steueramt; Höhe; Rekurs; Richner; Einzelrichter; GemeindeB; Deckung; Guthaben; Steuerschulden; Bezahlung; Gefährdungstatbestand |
Rechtsnorm: | - |
Referenz BGE: | - |
Kommentar: | Felix Richner, Kommentar zum Zürcher Steuergesetz, §181 SR, 2021 |
Verwaltungsgericht des Kantons Zürich 2. Abteilung |
SR.2021.00021
Urteil
des Einzelrichters
vom 22.Dezember2021
Mitwirkend: Verwaltungsrichter Andreas Frei, Gerichtsschreiberin Linda Rindlisbacher.
In Sachen
(Staats- und Gemeindesteuern 2010, 2020, 2021),
zieht der Einzelrichter in Erwägung:
1.
1.1 Mit Sicherstellungsverfügung vom 10.November 2021 forderte das Steueramt der GemeindeB A auf, den Betrag von insgesamt Fr. zur Deckung des Verlustscheins für die Staats- und Gemeindesteuern 2010 in der Höhe von Fr. , der Staats- und Gemeindesteuern 2020 in der Höhe von Fr. zusätzlich Zinsen von Fr. bis 7.Oktober 2021 und künftige Zinsen ab 8.Oktober 2021 auf der Grundforderung von Fr. zu 4,5 % Verzugszins zuzüglich provisorische Staats- und Gemeindesteuern 2021 in der Höhe von Fr. . sowie mutmasslich geschuldete Staats- und Gemeindesteuern 2021 samt Zins von Fr. (separate Jahressteuer, gesondert besteuerte Kapitalleistung aus Vorsorge) und mutmassliche Verfahrenskosten von Fr.1'841.50.
1.2 Mit Rekurs vom 12.November 2021 beantragte A dem Verwaltungsgericht, es sei die Sicherstellungsverfügung aufzuheben und es sei von der Erhebung von Gerichtskosten abzusehen. Am 22.November 2021 reichte das Steueramt der GemeindeB eine Rekursantwort ein und beantragte die Abweisung des Rekurses, unter Koste- und Entschädigungsfolgen zulasten von A. A reichte am 26.November 2021 eine Vernehmlassung ein.
2.
2.1 Die Rekurrentin bringt vor, sie verfüge über kein Vermögen. Nach ihrer Pensionierung werde sie eine kleine AHV-Rente erhalten. Das Pensionsguthaben betrage ca. Fr. . Sie wolle sich dieses auszahlen lassen, um in ihrer Heimat LandC leben zu können. In der Schweiz wäre sie auf Ergänzungsleistungen angewiesen. Das angesparte Guthaben habe nicht den Zweck, Steuerschulden zu bezahlen. In ihrer Vernehmlassung gibt die Rekurrentin neu an, dass sie die Schweiz nicht definitiv verlassen werde. Sie werde ihr Heimatland ferienhalber besuchen und in die Schweiz zurückkehren.
2.2 Hat die steuerpflichtige Person keinen Wohnsitz in der Schweiz erscheint die Bezahlung der von ihr geschuldeten Steuer als gefährdet, kann das Gemeindesteueramt das kantonale Steueramt auch vor der rechtskräftigen Einschätzung bzw. Veranlagung die Sicherstellung des mutmasslich geschuldeten Steuerbetrags verlangen (§181 Abs.1 Satz1 des Steuergesetzes vom 8.Juni 1997 [StG]). Die Sicherstellung setzt somit kumulativ den Bestand einer Steuerforderung sowie einen Gefährdungstatbestand voraus. Bei der Überprüfung einer Sicherstellungsverfügung beschränkt sich das Verwaltungsgericht auf eine Prima-facie-Würdigung der tatsächlichen Verhältnisse. Diese provisorische und vorfrageweise Prüfung bezieht sich sowohl auf Bestand und Umfang der Steuerschuld als auch auf das Vorliegen eines Gefährdungstatbestands (VGr, 18.August 2017, SR.2017.00019, E.2.3; VGr, 21.Juli 2015, SR.2015.00012, E.2).
Die Sicherstellung setzt weder eine definitive fällige Steuer- Nachsteuerfestsetzung voraus, noch muss die Steuerschuldnerin vor Erlass einer Sicherstellungsverfügung benachrichtigt gemahnt werden. Vielmehr reicht es aus, dass bereits in einer provisorischen Rechnung noch nicht rechtskräftigen Verfügung die mutmasslich geschuldete Steuer Nachsteuer festgesetzt worden ist bzw. der sicherzustellende Steuerbetrag und dessen Fälligkeit zumindest glaubhaft erscheint (Felix Richner et al., Kommentar zum Zürcher Steuergesetz, 4.A., Zürich 2021, §181 StG N.6, mit Hinweisen; VGr, 12.September 2017, SR.2017.00027, E.4.2 [nicht auf www.vgrzh.ch veröffentlicht]).
2.3 Die Steuerforderung der Steuerperiode 2010 ist als Verlustscheinforderung verurkundet, was von der Rekurrentin auch nicht in Abrede gestellt wird. Eine zwischenzeitlich erfolgte Rückzahlung der Verlustscheinforderungen wird von der Rekurrentin weder glaubhaft gemacht noch behauptet. Ebenso wenig stellt sie Höhe und Bestand der noch nicht rechtskräftig eingeschätzten (mutmasslichen) Staats- und Gemeindesteuern infrage. Damit ist vom Bestand einer Steuerforderung gegenüber der Rekurrentin auszugehen, für die von ihr grundsätzlich Sicherstellung verlangt werden kann (vgl. auch BGr, 25.September 2003, 2A.59/2003, E.3.2; VGr, 20.Juni 2018, SR.2018.00004, E.3.2).
2.4 Das Steueramt der GemeindeB begründet die Steuergefährdung damit, dass die Rekurrentin per 31.Dezember 2021 plane aus der Schweiz wegzuziehen. Zudem liege für die Steuerperiode 2010 ein Verlustschein vor und habe sie eine Abtretungsvereinbarung bezüglich der bevorstehenden Auszahlung des Pensionskassengeldes der PensionskasseD nicht unterzeichnet. Es liege deshalb eine Steuergefährdung vor. Sodann treffe nicht zu, dass das Pensionskassenguthaben nicht zur Deckung von Steuerschulden herangezogen werden könne, da Ansprüche auf Pensionkassenleistungen gemäss Art.92 Abs.1 Ziff.10 Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs vom 11.April 1889 (SchKG) gepfändet werden dürfe.
2.5 Der Sicherstellungsgrund der Steuergefährdung ist dem Arrestgrund nach Art.271 Abs.1 Ziff.2 SchKG nachgebildet, geht aber aufgrund des allgemein gehaltenen Gesetzestexts darüber hinaus. Das Gesetz verlangt seinem Wortlaut nach kein bestimmtes steuergefährdendes Verhalten des Steuerschuldners, weshalb es genügt, wenn die Bezahlung der Steuerschuld objektiv gefährdet erscheint. Dennoch vermag die Tatsache, dass die Steuerpflichtige aus finanziellen Gründen nicht in der Lage ist, die infrage stehenden Steuern zu bezahlen, für sich allein betrachtet keine Steuergefährdung im Sinn von §181 StG zu bewirken. Die Gefährdung muss insofern eine besondere sein, als die Zwangsvollstreckung der Steuerschuld in Gefahr sein muss, was insbesondere dann erfüllt ist, wenn das vorhandene Vermögen leicht verwertbar und verschiebbar ist (vgl. RB 2001 Nr.98 E.2a, BGr, 8.September 2003, 2A.560/2002, E.4.1; Richner et al., Art.169 DBG N.9; Richner et al., §181 StG N.9, je mit zahlreichen Hinweisen).
Nach Lehre und Rechtsprechung genügt es zum Nachweis einer Steuergefährdung, wenn die Steuerbehörde Verlustscheine gegenüber der Steuerpflichtigen besitzt. Die Gefährdung ergibt sich daraus, dass die Behörde den Betreibungsweg bereits früher erfolglos beschritten hat und ihr deshalb der arrestmässige Zugriff auf neue Vermögenswerte der Schuldnerin zu gestatten ist, damit sie nicht Gefahr läuft, bei weiteren Betreibungen wiederum lediglich einen Verlustschein zu erwirken (vgl. VGr, 23.August 2017, SR.2017.00018/SR.2017.00021, E.4.2; VGr, 21.Juli 2015, SR.2015.00012, E.4.3.3; Felix Richner/Walter Frei/Stefan Kaufmann/Tobias F. Rohner, Kommentar zum Zürcher Steuergesetz, 4.A., Zürich 2021, §181 N.17; VGr LU, 12.November 2009, LGVE 2009 II Nr.23, E.2a/bb).
Wie sich aus den Akten ergibt, besitzt das Gemeindesteueramt einen Verlustschein gegenüber der Rekurrentin, nachdem es die Staats- und Gemeindesteuern 2010 auf dem Betreibungsweg hat einfordern müssen und die Steuerausstände dennoch nicht hat erhältlich machen können. Bei dieser Sachlage liegt eine Steuergefährdung vor, weil die Rekurrentin entweder nicht willens nicht in der Lage ist, ihre Steuerschulden freiwillig zu begleichen, weshalb dem Gemeindesteueramt der arrestmässige Zugriff auf vorhandene Vermögenswerte gestattet ist, um die Steuerforderungen einzutreiben. Die Sicherstellungsverfügung ist sofort vollstreckbar (§181 Abs.1 Satz2 StG) und die Steuerbehörde war daher berechtigt, unverzüglich nach Erlass der Sicherstellungsverfügung einen Arrest zu erwirken. Es ist somit nicht zu beanstanden, dass das Gemeindesteueramt das BetreibungsamtC mit Arrestbefehl vom 10.November 2021 mit dem Vollzug des Arrests sämtlicher Guthaben bei der PensionskasseD, des Freizügigkeitskontos, welches auf den Namen der Rekurrentin läuft auf die Nummer 01 Policenummer 02 lautet, namentlich alles, soweit verarrestierbar, bis zur Deckung der Arrestforderung samt Kosten, beauftragt hat. Das BetreibungsamtC hat den Arrest am 11.November 2021 vollzogen und Fr. des Alterskapitals von Fr. verarrestiert. Soweit sich die Rekurrentin gegen die Rechtmässigkeit der Verarrestierung des Guthabens richtet, hätte sie den Rechtsmittelweg gegen den Arrestbefehl beschreiten müssen (Art.278 SchKG) und ist das Verwaltungsgericht hierfür nicht zuständig. Da die Rekurrentin durch das Vorliegen eines Verlustscheins bereits einen Gefährdungstatbestand erfüllt, ist nicht mehr erheblich, ob sie aus der Schweiz wegzieht doch hierbleibt.
2.6 Zusammenfassend liegt damit eine offene Steuerforderung vor, deren Bezahlung aufgrund des Vorliegens eines Verlustscheines prima facie als gefährdet erscheint. Die Sicherstellungsverfügung erweist sich deshalb als rechtmässig.
Dies führt zur Abweisung des Rekurses.
3.
3.1 Bei diesem Verfahrensausgang sind die Gerichtskosten der Rekurrentin aufzuerlegen (§151 Abs.1 in Verbindung mit §181 Abs.3 Satz2 StG). Dem obsiegenden Gemeindesteueramt ist keine Parteientschädigung zuzusprechen, nachdem nicht ersichtlich ist, inwieweit ihm aus dem vorliegenden Verfahren ein besonderer Aufwand entstanden ist (§17 Abs.2 VRG in Verbindung mit §152 und 181 Abs.3 Satz2 StG).
3.2 Die Begehren der Rekurrentin erscheinen aufgrund des Ausgeführten offensichtlich aussichtslos im Sinn von §16 Abs.1 VRG, weshalb ihr sinngemäss gestelltes Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege bereits aus diesem Grund abzuweisen ist.
Demgemäss erkennt der Einzelrichter:
Fr. 1'200.--; die übrigen Kosten betragen:
Fr. 60.-- Zustellkosten,
Fr. 1'260.-- Total der Kosten.
Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.
Hier geht es zurück zur Suchmaschine.